Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 53 AS 3410/10 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 83/11 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Im einstweiligen Rechtsschutz ist eine umfassende Folgenabwägung dann erforderlich, wenn ohne die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Rn. 24). Dies ist im konkreten Einzelfall zu prüfen. Diese Voraussetzung ist nicht schon dadurch erfüllt, dass existenzsichernde Leistungen im Eilverfahren geltend gemacht werden.
Ein Hausbesuch ist als Inaugenscheinnahme nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X ein grundsätzlich zulässiges Beweismittel. Beim pflichtgemäßen Ermessen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat die Behörde zu berücksichtigen, dass ein Hausbesuch in die grundrechtlich geschützte Privatspäre der Wohnung (Art. 13 GG) eingreift. Es gibt keine Verpflichtung, einen Hausbesuch zu dulden. Er ist nur mit Einwilligung des Betroffenen möglich. Wenn infolge einer Ablehnung eines Hausbesuchs trotz Amtsaufklärung ein Sachverhalt nicht festgestellt werden kannn, trägt der Beteiligte die Folgen der Nichterweislichkeit, der für diesen Sachverhalt die objektive Beweislast trägt.
Ein Hausbesuch ist als Inaugenscheinnahme nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X ein grundsätzlich zulässiges Beweismittel. Beim pflichtgemäßen Ermessen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat die Behörde zu berücksichtigen, dass ein Hausbesuch in die grundrechtlich geschützte Privatspäre der Wohnung (Art. 13 GG) eingreift. Es gibt keine Verpflichtung, einen Hausbesuch zu dulden. Er ist nur mit Einwilligung des Betroffenen möglich. Wenn infolge einer Ablehnung eines Hausbesuchs trotz Amtsaufklärung ein Sachverhalt nicht festgestellt werden kannn, trägt der Beteiligte die Folgen der Nichterweislichkeit, der für diesen Sachverhalt die objektive Beweislast trägt.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgericht München vom 12. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. A. P. beigeordnet.
Gründe:
I.
Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ob der Antragsgegner vorläufig verpflichtet ist, dem Antragsteller Arbeitslosengeld II zu gewähren oder ob die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers wegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht besteht.
Der 1951 geborene Antragsteller lebte nach eigenen Angaben zwischen 1991 und April 2005 zusammen mit Frau F. (geboren 1954) in einem Reihenhaus. Nach der Zwangsräumung aus diesem Haus lebten der Antragsteller, Frau F. und deren Tochter (geboren 1986) für etwa drei Monate in einer zugewiesenen Unterkunft. Anschließend zogen sie miteinander in eine Dreizimmerwohnung mit Küche von 71 qm Wohnfläche.
Am 18.04.2005 stellen diese drei Personen gemeinsam einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II. Dabei wurde angegeben, dass der Antragsteller und Frau F. in eheähnlicher Gemeinschaft leben. Für den Antragsteller und Frau F. wurde daraufhin gemeinsam Arbeitslosengeld II bewilligt. Die Erstausstattung der Wohnung wurde vom Antragsgegner übernommen. In den Fortzahlungsanträgen, zuletzt am 04.04.2006, wurde jeweils angegeben, dass sich die persönlichen Verhältnisse nicht geändert hätten. Zuletzt wurden Leistungen in Höhe des gesamten Bedarfs von 1043,50 Euro bewilligt (Bescheid vom 21.04.2006).
Am 17.07.2006 teilte Frau F. mit, dass sie einen Arbeitsplatz gefunden habe. Der Arbeitsvertrag wurde angefordert und die Leistungen wurden ab 01.08.2006 gesperrt. Am 04.08.2006 teilte der Antragsteller mit, dass er und Frau F. seit circa drei Monaten von Tisch und Bett getrennt seien. Er schlafe auf einer Matratze im Wohnzimmer. Das Wohnzimmer sei zugleich das Esszimmer, das tagsüber gemeinsam genutzt werde. Frau F. und ihre Tochter hätten jeweils ein eigenes Zimmer. Der Kleiderschrank werde hälftig von ihm und Frau F. genutzt. Es werde getrennt gewirtschaftet (Einkäufe getrennt, getrenntes Waschen). Nach dem vorgelegten Arbeitsvertrag verdient Frau F. monatlich 2.000,- Euro brutto plus den Arbeitgeberanteil auf die Sozialversicherung. Später wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 1.273,90 Euro mitgeteilt. Im Formblatt zur Überprüfung einer eheähnlichen Gemeinschaft teilte Frau F. mit, dass sie ihr Einkommen zunächst für den gemeinsamen Lebensunterhalt einsetze, bevor eigene Bedürfnisse bestritten würden.
