Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 7 SO 56/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 152/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für das durch Bescheid geltend gemachte Verlangen des Sozialhilfeträgers, der Hilfebedürftige möge vorhandenes Vermögen verwerten, ist eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich.
Bestandskräftig gewordene Bewilligungsbescheide über darlehensweise gewährte Sozialhilfeleistungen sind zugleich Rechtsgrundlage für den mit Bescheid geltend gemachten Rückzahlungsanspruch.
Einzelfall einer Grundstücksübertragung, die wegen Vereitelung des beabsichtigten Zugriffs des Sozialhilfeträgers gegen die guten Sitten verstößt.
Bestandskräftig gewordene Bewilligungsbescheide über darlehensweise gewährte Sozialhilfeleistungen sind zugleich Rechtsgrundlage für den mit Bescheid geltend gemachten Rückzahlungsanspruch.
Einzelfall einer Grundstücksübertragung, die wegen Vereitelung des beabsichtigten Zugriffs des Sozialhilfeträgers gegen die guten Sitten verstößt.
1. Der Bescheid vom 09.01.2003 in Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 14.09.2007 wird aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Beklagten, von der Klägerin den Verkauf eines Grundstückes zu verlangen bzw. den Wert des Grundstückes zu erstatten. Die 1969 geborene Klägerin ist geistig wesentlich behindert und ist in der Einrichtung "Die Lebensgemein e.V." in Z-Stadt untergebracht. Hierfür erbrachte und erbringt die Beklagte Leistungen der Grundsicherung und der Eingliederungshilfe nach dem BSHG bzw. SGB XII. Im Oktober 2001 wurde der Beklagten bekannt, dass die Klägerin durch Erbfall im Jahre 1993 Miteigentümerin zu einem Zwölftel eines Hausgrundstückes in A-Stadt, A-Straße mit einer Größe von 1059 m² geworden war. Der Wert wurde vom Bezirksamt Y-Stadt der Beklagten überschlägig auf 715.000 DM geschätzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme vom 26.09.2001 (Bl. 488 f BA) verwiesen. Nach einer späteren telefonischen Auskunft ergab sich für das Grundstück ein Wert von 310.000 EUR. Daraufhin gewährte das Bezirksamt X-Stadt der Beklagten mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 15.08.2002 (Bl. 490 BA), vom 23.10.2003 (Bl. 692 BA) und mit Bescheid vom 09.06.2005 (I, 23 BA) für den Zeitraum vom 15.08.2002 bis zum 31.08.2005 gemäß § 39 Abs. 3 i. V. m. § 40 Abs. 1 BSHG bzw. gemäß §§ 53 Abs. 1 i. V. m. 54 Abs. 2 SGB XII Leistungen der Sozialhilfe im Hinblick auf das Vermögen der Klägerin als Darlehen gemäß § 89 BSHG bzw. § 91 SGB XII.
Mit Schreiben vom 09.01.2003, welches an die Mutter und Betreuerin der Klägerin gerichtet war und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war und auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 587 BA) heißt es: "Ich muss Sie daher bitten, den Grundstücksanteil Ihrer Betreuten zu veräußern und den Erlös an das Bezirksamt X-Stadt zu überweisen. Sollte wegen hier nicht bekannten Umständen eine Veräußerung nicht möglich sein, äußern sie sich bitte zum 10.02.2003 unter Angabe der Hinderungsgründe schriftlich bei mir."
Dagegen legte die Mutter und Betreuerin der Klägerin am 10.02.2003 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde mit Schriftsatz der damaligen Bevollmächtigten vom 19.02.2003 ausgeführt, dass die Auszahlung eines Erlöses für den Grundstücksanteil der Klägerin nicht so ohne Weiteres geschehen könne. Ein Erlös ergebe sich daraus, dass die Mutter der Klägerin der Klägerin den Grundstücksanteil abkaufe. Hierzu sei ein notarieller Grundstücksübertragungsvertrag und Erbauseinandersetzungsvertrag notwendig. Dieser bedürfe, da er die Verfügung über ein Grundstücksteil umfasse, nach § 1821 BGB der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Solange diese Genehmigung nicht vorliege, könne ein entsprechender Vertrag nicht wirksam abgeschlossen werden und auch eine Auszahlung nicht erfolgen. Die Angelegenheit werde deshalb zunächst einmal mit dem zuständigen Vormundschaftsgericht zu klären sein. Nach Vorliegen der dortigen Genehmigung würde die Beklagte über den Sachstand informiert und auf ihr Schreiben vom 09.01.2003 zurückgekommen.
Nachdem die Beklagte unter dem 14.11.2003 nach dem Sachstand nachgefragt hatte, teilte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 21.11.2003 mit, dass sie bisher in Richtung Vormundschaftsgericht noch nichts unternommen habe, da die Beklagte auf das Schreiben vom 19.02.2003 bisher nicht reagiert habe. Nunmehr werde Kontakt mit dem Vormundschaftsgericht aufgenommen und die Sache dort vorgestellt. Grob gerechnet gehe sie davon aus, dass die Angelegenheit Mitte nächsten Jahres beim Vormundschaftsgericht abgeschlossen sein werde. Auf eine erneute Anfrage der Beklagten vom 15.09.2004 teilte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 24.09.2004 mit, dass derzeit mit dem zuständigen Vormundschaftsgericht noch eine Lösung der Angelegenheit gesucht werde. In ein bis zwei Monaten dürfte eine entsprechende Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vorliegen. Dann werde unaufgefordert auf die Sache zurückgekommen.
Bereits zuvor hatte die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 30.08.2004, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bd. I, 40 ff BA) - UR-Nr. 216/2004 der Notarin F.F. - ihren 1/12 Anteil an dem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück A-Straße in A-Stadt unentgeltlich auf ihre Mutter und Betreuerin übertragen. Dieser Vertrag war mit Beschluss des Amtsgerichts Lauterbach vom 03.09.2004 (XVII 166/98) vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden. Diese Sachverhalte teilte die Klägerin der Beklagten mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 17.06.2005 mit und verwies darauf, dass sie damit über kein Vermögen, welches das Schonvermögen übersteige, verfüge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch vom 06.02.2003 gegen den Bescheid vom 09.01.2003 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aus den Gesamtumständen der unentgeltlichen Vermögensübertragung sich ergebe, dass hier bewusst der Zweck verfolgt worden sei, den bereits angekündigten Zugriff auf den Vermögensgegenstand zu vereiteln.
