Wenn sich nach Bescheiderteilung die anfängliche Fehlerhaftigkeit der Beitragsbemessungsgrundlage herausstellt, die Grundlage einer Hochrechnung gem. §§ 70 Abs. 4, 194 Abs. 1 SGB VI gewesen ist, ist eine Korrekturentscheidung durch den Rentenversicherungsträger nach § 45 SGB X unter Heranziehung der nachträglich bekannt gewordenen tatsächlichen Einkünfte im hochgerechneten Zeitraum nicht möglich.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 17. Januar 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe einer Altersrente, konkret um die Rechtmäßigkeit der Korrektur einer Hochrechnung.
Der im Jahr 1953 geborene Kläger war zuletzt als Kraftfahrer bei dem Wasser- und Schifffahrtsamt H. beschäftigt. Er stellte mit Schreiben vom 3.2.2016 (Eingang bei der Beklagten am 8.2.2016) einen Antrag auf Bewilligung von Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Unter Ziffer 15 willigte er ein, dass die Beklagte „für den weiteren Zeitraum ggf. bis zum Rentenbeginn die entsprechenden voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen (maximal für 3 Monate) hochrechnet und diese der Rentenberechnung zu Grunde legt.“ Unter Ziffer 10.4.1 gab er an, seinen Arbeitgeber bereits über die Notwendigkeit der Abgabe einer gesonderten Meldung nach § 194 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI; in der Fassung vom 7.9.2007, in der Folge: alte Fassung aF) informiert zu haben.
Mit Datensatz vom 7.2.2016 übermittelte der Arbeitgeber an die Beklagte eine gesonderte Meldung, wonach der Kläger im Jahr 2015 ein Bruttoarbeitsentgelt von 50.568,00 EUR verdient habe. Mit Datensatz vom 16.2.2016 meldete der Arbeitgeber für den Zeitraum Januar 2016 ein Entgelt von 3.859,00 EUR.
Am 26.2.2016 erließ die Beklagte einen Bescheid, der dem Kläger Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 1.5.2016 in Höhe von 1.651,67 EUR brutto (1.474,12 EUR netto) bewilligte. An persönlichen Entgeltpunkten berücksichtigte die Beklagte einen Wert von 56,5448. Der für die Monate Februar bis April 2016 hochgerechnete Entgeltbetrag wurde mit 12.553,25 EUR festgesetzt. Im Rahmen der Berechnung legte die Beklagte für den Zeitraum Februar bis Dezember 2015 ein Entgelt von 46.354,00 EUR und für den Monat Januar 2016 ein Entgelt von 3.859,00 EUR zugrunde.
Mit gesonderter Meldung vom 21.3.2016 teilte der Arbeitgeber ein geändertes Entgelt für Januar 2016 mit; dieses habe 3.896,00 EUR betragen, also 37,00 EUR mehr als in der Meldung vom 16.2.2026 angegeben. Darauf reagierte die Beklagte zunächst nicht. Mit einer weiteren Meldung vom 20.6.2016 bezifferte der Arbeitgeber sodann das tatsächlich erzielte Entgelt für den Zeitraum Februar bis April 2016 auf 11.993,00 EUR, also 560,25 EUR weniger als in der Hochrechnung im Bescheid vom 26.2.2016.
Mit Bescheid vom 24.6.2016 setzte die Beklagte die Höhe der Altersrente für besonders langjährig Versicherte neu fest, weil sich die rentenrechtlichen Zeiten geändert hätten. Die Rentenhöhe betrage ab dem 1.7.2016 nunmehr 1.712,35 EUR brutto (1.536,31 EUR netto). Die im Rentenbescheid vom 26.2.2016 vorgenommene Hochrechnung habe sich als fehlerhaft erwiesen, der Arbeitgeber habe nachträglich niedrigere Entgelte für 2016 gemeldet. Der Bescheid sei somit von Anfang an rechtswidrig gewesen, die Rücknahme erfolge für die Zukunft und gem. § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Bei der Rentenberechnung berücksichtigte die Beklagte nunmehr die tatsächlich erzielten Einkünfte im Zeitraum Januar bis April 2016 – ein Plus von 37,00 EUR im Januar und ein Minus von 560,25 EUR für den Zeitraum Februar bis April – und legte bei der Berechnung der Rentenhöhe insgesamt 56,5304 persönliche Entgeltpunkte zugrunde, mithin 0,0144 Rentenpunkte weniger als im Bescheid vom 26.2.2016.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 30.6.2016 (Eingang am 4.7.2016) Widerspruch. Die Änderung des Rentenbescheides vom 26.2.2016 sei rechtswidrig. Es müsse bei den im Rahmen der Hochrechnung angenommenen Beträgen und damit den errechneten Entgeltpunkten verbleiben, dies ergebe sich aus §§ 70 Abs. 4, 194 Abs. 1 SGB VI. Die Rechtmäßigkeit einer solchen Hochrechnung sei durch das Bundessozialgericht (BSG) bereits festgestellt worden. Mit der Vorgehensweise der Beklagten würde der Sinn und Zweck der Hochrechnung – der Abbau bürokratischer Hemmnisse – revidiert.
