1. Die Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf durch den Gesetzgeber im Rahmen des SGB XII ab 1. Januar 2023 entspricht grundsätzlich den Anforderungen an eine hinreichend transparente, jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigende Bemessung der Leistungshöhe.
2. Mit den seit 1. Januar 2023 geltenden Regelungen der Regelbedarfsfortschreibung ist ein nach dem bisherigen Erkenntnisstand geeigneter Mechanismus normiert, der auf aktuell deutliche Preiserhöhungen in die Zukunft gerichtet reagieren kann. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Anpassungsmechanismus nicht den verfassungsrechtlichen Maßstäben an die Regelleistungsbemessung genügt.
3. Für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes i. S. v. § 86b Abs. 2 SGG genügt der Umstand allein, dass Grundleistungen der sozialen Sicherung betroffen sind, nicht, vielmehr müssen durch eine spätere (Hauptsache-)Entscheidung nicht mehr korrigierbare, irreparable Schäden drohen.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 8. März 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Die am 23. März 2023 eingegangene Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm am 10. März 2023 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts mit dem (sinngemäßen) Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 8. März 2023 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen in Höhe von weiteren 126 Euro monatlich seit 3. Januar 2023 auszuzahlen,
ist zulässig und angesichts des aktuellen, bis zum 31. August 2023 laufenden Bewilligungsabschnitts (vgl. Bescheid vom 19. Dezember 2023 [Bl. 3155 der Verwaltungsakte des Antragsgegners - VA] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2023 [Bl. 3296 VA]) insbesondere auch gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro übersteigt.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zutreffend hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist damit, dass der Antragsteller einen materiell-rechtlichen Leistungsanspruch in der Hauptsache hat (Anordnungsanspruch) und es ihm nicht zuzumuten ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Diese Anforderungen sind im Lichte der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) zu konkretisieren (zum Folgenden: BVerfG, Beschluss vom 6. August 2014 – 1 BvR 1453/12 –, juris, Rn. 10 m.w.N.). Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich - etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte -, ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann auf der Grundlage einer Folgenabwägung erfolgt. Übernimmt das einstweilige Rechtsschutzverfahren allerdings vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens und droht eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung der Beteiligten, müssen die Gerichte bei den Anforderungen an die Glaubhaftmachung zur Begründung von Leistungen zur Existenzsicherung in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG Rechnung tragen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung haben sich am Rechtsschutzziel zu orientieren, das mit dem jeweiligen Rechtsschutzbegehren verfolgt wird.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch auf Berücksichtigung eines um 126 Euro erhöhten Regelbedarfs nicht glaubhaft gemacht.
Ein Anordnungsanspruch lässt sich zunächst nicht aus §§ 41 Abs. 2, 42 Nr. 1 i.V.m. §§ 27a Abs. 3 Satz 1, 28 nebst Anlage Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) – Sozialhilfe – ableiten. Der vom Antragsgegner berücksichtigte Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts für eine alleinstehende erwachsene Person - wie den Antragsteller - nach der Regelbedarfsstufe 1 von 502 Euro entspricht den gesetzlichen Vorschriften (§§ 41 Abs. 2, 42 Nr. 1, 28 nebst Anlage, 134, 27a Abs. 1 SGB XII i.d.F. des Art. 5 des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes [Bürgergeld-Gesetz] vom 16. Dezember 2022 [BGBl I 2022, 2328] mit Wirkung vom 1. Januar 2023) und umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens (§ 27a Abs. 1 Satz 1 Zwölftes Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - SGB XII). Damit entsprechen die für die Deckung des Regelbedarfs vom Antragsgegner bewilligten Leistungen ausweislich des streitgegenständlichen Bewilligungsbescheids vom 19. Dezember 2022 für die Zeit von Januar bis August 2023 den insoweit maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften.
Der Senat ist nicht davon überzeugt (vgl. Art. 100 Abs. 1 GG), dass die gegenwärtige Regelsatzhöhe evident unzureichend (zu diesem Prüfungsmaßstab vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - juris Rn. 141 und Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - juris Rn. 76 ff.) ist, das Existenzminimum des Antragstellers zu sichern, und daher §§ 28 nebst Anlage, 134, 27a Abs. 1 SGB XII mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar sind.
