1. Nur bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß nach Maßgabe des § 190 SGB VI i.Vm. §§ 28a ff. SGB IV gemeldet worden sind, wird gemäß § 199 Satz 1 SGB VI vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist. Diese gesetzliche Vermutung wirkt jedoch nur solange, wie sie nicht der Rentenversicherungsträger durch Gegenbeweis i.S.d. § 292 ZPO entkräftet, also er insbesondere festgestellt hat, dass Beiträge tatsächlich nicht abgeführt worden sind. Es bestehen zudem Zweifel, ob die Vermutungsregel eingreifen kann, wenn feststeht, dass keine Beiträge entrichtet worden sind.
2. Eine Kostenentscheidung ergeht im Rahmen der Beschwerdeentscheidung über die Aussetzung nach § 114 SGG nicht, weil das Beschwerdeverfahren nur einen Bestandteil des Hauptverfahrens darstellt.
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. Dezember 2023 aufgehoben.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die teilweise Rücknahme der Rentenbewilligung des Klägers für die Zeit ab 01.10.2021.
Der 1953 geborene Kläger hatte seit August 2002 ein Gewerbe als selbständiger Handwerker im Elektroinstallationsgewerbe angemeldet. Von der bestehenden Versicherungspflicht gemäß § 2 Nr. 8 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) wurde er aufgrund seines Antrages vom 23.07.2002 befreit. Unter anderem war der Kläger bei dem von Herrn Z.... geführten Unternehmen Z.... Elektrotechnik als Auftragnehmer tätig. Beiträge zur Gesamtsozialversicherung wurden für diese Tätigkeit nicht abgeführt.
Seit 01.06.2019 ist der Kläger Bezieher von Regelaltersrente. Mit Bescheid vom 07.05.2019 gewährte ihm die Beklagte monatliche Rente i.H.v. 1.086,90 EUR (Auszahlungsbetrag von 968,43 EUR/Monat).
Mit Bescheid vom 14.05.2020 stellte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund aufgrund einer seit Dezember 2018 durchgeführten Betriebsprüfung im Unternehmen des Herrn Z.... nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) gegenüber diesem die Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers als Arbeitnehmer für den Zeitraum vom 13.01.2014 bis 31.12.2017 zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung und zu zahlende Gesamtsozialversicherungsbeiträge i.H.v. 40.196,49 EUR fest.
Mit Schreiben vom 27.05.2020 forderte die Beklagte nach entsprechender Information durch die DRV Bund als zuständige Einzugsstelle (sog. Minijobzentrale) bei Herrn Z.... den vorgenannten Gesamtbetrag an.
Am 08.07.2020 erhob der Geschäftsinhaber gegen den Betriebsprüfungsbescheid der DRV Bund Widerspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Beitragsforderung. Mit Schreiben vom 12.06.2020 informierte die DRV Bund die Beklagte u.a. darüber, dass sie die Vollziehung der Beitragsforderung mit der Auflage der Verzinsung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen sozialgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2020 wies die DRV Bund den Widerspruch als unbegründet zurück, worüber die Beklagte als Einzugsstelle wiederum mit Schreiben vom selben Tag informiert wurde.
Am 29.10.2020 erhob Herr Z.... gegen die Betriebsprüfungsentscheidung Klage zum Sozialgericht Y.....
Am 05.11.2020 forderte die Beklagte als Einzugsstelle den Geschäftsinhaber unter Hinweis darauf, die DRV Bund habe am 01.10.2020 mitgeteilt, dass der Widerspruch gegen den Prüfbescheid vom 14.05.2020 zurückgewiesen worden sei, erneut zum Ausgleich der festgestellten Forderung bis zum 26.11.2020 auf. Zugleich teilte sie mit, die entsprechenden Meldekorrekturen in ihrem System bereits vorgenommen zu haben. Die Übermittlung von Meldedaten sei damit nicht mehr erforderlich.
Im November 2020 wurden zum Versicherungskonto des Klägers für den Zeitraum vom 13.01.2014 bis zum 31.12.2017 versicherungspflichtige Entgelte gemeldet.
