Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 826/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3083/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine entgegen § 13 Abs. 4 ALB erfolgte Abtretung einer Lebensversicherung ist bis zur schriftlichen Anzeige absolut unwirksam, so dass die Unwirksamkeit der Verfügung von jedermann geltend gemacht werden kann.
Ein Verwertungshindernis besteht auch dann nicht, wenn zwar eine Verpflichtung zur Abtretung besteht, aber eine dieser Pflicht zuwiderlaufende Verwertung kein Kündigungsrecht begründet.
Ein Verwertungshindernis besteht auch dann nicht, wenn zwar eine Verpflichtung zur Abtretung besteht, aber eine dieser Pflicht zuwiderlaufende Verwertung kein Kündigungsrecht begründet.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum April 2008 bis Juni 2008 streitig.
Der 1979 geborene Kläger beantragte erstmalig am 3. März 2005 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 30. März 2005 lehnte der Beklagte den Antrag ab, nachdem das zu berücksichtigende Vermögen des Klägers die Grundfreibeträge übersteige. Dabei berücksichtigte der Beklagte u.a. die Lebensversicherung Nr. bei der V.P.V. Lebensversicherungs-AG (V.P.V.), die zum Zeitpunkt 1. April 2005 ein Rückkaufswert von 5.008,70 EUR aufwies. Der Widerspruch des Klägers hiergegen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2005 zurückgewiesen.
Am 10. April 2008 beantragte der Kläger neuerlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zu diesem Zeitpunkt lebte er ausweislich der Angaben in den Antragsunterlagen mietfrei bei seinen Eltern. In der Anlage VM zur Feststellung der Vermögensverhältnisse gab der Kläger u.a. an, über Geldanlagen bei der Volksbank H. in Höhe von 590,43 EUR und bei der D. Bank in Höhe von 101,33 EUR zu verfügen. Desweiteren gab er ein Sparbuch bei der D. Bank in Höhe 60,94 EUR an. Auf Nachfrage des Beklagten nach der Lebensversicherung bei der V.P.V. legte der Kläger eine Abtretungsvereinbarung zwischen ihm und Herrn W. M., seinem Vater, vor. Gegenstand der mit 7. Oktober 2005 datierten Vereinbarung, in welcher der Kläger als Sicherungsgeber bezeichnet wird, ist ein Sicherungsvertrag bezüglich eines in Höhe von 20.000 EUR seitens des Vaters des Klägers gewährten Darlehens mit folgendem Wortlaut:
"Der Sicherungsgeber tritt folgende Sicherheit ab:
Lebensversicherung Nr. bei der Postversicherung St. in allen Rechten, zur Tilgung des Darlehen, an den Sicherungsnehmer ab."
Ausweislich eines vom Kläger vorgelegten Schreibens der V.P.V. vom 22. April 2008 betrug der Rückkaufswert der Lebensversicherung zum 1. Mai 2008 8.298,42 EUR. Zum 1. Juli 2008 nahm der Kläger eine zunächst bis 31. Dezember 2009 befristete Tätigkeit bei der M. Aktiengesellschaft in F. a ...M. auf, die ausweislich des Arbeitsvertrags vom 13. Mai 2008 monatlich mit 3.500 EUR brutto vergütet wird.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2008 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab; mangels Anzeige einer Abtretung der Lebensversicherung sei diese bei der Vermögensberechnung zu berücksichtigen und bestehe keine Hilfebedürftigkeit. Den unter dem 9. Juli 2008 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass eine Abtretung der Lebensversicherung nicht offengelegt oder angezeigt werden müsse. Der Kläger legte weiterhin einen zwischen ihm und seinem Vater geschlossenen Darlehensvertrag, gleichfalls mit Datum 7. Oktober 2005, vor, wonach ihm sein Vater ein Darlehen in Höhe von insgesamt 20.000 EUR in monatlichen Raten von 800 EUR zur Finanzierung seines Studiums zur Verfügung gestellt habe. Die Tilgung solle ab dem 2. Monat der Festanstellung in monatlichen Raten von 500 EUR zum Monatsersten erfolgen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Abtretung der Lebensversicherung an den Vater unwirksam sei, da sie gegenüber dem Versicherer nicht angezeigt worden sei. Gemäß § 13 Abs. 4 der allgemeinen Bedingungen für kapitalbildende Lebensversicherungen (ALB) sei aber eine Abtretung oder Verpfändung nur und erst dann wirksam, wenn sie dem Versicherer vom bisherigen Berechtigten schriftlich angezeigt worden sei. Die Lebensversicherung befinde sich somit weiterhin im Eigentum des Klägers und sei als dessen Vermögen zu berücksichtigen.