Nach summarischer Prüfung genügt die Höhe des Regelbedarfs den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Staat hat im Rahmen seines Auftrags zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrags dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins erfüllt werden, wenn einem Menschen die hierfür erforderlichen notwendigen materiellen Mittel weder aus seiner Erwerbstätigkeit noch aus seinem Vermögen oder durch Zuwendungen Dritter zur Verfügung stehen. Dem Gesetzgeber steht hinsichtlich der Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums jedoch ein Gestaltungsspielraum bei der Bemessung des Existenzminimums zu, der einer zurückhaltenden Kontrolle durch das BVerfG entspricht (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u.a., juris Rn. 133, 134; Urteil vom 5. November 2019 - 1 BvL 7/16, juris Rn. 118, 119). Da das Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen vorgibt, beschränkt sich die materielle Kontrolle der Höhe von Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz durch das BVerfG in einer zweistufigen Prüfung darauf, ob die Leistungen erstens evident unzureichend sind (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 -, juris Rn. 141; Beschluss vom 27. Juli 2016 - 1 BvR 371/11, juris Rn. 41). Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (ausdrücklich BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - juris Rn. 81). Jenseits dieser Evidenzkontrolle ist zweitens zu prüfen, ob die Bemessung der Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen ist (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - juris Rn. 82).
Die Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf durch den Gesetzgeber im Rahmen des SGB XII ab 1. Januar 2023 entspricht grundsätzlich den Anforderungen an eine hinreichend transparente, jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigende Bemessung der Leistungshöhe. Der Gesetzgeber hat die relevanten Bedarfsarten berücksichtigt, die für einzelne Bedarfspositionen aufzuwendenden Kosten mit einer von ihm gewählten, im Grundsatz tauglichen und im Einzelfall mit hinreichender sachlicher Begründung angepassten Methode sachgerecht ermittelt und auf dieser Grundlage die Höhe des Gesamtbedarfs bestimmt. Es ist nicht erkennbar, dass er für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz relevante Bedarfsarten übersehen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Leistungen durch gesetzliche Ansprüche nicht gesichert hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, juris Rn. 89; Beschluss vom 27. Juli 2016 - 1 BvR 371/11, juris Rn. 52).
Seit dem 1. Januar 2021 galten Regelbedarfe, die aufgrund von Sonderauswertungen der EVS 2018 ermittelt worden sind. Die Regelbedarfsermittlung ist hinsichtlich der Referenzhaushalte und der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben im Einzelnen im Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach dem § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ab dem Jahr 2021 (Regelbedarfsermittlungsgesetz - RBEG - im Folgenden: RBEG 2021) vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I 2855) enthalten. Diese Neuberechnung beruht auf methodischen Neubewertungen und einer gesetzlich vorgesehenen veränderten Datengrundlage und stellt keine Fortschreibung der bisherigen Werte dar. Sie genügt dabei den vorbeschriebenen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bemessung der Leistungshöhe (so auch: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 11. Oktober 2022 - L 6 AS 87/22 B ER -, Rn. 21f, juris).
Zum 1. Januar 2022 sind die konkreten Beträge durch die Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a und des Teilbetrags nach § 34 Abs. 3a Satz 1 SGB XII maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlagen zu §§ 28 und 34 SGB XII (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2022 - RBSFV 2022) angepasst worden. Dafür sieht der in Bezug genommene § 28a SGB XII (in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung [a.F.]) eine methodisch schlüssige statistische Bezugsgröße vor, die sich auf die Veränderungen im Zwölfmonatszeitraum des vorigen im Verhältnis zum davor liegenden Zwölfmonatszeitraum bezieht. Grundlage dafür sind gesetzlich vorgesehene Berechnungen der Veränderungsrate für die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und der durchschnittlichen Nettolöhne und -gehälter je durchschnittlich beschäftigtem Arbeitnehmer durch das Statistische Bundesamt (§ 28a Abs. 3 SGB XII a.F.). Danach sind die Regelbedarfsstufen nach § 8 RBEG zum 1. Januar 2022 um 0,76 % erhöht und die Ergebnisse nach § 28 Abs. 5 SGB XII auf volle Euro gerundet worden, vgl. § 1 RBSFV 2022 (vgl. hierzu Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 11. Oktober 2022 - L 6 AS 87/22 B ER -, Rn. 17 - 27, juris). Auch unter Berücksichtigung der Inflationsrate und dem damit einhergehenden Kaufkraftverlust für das zur Verfügung stehende Einkommen auch in Form von staatlichen Transferleistungen führt dies nach Auffassung des Senats nicht zu evident unzureichenden Leistungen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Ermittlung von Regelbedarfen, die ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten, stets nur annäherungsweise möglich ist. Sie muss sich auf Daten zu komplexen Verhältnissen stützen, die für die jeweils aktuell geforderte Deckung eines existenzsichernden Bedarfs nur begrenzt aussagekräftig sind. Zwar muss die Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums nach der erforderlichen Gesamtbetrachtung auf im Ausgangspunkt tragfähigen Grundannahmen, Daten und Berechnungsschritten beruhen, jedoch schlagen Bedenken hinsichtlich einzelner Berechnungspositionen nicht ohne Weiteres auf die verfassungsrechtliche Beurteilung durch. Gleichzeitig darf der Gesetzgeber ernsthafte Bedenken, die auf tatsächliche Gefahren der Unterdeckung verweisen, nicht einfach auf sich beruhen lassen und fortschreiben. Er ist vielmehr gehalten, bei den periodisch anstehenden Neuermittlungen des Regelbedarfs zwischenzeitlich erkennbare Bedenken aufzugreifen und unzureichende Berechnungsschritte zu korrigieren (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 11. Oktober 2022 - L 6 AS 87/22 B ER -, Rn. 25, juris unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, u.a., Rn. 141, juris). Mit der Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro für Juli 2022 gem. § 144 SGB XII hat der Gesetzgeber nicht die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen abgewartet, sondern die durch die Pandemie und die Inflation entstandenen zusätzlichen Kosten bei den Leistungen berücksichtigt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. August 2022 - L 8 SO 56/22 B ER -, Rn. 15, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2022 - L 3 AS 1169/22, Rn. 20ff, juris; s. auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 11. Oktober 2022 – L 6 AS 87/22 B ER -, Rn. 26, juris, jeweils zur Rechtslage nach dem SGB II).