Am 15.11.2020 beantragte der Geschäftsinhaber bei der Beklagten als Einzugsstelle die Stundung. Am 02.12.2020 setzte die Beklagte als Einzugsstelle die Erhebung des Beitragsanspruches bis zum Abschluss des Klageverfahrens beim Sozialgericht Y.... (nochmals) aus.
Mit Bescheid vom 17.12.2020 stellte die Beklagte zugunsten des Klägers für die Zeit ab 01.06.2019 eine um 99,53 EUR höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung der gemeldeten Zeiten fest. Dem Kläger wurde eine Nachzahlung i.H.v. 1.827,51 EUR für die Zeit vom 01.06.2019 bis 31.12.2020 gewährt und ab 01.01.2021 die höhere Rente monatlich ausgezahlt.
Am 25.05.2021 wurden die gemeldeten Entgelte wieder storniert. Auf Nachfrage der Beklagten vom 09.07.2021 beim Unternehmen, weshalb die Stornierung erfolgt sei, übersandte der Geschäftsführer die Unterlagen der Betriebsprüfung sowie den Schriftverkehr der Beklagten als Einzugsstelle und verwies auf das anhängige Klageverfahren. Die Beklagte führte daraufhin eine Neuberechnung unter Berücksichtigung der Stornierung durch, wodurch es zu einem verringerten Rentenanspruch kam.
Nach vorheriger Anhörung des Klägers vom 07.09.2021 nahm die Beklagte mit Bescheid vom 01.10.2021 ihren Bescheid vom 17.12.2020 über die Neuberechnung der Regelaltersrente gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit ab 01.10.2021 hinsichtlich der Rentenhöhe insoweit zurück, als die Regelaltersrente nunmehr auf den monatlichen Betrag von 1.185,36 EUR (Zahlbetrag von 1.053,20 EUR) reduziert wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2022 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 01.10.2021 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 27.04.2022 Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben und im Wesentlichen formelle Mängel des Rücknahmebescheids geltend gemacht. Auch lägen die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht vor.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, die Rücknahme des Bescheides vom 01.10.2021 nach § 45 SGB X sei zu Recht erfolgt, da durch die eingelegten Rechtsmittel des Arbeitsgebers die Feststellung der Betriebsprüfung nicht bestandskräftig geworden sei und die entsprechenden Beitragszahlungen für die streitigen Pflichtbeitragszeiten bisher nicht erfolgt seien. Die Beklagte sei gehalten, zukünftige Überzahlungen zu vermeiden und die Fristenregelungen in § 45 Abs. 3, 4 SGB X zu beachten.
Mit Urteil vom 21.03.2023 hat das Sozialgericht Y.... die Klage des Herrn Z.... gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 04.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.10.2020 abgewiesen. Dagegen hat der Geschäftsinhaber Berufung zum Landessozialgericht (LSG) W.... (Az. L V....) erhoben, über die bisher nicht entschieden ist.
Beiträge für den Beschäftigungszeitraum haben bisher weder der Kläger noch Z.... gezahlt.
Am 11.12.2023 hat das Sozialgericht Chemnitz den Kläger und die Beklagte unter Fristsetzung von drei Wochen zur Aussetzung des Verfahrens angehört. Mit Beschluss vom 19.12.2023 hat es nach Äußerung der Beklagten das Verfahren bis zur Entscheidung im anhängigen Rechtsstreit vor dem LSG W...., Az.: L V.... ausgesetzt. Es hat ausgeführt, zur Feststellung der Beitragszeiten des Klägers für seine Regelaltersrente sei die diesbezügliche Prüfung entsprechender Beitragszahlungen des Arbeitgebers des Klägers ausschlaggebend, welche im Bezugsverfahren vor dem LSG W.... zu klären sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 15.01.2024. Er betont, da er sich (nur) gegen die Verletzung der Vorschriften der §§ 20, 24, 33, 35 SGB X und vorsätzlich falscher Angaben der Beklagten beim Erlass der angefochtenen Bescheide wende, könne das Sozialgericht selbst entscheiden, ob die von ihm beanstandeten Verletzungen der Rechtsvorschriften zutreffend seien oder nicht. Der Rechtsstreit hänge nicht vom Verfahren des LSG W.... ab und dieses habe damit auch keine präjudizielle Bedeutung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 19.12.2023 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Ausführungen des Sozialgerichts.