Am 26. Februar 2009 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. § 13 Abs. 4 ALB stelle eine Ausformung von § 409 BGB dar. Es handele sich nicht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung. Die Anzeige an den Versicherungsnehmer berühre den wirksam geschlossenen Abtretungsvertrag nicht. Die Abtretung sei deshalb erfolgt, weil der Kläger, der zunächst in Nürtingen studiert habe und weiterhin zu Hause wohnen konnte, für seinen Masterabschluss sein Studium in M. habe fortsetzen müssen. Deshalb habe der Vater des Klägers diesem monatlich 800 EUR bezahlt; aus diesem Grund sei dann auch die Abtretung der Lebensversicherung erfolgt. Eine generelle Bestimmung durch den Versicherer, wonach eine Abtretung unwirksam sei, würde gegen Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoßen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 1. Juni 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es fehle vorliegend an der Hilfebedürftigkeit des Klägers, da er im Zeitpunkt der Antragstellung über vorrangig zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einzusetzendes Vermögen in Gestalt der Lebensversicherung bei der V.P.V. verfügt habe. Ein Ausschluss nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II komme nicht in Betracht. Auch scheide eine Berücksichtigung des Rückkaufswerts der Lebensversicherung nicht deshalb aus, weil der Kläger am 7. Oktober 2005 mit seinem Vater eine Abtretungsvereinbarung geschlossen habe. Diese sei nicht wirksam. Eine schriftliche Anzeige der Abtretungsvereinbarung gemäß § 13 Abs. 4 ALB sei unstrittig nicht erfolgt; bei dieser Regelung handele sich um ein vertraglich vereinbartes absolutes Abtretungsverbot im Sinne von § 399 BGB. Bereits in seiner Entscheidung vom 23. April 1997 (Az. XII ZR 20/95) habe der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass die Abtretung einer Versicherungsforderung absolut unwirksam sei, solange sie dem Versicherer nicht vom Berechtigten angezeigt werde. Mit Urteil vom 10. Februar 1999 (Az. IV ZR 324/97) habe sich der 4. Zivilsenat des BGH dieser Auffassung angeschlossen. Die Rechtsauffassung, dass es sich bei der Regelung des § 13 Abs. 4 ALB um ein vertraglich vereinbartes absolutes Abtretungsverbot handele, hätten sich auch die unterinstanzlichen Zivilgerichte sowie große Teile der Literatur zu eigen gemacht. Eine solche absolute Unwirksamkeit verstoße auch nicht gegen Art. 14 GG. Insbesondere sei es dem Versicherungsnehmer unbenommen, die Verkehrsfähigkeit durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen in Form der Abtretungsanzeige an den Versicherer herzustellen, ohne dass dieser der Abtretung entgegenwirken könne. Zusammen mit den weiteren Bargeldbeständen habe der Kläger damit im Zeitpunkt der Antragstellung über ein Vermögen in Höhe von 9.874,61 EUR verfügt. Unter Berücksichtigung eines Schonvermögens in Höhe von 4.950,00 EUR habe der Kläger folglich im Zeitpunkt der Antragstellung über ein vorrangig zu verwertendes Vermögen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II in Höhe von 4.924,61 EUR verfügt. Dies habe ausgereicht, damit der Kläger seinen Lebensunterhalt im Zeitraum vom 10. April 2008 bis 30. Juni 2008 decken konnte.
