Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 26 AS 321/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 AS 93/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 271/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kosten für einen notariellen Wohnungskaufvertrag sind keine Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II.
Bei Leistungen nach § 22 Abs. 3 SGB II handelt es sich um lediglich ergänzende Leistungen für den Grundbedarf des Wohnens, der im Blick auf das im Rahmen des SGB II bestehende Spannungsverhältnis zwischen akuter Existenzsicherung auf der einen Seite und der Vermögensbildung auf der anderen Seite gerade zu dieser hin abzugrenzen ist.
Kosten für einen notariellen Wohnungskaufvertrag hängen im Kern mit der Erzielung bzw. dem Erwerb von Eigentum zusammen und nur "bei Gelegenheit" mit der Beschaffung von Wohnraum.
Bei Leistungen nach § 22 Abs. 3 SGB II handelt es sich um lediglich ergänzende Leistungen für den Grundbedarf des Wohnens, der im Blick auf das im Rahmen des SGB II bestehende Spannungsverhältnis zwischen akuter Existenzsicherung auf der einen Seite und der Vermögensbildung auf der anderen Seite gerade zu dieser hin abzugrenzen ist.
Kosten für einen notariellen Wohnungskaufvertrag hängen im Kern mit der Erzielung bzw. dem Erwerb von Eigentum zusammen und nur "bei Gelegenheit" mit der Beschaffung von Wohnraum.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 4. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten für einen notariellen Wohnungskaufvertrag in Höhe von 879,83 Euro.
Der 1974 geborene Kläger bezog seit 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Nach dem Bezug von Krankengeld erhält der Kläger seit April 2011 eine Rente wegen Erwerbsminderung, auf die er seit August 2010 Anspruch hat. Mit Bescheid vom 31. Januar 2006 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Kaltmiete seiner Wohnung zu hoch sei und ab dem 1. April 2007 nur noch eine angemessene Kaltmiete als Bedarf anerkannt werde. Am 19. Juni 2007 schloss der Kläger einen notariellen Wohnungskaufvertrag in Höhe von 55.000,00 Euro für eine Dachgeschosswohnung in A-Stadt ab. Die Finanzierung des Kaufs der Eigentumswohnung unter Einschluss der Notarkosten erfolgte mittels Darlehen der X Bank und der Sparkasse C. Im August 2007 übersandte der Kläger dem Beklagten u. a. den notariellen Wohnungskaufvertrag vom 19. Juni 2007 und beantragte die Übernahme der Umzugskosten. Am 20. September 2007 legte der Kläger die Kostennote des Notars vom 11. September 2007 in Höhe von 879,83 Euro nebst einem entsprechenden Überweisungsvordruck vor. Der Beklagte wies mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 den Kläger darauf hin, dass eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft nicht erteilt werden könne, da er die Zusicherung erst nach Abschluss des Vertrages über die neue Unterkunft beantragt habe. Auf den Widerspruch des Klägers vom 1. November 2007 anerkannte der Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 u. a. die Schuldzinsen in Höhe von 253,63 Euro als Unterkunftskosten an und bewilligte dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom 11. Februar 2008 263,55 Euro für den Umzug sowie 150,00 Euro an Renovierungskosten. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2008 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers bezüglich der Notarkosten zurück. Der Kläger habe zwar die vorherige Zustimmung des Beklagten nicht eingeholt. Die Zustimmung hätte jedoch erteilt werden müssen, da der Umzug erforderlich gewesen sei und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Eine Übernahme der Notarkosten scheide jedoch aus, da der Kläger eine Eigentumswohnung gekauft habe,
obwohl auf dem Wohnungsmarkt ausreichend Mietwohnungen für einen Zwei-Personen-Haushalt vorhanden seien. Sinn und Zweck der Grundsicherung für Arbeitsuchende biete keine Grundlage, um Leistungen mit unmittelbar vermögensbildender Wirkung zu gewähren.