Am 08.08.2006 erfolgte ein unangemeldeter Hausbesuch. Im Schlafzimmer hätten zwei Matratzen nebeneinander auf dem Boden gelegen. Die Nutzung des Kleiderschranks sei hälftig geteilt. Putzmittel, Waschmittel usw. seien nur in einfacher Ausführung vorhanden. Der Antragsteller habe mitgeteilt, mit einem Auszug aus der Wohnung noch abwarten zu wollen. In einem ergänzenden Schreiben teilte der Antragsteller mit, dass jeder seinen getrennten Weg gehe, es sich wegen der Raumverhältnisse aber nicht vermeiden lasse, dass gemeinsam Radio gehört, Fernsehen gesehen oder der Wäschetrockner gemeinsam genutzt werde. Die Matratzen hätten wegen Rückenübungen nebeneinander am Boden gelegen. Am 11.08.2006 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Vormerkung für eine öffentlich geförderte Wohnung. Dabei gab er, trotz der dafür im Antragsformular vorgesehenen neun Freizeilen, keinerlei Begründung für den Wohnungsantrag an. Im Oktober 2006 teilte er mit, er habe eine andere Wohnung in Aussicht.
Die bisherige Bewilligung wurde aufgehoben und eine Erstattung verfügt (Bescheid vom 12.09.2006, Bescheid vom 21.06.2007, Widerspruchsbescheid vom 03.07.2007). Dagegen wurde Klage erhoben (S 32 AS 1389/07). In diesem Klageverfahren wurde Frau F. am 12.04.2010 als Zeugin vernommen. Sie erklärte, dass das Verhältnis mit dem Antragsteller seit Mai 2006 zerrüttet sei. Das Verhältnis sei freundschaftlich, wobei jeder seiner Wege gehe. Sie habe für den Antragsteller Miete und Krankenversicherung bezahlt. Sie erwarte, dass der Antragsteller ihr das Geld zurückgebe, wenn er den Prozess gewinne. Wenn er nicht gewinne, habe sie Pech gehabt. Sie könne den Antragsteller nicht vor die Tür setzen. Die Klage wurde mit Urteil vom 12.04.2010 abgewiesen. Dagegen wurde Berufung eingelegt (L 7 AS 514/10).
Der Fortzahlungsantrag für die Zeit ab November 2006 wurde mit Bescheid vom 02.11.2006 (geändert mit Bescheid vom 15.02.2007) abgelehnt. Nach Bereinigung des laufenden Einkommens von Frau F. bestehe ein ungedeckter Bedarf von monatlich 49,60 Euro. Frau F. habe jedoch im November 2006 ein Weihnachtsgeld erhalten, das diesen Bedarf bis April 2007 decke. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2010 zurückgewiesen. Ob dagegen Klage erhoben wurde, ist den Akten nicht zu entnehmen.
Erst am 08.11.2010 wurde erneut ein Leistungsantrag gestellt. Der Antragsteller wohnt nach wie vor mit Frau F. in der vorgenannten Wohnung. Er sei völlig mittellos. Es bestehe keine eheähnliche Gemeinschaft. Er habe sich in den letzten drei Jahren für den Lebensunterhalt 20.000,- Euro von Bekannten geliehen. Die Miete werde von Frau F. bezahlt. Er erhalte von Frau F. monatlich 350,- Euro zum Leben. Am 19.06.2008 erwarb er von seinem Bruder ein Auto für 1200,- Euro.
Am 03.12.2010 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Es bestünden keinerlei Gemeinsamkeiten mehr mit Frau F. Eine eidesstattliche Erklärung des Antragstellers wurde vorgelegt, in der der gesamte Ablauf aus Sicht des Antragstellers dargelegt wurde. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Tochter von Frau F im Juli 2008 ausgezogen sei und Frau F. nach wie vor derselben Erwerbstätigkeit nachgehe. Er habe sich Mitte 2006 "in den folgenden Tagen und Wochen" erfolglos um eine eigene Wohnung bemüht. Weder sein Bruder noch Frau F. seien weiter bereit und in der Lage, ihn finanziell zu unterstützen; hierzu wurden zwei Erklärungen dieser Personen vorgelegt.