Die am 2. Juli 2010 eingelegte Berufung des Klägers wird im Wesentlichen auf das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren gestützt. Ergänzend wird zur Motivation der Darlehensgewährung vorgetragen, dass sich der Kläger nach Abschluss seines Ingenieursstudium entschlossen habe, in M. noch den Mastergrad zu erlangen. Diese weitere Ausbildung habe der Vater des Klägers nur mehr darlehensweise bezuschussen wollen und sich zur Sicherheit die Lebensversicherung abtreten lassen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 01. Juni 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 02. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2008 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 10. April 2008 bis 30. Juni 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakte des SG (S 17 AS 826/09) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AS 3083/10), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2011 geworden sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Senat schließt sich den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheid vom 01. Juni 2010 an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend wird noch auf folgendes hingewiesen:
Die Auslegung der Klausel in § 13 Abs. 4 ALB - die, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, Gegenstand des Vertragsschlusses über den hier zu beurteilenden Versicherungsvertrag wurde - dahingehend, dass die Abtretung absolut unwirksam ist, solange der Berechtigte sie dem Versicherer nicht schriftlich angezeigt hat, entspricht gefestigter Rechtsprechung des BGH (zuletzt BGH vom 10.02.1999, IV ZR 324/97 = NJW 1999, 1633 ff. - juris Rdnr. 17 m.w.N.). Dies führt dazu, dass die Unwirksamkeit der Verfügung nicht nur vom Schuldner, sondern von jedermann geltend gemacht werden kann; die Forderung verbleibt damit im Vermögen des Zedenten, hier des Klägers (vgl. Urteil des BGH vom 03.12.1987 - VII ZR 374/86 = BGHZ 102, 293 - juris Rdnr. 22).
Die im Vermögen des Klägers verbliebende Forderung aus der Lebensversicherung war auch nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 SGB II verwertbar: Zwar lässt die absolute Unwirksamkeit der Abtretung die Sicherungsabrede als zugrunde liegendes Kausalgeschäft für die Sicherungsbestellung (im Rahmen der vom Kläger und seinem Vater am 7. Oktober 2005 geschlossenen "Abtretungsvereinbarung") unberührt; diese ist in ihrem Bestand von der Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts in Gestalt der eigentlichen Sicherheitenbestellung (= Forderungsabtretung) unabhängig. Der Kläger war demnach weiterhin verpflichtet, seinem Vater für die Hingabe eines Darlehens in Höhe von 20.000 EUR eine Sicherheit in Form der Abtretung der Forderung aus der Lebensversicherung zu bestellen. Mangels wirksamer Bestellung bestand der Anspruch des Vaters im Zeitpunkt der Antragstellung beim Beklagten im Jahre 2008 noch. Mit Auflösung der Lebensversicherung im Vorfeld der Auszahlung des Rückkaufswert wäre der Kläger aber gem. § 275 Abs. 1 BGB von der (Primär-)Leistungspflicht frei geworden.
An der Verwertung der Lebensversicherung war der Kläger im Übrigen auch nicht im Hinblick auf den Darlehensvertrag gehindert. Im Einzelfall kann es allerdings einer die Verwertung hindernden Verfügungsbeschränkung gleichkommen, wenn Vermögen aufgrund abgeschlossener Vereinbarungen zur Vertragserfüllung zu verwenden ist. Eine solche, die Verwertbarkeit hindernde Vermögensbindung kann nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere in Betracht kommen, sofern und soweit der Vermögensinhaber im Zuge der grundsätzlich gebotenen Verwertung zugleich zur Tilgung der Schulden verpflichtet wäre; dies ist regelmäßig der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit (BSG vom 20.06.1978 - 7 RAr 47/77 = SozR 4100 § 138 Nr. 3 - juris Rdnr. 38). Es wäre - so das BSG in der genannten Entscheidung - widersinnig, einen Bedürftigen auf die Verwertung seines Vermögens zu verweisen, wenn dadurch zugleich - nämlich infolge der Fälligkeit von Geldforderungen Dritter - die Gläubiger Zugriff auf ebenjenes Vermögen erlangen würden, welches der Kläger zum Lebensunterhalt einsetzen soll (BSG a.a.O.).
Die Lebensversicherung selbst sollte aber nicht zur Tilgung des Darlehens eingesetzt werden, sondern dessen Tilgung lediglich sichern. Eine solche Konfliktlage könnte vorliegend allenfalls erwogen werden, wenn in Folge der vertragswidrig vereitelten Hingabe der Sicherheit eine sofortige Fälligkeit der Verbindlichkeiten eintreten würde (vgl. BSG a.a.O.). Die unmöglich gewordene Bestellung der Sicherheit hätte aber auf den Vollzug des Darlehensvertrags, insbesondere dessen Fälligkeitszeitpunkt keinen Einfluss gehabt: Nach dem Darlehensvertrag vom 7. Oktober 2005 setzte die Auszahlungsfälligkeit des Darlehens die vollständige Stellung der Sicherheiten voraus. Die Hingabe des Darlehens war indes - ungeachtet der gescheiterten Abtretung - bereits erfolgt. Ein über die gesetzlichen Kündigungsrechte hinausgehendes Sonderkündigungsrecht für den Fall einer unterbliebenen oder unwirksamen Abtretung war nicht vereinbart.
