L 12 AS 3169/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 25 AS 6915/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3169/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Klage auf Erstattung nach § 36a SGB II ist als echte Leistungsklage statthaft. Es ist weder ein Vorverfahren durchzuführen, noch eine Klagefrist einzuhalten (vgl. BSGE 86, 166 und 92, 223).
Zu den nach § 36a SGB II zu erstattenden Kosten bei Aufenthalt im Frauenhaus gehören auch Kosten für tatsächlich erbrachte Betreuungsleistungen, soweit diese für die Eingliederung der Hilfebedürftigen in das Arbeitsleben erforderlich sind. Der Begriff der psychosozialen Betreuung i.S.v. § 16 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB II ist dabei weit auszulegen (Anschluss an LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.02.2010 - L 1 AS 36/09).


L 12 AS 3169/10

S 25 AS 6915/08

Im Namen des Volkes Urteil

Der 12. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2011 für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgarts vom 31. Mai 2010 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Umfang der Kostenerstattungspflicht der Beklagten wegen des Aufenthalts einer Hilfebedürftigen und ihrer zwei Kinder in einem Frauenhaus.

Die 1981 geborene Frau C. H., jugoslawische Staatsangehörige, wohnte mit ihren Kindern in M und bezog bis 2. Januar 2007 Arbeitslosengeld II von der ARGE M. sowie ab 3. Januar 2007 vom JobCenter Stuttgart. Für den Zeitraum 1. September 2006 bis 23. Januar 2007 erhielt sie zudem Leistungen für ihre Kinder nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von jeweils 127,00 EUR monatlich sowie Kindergeld. Wegen Bedrohungen durch ihren Ehemann flüchtete Frau H. mit ihren Kindern am 31. Juli 2006 ins Frauenhaus H. in M ... Nachdem der Ehemann ihren Aufenthaltsort herausgefunden hatte, flüchtete sie wegen weiterer Bedrohung am 3. Januar 2007 mit ihren Kindern ins Frauenhaus S. sowie anschließend am 17. April 2007 in das Frauenhaus F. e.V. im Landkreis., wo sie sich bis zum 6. Juli 2007 mit ihren Kindern aufhielt. Während des Aufenthalts wurden sie und ihre Kinder vom Personal des Frauenhauses psychosozial betreut, wofür Kosten in Höhe von 8.283,87 EUR entstanden sind, die der Kläger getragen hat.

Mit Schreiben vom 19. Juli 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass sich Frau H. vom 17. April bis 6. Juli 2007 im Frauenhaus F. e.V. im Landkreis E. aufgehalten habe und sie zuletzt in M. wohnhaft gewesen sei. Der Kläger forderte die Beklagte zur Anerkennung der Kostenerstattungspflicht dem Grunde nach hinsichtlich der kommunalen Kosten der Unterkunft und Betreuung gemäß § 36a Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) auf. Mit Schreiben vom 7. August 2007, 25. Oktober 2007 und 17. April 2008 forderte der Kläger die ARGE M., an die die Beklagte das Schreiben vom 19. Juli 2007 zunächst weitergeleitet hatte, zur Anerkennung der Kostenerstattungspflicht dem Grunde nach hinsichtlich der Kosten der Unterkunft sowie der psychosozialen Betreuung auf. Die ARGE M. lehnte dies mit Schreiben vom 15. Mai 2008 mit der Begründung ab, dass Frau H. nach einem Wechsel des Frauenhauses einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in S., begründet habe und die ARGE M. daher nicht erstattungspflichtig sei. Mit Schreiben vom 19. August 2008 kündigte der Kläger die klageweise Geltendmachung der Unterkunftskosten gegen den Träger der ARGE M. an und bat um Mitteilung, ob die Stadt M. auch die Gewährung der Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II a.F. auf die ARGE M. übertragen habe, was nicht der Fall war. Dieses Schreiben wurde an die Beklagte weitergeleitet, die die Kostenerstattung mit Schreiben vom 17. Oktober 2008 ablehnte.