Hiergegen hat der Kläger am 20. März 2008 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Notarkosten Kosten seien, die unmittelbar mit seinem Umzug verbunden gewesen seien und deshalb als zwangsläufig entstehende Aufwendungen für die Wohnungsbeschaffung anzusehen und von dem Beklagten zu übernehmen seien. Eine Differenzierung zwischen Mietwohnung und Eigentumswohnung bei der Wohnungsbeschaffung sei insoweit nicht sachgerecht. Den Notarkosten käme keine unmittelbar vermögensbildende Wirkung, wie etwa den Tilgungsraten, zu, weshalb sie mit der Maklergebühr zu vergleichen seien. Trotz Anmeldung bei der A-Stadt. Wohnungsgesellschaft und der D. habe ihm kein angemessener Wohnraum zur Verfügung gestellt werden können. Seit März 2007 habe der Beklagte zudem Kenntnis von dem beabsichtigten Eigentumserwerb gehabt, da er sämtliche hierfür erforderlichen Unterlagen überreicht habe. Der Beklagte hat im Klageverfahren an seiner Rechtsauffassung, dass eine Übernahme der Notarkosten nicht in Betracht komme, festgehalten. Ergänzend hat er ausgeführt, dass vorliegend zudem zu prüfen sei, ob der Kläger auch ohne den Kauf einer Eigentumswohnung angemessenen Wohnraum hätte finden können. Dies sei angesichts des Wohnungsmarktes in A-Stadt zu bejahen, da der Kläger insbesondere bei der A-Stadt Wohnungsbaugesellschaft mehrere ihm angebotene Wohnungen ohne Rücksprache mit dem Beklagten abgelehnt habe. So könnten Maklergebühren auch nur dann von dem Beklagten übernommen werden, wenn diese unvermeidbar seien. Im Weiteren habe der Kläger die Notarkosten aus Darlehensmitteln bezahlt. Die Schuldzinsen seien als Kosten der Unterkunft in voller Höhe von dem Beklagten anerkannt, sodass bei Übernahme der Notarkosten eine unzulässige doppelte Berücksichtigung erfolgen würde. Zur Bestätigung seines Vorbringens hat der Beklagte Schreiben der A-Stadt Wohnungsbaugesellschaft vom 17. September 2008 und der D. vom 16. September 2008 vorgelegt. Mit Urteil vom 4. Januar 2010 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Notarkosten zwar Wohnungsbeschaffungskosten seien, da zur Beschaffung einer Eigentumswohnung der Abschluss eines notariellen Kaufvertrages erforderlich sei. Die Wohnungsbeschaffungskosten müssten jedoch angemessen und notwendig sein. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Es wäre dem Kläger möglich gewesen, angemessenen mietbaren Wohnraum zu finden, was der Kammer aus verschiedenen laufenden Verfahren bekannt sei und vorliegend auch durch das Schreiben der A-Stadt Wohnungsbaugesellschaft seine Bestätigung finde. Im Übrigen fehle es an der vorher einzuholenden Zusicherung des Beklagten.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27. Januar 2010 zugestellte Urteil hat dieser am 26. Februar 2010 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung bezieht er sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und weist ergänzend darauf hin, dass es ihm insbesondere aufgrund der Tatsache, dass er zwei Hunde besitze, nicht möglich gewesen sei, angemessenen Wohnraum in A-Stadt zu finden. Da der Beklagte auch die Umzugs- und Renovierungskosten für die gekaufte Wohnung erstattet habe, sei nicht nachvollziehbar, weshalb nicht auch die Notarkosten von dem Beklagten übernommen würden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichtes Gießen vom 4. Januar 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Oktober 2007 und Abänderung des Bescheides vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2008 zu verurteilen, Notarkosten in Höhe von 879,83 Euro zu übernehmen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichtes Gießen vom 4. Januar 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Oktober 2007 und Abänderung des Bescheides vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2008 zu verurteilen, den Antrag auf Kostenübernahme der Notarkosten in Höhe von 879,83 Euro unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass während des Leistungsbezuges des Klägers die Schuldzinsen immer in voller Höhe als Bedarf anerkannt worden seien und hat zur Bestätigung seines Vorbringens die Kopie des Entwurfes eines Widerspruchsbescheides vom 1. August 2011 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und der Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht mit Urteil vom 4. Januar 2010 die Klage abgewiesen.
Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat weder einen Anspruch auf Übernahme der Notarkosten für einen Wohnungskaufvertrag durch den Beklagten in Höhe von 879,83 Euro noch auf eine erneute ermessensfehlerfreie Bescheidung durch den Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes.