Dagegen hat die Klägerin am 15.10.2007 Klage erhoben (S 7 SO 56/07).
Mit weiterem Bescheid vom 02.07.2008, gerichtet an die "Betreuerin Frau A." verlangte die Beklagte 26.250,- EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Rückzahlungsanspruch für den Zeitraum vom 15.08.2002 bis zum 31.08.2005 geltend gemacht werde. Mit Bescheid vom 09.01.2003 sei sie als Betreuerin und Mutter aufgefordert worden, den Miteigentumsanteil der Hilfeempfängerin am besagten Grundstück zu veräußern und für die Eingliederungshilfe zu verwenden. Das vorhandene Vermögen der Hilfeempfängerin sei mit notariellem Vertrag und vormundschaftlicher Genehmigung an sie als Mutter und Betreuerin verschenkt worden. Die Zahlungen in Höhe von 26.250,00 EUR sei bis zum 06.08.2008 an die Bezirkskasse X-Stadt auf ein angegebenes Konto zu richten.
Dagegen legte die Klägerin am 25.07.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Bescheid in sich nicht verständlich sei. Zum Einen mache die Beklagte einen sich aus dem Darlehensverhältnis ergebenden Rückzahlungsanspruch gegen die Klägerin geltend. Dann beziehe sich die Beklagte auf ihren Bescheid vom 09.01.2003. Durch die Bezugnahme auf den notariellen Vertrag und die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung hebe die Beklagte offensichtlich auf einen Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB ab, ohne dass indessen ein Anspruchsübergang bewirkt sei. Deshalb sei nicht klar, gegen wen sich der Bescheid vom 02.07.2008 eigentlich richten solle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bescheid vom 02.07.2008 dahingehend hinreichend gestimmt sei, dass die Klägerin zur Rückzahlung der ihr im Zeitraum vom 15.08.2002 bis zum 31.08.2005 gewährten Darlehensleistungen aufgefordert worden sei. Um die Verpflichtung zur Rückgewähr der Darlehensleistung zu begründen, sei durch den Sozialhilfeträger der entsprechende Rückforderungsbescheid erlassen worden.
Dagegen hat die Klägerin am 26.01.2009 Klage erhoben (S 7 SO 3/09).
Mit Beschluss vom 20.04.2009 hat das Gericht die beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Zur Begründung der Klagen wird vorgetragen, dass sozialhilferechtlich sicherlich kein durch Bescheid festsetzbarer Anspruch auf Veräußerung eines Grundstücksanteiles bestehe, darüber hinaus könne allein deshalb auch nicht durch Bescheid die Überweisung des Erlöses aus einer Veräußerung geltend gemacht werden. Da die Klägerin aus der Übertragung des Grundbesitzes keine weiteren Zahlungsansprüche erworben habe, sei sie auch nicht in der Lage, das zunächst von der Beklagten gewährte Darlehen zurückzuzahlen. Die Übertragung des 1/12 Miteigentumsanteils auf die Mutter stelle auch keine Schenkung im Sinne des § 516 BGB dar. Es gelte der subjektive Schenkungsbegriff, das heiße eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB setze voraus, dass zwischen den Parteien Einigkeit über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung bestehe. Eine solche Einigkeit habe zwischen den Parteien dieses Grundstücksgeschäftes nicht bestanden. Dies ergebe sich aus dem in der notariellen Urkunde in Bezug genommenen Schreiben vom 08.03.2004. Darin sei umfassend dargelegt, dass nach Eintritt des Erbfalles im Jahre 1993 die Mutter der Klägerin in erheblichem Umfange in die Immobillie investiert, sie unterhalten und die laufenden Kosten dafür getragen habe, an denen die Klägerin rechnerisch über den Zeitraum von rund 10 Jahren zu 1/12 hätte beteiligt werden müssen. Darüber hinaus habe die Mutter der Klägerin weitere Betreuungs- und Versorgungsleistungen für ihre Tochter erbracht, die über die bestehende Unterhaltspflicht hinaus gegangen seien. Selbst wenn die Mutter der Klägerin zu früherer Zeit noch nicht in Erwägung gezogen haben sollte, für ihre Dienstleistungen für die Klägerin ein Entgelt entgegenzunehmen, so bestehe gleichwohl die Möglichkeit, auch nachträglich noch eine Entgeltlichkeit dieser erbrachten Dienstleistungen zu vereinbaren. Damit stehe auch fest, dass die Übernahme des 1/12 Miteigentumsanteils der Klägerin durch deren Mutter nicht sittenwidrig gewesen sei und im Übrigen auch kein Rückforderungsanspruch wegen eingetretener Not nach § 528 BGB bestanden habe. Offensichtlich sei auch das beteiligte Vormundschaftsgericht bei seiner Genehmigung der Übertragung davon ausgegangen, dass keine Schenkung im Sinne des § 516 BGB vorliege. Im Ergebnis habe es also gar kein Vermögen gegeben, welches dem Zugriff des Sozialhilfeträgers entzogen worden sei, weil dem Anteil der Klägerin an den Nachlassimmobilien Aufwendungsersatzforderungen der miterbenden Mutter gegenüber gestanden hätten, die über den langen Zeitraum hinweg zu einer völligen Wertausfüllung des Anteils an der Immobilie geführt hätten. Im Übrigen habe der BGH festgestellt, dass ein behinderter Mensch, der im Sozialhilfebezug stehe, ohne Gefährdung seiner sozialhilferechtlichen Ansprüche eine Erbschaft ausschlagen dürfe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 09.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen,
dass der Bescheid vom 09.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 nichtig ist und den Bescheid des Beklagten vom 02.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte zunächst auf ihre Widerspruchsbescheide. Ergänzend wird ausgeführt, dass mit der Bitte um Veräußerung des Grundstücksanteils im Bescheid vom 09.01.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 sein Amt lediglich eine Handlungsmöglichkeit bezüglich der Verwertung des Vermögens der Klägerin aufgeführt habe. Weitere Verwertungsmöglichkeiten hinsichtlich dieses Vermögens seien vom Bescheid unberührt geblieben. Zwar sei die nachträgliche Vereinbarung der Entgeltlichkeit für erbrachte Leistungen aus Gründen der Dispositionsfreiheit grundsätzlich möglich. Aus Sicht der Beklagten liege hier eine solche nachträgliche Vereinbarung jedoch gerade nicht vor. Die Festlegung eines Entgelts stelle einen wesentlichen Vertragsinhalt dar. Aufgrund des Schutzzweckes des § 311 b BGB bedürften solche essentialia negotii der notariellen Beurkundung. Ausweislich des Schreibens vom 08.03.2004 habe die Mutter der Klägerin folgende Leistungen gegenüber der Klägerin erbracht: Betreuung in den Sommer-, Weihnachtsferien sowie an Besuchswochenenden; hierfür werde für die Tochter ein eigenes Zimmer im Haus vorgehalten, gemeinsame Urlaube und Ferienaufenthalte sowie Kleidung und Mobiliar. Aus Sicht der Beklagten handele es sich dabei um normale Leistungen innerhalb einer Familie, die nicht gesondert "entlohnt" würden (wie vorliegend mit der Übertragung eines Grundstücksanteils). Der abgeschlossene Vertrag sei sittenwidrig, weil die Übertragung des Vermögens einzig dem Zweck gedient habe, das bis dahin im Eigentum der Klägerin befindliche Vermögen dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen. Ohne jeglichen Nachweis nach über 10 Jahren pauschal Pflegekosten gegenüber der eigenen Tochter abzurechnen, deren Pflege eine Selbstverständlichkeit darstelle, erscheine schon in dieser Konstellation sittenwidrig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die einschlägige Behördenakte (7 Hefter), die Gegenstand der Beratung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG.
Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil - in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - begründet. Der Bescheid vom 09.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 SGG. Für das insoweit streitgegenständliche Verlangen der Beklagten, dem sie ausweislich der dem Schreiben vom 09.01.2003 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung verbindlichen Regelungscharakter beigemessen hat, so dass es sich unzweifelhaft um einen Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X) handelte, die Klägerin möge den in ihrem Eigentum stehenden 1/12 Grundstücksanteil veräußern und den Erlös an die Beklagten überweisen, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Auch der zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 bereits in Kraft getretene § 90 Abs. 1 SGB XII, wonach das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen ist, begründet keine Befugnis der Beklagten als zuständige Sozialhilfeträgerin, einem Hilfebedürftigen die Verwertung vorhandenen Vermögens aufzugeben. Ob vorhandenes Vermögen eingesetzt wird und gegebenenfalls über die Art des Einsatzes entscheidet grundsätzlich der Vermögensinhaber (vgl. Brühl/Geiger in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 90 Rn. 23). Wer sich weigert, einzusetzendes oder verwertbares Vermögen zur Beseitigung einer sozialhilferechtlichen Notlage einzusetzen, handelt folglich insoweit auf eigenes Risiko, als er sich jederzeit auf das Vorhandensein des Vermögensgegenstandes zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs verweisen lassen muss mit der Folge, dass ein Sozialhilfeanspruch gerade nicht besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1997 - NJW 1998, 1879 (1881)).
Der Bescheid vom 02.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2008 ist hingegen rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist. Rechtsgrundlage für den von der Beklagten geltend gemachten Rückzahlungsanspruch sind die bestandskräftig gewordenen Bescheide vom 15.08.2002, 23.10.2003 und 09.06.2005, mit denen die Beklagte der Klägerin darlehensweise Sozialhilfe gewährt hatte. Infolge der Bestandskraft dieser Bescheide steht zwischen den Beteiligten fest, dass die darlehensweise Gewährung der Hilfe durch Bescheid erfolgen durfte. In einem solchen Fall bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Beklagte die in den bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheiden bereits angelegte Rückzahlungs-pflicht der Klägerin, die ihren Rechtsgrund im entsprechend anwendbaren § 488 Abs. 1 BGB und hinsichtlich des Kündigungsrechts der Beklagten hier in § 490 Abs. 1 BGB hat, ebenfalls durch eine hoheitliche Maßnahme, nämlich durch Leistungsbescheid geltend macht (vgl. VGH AAQ., Urteil vom 24.07.1996 - 6 S 2522/95 - juris Rn. 24). Dass die Klägerin aus der Übertragung ihres Grundbesitzes keine weiteren Zahlungsansprüche erworben hat, wie sie vorträgt, steht der streitbefangenen Darlehensrückforderung durch die Beklagte nicht entgegen.
Ausweislich einer Zahlungsaufstellung der darlehensweise an die Klägerin geleistete Sozialhilfe erhielt die Klägerin im Jahr 2002 - ab August - insgesamt 6.078,19 EUR, so dass sich abzüglich einer Wohngelderstattung von 525,00 EUR ein Betrag von 5.553,19 EUR ergab. Im Jahre 2003 erhielt die Klägerin an Sozialhilfeleistungen 16.795,86 EUR, so dass sie abzüglich der Wohngelderstattung i. H. v. 1.260,00 EUR insgesamt 15.535,86 EUR erhielt. In den Monaten Januar bis April 2004 erhielt die Klägerin - bereits abzüglich anteiliger Wohngelderstattung - insgesamt 5.282,85 EUR an darlehensweiser Sozialhilfe. Daraus errechnet sich insgesamt ein Betrag von 26.371,90 EUR. In diesem Zeitraum - von August 2002 bis April 2004 - erhielt die Klägerin von einem geringen Mehrbetrag abgesehen darlehensweise die Sozialhilfeleistungen durch die Beklagte, die mit den streitbefangenen Bescheiden nunmehr zurückgefordert werden. In diesem Zeitraum von August 2002 bis April 2004 verfügte die Klägerin unstreitig über 1/12 Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück in A-Stadt, A-Straße, welches - bei einem Wert des gesamten Grundstückes vom 315.000,- EUR - einen Wert von 26.250,- EUR repräsentiert. Dieses Vermögen hat die Klägerin auch nicht durch die am 30.08.2004 notariell beurkundete Auflassung und eine auf dieser Grundlage vorgenommene Eintragung im Grundbuch verloren. Die Auflassung verstößt nämlich gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und ist daher nichtig. Ein Rechtsgeschäft verstößt insbesondere dann gegen die guten Sitten, wenn es nach seinem Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter in erster Linie darauf angelegt ist, Vermögens-verhältnisse zum Schaden des Sozialhilfeträgers und damit auf Kosten der Allgemeinheit zu regeln (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.1982 - NJW 1983, 1851 (1852); OVG Münster, Beschluss vom 30.12.1996 - NJW 1997, 2901 (2902) BayLSG, Urteil vom 14.02.2008 – L 11 SO 20/07 - juris). Zwar ist die Auflassung als Verfügungsgeschäft grundsätzlich wertneutral. Wegen der Geltung des Abstraktionsprinzips hat eine Sittenwidrigkeit des zu Grunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts nicht ohne weiteres die Sittenwidrigkeit des Erfüllungsgeschäfts zur Folge. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist aber anerkannt, wenn in der dinglichen Übereignung selbst die Sittenwidrigkeit liegt, weil gerade mit dem dinglichen Rechtsvorgang unsittliche Zwecke verfolgt werden (OVG Münster, Urteil vom 21.06.1988 - NJW 1989, 2834; Beschluss vom 30.12.1996 a.a.O., jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Übertragung des in Rede stehenden 1/12 Grundstücksanteils an dem Hausgrundstück A-Stadt , A-Straße von der Klägerin auf ihre Mutter und Betreuerin war sittenwidrig, weil aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen ist, dass dieses Rechtsgeschäft allein zu dem Zweck vorgenommen worden ist, den berechtigten Zugriff der Beklagten als Trägerin der Sozialhilfe auf diesen Anteil am Grundstück zu vereiteln. Dies ergibt sich bereits aus dem konkreten zeitlichen Ablauf der Geschehnisse, nachdem die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 09.01.2003 zu erkennen gegeben hatte, dass sie von der Klägerin die Verwertung des in ihrem Eigentum stehenden Grundstücksanteils verlangen würde. Diesem "Erwartungshorizont" der Beklagten hatte die Klägerin in ihrer Widerspruchsbegründung vom 19.02.2003 zunächst entsprochen, da dort dargelegt worden war, welche Schritte notwendig seien, damit ihre Mutter und Betreuerin ihr ihren Grundstücksanteil abkaufe. In der Folge hat die Klägerin die Beklagte vertröstet und hingehalten, bis die unentgeltliche Übertragung des 1/12 Grundstücksanteil notariell beurkundet und vormundschafts-gerichtlich genehmigt war. Mit dieser unentgeltlichen Übertragung begab sich die Klägerin - soweit ersichtlich und auch nach ihrem eigenen Vorbringen - ihres einzigen werthaltigen Vermögensgegenstandes. Zwar hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass Voraussetzung der Schenkung im Sinne des § 516 BGB unter anderem sei, das zwischen den Parteien Einigkeit über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung bestehe; diese habe zwischen den Vertragsparteien des Grundstücksgeschäftes nicht bestanden. Dagegen streitet schon der allgemeine Grundsatz, dass dann, wenn über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde aufgenommen worden ist, diese Urkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des beurkundeten Geschäftsinhaltes für sich hat (BGH, Urteil vom 05.02.1999 - NJW 1999, 1702 (1703); OLG Bamberg, Beschluss vom 21.03.2011 - 4 W 42/10 - juris). In der notariellen Urkunde vom 30.08.2004 wird die Übertragung als unentgeltlich beschrieben. Dies bedarf im vorliegenden Fall indessen keiner Entscheidung, weil auch dann, wenn man mit der Klägerin von der nachträglichen Vereinbarung zwischen ihr und ihrer Mutter und Betreuerin über die Entgeltlichkeit der in der Vergangenheit von der Mutter für die Klägerin freiwillig erbrachten Leistungen ausginge, sich im Ergebnis nichts ändern würde. Dabei ist auch für das erkennende Gericht nicht zweifelhaft, dass zwei Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich die Möglichkeit haben, für bereits erbrachte Leistungen nachträglich eine Entgeltlichkeit zu vereinbaren. Allerdings hat bereits der BGH in dem von der Klägerin herangezogenen Urteil vom 14.02.2007 (IV ZR 258/05 - juris Rn. 11) unter Bezugnahme auf ein Urteil des BFH (Urteil vom 10.02.1987 - NJW 1988, 3174) darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der nachträglichen Vereinbarung der Entgeltlichkeit Einschränkungen erfährt, wenn dieser nachträglichen Änderung auch Wirkungen im Verhältnis zu Dritten zukommt. Auch dies bedarf indessen keiner Vertiefung. Denn jedenfalls darf die vertragliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Mutter und Betreuerin über die nachträgliche Entgeltlichkeit nicht in Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung treten. Hier liegt jedoch auf der Hand - wie oben in anderem Zusammenhang dargelegt – dass diese Vereinbarung zuförderst den Zweck verfolgte, den berechtigten Zugriff der Beklagten als Trägerin der Sozialhilfe auf den im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücksanteil zu vereiteln, so dass diese Vereinbarung über die nachträgliche Entgeltlichkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Der Auffassung der Klägerin, hier liege ein vom Sozialhilfeträger zu tolerierender innerfamiliärer Lastenausgleich vor, der nicht von der Benachteiligungsabsicht zu Lasten der Beklagten bestimmt gewesen sei, vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Dagegen spricht bereits - wie oben dargelegt - die zeitliche Abfolge. Wer Arbeits- und Materialkosten aus den Jahren 1993 - 1995 im Jahre 2004 zum Gegenstand einer Vereinbarung über eine nachträgliche Entgeltlichkeit macht, hat keinen innerfamiliären Lastenausgleich vor Augen, sondern bezweckt den Entzug einzusetzenden Vermögens vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers.
Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus dem Urteil des BGH vom 19.01.2011 (IV ZR 7/10 – juris) herleiten. Dort stellt der BGH zwar dar, dass der von der "negativen Erbfreiheit", gemäß Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialhilfe-empfängers nicht sittenwidrig ist, betont aber zugleich, dass der Verzicht auf eine Erwerbsquelle nichts an der Verpflichtung ändert, vorhandenes Vermögen – über das hier die Klägerin verfügte – einzusetzen (BGH a.a.O. Rn. 31). Infolge der Nichtigkeit der Auflassung kann die Klägerin von ihrer Mutter nach den §§ 894, 985 BGB die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs und die Herausgabe ihres Miteigentumsanteils verlangen. Diesem Anspruch steht auch die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB nicht entgegen. Es ist anerkannt, dass die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB im Ergebnis nicht dazu führen darf, die Folgen eines nach § 138 BGB sittenwidrigen Rechtsgeschäfts durch Ausschluss der Rückabwicklung letztlich doch zu legalisieren (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 30.12.1996 a.a.O.; BGH, Urteil vom 10.11.2005 - NJW 2006, 45 (46) jeweils m.w.N.).