Am 15. Oktober 2008 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er macht geltend, dass der bisherige gewöhnliche Aufenthalt im Sinne des § 36a SGB II trotz des Wechsels des Frauenhauses weiterhin M. bleibe. Die psychosoziale Betreuung von Frau H. und ihrer Kinder habe der späteren Wiedereingliederung von Frau H. in den Arbeitsmarkt gedient. Die Betreuungsmaßnahmen der Kinder seien notwendig gewesen, damit diese soweit hätten stabilisiert werden können, dass Frau H. später zur Arbeit gehen könne. Aufgrund des nur dreimonatigen Aufenthalts im Frauenhaus F. seien unmittelbare Maßnahmen zur Arbeitsaufnahme von Frau H. noch nicht möglich gewesen.

Die ARGE M. sagte mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2008 dem Kläger zu, dass sie nach rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens die Unterkunftskosten für den Zeitraum des Aufenthalts von Frau H. im Frauenhaus F. übernehme, wenn die Sozialgerichtsbarkeit der Auffassung sein sollte, dass trotz des Einrichtungswechsels weiter die Landeshauptstadt M. kostenerstattungspflichtig sei. Nach Mitteilung des Vertreters des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2011 sind die Unterkunftskosten inzwischen erstattet.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 31. Mai 2010 verurteilt, dem Kläger die Kosten der Betreuung in Höhe von 8.283,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Oktober 2008 zu zahlen, im Übrigen hat es die Klage (hinsichtlich weiterer Verzugszinsen) abgewiesen. Die Klage sei als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch begründet. Die Erstattungspflicht hinsichtlich der Kosten der psychosozialen Betreuung im Frauenhaus folge aus § 36a SGB II i.V.m. § 16 Abs. 2 SGB II a.F. Suche eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, sei der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort nach dieser Vorschrift verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten. Träger der Leistungen seien gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 - 4 SGB II a.F., §§ 22 und 23 Abs. 3 SGB II, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt seien. Die Beteiligten seien kommunale Träger im Sinne dieser Vorschriften. Die Beklagte sei kommunaler Träger am bisherigen Wohnort der Hilfebedürftigen, der Kläger sei durch die Aufnahme von Frau H. im Frauenhaus im Landkreis E. zuständiger kommunaler Träger geworden und aktiv legitimiert. Der Umstand, dass Frau H. und ihre Kinder bereits in einem Frauenhaus in M. und anschließend in S. gewohnt hätten, stehe der Erstattungspflicht der Beklagten dem Grunde nach nicht entgegen. Der Erstattungsanspruch nach § 36a SGB II bestehe gegen den bisher zuständigen Träger gemäß § 36 SGB II, wenn durch einen Wechsel des Frauenhauses die Zuständigkeit eines anderen kommunalen Trägers begründet werde. Ort des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des § 36a SGB II bleibe allerdings der letzte gewöhnlichen Aufenthaltsort vor dem Aufsuchen eines Frauenhauses auch dann, wenn später die Hilfebedürftigen aus diesem Frauenhaus unmittelbar in ein anderes Frauenhaus wechselten. Dieses Ergebnis ergebe sich aus einer Auslegung des § 36a SGB II nach Sinn und Zweck der Norm, wonach eine einseitige Kostenbelastung derjenigen kommunalen Träger nach dem SGB II, die ein Frauenhaus unterhalten, vermieden werden solle. Der Wechsel des Frauenhauses von M. nach Stuttgart und anschließend in den Landkreis E. habe lediglich dazu geführt, dass der erstattungsberechtigte kommunale Träger am Ort des Frauenhauses gewechselt habe, nicht aber der erstattungspflichtige kommunale Träger der Leistungen gemäß § 36a SGB II, so dass es bei der Erstattungspflicht der Beklagten bleibe.