Am 19.9.2016 erstellte der frühere Arbeitgeber des Klägers eine weitere Entgelt-Meldung für den Zeitraum Februar bis April 2016. Danach habe das erzielte Entgelt in diesen drei Monaten insgesamt 12.180,00 EUR betragen, also 187,00 EUR mehr im Vergleich zu der Meldung vom 20.6.2012.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.4.2017 zurück. Eine Neufeststellung der Altersrente sei nur dann vorzunehmen, wenn sich nach Bescheiderteilung eine Änderung der Beitragsbemessungsgrundlage – hier: die beitragspflichtigen Einnahmen aus dem Zwölf-Kalendermonats-Zeitraum – herausstelle. Denn dies sei die Grundlage der Hochrechnung. Die Neufeststellung müsse sodann unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich bekannten tatsächlichen beitragspflichtigen Einkommens im Hochrechnungszeitraum erfolgen. Für den Zeitraum ab Juli 2016 habe sich dadurch eine monatlich 0,44 EUR niedrigere Altersrente ergeben. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft seien gegeben. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf einen Bestand des ursprünglichen Bescheides sei nicht gegeben. Etwaige Vermögensdispositionen seien nicht vorgetragen worden und angesichts der sehr geringen Abweichung auch unwahrscheinlich. Ein Verschulden des Rentenversicherungsträgers sei nicht erkennbar.
Dagegen hat der Kläger am 22.5.2017 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben.
Mit Bescheid vom 3.8.2017 hat die Beklagte die Rentenhöhe für die Zeit ab dem 1.5.2016 „unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.02.2016 bis zum 30.04.2016“ neu festgestellt und den Bescheid vom 24.6.2016 gem. § 44 SGB X zurückgenommen. Bei der Berechnung der Rente hat die Beklagte u.a. das vom Arbeitgeber mit Meldung vom 19.9.2016 korrigierte, um insgesamt 187,00 EUR höhere Einkommen für die Monate Februar bis April 2016 berücksichtigt. Der Rentenberechnung hat sie 56,5355 persönliche Entgeltpunkte zugrunde gelegt, also ein Plus von 0,0051 Rentenpunkten im Vergleich zu dem Bescheid vom 24.6.2016 und ein immer noch verbleibendes Minus von 0,0098 Rentenpunkten im Vergleich zum Bescheid vom 26.2.2016. Für den Zeitraum vom 1.7.2016 bis 31.7.2017 ist eine Nachzahlung von 1,71 Euro festgestellt worden. Für den Zeitraum ab dem 1.8.2017 wurde die neu berechnete Rentenhöhe gezahlt.
Der Kläger hat im erstinstanzlichen Klageverfahren seine rechtliche Argumentation aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Eine vom Rentenantragssteller begehrte Hochrechnung könne nicht vom Rentenversicherungsträger zurückgenommen werden. Das Vorgehen im Bescheid vom 24.6.2016 nach § 45 SGB X sei rechtswidrig. Richtig wäre allenfalls gewesen, die Hochrechnung unmittelbar im Anschluss an die Meldung vom 21.3.2016 zu korrigieren und im Rahmen der Hochrechnung für Januar 2016 den höheren Betrag zugrunde zu legen. Der Berücksichtigung der tatsächlichen Entgelte für Februar bis April 2016 und dem Vorgehen nach § 45 SGB X stünden die §§ 194, 70 SGB VI entgegen. Im Übrigen sei auch eine Anhörung unterblieben.
Die Beklagte hat im Verfahren vor dem SG die Ansicht vertreten, eine Hochrechnung könne nur auf fehlerfreien Daten beruhen. Sollten diese nachträglich durch den Arbeitgeber korrigiert werden, müsse die Hochrechnung unter Berücksichtigung der dann bekannten tatsächlichen beitragspflichtigen Einnahmen vorgenommen werden. Dieses Vorgehen würde dem Sinn und Zweck der §§ 70 Abs. 4, 194 Abs. 1 SGB VI nicht widersprechen und entspreche den Gremienbeschlüssen der Rentenversicherungsträger.
Auf Nachfrage des SG, aus welchen Gründen es zu den unterschiedlichen Entgeltmeldungen für den Zeitraum Januar bis April 2016 gekommen sei, hat der frühere Arbeitgeber des Klägers unter dem 6.11.2017 mitgeteilt, dass sich die Entgeltmeldungen geändert hätten, weil sog. unständige Zulagen zwei Monate rückwirkend bezahlt würden. Die alten Meldungen seien deshalb storniert und neu gemeldet worden.
