Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
30
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 121 AS 17596/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 1164/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerinnen gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 03. April 2008 wird zurückgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für beide Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerinnen begehren von dem Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), hier die Übernahme höherer Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 620,-EUR monatlich für die Zeit vom 1. April 2007 bis 31. März 2008.
Die 19 ... geborene Klägerin zu 1) und ihre 19 ... geborene Tochter, die Klägerin zu 2) bewohnen unter der aus dem Rubrum ersichtlichen Anschrift seit dem 1. Oktober 2003 eine 91 qm große Zweizimmerwohnung, für die sie ab Januar 2006 eine Bruttowarmmiete von 620,- Euro monatlich zu entrichten hatten. Die Klägerin zu 1) bezog von der Bundesagentur für Arbeit bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Im März 2007 erhielten die Klägerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 1.031,00 EUR, wobei der Beklagte insgesamt Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 620,00 EUR monatlich anerkannte (Bescheid vom 22. September 2006; Änderungsbescheid vom 22. Januar 2007).
Mit Schreiben vom 08. Juni 2006 teilte der Beklagte den Klägerinnen mit, dass nach den ihm vorliegenden Unterlagen die jetzige Miete nicht angemessen sei, wobei angemessen sei bei einem 2-Personen-Haushalt eine Bruttowarmmiete in Höhe von 444,00 EUR, und gab ihnen gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2006 bat die Klägerin zu 1), von Maßnahmen zur Senkung der Mietbelastung abzusehen, da sie seit März dieses Jahres wieder bei der ZBF als arbeitsuchend gemeldet sei und sie außerdem zur Wiedereingliederung in ihren Beruf als Regisseurin zurzeit einen Kurzfilm produziere, der im Februar im Rahmen eines Berlinale Projekts laufen solle. Sie habe sich fest vorgenommen, wieder voll in den Beruf einzusteigen, wenn ihre Tochter 2 Jahre alt sei (März 2007) und sie dann eine dementsprechende Betreuungsmöglichkeit habe. Wenn sie sich jetzt um eine neue Wohnung bemühen und einen Umzug organisieren müsste, würde es sowohl ihre Bewerbungsbemühungen als auch ihr Filmprojekt gefährden.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2006 teilte der Beklagte der Klägerin zu 1) mit, dass die tatsächlichen Aufwendungen ihrer Unterkunft nur noch bis zum 31. Dezember 2006 anerkannt und übernommen werden könnten. Für die Zeit nach dem 31. Dezember 2006 würden nur noch die Richtwerte für angemessene Kosten der Unterkunft in Höhe von 444,00 EUR monatlich anerkannt werden. Mit ihrem mit Schreiben vom 13. Juli 2006 erhobenen Widerspruch (Eingang bei dem Beklagten: 17. Juli 2006) bat die Klägerin zu 1) zu prüfen, ob eine Überschreitung der Wohnungskosten um 10 % in ihrem Falle übernommen werden könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Februar 2007 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Bruttowarmmiete in Höhe von 620,00 EUR entspreche nicht den Angemessenheitskriterien der AV-Wohnen, sodass die Klägerinnen zur Senkung der Unterkunftskosten haben aufgefordert werden können.
Mit Schreiben vom 02. März 2007 teilte die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen dem Beklagten mit, dass die mit Bescheid vom 30. Juni 2006 statuierte Umzugspflicht entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht bestehe, denn es liege ein atypischer Fall vor, der die Verlängerung der Umzugsfrist rechtfertige. Es sei nämlich absehbar, dass die Klägerin zu 1) demnächst Einkünfte erzielen werde, die es ihr ermöglichen würden, den Arbeitslosengeld-II-Bezug zu beenden. In ihrer Wohnumgebung habe sich die Klägerin zu 1) zudem zwischenzeitlich ein Netzwerk an Bezugs- und Betreuungspersonen für ihre Tochter, die Klägerin zu 2), geschaffen, das es ihr ermögliche, ihre bisherige berufliche Tätigkeit fortzusetzen. Es liege hier somit eine Kombination zweier atypischer Fälle, nämlich Alleinerziehung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit vor. Diese Kombination rechtfertige eine Verlängerung der Umzugsfrist. Nach Schätzung der Klägerin zu 1) werde ihr auf diesem Wege, sofern sie in der derzeitigen Wohnung verbleiben könne, eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zum Ende des Jahres 2007 gelingen. Dementsprechend sei die Umzugsfrist bis zu diesem Zeitpunkt zu verlängern.
Auf den von den Klägerinnen gestellten Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II vom 05. März 2007 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen mit Bescheid vom 07. März 2007 für die Zeit vom 01. April 2007 bis 30. September 2007 Leistungen in Höhe von monatlich 855,00 EUR und legte dabei für die Kosten der Unterkunft und Heizung einen Betrag von 444,00 EUR monatlich zugrunde.
Den dagegen von der Klägerin zu 1) am 20. März 2007 eingelegten Widerspruch, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2007 als unbegründet zurück. Die monatliche Warmmiete der von den Klägerinnen inne gehaltenen Wohnung betrage momentan 620,00 EUR, als angemessen sei jedoch nur ein Betrag von 444,00 EUR zu erachten. Unter Berücksichtigung der Lage und Entwicklung des derzeitigen in Betracht kommenden Wohnungsmarktes Berlin sei die festgesetzte Senkung der Unterkunftskosten rechtlich nicht zu beanstanden.
Auf den weiteren am 31. August 2007 von den Klägerinnen gestellten Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2007 für die Zeit vom 01. Oktober 2007 bis 31. März 2008 Leistungen in Höhe von 859,00 EUR monatlich und legte hierbei für die Kosten der Unterkunft und Heizung wiederum einen Betrag von 444,00 EUR monatlich zugrunde. Den hiergegen am 26. September 2007 eingelegten Widerspruch der Klägerinnen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2007 unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2007 als unbegründet zurück.
Am 17. Juli 2007 haben die Klägerinnen bei dem Sozialgericht Berlin die unter dem Az.: S 121 AS 17596/07 registrierte Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 07. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007 erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Übernahme höherer Unterkunftskosten für die Zeit vom 01. April 2007 bis zum 30. September 2007 weiterverfolgt haben. Ergänzend haben die Klägerinnen ausgeführt, dass die Regelungen der AV-Wohnen, nach der ein Umzug erst unzumutbar sei, wenn eine Person zwei oder mehr Kinder allein erziehe, gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bzw. gegen Artikel 6 GG verstießen. Insofern liege bei jedem allein erziehenden Elternteil, welches ein Kind unter 7 Jahre zu betreuen habe, eine Sondersituation vor, die die Unzumutbarkeit des Umzuges rechtfertige.
