Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 372/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 888/11 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen Prozesskostenhilfe
Kosten für eine verordnete Brille sind nicht gemäß § 21 Abs 6 SGB II zu erstatten
Kosten für eine verordnete Brille sind nicht gemäß § 21 Abs 6 SGB II zu erstatten
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.10.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist der Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen des Erwerbs einer Brillenfassung samt Gläsern in Höhe von 905,00 EUR.
Der Kläger bezog Alg II zuletzt aufgrund des Bescheides vom 19.11.2010 für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011. Am 13.01.2011 legte er eine Rechnung für eine Brille samt Gläsern und Sportbügel in Höhe von 905,00 EUR vom 31.12.2010 vor und beantragte die Übernahme der Kosten. Er habe sich das Geld geliehen. Mit Bescheid vom 28.01.2011 lehnte die Beklagte es ab, die Kosten für die Brille darlehensweise zu übernehmen. Den dagegen eingelegten, auf die Erstattung der Kosten gerichteten und auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 sowie auf das Urteil des SG Detmold vom 11.01.2011 gestützten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2011 zurück. Ein Anspruch auf ein Darlehen bestehe nicht. Es handele sich nicht um einen hierfür erforderlichen unabweisbaren Bedarf. Auch nach
§ 21 Abs 6 SGB II ergebe sich kein Anspruch, denn eine Brille stelle keinen laufenden, sondern einen einmaligen Mehrbedarf dar.
Dagegen hat der Kläger Klage zum SG Bayreuth erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Der Beklagte solle zur Neuverbescheidung verurteilt werden, nachdem lt. dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nur einmalige oder kurzfristige Spitzen im Bedarf durch ein Darlehen ausgeglichen werden könnten. Bei einem längerfristigen, dauerhaften Bedarf sei dies indessen nicht mehr möglich. Die Anfertigung einer Brille sei keine kurzfristige, einmalige Angelegenheit, es könnten zukünftig auch Verschlechterungen bzw. Verbesserungen der Sehstärke eintreten, sodass ungewiss sei, ob der Kläger nochmals eine weitere Brille benötige.
Mit Beschluss vom 25.10.2011 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach § 21 Abs 6 SGB II, der in Ausführungen der Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 erlassen worden sei, bestehe kein Anspruch auf eine Übernahme der Kosten für die Brille als Mehrbedarf. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks.17/1465 S. 8 und 9) stelle eine Brille keinen solchen Mehrbedarf dar. Das vom Kläger zitierte Urteil des SG Detmold sei auf die Zeit nach Inkrafttreten der Regelung des § 21 Abs 6 SGB II nicht mehr anwendbar. Auch aus § 16 SGB II iVm § 97 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ergebe sich kein Anspruch, denn das "Schwergewicht der Brille" liege nicht im beruflichen Bereich.
Gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Vorliegend gehe es nicht um einen einmaligen Bedarf, vielmehr gleiche die Brille auf Dauer eine Sehschwäche aus. Es sei der von der Krankenversicherung nicht übernommene Anteil zu tragen. Dies sei vom Beklagten zu ermitteln.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Zurecht hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht nicht. Diesbezüglich wird gemäß § 142 Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die Begründung des SG hingewiesen.
Zu ergänzen ist lediglich, dass ein Anspruch auf § 21 Abs 6 SGB II nicht gestützt werden kann, denn bei einer Brille handelt es sich um einen aus dem Regelbedarf durch Ansparung zu deckenden Bedarf, wobei eine Brille keinen laufenden, sondern einen einmaligen Bedarf darstellt, der in dem Zeitpunkt auftritt, zu dem die Rechnung zu bezahlen ist bzw. bezahlt wird. Auf einen dauerhaften Ausgleich der Sehverschlechterung ist zur Unterscheidung zwischen einmaligen und laufenden Bedarfen nicht abzustellen. Es handelt sich beim Erfordernis einer Brille auch nicht um einen besonderen Bedarf im Sinne des § 21 Abs 6 SGB II, der sich quantitativ oder qualitativ von dem mit dem durchschnittlichen Regelbedarf erfassten Situationen unterscheidet (vgl. Münder in LPK-SGB II, 4.Aufl. § 21 Rn 36). Ausdrücklich ergibt sich aus der BT-Drucks. 17/1465 S. 8, dass die Anschaffung einer Brille nicht unter die Regelung des § 21 Abs 6 SGB II fallen sollte.
Offen gelassen werden kann, ob der Kläger eventuell einen Anspruch auf ein Darlehen gemäß § 24 Abs 1 SGB II (vormals § 23 Abs 1 SGB II) hat, wobei der Beklagte zunächst die Amtsermittlungspflicht hinsichtlich der Unabweisbarkeit des Bedarfs und der bestehenden Deckungslücke zu erfüllen, bevor er auf die Beweislast zum Nachteil des Klägers abstellt. Der Kläger ist jedoch nicht gegen die Ablehnung der Zahlung eines Darlehens mit Bescheid vom 25.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2011 vorgegangen. Aus seiner Begründung ist vielmehr zu entnehmen, dass er von einem langfristigen, dauerhaften Bedarf, nicht aber von einer einmaligen oder kurzfristigen Spitze im Bedarf - so Klagebegründung vom 11.04.2011 -ausgeht. Auch im Widerspruch fordert er die Erstattung der Aufwendung für die Brille, jedoch kein Darlehen.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist der Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen des Erwerbs einer Brillenfassung samt Gläsern in Höhe von 905,00 EUR.