Mit Urteil vom 17.1.2019 hat das SG Lüneburg – insoweit dem Antrag des Klägers folgend – den Änderungsbescheid der Beklagten vom 3.8.2017, mit dem der Änderungsbescheid vom 24.6.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2017 aufgehoben wurde, aufgehoben und die Beklagte klarstellend verpflichtet, das Altersruhegeld – gemeint: die Altersrente – des Klägers nach Maßgabe des Bescheides vom 26.2.2016 zu berechnen. Die Beklagte habe zu Unrecht die im März 2016 und Juni 2016 abgegebenen Entgelt-Korrekturmeldungen des Arbeitgebers zum Anlass genommen, den Rentenbescheid vom 26.2.2016 zu ändern. Denn die Regelung in § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI solle aus Gründen der Vereinfachung gerade ausschließen, dass im Nachhinein gemeldete abweichende Entgelte zu einer Änderung in der Rentenfeststellung führen.
Gegen das ihr am 24.1.2019 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.2.2019 Berufung eingelegt. Das SG verkenne, dass sich das Neufeststellungsverbot des § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI ausschließlich auf eine Änderung der beitragspflichtigen Einnahmen in dem hochgerechneten Zeitraum beziehe. Im vorliegenden Fall hätten sich jedoch zunächst die beitragspflichtigen Einnahmen geändert, die Grundlage für die Hochrechnung gewesen seien. Der Sachverhalt sei somit ein gänzlich anderer als jener, über den das BSG in seiner Entscheidung vom 12.12.2011 befunden habe. Eine Neuberechnung der Rente sei unumgänglich, wenn sich die beitragspflichtigen Einnahmen für Zeiten vor dem hochgerechneten Zeitraum geändert hätten; es seien sodann auch die tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen heranzuziehen und nicht mehr die fehlerhaft hochgerechneten Einnahmen. Dem Sinn und Zweck der §§ 70 Abs. 4, 194 Abs. 1 SGB VI – die Gewährung eines nahtlosen Übergangs vom Erwerbsleben in die Rente – stünde das Vorgehen nicht entgegen, denn der Zweck sei erfüllt worden. Ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehe durch die Berücksichtigung der tatsächlich erzielten Entgelte nicht, wenn die Basis der Hochrechnung hätte ohnehin korrigiert werden müssen. Die gewährten Zulagen seien im Entstehungsmonat zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 17. Januar 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 17. Januar 2019 zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass die gewährten Zulagen, die den früheren Arbeitgeber zu einer Korrektur veranlasst hätten, in der rechtlichen Zuordnung bei den Monaten, in denen sie gezahlt worden seien, hätten verbleiben müssen. Nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes würden diese am Zahltag des zweiten Kalendermonats nach ihrer Entstehung fällig. Aus diesem Grund hätte der Arbeitgeber für Januar 2016 keine Korrekturmeldung abgeben müssen bzw. dürfen. Die gesonderte Meldung vom 21.3.2016 sei kein tauglicher Auslöser für eine Korrektur nach § 45 SGB X gewesen, weil sich durch die geänderten Entgelte für Januar 2016 die Rentenhöhe nicht zu Ungunsten des Klägers geändert hätte.
Der Senat hat bei dem früheren Arbeitgeber um Klarstellung ersucht, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die zeitversetzten Zahlungen erfolgt sind. Ferner hat der Berichterstatter am 26.4.2023 mit den Beteiligten einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 17.10.2023 und 20.10.2023).
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Nach §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet der Senat im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil.
Die gemäß §§ 143 ff. SGG zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 17.1.2019 sowie der Bescheid der Beklagten vom 24.6.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2017 in der Gestalt des Bescheides vom 3.8.2017 (letztgenannter ist Gegenstand des Klageverfahrens geworden gem. § 96 SGG), durch den die Beklagte die ursprüngliche, auf einer Hochrechnung beruhende Bewilligung einer Altersrente vom 26.2.2016 zurückgenommen und anhand der tatsächlichen Einkünfte im hochgerechneten Zeitraum sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft neu berechnet hat. Grundsätzlich gehören in Rentenbescheiden Art, Dauer, Beginn und Höhe der Rente zum Verfügungssatz (BSGE 24, 236, 238; 45, 236, 237), so dass der Kläger sein Begehren mittels einer kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) gegen den Verfügungssatz über die Rentenhöhe ab dem 1.5.2016 verfolgt.
Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 24.6.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2017 in der Fassung des Bescheides vom 3.8.2017, soweit darin im Hinblick auf die Rentenhöhe die Altersrente aufgrund der in den Monaten Februar bis April 2016 erzielten tatsächlichen Einkünfte neu berechnet wurde, zu Recht aufgehoben, und hat die Beklagte zu Recht klarstellend verpflichtet, die Altersrente unter Berücksichtigung eines im Wege der Hochrechnung nach § 70 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI aF errechneten Pflichtbeitrags für die Monate Februar bis April 2016 zu berechnen.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hätte die ursprüngliche Bewilligung vom 26.2.2016 mit Bescheid vom 24.6.2016 nicht gem. § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurücknehmen dürfen (dazu 1.). Auch die Korrektur des Bescheides vom 24.6.2016 gem. § 44 Abs. 1 SGB X mit Bescheid vom 3.8.2017 war nicht zulässig (dazu 2.). Die Bescheide vom 24.6.2016 und 3.8.2017 können auch nicht in eine rechtmäßige Aufhebung nach § 48 SGB X umgedeutet werden (dazu 3.).