Mit Beschluss vom 12.01.2011 verpflichtete das Sozialgericht den Antragsgegner ab 03.12.2010 bis 31.05.2011 vorläufig monatlich 1 Cent zu gewähren. Es bestehe mit Ausnahme des Krankenversicherungsschutzes kein Anordnungsgrund. Die Mitbewohnerin zahle die Miete und monatlich 350,- Euro zum Leben. Dass die Mitbewohnerin den Antragsteller nunmehr nicht mehr unterstützen wolle, sei trotz der vorgelegten Erklärung nicht glaubhaft. Die unbefangene Erklärung des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin vom 11.11.2010 liege erst kurz zurück. Im übrigen bestreitet die Mitbewohnerin seit August 2006 den Lebensunterhalt des Antragstellers. Es fehle auch an einem Anordnungsgrund. Nach Überzeugung des Gerichts würden der Antragsteller und seine Mitbewohnerin in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben. Es fehle an einer räumlichen Trennung der Lebensbereiche in der Wohnung. Die Zeugenaussage der Mitbewohnerin am 12.04.2010 belege deren Willen, füreinander einzustehen. Es sei nicht glaubhaft, dass der Antragsteller sich bemüht habe, aus der Wohnung auszuziehen. Das Einkommen der Mitbewohnerin decke bei einer leicht gesunkenen Miete im wesentlichen den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft. Hinsichtlich der Krankenversicherung sei der Antrag dagegen begründet. Diese habe bisher der Bruder bezahlt; es sei unklar, ob er dies weiter tun werde.
Am 02.02.2011 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgericht München eingelegt. Da es um existenzsichernde Leistungen gehe, sei aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Abwägung geboten. Der Sachverhalt sei nicht eindeutig geklärt. Nach Möglichkeit solle die Tochter von Frau F. als Zeugin vernommen werden. Die Zuwendungen der Beteiligten erfolgten nicht freiwillig. Die Hilfebedürftigkeit entfalle dadurch nicht. Dem Antragsteller sei der Auszug aus der Wohnung unmöglich gemacht worden. Die Situation, auch die Wohnsituation, sei unerträglich. Der Antragsteller sei schwer krank. Zugleich wurde Prozesskostenhilfe beantragt.
Am 28.02.2011 und 01.03.2011 kam es zu erfolglosen Hausbesuchen. Am 02.03.2011 wurde der Antragsteller in seiner Wohnung angetroffen. Er verweigerte trotz eines Hinweises auf mögliche Folgen den Zutritt zu der Wohnung. Der Bevollmächtigte nahm dahingehend Stellung, dass keine Verpflichtung hierzu bestehe und Hausbesuche mit einer gewissen Regelmäßigkeit für Bertoffene ein negatives Ergebnis hätten. Gleichwohl habe der Antragsteller nichts zu verbergen, so dass ein nachfolgender Hausbesuch befürwortet werde. Neben dem Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt sei auch eine Partnerschaft als Voraussetzung nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II zu prüfen. Die Partnerschaft bestehe nach der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung nicht.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 12.01.2011 abzuändern und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Der Antraggegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht weitere Leistungen zu Recht abgelehnt hat.
Das Beschwerdegericht schließt sich gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG der Begründung des Sozialgerichts an und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend wird angemerkt, dass kein Anlass dafür besteht, eine Folgenabwägung entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (insbes. Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05) vorzunehmen. Eine derartige Folgenabwägung wäre erforderlich, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen sind (BVerfG a.a.O. Rn. 24). Diese Voraussetzung wird nicht schon dadurch erfüllt, dass existenzsichernde Leistungen im Eilverfahren geltend gemacht werden. Es ist vielmehr zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall ohne ein Einschreiten des Gerichts derartige schweren und unzumutbaren Rechtsfolgen entstehen können.
Dies ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Die Krankenversicherung hat bereits das Sozialgericht sichergestellt. Die Mitbewohnerin des Antragstellers bezahlt seit August 2006 - also seit viereinhalb Jahren - die Miete des Antragstellers und ein monatliches Handgeld von 350,- Euro. In der mündlichen Verhandlung hat sie am 12.04.2010 als Zeugin erklärt, den Kläger weiterhin zu unterstützen. Die im Eilverfahren vorgelegte gegenteilige Erklärung überzeugt auch das Beschwerdegericht nicht ansatzweise. Sie enthält keine Begründung für den angeblichen plötzlichen Sinneswandel und ist scheinbar nur zur Durchsetzung des einstweiligen Rechtsschutzes erstellt worden.
