L 5 AS 440/21

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AS 2289/18
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 5 AS 440/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Die KdU-Richtlinie auf der Grundlage der Mietwerterhebung mit Stichtag 1.12.2015 in der Auswertung der Korrekturberichte von Februar 2020 und März 2023 beruht auf einem schlüssigen Konzept. Dabei beschränkt sich die Amtsermittlungspflicht auf eine nachvollziehende Verfahrenskontrolle. Einer ins Einzelne gehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen bedarf es nicht, wenn die Kläger weder gegen das ursprüngliche noch gegen das im Berufungsverfahren nachgebesserte Konzept fundierte Einwände erheben.
2. Zur Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten ist im Landkreis Harz auf die Werte des Bundesweiten Heizspiegels zurückzugreifen. Die Ermittlung der zu berücksichtigenden Heizkosten durch den Beklagten entspricht nicht den Vorgaben des BSG. Die ermittelten Werte stellen eine unzulässige Pauschalierung dar. Es fehlen insbesondere die Einbeziehung klimatischer Bedingungen, die Energiepreisentwicklung, die für einfachere Wohnhäuser typischen Energieträger, Gebäudestandard und Stand der Heizungsanlagen. 3. Die Fortschreibung des Konzepts für Zeiträume ab August 2018 nach Maßgabe des Preisindex für die Entwicklung der Mietkosten in Sachsen-Anhalt ist nicht zu beanstanden.

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. Juni 2021 und der Bescheid des Beklagten vom 20. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2018 werden abgeändert. Der Beklagte wird unter teilweiser Zurückweisung seiner Berufung verurteilt, für die Monate März bis Juli 2018 an die Kläger jeweils weitere Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 1,20 €/Monat zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Verurteilung, den Klägern für die Monate März bis August sowie Oktober 2018 bis Februar 2019 höhere Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) im Rahmen der Gewährung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu zahlen.

Die 1961 geborene Klägerin und der 1959 geborene Kläger sind miteinander verheiratet. Sie bewohnten im streitgegenständlichen Zeitraum eine etwa 61 qm große Wohnung in der B...straße ..... in H. Sie hatten monatlich eine Nettokaltmiete i.H.v. 310 € sowie Vorauszahlungen für kalte Betriebskosten i.H.v. 29 € sowie Heizkosten i.H.v. 81 € zu zahlen. Die Wohnung, die in einem Gebäude mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 2.646 qm gelegen war, wurde mit einer Gaszentralheizung beheizt, mit der auch das Warmwasser bereitet worden ist.

Einen unter dem 26. Mai 2016 vor dem Einzug in die Wohnung gestellten Antrag auf Abgabe einer Zusicherung für die Übernahme der KDU bei Anmietung der o.g. Wohnung hatte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 2016 unter Hinweis auf die Unangemessenheit der Kosten abgelehnt.

Mit Kostensenkungsaufforderung vom 3. August 2017 forderte er die Kläger unter Darstellung seiner Angemessenheitsgrenzen zu Kostensenkungsbemühungen bis spätestens 3. Februar 2018 auf. Nach Ablauf der Frist würden nur noch die angemessenen KdUH übernommen.

Mit Bescheid vom 20. Februar 2018 bewilligte der Beklagte den Klägern SGB II-Leistungen für die Monate März 2018 bis Februar 2019. Er berücksichtigte entsprechend seiner Ankündigung monatlich eine Bruttokaltmiete i.H.v. 319,20 € sowie Heizkosten i.H.v. 76,20 €. Dagegen legten die Kläger unter dem 19. März 2018 Widerspruch ein. Die Kürzung der KdUH sei nicht rechtmäßig. Die Unterkunftsrichtlinie des Beklagten beruhe auf keinem schlüssigen Konzept. Es seien daher die Werte des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zzgl. eines Zuschlags von 10% anzuwenden.

Am 16. Juli 2018 reichten die Kläger eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2017 beim Beklagten ein. Danach hatte der Vermieter ein Guthaben i.H.v. 94,35 € mit der Bruttowarmmiete im Monat August verrechnet. Der Beklagte teilte den Klägern unter dem 23. Juli 2018 mit, dieses Guthaben nicht anzurechnen, da es aus der Regelleistung gezahlt worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2018 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das der Unterkunftsrichtlinie zugrundeliegende Konzept sei schlüssig. Im Rahmen einer Datenerhebung im Jahre 2015/2016 seien die angemessenen Werte anhand mathematischer und statistischer Methoden ermittelt worden.

Am 7. August 2018 haben die Kläger Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben und ihr Ziel der Bewilligung der tatsächlichen KdUH weiterverfolgt. Im Wesentlichen haben sie zur Begründung vorgetragen:

Die Vergleichsräume (VR) seien nicht entsprechend der vom Bundessozialgericht (BSG) aufgestellten Grundsätze gebildet worden. Die Gemeinden Halberstadt und Quedlinburg hätten nicht zum Wohnungsmarkttyp III zusammenfasst werden dürfen.

Es bestünden Zweifel an der Validität der erhobenen Daten. Mehr als die Hälfte der Daten stamme von Grundsicherungsempfängern. Das Alter dieser gesammelten Daten sei nicht erfasst worden. Sie seien daher unbrauchbar. Hinzu komme, dass keine Trennung zwischen der Grundmiete und den kalten Betriebskosten vorgenommen worden sei. Auch ein Spannenoberwert sei nicht gebildet worden.

Auch die vom Beklagten ermittelten Heizkosten seien nicht zur Bestimmung der angemessenen Heizkosten heranzuziehen. Die Daten seien nicht nach den Kriterien eines kommunalen Heizspiegels ermittelt worden. Weder habe eine Differenzierung nach der Wohnungsgröße und der Lage derselben im Gebäude noch nach Energieträgern stattgefunden.