1.
Die Voraussetzung einer Rücknahme des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vom 26.2.2016 nach § 45 SGB X in dem von der Beklagten vorgenommenen Umfang lagen nicht vor.
Die gem. § 24 Abs. 1 SGB X unterbliebene Anhörung ist im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X).
Die materiellen Voraussetzungen einer Rücknahme waren jedoch nicht gegeben.
Materiell bestimmt § 45 Abs. 1 SGB X: Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
a.
Der Rentenbescheid vom 26.2.2016 ist unstreitig ein begünstigender Verwaltungsakt.
b.
Er ist auch rechtswidrig erlassen worden.
Rechtswidrig ist ein Verwaltungsakt, wenn entweder das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Hier hat die Beklagte bei der Rentenberechnung in dem Bescheid vom 26.2.2016 zwar das Recht richtig angewandt, ist jedoch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Die Grundlage für die Berechnung der monatlichen Rentenhöhe war unzutreffend.
Grundsätzlich ergibt sich gem. § 64 SGB VI der Monatsbetrag einer Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 1, § 70 Abs. 1 SGB VI ergeben sich die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrages der Rente, indem die Summe aller Entgeltpunkte für u.a. Beitragszeiten ermittelt werden. Für Beitragszeiten werden Entgeltpunkte ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr erteilt wird. Welche Beiträge zu den beitragspflichtigen Einnahmen bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, gehören, ergibt sich aus § 162 Nr. 1 SGB VI. Danach ist das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zu berücksichtigen und Entgeltpunkte nur aus den Beschäftigungszeiten zu Beginn der Altersrente zu ermitteln (§ 75 Abs. 1 SGB VI).
Abweichend hiervon bestimmt § 70 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, dass, wenn für eine Rente wegen Alters die voraussichtliche beitragspflichtige Einnahme für den verbleibenden Zeitraum bis zum Beginn der Rente wegen Alters vom Rentenversicherungsträger errechnet worden ist, für diese Rente Entgeltpunkte daraus wie aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln sind.
Nach § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI aF haben Arbeitgeber auf Verlangen des Rentenantragstellers die beitragspflichtigen Einnahmen für abgelaufene Zeiträume frühestens drei Monate vor Rentenbeginn (oder zu einem späteren Zeitpunkt vor Rentenbeginn) gesondert zu melden. Erfolgt eine derartige gesonderte Meldung, errechnet der Rentenversicherungsträger bei Anträgen auf Altersrente die voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen für den verbleibenden Beschäftigungszeitraum bis zum Rentenbeginn für bis zu drei Monate nach den in den letzten zwölf Kalendermonaten gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen (§ 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI in der Fassung vom 7.9.2007, aF).
Der Kläger hat sein „Verlangen“ im Sinne von § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI aF ausgeübt, ein entsprechendes Vorgehen bei der Beklagten beantragt und seinen Arbeitgeber zur Abgabe einer gesonderten Meldung aufgefordert. Jedoch waren die durch den Arbeitgeber ursprünglich gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen für den Monat Januar 2016 unzutreffend, so dass der Arbeitgeber unter dem 21.3.2016 eine Korrektur vornahm.
Diese Korrektur betraf mit dem Monat Januar 2016 einen Zeitraum, der Grundlage für die Hochrechnung der Rentenhöhe nach §§ 70 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI aF bezogen auf den Zeitraum von Februar bis April 2016 war. Denn nach Auskunft des Arbeitgebers vom 6.11.2017 und 17.8.2023 beruht die Entgeltkorrekturmeldung aus März 2016 darauf, dass dem Kläger sog. unständige Zulagen zwei Monate rückwirkend bezahlt wurden. Diese rückwirkende Zahlung beruht wiederum auf der Fälligkeitsregel des § 24 Abs. 1 Satz 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD), wonach Entgeltbestandteile, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, am Zahltag des zweiten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, fällig sind.
Die Fälligkeit einer Zahlung ist jedoch nicht das entscheidende Kriterium für die zeitliche Zuordnung einer Zahlung im Sinne des § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI aF.