Weiter sind folgende Gesichtspunkte von Belang:
Der Antragsteller hat trotz der im Mai 2006 angeblich erfolgten Trennung von Frau F. und der als unzumutbar geschilderten Wohnsituation im gemeinsamen Wohnzimmer ohne Rückzugsmöglichkeit nach einer kurzzeitigen Wohnungssuche auf dem freien Markt keine nennenswerten Anstrengungen mehr unternommen, eine eigene Wohnung zu bekommen. Es kann keine Rede davon sein, dass die Antragsgegnerin den Wohnungswechsel unmöglich machte. Besonders ins Auge fällt, dass der Antragsteller im Sozialwohnungsantrag im dafür vorgesehenen Bereich keinerlei Begründung für eine Dringlichkeit des Umzugs angab. Es wäre zu dieser Zeit ein Leichtes gewesen, die angebliche Trennung und die Wohnsituation im gemeinsamen Wohnzimmer darzulegen. Dies hat der Antragsteller unterlassen. Auch wäre mittlerweile die ursprünglich genannte Wartezeit von eineinhalb Jahren mehrfach abgelaufen. Der Antragsteller zeigte offensichtlich kein Interesse mehr daran, eine andere Wohnung zu bekommen.
Es erstaunt das Berufungsgericht, dass der Antragsteller in der Zeit von April 2007 bis November 2011 keine ernsthaften Bemühungen für eine Weitergewährung von Arbeitslosengeld II zeigte. Im Bescheid vom 15.02.2007 ist deutlich ausgeführt, dass zumindest ein Leistungsanspruch von 49,60 Euro monatlich bestand, wenn die Anrechung des Weihnachtsgelds von Frau F. ausgelaufen ist. Das hätte auch die Krankenversicherung sichergestellt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb dieser Anspruch nicht geltend gemacht wurde, ggf. verbunden mit einer Mehrforderung unter Bestreiten der eheähnlichen Gemeinschaft. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht nachvollziehbar, wie der Antragsteller und seine Geldgeber auf den Gedanken verfallen, der Antragsteller könnte die geleisteten Zahlungen zurückerstatten.
Für die Bedürftigkeit des Antragstellers spricht auch nicht, dass er sich trotz Ablehnung der Leistung im Sommer 2008 ein Auto zulegte und dies auch laut Leistungsantrag vom November 2011 nach wie vor benutzt.
Der Wille der Mitbewohnerin, für den Antragsteller im Sinn von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II einzustehen zeigt sich auch darin, dass sie es nicht dabei bewenden ließ, den Antragsteller mit dem Nötigsten auszustatten. Sie gab ihm laut seiner Erklärung vom 11.11.2010 monatlich regelmäßig ca. 350,- Euro - deutlich mehr als das Nötigste. Das Beschwerdegericht betrachtet die Partnerschaft in § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II im Übrigen nicht als eigenständige Voraussetzung. In den Ziffern 1. bis 3. dieser Vorschrift wird definiert, wer "als Partner" einstandspflichtig ist.
Eine Zeugenvernehmung der Tochter von Frau F. hat das Beschwerdegericht nicht für erforderlich gehalten. Diese ist bereits im Juli 2008 ausgezogen. Die Zeugenaussage von Frau F. datiert dagegen vom 12.04.2010.
Zum Hausbesuch ist Folgendes anzumerken:
Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen und bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen (§ 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X). Der Hausbesuch ist als Inaugenscheinnahme ein nach § 21 Abs. 1 Satz 2 SGB X grundsätzlich zulässiges Beweismittel. Ob es eingesetzt wird, unterliegt nach § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X dem pflichtgemäßen Ermessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Hausbesuch in die grundrechtlich geschützte Privatsphäre der Wohnung eingreift (Art. 13 Abs. 1 GG).
