Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 109 AS 14036/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 345/11 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Januar 2011 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Beschwerdeverfahren zu erstatten. Der Antrag der Klägerin, ihr für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist nicht begründet, da die in § 144 Abs 2 Nrn 1 bis 3 SGG normierten Zulassungsvoraus¬setzungen nicht vorliegen; sie war daher zurückzuweisen. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung iS des § 144 Abs 2 Nr 1 SGG zu, denn die Entscheidung, ob der Klägerin im streitigen Zeitraum (01. März 2010 bis zum 31. August 2010) höhere Regelleistungen (vgl zur Abtrennbarkeit der Leistung für Unterkunft und Heizung: Bundessozialgericht (BSG), Urteil 07. November 2006 - B 7b AS 08/06 R, juris = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 19) unter Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II (in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung des Gesetzes; im Folgenden ohne Zusatz bezeichnet) wegen Diabetes mellitus zustehen (nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei einem Mehrbedarf nach § 21 SGB II nicht um einen eigenständigen, von der Höhe der Regelleistung abtrennbaren Streitgegenstand: vgl nur Urteil vom 03. März 2009 – B 4 AS 50/07 R , juris =SozR 4-4200 § 21 Nr 5, jeweils RdNr 12, und Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 54/08 R, juris = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, jeweils RdNr 11 sowie Urteil vom 18. Februar 2010 – B 4 AS 29/09 R, juris = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, jeweils RdNr 11, sonder um einen Rechnungsposten bei der Ermittlung des Regelleistungsbedarfs) wirft keine allgemein bedeutsamen Fragen auf, die von der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beantwortet sind. Nach dieser Rechtsprechung ist zur Beurteilung des Anspruchs aus § 21 Abs 5 SGB II festzustellen, ob eine Krankheit vorliegt, ob sie eine bestimmte Kostform erfordert und in welchem Umfang ggf zusätzliche Kosten anfallen (unbestimmter Rechtsbegriff der "angemessenen Höhe" – dazu BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 64/06 R, juris = SozR 4-4200 § 21 Nr 2, jeweils RdNr 24, 29). Es gilt, dass solange keine Besonderheiten des Einzelfalls vorliegen, zur Bewertung der Erforderlichkeit und des Umfangs auf die "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" (im Folgenden: Empfehlungen) des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge eV (DV) zurückgegriffen werden darf (BSG, aaO, RdNr 28; BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 32/06, juris = SozR 4-4200 § 20 Nr 6, jeweils RdNr 39: individuelle Ermittlungen, wenn "sonstige Gesichtspunkte vorgetragen (sind), die ein mechanisches Abstellen auf die Empfehlungen nicht möglich machen"). Auf die Empfehlungen kann zumindest iS einer in der Verwaltungspraxis etablierten generellen Orientierungshilfe zurückgegriffen werden, die im Normalfall eine gleichmäßige und schnelle Bearbeitung geltend gemachter Mehrbedarfe im Bereich der Krankenkost erlauben (BSG, aaO (B 14/7b AS 32/06 R), RdNr 39, BSG, aaO (B 14/7b AS 64/06 R), RdNr 26, 28). Damit sind in der Rechtsprechung die zur Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts erforderlichen, die gesetzlichen Regelung konkretisierenden Begriffsklärungen erfolgt. Dass dies nur zu den alten, bis zum 30. September 2008 maßgebend gewesenen und nicht zu den neuen Empfehlungen (abrufbar unter www.deutscher-verein.de) entschieden ist, ist nicht von Belang, denn dass insoweit die in einem qualitativ gleichwertigen Verfahren erhobenen neuen, den Fortschritt der Wissenschaften berücksichtigenden Empfehlungen an die Stelle eines überholten Sachstandes getreten sind, ist selbstverständlich (so schon Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2009 - L 10 AS 1717/09 NZB, juris RdNr 4). Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten erlangt die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung auch nicht im Hinblick auf die in der Rechsprechung bisher nicht geklärte Frage, ob die neuen Empfehlungen antizipierte Sachverständigengutachten darstellen (dies bejahend: Bayrisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 23. April 2009 – L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 09. März 2009 – L 8 AS 68/08 und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03. Februar 2009 – L 9 B 339/08 AS, alle juris), was zur Folge hätte, dass deren generelle Richtigkeit auch durch ein Einzelfallgutachten nicht widerlegt werden könnte (vgl BSG, Urteil vom 18. September 2003 - B 9 SB 3/02 R, juris RdNr 21= SozR 4-3250 § 69 Nr 2 RdNr 14). Denn unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung der neuen Empfehlungen, hat sich der DV darin von einer pauschalen Betrachtungsweise distanziert und auf die "Besonderheit des Einzelfalls" abgestellt. Eine Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs 2 Nr 2 SGG aufgeführten Gerichte liegt ebenfalls nicht vor. Schließlich liegt auch kein Berufungszulassungsgrund iS des § 144 Abs 2 Nr 3 SGG vor, da der Beklagte keine Verfahrensmängel geltend macht, die vorliegen und auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs 2 Nr 3 SGG). Ein Verfahrensmangel liegt nur vor bei einem Verstoß des Sozialgerichts (SG) gegen eine Vorschrift vor, die das sozialgerichtliche Verfahren (nicht das Widerspruchsverfahren bzw das Ver¬waltungsverfahren) regelt. Der Mangel muss im prozessualen Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil liegen (vgl Leitherer in Meyer-Lade¬wig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, RdNr 32 zu § 144 mwN). Die Frage, ob das Verfahren des SG an einem wesentlichen Mangel leidet, ist von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu beurteilen (vgl Leitherer, aaO, RdNr 32 aE zu § 144 und RdNr 16b zu § 160, jeweils mwN). Es geht nicht um den sachlichen Inhalt des Ur¬teils bzw um die Richtigkeit der Entscheidung, mithin nicht um die Frage, ob das SG die Verurteilung auf die Begründung stützen durfte, es müsse der von den behandelnden Ärzten in den vorgelegten Attesten geäußerten medizinischen Einschätzung folgen, weil der Beklagte trotz des Vorliegens multipler Erkrankungen keine medizinischen Ermittlungen angestellt habe, so dass eine Ausnahme vom Regelfall vorliege, wonach bei Diabetes mellitus eine gesunde Mischkost ausreichend sei, die aus der Regelleistung bestritten werden könne. Ob sich das SG gerade auch vor dem Hintergrund seines sachlich-rechtlichen Standpunkts zu eigenen Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, also ein wesentlicher Verfahrensmangel in Form eines Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) vorliegt (was durchaus nahe liegt), ist unbeachtlich, da der Beklagte das nicht gerügt hat. Ausdrücklich gerügt hat der Beklagte insoweit nur, das Urteil des SG sei nicht vollstreckbar, weil dessen Tenor keinen Ausspruch zur Höhe enthalte, womit er zugleich sinngemäß die Rüge erhoben hat, dass seine Verurteilung auch eine Entscheidung über die Höhe der zugesprochenen Leistung enthalten müsse, weil das Urteil sonst nicht ausführbar sei. Diese Rüge greift nicht durch. Der Beklagte verkennt, dass das SG hier – wie beantragt - auf das prozessuale Instrument des Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 1. Alt SGG) zurückgriffen hat, dessen Erlass auch möglich ist, wenn – so wie hier – nur über die Höhe der Leistung gestritten wird. Dieses Grundurteil ist ein "verkapptes Verpflichtungsbescheidungsurteil" und es legt –wenn auch nicht notwendig ausdrücklich - dem verurteilten Leistungsträger die Verpflichtung auf, zu seiner "Ausführung" einen Verwaltungsakt zu erlassen, mit dem die Leistung der Höhe nach festgestellt wird (BSG, Beschluss vom 06. August 1999 - B 4 RA 25/98 B, juris RdNr 22 = SozR 3-1500 § 199 Nr 1 Seite 7; vgl auch BSG, Urteil vom 30. September 2010 - B 10 EG 11/09 R, juris RdNr 36). Im konkreten Fall wird dem Beklagten insoweit schon deshalb nichts Unmögliches abverlangt, weil trotz fehlender Bezifferung der Höhe des Mehrbedarfs im klägerischen Antrag wie auch im Tenor der angefochtenen Entscheidung es keinem Zweifel unterliegen