Die Notarkosten werden nicht von den Leistungen im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II erfasst. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II i.d.F. vom 20. Juli 2006 (BGBl I, S. 1706) können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Begriffe "Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten" sind nach der übereinstimmenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zwar weit auszulegen (Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 49/07 R; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. September 2006, L 9 AS 409/06 ER; Beschluss vom 10. Januar 2007, L 13 AS 16/06 ER; Lang/Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, Kommentar, 2. Auflage 2008, § 22 Rdnr. 83). Sie finden ihre Begrenzung jedoch bereits im Wortlaut und in der Systematik des § 22 SGB II (Bundessozialgericht, Urteil vom 6. Oktober 2011, B 14 AS 152/10 R; Urteil vom 18. Februar 2010, B 4 AS 28/09 R). So handelt es sich bei Leistungen nach § 22 Abs. 3 SGB II lediglich um ergänzende Leistungen für den Grundbedarf des Wohnens, der im Blick auf das im Rahmen des SGB II bestehende Spannungsverhältnis zwischen akuter Existenzsicherung auf der einen Seite und der Vermögensbildung auf der anderen Seite gerade zu dieser hin abzugrenzen ist. Notarkosten für einen Wohnungskaufvertrag und eine Grundschuldbestellung stehen demnach zwar mittelbar in einem Zusammenhang mit der Beschaffung von Wohnraum. Sie hängen jedoch nach der Auffassung des Senats im Kern mit der Erzielung bzw. dem Erwerb von Eigentum zusammen und nur "bei Gelegenheit" mit der Beschaffung von Wohnraum. Eine Berücksichtigung von Notarkosten würde im Ergebnis einer dem Grundsatz des SGB II widersprechenden Vermögensbildung dienen (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Februar 2010, B 4 AS 28/09 R, Rdnr. 22 f.).
Die Notarkosten für einen Wohnungskaufvertrag und eine Grundschuldbestellung sind auch nicht Bestandteil der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten richtet sich bei Mietern und Wohnungseigentümern nach einheitlichen Kriterien. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dient dem Schutz der Wohnung als räumlichem Lebensmittelpunkt; die Norm schützt das existenzielle Grundbedürfnis "Wohnen" (Bundessozialgericht, a.a.O.). Die Aufwendungen müssen deshalb für die Sicherung und den Erhalt der Unterkunft erforderlich und ansonsten angemessen sein; es muss die "Bewohnbarkeit" der Unterkunft hergestellt oder aufrecht erhalten werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 49/07 R). Das ist bei Kosten, die anlässlich des Erwerbs von Wohnungseigentum entstehen, nicht der Fall.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass angesichts der von dem Beklagten übermittelten Unterlagen und ausweislich des Anerkenntnisses des Beklagten vom 17. Dezember 2007 vorliegend für den Senat feststeht, dass bei Leistungsbezug nach dem SGB II durch den Kläger die Schuldzinsen von dem Beklagten für die Wohnung auch übernommen werden. Bestandteil der Finanzierung der Wohnung sind aber auch die Notarkosten, sodass bei Leistungsbezug des Klägers und einer zusätzlichen Übernahme der Notarkosten insoweit eine Doppelleistung durch den Beklagten erfolgen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten für einen notariellen Wohnungskaufvertrag in Höhe von 879,83 Euro.
Der 1974 geborene Kläger bezog seit 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Nach dem Bezug von Krankengeld erhält der Kläger seit April 2011 eine Rente wegen Erwerbsminderung, auf die er seit August 2010 Anspruch hat. Mit Bescheid vom 31. Januar 2006 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Kaltmiete seiner Wohnung zu hoch sei und ab dem 1. April 2007 nur noch eine angemessene Kaltmiete als Bedarf anerkannt werde. Am 19. Juni 2007 schloss der Kläger einen notariellen Wohnungskaufvertrag in Höhe von 55.000,00 Euro für eine Dachgeschosswohnung in A-Stadt ab. Die Finanzierung des Kaufs der Eigentumswohnung unter Einschluss der Notarkosten erfolgte mittels Darlehen der X Bank und der Sparkasse C. Im August 2007 übersandte der Kläger dem Beklagten u. a. den notariellen Wohnungskaufvertrag vom 19. Juni 2007 und beantragte die Übernahme der Umzugskosten. Am 20. September 2007 legte der Kläger die Kostennote des Notars vom 11. September 2007 in Höhe von 879,83 Euro nebst einem entsprechenden Überweisungsvordruck vor. Der Beklagte wies mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 den Kläger darauf hin, dass eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft nicht erteilt werden könne, da er die Zusicherung erst nach Abschluss des Vertrages über die neue Unterkunft beantragt habe. Auf den Widerspruch des Klägers vom 1. November 2007 anerkannte der Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 u. a. die Schuldzinsen in Höhe von 253,63 Euro als Unterkunftskosten an und bewilligte dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom 11. Februar 2008 263,55 Euro für den Umzug sowie 150,00 Euro an Renovierungskosten. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2008 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers bezüglich der Notarkosten zurück. Der Kläger habe zwar die vorherige Zustimmung des Beklagten nicht eingeholt. Die Zustimmung hätte jedoch erteilt werden müssen, da der Umzug erforderlich gewesen sei und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Eine Übernahme der Notarkosten scheide jedoch aus, da der Kläger eine Eigentumswohnung gekauft habe,
obwohl auf dem Wohnungsmarkt ausreichend Mietwohnungen für einen Zwei-Personen-Haushalt vorhanden seien. Sinn und Zweck der Grundsicherung für Arbeitsuchende biete keine Grundlage, um Leistungen mit unmittelbar vermögensbildender Wirkung zu gewähren.