Es gibt keine Verpflichtung, einen Hausbesuch zu dulden. Er ist nur mit Einwilligung des Betroffenen möglich. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X sollen die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen nach Satz 2 dieser Vorschrift insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben - darunter fällt ein Hausbesuch nicht. Nach Satz 3 besteht eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist. Aus §§ 60 ff SGB I und dem SGB II ergibt sich keine Pflicht (besser Obliegenheit), einen Hausbesuch zu dulden. Damit bleibt es bei dem allgemeinen Appell zur Mitwirkung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Ein Hausbesuch ist nur mit Einwilligung (vorherige Zustimmung) des Betroffenen möglich. Wenn infolge einer Ablehnung des Hausbesuchs ein Sachverhalt nicht festgestellt werden kann, trägt der Beteiligte die Folgen der Nichterweislichkeit, der für den Sachverhalt die objektive Beweislast trägt. Allein aus der Ablehnung eines Hausbesuchs lässt sich dagegen nichts folgern. (Vgl. zum Hausbesuch Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, Rn 14 ff vor § 56).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dem Antragsteller ist Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten ohne Ratenzahlung zu gewähren, weil er die Kosten des Rechtsstreits nicht selbst tragen kann und eine hinreichende Erfolgsaussicht bestand.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. A. P. beigeordnet.
Gründe:
I.
Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ob der Antragsgegner vorläufig verpflichtet ist, dem Antragsteller Arbeitslosengeld II zu gewähren oder ob die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers wegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht besteht.
Der 1951 geborene Antragsteller lebte nach eigenen Angaben zwischen 1991 und April 2005 zusammen mit Frau F. (geboren 1954) in einem Reihenhaus. Nach der Zwangsräumung aus diesem Haus lebten der Antragsteller, Frau F. und deren Tochter (geboren 1986) für etwa drei Monate in einer zugewiesenen Unterkunft. Anschließend zogen sie miteinander in eine Dreizimmerwohnung mit Küche von 71 qm Wohnfläche.
Am 18.04.2005 stellen diese drei Personen gemeinsam einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II. Dabei wurde angegeben, dass der Antragsteller und Frau F. in eheähnlicher Gemeinschaft leben. Für den Antragsteller und Frau F. wurde daraufhin gemeinsam Arbeitslosengeld II bewilligt. Die Erstausstattung der Wohnung wurde vom Antragsgegner übernommen. In den Fortzahlungsanträgen, zuletzt am 04.04.2006, wurde jeweils angegeben, dass sich die persönlichen Verhältnisse nicht geändert hätten. Zuletzt wurden Leistungen in Höhe des gesamten Bedarfs von 1043,50 Euro bewilligt (Bescheid vom 21.04.2006).
Am 17.07.2006 teilte Frau F. mit, dass sie einen Arbeitsplatz gefunden habe. Der Arbeitsvertrag wurde angefordert und die Leistungen wurden ab 01.08.2006 gesperrt. Am 04.08.2006 teilte der Antragsteller mit, dass er und Frau F. seit circa drei Monaten von Tisch und Bett getrennt seien. Er schlafe auf einer Matratze im Wohnzimmer. Das Wohnzimmer sei zugleich das Esszimmer, das tagsüber gemeinsam genutzt werde. Frau F. und ihre Tochter hätten jeweils ein eigenes Zimmer. Der Kleiderschrank werde hälftig von ihm und Frau F. genutzt. Es werde getrennt gewirtschaftet (Einkäufe getrennt, getrenntes Waschen). Nach dem vorgelegten Arbeitsvertrag verdient Frau F. monatlich 2.000,- Euro brutto plus den Arbeitgeberanteil auf die Sozialversicherung. Später wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 1.273,90 Euro mitgeteilt. Im Formblatt zur Überprüfung einer eheähnlichen Gemeinschaft teilte Frau F. mit, dass sie ihr Einkommen zunächst für den gemeinsamen Lebensunterhalt einsetze, bevor eigene Bedürfnisse bestritten würden.
Am 08.08.2006 erfolgte ein unangemeldeter Hausbesuch. Im Schlafzimmer hätten zwei Matratzen nebeneinander auf dem Boden gelegen. Die Nutzung des Kleiderschranks sei hälftig geteilt. Putzmittel, Waschmittel usw. seien nur in einfacher Ausführung vorhanden. Der Antragsteller habe mitgeteilt, mit einem Auszug aus der Wohnung noch abwarten zu wollen. In einem ergänzenden Schreiben teilte der Antragsteller mit, dass jeder seinen getrennten Weg gehe, es sich wegen der Raumverhältnisse aber nicht vermeiden lasse, dass gemeinsam Radio gehört, Fernsehen gesehen oder der Wäschetrockner gemeinsam genutzt werde. Die Matratzen hätten wegen Rückenübungen nebeneinander am Boden gelegen. Am 11.08.2006 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Vormerkung für eine öffentlich geförderte Wohnung. Dabei gab er, trotz der dafür im Antragsformular vorgesehenen neun Freizeilen, keinerlei Begründung für den Wohnungsantrag an. Im Oktober 2006 teilte er mit, er habe eine andere Wohnung in Aussicht.