Die geltend gemachten Betreuungskosten seien von der Erstattungspflicht der Beklagten gemäß § 36a SGB II umfasst. Dies folge aus § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II a.F. i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 - 4 SGB II a.F., wonach weitere Leistungen, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich seien, insbesondere die Betreuung minderjähriger Kinder und die psychosoziale Betreuung seien. Frau H. sei vom Frauenhaus F. durch eine psychosoziale Betreuung unterstützt worden, insbesondere durch psychologische Unterstützung in regelmäßigen Gesprächen mit traumatherapeutischem Hintergrund und zur Stärkung des Selbstvertrauens, Hilfe bei der Wohnungssuche und der Organisation des Umzugs, Kontakte zur Arbeitsagentur und Unterstützung bei der Arbeitssuche und Vermittlung von Kontakten nach Bezug einer Wohnung, die ihr bei der Arbeitssuche behilflich sein könnten sowie Organisation einer Kinderbetreuung. Leistungen an die Kinder umfassten die Vermittlung bei Schulkontakten, Planung und Organisation von geeigneten Fördermaßnahmen, Hausaufgabenhilfe, Betreuungsangebote und psychische Unterstützung bei der Traumabewältigung und in Krisensituationen. Der Begriff der psychosozialen Betreuung sei weit auszulegen, wie aus Sinn und Zweck des § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II a.F. folge. Ob die geltend gemachten Kosten somit nur Betreuungsleistungen im engeren Sinne umfassten oder auch weitere Betreuungsmaßnahmen, sei daher unerheblich. Erforderlich für die Erstattungsfähigkeit der Kosten der psychosozialen Betreuungsleistungen sei jedoch, dass wesentlicher Zweck der im Frauenhaus geleisteten Betreuung auch die Eingliederung in das Erwerbsleben sei. Hier habe es sich um Maßnahmen zumindest auch mit dem Zweck der Eingliederung in das Erwerbsleben gehandelt, denn die psychische, soziale und rechtliche Stabilisierung sei unabdingbare Voraussetzung dafür, dass an eine Eingliederung in das Erwerbsleben gedacht werden könne. Die im Frauenhaus F. erbrachten Leistungen, unter anderem die Vermittlung von Kontakten zur Arbeitssuche auch nach Verlassen des Frauenhauses, belegten diesen Zweck. Auch die Kinderbetreuungskosten gehörten zu den Leistungen, die zur Eingliederung in das Erwerbsleben dienten, denn sie seien als Eingliederungsleistungen in § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II a.F. (§ 16a Nr. 1 SGB II n.F.) ausdrücklich aufgeführt. Außerdem sei die dauerhafte Eingliederung einer alleinerziehenden Mutter in das Erwerbsleben ohne Betreuung und ggf. psychische und soziale Stabilisierung ihrer Kinder regelmäßig nicht möglich. Der Kläger habe somit Anspruch auf Erstattung der Kosten der psychosozialen Betreuung in Höhe von 8.283,87 EUR. Die Höhe ergebe sich dabei aus 81 Tagen multipliziert mit dem Tagessatz in Höhe von 34,09 EUR pro Person für drei Personen.

Der Anspruch sei auch nicht nach § 111 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ausgeschlossen. Die materielle Ausschlussfrist des § 111 SGB X sei auf Erstattungsansprüche nach § 36a SGB II anwendbar, die Frist sei bis zum 6. Juli 2008 gelaufen. Der Kläger habe bereits mit Schreiben vom 19. Juli 2007 ein Anerkenntnis der Beklagten für die Kostenerstattungspflicht dem Grunde nach angefordert und den Zeitraum, für den Kosten der Unterkunft und Betreuung im Frauenhaus betreffend Frau H. und ihrer Kinder zu erstatten seien, genannt. Diese Aufforderung sei als Anmeldung nach § 111 SGB X auszulegen, die den Anforderungen der Vorschrift genüge. Der Anspruch auf Prozesszinsen ergebe sich aus § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), welcher bei öffentlich-rechtlichen Zahlungsansprüchen analoge Anwendung finden könne. Es bestehe kein Anspruch auf die geltend gemachten Verzugszinsen, da § 44 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) die Verzinsung von Ansprüchen auf Geldleistungen nur im Verhältnis zwischen Anspruchsberechtigten und Leistungsträgern regele. Die Verzinsungsregelung des § 108 Abs. 2 SGB X gelte nach herrschender Auffassung nur für die dort ausdrücklich genannten Leistungsträger der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe. Eine analoge Anwendung auf Leistungsträger der Grundsicherung für Arbeitssuchende scheide daher aus.

