L 7 SB 17/23 B

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 21 SB 194/18 K
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 7 SB 17/23 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Eine Ersatzzustellung einer Ladung kann zwar in einem Geschäftsraum (Arztpraxis) des Zustellungsadressaten erfolgen. Für eine angestellte Fachärztin ist ein solcher Geschäftsraum aber nicht Ort einer Ersatzzustellung. Eine Zeugin gehört nicht zum begünstigten Personenkreis des § 183 SGG. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht nicht, da im Beschwerdeverfahren gegen eine Ordnungsmittelfestsetzung Nr. 7504 KV GKG gilt. Im Obsiegensfall fällt keine Gebühr an.

Der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Februar 2023 wird aufgehoben.

Die Landeskasse hat der Beschwerdeführerin die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin, eine im MVZ B. angestellte Ärztin, begehrt die Aufhebung eines verhängten Ordnungsgeldes wegen Nichterscheinens als Zeugin zum Termin.

Das Sozialgericht Magdeburg (SG) hat die Beschwerdeführerin zur Vernehmung über den Gesundheitszustand von P. S. zum Termin am 7. Februar 2023 geladen. Die Ladung ist laut Postzustellungsurkunde (PZU) vom 30. Dezember 2022 durch Einlegung in den Briefkasten des MVZ B. zugestellt worden. Mit der Ladung ist die Beschwerdeführerin auf die Folgen des unentschuldigten Fernbleibens vom Termin (Ordnungsgeld bis zu 1.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis sechs Wochen) hingewiesen worden. Zum Termin am 7. Februar 2023 ist die Beschwerdeführerin nicht erschienen.

Daraufhin hat das SG mit Beschluss vom 7. Februar 2023 aufgrund des Nichterscheinens der Beschwerdeführerin zum Termin ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise für je 100,00 € einen Tag Ordnungshaft festgesetzt. Der Beschluss ist am 15. Februar 2023 wiederum durch Einlegung in den Briefkasten des MVZ B. zugestellt worden (PZU vom 15. Februar 2023).

Mit Schreiben vom 16. Februar 2023 hat die Beschwerdeführerin am 27. Februar 2023 Beschwerde erhoben und vorgetragen, dass sie die Ladung zum Termin nicht erhalten habe. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat sie am 18. April 2023 eine Bestätigung des Geschäftsführers des MVZ B., Dr. M., vorgelegt, wonach sie im MVZ als Fachärztin angestellt sei.

II.

Die nach §§ 172, 173 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde ist begründet.

Nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 380 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt und zugleich gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

Die Ladung der Beschwerdeführerin zum Termin am 7. Februar 2023 wurde laut PZU vom 30. Dezember 2022 durch Einlegung in den Briefkasten des MVZ B. zugestellt. Diese Zustellung war aber nicht wirksam, da die Beschwerdeführerin nicht in den Räumlichkeiten des MVZ B. wohnt. Zwar kann nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eine Ersatzzustellung auch in Geschäftsräumen vorgenommen werden. Dabei muss es sich aber um einen Geschäftsraum des Zustellungsadressaten handeln. Für dort Angestellte kann ein solcher Geschäftsraum nicht Ort einer Ersatzzustellung sein (Schultzky in Zöller, ZPO, 35. Auflage 2024, § 178 Rn. 16; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 7. Juni 2013, L 7 SB 67/10 B, juris). Somit konnte auch keine wirksame Ersatzzustellung durch die Einlegung in den Briefkasten des MVZ B. erfolgen, da die Beschwerdeführerin im MVZ lediglich als angestellte Fachärztin tätig ist. Es handelt sich bei den Räumlichkeiten des MVZ B. nicht um ihren Geschäftsraum.

Eine Heilung der unwirksamen Ersatzzustellung nach § 189 ZPO ist nicht erfolgt, da dies den tatsächlichen Zugang voraussetzt. Mit Schreiben vom 16. Februar 2023 hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, dass ihr die Ladung zum Termin am 7. Februar 2023 nicht zur Kenntnis gelangt sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer (analogen) Anwendung des § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beschwerdeführerin gehört als Zeugin nicht zum begünstigten Personenkreis des § 183 SGG.

Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht. Der Streitwert ist nach § 63 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 3 Abs. 1 GKG nur in solchen Fällen festzusetzen, in denen sich die Gebühren auch nach dessen Höhe richten. In Beschwerdeverfahren gegen eine Ordnungsmittelfestsetzung gilt Nr. 7504 KV GKG. Danach führt die Verwerfung oder Zurückweisung einer entsprechenden Beschwerde zur Entstehung einer Festgebühr in Höhe von 66,00 Euro. Eine Reduzierung der Gebührenhöhe nach billigem Ermessen auf ihre Hälfte oder ein gänzlicher Verzicht sind dann möglich, wenn die Beschwerde nur teilweise verworfen oder zurückgewiesen wird. Im Obsiegensfall fällt keine Gebühr an (Gierke, SGb 2022, 341, 347).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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