Auch ein außerordentliches Kündigungsrecht in (entsprechender) Anwendung von § 490 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt einer wesentlichen Verschlechterung einer für das Darlehen gestellten Sicherheit wäre zu Gunsten des Vaters als Darlehensgeber nicht in Betracht gekommen. Dem Darlehensgeber steht das Kündigungsrecht bei bereits erfolgter Auszahlung nach dem Wortlaut des § 490 Abs. 1 BGB "nur in der Regel" zu. Mit dieser Formulierung wird ausweislich der Gesetzesbegründung dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die Situation für den Darlehensnehmer und Darlehensgeber vor und nach der Valutierung des Darlehens jeweils anders darstellt: Während nämlich dem Darlehensgeber eine Auszahlung des Darlehens "sehenden Auges", dass er dieses vom Darlehensnehmer nicht mehr zurückerhalte werde, schlechterdings nicht zugemutet werden kann, kann nach Valutierung dem Darlehensgeber die Belassung der Darlehenssumme beim Darlehensnehmer im Einzelfall durchaus zumutbar sein (BT-Drucksache 14/6040 S. 254). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die Vermögenssituation des Schuldners erst durch die Rückforderung des Darlehensbetrags in einer Summe so sehr verschlechtert, dass er insolvent wird, während ihm bei Belassen des Darlehens jedenfalls eine ratenmäße Rückführung möglich wäre (BT-Drucksache a.a.O.). Die h.M. nimmt deshalb einen wichtigen Kündigungsgrund nach der Valutierung eines Darlehens nur dann an, wenn durch weiteres Belassen der Mittel beim Darlehensnehmer die Rückgewähr so stark gefährdet wird, dass unter Preisgabe des Interesses des Darlehensnehmers am Behalten bis zum vereinbarten Fälligkeitstermin so schnell wie möglich gerettet werden muss, was zu retten ist. Dies setzt stets eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung auch der Belange des Darlehensnehmers voraus (vgl. Berger in: MünchKomm-BGB, § 490 Rdnr. 11; Saenger in: Erman, BGB-Kommentar, § 490 Rdnr. 4).
Demnach wäre vorliegend dem Vater des Klägers als Darlehensgeber kein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht zugekommen: Denn zum einen war zum Zeitpunkt der gebotenen Verwertung der Lebensversicherung absehbar, dass der Kläger ein Arbeitsverhältnis aufnehmen und dadurch in Stande gesetzt wird, die Darlehenssumme entsprechend der Ratenvereinbarung zurückzuführen; eine sofortiges Tilgungsverlangen hätte dagegen die Finanzkraft des Klägers völlig überstiegen. Zum anderen kann in diesem Zusammenhang nicht außer Acht bleiben, dass es sich hier um ein Familiendarlehen handelt, mithin ein höheres Maß an Rücksichtnahme innerhalb der Vertragsbeziehung erwartet werden kann; dass die engen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Darlehensgeber vorliegend von nicht unerheblichem Einfluss auf die Ausgestaltung und Durchführung des Darlehensvertrags geblieben sind, findet seine Bestätigung bereits im Verzicht auf eine Verzinsung wie auch auf eine Vereinbarung fristloser Kündigungsrechte bei Zahlungsverzug im Darlehensvertrag vom 07. Oktober 2005.
Eine Verwertbarkeit der Lebensversicherung in Höhe ihres Restwerts war in Hinblick auf die Sicherungsabrede sowie den Darlehensvertrag folglich nicht ausgeschlossen. Der erkennende Senat konnte deshalb die Frage offenlassen, ob der Abschluss des sog. "Sicherungsvertrags" wie auch des Darlehensvertrags in beiderseitigem Einverständnis nur zum Schein erfolgt ist. Auch auf die Frage einer möglichen Sittenwidrigkeit der Sicherungsabrede sowie ggfs. des Darlehensvertrags, falls diese einzig dazu gedient haben sollten, die Lebensversicherung auch bei Leistungsbezug ungeschmälert dem Kläger zu erhalten (vergleiche hierzu die Entscheidung des erkennenden Senats vom 27.09.2011 - L 13 AS 4496/10 - juris Rdnr. 53 ff.) brauchte vorliegend nicht mehr eingegangen werden. Andere Gründe, die einer Verwertbarkeit entgegen stehen könnten, sind gleichfalls nicht ersichtlich; insbesondere sind keine Anhaltspunkte für eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung gegeben. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, war der Kläger damit im Stande, seinen Lebensunterhalt aus dem einzusetzenden Vermögen im streitgegenständlichen Zeitraum zu decken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung keinen Erfolg hat. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum April 2008 bis Juni 2008 streitig.