Mit Änderungsbescheid vom 28. Januar 2019 hat der Beklagte den Klägern für die Monate August 2018 bis Februar 2019 höhere SGB II-Leistungen bewilligt. Ab 1. August 2018 seien die Angemessenheitswerte neu geregelt worden (Fortschreibung der Angemessenheitswerte). Entsprechend hat der Beklagte den Klägern in diesen Monaten monatlich eine Bruttokaltmiete i.H.v. 324,60 € sowie Heizkosten i.H.v. 79,20 € gewährt.

Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte ein nachgebessertes Konzept eingereicht (Korrekturbericht Februar 2020). Die VR seien neu bestimmt worden. So bilde Halberstadt zusammen mit Huy, der Stadt Osterwieck und der Verwaltungsgemeinschaft Vorharz einen VR.

Auch unter Zugrundelegung des nachgebesserten Konzepts haben die Kläger an den bisherigen Argumenten festgehalten. Sie haben sich zudem auf ein Urteil des Sozialgerichts Magdeburg (S 14 AS 720/19 WA) bezogen. Dieses habe die Unschlüssigkeit des Konzepts für den Salzlandkreis festgestellt (Mietdaten älter als vier Jahre, keine Berücksichtigung der Vermieterstruktur). Das Konzept des Beklagten leide an den gleichen methodischen Mängeln, da es von derselben Firma erstellt worden sei.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 11. Juni 2021 den Beklagten unter Abänderung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, den Klägern weitere KdUH i.H.v. monatlich 24,60 € für die Monate März bis Juli 2018 16,20 €/Monat für August und Oktober 2018 bis Februar 2019 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt:

Die Kläger hätten einen Anspruch auf Gewährung der tatsächlichen KdUH. Der Beklagte verfüge über kein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen KdUH.

Zwar sei die VR-Bildung nachvollziehbar.

Es bestünden jedoch bezüglich der Repräsentativität der Daten und der Validität durchgreifende Bedenken. Der Angemessenheitswert sei zu einem gewichtigen Anteil aus SGB II-Datensätzen gebildet worden. Mit 58% der Mietwerte dominierten somit deutlich die Wohnungen mit eher einfachem Standard. Es könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass es sich um einen repräsentativen Wohnungsbestand mit einfachem, mittlerem und gehobenen Wohnungsstandard handele.

Auch die Anwendung des iterativen Verfahrens führe nicht zu einer realitätsgerechten Abbildung des Wohnungsmarkts. Die Fa. Analyse und Konzepte (A&K) habe zudem keine realen Wohnungsangebote einbezogen. Die Angebotsmieten seien mit selbst berechneten Betriebskosten einbezogen worden. Weiterhin seien die Bestandsbruttokaltmieten mit Nettoneuvertragsmieten verglichen worden. Diese seien jedoch nicht vergleichbar.

Auch seien die im nachgebesserten Konzept zugrundgelegten Perzentilgrenzen nicht nachvollziehbar. Für einen 1-Personen-Haushalt sei auf nahezu vollständig identischer Datenbasis im Ausgangskonzept (Bericht Juli 2016) in jedem Wohnungsmarkttyp nach Abgleich mit Angebots- und Neuvertragsmieten die Perzentilgrenze bei 40 % ermittelt worden. Dagegen sei in der Nachbesserung in jedem VR eine Perzentilgrenze von 35 % ermittelt worden. Diese Tendenz lasse sich bezüglich der Perzentilgrenzen für andere Haushaltsgrößen ebenfalls feststellen.

Schließlich ergäben die Rohdaten zu den kalten Betriebskosten keinen Sinn. Die Berechnung sei fehlerhaft, wenn bei einer Wohnfläche von 55 qm und kalten Betriebskosten i.H.v. 100 € ein Quadratmeterpreis für die kalten Betriebskosten i.H.v. 1,27 € errechnet worden sei.

Für die Bestimmung der Angemessenheit der Mietkosten sei daher auf die Werte des § 12 WoGG zzgl. eines Zuschlags von 10% zurückzugreifen. Die tatsächliche Bruttokaltmiete liege unterhalb der Grenze von 467,50 €.

Auch sei das Konzept hinsichtlich der Heizkosten unschlüssig. Es seien die Werte des „Bundesweiten Heizspiegels“ heranzuziehen, mithin seien 81 €/Monat im streitgegenständlichen Zeitraum angemessen. Es ergäben sich weitere Differenzbeträge i.H.v. 4,80 € bzw. 1,80 €/Monat.

Angesichts der Anrechnung des Betriebskostenguthabens im August 2018 ergäbe sich im September 2018 nach § 22 Abs. 3 SGB II kein ungedeckter Bedarf bei den KdUH.

Das Sozialgericht hat die Berufung zugelassen.

Gegen das ihm am 7. Juli 2021 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 30. Juli 2021 Berufung eingelegt.

Hinsichtlich der Schlüssigkeit des Konzepts bezieht er sich nunmehr auf die Nachbesserung im März 2023. Der SGB II-Datensatz sei unberücksichtigt geblieben. Die verbleibende Datenmenge sei mit 9,5% des Gesamtwohnungsbestands auch nach der Rechtsprechung des BSG ausreichend, um den Wohnungsmarkt abbilden zu können. Das angewandte iterative Verfahren sei eine anerkannte statistische Methode zur Ermittlung der hier relevanten Werte.

Zudem seien die Mietdaten der privaten und institutionellen Vermieter gewichtet worden.

Auch Angebotsmieten seien in ausreichender Anzahl erhoben worden.

Die Rohdaten seien (ohne SGB II-Datensatz) neu geordnet und im Portal der Fa. A&K eingestellt worden. Im Übrigen stellten die in den Spalten A (Stadt), B (Mietvertragsbeginn), C (letzte Mietänderung), D (Wohnfläche) und E (Nettokaltmiete) in den Ordnern „Bestandsmieten“ und „Betriebskosten Erhebung“ und die in einer Zeile befindlichen Daten der Spalten A (Stadt), B (Wohnfläche) und C (Netto-Kaltmiete) in den Ordnern „Angebotsmieten“ und „Betriebskosten SGB II-Datensatz“ die eigentlichen zusammenhängenden Rohdatensätze dar.