Mit Gerichtsbescheid vom 03. April 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zutreffend habe das LSG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 13. September 2007, L 29 B 883/07 AS ER, entschieden, dass die Klägerinnen von dem Beklagten über den 31. März 2007 hinaus keine weiteren Leistungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen könnten.
Am 17. Dezember 2007 haben die Klägerinnen bei dem Sozialgericht Berlin die unter dem Az.: S 121 AS 32943/07 registrierte Klage gegen den Bewilligungsbescheid vom 12. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2007 erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2008 weiterverfolgt haben.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. April 2008 hat das Sozialgericht Berlin auch diese Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat wiederum auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 13. September 2007, L 29 B 883/07 AS ER, verwiesen.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 28. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid vom 03. April 2008 (S 121 AS 17596/07) haben die Klägerinnen am 23. Mai 2008 die unter dem Az.: L 29 AS 1164/08 registrierte Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 30. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid vom 23. April 2008 (S 121 AS 32943/07) haben die Klägerinnen am 23. Mai 2008 die unter dem Az.: L 10 AS 1017/08 registrierte Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.
Mit Beschluss vom 23. September 2008 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die Rechtsstreite zu den Az.: L 29 AS 1164/08 und L 10 AS 1017/08 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az.: L 29 AS 1164/08 verbunden.
Die Klägerinnen tragen zur Begründung ihrer Berufungen vor, die Gerichtsbescheide seien bereits deswegen rechtswidrig, weil die Entscheidungen des Sozialgerichts nicht in Form eines Gerichtsbescheides hätten ergehen dürfen. Es bestünden verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die vom Land Berlin erlassenen Verwaltungsvorschriften, insofern liege kein einfacher Sachverhalt im Hinblick auf die rechtliche Bewertung vor. Sofern das Sozialgericht auf den im Eilverfahren ergangenen Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. September 2007 verweise, sei darauf hinzuweisen, dass sich weder das Sozialgericht noch das Landessozialgericht ausreichend mit den geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerinnen zu den Regelungen der AV-Wohnen auseinandergesetzt hätten. Vielmehr habe insbesondere das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen fehlender Eilbedürftigkeit abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen sie auf ihren erstinstanzlichen Vortrag, aus dem sich ergebe, dass die vom Verordnungsgeber getroffene Differenzierung hinsichtlich der Angemessenheit von Wohnkosten bei Alleinerziehenden nach der Anzahl der allein zu erziehenden Kinder nicht gerechtfertigt sei. Es fehle für diese Differenzierung der nach Artikel 3 GG gebotene sachliche Grund.
Die Klägerinnen beantragen,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. April 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der Unterkunft für ihre Wohnung in der L in Bfür die Zeit vom 1. April 2007 bis 30. September 2007 in Höhe von weiteren 176,- EUR monatlich zu übernehmen,
2. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der Unterkunft für ihre Wohnung L in Bfür die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2008 in Höhe von weiteren 176,- EUR monatlich zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er hält die angefochtenen Gerichtsbescheide für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, der Gerichtsakten des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (L 10 AS 1017/08), der beigezogenen Leistungsakten des Beklagten (Bände I und II – 96202BG0000565), der beigezogenen Gerichtsakte des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (L 29 B 883/07 AS ER) sowie der Gerichtsakte des Sozialgerichts Berlin (S 100 AS 5224/07), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig. Sie sind ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier anzuwendenden seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes jeweils 750 EUR übersteigt (geltend gemachte Unterkunftskosten von 620 EUR mtl. abzüglich gewährter Unterkunftskosten von 444 EUR mtl.= 176 EUR mtl. x 6 Monate = 1056 EUR Gesamtbetrag je Leistungszeitraum).
Die Berufungen der Klägerinnen sind indessen nicht begründet, das Sozialgericht Berlin hat die Klagen mit den Gerichtsbescheiden vom 3. und 23. April 2008 zu Recht abgewiesen.
Der Senat kann in der Sache entscheiden, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die sozialgerichtlichen Verfahren - wie von den Klägerinnen unter Hinweis auf deren verfassungsrechtliche Bedenken zu den Regelungen der AV-Wohnen behauptet - dadurch an einem erheblichen Mangel gelitten haben, dass das Sozialgericht durch Gerichtsbescheide des Kammervorsitzenden entschieden hat; dies ist nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG nur erlaubt, wenn die Sache u. a. keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Zum einen hat das Sozialgericht zur Feststellung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne von § 22 SGB II nicht die von dem Beklagten zugrunde gelegten Daten der so genannten AV-Wohnen zugrunde gelegt, sondern ist entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – wie auch der erkennende Senat in dem vom Sozialgericht genannten Beschluss vom 13. September 2007 (L 29 B 883/07 AS ER) - von den Berliner landesrechtlichen Vorschriften zur Wohnraumförderung ausgegangen. Zum anderen kann der Senat selbst bei Vorliegen eines solchen – hier nur behaupteten, aber nicht vorliegenden - wesentlichen Verfahrensmangels in der Sache selbst entscheiden, weil er gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG zwar befugt, aber nicht zwingend verpflichtet ist, die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Berlin aufzuheben und die Sachen an das Sozialgericht zurückzuverweisen (LSG Berlin-Brandenburg – Urteil vom 16. Oktober 2008 - L 5 AS 449/08 – zitiert nach juris). Der Senat hielt eine Zurückverweisung im vorliegenden Fall im Interesse der Beteiligten an einer zeitnahen Entscheidung für beide hier streitbefangenen Zeiträume nicht für sachgerecht.
1. Leistungszeitraum 01. April 2007 bis 30. September 2007
Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 07. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007 betreffend den Leistungszeitraum vom 01. April 2007 bis 30. September 2007 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die mit diesem Bescheid erfolgte Bewilligung von Leistungen in Höhe von 444,00 EUR monatlich für die Kosten der Unterkunft und Heizung durch den Beklagten ist auch in dieser Höhe zu Recht erfolgt; einen höheren Leistungsanspruch haben die Klägerinnen nicht. Die von ihnen tatsächlich zu entrichtende Bruttowarmmiete von 620,00 EUR monatlich ist unangemessen hoch.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens betreffend den Leistungszeitraum 01. April 2007 bis 30. September 2007 ist der Bescheid des Beklagten vom 07. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte über die Leistungen der Klägerinnen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II insgesamt entschieden, also sowohl über die Höhe der Regelleistungen als auch die Kosten der Unterkunft und die Übernahme der Heizkosten für den genannten Zeitraum. Die Klägerinnen haben ihr Begehren jedoch auf die Gewährung höherer Unterkunftskosten beschränkt, hierüber hat der Senat zu befinden. Diese Beschränkung des Streitgegenstandes ist zulässig. Bei der Festsetzung der Leistungen für Unterkunfts- und Heizkosten handelt es sich um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides, über die das Gericht, entsprechend dem Antrag, isoliert entscheiden kann (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 sowie BSG Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R – m. w. N. – zitiert nach juris) und die hier auch nur im Streit ist.
Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach SGB II Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (ab 01. Januar 2008: die Altersgrenze nach § 7 a SGB II noch nicht erreicht haben), 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind, 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige).
Die Klägerin zu 1) ist hilfebedürftig. Hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. in Verbindung mit § 9 Abs. 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht
1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern andere Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen auch Personen, die mit den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Nach § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft u. a. die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (Nr. 1) sowie die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können (Nr. 4).
Insofern haben sowohl die Klägerin zu 1) als auch die Klägerin zu 2) dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft einschließlich der Heizung.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch für 6 Monate (Abs. 1 Satz 3).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist die durch die angefochtenen Bescheide erfolgte Bewilligung von Leistungen in Höhe von 444,00 EUR monatlich für die Unterkunft und Heizung für den hier streitbefangenen Leistungszeitraum 01. April 2007 bis 30. September 2007 nicht zu beanstanden.
Zur Feststellung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne von § 22 SGB II ist nicht von den von dem Beklagten zugrunde gelegten Daten der so genannten AV-Wohnen auszugehen, die als rein verwaltungsinterne Regelungen gegenüber den Gerichten keinerlei bindende Wirkung entfalten können. Vielmehr bedarf es zur Feststellung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zunächst der Feststellung der angemessenen Wohnungsgröße.
Hier ist die für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen (insbesondere die Werte nach dem Gesetz über die soziale Wohnraumförderung - WoFG – i.V.m. den landesrechtlichen Bestimmungen; vgl. BSG, Urteile vom 7. November 2006, B 7b AS 10/06 R – in juris und SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 - und B 7b AS 18/06 R, in juris und NDV-RD 2007, 34). Danach ist in Berlin, mangels Richtlinien zu § 10 WoFG, zum einen an die Bestimmungen zur Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen zur Belegung von nach dem WoFG belegungsgebundenen Wohnungen anzuknüpfen, wie sie sich aus der Mitteilung Nr. 8/2004 vom 15. Dezember 2004 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ergeben. In Berlin wird die maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnberechtigungsschein in der Regel nach Raumzahl bestimmt (Ziff. 8 Abs.1 Mitt. 8/04). Angemessen ist danach grundsätzlich ein Raum für jeden Haushaltsangehörigen. Zum anderen ist zur Bestimmung des angemessenen Wohnflächenbedarfs an die Durchführungsregelungen im sozialen Wohnungsbau anzuknüpfen (§ 39 Abs. 1 II. WobauG, vgl. Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rn. 43). In Berlin sind insoweit mangels den Mietwohnungsbau betreffender Bestimmungen die Richtlinien über Förderungssätze für eigengenutztes Wohneigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 25. Mai 1999 - Eigentumsförderungssätze 1999 - (ABl. 1999, S. 2918ff) heranzuziehen. Nach Ziffer 3 (3) der Eigentumsförderungssätze 1999 ist für zwei Personen eine Wohnfläche von maximal 60 m² förderungsfähig. Unter Anwendung dieser Maßstäbe wäre hier eine Wohnungsgröße von bis zu 60 m² für die Klägerinnen angemessen (vgl. im Übrigen auch die ehemals für den sozialen Wohnungsbau in Berlin geltenden Ziffer 8 Abs. 1 der zur Umsetzung von § 5 Wohnungsbindungsgesetz - WobindG - i. V. m. § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz - WoFG - erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 - Mitteilung Nr. 8/2004 - und Abschnitt II Ziffer 1 Buchstabe a der Anlage 1 der Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau in Berlin - Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 [WFB 1990] vom 16. Juli 1990, ABl 1990, 1379 ff. i. V. m. Abschnitt I Nr. 13 a der Verwaltungsvorschriften zur Änderung der WFB 1990 vom 13. Dezember 1992 [VVÄndWFB 1990, ABl 1993, 98 f.]).
Für die weitere Feststellung des angemessenen Unterkunftsbedarfs sind die Kosten für eine Wohnung, "die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist" (BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/06 R, in juris und NDV-RD 2007, 34), zu ermitteln. Abzustellen ist dabei auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, welches sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (Produkttheorie, BSG, a.a.O.). Hier sind die sich aus der Berliner Mietspiegeltabelle 2007 ergebenden durchschnittlichen Mittelwerte für einfache Wohnlagen und Ausstattungen für Neu- und Altbauten (Abl. Nr. 30 vom 11. Juli 2007, S. 1797) zu Grunde zu legen. Für eine Wohnfläche von 60 m² und mehr ergibt sich daraus eine Netto-Kaltmiete von gerundet 4,55 EUR/m² (2,90 EUR/m² + 4,26 EUR/m² + 3,18 EUR/m² + 4,66 EUR/m² + 4,31 EUR/m² + 4,11 EUR/m² + 4,35 EUR/m² + 5,29 EUR/m² + 6,38 EUR/m² + 4,38 EUR/m² + 6,25 EUR/m² = insgesamt 50,07 EUR/m² / 11 = durchschnittlich 4,55 EUR/m²) = 273,00 EUR monatliche gesamte Netto-Kaltmiete.
Hierzu sind die durchschnittlichen "kalten" Betriebskosten, die regelmäßig mit dem Mietzins zu entrichten sind, zu ermitteln. Unter Zugrundelegung der vom Deutschen Mieterbund - DMB - mit dem Betriebskostenspiegel für Deutschland für das Jahr 2007 veröffentlichten Angaben (www.mieterbund.de), ergeben sich bei Nichtberücksichtigung der für Heizung und Warmwasser angegebenen Kosten durchschnittliche Betriebskosten in Höhe von 1,75 EUR/m² (inkl. Steuern und Abgaben). Daraus ergeben sich "kalte" Betriebskosten für eine Wohnung von 60 m² in Höhe von 105,00 EUR monatlich.
Des Weiteren sind die von dem Beklagten nach § 22 SGB II zu leistenden Heizkosten zu ermitteln. Nach dem Betriebskostenspiegel des DMB sind diese mit 0,85 EUR/m² anzusetzen, so dass sich für eine Wohnungsgröße von 60 m² ein Betrag von 51,00 EUR monatlich ergibt.
