Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 6 KR 266/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 17.01.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2011 wird aufgehoben. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger hauptberuflich selbständig erwerbstätig und somit nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung ist.
Der am XXXXX1961 geborene Kläger betreibt seit dem Jahr 1999 eine Spedition, in der jedenfalls derzeit drei Arbeitnehmer beschäftigt sind. Überdies ist er - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - seit dem 01.04.2005 bei der Beigeladenen abhängig beschäftigt und wurde bislang von der Beklagten als aufgrund dieser Beschäftigung versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) betrachtet.
Laut den im Klageverfahren vorgelegten Bescheiden des Finanzamts hat er seither aus beiden Erwerbstätigkeiten folgende Einkünfte erzielt:
Jahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit 2005 1.535 23.180 2006 4.686 25.000 2007 7.522 25.000 2008 2.499 25.000 2009 11.677 25.000 Eine ebenfalls im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Einnahmen-Überschuss-Rechnung für das Jahr 2010 kommt zu einem Überschuss i.H.v. 9.789,83 Euro. Das Einkommen aus der Beschäftigung bei der Beigeladenen ist auch im Jahr 2010 gleich geblieben.
Mit Bescheid vom 17.01.2011 stellte die Beklagte fest, es bestehe aufgrund der Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Die Meldekorrektur werde aufgrund von Verjährungsvorschriften erst für die Zeit ab dem 01.12.2006 vorgenommen. Sie führte aus, der Kläger beschäftige derzeit drei Arbeitnehmer mit einer Lohnsumme von insgesamt mehr als 400.- Euro monatlich und sei damit als hauptberuflich selbständig anzusehen.
Seinen am 02.02.2011 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, er arbeite für die Beigeladene 40 Stunden wöchentlich, wohingegen er auf seine selbständige Tätigkeit nur bis zu 18 Stunden in der Woche aufwende. Auch sei das Einkommen aus der Beschäftigung bedeutend höher.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 02.03.2011 mit der Begründung zurück, Arbeitgeber, die einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig entlohnt beschäftigten, seien grundsätzlich hauptberuflich selbständig erwerbstätig.
Hiergegen richtet sich die am 15.03.2011 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 17.01.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Beide bleiben bei ihrer Auffassung.
Die Beigeladene
hat keinen Antrag gestellt.
Sie hat ausgeführt, die monatliche Arbeitszeit des Klägers betrage 172 Stunden. Er arbeite zwischen acht und zehn Stunden täglich. Von der selbständigen Tätigkeit habe sie bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses von der gewusst. Der zeitliche Umfang könne angesichts der Arbeitszeit im Beschäftigungsverhältnis nicht groß gewesen sein, jedenfalls habe sie nie Anlass zum Einschreiten gehabt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als (reine) Anfechtungsklage statthaft, da der vorherige Versicherungsstatus des Klägers durch die angefochtenen Entscheidungen geändert worden ist. Somit versetzt eine Aufhebung dieser Entscheidungen den Versicherungsstatus in seinen vorherigen Zustand zurück, womit dem Klagebegehren entsprochen ist.
Die angefochtenen Entscheidungen sind rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger war aufgrund seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V.
Der Kläger war und ist nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig, so dass seine auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V beruhende Versicherungspflicht nicht nach § 5 Abs. 5 SGB V ausgeschlossen ist oder war.
Als hauptberuflich anzusehen ist eine selbständige Erwerbstätigkeit, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Umfang her jedenfalls die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt (BSG, Urteil vom 29.04.1997, 10/4 RK 3/96, SozR 3-5420 § 3 Nr. 2; aus neuerer Zeit etwa SG Hamburg, Urteil vom 14.01.2011, S 33 KR 901/08 m.w.N.).