Nach dem Wortlaut der Norm haben Arbeitgeber auf Verlangen des Rentenantragstellers die beitragspflichtigen Einnahmen für abgelaufene Zeiträume frühestens drei Monate vor Rentenbeginn gesondert zu melden. Beitragspflichtige Einnahmen sind gem. § 162 Nr. 1 SGB VI bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden, das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Unter Arbeitsentgelt sind gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zu verstehen: Alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Das „Erzielen“ einer Einnahme ist in diesem Kontext nicht mit „fällig“ oder „zugeflossen“ gleichzusetzen. Denn im Beitragsrecht der Sozialversicherung gilt grundsätzlich für laufendes Arbeitsentgelt das sog. Entstehungs- oder Anspruchsprinzip (vgl. zur Übersicht Werner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 14 SGB IV, Stand: 01.08.2021, Rn. 53). Für die Entstehung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsschuld kommt es auf der Grundlage des § 22 Abs. 1 SGB IV lediglich darauf an, dass das Bruttoarbeitsentgelt vom Arbeitgeber geschuldet wird, der Entgeltanspruch also entstanden ist (vgl. BSG, Urteil vom 14.7.2004 – B 12 KR 1/04 R –, BSGE 93, 119-131, SozR 4-2400 § 22 Nr 2 (LT), SozR 4-2400 § 7 Nr 4, SozR 4-2400 § 8 Nr 2, SozR 4-2400 § 14 Nr. 6, Rn. 35 – mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BSG). Dafür spricht auch systematisch, dass abweichend zum laufenden Arbeitsentgelt in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt ausdrücklich das Zuflussprinzip bestimmt ist.
Bei den dem Kläger gewährten Zulagen handelt es sich auch nicht um einmaliges gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne von § 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV, also um Zuwendungen, die zwar dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, aber nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Denn im Sinne von § 23a Abs. 1 SGB IV kommt es darauf an, ob das gezahlte Entgelt eine Vergütung für die in einem bestimmten Abrechnungszeitraum geleistete Arbeit ist, oder ob eine solche Beziehung zu einem bestimmten einzelnen Abrechnungszeitraum nicht besteht. Laufendes Arbeitsentgelt sind demnach insbesondere Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse, die sich auf einen bestimmten Abrechnungszeitraum beziehen, auch wenn sie erst nach einem bestimmten Stichtag geschuldet sind (BeckOGK/Zieglmeier, 15.11.2023, SGB IV § 23a Rn. 11).
Da der Anspruch auf die unständigen Zulagen, fällig geworden und zugeflossen im März 2016, durch die Arbeitsleistung im Januar 2016 entstanden ist und der Arbeitgeber seine ursprüngliche Entgeltmeldung entsprechend korrigieren musste, bedeutet dies im Ergebnis, dass die ursprüngliche Berechnungsgrundlage der Hochrechnung fehlerhaft und der Bescheid insoweit rechtswidrig gewesen ist.
c.
Die Beklagte ist jedoch in ihrer Entscheidung vom 24.6.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2017 über den nach § 45 SGB X zulässigen Korrekturumfang hinausgegangen.
Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach § 45 SGB X setzt voraus, dass die Rechtswidrigkeit bereits im Zeitpunkt seines Erlasses bestanden hat, also eine ursprüngliche Rechtswidrigkeit vorlag (Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 45 Rn. 37 mwN zur Rspr des BSG). § 45 Abs. 1 SGB X sieht vor, dass die Rücknahme eines Verwaltungsakts „soweit“ erfolgt, wie er rechtswidrig ist.
Im Zeitpunkt seines Erlasses war der ursprüngliche Rentenbescheid vom 26.2.2016 nur insoweit rechtswidrig, als die Rentenhöhe aufgrund der (um 37,00 EUR zu niedrigen) Berechnungsgrundlage der Hochrechnung – nicht aber die Hochrechnung selbst – fehlerhaft war. Die Methode der Rentenberechnung im Wege der (teilweisen) Hochrechnung ist ein Wesenskern des Bescheides vom 26.2.2016, denn eine andere Berechnung wäre zum Zeitpunkt des Erlasses aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich gewesen. Der Kläger hat sich ausdrücklich zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung für diese Form der Rentenberechnung entschieden und damit die Voraussetzungen für die Berechnung seiner Rentenhöhe bestimmt. Während der Rentenversicherungsträger grundsätzlich verpflichtet ist, die real zugeflossenen Entgelte in tatsächlicher Höhe zu ermitteln (s.o.), eröffnen § 70 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI aF die Befugnis, den Bewilligungsbescheid ausnahmsweise und in begrenztem Umfang lediglich auf begründete Annahmen über die Entgeltentwicklung zu stützen und dementsprechend den Umfang der von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen (§ 20 SGB X) zu reduzieren (BSG, Urteil vom 16.11.1995 – 4 RA 48/93 –, BSGE 77, 77-86, SozR 3-2200 § 1401 Nr 1, SozR 3-1300 § 48 Nr 41, Rn. 20).
Die Beklagte hat sich jedoch im Hinblick auf die Rentenhöhe nicht auf eine Korrektur der Berechnungsgrundlage für die von dem Kläger gewählte Hochrechnung beschränkt. Sie hat vielmehr die Methode der Rentenberechnung dem Grunde nach geändert, in dem sie in dem Rücknahmebescheid vom 24.6.2016 die in den Monaten Februar bis April 2016 erzielten tatsächlichen Einnahmen berücksichtigt und damit dem Vorgehen nach § 70 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB IV aF die Anwendung entzogen hat.