Die nachfolgenden Spalten (NKM/qm oder KBK/qm in Spalte F bzw. D) gäben jeweils die Verarbeitungsergebnisse der Rohdatensätze wieder. Es sei bei den kalten Betriebskosten ein falscher Quotient gebildet worden, der aber nicht in die Berechnung eingegangen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Ausführungen wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 15. Juni 2023 Bezug genommen.

Die im Vergleich zum (Ursprungs-)Konzept (Bericht Juli 2016) in der Nachbesserung aus März 2023 veränderten Perzentilgrenzen seien auf die Neuordnung des Datensatzes zurückzuführen. Während im (Ursprungs-)Konzept die Daten in fünf Wohnungsmarkttypen zusammengefasst worden seien (geordnet nach der Höhe der Nettokaltmiete) seien sie nunmehr unter Berücksichtigung der drei neu gebildeten VR neu zu bestimmen gewesen.

Es ergebe sich ein angemessener Mietwert für die Bruttokaltmiete bis Juli 2018 i.H.v. 316,80 €/Monat, für die Zeit ab August 2018 i.H.v. 322,20 €/Monat. Der Beklagte habe jeweils eine höhere Bruttokaltmiete gewährt. Hinsichtlich der Heizkosten wende er nunmehr den Bundesweiten Heizspiegel an. Ab August 2018 seien danach Heizkosten i.H.v. 76,50 € angemessen. Mit Änderungsbescheid vom 28. Januar seien bereits 79,20 €/Monate bewilligt worden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. Juni 2021 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Durch die Herausnahme des SGB II-Datensatzes sei die nunmehr zur Verfügung stehende Datenmenge zu gering, um einen Angemessenheitswert ermitteln zu können. Die Beibehaltung der Methodik sei vor diesem Hintergrund zweifelhaft. Zudem seien keine Angebotsmieten erhoben worden. Das von der Fa. A&K angewandte iterative Verfahren sei ungeeignet. Die Perzentilgrenzen seien in der Nachbesserung des Konzepts im März 2023 willkürlich festgesetzt worden.

Der Beklagte habe zwar im Hinblick auf die nunmehr als angemessen angesehenen Mietwerte den Klägern höhere Leistungen erbracht. Selbst das Vorhandensein eines schlüssigen Konzepts unterstellt, müssten die angemessene Bruttokaltmiete und die Heizkosten jedoch getrennt voneinander betrachtet werden. Eine Verrechnung zwischen einer zu hohen Leistung für die Bruttokaltmiete mit einer zu geringen Zahlung für die Heizkosten sei unzulässig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden.

Das Sozialgericht hat die Berufung zugelassen. Der Senat ist nach § 144 Abs. 3 SGG daran gebunden.

II.

Die Berufung des Beklagten ist auch teilweise begründet.

Die Kläger haben für die Monate März bis Juli 2018 einen geringeren Anspruch auf höhere KdUH als vom Sozialgericht austenoriert. Für die Monate August 2018 und Oktober 2018 bis Februar 2019 hat der Beklagte höhere Aufwendungen für die angemessenen KDUH als nach der am 1. August 2018 in Kraft getretenen Unterkunftsrichtlinie, korrigiert durch die Neuberechnung in den Jahren 2020 und 2023 gewährt (s. unten 4.). Dies ist zugunsten der Kläger erfolgt, verletzt sie mithin nicht in ihren Rechten.

1.

Streitig ist der Bescheid vom 20. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2018 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 28. Januar 2019. Der Streitgegenstand ist auf die Höhe der KdUH beschränkt.

2.

Die Kläger waren Berechtigte i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB II. Sie hatten das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze von § 7a SGB II noch nicht erreicht, hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, waren erwerbsfähig und hilfebedürftig. Die Kläger hatten Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 1 SGB II.

Sie verfügten auch über kein bedarfsdeckendes Einkommen oder Vermögen.

3.

Für den streitigen Zeitraum von März bis Juli 2018 hatten die Kläger keinen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Bruttokaltmiete i.H.v. 339 €.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II haben sie Anspruch auf Leistungen für die KdU und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf der Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es diesen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie zu ermitteln. Dabei ist die Prüfung der Bedarfe für Unterkunft und der für die Heizung grundsätzlich getrennt vorzunehmen. Dies gilt ungeachtet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II) und der ab 1. Oktober 2016 eingeführten Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II (dazu und zum folgenden: BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R; Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 40/19 R, Juris).

Bei der Prüfung der Angemessenheit der KdU sind in einem ersten Schritt die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete festzulegen. Dabei muss das Produkt aus Wohnfläche und -standard eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ("Referenzmiete") ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, [13], Juris). Der Quadratmeterpreis sowie die angemessene Wohnungsgröße ergeben die angemessene Miete. In einem zweiten Schritt ist die konkrete (=subjektive) Angemessenheit im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit notwendiger Einsparungen einschließlich eines Umzugs, zu prüfen. Abschließend ist zu klären, ob die Leistungsberechtigten eine abstrakt angemessene Wohnung hätten anmieten können (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R [23], Juris).

a.

Die für eine Absenkung der KdU vorgeschriebene Kostensenkungsaufforderung war mit Schreiben des Beklagten vom 3. August 2017 erfolgt. In diesem hatte er die Kläger unter Darstellung seiner Angemessenheitsgrenzen zu Kostensenkungsbemühungen bis spätestens 3. Februar 2018 aufgefordert. Nach Ablauf der Frist würden nur noch die angemessenen Kosten übernommen. Die Kläger hatten die Möglichkeit, mit dem Beklagten in einen Dialog über die für sie angemessenen KdU einzutreten.

Die Kostensenkungsaufforderung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Notwendig war nur die Benennung des - seinerzeit - aus Sicht des Beklagten für angemessen gehaltenen Höchstmietpreises (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, B 4 AS 78/09 R, [15], Juris). Es ist also an dieser Stelle nicht erheblich, ob der genannte Höchstpreis nach einem seinerzeit schlüssigen Konzept ermittelt wurde.

b.