Ob der Versicherte hingegen einen oder mehrere Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt, ist insoweit unbeachtlich (SG Dresden, Urteil vom 31.01.2008, S 25 KR 313/07). Für ein solches Kriterium findet sich im Gesetz keine Stütze, insbesondere gibt es keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass Arbeitgebereigenschaft zur Hauptberuflichkeit führt (Bayerisches LSG, Urteil vom 01.04.2004, L 4 KR 34/02). Dass das Rentenversicherungsrecht (§ 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 9 Buchstabe a Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) die Rentenversicherungspflicht mancher (nicht etwa aller) Selbständiger bei Beschäftigung mindestens eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers entfallen lässt, hat keine Auswirkungen auf die hiervon bereits begrifflich verschiedene Frage der Hauptberuflichkeit im Krankenversicherungsrecht. Abgesehen davon, dass die beiden Fragen verschiedene Zweige der Sozialversicherung betreffen, weicht auch die Zielsetzung der Vorschriften stark voneinander ab. Während § 2 SGB VI die Konzeption zugrunde liegt, dass bestimmte Gruppen, die pauschal als sozial besonders schutzbedürftig angesehen werden, zwingend rentenzuversichern sind, liegt der Normzweck von § 5 Abs. 5 SGB V in der Mißbrauchsabwehr: Die Regelung verhindert, dass nicht versicherungspflichtige Selbständige durch ein Mindestmaß an abhängiger Nebenbeschäftigung den Schutz der allgemeinen Krankenversicherung erlangen (BSG, a.a.O.). Diesem Zweck wird indes allein eine Betrachtungsweise gerecht, die sich daran orientiert, von welcher Erwerbstätigkeit der Versicherte "hauptsächlich" seinen Lebensunterhalt bestreitet. Dementsprechend fragt § 5 Abs. 5 SGB V gerade nach dem Verhältnis der selbständigen Tätigkeit zu anderen Tätigkeiten ("hauptberuflich"), während bei der Betrachtung nach § 2 SGB VI grundsätzlich beschäftigungsbezogen vorzugehen ist (vgl. etwa Hessisches LSG, Urteil vom 29.03.2007, L 1 KR 138/06, juris, Rn. 19): Werden nebeneinander eine selbstständige Tätigkeit und eine abhängige Beschäftigung ausgeübt, so ist der Arbeitgeber der Beschäftigung rentenversicherungsrechtlich nicht etwa ein (weiterer) Auftraggeber i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI (BSG, Urteil vom 04.11.2009, B 12 R 7/08 R).
Die somit gebotene, an wirtschaftlicher Bedeutung und zeitlichem Umfang orientierte Betrachtungsweise spricht deutlich dagegen, die selbständige Tätigkeit als den Hauptberuf i.S.d. § 5 Abs. 5 SGB V anzusehen. Dies ergibt sich zunächst deutlich aus einer Gegenüberstellung der Einkünfte. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb lagen auch im bislang offenbar besten Geschäftsjahr 2009 nur bei knapp der Hälfte der Einkünfte aus der Beschäftigung. In den anderen Jahren war das Verhältnis noch erheblich ungünstiger. Gegen die Annahme der Hauptberuflichkeit spricht insoweit bereits, dass der Kläger - falls er nur über die Einnahmen aus Gewerbebetrieb verfügte – fast durchgängig auf die Inanspruchnahme sonstiger Mittel zur Sicherstellung seines Lebensunterhaltes angewiesen (gewesen) wäre (vgl. allgemein LSG Berlin, Urteil vom 19.03.2003, L 9 KR 157/02). Auch wenn sich der vom Kläger behauptete zeitliche Aufwand der selbständigen Tätigkeit nicht sicher ermitteln lässt, erscheint es dem Gericht fernliegend, dass dieser höher liegt als die 40-Stunden-Woche der Beschäftigung. Auch die Angaben der Beigeladenen sprechen deutlich dafür, dass die selbständige Tätigkeit in zeitlicher Hinsicht nur eine untergeordnete Rolle spielt. Im Übrigen hat auch die insoweit nach allgemeinen Regeln beweispflichtige (vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherung, § 5 SGB V, Rn. 187) Beklagte keine Feststellungen getroffen, die in eine andere Richtung deuten.
Ebenso wenig ergeben sich im Rahmen der nach § 5 Abs. 5 SGB V letztlich zu treffenden Prognose irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass sich diese Umstände in absehbarer Zeit in relevantem Umfang ändern werden. Insbesondere waren die Einnahmen aus Gewerbebetrieb im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr wieder rückläufig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger hauptberuflich selbständig erwerbstätig und somit nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung ist.