Der 1979 geborene Kläger beantragte erstmalig am 3. März 2005 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 30. März 2005 lehnte der Beklagte den Antrag ab, nachdem das zu berücksichtigende Vermögen des Klägers die Grundfreibeträge übersteige. Dabei berücksichtigte der Beklagte u.a. die Lebensversicherung Nr. bei der V.P.V. Lebensversicherungs-AG (V.P.V.), die zum Zeitpunkt 1. April 2005 ein Rückkaufswert von 5.008,70 EUR aufwies. Der Widerspruch des Klägers hiergegen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2005 zurückgewiesen.
Am 10. April 2008 beantragte der Kläger neuerlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zu diesem Zeitpunkt lebte er ausweislich der Angaben in den Antragsunterlagen mietfrei bei seinen Eltern. In der Anlage VM zur Feststellung der Vermögensverhältnisse gab der Kläger u.a. an, über Geldanlagen bei der Volksbank H. in Höhe von 590,43 EUR und bei der D. Bank in Höhe von 101,33 EUR zu verfügen. Desweiteren gab er ein Sparbuch bei der D. Bank in Höhe 60,94 EUR an. Auf Nachfrage des Beklagten nach der Lebensversicherung bei der V.P.V. legte der Kläger eine Abtretungsvereinbarung zwischen ihm und Herrn W. M., seinem Vater, vor. Gegenstand der mit 7. Oktober 2005 datierten Vereinbarung, in welcher der Kläger als Sicherungsgeber bezeichnet wird, ist ein Sicherungsvertrag bezüglich eines in Höhe von 20.000 EUR seitens des Vaters des Klägers gewährten Darlehens mit folgendem Wortlaut:
"Der Sicherungsgeber tritt folgende Sicherheit ab:
Lebensversicherung Nr. bei der Postversicherung St. in allen Rechten, zur Tilgung des Darlehen, an den Sicherungsnehmer ab."
Ausweislich eines vom Kläger vorgelegten Schreibens der V.P.V. vom 22. April 2008 betrug der Rückkaufswert der Lebensversicherung zum 1. Mai 2008 8.298,42 EUR. Zum 1. Juli 2008 nahm der Kläger eine zunächst bis 31. Dezember 2009 befristete Tätigkeit bei der M. Aktiengesellschaft in F. a ...M. auf, die ausweislich des Arbeitsvertrags vom 13. Mai 2008 monatlich mit 3.500 EUR brutto vergütet wird.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2008 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab; mangels Anzeige einer Abtretung der Lebensversicherung sei diese bei der Vermögensberechnung zu berücksichtigen und bestehe keine Hilfebedürftigkeit. Den unter dem 9. Juli 2008 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass eine Abtretung der Lebensversicherung nicht offengelegt oder angezeigt werden müsse. Der Kläger legte weiterhin einen zwischen ihm und seinem Vater geschlossenen Darlehensvertrag, gleichfalls mit Datum 7. Oktober 2005, vor, wonach ihm sein Vater ein Darlehen in Höhe von insgesamt 20.000 EUR in monatlichen Raten von 800 EUR zur Finanzierung seines Studiums zur Verfügung gestellt habe. Die Tilgung solle ab dem 2. Monat der Festanstellung in monatlichen Raten von 500 EUR zum Monatsersten erfolgen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Abtretung der Lebensversicherung an den Vater unwirksam sei, da sie gegenüber dem Versicherer nicht angezeigt worden sei. Gemäß § 13 Abs. 4 der allgemeinen Bedingungen für kapitalbildende Lebensversicherungen (ALB) sei aber eine Abtretung oder Verpfändung nur und erst dann wirksam, wenn sie dem Versicherer vom bisherigen Berechtigten schriftlich angezeigt worden sei. Die Lebensversicherung befinde sich somit weiterhin im Eigentum des Klägers und sei als dessen Vermögen zu berücksichtigen.