Die im Februar 2020 und März 2023 erfolgten Korrekturen des Konzepts für die Zeit ab August 2016 (Bericht vom Juli 2016) stellen kein unzulässiges Nachschieben von Gründen für die Gewährung der reduzierten Miete dar. Vielmehr hat der Beklagte die seinerzeit gewonnenen Erkenntnisse lediglich anders bewertet (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 65/09 R, Juris, [28]; Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R, Juris, [33]). Eine in unzulässiger Weise beeinträchtigte Rechtsverteidigung der Kläger ist darin ebenfalls nicht zu sehen. Sie hatten Gelegenheit, sich in dem Klage- und Berufungsverfahren zu den neuen Werten zu äußern.

c.

Die hier streitgegenständliche Unterkunftsrichtlinie des Beklagten beruht auf einem schlüssigen Konzept.

aa.

Bei der Bestimmung der angemessenen KdU hat der Beklagte zu Recht auf eine Wohnfläche von 60 qm für einen Zweipersonenhaushalt abgestellt. Zur Bestimmung der angemessenen Größe ist auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen im Land Sachsen-Anhalt zurückzugreifen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS 2/09, [37 f.]; vgl. auch BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, B 14 AS 61/12 R [21], beide zitiert nach Juris). Anhaltspunkte für eine Erhöhung der abstrakt angemessenen Wohnfläche sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

bb.

Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Allerdings ist die gerichtliche Überprüfung auf eine nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle beschränkt (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R [26]; Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R [22]; Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R [34], alle zitiert nach Juris). Die Verpflichtung zur Amtsermittlung ist begrenzt durch die Mitwirkungslast der Beteiligten. Eine ins Einzelne gehende Überprüfung bestimmter Detailfragen - wie etwa Einzelheiten der Repräsentativität und Validität der erhobenen Daten - verlangt, dass fundierte Einwände erhoben werden. Diese müssen insbesondere über ein bloßes Bestreiten der Stimmigkeit der Daten hinausgehen, oder aber auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben hindeuten (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R [30]; Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R [34]; bestätigt im Beschluss vom 4. Januar 2022, B 4/14 AS 187/21 B [6], alle zitiert nach Juris).

(1.)

Die Bestimmung der VR in dem Korrekturbericht 2020 ist für den Senat nachvollziehbar und somit nicht zu beanstanden. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweist der Senat auf die Ausführungen im Urteil vom 15. April 2021 (L 5 AS 391/19 ZVW). Somit umfasst der VR Halberstadt in nicht zu beanstandender Weise die Gemeinden des jeweiligen Einzugsbereichs von Halberstadt, nämlich Huy, Osterwieck und Vorharz.

(2.)

Die Mietwerterhebung mit Stichtag 1. Dezember 2015 in der Auswertung der Korrekturberichte 2020 und 2023 beruhen für den hier streitigen Zeitraum auf einem schlüssigen Konzept. Der Beklagte hat im Rahmen der Methodenfreiheit ein Konzept zur empirischen Ableitung der angemessenen Bruttokaltmiete gewählt. Die dafür erforderlichen methodischen Voraussetzungen sind erfüllt und nachvollziehbar (vgl. zu den Anforderungen im einzelnen etwa BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [19] Juris).

Das Konzept des Beklagten ist als Verwaltungsgutachten und somit als Urkundenbeweis eine geeignete Entscheidungsgrundlage für seine Richtlinie. Denn es erscheint überzeugend und ist im gerichtlichen Verfahren nicht schlüssig infrage gestellt worden (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [24], Juris). Der Beklagte hat die Beanstandungen des ursprünglichen Konzepts durch die Nachbesserungen in den Jahren 2020 und 2023 ausgeräumt. Dies ermöglicht dem erkennenden Senat die Überzeugung von dessen Schlüssigkeit. Die zur Ermittlung der angemessenen Kosten gewählten Methoden sind nachvollziehbar. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Datenerhebungen und -auswertungen „unschlüssig“, also willkürlich oder widersprüchlich wären oder auf fehlerhaften Prämissen beruhten. Ein Verstoß gegen die vom BSG geforderten verallgemeinerungsfähigen und entwicklungsoffenen Grundsätze ist nicht erkennbar.

(aa.)

Den Gegenstand der Beobachtung hat A&K im Einzelnen nachvollziehbar definiert. Es wurden zur Ermittlung der Angemessenheitsbestimmung die Mieten der einzelnen VR im Landkreis Harz zugrunde gelegt (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R [21], Juris). Dabei flossen die Bestandsmieten in der Zeit von November 2015 bis Februar 2016 (Bericht Juli 2016, S. 21), die im Zeitraum vom Juni 2015 bis März 2016 (Bericht Juli 2016, S. 23) veröffentlichten Angebotsmieten sowie die im Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis 1. Dezember 2015 ermittelten Neuvertragsmieten (Verträge mit einer Laufzeit mit bis zu 11 Monaten vor dem Erhebungsstichtag [Korrekturbericht März 2023, S. 23, 24]) in die Beurteilung ein. Die Metadaten wurden unabhängig vom Erhebungsdatum in Einklang mit den „Hinweisen zur Erstellung von Mietspiegeln“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (S. 12) jeweils zum Stichtag 1. Dezember 2015 erhoben.

(bb.)

Die Art und Weise der Datenerhebung in den drei VR ist hinreichend deutlich dargestellt worden und stößt nicht auf Bedenken.

Die Mietwerterhebung für den Landkreis Harz 2016 basierte auf einer umfangreichen Vermieterbefragung. Zunächst wurden die größeren Vermieter und Wohnungsverwalter angeschrieben. Um einen umfassenden Überblick über das Mietniveau zu erhalten, wurden auch kleinere Vermieter in der Erhebung zu berücksichtigen. Hierfür wurden die Adressdaten der Entsorgungswirtschaft des Landkreises Harz zur Verfügung gestellt. Nach Abgleich der Daten mit den größeren Vermietern wurden 4.000 private Vermieter zufällig ausgewählt und angeschrieben (Korrekturbericht 2023, S. 20).