Der am XXXXX1961 geborene Kläger betreibt seit dem Jahr 1999 eine Spedition, in der jedenfalls derzeit drei Arbeitnehmer beschäftigt sind. Überdies ist er - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - seit dem 01.04.2005 bei der Beigeladenen abhängig beschäftigt und wurde bislang von der Beklagten als aufgrund dieser Beschäftigung versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) betrachtet.
Laut den im Klageverfahren vorgelegten Bescheiden des Finanzamts hat er seither aus beiden Erwerbstätigkeiten folgende Einkünfte erzielt:
Jahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit 2005 1.535 23.180 2006 4.686 25.000 2007 7.522 25.000 2008 2.499 25.000 2009 11.677 25.000 Eine ebenfalls im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Einnahmen-Überschuss-Rechnung für das Jahr 2010 kommt zu einem Überschuss i.H.v. 9.789,83 Euro. Das Einkommen aus der Beschäftigung bei der Beigeladenen ist auch im Jahr 2010 gleich geblieben.
Mit Bescheid vom 17.01.2011 stellte die Beklagte fest, es bestehe aufgrund der Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Die Meldekorrektur werde aufgrund von Verjährungsvorschriften erst für die Zeit ab dem 01.12.2006 vorgenommen. Sie führte aus, der Kläger beschäftige derzeit drei Arbeitnehmer mit einer Lohnsumme von insgesamt mehr als 400.- Euro monatlich und sei damit als hauptberuflich selbständig anzusehen.
Seinen am 02.02.2011 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, er arbeite für die Beigeladene 40 Stunden wöchentlich, wohingegen er auf seine selbständige Tätigkeit nur bis zu 18 Stunden in der Woche aufwende. Auch sei das Einkommen aus der Beschäftigung bedeutend höher.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 02.03.2011 mit der Begründung zurück, Arbeitgeber, die einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig entlohnt beschäftigten, seien grundsätzlich hauptberuflich selbständig erwerbstätig.
Hiergegen richtet sich die am 15.03.2011 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 17.01.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Beide bleiben bei ihrer Auffassung.
Die Beigeladene
hat keinen Antrag gestellt.
Sie hat ausgeführt, die monatliche Arbeitszeit des Klägers betrage 172 Stunden. Er arbeite zwischen acht und zehn Stunden täglich. Von der selbständigen Tätigkeit habe sie bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses von der gewusst. Der zeitliche Umfang könne angesichts der Arbeitszeit im Beschäftigungsverhältnis nicht groß gewesen sein, jedenfalls habe sie nie Anlass zum Einschreiten gehabt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als (reine) Anfechtungsklage statthaft, da der vorherige Versicherungsstatus des Klägers durch die angefochtenen Entscheidungen geändert worden ist. Somit versetzt eine Aufhebung dieser Entscheidungen den Versicherungsstatus in seinen vorherigen Zustand zurück, womit dem Klagebegehren entsprochen ist.
Die angefochtenen Entscheidungen sind rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger war aufgrund seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V.
Der Kläger war und ist nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig, so dass seine auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V beruhende Versicherungspflicht nicht nach § 5 Abs. 5 SGB V ausgeschlossen ist oder war.
Als hauptberuflich anzusehen ist eine selbständige Erwerbstätigkeit, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Umfang her jedenfalls die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt (BSG, Urteil vom 29.04.1997, 10/4 RK 3/96, SozR 3-5420 § 3 Nr. 2; aus neuerer Zeit etwa SG Hamburg, Urteil vom 14.01.2011, S 33 KR 901/08 m.w.N.).