Die bisherige Bewilligung wurde aufgehoben und eine Erstattung verfügt (Bescheid vom 12.09.2006, Bescheid vom 21.06.2007, Widerspruchsbescheid vom 03.07.2007). Dagegen wurde Klage erhoben (S 32 AS 1389/07). In diesem Klageverfahren wurde Frau F. am 12.04.2010 als Zeugin vernommen. Sie erklärte, dass das Verhältnis mit dem Antragsteller seit Mai 2006 zerrüttet sei. Das Verhältnis sei freundschaftlich, wobei jeder seiner Wege gehe. Sie habe für den Antragsteller Miete und Krankenversicherung bezahlt. Sie erwarte, dass der Antragsteller ihr das Geld zurückgebe, wenn er den Prozess gewinne. Wenn er nicht gewinne, habe sie Pech gehabt. Sie könne den Antragsteller nicht vor die Tür setzen. Die Klage wurde mit Urteil vom 12.04.2010 abgewiesen. Dagegen wurde Berufung eingelegt (L 7 AS 514/10).
Der Fortzahlungsantrag für die Zeit ab November 2006 wurde mit Bescheid vom 02.11.2006 (geändert mit Bescheid vom 15.02.2007) abgelehnt. Nach Bereinigung des laufenden Einkommens von Frau F. bestehe ein ungedeckter Bedarf von monatlich 49,60 Euro. Frau F. habe jedoch im November 2006 ein Weihnachtsgeld erhalten, das diesen Bedarf bis April 2007 decke. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2010 zurückgewiesen. Ob dagegen Klage erhoben wurde, ist den Akten nicht zu entnehmen.
Erst am 08.11.2010 wurde erneut ein Leistungsantrag gestellt. Der Antragsteller wohnt nach wie vor mit Frau F. in der vorgenannten Wohnung. Er sei völlig mittellos. Es bestehe keine eheähnliche Gemeinschaft. Er habe sich in den letzten drei Jahren für den Lebensunterhalt 20.000,- Euro von Bekannten geliehen. Die Miete werde von Frau F. bezahlt. Er erhalte von Frau F. monatlich 350,- Euro zum Leben. Am 19.06.2008 erwarb er von seinem Bruder ein Auto für 1200,- Euro.
Am 03.12.2010 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Es bestünden keinerlei Gemeinsamkeiten mehr mit Frau F. Eine eidesstattliche Erklärung des Antragstellers wurde vorgelegt, in der der gesamte Ablauf aus Sicht des Antragstellers dargelegt wurde. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Tochter von Frau F im Juli 2008 ausgezogen sei und Frau F. nach wie vor derselben Erwerbstätigkeit nachgehe. Er habe sich Mitte 2006 "in den folgenden Tagen und Wochen" erfolglos um eine eigene Wohnung bemüht. Weder sein Bruder noch Frau F. seien weiter bereit und in der Lage, ihn finanziell zu unterstützen; hierzu wurden zwei Erklärungen dieser Personen vorgelegt.
Mit Beschluss vom 12.01.2011 verpflichtete das Sozialgericht den Antragsgegner ab 03.12.2010 bis 31.05.2011 vorläufig monatlich 1 Cent zu gewähren. Es bestehe mit Ausnahme des Krankenversicherungsschutzes kein Anordnungsgrund. Die Mitbewohnerin zahle die Miete und monatlich 350,- Euro zum Leben. Dass die Mitbewohnerin den Antragsteller nunmehr nicht mehr unterstützen wolle, sei trotz der vorgelegten Erklärung nicht glaubhaft. Die unbefangene Erklärung des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin vom 11.11.2010 liege erst kurz zurück. Im übrigen bestreitet die Mitbewohnerin seit August 2006 den Lebensunterhalt des Antragstellers. Es fehle auch an einem Anordnungsgrund. Nach Überzeugung des Gerichts würden der Antragsteller und seine Mitbewohnerin in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben. Es fehle an einer räumlichen Trennung der Lebensbereiche in der Wohnung. Die Zeugenaussage der Mitbewohnerin am 12.04.2010 belege deren Willen, füreinander einzustehen. Es sei nicht glaubhaft, dass der Antragsteller sich bemüht habe, aus der Wohnung auszuziehen. Das Einkommen der Mitbewohnerin decke bei einer leicht gesunkenen Miete im wesentlichen den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft. Hinsichtlich der Krankenversicherung sei der Antrag dagegen begründet. Diese habe bisher der Bruder bezahlt; es sei unklar, ob er dies weiter tun werde.