Es wurden dabei u.a. folgende Daten erhoben: Mietvertragsbeginn, letzte Mietänderung, Wohnungfläche, Netto-Kaltmiete, kalte Betriebskosten (Vorauszahlungsbetrag), kalte Betriebskosten mit Wasserkosten.

Ein SGB II-Datensatz blieb im Korrekturbericht März 2023 unberücksichtigt.

Entgegen der klägerischen Auffassung sind Angebotsmieten erhoben worden. Für diese wurden folgende Quellen ausgewertet: Immoscout 24, Immonet, Immowelt (jeweils Internet-Immoblien-Suchportale), örtliche Tagespresse und Anzeigenblätter (Korrekturbericht 2023, S. 24, 25).

Um die Angebotsmieten zu verifizieren, d.h. um das aktuelle Mietniveau zu beurteilen, wurden die Bestandmieten zusätzlich danach ausgewertet, welche Mieten bis elf Monaten vor dem Erhebungsstichtag (1. Dezember 2014 bis 1. Dezember 2015) als Neuvertragsmieten realisiert wurden (Korrekturbericht 2023, S. 24). Die Neuvertragsmieten sind mithin eine Teilmenge der erhobenen Bestandsmieten. Die an dieser Stelle geübte Kritik des Sozialgerichts (Vergleich von Bestandsbruttokaltmieten mit Neuvertragsnettokaltmieten) hat sich folglich mit der Nachbesserung im März 2023 erledigt.

(cc.)

Die Datenerhebung ist valide. Die Validität ist ein Kriterium für die Gültigkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung und deren Ergebnissen. Diesen Anforderungen wird die Datenerhebung gerecht. Der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten für den hier maßgeblichen VR Halberstadt liegt eine Datenerhebung zugrunde, die in diesem VR stattgefunden und die sich über den gesamten VR erstreckt hat.

Es wurden zunächst im gesamten Landkreis Harz und somit in den drei VR relevante Mietdaten zur Bruttokaltmiete erhoben. Diese wurden in eine Liste eingetragen (sog. Rohdaten), die die Spalten „Stadt“, „Mietvertragsbeginn“, „letzte Mietänderung“, „Wohnfläche“, „Nettokaltmiete“, „NKM/qm“, Wohnungsgrößenklasse“ und „VR“ umfasst. Aus diesen Rohdaten lassen sich die in den einzelnen - neu definierten - VR ermittelten Daten bestimmen.

Dass die Bruttokaltmiete als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung gewählt wurde, ist nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R [31]; Beschluss vom 2. April 2014, B 4 AS 17/14 B [6], alle zitiert nach Juris).

Dabei blieb Wohnraum, der keinen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten gibt, unberücksichtigt. So wurden keine Wohnungen mit Substandard (ohne Bad und Sammelheizung) einbezogen. Nicht berücksichtigt wurden ferner Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerbliche oder teilgewerblich genutzte Wohnungen (mit Gewerbemietvertrag), mietpreisreduzierte Wohnungen sowie Wohnungen zu Freundschaftsmieten und auch möblierte Wohnungen. Dieses Vorgehen der Selektion ist nicht zu beanstanden. Die Beschreibungen im Fragenkatalog waren insoweit eindeutig.

(dd.)

Entgegen der klägerischen Auffassung bestehen für den Senat keine ernsthaften Bedenken, dass der Umfang der erhobenen Daten nicht repräsentativ wäre.

Der Senat hat zunächst keine Zweifel an der vollständigen Erfassung der statistischen Werte. Insgesamt ist im Landkreis Harz von einem Mietwohnungsbestand von 60.600 auszugehen. Hiervon in Abzug zu bringen sind die mietfreien Wohnungen und die bereits o.g. nicht den Mietmarkt beeinflussenden Wohnungen.

Es wurden insgesamt 6.298 Daten erhoben. Nach Abzug nicht relevanter Wohnungen (578) konnten 5.720 Mieten verwendet werden. Nach der Extremwertkappung verblieben 5.432 Mietwerte für die weitere Auswertung. Diese Werte (8,95 % des Gesamtwohnungsbestands) waren ausreichend, um eine repräsentative Datengrundlage zu schaffen, zumal es nicht erforderlich ist, 10% des Gesamtdatenbestands des gesamten Mietwohnungsmarkts zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [21], Juris). Nach den Hinweisen des BBSR im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (3. Aufl. 2020. S. 26) ist eine Stichprobengröße einschließlich einer Sicherheitsreserve von 3.000 bis 5.000 (bei Tabellenmietspiegeln mit 40 Feldern sollten 30 Daten in jedem Feld erhoben sein, mithin 1200 Datensätze) bzw. von 500 Daten bzw. bis zu 1% des relevanten Wohnungsbestands (bei Regressionsmietspiegeln) ausreichend, um einen Mietwohnungsmarkt abzubilden.

Vor diesem Hintergrund ist es für den Senat nachvollziehbar, dass die Methodik der Ermittlung der angemessenen Mietwerte im Vergleich zum Bericht Juli 2016 unverändert geblieben ist. Die Zweifel der Kläger an diesem Vorgehen teilt der Senat nicht.

Soweit die Kläger sich auf das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg S 14 AS 720/19 WA beziehen und somit deutlich machen wollen, dass der Beklagte keine Mieten, die älter als vier Jahre sind, hätte verwenden dürfen, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Es war gerade nicht erforderlich, ausschließlich Mietverträge mit einem Abschluss vor maximal vier Jahren vor der Erhebung einzubeziehen. Die Heranziehung von älteren Bestandsmieten dient auch der Vermeidung von mietpreiserhöhenden Wirkungen und bildet den aktuellen örtlichen Wohnungsmarkt realitätsgerecht ab (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, [27], Juris). Die Angabe des aktuell vertraglich vereinbarten Mietpreises reicht somit für die Erhebung der Bestandsmieten aus. Eine Herausnahme solcher Daten aus dem Datensatz könnte im Gegenteil das Ergebnis verfälschen. Eine unterbliebene Mieterhöhung für längere Zeiträume kann nämlich darauf hinweisen, dass das Mietpreisniveau nicht gestiegen ist.