Damit verfügt die Klägerin nach wie vor über einzusetzendes Vermögen, welches wertmäßig den mit den streitbefangenen Bescheiden zurückgeforderten Darlehenssummen entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Beklagten, von der Klägerin den Verkauf eines Grundstückes zu verlangen bzw. den Wert des Grundstückes zu erstatten. Die 1969 geborene Klägerin ist geistig wesentlich behindert und ist in der Einrichtung "Die Lebensgemein e.V." in Z-Stadt untergebracht. Hierfür erbrachte und erbringt die Beklagte Leistungen der Grundsicherung und der Eingliederungshilfe nach dem BSHG bzw. SGB XII. Im Oktober 2001 wurde der Beklagten bekannt, dass die Klägerin durch Erbfall im Jahre 1993 Miteigentümerin zu einem Zwölftel eines Hausgrundstückes in A-Stadt, A-Straße mit einer Größe von 1059 m² geworden war. Der Wert wurde vom Bezirksamt Y-Stadt der Beklagten überschlägig auf 715.000 DM geschätzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme vom 26.09.2001 (Bl. 488 f BA) verwiesen. Nach einer späteren telefonischen Auskunft ergab sich für das Grundstück ein Wert von 310.000 EUR. Daraufhin gewährte das Bezirksamt X-Stadt der Beklagten mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 15.08.2002 (Bl. 490 BA), vom 23.10.2003 (Bl. 692 BA) und mit Bescheid vom 09.06.2005 (I, 23 BA) für den Zeitraum vom 15.08.2002 bis zum 31.08.2005 gemäß § 39 Abs. 3 i. V. m. § 40 Abs. 1 BSHG bzw. gemäß §§ 53 Abs. 1 i. V. m. 54 Abs. 2 SGB XII Leistungen der Sozialhilfe im Hinblick auf das Vermögen der Klägerin als Darlehen gemäß § 89 BSHG bzw. § 91 SGB XII.
Mit Schreiben vom 09.01.2003, welches an die Mutter und Betreuerin der Klägerin gerichtet war und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war und auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 587 BA) heißt es: "Ich muss Sie daher bitten, den Grundstücksanteil Ihrer Betreuten zu veräußern und den Erlös an das Bezirksamt X-Stadt zu überweisen. Sollte wegen hier nicht bekannten Umständen eine Veräußerung nicht möglich sein, äußern sie sich bitte zum 10.02.2003 unter Angabe der Hinderungsgründe schriftlich bei mir."
Dagegen legte die Mutter und Betreuerin der Klägerin am 10.02.2003 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde mit Schriftsatz der damaligen Bevollmächtigten vom 19.02.2003 ausgeführt, dass die Auszahlung eines Erlöses für den Grundstücksanteil der Klägerin nicht so ohne Weiteres geschehen könne. Ein Erlös ergebe sich daraus, dass die Mutter der Klägerin der Klägerin den Grundstücksanteil abkaufe. Hierzu sei ein notarieller Grundstücksübertragungsvertrag und Erbauseinandersetzungsvertrag notwendig. Dieser bedürfe, da er die Verfügung über ein Grundstücksteil umfasse, nach § 1821 BGB der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Solange diese Genehmigung nicht vorliege, könne ein entsprechender Vertrag nicht wirksam abgeschlossen werden und auch eine Auszahlung nicht erfolgen. Die Angelegenheit werde deshalb zunächst einmal mit dem zuständigen Vormundschaftsgericht zu klären sein. Nach Vorliegen der dortigen Genehmigung würde die Beklagte über den Sachstand informiert und auf ihr Schreiben vom 09.01.2003 zurückgekommen.
Nachdem die Beklagte unter dem 14.11.2003 nach dem Sachstand nachgefragt hatte, teilte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 21.11.2003 mit, dass sie bisher in Richtung Vormundschaftsgericht noch nichts unternommen habe, da die Beklagte auf das Schreiben vom 19.02.2003 bisher nicht reagiert habe. Nunmehr werde Kontakt mit dem Vormundschaftsgericht aufgenommen und die Sache dort vorgestellt. Grob gerechnet gehe sie davon aus, dass die Angelegenheit Mitte nächsten Jahres beim Vormundschaftsgericht abgeschlossen sein werde. Auf eine erneute Anfrage der Beklagten vom 15.09.2004 teilte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 24.09.2004 mit, dass derzeit mit dem zuständigen Vormundschaftsgericht noch eine Lösung der Angelegenheit gesucht werde. In ein bis zwei Monaten dürfte eine entsprechende Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vorliegen. Dann werde unaufgefordert auf die Sache zurückgekommen.
Bereits zuvor hatte die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 30.08.2004, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bd. I, 40 ff BA) - UR-Nr. 216/2004 der Notarin F.F. - ihren 1/12 Anteil an dem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück A-Straße in A-Stadt unentgeltlich auf ihre Mutter und Betreuerin übertragen. Dieser Vertrag war mit Beschluss des Amtsgerichts Lauterbach vom 03.09.2004 (XVII 166/98) vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden. Diese Sachverhalte teilte die Klägerin der Beklagten mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 17.06.2005 mit und verwies darauf, dass sie damit über kein Vermögen, welches das Schonvermögen übersteige, verfüge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch vom 06.02.2003 gegen den Bescheid vom 09.01.2003 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aus den Gesamtumständen der unentgeltlichen Vermögensübertragung sich ergebe, dass hier bewusst der Zweck verfolgt worden sei, den bereits angekündigten Zugriff auf den Vermögensgegenstand zu vereiteln.
Dagegen hat die Klägerin am 15.10.2007 Klage erhoben (S 7 SO 56/07).