Dies ergibt eine Brutto-Warmmiete einschließlich der Kostenanteile für Warmwasser Wohnungsgröße von 60 m² in Höhe von insgesamt 429,00 EUR monatlich.
Da Kostenanteile für Warmwasser bereits im Regelsatz enthalten sind, sind die vom Beklagten gewährten 444,00 EUR monatlich (Brutto-Warmmiete) ausreichend, um den angemessenen Wohnbedarf der Klägerinnen zu decken.
Daraus ergibt sich, dass die Miete für die von den Klägerinnen zurzeit bewohnte Wohnung in Höhe von 620,00 EUR nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist.
Eine (vorübergehende) Fortzahlung der nicht angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung kommt nicht in Betracht. Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sind zwar, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, dies in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Der Beklagte hatte der Klägerin zu 1) frühzeitig, bereits im Juni 2006, mitgeteilt, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu hoch seien und dass die tatsächlichen Aufwendungen nur noch bis zum 31. Dezember 2006 übernommen werden könnten. Gründe, die zu einer Verlängerung des Zeitraumes führen könnten, in denen die tatsächlichen Kosten übernommen werden, sind im Falle der Klägerinnen nicht ersichtlich. Als solche kämen nur vom Durchschnitt abweichende besondere Belastungssituationen in Betracht wie zum Beispiel eine aktuelle schwere Erkrankung, eine Behinderung oder ein ohnehin aus anderem Grunde anstehender weiterer Umzug (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 59).
Gründe des Einzelfalles, die dazu führen könnten, dass im Falle der Klägerinnen von den oben ermittelten angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung abgewichen werden könnte, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Die von den Klägerinnen vorgetragenen Gründe sind nicht geeignet, im Einzelfall einen höheren Mietzins als angemessen anzusehen. Die Klägerinnen beziehen sich im Wesentlichen auf die in der von ihnen jetzt bewohnten Wohnung günstige Betreuungssituation für die Klägerin zu 2). Diese Betreuungssituation könnte jedoch auch bei Verzug in eine preisgünstigere Wohnung aufrechterhalten werden. Die Klägerinnen müssten ihr näheres soziales Umfeld nicht verlassen. Bereits im unmittelbaren Umfeld der von den Klägerinnen bisher bewohnten Wohnung fanden sich bei einer Recherche am 30. März 2009 angemessene Mietangebote, so zum Beispiel eine Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von ca. 51 m² in Berlin – Neukölln, Harzer Straße 11 und einer Bruttowarmmiete von 405,01 Euro und eine Zweizimmerwohnung von ca. 48 m² in B-F, B. und einer Bruttowarmmiete von 410 Euro monatlich - zu finden unter www.immonet.de). Bezüglich der Betreuungssituation ist darauf hinzuweisen, dass sowohl die Tagesmutter als auch der Vater der Klägerin zu 1) auch dann die Betreuung übernehmen könnten, wenn die Klägerinnen wenige Straßen weiter bzw. mindestens im Bezirk eine Wohnung finden würden. Es ist auch nicht dargetan, warum die Wiederaufnahme einer Arbeit durch die Klägerin zu 1) nur in der jetzt bewohnten Wohnung stattfinden können sollte, zumal der noch im einstweiligen Anordnungsverfahren von der Klägerin zu 1) diesbezüglich genannte Zeitrahmen (März 2007 bzw. Ende 2007) nunmehr bei weitem überschritten ist. Soweit die Klägerinnen darauf hinweisen, dass eine mindestens halbstündige Betreuung durch einen Bewohner des Hauses L stattfand und zurzeit stattfindet, so ist dem entgegenzuhalten, dass dieser Betreuungsumfang die Betreuungssituation nicht so maßgebend verbessert, dass hierauf Rücksicht genommen werden müsste oder könnte, da die Betreuung auch in einer neuen Wohnung sichergestellt werden könnte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin zu 1) konkrete Aussichten auf Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hat.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 1) offensichtlich seinerzeit und auch bis heute keinerlei Anstrengungen unternommen hat, eine vom Mietzins her angemessene Wohnung innerhalb ihres sozialen Umfeldes zu finden. Da damit auch nicht ansatzweise dargetan ist, dass eine entsprechende Wohnung nicht auch zum Beispiel über Wohnungsbauunternehmen bzw. im sozialen Wohnungsbau zu erlangen ist, ist es nicht Aufgabe des Beklagten oder des Gerichts, den Klägerinnen entsprechende Wohnmöglichkeiten nachzuweisen.
Auf die Frage, ob die Regelungen der AV-Wohnen verfassungswidrig sind oder nicht, kommt es vorliegend nicht an, da der Senat – wie ausgeführt - nicht die von dem Beklagten zugrunde gelegten Daten der so genannten AV-Wohnen zugrunde legt, sondern entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts von den Berliner landesrechtlichen Vorschriften zur Wohnraumförderung ausgeht. Die Regelung des § 22 SGB II – unter Beachtung der Berliner landesrechtlichen Vorschriften zur Wohnraumförderung - verstößt nicht gegen das GG. Für eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 GG verbunden mit einer Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gibt es deshalb keine Grundlage. Eine Vorlage an das BVerfG ist nämlich nur zulässig, wenn das Gericht von der Ungültigkeit einer Norm überzeugt ist. Zweifel oder Bedenken reichen nicht aus. Erreicht das Gericht diese sichere Überzeugung nicht, so ist es nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Norm ungeachtet eventueller Zweifel und Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit anzuwenden (siehe dazu Maunz, in Maunz Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 100 Rz. 35). Da die Klägerinnen nach den Ausführungen des Senats hier nicht von den Auswirkungen der AV-Wohnen betroffen sind, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit dieser Normen im Hinblick auf Art. 3 und 6 GG.
2. Leistungszeitraum 01. Oktober 2007 bis 31. März 2008
Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 12. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2007 betreffend den Leistungszeitraum vom 01. Oktober 2007 bis 31. März 2008 ist zulässig, jedoch ebenfalls nicht begründet. Die mit diesem Bescheid erfolgte Bewilligung von Leistungen in Höhe von ebenfalls 444,00 EUR monatlich für die Kosten der Unterkunft und Heizung durch den Beklagten ist auch in dieser Höhe zu Recht erfolgt; einen höheren Leistungsanspruch haben die Klägerinnen nicht. Die von ihnen tatsächlich zu entrichtende Bruttowarmmiete von 620,00 EUR monatlich ist unangemessen hoch. Der Senat verweist diesbezüglich vollinhaltlich auf die o. a. Ausführungen zu Ziff. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerinnen begehren von dem Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), hier die Übernahme höherer Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 620,-EUR monatlich für die Zeit vom 1. April 2007 bis 31. März 2008.