Für die Auswertung der Bestandsmieten sind die Mietdaten auf die Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und den drei VR und fünf Wohnungsgrößenklassen im Tabellenraster zugeordnet worden. Diese Vorgehensweise ist methodisch nicht zu beanstanden. Insgesamt sind für jedes Tabellenfeld der relevanten Wohnungsgrößen im VR Halberstadt mindestens 185 Mietwerte erhoben worden (Tab. 7, Korrekturbericht 2023, S. 23).

Um der Vermieterstruktur im Untersuchungsgebiet gerecht zu werden, ist eine gewichtete Auswertung hinsichtlich der Eigentümerstruktur im Kreisgebiet erfolgt. Dabei sind die privaten und institutionellen Anbieter entsprechend ihrem Marktanteil in der Grundgesamtheit in der Auswertung gewichtet worden. So gab es im VR Halberstadt 51% private Vermieter. Diese Anteile sind als Gewichtungsfaktoren zur Berechnung der Netto-Kaltmiete verwendet worden (Tab. 12, Korrekturbericht 2023, S. 34).

(ee.)

Die anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätze bei der Datenauswertung sind eingehalten worden.

Die Basis für die Auswertung bildet ein Tabellenraster, das die in Sachsen-Anhalt geltenden Wohnflächengrenzen erfasst. Für die Auswertung der Bestandsmieten sind zur Erstellung einer einheitlichen Datenbasis die Mietdaten auf die Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und die Mieten den jeweiligen Wohnungsgrößenklassen im Tabellenraster zugeordnet worden.

Beanstandungsfrei sind die Daten im Wege der Extremwertkappung bereinigt und so besonders hohe Werte für die Bestimmung des Nettokaltmietpreises herausgenommen. Diese Extremwertkappung ist eine wissenschaftlich anerkannte statistische Methode (vgl. v. Malottki, Schlüssiges Konzept und Statistik, info also, 99, 104). Sie ist getrennt nach Vermietertypen, auf Basis des 95%-Konfidenzintervalls über alle als mietwerterhebungsrelevant identifizierten Mieten vorgenommen worden. Die Repräsentativität wird hierdurch nicht beeinflusst, denn es sind im gesamten Landkreis Harz nur 288 von 5.720 Werten ausgenommen worden, mithin nur 4,45 %. Es verbleiben 5.432 Mietwerte für weitere Auswertungen. Im VR Halberstadt waren es 1.490 Daten gewesen.

Da die Daten 2015/2016 nicht nur im unteren Wohnungsmarktsegment, sondern über alle Wohnungsbestände mit einfachem, mittlerem und gehobenem Wohnungsstandard erhoben wurden, war eine Ableitung für das untere Wohnungsmarktsegment vorzunehmen. Um das erforderliche Mietangebotsvolumen zu ermitteln, ist das so genannte Perzentil-Verfahren zur Anwendung gekommen. Es ist hierfür nachvollziehbar, jeweils für die fünf Wohnungsgrößen und drei VR getrennt, der Median zwischen der unteren und der oberen Grenze des Konfidenzintervalls gebildet worden.

Es ist geprüft worden, wie hoch der Anteil der Wohnungen sein muss, um eine ausreichende Versorgung der Nachfrager im unteren Marktsegment sicherzustellen. Im Gegenzug ist in Betracht gezogen worden, welche Anteile der Angebotsmieten für den ermittelten Richtwert zur Verfügung stehen. Es ist berücksichtigt worden, dass verschiedene Haushaltsgrößen unterschiedlich starke Nachfragergruppen bilden. Dabei sind unter Anwendung eines iterativen Annäherungsverfahrens die Stärke verschiedener Wohnungsmarktanteile bei den unterschiedlichen Haushaltsgrößen ermittelt worden. Diese Vorgehensweise ist von der Methodenfreiheit des Grundsicherungsträgers gedeckt und daher nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R [37], Juris).

Da die Daten um die SGB II-Datensätze bereinigt wurden, greifen auch die Zweifel des Sozialgerichts an der Eignung dieses Verfahrens zur Ermittlung angemessener Mietwerte nicht mehr durch. Ein vom Sozialgericht beschriebener Zirkelschluss ist nicht mehr möglich. Die verwandten Daten sind repräsentativ und valide (s.o.).

Soweit das Sozialgericht die unterschiedlich hohen Ergebnisse der Perzentilwerte für die einzelnen Wohnungsgrößenklassen im Korrekturbericht 2020 und im Bericht 2016 für nicht nachvollziehbar gehalten hat, folgt der Senat dem nicht. Das Sozialgericht hat übersehen, dass die ermittelten Werte bezogen auf die 2020 festgelegten VR in Beziehung gesetzt werden mussten.

Letztlich bedarf es jedoch keiner tieferen Auseinandersetzung mit dem Vorgehen der Fa. A&K im Korrekturbericht 2020. Der im März 2023 erstellte Bericht, der nunmehr die Grundlage für die Unterkunftsrichtlinie des Beklagten bildet, beruht auf einer anderen Datengrundlage.

Der Senat kann offenlassen, ob die Modifikation der erhobenen Angebotsmieten durch die Kombination von Angebots-Kaltmieten plus den durchschnittlichen Betriebskosten aus der Bestandsmietenerhebung (Korrekturbericht 2023, S. 22, Tab. 17, Anmerkung 1) ein realitätsgerechteres Abbild als die tatsächlich im Zeitraum erhobenen Angebotsmieten mit den dort angegebenen Betriebskosten bietet. Denn die bei der Nachfrageranalyse ermittelten Anzahl prozentualer Nachfragergruppen im unteren Marktsegment wird im VR Halberstadt nicht unterschritten. Vielmehr sind die dortigen tatsächlichen Angebotsmieten mindestens gleich groß oder größer. Diese unterschreiten im VR Halberstadt in keinem Feld die ermittelten Anteilswerte der Nachfragergruppen nach günstigem Wohnraum. Als tatsächliches Marktvolumen an Angebotsmieten sind für den VR Halberstadt und 2-Personen-Haushalte 45 % ermittelt worden (Korrekturbericht 2023, S. 37, Tab. 16). Das vorgegebene 20%-Perzentil für Zwei-Personen-Haushalte ist somit nicht zu beanstanden. (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R [37], Juris:

(ff.)