Insoweit hat die Beklagte jedoch Tatsachen berücksichtigt, die nach dem Erlass des Verwaltungsakts vom 26.2.2016 eingetreten sind und erst nachträglich eine geänderte Sachlage bewirkt haben. Eine Korrekturentscheidung nach § 45 SGB X ist hier nicht möglich, weil durch neu hinzugetretene Tatsachen keine ursprüngliche Rechtswidrigkeit korrigiert werden kann, sondern allenfalls eine wesentliche Änderung der Verhältnisse zu berücksichtigen ist (anderer Ansicht: Diel in: Hauck/Noftz SGB VI, 4. Ergänzungslieferung 2023, § 70 Rn. 91 f., zitiert nach juris; Kirsch/Reinhardt in: Reinhardt/Silber, SGB VI, 5. Auflage 2021, § 194 Rn. 10, zitiert nach beck-online; Gemeinsame Rechtliche Anweisungen der Deutschen Rentenversicherung, SGB VI, § 70 Ziffer 9.3, Stand: 25.2.2024; wohl auch von Koch in: BeckOK SozR, 71. Ed. 1.12.2021, SGB VI § 194 Rn. 15, zitiert nach beck-online; wohl auch: Hessisches LSG, Urteil vom 15.3.2011 – L 2 R 335/10 –, Rn. 22, juris; für ein Vorgehen nach § 48 SGB X hingegen: BSG, Urteil vom 16.11.1995 – 4 RA 48/93 – aaO, Rn. 31).
2.
Soweit die Beklagte in ihrem Bescheid vom 3.8.2017 den Bescheid vom 24.6.2016 gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X aufgrund der Entgelt-Meldung vom 19.9.2016 für die Monate Februar bis April 2016 zu Gunsten des Klägers korrigiert hat, so ist diese Entscheidung ebenfalls rechtswidrig, weil sie die (belastende) Entscheidung vom 24.6.2016 inhaltlich fortführt. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sieht vor: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der sich auf § 45 Abs. 1 SGB X stützende Bescheid vom 24.6.2016 hätte gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X jedoch lediglich insoweit zurückgenommen werden dürfen, wie die Beklagte in diesem Bescheid das Recht zur Berechnung der Rentenhöhe unrichtig angewandt und insoweit eine unzutreffende Rentenhöhe ermittelt hat und insoweit wie die Beklagte in diesem Bescheid von einem falschen Sachverhalt ausgegangen ist, weil sie bei der Rentenhöhe nicht lediglich die geänderte beitragspflichtige Einnahme aus dem Zwölf-Kalendermonats-Zeitraum (plus 37,00 EUR im Januar 2016) berücksichtigt hat. Stattdessen erfolgte jedoch eine Rücknahme nach § 44 Abs. 1 SGB X wegen eines anderen, aus Sicht der Beklagten unrichtig angenommenen Sachverhalts, nämlich den tatsächlichen Entgelten in den Monaten Februar bis April 2016. Diesen Sachverhalt hätte sie jedoch ihrem Rücknahme-Bescheid vom 24.6.2016 gem. § 45 Abs. 1 SGB X nicht zugrunde legen dürfen (s.o.), so dass insoweit auch die Korrektur nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X fehlerhaft ist.
3.
Eine (Umdeutung in eine) Korrekturentscheidung nach § 48 SGB X ist in der vorliegenden Konstellation nicht möglich.
Zwar sperrt § 45 SGB X die Aufhebung nach § 48 SGB X wegen einer nachträglichen Änderung in jenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, auf denen die (ursprüngliche) Rechtswidrigkeit nicht beruht, nicht (BSG, Urteil vom 28.3.2013 – B 4 AS 59/12 R –, BSGE 113, 184-191, SozR 4-1300 § 45 Nr 13, Rn. 26).
Auch kann grundsätzlich nach § 43 Abs. 1 SGB X ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können, und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Die Umdeutung eines auf § 45 SGB X gestützten Verwaltungsakts in einen solchen nach § 48 SGB X ist dem Gericht dabei grundsätzlich möglich (BSG, Urteil vom 26.8.1994 – 13 RJ 29/93 –, Rn. 22 - 26, juris).
Eine Umdeutung scheitert hier jedoch daran, dass ein Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X nicht rechtmäßig erlassen werden könnte.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
a.
Die Kenntnis der tatsächlichen Einkünfte in den Monaten Februar bis April 2016 ist nach Auffassung des Senats bereits keine wesentliche Änderung der Verhältnisse. Wesentlich im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind alle Änderungen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht oder nicht wie geschehen hätte erlassen dürfen (BSG, Urteil vom 11.2.1988 – 7 RAr 55/86 –, SozR 1300 § 48 Nr 44, Rn. 16).