Am 02.02.2011 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgericht München eingelegt. Da es um existenzsichernde Leistungen gehe, sei aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Abwägung geboten. Der Sachverhalt sei nicht eindeutig geklärt. Nach Möglichkeit solle die Tochter von Frau F. als Zeugin vernommen werden. Die Zuwendungen der Beteiligten erfolgten nicht freiwillig. Die Hilfebedürftigkeit entfalle dadurch nicht. Dem Antragsteller sei der Auszug aus der Wohnung unmöglich gemacht worden. Die Situation, auch die Wohnsituation, sei unerträglich. Der Antragsteller sei schwer krank. Zugleich wurde Prozesskostenhilfe beantragt.
Am 28.02.2011 und 01.03.2011 kam es zu erfolglosen Hausbesuchen. Am 02.03.2011 wurde der Antragsteller in seiner Wohnung angetroffen. Er verweigerte trotz eines Hinweises auf mögliche Folgen den Zutritt zu der Wohnung. Der Bevollmächtigte nahm dahingehend Stellung, dass keine Verpflichtung hierzu bestehe und Hausbesuche mit einer gewissen Regelmäßigkeit für Bertoffene ein negatives Ergebnis hätten. Gleichwohl habe der Antragsteller nichts zu verbergen, so dass ein nachfolgender Hausbesuch befürwortet werde. Neben dem Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt sei auch eine Partnerschaft als Voraussetzung nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II zu prüfen. Die Partnerschaft bestehe nach der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung nicht.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 12.01.2011 abzuändern und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Der Antraggegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht weitere Leistungen zu Recht abgelehnt hat.
Das Beschwerdegericht schließt sich gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG der Begründung des Sozialgerichts an und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend wird angemerkt, dass kein Anlass dafür besteht, eine Folgenabwägung entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (insbes. Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05) vorzunehmen. Eine derartige Folgenabwägung wäre erforderlich, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen sind (BVerfG a.a.O. Rn. 24). Diese Voraussetzung wird nicht schon dadurch erfüllt, dass existenzsichernde Leistungen im Eilverfahren geltend gemacht werden. Es ist vielmehr zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall ohne ein Einschreiten des Gerichts derartige schweren und unzumutbaren Rechtsfolgen entstehen können.
Dies ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Die Krankenversicherung hat bereits das Sozialgericht sichergestellt. Die Mitbewohnerin des Antragstellers bezahlt seit August 2006 - also seit viereinhalb Jahren - die Miete des Antragstellers und ein monatliches Handgeld von 350,- Euro. In der mündlichen Verhandlung hat sie am 12.04.2010 als Zeugin erklärt, den Kläger weiterhin zu unterstützen. Die im Eilverfahren vorgelegte gegenteilige Erklärung überzeugt auch das Beschwerdegericht nicht ansatzweise. Sie enthält keine Begründung für den angeblichen plötzlichen Sinneswandel und ist scheinbar nur zur Durchsetzung des einstweiligen Rechtsschutzes erstellt worden.
Weiter sind folgende Gesichtspunkte von Belang:
Der Antragsteller hat trotz der im Mai 2006 angeblich erfolgten Trennung von Frau F. und der als unzumutbar geschilderten Wohnsituation im gemeinsamen Wohnzimmer ohne Rückzugsmöglichkeit nach einer kurzzeitigen Wohnungssuche auf dem freien Markt keine nennenswerten Anstrengungen mehr unternommen, eine eigene Wohnung zu bekommen. Es kann keine Rede davon sein, dass die Antragsgegnerin den Wohnungswechsel unmöglich machte. Besonders ins Auge fällt, dass der Antragsteller im Sozialwohnungsantrag im dafür vorgesehenen Bereich keinerlei Begründung für eine Dringlichkeit des Umzugs angab. Es wäre zu dieser Zeit ein Leichtes gewesen, die angebliche Trennung und die Wohnsituation im gemeinsamen Wohnzimmer darzulegen. Dies hat der Antragsteller unterlassen. Auch wäre mittlerweile die ursprünglich genannte Wartezeit von eineinhalb Jahren mehrfach abgelaufen. Der Antragsteller zeigte offensichtlich kein Interesse mehr daran, eine andere Wohnung zu bekommen.