Zur Festlegung der Bruttokaltmiete waren neben der Nettokaltmiete noch die Betriebskosten zu ermitteln.

Auch hier sind anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze zur Anwendung gekommen.

Analog zu den Netto-Kaltmieten ist für die Berechnungen der gewichtete Mittelwert (Median) der Betriebskostenwerte differenziert nach Wohnungsgröße in jedem VR zum Ansatz gebracht worden (Korrekturbericht 2023 Tab. 12/13, S. 34). Die Herausnahme der SGB II-Daten auch bei den Betriebskosten ist konsequent.

(gg.)

Die Mietwertauswertungen hat der Beklagte in der ab dem 1. August 2016 geltenden Richtlinie durch den Korrekturbericht 2023 in nachvollziehbarer Weise umgesetzt. Aus den Tabellenwerten ist jederzeit erkennbar, welche Bruttokaltmieten in welchen VR für welches Wohnsegment angemessen sind. Es ist dem Senat möglich gewesen, für den VR Halberstadt die als angemessen anzusehende Bruttokaltmiete zu ermitteln.

(hh.)

Die vom Beklagten in diesem Konzept ermittelten Heizkosten können jedoch nicht als Werte für die Bestimmung der Angemessenheit herangezogen werden (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. November 2022, L 5 AS 708/18). Es sind nach der Rechtsprechung des BSG mithin die Werte des „Bundesweiten Heizspiegels“ zugrunde zu legen. Dessen rechte Spalte ist aber lediglich ein Grenzwert für die konkretindividuelle Angemessenheitsprüfung. Dabei werden die angemessenen Heizkosten nach der Formel: „Wert der rechten Spalte mal angemessene Wohnungsgröße“ ermittelt. Erst das Überschreiten kann die Vermutung unwirtschaftlichen Heizens rechtfertigen (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R, [22 f], Juris). Das Überschreiten gilt als Anscheinsbeweis für die Unangemessenheit und führt nur zur Beweislastumkehr. Eine schlechte Gebäudedämmung ist kein Grund für eine Beurteilung der Heizkosten als angemessen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R, [26 f.], Juris).

Es ist der jeweils aktuelle Heizspiegel heranzuziehen, der bei Erlass des Bescheids veröffentlicht war. Spätere Heizspiegel - mit den tatsächlichen Werten für dieses Jahr - sind ohne Bedeutung (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R, [25], Juris). Für Mieter wie für Hauseigentümer wird für die Berechnung des Heizenergiebedarfs auf die angemessene Höchstwohnfläche abgestellt (BSG, a.a.O.).

Nach diesen Vorgaben waren für die Kläger im streitigen Zeitraum höhere Heizkosten angemessen. Nach dem hier zugrunde zu legenden Bundesweiten Heizspiegel 2017 waren in den Monaten März bis Juli 2018 Heizkosten i.H.v. höchstens 81 €/Monat angemessen (16,20 € x 60 qm / 12 Monate). Die Kläger hatten tatsächliche Heizkosten einschließlich der Stromkosten zum Betrieb der Heizungsanlage i.H.v. 81 €/Monat. Diese waren mithin angemessen.

d.

Eine Prüfung einer Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II hätte keine Auswirkungen für den Leistungsanspruch.

Wegen der angemessenen Aufwendungen für die Heizung gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Wohnungswechsel nicht zu einer Kostensenkung führen würde, weil in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt niedrigere Bruttowarmkosten entstünden (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 2021, B 14 AS 31/20 R [51], Juris).

Der Beklagte war auch nicht im Wege der Ermessensausübung verpflichtet, wegen des Wirtschaftlichkeitsvergleichs der gesamten Bruttowarmkosten zu prüfen, ob von einer Kostensenkungsaufforderung abzusehen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Das Konzept des Beklagten geht ausdrücklich nicht von einer Gesamtangemessenheitsgrenze aus (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R [27], Juris).

e.

Die Kläger haben für die Monate März bis Juli 2018 mithin einen Anspruch auf Bewilligung weiterer 2,40 €/Monat (1,20 €/Kläger/Monat).

aa.

Der Beklagte hatte den Klägern KdUH i.H.v. 395,40 € /Monat bewilligt (Bruttokaltmiete i.H.v. 319,20 €, Heizkosten i.H.v. 76,20 €). Unter Berücksichtigung einer angemessenen Bruttokaltmiete i.H.v. (nur) 316,80 €/Monat zzgl. der angemessenen HK i.H.v. 81 € ergibt sich ein monatlicher Anspruch der Kläger die KdUH i.H.v. 397,80 €.

Es verbleibt eine Differenz zulasten des Beklagten i.H.v. 2,40 €/Monat.

bb.

Soweit die Kläger einen Anspruch auf Auszahlung der Differenz von 4,80 €/Monat für die Heizkosten geltend machen, ohne die „Anrechnung“ der Überzahlung der Bruttokaltmiete, kann der Senat dieser Argumentation nicht folgen. Entgegen der Ansicht der Kläger handelt es sich bei der Ermittlung der Höhe des Leistungsanspruchs für die KdUH nicht um eine unzulässige Verrechnung mit den Leistungen für die Bruttokaltmiete und denen für die Heizkosten. Der Leistungsanspruch richtet sich in der Höhe nach den in § 19 Abs. 3 SGB II festgelegten Bedarfen. Dieser beträgt aus den o.g. Gründen für die KdUH 397,80 €/Monat. Allein entscheidend ist dieser (Gesamt-)Leistungsanspruch. Die Zusammensetzung dieses Betrages ist unerheblich (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 10/06 R [16 ], Juris).

4.

Die Berufung ist die Monate August und Oktober 2018 bis Februar 2019 betreffend in vollem Umfang begründet. Die Kläger haben in diesem Zeitraum keinen höheren Leistungsanspruch.

a.