Die § 70 Abs. 4 Satz 1, § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI aF stellen jedoch denklogisch auf einen Zeitpunkt vor dem Erzielen der tatsächlichen Einkünfte ab („voraussichtliche beitragspflichtige Einnahme“); die Hochrechnung soll das Abwarten auf die Kenntnis der tatsächlichen Einkünfte entbehrlich machen. Insofern kommt es für die Hochrechnung auf einen konkreten Zeitpunkt an, dessen Verhältnisse nicht durch spätere Änderungen des Sachverhalts geändert werden können. Im Zeitpunkt der Bescheiderteilung am 26.2.2016 lagen die Voraussetzungen für die vom Kläger gewählte Hochrechnung gem. § 70 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI aF dem Grunde nach vor. Wesentlich kann eine Änderung der Verhältnisse deshalb nur insoweit sein, wie sie sich auf die Erfüllung der Voraussetzungen der vom Kläger gewählten Hochrechnung bezieht. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen ist durch die gesonderte Meldung der tatsächlichen Einkünfte im hochgerechneten Zeitraum jedoch nicht im Nachhinein entfallen (so auch Wißing in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 194 SGB VI, Stand: 21.7.2023, Rn. 65; eine wesentliche Änderung der Verhältnisse implizit bejahend: BSG, Urteil vom 16.11.1995 – 4 RA 48/93 – aaO, Rn. 31).
b.
Selbst wenn man annähme, dass die Berücksichtigung der tatsächlichen Entgelte eine wesentliche Änderung der Verhältnisse darstellen würde, wäre ein Vorgehen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gem. § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI gesperrt. Die Norm schreibt vor:
„Weicht die tatsächlich erzielte beitragspflichtige Einnahme von der durch den Rentenversicherungsträger errechneten voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahme ab, bleibt sie für diese Rente außer Betracht.“
Im Wege der Auslegung spricht zunächst der eindeutige Wortlaut der Norm gegen eine Anwendung von § 48 Abs. 1 SGB X (so schon zumindest im Grundsatz anerkennend: BSG, Urteil vom 16.11.1995 – 4 RA 48/93 – aaO, Rn. 19). Aus der Formulierung „bleibt sie für diese Rente außer Betracht“ folgt demnach, dass der Rentenversicherungsträger grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die nach § 70 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI aF hochgerechnete Altersrente im Nachhinein aus dem tatsächlich während des Hochrechnungszeitraums erzielten Entgelt neu zu berechnen (BSG, Urteil vom 12.12.2011 – B 13 R 29/11 R –, BSGE 110, 8-20, SozR 4-2600 § 194 Nr 1, Rn. 33). So liegt der Sachverhalt hier. Der Kläger bezieht bis heute eine Rente wegen Alters. Eine „andere“ Rente im Sinne des § 34 Abs. 2 SGB VI wurde ihm nicht bewilligt.
Dieses streng am Wortlaut orientierte Vorgehen entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der in der Gesetzesbegründung zu § 69 Abs. 4 des Fraktionsentwurfs eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 — RRG 1992) ausdrücklich festgehalten hat, dass nur in den Fällen, in denen zu einem späteren Zeitpunkt eine „andere Rente“ beginnt, das tatsächliche Arbeitsentgelt maßgebend sein soll (BT-Drucks 11/4124, 170). Dieser Wille des Gesetzgebers besteht bis heute fort. Zwar hatte das BSG seinerzeit eine strikte Bindung an den Wortlaut des § 123 Abs. 1 Satz 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG; „Für die Rentenberechnung ist ein von der Eintragung abweichendes Einkommen nicht zu berücksichtigen“), der Vorgängernorm des § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI, abgelehnt und eine Anpassung der Rentenhöhe gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für den Fall, dass das Entgelt für den vorausbescheinigten Zeitraum insgesamt erst nach Bescheiderlass zufließt, für zulässig erachtet (BSG, Urteil vom 16.11.1995 – 4 RA 48/93 – aaO, Rn. 31). Der parlamentarische Gesetzgeber hat jedoch in Kenntnis dieser BSG-Rechtsprechung – trotz kleinerer Korrekturen am Wortlaut – am Wesenskern von § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI festgehalten (vgl. den Faktionsentwurf eines Zweiten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft, BT-Drs 16/4391, 40).
Eine Bindung an den Wortlaut ist nach Auffassung des Senats auch aus systematischen Gründen angezeigt. Wollte man vom Wortlaut abweichen, würde dies dazu führen, dass der Rentenversicherungsträger bei jeder nachträglichen Kenntnis der tatsächlichen Einkünfte im hochgerechneten Zeitraum nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X tätig werden müsste („[…] ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben […]“), so dass die Norm des § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI ihren Regelungscharakter faktisch verlieren würde.