Mit Beschluss vom 10.10.2024 hat das Amtsgericht Y.... unter dem Az. X.... über das Vermögen des Herrn Z.... das Insolvenzverfahren eröffnet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen elektronischen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, weil nicht gemäß § 172 Abs. 2 und 3 SGG ausgeschlossene (vgl. zuletzt LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.03.2023 – L 9 SO 12/23 B – juris Rn. 11) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene (§ 173 SGG) Beschwerde des Klägers gegen den Aussetzungsbeschluss des Sozialgerichts vom 19.12.2023 ist begründet. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens liegen nicht vor.
Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist, kann das Gericht gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsstelle auszusetzen ist.
Der Rechtsstreit hängt entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht vom Ausgang des Berufungsverfahrens vor dem LSG W...., Az. L V.... ab, sodass es der Senat offenlassen kann, ob die formellen Einwände des Klägers gegen die Entscheidung der Beklagten zutreffend sind oder nicht.
Streitfrage des Verfahrens vor dem LSG W.... ist, ob der Inhaber des Unternehmens Z.... Elektrotechnik, bei dem der Kläger im Zeitraum vom 13.01.2014 bis 31.12.2017 tätig gewesen ist, Beiträge zur Gesamtsozialversicherung im Umfang von 40.196,49 EUR nachzuzahlen hat. Inzident zu entscheiden ist die Frage, ob die Tätigkeit des Klägers beim Unternehmen ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis oder – so vom Kläger wohl auch damals gewollt – eine selbständige Tätigkeit war.
Von der Klärung dieser Rechtsverhältnisse hängt der hiesige Rechtsstreit aber nicht ab.
Die Beklagte hat die Rentenbewilligung des Klägers nach § 45 SGB X für die Zukunft der Höhe nach teilweise zur Aufhebung gebracht, weil sie die Zeit vom 13.01.2014 bis 31.12.2017 nicht (mehr) als Beitragszeit anerkennt. Die Höhe einer Rente richtet sich gemäß § 63 Abs. 1 SGB VI vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und -einkommen. Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und -einkommen wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VI (ggf. i.V.m. § 79 SGB VI) in Entgeltpunkte umgerechnet. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder -einkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres nach Anlage 1 ergibt gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 SGB VI einen vollen Entgeltpunkt. Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente ergeben sich nach § 66 SGB VI, indem unter anderem die Summe aller Entgeltpunkte für Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten i.S.d. § 54 Abs. 4 SGB VI sowie weitere Zuschläge mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.
Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind nach Satz 2 der Vorschrift zudem Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.
Eine für die Rentenhöhe des Klägers relevante Beitragszeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI liegt damit nur dann vor, wenn für diesen Zeitraum Beiträge fristgemäß und wirksam i.S.d. §§ 197 ff. SGB VI gezahlt worden sind. Dass Beitragszahlungen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über die teilweise Rücknahme der Rentenbewilligung am 06.04.2022 (Widerspruchsbescheid) für die Zeit ab 01.10.2021 nicht erfolgt sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Eines Zuwartens auf die Entscheidung des LSG W.... bedarf es nicht. Nachdem über das Vermögen des Unternehmers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist auch nicht zu erwarten, dass die Beiträge demnächst noch gezahlt werden.
Zudem lässt sich, ohne den Ausgang des Verfahrens vor dem LSG W.... abzuwarten, vom Sozialgericht auch feststellen, dass keine Zeiten bestehen, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI als gezahlt gelten.