Gegen das ihr am 8. Juni 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 8. Juli 2010 eingelegte Berufung der Beklagten, die das SG zugelassen hat. Die Beklagte gebe ihre noch im erstinstanzlichen Verfahren vertretene Auffassung, sie sei aufgrund des Frauenhauswechsels örtlich nicht mehr zuständig für eine Erstattung der Betreuungskosten im Frauenhaus F., auf. Nach ihrer Auffassung handele es sich bei den im Frauenhaus gewährten Betreuungsleistungen jedoch nicht um kommunale Eingliederungsleistungen gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II. Bereits die Zielrichtung des SGB II sei nicht geeignet, die Finanzierung der Betreuungskosten im Frauenhaus sicherzustellen. Grundlage und Schwerpunktaufgabe der Frauenhausarbeit sei der Schutzgedanke für die betroffene Frau und ihre Kinder, die Sicherung vor Gewalt und die Aufarbeitung der Gewaltproblematik. Hierbei handele es sich um eine gesellschaftspolitische Aufgabe, deren Bewältigung insbesondere unabhängig von der persönlichen und finanziellen Situation der betroffenen Frau zu erfolgen habe. Auch der Beklagten sei an einer langfristigen Sicherung der Finanzierung von Frauenhäusern gelegen, weshalb sie die Auffassung vertrete, dass die Kosten für die Betreuung im Rahmen der §§ 67 f. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) im Regelfall übernommen werden könnten. Betreuungskosten könnten nach dem SGB II nur übernommen werden, wenn die Einkommens- bzw. Vermögensgrenzen des SGB II nicht überschritten werden. Auch trete der dem SGB II zugrunde liegende Zweck der Eingliederung in das Erwerbsleben gegenüber der vorrangigen Aufgabenstellung der Frauenhausarbeit völlig in den Hintergrund. Für eine Leistung nach § 16 Abs. 2 SGB II a.F. sei jedoch unabdingbare Voraussetzung, dass die Eingliederung in Arbeit im Vordergrund stehen müsse. Demgegenüber verfolge das SGB XII einen ganzheitlichen Ansatz, der unter Berücksichtigung der derzeit geltenden insgesamt unbefriedigenden Rechtslage in diesem Zusammenhang, insbesondere auch was die finanziellen Konsequenzen angehe, einen passenden Regelungsansatz biete. Wie die Beklagte sei auch das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 23. März 2007 - L 8 B 41/06 SO ER - (juris)) der Auffassung, dass die Voraussetzungen der §§ 14 f. SGB II dann nicht erfüllt seien, wenn der Bedarf bereits allein im Hinblick auf eine selbständige Teilhabe am Leben der Gemeinschaft und unabhängig von einer möglichen Eingliederung ins Erwerbsleben bestehe. Nach einer Flucht vor partnerschaftlich geprägter Gewalt sei aber gerade dies der Fall. Aus diesem Grund könnten die Betreuungskosten im Frauenhaus auch im vorliegenden Fall (auch nicht teilweise) als Eingliederungsleistungen bewertet werden. Eine derart weite Auslegung lasse die Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht zu. Auch die aktuelle gesetzliche Veränderung zu § 16a SGB II, in dessen Verlauf die zunächst nicht abschließenden Beispiele der Nrn. 1 - 4 nunmehr in eine abschließende Aufzählung in § 16a SGB II eingeengt worden seien, spreche gegen einen derart weiten Anwendungsbereich der kommunalen Eingliederungsleistungen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wie bereits das LSG Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 23. Februar 2010 (- L 1 AS 36/09 - (juris)) festgestellt habe, handele es sich bei der Betreuung im Frauenhaus regelmäßig um solche psychosoziale Betreuung im Sinne des § 16a SGB II, die zumindest mittelbar auf die Eingliederung in Arbeit abziele. Nur eine derartig