Die 19 ... geborene Klägerin zu 1) und ihre 19 ... geborene Tochter, die Klägerin zu 2) bewohnen unter der aus dem Rubrum ersichtlichen Anschrift seit dem 1. Oktober 2003 eine 91 qm große Zweizimmerwohnung, für die sie ab Januar 2006 eine Bruttowarmmiete von 620,- Euro monatlich zu entrichten hatten. Die Klägerin zu 1) bezog von der Bundesagentur für Arbeit bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Im März 2007 erhielten die Klägerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 1.031,00 EUR, wobei der Beklagte insgesamt Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 620,00 EUR monatlich anerkannte (Bescheid vom 22. September 2006; Änderungsbescheid vom 22. Januar 2007).
Mit Schreiben vom 08. Juni 2006 teilte der Beklagte den Klägerinnen mit, dass nach den ihm vorliegenden Unterlagen die jetzige Miete nicht angemessen sei, wobei angemessen sei bei einem 2-Personen-Haushalt eine Bruttowarmmiete in Höhe von 444,00 EUR, und gab ihnen gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2006 bat die Klägerin zu 1), von Maßnahmen zur Senkung der Mietbelastung abzusehen, da sie seit März dieses Jahres wieder bei der ZBF als arbeitsuchend gemeldet sei und sie außerdem zur Wiedereingliederung in ihren Beruf als Regisseurin zurzeit einen Kurzfilm produziere, der im Februar im Rahmen eines Berlinale Projekts laufen solle. Sie habe sich fest vorgenommen, wieder voll in den Beruf einzusteigen, wenn ihre Tochter 2 Jahre alt sei (März 2007) und sie dann eine dementsprechende Betreuungsmöglichkeit habe. Wenn sie sich jetzt um eine neue Wohnung bemühen und einen Umzug organisieren müsste, würde es sowohl ihre Bewerbungsbemühungen als auch ihr Filmprojekt gefährden.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2006 teilte der Beklagte der Klägerin zu 1) mit, dass die tatsächlichen Aufwendungen ihrer Unterkunft nur noch bis zum 31. Dezember 2006 anerkannt und übernommen werden könnten. Für die Zeit nach dem 31. Dezember 2006 würden nur noch die Richtwerte für angemessene Kosten der Unterkunft in Höhe von 444,00 EUR monatlich anerkannt werden. Mit ihrem mit Schreiben vom 13. Juli 2006 erhobenen Widerspruch (Eingang bei dem Beklagten: 17. Juli 2006) bat die Klägerin zu 1) zu prüfen, ob eine Überschreitung der Wohnungskosten um 10 % in ihrem Falle übernommen werden könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Februar 2007 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Bruttowarmmiete in Höhe von 620,00 EUR entspreche nicht den Angemessenheitskriterien der AV-Wohnen, sodass die Klägerinnen zur Senkung der Unterkunftskosten haben aufgefordert werden können.
Mit Schreiben vom 02. März 2007 teilte die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen dem Beklagten mit, dass die mit Bescheid vom 30. Juni 2006 statuierte Umzugspflicht entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht bestehe, denn es liege ein atypischer Fall vor, der die Verlängerung der Umzugsfrist rechtfertige. Es sei nämlich absehbar, dass die Klägerin zu 1) demnächst Einkünfte erzielen werde, die es ihr ermöglichen würden, den Arbeitslosengeld-II-Bezug zu beenden. In ihrer Wohnumgebung habe sich die Klägerin zu 1) zudem zwischenzeitlich ein Netzwerk an Bezugs- und Betreuungspersonen für ihre Tochter, die Klägerin zu 2), geschaffen, das es ihr ermögliche, ihre bisherige berufliche Tätigkeit fortzusetzen. Es liege hier somit eine Kombination zweier atypischer Fälle, nämlich Alleinerziehung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit vor. Diese Kombination rechtfertige eine Verlängerung der Umzugsfrist. Nach Schätzung der Klägerin zu 1) werde ihr auf diesem Wege, sofern sie in der derzeitigen Wohnung verbleiben könne, eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zum Ende des Jahres 2007 gelingen. Dementsprechend sei die Umzugsfrist bis zu diesem Zeitpunkt zu verlängern.
Auf den von den Klägerinnen gestellten Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II vom 05. März 2007 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen mit Bescheid vom 07. März 2007 für die Zeit vom 01. April 2007 bis 30. September 2007 Leistungen in Höhe von monatlich 855,00 EUR und legte dabei für die Kosten der Unterkunft und Heizung einen Betrag von 444,00 EUR monatlich zugrunde.
Den dagegen von der Klägerin zu 1) am 20. März 2007 eingelegten Widerspruch, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2007 als unbegründet zurück. Die monatliche Warmmiete der von den Klägerinnen inne gehaltenen Wohnung betrage momentan 620,00 EUR, als angemessen sei jedoch nur ein Betrag von 444,00 EUR zu erachten. Unter Berücksichtigung der Lage und Entwicklung des derzeitigen in Betracht kommenden Wohnungsmarktes Berlin sei die festgesetzte Senkung der Unterkunftskosten rechtlich nicht zu beanstanden.
Auf den weiteren am 31. August 2007 von den Klägerinnen gestellten Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2007 für die Zeit vom 01. Oktober 2007 bis 31. März 2008 Leistungen in Höhe von 859,00 EUR monatlich und legte hierbei für die Kosten der Unterkunft und Heizung wiederum einen Betrag von 444,00 EUR monatlich zugrunde. Den hiergegen am 26. September 2007 eingelegten Widerspruch der Klägerinnen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2007 unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2007 als unbegründet zurück.
Am 17. Juli 2007 haben die Klägerinnen bei dem Sozialgericht Berlin die unter dem Az.: S 121 AS 17596/07 registrierte Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 07. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007 erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Übernahme höherer Unterkunftskosten für die Zeit vom 01. April 2007 bis zum 30. September 2007 weiterverfolgt haben. Ergänzend haben die Klägerinnen ausgeführt, dass die Regelungen der AV-Wohnen, nach der ein Umzug erst unzumutbar sei, wenn eine Person zwei oder mehr Kinder allein erziehe, gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bzw. gegen Artikel 6 GG verstießen. Insofern liege bei jedem allein erziehenden Elternteil, welches ein Kind unter 7 Jahre zu betreuen habe, eine Sondersituation vor, die die Unzumutbarkeit des Umzuges rechtfertige.