Insbesondere findet § 199 Sätze 1 und 2 SGB VI auf den vorliegenden Fall keine Anwendung und zwar ohne dass es auf den Nachweis ankommt, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden hat, für das der Unternehmer einer bisher unerfüllten Beitragsforderung zur Gesamtsozialversicherung ausgesetzt ist
Nur bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß nach Maßgabe des § 190 SGB VI i.Vm. §§ 28a ff. SGB IV gemeldet worden sind, wird gemäß § 199 Satz 1 SGB VI vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist. Die Versicherten können von den Trägern der Rentenversicherung nach Satz 2 die Feststellung verlangen, dass während einer ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeit ein gültiges Versicherungsverhältnis bestanden hat.
Es ist bereits zweifelhaft, ob eine ordnungsgemäße Meldung der von der Beklagten berücksichtigten Entgeltzeiten im maschinellen Verfahren nach § 28a SGB IV vorliegt, sodass einiges dafürspricht, dass die Stornierung nach Maßgabe von § 14 der Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung – DEÜV) zu Recht erfolgte.
Meldungen unter anderem über die Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes hat grundsätzlich der Arbeitgeber gegenüber der Einzugsstelle abzugeben (§ 28a Abs. 1 SGB VI). Er hat jeden am 31. Dezember des Vorjahres Beschäftigten zu melden (Jahresmeldung). Die Meldung hat nach § 10 Abs. 1 DEÜV ggf. i.V.m. § 13 DEÜV spätestens bis zum 15. Februar des Folgejahres zu erfolgen, unabhängig davon, ob Beiträge tatsächlich gezahlt werden oder ob sie gestundet, niedergeschlagen oder erlassen wurden (vgl. BeckOGK/Wehrhahn, 15.02.2024, SGB IV § 28a Rn. 27, beck-online). Vorliegend erfolgte eine Arbeitgebermeldung bis zum Ablauf des 15.02.2015 jedenfalls nicht. Die vorliegenden Unterlagen sprechen auch maßgeblich dagegen, dass die Meldung vom Geschäftsinhaber Z.... veranlasst worden sein konnte.
Soweit die Träger der Rentenversicherung – hier die DRV Bund – im Rahmen der Betriebsprüfung abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern erlassen (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV) und die Einzugsstellen (hier die Beklagte; vgl. dazu § 28i Satz 5 SGB IV) nach § 28p Abs. 3 SGB IV informieren, wenn sich Sachverhalte ergeben, die die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen, entsteht daraus die Mitteilungsbefugnis der Einzugsstelle über die festgestellte Beitragspflicht des Arbeitsentgeltes an die Beklagte als Träger der Rentenversicherung des Klägers, selbst wenn der Arbeitgeber keine Meldung abgegeben hat (vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12.10.2000 – B 12 KR 2/00 R – juris Rn. 15). Voraussetzung dafür ist aber, dass der Betriebsprüfungsbescheid und die Beitragsforderung sofort vollziehbar sind, was hier zum damaligen Zeitpunkt nicht der Fall war, nachdem bereits die DRV Bund und zuletzt die Beklagte die sofortige Vollziehung bis zum Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem Sozialgericht Y.... im März 2023 ausgesetzt hatten.
Selbst wenn man davon ausginge, dass die Stornierung zu Unrecht erfolgt ist, weil die Meldung ordnungsgemäß erfolgt war, würde es jedenfalls an den sonstigen Voraussetzungen des § 199 SGB VI fehlen.
Eine Feststellung nach § 199 Satz 2 SGB VI liegt nicht vor. Nach dieser Regelung können die Versicherten vom Rentenversicherungsträger einen feststellenden Verwaltungsakt über das Versicherungsverhältnis fordern. Der Träger ist in diesem Fall ermächtigt und verpflichtet, über die in Satz 1 genannten Elemente eines Versicherungsverhältnisses einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen (Mutschler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 199 SGB VI (Stand: 07.12.2023), Rn. 17). Einen solchen ausdrücklichen Bescheid hat die Beklagte nicht erlassen. Der am 17.12.2020 ergangene Rentenbescheid stellt eine isolierte Feststellung i.S.d. § 199 Satz 2 SGB VI nicht dar, weil die Berücksichtigung der Entgeltzeiten gerade nicht auf einer materiellen Prüfung, sondern allein auf der Meldung im maschinellen Verfahren beruht. Ein konkretes Feststellungsverlangen des Klägers ist nicht ersichtlich. Der Bescheid lässt auch nicht erkennen, dass die Beklagte auf ein entsprechendes Begehren des Klägers die Richtigkeit der gemeldeten Versicherungszeiten explizit geprüft hätte.