Soweit das BSG in seiner Entscheidung vom 16.11.1995 argumentiert hatte, dass eine nicht zu korrigierende Fortführung einer nachteiligen Rentenberechnung dazu führen müsste, dass innerhalb desselben Systems und derselben Gruppe von Versicherten trotz Beitragszahlung in identischer Höhe – im Extremfall lebenslang – Leistungen in unterschiedlicher Höhe zu erbringen wären und dies einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und gegen den einfachgesetzlichen Gedanken der Äquivalenz von Beiträgen und Leistungen darstellen würde (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.1995 – 4 RA 48/93 –, aaO, Rn. 23), so bestehen nach aktueller Rechtsprechung des BSG grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der Rentenversicherungsträger auch nach Bekanntwerden der tatsächlich im Hochrechnungszeitraum erzielten beitragspflichtigen Entgelte die Altersrente nicht von Amts wegen an diese anpasst (BSG, Urteil vom 12.12.2011 – B 13 R 29/11 R –, aaO, Rn. 16, 34; vgl. zur gerechtfertigten Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 GG auch: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8.12.2010 – L 6 R 244/10 –, Rn. 27 - 29, juris; zustimmend: Kuszynski in: BeckOK SozR/, 70. Ed. 1.9.2023, SGB VI § 70 Rn. 12). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat angesichts der im Regelfall nicht übermäßigen Einwirkungen auf die Rentenhöhe und angesichts der Wahlfreiheit der Betroffenen im Anschluss an eine gehörige Aufklärung an (anderer Ansicht für den Fall einer noch nicht eingetretenen Bestandskraft des ursprünglichen Rentenbescheides: Bayerisches LSG, Urteil vom 13.8.2008 – L 13 R 58/08 –, Rn. 16 - 19, juris; Fallgruppen bildend: Hessisches LSG, Urteil vom 15.3.2011 – L 2 R 335/10 –, Rn. 17 - 22, juris; dem Urteil des BSG vom 16.11.1995 folgend: Hessisches LSG, Urteil vom 17.12.2010 – L 5 R 272/09 –, Rn. 25 f., juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.6.2011 – L 31 R 1154/10 –, Rn. 25 - 27, juris).
Soweit die Beklagte im Hinblick auf ihr rechtliches Vorgehen auf die Gemeinsamen Rechtlichen Anweisungen der Deutschen Rentenversicherung, SGB VI, § 70 Ziffer 9.3 verweist, so sind diese Anweisungen für den Senat nicht schlüssig. Die Anweisungen sind in den Ziffern 9.1, 9.2 und 9.3 an mehreren Stellen von dem Ansinnen geprägt, dem Wortlaut des § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI Geltung zu verschaffen. Eine Ausnahme soll nach dem Wortlaut der Ziffer 9.3 „Falsche Hochrechnung“ dann gelten, wenn sich nach Bescheiderteilung eine Änderung der Beitragsbemessungsgrundlage herausstellt, die Grundlage der Hochrechnung gewesen ist. Insofern wäre es jedoch nach Auffassung des Senats im systematischen Zusammenhang der Anweisungen sachgerecht, wenn im Satz 4 des Abschnitts „Falsche Hochrechnung“ die Formulierung „beitragspflichtige Einnahme im Hochrechnungszeitraum“ konsequent durch die bereits in Satz 1 genutzte Formulierung „beitragspflichtige Einnahme aus dem Zwölf-Kalendermonats-Zeitraum“ ersetzt würde. Dies würde vor dem Hintergrund des § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI zu schlüssigeren Ergebnissen führen und auch ein Vorgehen nach § 45 SGB X ermöglichen.
Im Ergebnis steht jedenfalls § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI einer Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X entgegen. Die Bescheide der Beklagten nach §§ 44, 45 SGB X können nicht in einen Bescheid nach § 48 SGB X umgedeutet werden. Die Beklagte war zur Aufhebung der ursprünglichen Rentenbewilligung und Heranziehung der tatsächlichen Entgelte im Zeitraum Februar bis April 2016 nicht berechtigt, so dass das Urteil des SG Lüneburg vom 17.1.2019 im Ergebnis zutreffend ist.
Auf der Grundlage der im hier maßgeblichen Anfechtungsverfahren gestellten Anträge ist der Senat gehindert zu entscheiden, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine Neufeststellung der Altersrente unter Berücksichtigung der im Zwölf-Kalendermonats-Zeitraum um 37,00 EUR erhöhten Arbeitsentgelte und damit einhergehend einer möglichen Erhöhung der Entgelte im Hochrechnungszeitraum vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Bislang liegt noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage vor, ob eine Korrektur nach § 45 SGB X unter Aufgabe des Hochrechnungsverfahrens und unter Heranziehung der nachträglich bekannt gewordenen tatsächlichen Einkünfte im hochgerechneten Zeitraum zulässig ist, wenn sich nach Bescheiderteilung die anfängliche Fehlerhaftigkeit der Beitragsbemessungsgrundlage herausstellt, die Grundlage der Hochrechnung gem. §§ 70 Abs. 4, 194 Abs. 1 SGB VI gewesen ist.