Mit Gerichtsbescheid vom 03. April 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zutreffend habe das LSG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 13. September 2007, L 29 B 883/07 AS ER, entschieden, dass die Klägerinnen von dem Beklagten über den 31. März 2007 hinaus keine weiteren Leistungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen könnten.
Am 17. Dezember 2007 haben die Klägerinnen bei dem Sozialgericht Berlin die unter dem Az.: S 121 AS 32943/07 registrierte Klage gegen den Bewilligungsbescheid vom 12. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2007 erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2008 weiterverfolgt haben.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. April 2008 hat das Sozialgericht Berlin auch diese Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat wiederum auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 13. September 2007, L 29 B 883/07 AS ER, verwiesen.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 28. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid vom 03. April 2008 (S 121 AS 17596/07) haben die Klägerinnen am 23. Mai 2008 die unter dem Az.: L 29 AS 1164/08 registrierte Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 30. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid vom 23. April 2008 (S 121 AS 32943/07) haben die Klägerinnen am 23. Mai 2008 die unter dem Az.: L 10 AS 1017/08 registrierte Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.
Mit Beschluss vom 23. September 2008 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die Rechtsstreite zu den Az.: L 29 AS 1164/08 und L 10 AS 1017/08 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az.: L 29 AS 1164/08 verbunden.
Die Klägerinnen tragen zur Begründung ihrer Berufungen vor, die Gerichtsbescheide seien bereits deswegen rechtswidrig, weil die Entscheidungen des Sozialgerichts nicht in Form eines Gerichtsbescheides hätten ergehen dürfen. Es bestünden verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die vom Land Berlin erlassenen Verwaltungsvorschriften, insofern liege kein einfacher Sachverhalt im Hinblick auf die rechtliche Bewertung vor. Sofern das Sozialgericht auf den im Eilverfahren ergangenen Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. September 2007 verweise, sei darauf hinzuweisen, dass sich weder das Sozialgericht noch das Landessozialgericht ausreichend mit den geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerinnen zu den Regelungen der AV-Wohnen auseinandergesetzt hätten. Vielmehr habe insbesondere das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen fehlender Eilbedürftigkeit abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen sie auf ihren erstinstanzlichen Vortrag, aus dem sich ergebe, dass die vom Verordnungsgeber getroffene Differenzierung hinsichtlich der Angemessenheit von Wohnkosten bei Alleinerziehenden nach der Anzahl der allein zu erziehenden Kinder nicht gerechtfertigt sei. Es fehle für diese Differenzierung der nach Artikel 3 GG gebotene sachliche Grund.
Die Klägerinnen beantragen,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. April 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der Unterkunft für ihre Wohnung in der L in Bfür die Zeit vom 1. April 2007 bis 30. September 2007 in Höhe von weiteren 176,- EUR monatlich zu übernehmen,
2. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der Unterkunft für ihre Wohnung L in Bfür die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2008 in Höhe von weiteren 176,- EUR monatlich zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er hält die angefochtenen Gerichtsbescheide für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, der Gerichtsakten des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (L 10 AS 1017/08), der beigezogenen Leistungsakten des Beklagten (Bände I und II – 96202BG0000565), der beigezogenen Gerichtsakte des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (L 29 B 883/07 AS ER) sowie der Gerichtsakte des Sozialgerichts Berlin (S 100 AS 5224/07), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig. Sie sind ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier anzuwendenden seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes jeweils 750 EUR übersteigt (geltend gemachte Unterkunftskosten von 620 EUR mtl. abzüglich gewährter Unterkunftskosten von 444 EUR mtl.= 176 EUR mtl. x 6 Monate = 1056 EUR Gesamtbetrag je Leistungszeitraum).
Die Berufungen der Klägerinnen sind indessen nicht begründet, das Sozialgericht Berlin hat die Klagen mit den Gerichtsbescheiden vom 3. und 23. April 2008 zu Recht abgewiesen.
Der Senat kann in der Sache entscheiden, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die sozialgerichtlichen Verfahren - wie von den Klägerinnen unter Hinweis auf deren verfassungsrechtliche Bedenken zu den Regelungen der AV-Wohnen behauptet - dadurch an einem erheblichen Mangel gelitten haben, dass das Sozialgericht durch Gerichtsbescheide des Kammervorsitzenden entschieden hat; dies ist nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG nur erlaubt, wenn die Sache u. a. keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Zum einen hat das Sozialgericht zur Feststellung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne von § 22 SGB II nicht die von dem Beklagten zugrunde gelegten Daten der so genannten AV-Wohnen zugrunde gelegt, sondern ist entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – wie auch der erkennende Senat in dem vom Sozialgericht genannten Beschluss vom 13. September 2007 (L 29 B 883/07 AS ER) - von den Berliner landesrechtlichen Vorschriften zur Wohnraumförderung ausgegangen. Zum anderen kann der Senat selbst bei Vorliegen eines solchen – hier nur behaupteten, aber nicht vorliegenden - wesentlichen Verfahrensmangels in der Sache selbst entscheiden, weil er gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG zwar befugt, aber nicht zwingend verpflichtet ist, die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Berlin aufzuheben und die Sachen an das Sozialgericht zurückzuverweisen (LSG Berlin-Brandenburg – Urteil vom 16. Oktober 2008 - L 5 AS 449/08 – zitiert nach juris). Der Senat hielt eine Zurückverweisung im vorliegenden Fall im Interesse der Beteiligten an einer zeitnahen Entscheidung für beide hier streitbefangenen Zeiträume nicht für sachgerecht.
1. Leistungszeitraum 01. April 2007 bis 30. September 2007
Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 07. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007 betreffend den Leistungszeitraum vom 01. April 2007 bis 30. September 2007 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die mit diesem Bescheid erfolgte Bewilligung von Leistungen in Höhe von 444,00 EUR monatlich für die Kosten der Unterkunft und Heizung durch den Beklagten ist auch in dieser Höhe zu Recht erfolgt; einen höheren Leistungsanspruch haben die Klägerinnen nicht. Die von ihnen tatsächlich zu entrichtende Bruttowarmmiete von 620,00 EUR monatlich ist unangemessen hoch.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens betreffend den Leistungszeitraum 01. April 2007 bis 30. September 2007 ist der Bescheid des Beklagten vom 07. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2007. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte über die Leistungen der Klägerinnen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II insgesamt entschieden, also sowohl über die Höhe der Regelleistungen als auch die Kosten der Unterkunft und die Übernahme der Heizkosten für den genannten Zeitraum. Die Klägerinnen haben ihr Begehren jedoch auf die Gewährung höherer Unterkunftskosten beschränkt, hierüber hat der Senat zu befinden. Diese Beschränkung des Streitgegenstandes ist zulässig. Bei der Festsetzung der Leistungen für Unterkunfts- und Heizkosten handelt es sich um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides, über die das Gericht, entsprechend dem Antrag, isoliert entscheiden kann (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 sowie BSG Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R – m. w. N. – zitiert nach juris) und die hier auch nur im Streit ist.
Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach SGB II Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (ab 01. Januar 2008: die Altersgrenze nach § 7 a SGB II noch nicht erreicht haben), 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind, 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige).
Die Klägerin zu 1) ist hilfebedürftig. Hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. in Verbindung mit § 9 Abs. 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht
1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern andere Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen auch Personen, die mit den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Nach § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft u. a. die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (Nr. 1) sowie die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können (Nr. 4).
Insofern haben sowohl die Klägerin zu 1) als auch die Klägerin zu 2) dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft einschließlich der Heizung.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch für 6 Monate (Abs. 1 Satz 3).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist die durch die angefochtenen Bescheide erfolgte Bewilligung von Leistungen in Höhe von 444,00 EUR monatlich für die Unterkunft und Heizung für den hier streitbefangenen Leistungszeitraum 01. April 2007 bis 30. September 2007 nicht zu beanstanden.
Zur Feststellung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne von § 22 SGB II ist nicht von den von dem Beklagten zugrunde gelegten Daten der so genannten AV-Wohnen auszugehen, die als rein verwaltungsinterne Regelungen gegenüber den Gerichten keinerlei bindende Wirkung entfalten können. Vielmehr bedarf es zur Feststellung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zunächst der Feststellung der angemessenen Wohnungsgröße.
Hier ist die für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen (insbesondere die Werte nach dem Gesetz über die soziale Wohnraumförderung - WoFG – i.V.m. den landesrechtlichen Bestimmungen; vgl. BSG, Urteile vom 7. November 2006, B 7b AS 10/06 R – in juris und SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 - und B 7b AS 18/06 R, in juris und NDV-RD 2007, 34). Danach ist in Berlin, mangels Richtlinien zu § 10 WoFG, zum einen an die Bestimmungen zur Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen zur Belegung von nach dem WoFG belegungsgebundenen Wohnungen anzuknüpfen, wie sie sich aus der Mitteilung Nr. 8/2004 vom 15. Dezember 2004 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ergeben. In Berlin wird die maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnberechtigungsschein in der Regel nach Raumzahl bestimmt (Ziff. 8 Abs.1 Mitt. 8/04). Angemessen ist danach grundsätzlich ein Raum für jeden Haushaltsangehörigen. Zum anderen ist zur Bestimmung des angemessenen Wohnflächenbedarfs an die Durchführungsregelungen im sozialen Wohnungsbau anzuknüpfen (§ 39 Abs. 1 II. WobauG, vgl. Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rn. 43). In Berlin sind insoweit mangels den Mietwohnungsbau betreffender Bestimmungen die Richtlinien über Förderungssätze für eigengenutztes Wohneigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 25. Mai 1999 - Eigentumsförderungssätze 1999 - (ABl. 1999, S. 2918ff) heranzuziehen. Nach Ziffer 3 (3) der Eigentumsförderungssätze 1999 ist für zwei Personen eine Wohnfläche von maximal 60 m² förderungsfähig. Unter Anwendung dieser Maßstäbe wäre hier eine Wohnungsgröße von bis zu 60 m² für die Klägerinnen angemessen (vgl. im Übrigen auch die ehemals für den sozialen Wohnungsbau in Berlin geltenden Ziffer 8 Abs. 1 der zur Umsetzung von § 5 Wohnungsbindungsgesetz - WobindG - i. V. m. § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz - WoFG - erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 - Mitteilung Nr. 8/2004 - und Abschnitt II Ziffer 1 Buchstabe a der Anlage 1 der Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau in Berlin - Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 [WFB 1990] vom 16. Juli 1990, ABl 1990, 1379 ff. i. V. m. Abschnitt I Nr. 13 a der Verwaltungsvorschriften zur Änderung der WFB 1990 vom 13. Dezember 1992 [VVÄndWFB 1990, ABl 1993, 98 f.]).
Für die weitere Feststellung des angemessenen Unterkunftsbedarfs sind die Kosten für eine Wohnung, "die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist" (BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/06 R, in juris und NDV-RD 2007, 34), zu ermitteln. Abzustellen ist dabei auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, welches sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (Produkttheorie, BSG, a.a.O.). Hier sind die sich aus der Berliner Mietspiegeltabelle 2007 ergebenden durchschnittlichen Mittelwerte für einfache Wohnlagen und Ausstattungen für Neu- und Altbauten (Abl. Nr. 30 vom 11. Juli 2007, S. 1797) zu Grunde zu legen. Für eine Wohnfläche von 60 m² und mehr ergibt sich daraus eine Netto-Kaltmiete von gerundet 4,55 EUR/m² (2,90 EUR/m² + 4,26 EUR/m² + 3,18 EUR/m² + 4,66 EUR/m² + 4,31 EUR/m² + 4,11 EUR/m² + 4,35 EUR/m² + 5,29 EUR/m² + 6,38 EUR/m² + 4,38 EUR/m² + 6,25 EUR/m² = insgesamt 50,07 EUR/m² / 11 = durchschnittlich 4,55 EUR/m²) = 273,00 EUR monatliche gesamte Netto-Kaltmiete.
Hierzu sind die durchschnittlichen "kalten" Betriebskosten, die regelmäßig mit dem Mietzins zu entrichten sind, zu ermitteln. Unter Zugrundelegung der vom Deutschen Mieterbund - DMB - mit dem Betriebskostenspiegel für Deutschland für das Jahr 2007 veröffentlichten Angaben (www.mieterbund.de), ergeben sich bei Nichtberücksichtigung der für Heizung und Warmwasser angegebenen Kosten durchschnittliche Betriebskosten in Höhe von 1,75 EUR/m² (inkl. Steuern und Abgaben). Daraus ergeben sich "kalte" Betriebskosten für eine Wohnung von 60 m² in Höhe von 105,00 EUR monatlich.
Des Weiteren sind die von dem Beklagten nach § 22 SGB II zu leistenden Heizkosten zu ermitteln. Nach dem Betriebskostenspiegel des DMB sind diese mit 0,85 EUR/m² anzusetzen, so dass sich für eine Wohnungsgröße von 60 m² ein Betrag von 51,00 EUR monatlich ergibt.
Dies ergibt eine Brutto-Warmmiete einschließlich der Kostenanteile für Warmwasser Wohnungsgröße von 60 m² in Höhe von insgesamt 429,00 EUR monatlich.
Da Kostenanteile für Warmwasser bereits im Regelsatz enthalten sind, sind die vom Beklagten gewährten 444,00 EUR monatlich (Brutto-Warmmiete) ausreichend, um den angemessenen Wohnbedarf der Klägerinnen zu decken.
Daraus ergibt sich, dass die Miete für die von den Klägerinnen zurzeit bewohnte Wohnung in Höhe von 620,00 EUR nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist.
Eine (vorübergehende) Fortzahlung der nicht angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung kommt nicht in Betracht. Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sind zwar, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, dies in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Der Beklagte hatte der Klägerin zu 1) frühzeitig, bereits im Juni 2006, mitgeteilt, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu hoch seien und dass die tatsächlichen Aufwendungen nur noch bis zum 31. Dezember 2006 übernommen werden könnten. Gründe, die zu einer Verlängerung des Zeitraumes führen könnten, in denen die tatsächlichen Kosten übernommen werden, sind im Falle der Klägerinnen nicht ersichtlich. Als solche kämen nur vom Durchschnitt abweichende besondere Belastungssituationen in Betracht wie zum Beispiel eine aktuelle schwere Erkrankung, eine Behinderung oder ein ohnehin aus anderem Grunde anstehender weiterer Umzug (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 59).
Gründe des Einzelfalles, die dazu führen könnten, dass im Falle der Klägerinnen von den oben ermittelten angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung abgewichen werden könnte, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Die von den Klägerinnen vorgetragenen Gründe sind nicht geeignet, im Einzelfall einen höheren Mietzins als angemessen anzusehen. Die Klägerinnen beziehen sich im Wesentlichen auf die in der von ihnen jetzt bewohnten Wohnung günstige Betreuungssituation für die Klägerin zu 2). Diese Betreuungssituation könnte jedoch auch bei Verzug in eine preisgünstigere Wohnung aufrechterhalten werden. Die Klägerinnen müssten ihr näheres soziales Umfeld nicht verlassen. Bereits im unmittelbaren Umfeld der von den Klägerinnen bisher bewohnten Wohnung fanden sich bei einer Recherche am 30. März 2009 angemessene Mietangebote, so zum Beispiel eine Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von ca. 51 m² in Berlin – Neukölln, Harzer Straße 11 und einer Bruttowarmmiete von 405,01 Euro und eine Zweizimmerwohnung von ca. 48 m² in B-F, B. und einer Bruttowarmmiete von 410 Euro monatlich - zu finden unter www.immonet.de). Bezüglich der Betreuungssituation ist darauf hinzuweisen, dass sowohl die Tagesmutter als auch der Vater der Klägerin zu 1) auch dann die Betreuung übernehmen könnten, wenn die Klägerinnen wenige Straßen weiter bzw. mindestens im Bezirk eine Wohnung finden würden. Es ist auch nicht dargetan, warum die Wiederaufnahme einer Arbeit durch die Klägerin zu 1) nur in der jetzt bewohnten Wohnung stattfinden können sollte, zumal der noch im einstweiligen Anordnungsverfahren von der Klägerin zu 1) diesbezüglich genannte Zeitrahmen (März 2007 bzw. Ende 2007) nunmehr bei weitem überschritten ist. Soweit die Klägerinnen darauf hinweisen, dass eine mindestens halbstündige Betreuung durch einen Bewohner des Hauses L stattfand und zurzeit stattfindet, so ist dem entgegenzuhalten, dass dieser Betreuungsumfang die Betreuungssituation nicht so maßgebend verbessert, dass hierauf Rücksicht genommen werden müsste oder könnte, da die Betreuung auch in einer neuen Wohnung sichergestellt werden könnte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin zu 1) konkrete Aussichten auf Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hat.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 1) offensichtlich seinerzeit und auch bis heute keinerlei Anstrengungen unternommen hat, eine vom Mietzins her angemessene Wohnung innerhalb ihres sozialen Umfeldes zu finden. Da damit auch nicht ansatzweise dargetan ist, dass eine entsprechende Wohnung nicht auch zum Beispiel über Wohnungsbauunternehmen bzw. im sozialen Wohnungsbau zu erlangen ist, ist es nicht Aufgabe des Beklagten oder des Gerichts, den Klägerinnen entsprechende Wohnmöglichkeiten nachzuweisen.
Auf die Frage, ob die Regelungen der AV-Wohnen verfassungswidrig sind oder nicht, kommt es vorliegend nicht an, da der Senat – wie ausgeführt - nicht die von dem Beklagten zugrunde gelegten Daten der so genannten AV-Wohnen zugrunde legt, sondern entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts von den Berliner landesrechtlichen Vorschriften zur Wohnraumförderung ausgeht. Die Regelung des § 22 SGB II – unter Beachtung der Berliner landesrechtlichen Vorschriften zur Wohnraumförderung - verstößt nicht gegen das GG. Für eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 GG verbunden mit einer Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gibt es deshalb keine Grundlage. Eine Vorlage an das BVerfG ist nämlich nur zulässig, wenn das Gericht von der Ungültigkeit einer Norm überzeugt ist. Zweifel oder Bedenken reichen nicht aus. Erreicht das Gericht diese sichere Überzeugung nicht, so ist es nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Norm ungeachtet eventueller Zweifel und Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit anzuwenden (siehe dazu Maunz, in Maunz Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 100 Rz. 35). Da die Klägerinnen nach den Ausführungen des Senats hier nicht von den Auswirkungen der AV-Wohnen betroffen sind, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit dieser Normen im Hinblick auf Art. 3 und 6 GG.
2. Leistungszeitraum 01. Oktober 2007 bis 31. März 2008
Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 12. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2007 betreffend den Leistungszeitraum vom 01. Oktober 2007 bis 31. März 2008 ist zulässig, jedoch ebenfalls nicht begründet. Die mit diesem Bescheid erfolgte Bewilligung von Leistungen in Höhe von ebenfalls 444,00 EUR monatlich für die Kosten der Unterkunft und Heizung durch den Beklagten ist auch in dieser Höhe zu Recht erfolgt; einen höheren Leistungsanspruch haben die Klägerinnen nicht. Die von ihnen tatsächlich zu entrichtende Bruttowarmmiete von 620,00 EUR monatlich ist unangemessen hoch. Der Senat verweist diesbezüglich vollinhaltlich auf die o. a. Ausführungen zu Ziff. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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