Am 26. Februar 2009 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. § 13 Abs. 4 ALB stelle eine Ausformung von § 409 BGB dar. Es handele sich nicht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung. Die Anzeige an den Versicherungsnehmer berühre den wirksam geschlossenen Abtretungsvertrag nicht. Die Abtretung sei deshalb erfolgt, weil der Kläger, der zunächst in Nürtingen studiert habe und weiterhin zu Hause wohnen konnte, für seinen Masterabschluss sein Studium in M. habe fortsetzen müssen. Deshalb habe der Vater des Klägers diesem monatlich 800 EUR bezahlt; aus diesem Grund sei dann auch die Abtretung der Lebensversicherung erfolgt. Eine generelle Bestimmung durch den Versicherer, wonach eine Abtretung unwirksam sei, würde gegen Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoßen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 1. Juni 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es fehle vorliegend an der Hilfebedürftigkeit des Klägers, da er im Zeitpunkt der Antragstellung über vorrangig zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einzusetzendes Vermögen in Gestalt der Lebensversicherung bei der V.P.V. verfügt habe. Ein Ausschluss nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II komme nicht in Betracht. Auch scheide eine Berücksichtigung des Rückkaufswerts der Lebensversicherung nicht deshalb aus, weil der Kläger am 7. Oktober 2005 mit seinem Vater eine Abtretungsvereinbarung geschlossen habe. Diese sei nicht wirksam. Eine schriftliche Anzeige der Abtretungsvereinbarung gemäß § 13 Abs. 4 ALB sei unstrittig nicht erfolgt; bei dieser Regelung handele sich um ein vertraglich vereinbartes absolutes Abtretungsverbot im Sinne von § 399 BGB. Bereits in seiner Entscheidung vom 23. April 1997 (Az. XII ZR 20/95) habe der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass die Abtretung einer Versicherungsforderung absolut unwirksam sei, solange sie dem Versicherer nicht vom Berechtigten angezeigt werde. Mit Urteil vom 10. Februar 1999 (Az. IV ZR 324/97) habe sich der 4. Zivilsenat des BGH dieser Auffassung angeschlossen. Die Rechtsauffassung, dass es sich bei der Regelung des § 13 Abs. 4 ALB um ein vertraglich vereinbartes absolutes Abtretungsverbot handele, hätten sich auch die unterinstanzlichen Zivilgerichte sowie große Teile der Literatur zu eigen gemacht. Eine solche absolute Unwirksamkeit verstoße auch nicht gegen Art. 14 GG. Insbesondere sei es dem Versicherungsnehmer unbenommen, die Verkehrsfähigkeit durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen in Form der Abtretungsanzeige an den Versicherer herzustellen, ohne dass dieser der Abtretung entgegenwirken könne. Zusammen mit den weiteren Bargeldbeständen habe der Kläger damit im Zeitpunkt der Antragstellung über ein Vermögen in Höhe von 9.874,61 EUR verfügt. Unter Berücksichtigung eines Schonvermögens in Höhe von 4.950,00 EUR habe der Kläger folglich im Zeitpunkt der Antragstellung über ein vorrangig zu verwertendes Vermögen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II in Höhe von 4.924,61 EUR verfügt. Dies habe ausgereicht, damit der Kläger seinen Lebensunterhalt im Zeitraum vom 10. April 2008 bis 30. Juni 2008 decken konnte.
Die am 2. Juli 2010 eingelegte Berufung des Klägers wird im Wesentlichen auf das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren gestützt. Ergänzend wird zur Motivation der Darlehensgewährung vorgetragen, dass sich der Kläger nach Abschluss seines Ingenieursstudium entschlossen habe, in M. noch den Mastergrad zu erlangen. Diese weitere Ausbildung habe der Vater des Klägers nur mehr darlehensweise bezuschussen wollen und sich zur Sicherheit die Lebensversicherung abtreten lassen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 01. Juni 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 02. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2008 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 10. April 2008 bis 30. Juni 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakte des SG (S 17 AS 826/09) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AS 3083/10), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2011 geworden sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Senat schließt sich den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheid vom 01. Juni 2010 an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend wird noch auf folgendes hingewiesen:
Die Auslegung der Klausel in § 13 Abs. 4 ALB - die, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, Gegenstand des Vertragsschlusses über den hier zu beurteilenden Versicherungsvertrag wurde - dahingehend, dass die Abtretung absolut unwirksam ist, solange der Berechtigte sie dem Versicherer nicht schriftlich angezeigt hat, entspricht gefestigter Rechtsprechung des BGH (zuletzt BGH vom 10.02.1999, IV ZR 324/97 = NJW 1999, 1633 ff. - juris Rdnr. 17 m.w.N.). Dies führt dazu, dass die Unwirksamkeit der Verfügung nicht nur vom Schuldner, sondern von jedermann geltend gemacht werden kann; die Forderung verbleibt damit im Vermögen des Zedenten, hier des Klägers (vgl. Urteil des BGH vom 03.12.1987 - VII ZR 374/86 = BGHZ 102, 293 - juris Rdnr. 22).