Ab August 2018 (zwei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie des Beklagten) konnten die Daten des Konzepts jedoch nicht mehr herangezogen werden. Mit der Indexfortschreibung des Konzepts und der Umsetzung in der Richtlinie ab 1. August 2018 wurde den Anforderungen an eine regelmäßige Aktualisierung der Daten Rechnung getragen. Die erfolgte Indexfortschreibung begegnet inhaltlich keinen Bedenken, sie erfolgte analog der Regelungen für qualifizierte Mietspiegel.

Soweit in Abweichung zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland, sondern auf den Preisindex für die Entwicklung der Mietkosten in Sachsen-Anhalt (getrennt nach Wohnungskaltmieten und Wohnungsnebenkosten) abgestellt wurde, ist dies zu akzeptieren. Ein Rückgriff auf den bundesdeutschen Jahresverbraucherpreisindex wäre nicht zwingend gewesen. Nur für den Fall, dass ein Fortschreibungskonzept gar nicht vorliegt und auch nicht nachgeholt worden ist, stellt das BSG auf den bundesdeutschen Verbraucherindex ab (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017, B 4 AS 33/16 [20 f.], Juris). Hat ein Grundsicherungsträger jedoch - wie hier - selbst ein konkretes Fortschreibungskonzept entwickelt, ist dieses im Rahmen der Methodenfreiheit gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Das Abstellen auf die Entwicklung der Wohnungsmieten und -nebenkosten im Land Sachsen-Anhalt bewegt sich im Rahmen dieser Methodenfreiheit. Damit war das Ziel verbunden, die Entwicklungen des Wohnungsmarkts im Landkreis möglichst realitätsnah zu erfassen. Genau dies kann bei einem Rückgriff auf den bundesdeutschen Verbraucherpreisindex weniger verlässlich sichergestellt werden.

Schließlich ist auch der Vergleich der Indexentwicklung von Dezember 2015 (Stichtag der ersten Datenerhebung für den Bericht 2016) bis Dezember 2017 (Ablauf der Zwei-Jahresfrist nach Stichtag der Datenerhebung) von der Methodenfreiheit im Rahmen des schlüssigen Konzepts gedeckt.

Es war nicht etwa zwingend notwendig, die Indexierung an der Zwei-Jahresfrist für die Laufzeit der Richtlinie (1. August 2016 bis 31. Juli 2018) auszurichten. Stehen mehrere Schätzgrundlagen zur Auswahl, darf sich der Grundsicherungsträger auf die Daten stützen, die ihm am besten geeignet erscheinen. Der Stichtag 1. Dezember 2015 spiegelt die zu diesem Zeitpunkt vorgefundenen Mietpreise im Landkreis besser als die - nur über eine weitere Indexierung ermittelbaren - Werte am 1. August 2016 wieder.

Zudem wurden noch Mietangebote im Zeitraum von Juni 2017 bis Februar 2018 (Bericht Fortschreibung 2023, S. 7) ausgewertet. Es standen im VR Halberstadt für Zwei-Personen-Haushalte 38% der angebotenen Wohnung zu den mit der Fortschreibung ermittelten Werte zur Verfügung, Korrekturbericht 2023, S. 9, Tab 6). Dieser Prozentsatz liegt weit über der hierfür ermittelten Nachfragergruppe von 20%.

Die Kläger haben folglich einen Anspruch auf die Gewährung einer monatlichen Bruttokaltmiete i.H.v. 322,20 €.

b.

Die Heizkosten sind mit 81 €/Monat als unangemessen anzusehen. Die letzte Entscheidung des Beklagten für den Zeitraum von August 2018 bis Februar 2019 erfolgte am 28. Januar 2019. Es ist folglich der Heizspiegel 2018 anzuwenden. Danach waren höchstens Heizkosten angemessen i.H.v. 76,50 €/Monat (15,30 € x 60 qm / 12 Monate).

Der Beklagte bewilligte den Klägern im vorliegenden Zeitraum KdUH i.H.v. 403,80 €. Die Kläger hatten einen Anspruch i.H.v. 398,70 € (Bruttokaltmiete: 322,20 €, Heizkosten: 76,50 €). Sie sind mithin bereits überzahlt.

5.

Ein Fall einer vorübergehenden oder dauerhaften subjektiven Unzumutbarkeit eines Umzugs oder einer Kostensenkung lässt sich nicht feststellen. Dies würde zwar nicht zur Angemessenheit der tatsächlichen Mietkosten führen, könnte jedoch eine Verlängerung der Frist für eine Kostensenkung erforderlich machen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, [32], Juris). Die Darlegungslast für eine fehlende Möglichkeit und/oder die Unzumutbarkeit der geforderten Kostensenkung liegt zunächst beim Leistungsberechtigten. Nur bei schlüssiger Darlegung vergeblicher Suchaktivitäten liegt die Beweislast für eine zumutbare Kostensenkung bei der Behörde. Es müssen daher stets Einwände zur Unmöglichkeit eines Wohnungswechsels vorgebracht werden (BSG, Urteil vom 19. März 2008, B 11b AS 43/06 R, [15], Urteil vom 13. April 2011, B 14 AS 32/09 R [30 f.], Juris).

Gründe dafür, dass die Regelfrist von sechs Monaten unzureichend gewesen und eine abweichende Festlegung der Kostensenkungsfrist erforderlich gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Die Kläger haben nicht einmal behauptet, in der gesetzten Frist Februar 2018 oder danach trotz intensiver Suche keine andere Wohnung gefunden zu haben. Es liegt daher kein Fall der subjektiven Unzumutbarkeit einer Kostensenkung vor.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das Unterliegen des Beklagten war nur geringfügig.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Frage der Bestimmung des VR und der Anforderungen an ein schlüssiges Konzept sind obergerichtlich geklärt. Es handelt sich um tatrichterliche Beweiswürdigungen für allgemeinere Prüfungsmaßstäbe (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [20], Juris).

 

Rechtskraft
Aus
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