§ 199 Satz 1 SGB VI stellt zugunsten des Versicherten eine gesetzliche Vermutung auf. Bei ordnungsgemäßer Meldung braucht der Versicherte nicht nachzuweisen, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden hat und der Beitrag aufgrund des dafür gemeldeten Arbeitsentgelts wirksam gezahlt worden ist. Die gesetzliche Vermutung wirkt jedoch nur solange, wie sie nicht der Rentenversicherungsträger durch Gegenbeweis entkräftet, also er insbesondere festgestellt hat, dass Beiträge tatsächlich nicht abgeführt worden sind (h.M. vgl. hierzu u.a. Scharf in Keck/Michaelis, Die Rentenversicherung im SGB, 123. Lieferung, 3/2025, § 199 SGB VI, Rn. 3; Mutschler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., Stand: 07.12.2023, Rn. 26 ff.; Kassen in Hauck/Noftz SGB VI, 1. Ergänzungslieferung 2025, § 199 Rn. 17; Kuszynski in Kreikebohm/Roßbach, SGB VI, 6. Aufl. 2021, § 199 Rn. 9; Reinhardt in Reinhardt/Silber, SGB VI - Gesetzliche Rentenversicherung, 5. Aufl. 2021, § 199 Rn. 2; Peters in KassKomm, SGB VI, § 199 Rn. 4, solange nicht ein bindender Verwaltungsakt oder ein Anerkenntnis vorliegt; vgl. auch der Entwurf des RRG 1992 BT-Drs. 11/4124 S. 190, damals zu § 194).
Soweit das BSG im Urteil vom 29.06.2000 ausgeführt hat, es werde bei ordnungsgemäßer Meldung der Beschäftigungszeiten und Arbeitsverdienste durch den Arbeitgeber gemäß § 199 SGB VI „unwiderleglich“ vermutet, dass der gemeldete Beitrag wirksam gezahlt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2000 – B 4 RA 57/98 R – juris Rn. 35), kann dem – insbesondere im vorliegenden Fall – nicht gefolgt werden. Denn § 199 Satz 1 SGB VI stellt eine Rechtsvermutung auf, die gemäß § 292 Zivilprozessordnung dem Gegenbeweis zugänglich ist. Zwar gibt es auch unwiderlegliche Vermutungen, die in Wahrheit nicht das Verfahren der Tatsachenermittlung regeln, sondern einen anzuwendenden Rechtssatz aufstellen. § 199 Satz 1 SGB VI will nach dem Zweck der Regelung aber nicht einen Rechtssatz abändern, sondern insbesondere den Rentenversicherungsträger im Falle einer ordnungsgemäßen Meldung von Beschäftigungszeiten von weiteren Ermittlungen entlassen. Die Regelung lässt auch nach ihrem Wortlaut nicht erkennen, dass die als Rechtsfolge angeordnete Vermutung nicht durch Gegenbeweis widerlegt werden könnte. Dass die Einzugsstelle bzw. der zuständige Rentenversicherungsträger die Möglichkeit haben sollen, die maschinell gemeldeten Rechtstatsachen überprüfen und widerlegen zu können, ist schon im Verfahren nach der DEÜV angelegt (§§ 33, 36 DEÜV). Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 199 SGB VI eine andere Regelung treffen wollte. Auch ist nichts dafür ersichtlich, dass eine als materiell unrichtig erkannte Meldung nicht korrigiert werden und der Versicherte nicht den nachgewiesenen tatsächlichen Verhältnissen entsprechend behandelt werden soll (so auch ausdrücklich Mutschler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 199 SGB VI (Stand: 07.12.2023), Rn. 28). Die Gegenauffassung würde zudem der Regelung des Satzes 2 widersprechen, die den Rentenversicherungsträger gerade berechtigt und verpflichtet, den Sachverhalt zu ermitteln, den er der vom Versicherten verlangten Feststellungsentscheidung zu Grunde legt (so auch Kassen in: Hauck/Noftz SGB VI, 1. Ergänzungslieferung 2025, § 199 SGB 6, Rn. 17). Dies gilt vorliegend umso mehr als der Kläger selbst nicht von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen ist, deshalb auch nicht davon ausgehen konnte und nicht davon ausgegangen ist, dass vom Arbeitgeber bzw. Auftraggeber Beiträge zu seiner Rentenversicherung abgeführt worden sind. Ein Schutzbedürfnis besteht daher nicht.