Der Kläger bezog Alg II zuletzt aufgrund des Bescheides vom 19.11.2010 für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011. Am 13.01.2011 legte er eine Rechnung für eine Brille samt Gläsern und Sportbügel in Höhe von 905,00 EUR vom 31.12.2010 vor und beantragte die Übernahme der Kosten. Er habe sich das Geld geliehen. Mit Bescheid vom 28.01.2011 lehnte die Beklagte es ab, die Kosten für die Brille darlehensweise zu übernehmen. Den dagegen eingelegten, auf die Erstattung der Kosten gerichteten und auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 sowie auf das Urteil des SG Detmold vom 11.01.2011 gestützten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2011 zurück. Ein Anspruch auf ein Darlehen bestehe nicht. Es handele sich nicht um einen hierfür erforderlichen unabweisbaren Bedarf. Auch nach
§ 21 Abs 6 SGB II ergebe sich kein Anspruch, denn eine Brille stelle keinen laufenden, sondern einen einmaligen Mehrbedarf dar.
Dagegen hat der Kläger Klage zum SG Bayreuth erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Der Beklagte solle zur Neuverbescheidung verurteilt werden, nachdem lt. dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nur einmalige oder kurzfristige Spitzen im Bedarf durch ein Darlehen ausgeglichen werden könnten. Bei einem längerfristigen, dauerhaften Bedarf sei dies indessen nicht mehr möglich. Die Anfertigung einer Brille sei keine kurzfristige, einmalige Angelegenheit, es könnten zukünftig auch Verschlechterungen bzw. Verbesserungen der Sehstärke eintreten, sodass ungewiss sei, ob der Kläger nochmals eine weitere Brille benötige.
Mit Beschluss vom 25.10.2011 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach § 21 Abs 6 SGB II, der in Ausführungen der Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 erlassen worden sei, bestehe kein Anspruch auf eine Übernahme der Kosten für die Brille als Mehrbedarf. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks.17/1465 S. 8 und 9) stelle eine Brille keinen solchen Mehrbedarf dar. Das vom Kläger zitierte Urteil des SG Detmold sei auf die Zeit nach Inkrafttreten der Regelung des § 21 Abs 6 SGB II nicht mehr anwendbar. Auch aus § 16 SGB II iVm § 97 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ergebe sich kein Anspruch, denn das "Schwergewicht der Brille" liege nicht im beruflichen Bereich.
Gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Vorliegend gehe es nicht um einen einmaligen Bedarf, vielmehr gleiche die Brille auf Dauer eine Sehschwäche aus. Es sei der von der Krankenversicherung nicht übernommene Anteil zu tragen. Dies sei vom Beklagten zu ermitteln.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Zurecht hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht nicht. Diesbezüglich wird gemäß § 142 Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die Begründung des SG hingewiesen.
Zu ergänzen ist lediglich, dass ein Anspruch auf § 21 Abs 6 SGB II nicht gestützt werden kann, denn bei einer Brille handelt es sich um einen aus dem Regelbedarf durch Ansparung zu deckenden Bedarf, wobei eine Brille keinen laufenden, sondern einen einmaligen Bedarf darstellt, der in dem Zeitpunkt auftritt, zu dem die Rechnung zu bezahlen ist bzw. bezahlt wird. Auf einen dauerhaften Ausgleich der Sehverschlechterung ist zur Unterscheidung zwischen einmaligen und laufenden Bedarfen nicht abzustellen. Es handelt sich beim Erfordernis einer Brille auch nicht um einen besonderen Bedarf im Sinne des § 21 Abs 6 SGB II, der sich quantitativ oder qualitativ von dem mit dem durchschnittlichen Regelbedarf erfassten Situationen unterscheidet (vgl. Münder in LPK-SGB II, 4.Aufl. § 21 Rn 36). Ausdrücklich ergibt sich aus der BT-Drucks. 17/1465 S. 8, dass die Anschaffung einer Brille nicht unter die Regelung des § 21 Abs 6 SGB II fallen sollte.
Offen gelassen werden kann, ob der Kläger eventuell einen Anspruch auf ein Darlehen gemäß § 24 Abs 1 SGB II (vormals § 23 Abs 1 SGB II) hat, wobei der Beklagte zunächst die Amtsermittlungspflicht hinsichtlich der Unabweisbarkeit des Bedarfs und der bestehenden Deckungslücke zu erfüllen, bevor er auf die Beweislast zum Nachteil des Klägers abstellt. Der Kläger ist jedoch nicht gegen die Ablehnung der Zahlung eines Darlehens mit Bescheid vom 25.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2011 vorgegangen. Aus seiner Begründung ist vielmehr zu entnehmen, dass er von einem langfristigen, dauerhaften Bedarf, nicht aber von einer einmaligen oder kurzfristigen Spitze im Bedarf - so Klagebegründung vom 11.04.2011 -ausgeht. Auch im Widerspruch fordert er die Erstattung der Aufwendung für die Brille, jedoch kein Darlehen.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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