verstandene umfassende Kostenerstattungspflicht entspreche im übrigen Sinn und Zweck von § 36a SGB II. Durch Vermeidung einer einseitigen Belastung der Kommunen, die Frauenhäuser betreiben, werde letztlich verhindert, dass Frauen aus anderen Regionen wegen der ungeklärten Finanzierung abgewiesen werden. Der Kläger hat eine Kopie der zwischen ihm und dem Verein Frauen helfen Frauen F. e.V. geschlossenen Vereinbarung vorgelegt. Je nach Personenkreis erfolge die Finanzierung der Betreuungskosten unterschiedlich. Bei Frauen aus dem Rechtskreis des SGB II arbeiteten die Betreuerinnen im Frauenhaus notwendigerweise mit den Mitarbeitern der Jobcenters zusammen, was die Vereinbarung in § 3 auch vorsehe. Die Betreuerinnen stellten zunächst die existenziellsten Bedürfnisse sicher und erbrächten die Eingliederungsarbeit, die sonst das Personal im Jobcenter erledigten müsste. Nur erbringe das Frauenhaus die speziellere Betreuung und naturgemäß diejenige, die die Frauen in dieser Notsituation zuerst bräuchten, nämlich psychische und physische Stabilisierung. Erst danach könne die Eingliederung in den Arbeitsmarkt angegangen werden. Insofern sei Betreuungsarbeit im Frauenhaus immer Vorbereitung auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Es sei deshalb zu begrüßen, dass der Gesetzgeber mit § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 a.F. bzw. § 16a Nr. 3 n.F. SGB II psychosoziale Betreuung zulasse "zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit". Bis zur Einführung dieser Vorschrift sei es unmöglich gewesen, von der Herkunftskommune Kostenerstattung zu verlangen, wodurch Tendenzen der Abschottung des Frauenhauses von auswärtigen Frauen sichtbar geworden seien. Misshandelte Frauen seien aber von der Natur der Sache her in größerer Entfernung vor dem Peiniger sicherer. Der Gesetzgeber habe die zuvor nicht geregelte Erstattung der Kosten im Frauenhaus - auch der Kosten der psychosozialen Betreuung - herbeiführen wollen, um den genannten Tendenzen Einhalt zu gebieten. Die Ausführungen des LSG Nordrhein-Westfalen seien praktikabel und überzeugend. Die nordrhein-westfälischen kommunalen Spitzenverbände hätten auf das Urteil ihres LSG reagiert, indem sie die dort ausgesprochene extensive Auslegung des § 16a SGB II empfohlen hätten. Solange keine andere bundesweit geltende Finanzierungsform gefunden werde, sei es verschiedenen Bundesländern unbenommen, andere Finanzierungsformen auf die Erhebung von Tagessätzen umzustellen, damit die dortigen kommunalen Träger ebenfalls Kostenerstattung verlangen könnten. Soweit bekannt, erfolge die Finanzierung in Bayern nur selten über Tagessätze, vielmehr über kommunale Zuschüsse. Solange dies in Bayern nicht geändert werde, hätten bayerische kommunale Träger Schwierigkeiten, Kostenerstattung über § 36a SGB II zu erhalten.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2011 die Mitarbeiterin des Frauenhauses F., Frau S., als Zeugin zur Arbeitsweise des Frauenhauses F. allgemein sowie zu Art und Umfang der erbrachten Betreuungsleistungen zugunsten von Frau H. und ihrer Kinder vernommen. Bezüglich des Inhalts ihrer Aussage wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), da das SG die Berufung zugelassen hat. Der Senat ist hieran gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet, denn das SG hat die Beklagte zurecht verurteilt, die vom Kläger verauslagten Kosten für die Betreuung der Frau H. und ihrer Kinder im Frauenhaus F. in der Zeit vom 17. April bis 6. Juli 2007 in Höhe von insgesamt 8.283,87 EUR zu erstatten.