Es erstaunt das Berufungsgericht, dass der Antragsteller in der Zeit von April 2007 bis November 2011 keine ernsthaften Bemühungen für eine Weitergewährung von Arbeitslosengeld II zeigte. Im Bescheid vom 15.02.2007 ist deutlich ausgeführt, dass zumindest ein Leistungsanspruch von 49,60 Euro monatlich bestand, wenn die Anrechung des Weihnachtsgelds von Frau F. ausgelaufen ist. Das hätte auch die Krankenversicherung sichergestellt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb dieser Anspruch nicht geltend gemacht wurde, ggf. verbunden mit einer Mehrforderung unter Bestreiten der eheähnlichen Gemeinschaft. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht nachvollziehbar, wie der Antragsteller und seine Geldgeber auf den Gedanken verfallen, der Antragsteller könnte die geleisteten Zahlungen zurückerstatten.
Für die Bedürftigkeit des Antragstellers spricht auch nicht, dass er sich trotz Ablehnung der Leistung im Sommer 2008 ein Auto zulegte und dies auch laut Leistungsantrag vom November 2011 nach wie vor benutzt.
Der Wille der Mitbewohnerin, für den Antragsteller im Sinn von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II einzustehen zeigt sich auch darin, dass sie es nicht dabei bewenden ließ, den Antragsteller mit dem Nötigsten auszustatten. Sie gab ihm laut seiner Erklärung vom 11.11.2010 monatlich regelmäßig ca. 350,- Euro - deutlich mehr als das Nötigste. Das Beschwerdegericht betrachtet die Partnerschaft in § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II im Übrigen nicht als eigenständige Voraussetzung. In den Ziffern 1. bis 3. dieser Vorschrift wird definiert, wer "als Partner" einstandspflichtig ist.
Eine Zeugenvernehmung der Tochter von Frau F. hat das Beschwerdegericht nicht für erforderlich gehalten. Diese ist bereits im Juli 2008 ausgezogen. Die Zeugenaussage von Frau F. datiert dagegen vom 12.04.2010.
Zum Hausbesuch ist Folgendes anzumerken:
Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen und bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen (§ 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X). Der Hausbesuch ist als Inaugenscheinnahme ein nach § 21 Abs. 1 Satz 2 SGB X grundsätzlich zulässiges Beweismittel. Ob es eingesetzt wird, unterliegt nach § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X dem pflichtgemäßen Ermessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Hausbesuch in die grundrechtlich geschützte Privatsphäre der Wohnung eingreift (Art. 13 Abs. 1 GG).
Es gibt keine Verpflichtung, einen Hausbesuch zu dulden. Er ist nur mit Einwilligung des Betroffenen möglich. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X sollen die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen nach Satz 2 dieser Vorschrift insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben - darunter fällt ein Hausbesuch nicht. Nach Satz 3 besteht eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist. Aus §§ 60 ff SGB I und dem SGB II ergibt sich keine Pflicht (besser Obliegenheit), einen Hausbesuch zu dulden. Damit bleibt es bei dem allgemeinen Appell zur Mitwirkung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Ein Hausbesuch ist nur mit Einwilligung (vorherige Zustimmung) des Betroffenen möglich. Wenn infolge einer Ablehnung des Hausbesuchs ein Sachverhalt nicht festgestellt werden kann, trägt der Beteiligte die Folgen der Nichterweislichkeit, der für den Sachverhalt die objektive Beweislast trägt. Allein aus der Ablehnung eines Hausbesuchs lässt sich dagegen nichts folgern. (Vgl. zum Hausbesuch Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, Rn 14 ff vor § 56).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dem Antragsteller ist Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten ohne Ratenzahlung zu gewähren, weil er die Kosten des Rechtsstreits nicht selbst tragen kann und eine hinreichende Erfolgsaussicht bestand.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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