Ob der Versicherte hingegen einen oder mehrere Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt, ist insoweit unbeachtlich (SG Dresden, Urteil vom 31.01.2008, S 25 KR 313/07). Für ein solches Kriterium findet sich im Gesetz keine Stütze, insbesondere gibt es keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass Arbeitgebereigenschaft zur Hauptberuflichkeit führt (Bayerisches LSG, Urteil vom 01.04.2004, L 4 KR 34/02). Dass das Rentenversicherungsrecht (§ 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 9 Buchstabe a Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) die Rentenversicherungspflicht mancher (nicht etwa aller) Selbständiger bei Beschäftigung mindestens eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers entfallen lässt, hat keine Auswirkungen auf die hiervon bereits begrifflich verschiedene Frage der Hauptberuflichkeit im Krankenversicherungsrecht. Abgesehen davon, dass die beiden Fragen verschiedene Zweige der Sozialversicherung betreffen, weicht auch die Zielsetzung der Vorschriften stark voneinander ab. Während § 2 SGB VI die Konzeption zugrunde liegt, dass bestimmte Gruppen, die pauschal als sozial besonders schutzbedürftig angesehen werden, zwingend rentenzuversichern sind, liegt der Normzweck von § 5 Abs. 5 SGB V in der Mißbrauchsabwehr: Die Regelung verhindert, dass nicht versicherungspflichtige Selbständige durch ein Mindestmaß an abhängiger Nebenbeschäftigung den Schutz der allgemeinen Krankenversicherung erlangen (BSG, a.a.O.). Diesem Zweck wird indes allein eine Betrachtungsweise gerecht, die sich daran orientiert, von welcher Erwerbstätigkeit der Versicherte "hauptsächlich" seinen Lebensunterhalt bestreitet. Dementsprechend fragt § 5 Abs. 5 SGB V gerade nach dem Verhältnis der selbständigen Tätigkeit zu anderen Tätigkeiten ("hauptberuflich"), während bei der Betrachtung nach § 2 SGB VI grundsätzlich beschäftigungsbezogen vorzugehen ist (vgl. etwa Hessisches LSG, Urteil vom 29.03.2007, L 1 KR 138/06, juris, Rn. 19): Werden nebeneinander eine selbstständige Tätigkeit und eine abhängige Beschäftigung ausgeübt, so ist der Arbeitgeber der Beschäftigung rentenversicherungsrechtlich nicht etwa ein (weiterer) Auftraggeber i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI (BSG, Urteil vom 04.11.2009, B 12 R 7/08 R).
Die somit gebotene, an wirtschaftlicher Bedeutung und zeitlichem Umfang orientierte Betrachtungsweise spricht deutlich dagegen, die selbständige Tätigkeit als den Hauptberuf i.S.d. § 5 Abs. 5 SGB V anzusehen. Dies ergibt sich zunächst deutlich aus einer Gegenüberstellung der Einkünfte. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb lagen auch im bislang offenbar besten Geschäftsjahr 2009 nur bei knapp der Hälfte der Einkünfte aus der Beschäftigung. In den anderen Jahren war das Verhältnis noch erheblich ungünstiger. Gegen die Annahme der Hauptberuflichkeit spricht insoweit bereits, dass der Kläger - falls er nur über die Einnahmen aus Gewerbebetrieb verfügte – fast durchgängig auf die Inanspruchnahme sonstiger Mittel zur Sicherstellung seines Lebensunterhaltes angewiesen (gewesen) wäre (vgl. allgemein LSG Berlin, Urteil vom 19.03.2003, L 9 KR 157/02). Auch wenn sich der vom Kläger behauptete zeitliche Aufwand der selbständigen Tätigkeit nicht sicher ermitteln lässt, erscheint es dem Gericht fernliegend, dass dieser höher liegt als die 40-Stunden-Woche der Beschäftigung. Auch die Angaben der Beigeladenen sprechen deutlich dafür, dass die selbständige Tätigkeit in zeitlicher Hinsicht nur eine untergeordnete Rolle spielt. Im Übrigen hat auch die insoweit nach allgemeinen Regeln beweispflichtige (vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherung, § 5 SGB V, Rn. 187) Beklagte keine Feststellungen getroffen, die in eine andere Richtung deuten.
Ebenso wenig ergeben sich im Rahmen der nach § 5 Abs. 5 SGB V letztlich zu treffenden Prognose irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass sich diese Umstände in absehbarer Zeit in relevantem Umfang ändern werden. Insbesondere waren die Einnahmen aus Gewerbebetrieb im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr wieder rückläufig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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