kann, dass es um die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung bei der Klägerin in der vor Beginn des streitigen Zeitraum zugrunde gelegten Höhe (nämlich 51,13 EUR monatlich) geht (vgl den - im Übrigen seitens der Beteiligten unwidersprochen gebliebenen - rechtlichen Hinweis im Schriftsatz des Berichterstatters vom 18. März 2011). Der Erlass eines Grundurteils setzt allerdings voraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach und - bei einem Grundurteil im Rahmen eines Höhenstreits – der Höhe nach so weit geklärt sind, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein höherer Leistungsanspruch angenommen werden kann (vgl zum Ganzen nur BSG, Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 10/06 R, juris = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 16 und Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R, juris = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, jeweils RdNr 15 sowie Keller in Meyer-Lade¬wig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, RdNr 2b ff zu § 130, jeweils mwN). Unter Zugrundelegung seines sachlich-rechtlichen Standpunkts durfte sich das SG zu dieser Annahme berechtigt sehen, was im Übrigen auch von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt wird. Das vom SG gefällte Grundurteil ist auch wegen des noch zu erlassenden Verwaltungsaktes über die Höhe der Grundsicherungsleistung im streitigen Zeitraum unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung durch Festsetzung eines Zwangsgeldes in entsprechender Anwendung des § 201 SGG vollstreckbar (vgl BSG, Beschluss vom 06. August 1999, B 4 RA 25/98 B, juris RdNr 15 = SozR 3-1500 § 199 Nr 1 Seite 3). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin war abzulehnen, denn die Klägerin besitzt (auch) für das Beschwerdeverfahren einen Anspruch auf vollständige Erstattung ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten gegen den Beklagten und ist insoweit nicht bedürftig iS des § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung.
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Das Urteil des SG ist mit der Ablehnung der Beschwerde rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
Gründe:
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist nicht begründet, da die in § 144 Abs 2 Nrn 1 bis 3 SGG normierten Zulassungsvoraus¬setzungen nicht vorliegen; sie war daher zurückzuweisen. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung iS des § 144 Abs 2 Nr 1 SGG zu, denn die Entscheidung, ob der Klägerin im streitigen Zeitraum (01. März 2010 bis zum 31. August 2010) höhere Regelleistungen (vgl zur Abtrennbarkeit der Leistung für Unterkunft und Heizung: Bundessozialgericht (BSG), Urteil 07. November 2006 - B 7b AS 08/06 R, juris = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 19) unter Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II (in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung des Gesetzes; im Folgenden ohne Zusatz bezeichnet) wegen Diabetes mellitus zustehen (nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei einem Mehrbedarf nach § 21 SGB II nicht um einen eigenständigen, von der Höhe der Regelleistung abtrennbaren Streitgegenstand: vgl nur Urteil vom 03. März 2009 – B 4 AS 50/07 R , juris =SozR 4-4200 § 21 Nr 5, jeweils RdNr 12, und Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 54/08 R, juris = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, jeweils RdNr 11 sowie Urteil vom 18. Februar 2010 – B 4 AS 29/09 R, juris = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, jeweils RdNr 11, sonder um einen Rechnungsposten bei der Ermittlung des Regelleistungsbedarfs) wirft keine allgemein bedeutsamen Fragen auf, die von der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beantwortet sind. Nach dieser Rechtsprechung ist zur Beurteilung des Anspruchs aus § 21 Abs 5 SGB II festzustellen, ob eine Krankheit vorliegt, ob sie eine bestimmte Kostform erfordert und in welchem Umfang ggf zusätzliche Kosten anfallen (unbestimmter Rechtsbegriff der "angemessenen Höhe" – dazu BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 64/06 R, juris = SozR 4-4200 § 21 Nr 2, jeweils RdNr 24, 29). Es gilt, dass solange keine Besonderheiten des Einzelfalls vorliegen, zur Bewertung der Erforderlichkeit und des Umfangs auf die "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" (im Folgenden: Empfehlungen) des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge eV (DV) zurückgegriffen werden darf (BSG, aaO, RdNr 28; BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 32/06, juris = SozR 4-4200 § 20 Nr 6, jeweils RdNr 39: individuelle Ermittlungen, wenn "sonstige Gesichtspunkte vorgetragen (sind), die ein mechanisches Abstellen auf die Empfehlungen nicht möglich machen"). Auf die Empfehlungen kann zumindest iS einer in der Verwaltungspraxis etablierten generellen Orientierungshilfe zurückgegriffen werden, die im Normalfall eine gleichmäßige und schnelle Bearbeitung geltend gemachter Mehrbedarfe im Bereich der Krankenkost erlauben (BSG, aaO (B 14/7b AS 32/06 R), RdNr 39, BSG, aaO (B 14/7b AS 64/06 R), RdNr 26, 28). Damit sind in der Rechtsprechung die zur Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts erforderlichen, die gesetzlichen Regelung konkretisierenden Begriffsklärungen erfolgt. Dass dies nur zu den alten, bis zum 30. September 2008 maßgebend gewesenen und nicht zu den neuen Empfehlungen (abrufbar unter www.deutscher-verein.de) entschieden ist, ist nicht von Belang, denn dass insoweit die in einem qualitativ gleichwertigen Verfahren erhobenen neuen, den Fortschritt der Wissenschaften berücksichtigenden Empfehlungen an die Stelle eines überholten Sachstandes getreten sind, ist selbstverständlich (so schon Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2009 - L 10 AS 1717/09 NZB, juris RdNr 4). Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten erlangt die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung auch nicht im Hinblick auf die in der Rechsprechung bisher nicht geklärte Frage, ob die neuen Empfehlungen antizipierte Sachverständigengutachten darstellen (dies bejahend: Bayrisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 23. April 2009 – L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 09. März 2009 – L 8 AS 68/08 und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03. Februar 2009 – L 9 B 339/08 AS, alle juris), was zur Folge hätte, dass deren generelle Richtigkeit auch durch ein Einzelfallgutachten nicht widerlegt werden könnte (vgl BSG, Urteil vom 18. September 2003 - B 9 SB 3/02 R, juris RdNr 21= SozR 4-3250 § 69 Nr 2 RdNr 14). Denn unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung der neuen Empfehlungen, hat sich der DV darin von einer pauschalen Betrachtungsweise distanziert und auf die "Besonderheit des Einzelfalls" abgestellt. Eine Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs 2 Nr 2 SGG aufgeführten Gerichte liegt ebenfalls nicht vor. Schließlich liegt auch kein Berufungszulassungsgrund iS des § 144 Abs 2 Nr 3 SGG vor, da der Beklagte keine Verfahrensmängel geltend macht, die vorliegen und auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs 2 Nr 3 SGG). Ein Verfahrensmangel liegt nur vor bei einem Verstoß des Sozialgerichts (SG) gegen eine Vorschrift vor, die das sozialgerichtliche Verfahren (nicht das Widerspruchsverfahren bzw das Ver¬waltungsverfahren) regelt. Der Mangel muss im prozessualen Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil liegen (vgl Leitherer in Meyer-Lade¬wig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, RdNr 32 zu § 144 mwN). Die Frage, ob das Verfahren des SG an einem wesentlichen Mangel leidet, ist von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu beurteilen (vgl Leitherer, aaO, RdNr 32 aE zu § 144 und RdNr 16b zu § 160, jeweils mwN). Es geht nicht um den sachlichen Inhalt des Ur¬teils bzw um die Richtigkeit der Entscheidung, mithin nicht um die Frage, ob das SG die Verurteilung auf die Begründung stützen durfte, es müsse der von den behandelnden Ärzten in den vorgelegten Attesten geäußerten medizinischen Einschätzung folgen, weil der Beklagte trotz des Vorliegens multipler Erkrankungen keine medizinischen Ermittlungen angestellt habe, so dass eine Ausnahme