Hiergegen hat der Kläger am 20. März 2008 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Notarkosten Kosten seien, die unmittelbar mit seinem Umzug verbunden gewesen seien und deshalb als zwangsläufig entstehende Aufwendungen für die Wohnungsbeschaffung anzusehen und von dem Beklagten zu übernehmen seien. Eine Differenzierung zwischen Mietwohnung und Eigentumswohnung bei der Wohnungsbeschaffung sei insoweit nicht sachgerecht. Den Notarkosten käme keine unmittelbar vermögensbildende Wirkung, wie etwa den Tilgungsraten, zu, weshalb sie mit der Maklergebühr zu vergleichen seien. Trotz Anmeldung bei der A-Stadt. Wohnungsgesellschaft und der D. habe ihm kein angemessener Wohnraum zur Verfügung gestellt werden können. Seit März 2007 habe der Beklagte zudem Kenntnis von dem beabsichtigten Eigentumserwerb gehabt, da er sämtliche hierfür erforderlichen Unterlagen überreicht habe. Der Beklagte hat im Klageverfahren an seiner Rechtsauffassung, dass eine Übernahme der Notarkosten nicht in Betracht komme, festgehalten. Ergänzend hat er ausgeführt, dass vorliegend zudem zu prüfen sei, ob der Kläger auch ohne den Kauf einer Eigentumswohnung angemessenen Wohnraum hätte finden können. Dies sei angesichts des Wohnungsmarktes in A-Stadt zu bejahen, da der Kläger insbesondere bei der A-Stadt Wohnungsbaugesellschaft mehrere ihm angebotene Wohnungen ohne Rücksprache mit dem Beklagten abgelehnt habe. So könnten Maklergebühren auch nur dann von dem Beklagten übernommen werden, wenn diese unvermeidbar seien. Im Weiteren habe der Kläger die Notarkosten aus Darlehensmitteln bezahlt. Die Schuldzinsen seien als Kosten der Unterkunft in voller Höhe von dem Beklagten anerkannt, sodass bei Übernahme der Notarkosten eine unzulässige doppelte Berücksichtigung erfolgen würde. Zur Bestätigung seines Vorbringens hat der Beklagte Schreiben der A-Stadt Wohnungsbaugesellschaft vom 17. September 2008 und der D. vom 16. September 2008 vorgelegt. Mit Urteil vom 4. Januar 2010 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Notarkosten zwar Wohnungsbeschaffungskosten seien, da zur Beschaffung einer Eigentumswohnung der Abschluss eines notariellen Kaufvertrages erforderlich sei. Die Wohnungsbeschaffungskosten müssten jedoch angemessen und notwendig sein. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Es wäre dem Kläger möglich gewesen, angemessenen mietbaren Wohnraum zu finden, was der Kammer aus verschiedenen laufenden Verfahren bekannt sei und vorliegend auch durch das Schreiben der A-Stadt Wohnungsbaugesellschaft seine Bestätigung finde. Im Übrigen fehle es an der vorher einzuholenden Zusicherung des Beklagten.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27. Januar 2010 zugestellte Urteil hat dieser am 26. Februar 2010 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung bezieht er sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und weist ergänzend darauf hin, dass es ihm insbesondere aufgrund der Tatsache, dass er zwei Hunde besitze, nicht möglich gewesen sei, angemessenen Wohnraum in A-Stadt zu finden. Da der Beklagte auch die Umzugs- und Renovierungskosten für die gekaufte Wohnung erstattet habe, sei nicht nachvollziehbar, weshalb nicht auch die Notarkosten von dem Beklagten übernommen würden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichtes Gießen vom 4. Januar 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Oktober 2007 und Abänderung des Bescheides vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2008 zu verurteilen, Notarkosten in Höhe von 879,83 Euro zu übernehmen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichtes Gießen vom 4. Januar 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Oktober 2007 und Abänderung des Bescheides vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2008 zu verurteilen, den Antrag auf Kostenübernahme der Notarkosten in Höhe von 879,83 Euro unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass während des Leistungsbezuges des Klägers die Schuldzinsen immer in voller Höhe als Bedarf anerkannt worden seien und hat zur Bestätigung seines Vorbringens die Kopie des Entwurfes eines Widerspruchsbescheides vom 1. August 2011 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und der Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht mit Urteil vom 4. Januar 2010 die Klage abgewiesen.
Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat weder einen Anspruch auf Übernahme der Notarkosten für einen Wohnungskaufvertrag durch den Beklagten in Höhe von 879,83 Euro noch auf eine erneute ermessensfehlerfreie Bescheidung durch den Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes.
Die Notarkosten werden nicht von den Leistungen im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II erfasst. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II i.d.F. vom 20. Juli 2006 (BGBl I, S. 1706) können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Begriffe "Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten" sind nach der übereinstimmenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zwar weit auszulegen (Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 49/07 R; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. September 2006, L 9 AS 409/06 ER; Beschluss vom 10. Januar 2007, L 13 AS 16/06 ER; Lang/Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, Kommentar, 2. Auflage 2008, § 22 Rdnr. 83). Sie finden ihre Begrenzung jedoch bereits im Wortlaut und in der Systematik des § 22 SGB II (Bundessozialgericht, Urteil vom 6. Oktober 2011, B 14 AS 152/10 R; Urteil vom 18. Februar 2010, B 4 AS 28/09 R). So handelt es sich bei Leistungen nach § 22 Abs. 3 SGB II lediglich um ergänzende Leistungen für den Grundbedarf des Wohnens, der im Blick auf das im Rahmen des SGB II bestehende Spannungsverhältnis zwischen akuter Existenzsicherung auf der einen Seite und der Vermögensbildung auf der anderen Seite gerade zu dieser hin abzugrenzen ist. Notarkosten für einen Wohnungskaufvertrag und eine Grundschuldbestellung stehen demnach zwar mittelbar in einem Zusammenhang mit der Beschaffung von Wohnraum. Sie hängen jedoch nach der Auffassung des Senats im Kern mit der Erzielung bzw. dem Erwerb von Eigentum zusammen und nur "bei Gelegenheit" mit der Beschaffung von Wohnraum. Eine Berücksichtigung von Notarkosten würde im Ergebnis einer dem Grundsatz des SGB II widersprechenden Vermögensbildung dienen (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Februar 2010, B 4 AS 28/09 R, Rdnr. 22 f.).
Die Notarkosten für einen Wohnungskaufvertrag und eine Grundschuldbestellung sind auch nicht Bestandteil der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten richtet sich bei Mietern und Wohnungseigentümern nach einheitlichen Kriterien. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dient dem Schutz der Wohnung als räumlichem Lebensmittelpunkt; die Norm schützt das existenzielle Grundbedürfnis "Wohnen" (Bundessozialgericht, a.a.O.). Die Aufwendungen müssen deshalb für die Sicherung und den Erhalt der Unterkunft erforderlich und ansonsten angemessen sein; es muss die "Bewohnbarkeit" der Unterkunft hergestellt oder aufrecht erhalten werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 49/07 R). Das ist bei Kosten, die anlässlich des Erwerbs von Wohnungseigentum entstehen, nicht der Fall.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass angesichts der von dem Beklagten übermittelten Unterlagen und ausweislich des Anerkenntnisses des Beklagten vom 17. Dezember 2007 vorliegend für den Senat feststeht, dass bei Leistungsbezug nach dem SGB II durch den Kläger die Schuldzinsen von dem Beklagten für die Wohnung auch übernommen werden. Bestandteil der Finanzierung der Wohnung sind aber auch die Notarkosten, sodass bei Leistungsbezug des Klägers und einer zusätzlichen Übernahme der Notarkosten insoweit eine Doppelleistung durch den Beklagten erfolgen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved