L 7 AS 44/25 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 41 AS 606/24
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 7 AS 44/25 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 30.12.2024 wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Duisburg vom 30.12.2024 ist zulässig, aber nicht begründet.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe (PKH), wenn er auf Grund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht dann, wenn der Kläger - bei summarischer Prüfung - in der Hauptsache möglicherweise obsiegen wird. Erfolgsaussichten bestehen vor allem dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder von Amts wegen weitere Ermittlungen durchzuführen sind (§ 103 SGG), bevor die streitgegenständlichen Fragen abschließend beantwortet werden können (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/ Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 73a Rn. 7a m.w.N.).

 

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

 

Im Ergebnis zu Recht hat das SG erkannt, dass die auf eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.05.2022 bis zum 30.09.2022 kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage i.S.v. § 54 Abs. 4 SGG aufgrund des Fehlens eines Vorverfahrens i.S.v. § 78 Abs. 1 Satz 1 bereits unzulässig ist. Zwar spricht nach summarischer Prüfung viel dafür, dass das in Reaktion auf den Leistungsantrag der Verfahrensbevollmächtigten vom 03.01.2023 des Klägers ergangene Schreiben des Beklagten vom 16.01.2023, in dem es heißt, „eine rückwirkende Antragsbewilligung ab 01.05.2022“ sei nicht möglich, Regelungswirkung i.S.v. § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und damit den Charakter einer Ablehnungsentscheidung hat. Das von der Klägerin nunmehr in Bezug genommene Schreiben der Fachabteilung – nicht der Rechtbehelfsstelle –  des Beklagten vom 20.07.2023 stellt indes keinen Widerspruchsbescheid i.S.v. § 85 Abs.2 SGG dar. Eine Überprüfung der Ablehnungsentscheidung vom 16.01.2023 lässt sich ihm in keiner Weise entnehmen. Vielmehr ist der bloße Verweis auf das Schreiben vom 16.01.2023 allenfalls als wiederholende Verfügung zu betrachten. Weiter handelt es sich bei den Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 04.04.2023 und 30.05.2023 nicht um Widersprüche, zu deren Bescheidung das SG das Verfahren analog § 114 Abs. 2 SGG auszusetzen hätte (vgl. zur Rechtsfrage BSG, Beschluss vom 01.07.2014 – B 1 KR 99/13 juris, Rn. 12; Giesbert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 78 SGG (Stand: 15.06.2022), Rn. 45), denn sie lassen auch unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips (vgl. hierzu Gall in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 83 SGG (Stand: 15.06.2022), Rn. 13) kein auf eine inhaltliche Überprüfung und Korrektur des Schreibens vom 16.01.2023 gerichtetes Begehren erkennen. Abschließend ist eine Erfolgsaussicht der Klage auch nicht aus der Möglichkeit abzuleiten, diese auch als Widerspruch zu betrachten und eine Entscheidung des Beklagten hierüber herbeizuführen (vgl. zur Rechtsfrage Giesbert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 78 SGG (Stand: 15.06.2022), Rn. 45), denn es liegt nahe, dass die am 12.03.2024 beim SG eingegangene Klage außerhalb der – angesichts der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung unter dem Schreiben vom 16.01.2023 – maßgeblichen Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG erhoben worden ist.

 

Die Klage wäre überdies auch nicht begründet. Dies ergibt sich aus § 37 Abs. 2 SGB II, wonach Leistungen nach diesem Buch nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden und der Leistungsantrag nur bis auf den Ersten des Monats zurückwirkt. In Betracht kommende Anträge des Klägers datieren aber vom 08.12.2022 und vom 03.01.2024 und können damit keine anspruchsbegründende Wirkung für den Zeitraum vom 01.05.2022 bis zum 30.09.2022 entfalten. Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus dem richterrechtlichen Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (vgl. zur Anwendbarkeit dieses Instituts im Rahmen von § 37 SGB II Hessisches LSG, Urteil vom 13.12.2023 – L 6 AS 305/23 –, juris, Rn. 73). Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (§ 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I)) und Auskunft (§ 15 SGB I), verletzt hat. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (st. Rechtsprechung des BSG, vgl. hierzu z.B. Urteil vom 20.10.2010 –  B 13 R 15/10 R – juris, Rn.39). Hier scheidet ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bereits deshalb aus, weil keine entsprechende Beratungs- oder Auskunftspflichtverletzung des Beklagten ersichtlich oder vorgetragen ist. Eine solche läge insbesondere nicht in der – vom Kläger monierten – Unterlassung einer Übersendung von Antragsunterlagen an die häusliche Anschrift des Klägers, denn eine solche Übersendung stellt allenfalls eine besondere Dienstleistung eines Leistungsträgers dar. Verpflichtet ist die Behörde hierzu nicht.

 

Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO).

 

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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