vom Regelfall vorliege, wonach bei Diabetes mellitus eine gesunde Mischkost ausreichend sei, die aus der Regelleistung bestritten werden könne. Ob sich das SG gerade auch vor dem Hintergrund seines sachlich-rechtlichen Standpunkts zu eigenen Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, also ein wesentlicher Verfahrensmangel in Form eines Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) vorliegt (was durchaus nahe liegt), ist unbeachtlich, da der Beklagte das nicht gerügt hat. Ausdrücklich gerügt hat der Beklagte insoweit nur, das Urteil des SG sei nicht vollstreckbar, weil dessen Tenor keinen Ausspruch zur Höhe enthalte, womit er zugleich sinngemäß die Rüge erhoben hat, dass seine Verurteilung auch eine Entscheidung über die Höhe der zugesprochenen Leistung enthalten müsse, weil das Urteil sonst nicht ausführbar sei. Diese Rüge greift nicht durch. Der Beklagte verkennt, dass das SG hier – wie beantragt - auf das prozessuale Instrument des Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 1. Alt SGG) zurückgriffen hat, dessen Erlass auch möglich ist, wenn – so wie hier – nur über die Höhe der Leistung gestritten wird. Dieses Grundurteil ist ein "verkapptes Verpflichtungsbescheidungsurteil" und es legt –wenn auch nicht notwendig ausdrücklich - dem verurteilten Leistungsträger die Verpflichtung auf, zu seiner "Ausführung" einen Verwaltungsakt zu erlassen, mit dem die Leistung der Höhe nach festgestellt wird (BSG, Beschluss vom 06. August 1999 - B 4 RA 25/98 B, juris RdNr 22 = SozR 3-1500 § 199 Nr 1 Seite 7; vgl auch BSG, Urteil vom 30. September 2010 - B 10 EG 11/09 R, juris RdNr 36). Im konkreten Fall wird dem Beklagten insoweit schon deshalb nichts Unmögliches abverlangt, weil trotz fehlender Bezifferung der Höhe des Mehrbedarfs im klägerischen Antrag wie auch im Tenor der angefochtenen Entscheidung es keinem Zweifel unterliegen kann, dass es um die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung bei der Klägerin in der vor Beginn des streitigen Zeitraum zugrunde gelegten Höhe (nämlich 51,13 EUR monatlich) geht (vgl den - im Übrigen seitens der Beteiligten unwidersprochen gebliebenen - rechtlichen Hinweis im Schriftsatz des Berichterstatters vom 18. März 2011). Der Erlass eines Grundurteils setzt allerdings voraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach und - bei einem Grundurteil im Rahmen eines Höhenstreits – der Höhe nach so weit geklärt sind, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein höherer Leistungsanspruch angenommen werden kann (vgl zum Ganzen nur BSG, Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 10/06 R, juris = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 16 und Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R, juris = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, jeweils RdNr 15 sowie Keller in Meyer-Lade¬wig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, RdNr 2b ff zu § 130, jeweils mwN). Unter Zugrundelegung seines sachlich-rechtlichen Standpunkts durfte sich das SG zu dieser Annahme berechtigt sehen, was im Übrigen auch von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt wird. Das vom SG gefällte Grundurteil ist auch wegen des noch zu erlassenden Verwaltungsaktes über die Höhe der Grundsicherungsleistung im streitigen Zeitraum unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung durch Festsetzung eines Zwangsgeldes in entsprechender Anwendung des § 201 SGG vollstreckbar (vgl BSG, Beschluss vom 06. August 1999, B 4 RA 25/98 B, juris RdNr 15 = SozR 3-1500 § 199 Nr 1 Seite 3). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin war abzulehnen, denn die Klägerin besitzt (auch) für das Beschwerdeverfahren einen Anspruch auf vollständige Erstattung ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten gegen den Beklagten und ist insoweit nicht bedürftig iS des § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung.
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Das Urteil des SG ist mit der Ablehnung der Beschwerde rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
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