Die im Vermögen des Klägers verbliebende Forderung aus der Lebensversicherung war auch nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 SGB II verwertbar: Zwar lässt die absolute Unwirksamkeit der Abtretung die Sicherungsabrede als zugrunde liegendes Kausalgeschäft für die Sicherungsbestellung (im Rahmen der vom Kläger und seinem Vater am 7. Oktober 2005 geschlossenen "Abtretungsvereinbarung") unberührt; diese ist in ihrem Bestand von der Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts in Gestalt der eigentlichen Sicherheitenbestellung (= Forderungsabtretung) unabhängig. Der Kläger war demnach weiterhin verpflichtet, seinem Vater für die Hingabe eines Darlehens in Höhe von 20.000 EUR eine Sicherheit in Form der Abtretung der Forderung aus der Lebensversicherung zu bestellen. Mangels wirksamer Bestellung bestand der Anspruch des Vaters im Zeitpunkt der Antragstellung beim Beklagten im Jahre 2008 noch. Mit Auflösung der Lebensversicherung im Vorfeld der Auszahlung des Rückkaufswert wäre der Kläger aber gem. § 275 Abs. 1 BGB von der (Primär-)Leistungspflicht frei geworden.
An der Verwertung der Lebensversicherung war der Kläger im Übrigen auch nicht im Hinblick auf den Darlehensvertrag gehindert. Im Einzelfall kann es allerdings einer die Verwertung hindernden Verfügungsbeschränkung gleichkommen, wenn Vermögen aufgrund abgeschlossener Vereinbarungen zur Vertragserfüllung zu verwenden ist. Eine solche, die Verwertbarkeit hindernde Vermögensbindung kann nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere in Betracht kommen, sofern und soweit der Vermögensinhaber im Zuge der grundsätzlich gebotenen Verwertung zugleich zur Tilgung der Schulden verpflichtet wäre; dies ist regelmäßig der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit (BSG vom 20.06.1978 - 7 RAr 47/77 = SozR 4100 § 138 Nr. 3 - juris Rdnr. 38). Es wäre - so das BSG in der genannten Entscheidung - widersinnig, einen Bedürftigen auf die Verwertung seines Vermögens zu verweisen, wenn dadurch zugleich - nämlich infolge der Fälligkeit von Geldforderungen Dritter - die Gläubiger Zugriff auf ebenjenes Vermögen erlangen würden, welches der Kläger zum Lebensunterhalt einsetzen soll (BSG a.a.O.).
Die Lebensversicherung selbst sollte aber nicht zur Tilgung des Darlehens eingesetzt werden, sondern dessen Tilgung lediglich sichern. Eine solche Konfliktlage könnte vorliegend allenfalls erwogen werden, wenn in Folge der vertragswidrig vereitelten Hingabe der Sicherheit eine sofortige Fälligkeit der Verbindlichkeiten eintreten würde (vgl. BSG a.a.O.). Die unmöglich gewordene Bestellung der Sicherheit hätte aber auf den Vollzug des Darlehensvertrags, insbesondere dessen Fälligkeitszeitpunkt keinen Einfluss gehabt: Nach dem Darlehensvertrag vom 7. Oktober 2005 setzte die Auszahlungsfälligkeit des Darlehens die vollständige Stellung der Sicherheiten voraus. Die Hingabe des Darlehens war indes - ungeachtet der gescheiterten Abtretung - bereits erfolgt. Ein über die gesetzlichen Kündigungsrechte hinausgehendes Sonderkündigungsrecht für den Fall einer unterbliebenen oder unwirksamen Abtretung war nicht vereinbart.