Mit weiterem Bescheid vom 02.07.2008, gerichtet an die "Betreuerin Frau A." verlangte die Beklagte 26.250,- EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Rückzahlungsanspruch für den Zeitraum vom 15.08.2002 bis zum 31.08.2005 geltend gemacht werde. Mit Bescheid vom 09.01.2003 sei sie als Betreuerin und Mutter aufgefordert worden, den Miteigentumsanteil der Hilfeempfängerin am besagten Grundstück zu veräußern und für die Eingliederungshilfe zu verwenden. Das vorhandene Vermögen der Hilfeempfängerin sei mit notariellem Vertrag und vormundschaftlicher Genehmigung an sie als Mutter und Betreuerin verschenkt worden. Die Zahlungen in Höhe von 26.250,00 EUR sei bis zum 06.08.2008 an die Bezirkskasse X-Stadt auf ein angegebenes Konto zu richten.
Dagegen legte die Klägerin am 25.07.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Bescheid in sich nicht verständlich sei. Zum Einen mache die Beklagte einen sich aus dem Darlehensverhältnis ergebenden Rückzahlungsanspruch gegen die Klägerin geltend. Dann beziehe sich die Beklagte auf ihren Bescheid vom 09.01.2003. Durch die Bezugnahme auf den notariellen Vertrag und die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung hebe die Beklagte offensichtlich auf einen Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB ab, ohne dass indessen ein Anspruchsübergang bewirkt sei. Deshalb sei nicht klar, gegen wen sich der Bescheid vom 02.07.2008 eigentlich richten solle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bescheid vom 02.07.2008 dahingehend hinreichend gestimmt sei, dass die Klägerin zur Rückzahlung der ihr im Zeitraum vom 15.08.2002 bis zum 31.08.2005 gewährten Darlehensleistungen aufgefordert worden sei. Um die Verpflichtung zur Rückgewähr der Darlehensleistung zu begründen, sei durch den Sozialhilfeträger der entsprechende Rückforderungsbescheid erlassen worden.
Dagegen hat die Klägerin am 26.01.2009 Klage erhoben (S 7 SO 3/09).
Mit Beschluss vom 20.04.2009 hat das Gericht die beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Zur Begründung der Klagen wird vorgetragen, dass sozialhilferechtlich sicherlich kein durch Bescheid festsetzbarer Anspruch auf Veräußerung eines Grundstücksanteiles bestehe, darüber hinaus könne allein deshalb auch nicht durch Bescheid die Überweisung des Erlöses aus einer Veräußerung geltend gemacht werden. Da die Klägerin aus der Übertragung des Grundbesitzes keine weiteren Zahlungsansprüche erworben habe, sei sie auch nicht in der Lage, das zunächst von der Beklagten gewährte Darlehen zurückzuzahlen. Die Übertragung des 1/12 Miteigentumsanteils auf die Mutter stelle auch keine Schenkung im Sinne des § 516 BGB dar. Es gelte der subjektive Schenkungsbegriff, das heiße eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB setze voraus, dass zwischen den Parteien Einigkeit über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung bestehe. Eine solche Einigkeit habe zwischen den Parteien dieses Grundstücksgeschäftes nicht bestanden. Dies ergebe sich aus dem in der notariellen Urkunde in Bezug genommenen Schreiben vom 08.03.2004. Darin sei umfassend dargelegt, dass nach Eintritt des Erbfalles im Jahre 1993 die Mutter der Klägerin in erheblichem Umfange in die Immobillie investiert, sie unterhalten und die laufenden Kosten dafür getragen habe, an denen die Klägerin rechnerisch über den Zeitraum von rund 10 Jahren zu 1/12 hätte beteiligt werden müssen. Darüber hinaus habe die Mutter der Klägerin weitere Betreuungs- und Versorgungsleistungen für ihre Tochter erbracht, die über die bestehende Unterhaltspflicht hinaus gegangen seien. Selbst wenn die Mutter der Klägerin zu früherer Zeit noch nicht in Erwägung gezogen haben sollte, für ihre Dienstleistungen für die Klägerin ein Entgelt entgegenzunehmen, so bestehe gleichwohl die Möglichkeit, auch nachträglich noch eine Entgeltlichkeit dieser erbrachten Dienstleistungen zu vereinbaren. Damit stehe auch fest, dass die Übernahme des 1/12 Miteigentumsanteils der Klägerin durch deren Mutter nicht sittenwidrig gewesen sei und im Übrigen auch kein Rückforderungsanspruch wegen eingetretener Not nach § 528 BGB bestanden habe. Offensichtlich sei auch das beteiligte Vormundschaftsgericht bei seiner Genehmigung der Übertragung davon ausgegangen, dass keine Schenkung im Sinne des § 516 BGB vorliege. Im Ergebnis habe es also gar kein Vermögen gegeben, welches dem Zugriff des Sozialhilfeträgers entzogen worden sei, weil dem Anteil der Klägerin an den Nachlassimmobilien Aufwendungsersatzforderungen der miterbenden Mutter gegenüber gestanden hätten, die über den langen Zeitraum hinweg zu einer völligen Wertausfüllung des Anteils an der Immobilie geführt hätten. Im Übrigen habe der BGH festgestellt, dass ein behinderter Mensch, der im Sozialhilfebezug stehe, ohne Gefährdung seiner sozialhilferechtlichen Ansprüche eine Erbschaft ausschlagen dürfe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 09.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen,
dass der Bescheid vom 09.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 nichtig ist und den Bescheid des Beklagten vom 02.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte zunächst auf ihre Widerspruchsbescheide. Ergänzend wird ausgeführt, dass mit der Bitte um Veräußerung des Grundstücksanteils im Bescheid vom 09.01.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 sein Amt lediglich eine Handlungsmöglichkeit bezüglich der Verwertung des Vermögens der Klägerin aufgeführt habe. Weitere Verwertungsmöglichkeiten hinsichtlich dieses Vermögens seien vom Bescheid unberührt geblieben. Zwar sei die nachträgliche Vereinbarung der Entgeltlichkeit für erbrachte Leistungen aus Gründen der Dispositionsfreiheit grundsätzlich möglich. Aus Sicht der Beklagten liege hier eine solche nachträgliche Vereinbarung jedoch gerade nicht vor. Die Festlegung eines Entgelts stelle einen wesentlichen Vertragsinhalt dar. Aufgrund des Schutzzweckes des § 311 b BGB bedürften solche essentialia negotii der notariellen Beurkundung. Ausweislich des Schreibens vom 08.03.2004 habe die Mutter der Klägerin folgende Leistungen gegenüber der Klägerin erbracht: Betreuung in den Sommer-, Weihnachtsferien sowie an Besuchswochenenden; hierfür werde für die Tochter ein eigenes Zimmer im Haus vorgehalten, gemeinsame Urlaube und Ferienaufenthalte sowie Kleidung und Mobiliar. Aus Sicht der Beklagten handele es sich dabei um normale Leistungen innerhalb einer Familie, die nicht gesondert "entlohnt" würden (wie vorliegend mit der Übertragung eines Grundstücksanteils). Der abgeschlossene Vertrag sei sittenwidrig, weil die Übertragung des Vermögens einzig dem Zweck gedient habe, das bis dahin im Eigentum der Klägerin befindliche Vermögen dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen. Ohne jeglichen Nachweis nach über 10 Jahren pauschal Pflegekosten gegenüber der eigenen Tochter abzurechnen, deren Pflege eine Selbstverständlichkeit darstelle, erscheine schon in dieser Konstellation sittenwidrig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die einschlägige Behördenakte (7 Hefter), die Gegenstand der Beratung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG.
Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil - in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - begründet. Der Bescheid vom 09.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 SGG. Für das insoweit streitgegenständliche Verlangen der Beklagten, dem sie ausweislich der dem Schreiben vom 09.01.2003 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung verbindlichen Regelungscharakter beigemessen hat, so dass es sich unzweifelhaft um einen Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X) handelte, die Klägerin möge den in ihrem Eigentum stehenden 1/12 Grundstücksanteil veräußern und den Erlös an die Beklagten überweisen, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Auch der zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 bereits in Kraft getretene § 90 Abs. 1 SGB XII, wonach das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen ist, begründet keine Befugnis der Beklagten als zuständige Sozialhilfeträgerin, einem Hilfebedürftigen die Verwertung vorhandenen Vermögens aufzugeben. Ob vorhandenes Vermögen eingesetzt wird und gegebenenfalls über die Art des Einsatzes entscheidet grundsätzlich der Vermögensinhaber (vgl. Brühl/Geiger in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 90 Rn. 23). Wer sich weigert, einzusetzendes oder verwertbares Vermögen zur Beseitigung einer sozialhilferechtlichen Notlage einzusetzen, handelt folglich insoweit auf eigenes Risiko, als er sich jederzeit auf das Vorhandensein des Vermögensgegenstandes zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs verweisen lassen muss mit der Folge, dass ein Sozialhilfeanspruch gerade nicht besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1997 - NJW 1998, 1879 (1881)).
Der Bescheid vom 02.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2008 ist hingegen rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist. Rechtsgrundlage für den von der Beklagten geltend gemachten Rückzahlungsanspruch sind die bestandskräftig gewordenen Bescheide vom 15.08.2002, 23.10.2003 und 09.06.2005, mit denen die Beklagte der Klägerin darlehensweise Sozialhilfe gewährt hatte. Infolge der Bestandskraft dieser Bescheide steht zwischen den Beteiligten fest, dass die darlehensweise Gewährung der Hilfe durch Bescheid erfolgen durfte. In einem solchen Fall bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Beklagte die in den bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheiden bereits angelegte Rückzahlungs-pflicht der Klägerin, die ihren Rechtsgrund im entsprechend anwendbaren § 488 Abs. 1 BGB und hinsichtlich des Kündigungsrechts der Beklagten hier in § 490 Abs. 1 BGB hat, ebenfalls durch eine hoheitliche Maßnahme, nämlich durch Leistungsbescheid geltend macht (vgl. VGH AAQ., Urteil vom 24.07.1996 - 6 S 2522/95 - juris Rn. 24). Dass die Klägerin aus der Übertragung ihres Grundbesitzes keine weiteren Zahlungsansprüche erworben hat, wie sie vorträgt, steht der streitbefangenen Darlehensrückforderung durch die Beklagte nicht entgegen.
Ausweislich einer Zahlungsaufstellung der darlehensweise an die Klägerin geleistete Sozialhilfe erhielt die Klägerin im Jahr 2002 - ab August - insgesamt 6.078,19 EUR, so dass sich abzüglich einer Wohngelderstattung von 525,00 EUR ein Betrag von 5.553,19 EUR ergab. Im Jahre 2003 erhielt die Klägerin an Sozialhilfeleistungen 16.795,86 EUR, so dass sie abzüglich der Wohngelderstattung i. H. v. 1.260,00 EUR insgesamt 15.535,86 EUR erhielt. In den Monaten Januar bis April 2004 erhielt die Klägerin - bereits abzüglich anteiliger Wohngelderstattung - insgesamt 5.282,85 EUR an darlehensweiser Sozialhilfe. Daraus errechnet sich insgesamt ein Betrag von 26.371,90 EUR. In diesem Zeitraum - von August 2002 bis April 2004 - erhielt die Klägerin von einem geringen Mehrbetrag abgesehen darlehensweise die Sozialhilfeleistungen durch die Beklagte, die mit den streitbefangenen Bescheiden nunmehr zurückgefordert werden. In diesem Zeitraum von August 2002 bis April 2004 verfügte die Klägerin unstreitig über 1/12 Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück in A-Stadt, A-Straße, welches - bei einem Wert des gesamten Grundstückes vom 315.000,- EUR - einen Wert von 26.250,- EUR repräsentiert. Dieses Vermögen hat die Klägerin auch nicht durch die am 30.08.2004 notariell beurkundete Auflassung und eine auf dieser Grundlage vorgenommene Eintragung im Grundbuch verloren. Die Auflassung verstößt nämlich gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und ist daher nichtig. Ein Rechtsgeschäft verstößt insbesondere dann gegen die guten Sitten, wenn es nach seinem Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter in erster Linie darauf angelegt ist, Vermögens-verhältnisse zum Schaden des Sozialhilfeträgers und damit auf Kosten der Allgemeinheit zu regeln (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.1982 - NJW 1983, 1851 (1852); OVG Münster, Beschluss vom 30.12.1996 - NJW 1997, 2901 (2902) BayLSG, Urteil vom 14.02.2008 – L 11 SO 20/07 - juris). Zwar ist die Auflassung als Verfügungsgeschäft grundsätzlich wertneutral. Wegen der Geltung des Abstraktionsprinzips hat eine Sittenwidrigkeit des zu Grunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts nicht ohne weiteres die Sittenwidrigkeit des Erfüllungsgeschäfts zur Folge. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist aber anerkannt, wenn in der dinglichen Übereignung selbst die Sittenwidrigkeit liegt, weil gerade mit dem dinglichen Rechtsvorgang unsittliche Zwecke verfolgt werden (OVG Münster, Urteil vom 21.06.1988 - NJW 1989, 2834; Beschluss vom 30.12.1996 a.a.O., jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Übertragung des in Rede stehenden 1/12 Grundstücksanteils an dem Hausgrundstück A-Stadt , A-Straße von der Klägerin auf ihre Mutter und Betreuerin war sittenwidrig, weil aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen ist, dass dieses Rechtsgeschäft allein zu dem Zweck vorgenommen worden ist, den berechtigten Zugriff der Beklagten als Trägerin der Sozialhilfe auf diesen Anteil am Grundstück zu vereiteln. Dies ergibt sich bereits aus dem konkreten zeitlichen Ablauf der Geschehnisse, nachdem die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 09.01.2003 zu erkennen gegeben hatte, dass sie von der Klägerin die Verwertung des in ihrem Eigentum stehenden Grundstücksanteils verlangen würde. Diesem "Erwartungshorizont" der Beklagten hatte die Klägerin in ihrer Widerspruchsbegründung vom 19.02.2003 zunächst entsprochen, da dort dargelegt worden war, welche Schritte notwendig seien, damit ihre Mutter und Betreuerin ihr ihren Grundstücksanteil abkaufe. In der Folge hat die Klägerin die Beklagte vertröstet und hingehalten, bis die unentgeltliche Übertragung des 1/12 Grundstücksanteil notariell beurkundet und vormundschafts-gerichtlich genehmigt war. Mit dieser unentgeltlichen Übertragung begab sich die Klägerin - soweit ersichtlich und auch nach ihrem eigenen Vorbringen - ihres einzigen werthaltigen Vermögensgegenstandes. Zwar hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass Voraussetzung der Schenkung im Sinne des § 516 BGB unter anderem sei, das zwischen den Parteien Einigkeit über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung bestehe; diese habe zwischen den Vertragsparteien des Grundstücksgeschäftes nicht bestanden. Dagegen streitet schon der allgemeine Grundsatz, dass dann, wenn über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde aufgenommen worden ist, diese Urkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des beurkundeten Geschäftsinhaltes für sich hat (BGH, Urteil vom 05.02.1999 - NJW 1999, 1702 (1703); OLG Bamberg, Beschluss vom 21.03.2011 - 4 W 42/10 - juris). In der notariellen Urkunde vom 30.08.2004 wird die Übertragung als unentgeltlich beschrieben. Dies bedarf im vorliegenden Fall indessen keiner Entscheidung, weil auch dann, wenn man mit der Klägerin von der nachträglichen Vereinbarung zwischen ihr und ihrer Mutter und Betreuerin über die Entgeltlichkeit der in der Vergangenheit von der Mutter für die Klägerin freiwillig erbrachten Leistungen ausginge, sich im Ergebnis nichts ändern würde. Dabei ist auch für das erkennende Gericht nicht zweifelhaft, dass zwei Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich die Möglichkeit haben, für bereits erbrachte Leistungen nachträglich eine Entgeltlichkeit zu vereinbaren. Allerdings hat bereits der BGH in dem von der Klägerin herangezogenen Urteil vom 14.02.2007 (IV ZR 258/05 - juris Rn. 11) unter Bezugnahme auf ein Urteil des BFH (Urteil vom 10.02.1987 - NJW 1988, 3174) darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der nachträglichen Vereinbarung der Entgeltlichkeit Einschränkungen erfährt, wenn dieser nachträglichen Änderung auch Wirkungen im Verhältnis zu Dritten zukommt. Auch dies bedarf indessen keiner Vertiefung. Denn jedenfalls darf die vertragliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Mutter und Betreuerin über die nachträgliche Entgeltlichkeit nicht in Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung treten. Hier liegt jedoch auf der Hand - wie oben in anderem Zusammenhang dargelegt – dass diese Vereinbarung zuförderst den Zweck verfolgte, den berechtigten Zugriff der Beklagten als Trägerin der Sozialhilfe auf den im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücksanteil zu vereiteln, so dass diese Vereinbarung über die nachträgliche Entgeltlichkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Der Auffassung der Klägerin, hier liege ein vom Sozialhilfeträger zu tolerierender innerfamiliärer Lastenausgleich vor, der nicht von der Benachteiligungsabsicht zu Lasten der Beklagten bestimmt gewesen sei, vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Dagegen spricht bereits - wie oben dargelegt - die zeitliche Abfolge. Wer Arbeits- und Materialkosten aus den Jahren 1993 - 1995 im Jahre 2004 zum Gegenstand einer Vereinbarung über eine nachträgliche Entgeltlichkeit macht, hat keinen innerfamiliären Lastenausgleich vor Augen, sondern bezweckt den Entzug einzusetzenden Vermögens vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers.
Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus dem Urteil des BGH vom 19.01.2011 (IV ZR 7/10 – juris) herleiten. Dort stellt der BGH zwar dar, dass der von der "negativen Erbfreiheit", gemäß Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialhilfe-empfängers nicht sittenwidrig ist, betont aber zugleich, dass der Verzicht auf eine Erwerbsquelle nichts an der Verpflichtung ändert, vorhandenes Vermögen – über das hier die Klägerin verfügte – einzusetzen (BGH a.a.O. Rn. 31). Infolge der Nichtigkeit der Auflassung kann die Klägerin von ihrer Mutter nach den §§ 894, 985 BGB die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs und die Herausgabe ihres Miteigentumsanteils verlangen. Diesem Anspruch steht auch die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB nicht entgegen. Es ist anerkannt, dass die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB im Ergebnis nicht dazu führen darf, die Folgen eines nach § 138 BGB sittenwidrigen Rechtsgeschäfts durch Ausschluss der Rückabwicklung letztlich doch zu legalisieren (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 30.12.1996 a.a.O.; BGH, Urteil vom 10.11.2005 - NJW 2006, 45 (46) jeweils m.w.N.).
Damit verfügt die Klägerin nach wie vor über einzusetzendes Vermögen, welches wertmäßig den mit den streitbefangenen Bescheiden zurückgeforderten Darlehenssummen entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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