Die für den streitgegenständlichen Zeitraum maßgebliche Fortschreibung der Regelbedarfe zum 1. Januar 2023 erfolgte nach § 134 SGB XII (i.d.F. des Art. 5 Nr. 15 des Zwölften Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze - Einführung eines Bürgergeldes [Bürgergeld-Gesetz] vom 16. Dezember 2022 [BGBl. I 2022, 2328] mit Wirkung vom 1. Januar 2023). Danach beträgt die Veränderungsrate für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a Abs. 3 SGB XII zum 1. Januar 2023 4,54 %. Die Veränderungsrate für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a Abs. 4 SGB XII zum 1. Januar 2023 beträgt 6,9 %. Es wurden hierdurch sechs Regelbedarfsstufen nach dem SGB XII für das Jahr 2023 ausnahmsweise gesetzlich festgesetzt, wie sie sich aus dem mit Wirkung zum 1. Januar 2023 neugefassten § 28a SGB XII (i.d.F. des Bürgergeld-Gesetzes [n.F.]) ergeben, weil eine RBSFV bis zu dem in der Verordnungsermächtigung nach § 40 SGB XII vorgesehenen Termin zum 31. Oktober 2022 nicht mehr erlassen werden konnte (BT-Drucks. 20/3873 S. 115). Die Berechnungsweise entspricht dabei dem neuen Fortschreibungsmodus des § 28a SGB XII n.F. durch ein zweistufiges System (vgl. § 28a Abs. 2 SGB XII) aus Basisfortschreibung, bei der - wie bisher - nach einem Mischindex aus Preis- und Nettolohnentwicklung zwischen Mitte des Vorvorjahres und Mitte des Vorjahres vorgenommen wird (§ 28a Abs. 3 SGB XII n.F.), und ergänzender Fortschreibung, durch die der Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter im zweiten Quartal des Vorvorjahres im Verhältnis zum entsprechenden Quartal des Vorjahres Rechnung getragen wird (§ 28a Abs. 4 SGB XII n.F.). Für die Fortschreibung zum 1. Januar 2023 ergibt sich der der Leistungsbewilligung des Antragsgegners zugrunde gelegte Regelbedarf in der hier maßgeblichen Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 502 Euro.