Wenn – wie hier – feststeht, dass maschinell gemeldeten Beiträge für die streitige Zeit nicht gezahlt worden sind, greift nach Ansicht des Senats die Vermutungswirkung schon deshalb nicht, sodass es weder auf die Vermutung des Bestehens eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses oder den ggf. zu führenden Gegenbeweis noch auf die Frage einer ordnungsgemäßen Meldung ankommt.
Andere Vorschriften, die ohne Beitragszahlung eine Anerkennung der Tätigkeitszeit vom 13.01.2014 bis 31.12.2017 als Beitragszeit zulassen, sind nicht ersichtlich. Nachdem auch keine andere rentenrechtliche Zeit i.S.d § 54 Abs. 1 SGB VI vorliegt, hat das Verfahren vor dem LSG W.... keine präjudizielle Wirkung für das Verfahren vor dem Sozialgericht.
Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens bedarf es einer solchen dann nicht, wenn die Entscheidung in einem Zwischenverfahren ergeht. Hierzu gehört die Beschwerdeentscheidung über die Aussetzung nach § 114 SGG, weil das Beschwerdeverfahren nur einen Bestandteil des Hauptverfahrens darstellt (vgl. dazu Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 07.03.2023 – L 9 SO 12/23 B – juris Rn. 16, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.06.2022 – L 11 KR 1075/21 B – juris Rn. 7 und Beschluss vom 26.05.2022 – L 13 VG 6/22 B – juris Rn. 25, Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.12.2015 - L 7 AS 782/15 B - juris Rn. 13; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.07.2015 - L 5 KR 90/15 B - juris Rn. 10; Wahrendorf in: Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, § 176 SGG Rn. 22, Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 114 Rn. 9). Soweit das LSG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 20.01.2022 – L 3 U 202/21 B – juris Rn. 21 ff.) hierzu abweichende Auffassung vertritt folgt der Senat dieser nicht. Das Schleswig-Holsteinische LSG hat im Beschluss vom 07.03.2023 – L 9 SO 12/23 B – juris Rn. 16 diesbezüglich ausgeführt:
Dass das Beschwerdeverfahren vergütungsrechtlich eine besondere Angelegenheit ist (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz [RVG]), für die eine gesonderte Verfahrensgebühr entsteht (vgl. Nr. 3501 Vergütungsverzeichnis [VV] RVG), führt allein nicht dazu, die kostenrechtliche Eigenständigkeit des Beschwerdeverfahrens anzuerkennen. Besonderes Gewicht misst der Senat vielmehr dem Umstand bei, dass Entscheidungen nach § 114 SGG – vom Sonderfall des § 114 Abs. 2 Satz 2 SGG abgesehen – von Amts wegen ergehen und entsprechende Anträge der Beteiligten daher lediglich Anregungen darstellen (vgl. Guttenberger in: jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 114 Rn. 51 m.w.N.). Liegt allerdings die Herbeiführung einer die Verfahrensführung betreffenden Entscheidung allein in den Händen des Gerichts, ist es sach- und interessengerecht, die zusätzlichen Kosten eines dagegen geführten Beschwerdeverfahrens im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung dem Beteiligten aufzuerlegen, der nach allgemeinen Maßstäben die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen hat (dazu BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2005 – II ZB 30/04 – juris Rn. 12).
Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung an.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.