Auch ein außerordentliches Kündigungsrecht in (entsprechender) Anwendung von § 490 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt einer wesentlichen Verschlechterung einer für das Darlehen gestellten Sicherheit wäre zu Gunsten des Vaters als Darlehensgeber nicht in Betracht gekommen. Dem Darlehensgeber steht das Kündigungsrecht bei bereits erfolgter Auszahlung nach dem Wortlaut des § 490 Abs. 1 BGB "nur in der Regel" zu. Mit dieser Formulierung wird ausweislich der Gesetzesbegründung dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die Situation für den Darlehensnehmer und Darlehensgeber vor und nach der Valutierung des Darlehens jeweils anders darstellt: Während nämlich dem Darlehensgeber eine Auszahlung des Darlehens "sehenden Auges", dass er dieses vom Darlehensnehmer nicht mehr zurückerhalte werde, schlechterdings nicht zugemutet werden kann, kann nach Valutierung dem Darlehensgeber die Belassung der Darlehenssumme beim Darlehensnehmer im Einzelfall durchaus zumutbar sein (BT-Drucksache 14/6040 S. 254). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die Vermögenssituation des Schuldners erst durch die Rückforderung des Darlehensbetrags in einer Summe so sehr verschlechtert, dass er insolvent wird, während ihm bei Belassen des Darlehens jedenfalls eine ratenmäße Rückführung möglich wäre (BT-Drucksache a.a.O.). Die h.M. nimmt deshalb einen wichtigen Kündigungsgrund nach der Valutierung eines Darlehens nur dann an, wenn durch weiteres Belassen der Mittel beim Darlehensnehmer die Rückgewähr so stark gefährdet wird, dass unter Preisgabe des Interesses des Darlehensnehmers am Behalten bis zum vereinbarten Fälligkeitstermin so schnell wie möglich gerettet werden muss, was zu retten ist. Dies setzt stets eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung auch der Belange des Darlehensnehmers voraus (vgl. Berger in: MünchKomm-BGB, § 490 Rdnr. 11; Saenger in: Erman, BGB-Kommentar, § 490 Rdnr. 4).
Demnach wäre vorliegend dem Vater des Klägers als Darlehensgeber kein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht zugekommen: Denn zum einen war zum Zeitpunkt der gebotenen Verwertung der Lebensversicherung absehbar, dass der Kläger ein Arbeitsverhältnis aufnehmen und dadurch in Stande gesetzt wird, die Darlehenssumme entsprechend der Ratenvereinbarung zurückzuführen; eine sofortiges Tilgungsverlangen hätte dagegen die Finanzkraft des Klägers völlig überstiegen. Zum anderen kann in diesem Zusammenhang nicht außer Acht bleiben, dass es sich hier um ein Familiendarlehen handelt, mithin ein höheres Maß an Rücksichtnahme innerhalb der Vertragsbeziehung erwartet werden kann; dass die engen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Darlehensgeber vorliegend von nicht unerheblichem Einfluss auf die Ausgestaltung und Durchführung des Darlehensvertrags geblieben sind, findet seine Bestätigung bereits im Verzicht auf eine Verzinsung wie auch auf eine Vereinbarung fristloser Kündigungsrechte bei Zahlungsverzug im Darlehensvertrag vom 07. Oktober 2005.
Eine Verwertbarkeit der Lebensversicherung in Höhe ihres Restwerts war in Hinblick auf die Sicherungsabrede sowie den Darlehensvertrag folglich nicht ausgeschlossen. Der erkennende Senat konnte deshalb die Frage offenlassen, ob der Abschluss des sog. "Sicherungsvertrags" wie auch des Darlehensvertrags in beiderseitigem Einverständnis nur zum Schein erfolgt ist. Auch auf die Frage einer möglichen Sittenwidrigkeit der Sicherungsabrede sowie ggfs. des Darlehensvertrags, falls diese einzig dazu gedient haben sollten, die Lebensversicherung auch bei Leistungsbezug ungeschmälert dem Kläger zu erhalten (vergleiche hierzu die Entscheidung des erkennenden Senats vom 27.09.2011 - L 13 AS 4496/10 - juris Rdnr. 53 ff.) brauchte vorliegend nicht mehr eingegangen werden. Andere Gründe, die einer Verwertbarkeit entgegen stehen könnten, sind gleichfalls nicht ersichtlich; insbesondere sind keine Anhaltspunkte für eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung gegeben. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, war der Kläger damit im Stande, seinen Lebensunterhalt aus dem einzusetzenden Vermögen im streitgegenständlichen Zeitraum zu decken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung keinen Erfolg hat. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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