Mit diesem zweistufigen System der Regelbedarfsfortschreibung bezweckte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien ausdrücklich die Abfederung der außergewöhnlichen Preisentwicklung. In dem Regierungsentwurf zum Bürgergeld-Gesetz (BT-Drucks. 20/3878, S. 44) wird hierzu ausgeführt, dass in den vergangenen Jahren bereits mehrere Einmalzahlungen auf den Weg gebracht wurden, um die außergewöhnlichen Preisentwicklungen abzufedern. Dies sei jedoch angesichts der aktuell schnell steigenden Preise nicht ausreichend, weshalb eine angemessene Erhöhung der Regelbedarfe notwendig sei, da die bisherige Fortschreibung der Regelbedarfe die Inflationsentwicklung erst im Nachgang abbilde. Daher sei es geboten, künftig die zu erwartende regelbedarfsrelevante Preisentwicklung bei der Fortschreibung der Regelbedarfe stärker zu berücksichtigen, womit auch der im Beschluss des BVerfG vom 23. Juli 2014 enthaltenen Vorgabe einer zeitnahen Reaktion auf eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen entsprochen werden solle. Mit den seit 1. Januar 2023 geltenden Regelungen der Regelbedarfsfortschreibung ist danach ein nach dem bisherigen Erkenntnisstand des Senats geeigneter Mechanismus normiert, der auf aktuell deutliche Preiserhöhungen in die Zukunft gerichtet reagieren kann. Der Gesetzgeber kommt so seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung nach, konkrete Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, um so bei stark steigender Preisentwicklung eine zeitnahe Reaktion für existenzsichernde Leistungen gewährleisten zu können. Damit soll verhindert werden, dass es zu einer offensichtlichen und erheblichen Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Entwicklung der Preise von regelbedarfsrelevanten Gütern und Dienstleistungen im Vergleich zu der bei der Fortschreibung der Regelbedarfe längerfristig zu berücksichtigenden Entwicklungen kommt (BT-Drucks. 20/2373, S. 44). Dass diese Veränderungen nicht ad hoc möglich sind, sondern in einem komplexen demokratischen Gesetzgebungsverfahren geprüft und entwickelt werden, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitimiert und demokratisch geboten (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 11. Oktober 2022 - L 6 AS 87/22 B ER -, Rn. 27, juris). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Anpassungsmechanismus nicht den o.g. verfassungsrechtlichen Maßstäben an die Regelleistungsbemessung genügt.
Ein Anordnungsanspruch auf die geltend gemachten höheren Leistungen lässt auch nicht aufgrund von § 42 Nr. 2 i.V.m. § 27a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB XII begründen. Danach wird im Einzelfall der Regelsatz abweichend von der maßgebenden Regelbedarfsstufe festgesetzt (abweichende Regelsatz-festsetzung), wenn ein durch die Regelbedarfe abgedeckter Bedarf nicht nur einmalig, sondern für eine Dauer von voraussichtlich mehr als einem Monat unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt, wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.
Der Antragsteller hat eine Abweichung von den durchschnittlichen Bedarfen (vgl. § 28, 28a SGB XII), wie sie sich nach den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben ergeben, und die dadurch bedingten, nicht anderweitig ausgleichbaren Mehraufwendungen (Gutzler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 27a SGB XII [Stand: 19. Februar 2021], Rn. 100) nicht glaubhaft gemacht. Zwar hat er seine wöchentlichen Ausgaben für Lebensmittel dargelegt und durch die Vorlage von Kassenbelegen glaubhaft gemacht (Bl. 115, 118f der elektronischen Gerichtsakte - GA). Indessen hat er schon nicht glaubhaft gemacht, dass der geltend gemachte höhere Bedarf von 126 Euro monatlich in dieser Höhe unabweisbar ist. Soweit der Antragsteller für „alle anderen Abteilungen“ (außer Lebensmittel) einen Bedarf in Höhe von 66 Euro beziffert, fehlt hierzu jegliche substantiierte Darlegung. Zutreffend hat das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen, dass die vom Antragsteller dargelegten Kosten für Mobilität (Auto, Garage, Roller) in Höhe von 87 Euro (nach Angaben des Antragstellers, vgl. Bl. 122 GA) sowie weiteren Kosten für Treibstoff sich nicht als unabweisbar darstellen. Weiterhin hat der Antragsteller insbesondere auch nicht glaubhaft gemacht, warum er die geltend gemachten Mehraufwendungen nicht anderweitig - etwa durch Einsparungen bei seinen Mobilitätsausgaben - ausgleichen kann. Dies gilt insbesondere für den begehrten Mehrbedarf für Ernährung in Höhe von geltend gemachten (mindestens) 60 Euro (Bl. 1 GA).
Der Antragsteller hat unter Berücksichtigung dessen auch den erforderlichen Anordnungsgrund, die besondere Eilbedürftigkeit der Sache, nicht glaubhaft gemacht. Zwar kann im Fall des Eilantrags auf existenzsichernde Leistungen, die der Gesetzgeber als Pauschalbetrag berechnet, nicht verlangt werden, im Einzelnen darzulegen, welche Bedarfe in welchem Umfang nicht gedeckt sind. Doch muss nachvollziehbar sein, dass aufgrund der konkret-individuellen Lebensumstände wesentliche Nachteile eintreten, wenn keine Eilentscheidung ergeht. Allein der Umstand, dass Grundleistungen der sozialen Sicherung betroffen sind, genügt dabei nicht, vielmehr müssen durch eine spätere Entscheidung nicht mehr korrigierbare, irreparable Schäden drohen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 1. Oktober 2020 - 1 BvR 1106/20 -, Rn. 18, juris; vgl. auch Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2022 - L 4 AY 28/22 B ER -, Rn. 40, juris und LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Juni 2006 - L 19 B 41/06 AS ER -, Rn. 1, juris).
Die Kostengrundentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.