Die Klage ist als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Bei einem Erstattungsstreit zwischen Sozialleistungsträgern handelt es sich um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht erforderlich (vgl. BSGE 86, 166, 167 f. = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; BSGE 92, 223 f. = SozR 3-2500 § 39 Nr. 1). Streitgegenstand ist vorliegend nur die Erstattung von Betreuungsleistungen, nicht von Kosten der Unterkunft und Heizung. Letztere hat der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht eingeklagt, sie sind auch inzwischen erstattet.

Rechtsgrundlage für die Erstattungspflicht der Beklagten ist § 36a SGB II. Nach dieser Vorschrift ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus zu erstatten, wenn eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht sucht. Die Beteiligten sind kommunale Träger im Sinne dieser Vorschrift, die Beklagte ist der kommunale Träger am bisherigen Wohnort der Hilfebedürftigen, der Kläger ist durch die Aufnahme von Frau H. und ihrer Kinder in seinem Frauenhaus zuständiger kommunaler Träger geworden (§ 36 Satz 2 SGB II). Es war zwar auch im Zuständigkeitsbereich des Klägers eine Arbeitsgemeinschaft im Sinne des § 44b SGB II gebildet, an der Eigenschaft des Klägers als kommunaler Leistungsträger gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II und damit seiner Aktivlegitimation ändert dies jedoch nichts (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 44b Rdnr. 42).

Wie auch die Beklagte inzwischen einräumt, steht der Umstand, dass Frau H. und ihre Kinder nach M. bereits in einem Frauenhaus in S. wohnten, bevor sie in das Frauenhaus F. zogen, der Erstattungspflicht der Beklagten dem Grunde nach nicht entgegen. Der Erstattungsanspruch des § 36a SGB II besteht auch, wenn durch einen Wechsel des Frauenhauses die Zuständigkeit eines anderen kommunalen Trägers begründet wird. Mit dem Wortlaut des "bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort" im Sinne von § 36a SGB II ist der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort außerhalb eines Frauenhauses, vorliegend mithin die Wohnung der Familie H. in M. gemeint. Im Falle eines unmittelbaren Wechsels von einem Frauenhaus in ein in einem anderen Bezirk liegendes Frauenhaus wird nicht erneut "Zuflucht in ein Frauenhaus" im Sinne von § 36a SGB II "gesucht", vielmehr bleiben die betreffenden Personen in einem Frauenhaus, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des ersten Halbsatzes des § 36a SGB II erfüllt sind, wenn nur ein Wechsel des Ortes des Frauenhauses stattfindet. Es bleibt daher der kommunale Träger der Leistungen am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts vor der Verlegung des Aufenthaltsorts in ein Frauenhaus zur Erstattung der Leistungen auch dann verpflichtet, wenn Hilfebedürftige von einem Frauenhaus in ein anderes Frauenhaus wechseln und damit ein anderer Träger des (zweiten) Frauenhauses für die Leistungserbringung zuständig wird (so auch SG Karlsruhe, Urteil vom 16. Juli 2008 - S 8 AS 4000/07 - (juris)). Dies entspricht auch dem Gesetzeszweck, denn nach der Gesetzesbegründung zu § 36a SGB II sollte durch die Regelung eine einseitige Kostenbelastung derjenigen kommunalen Träger nach dem SGB II vermieden werden, die ein Frauenhaus unterhalten, da die weit überwiegende Zahl der Frauenhausbewohnerinnen Leistungen nach dem SGB II erhalten können (vgl. BT-Drucks. 15/5607 S. 6). Die Vorschrift erschöpft sich nicht in einer reinen Kostenausgleichsregelung, sondern dient auch dem Schutz der leistungsberechtigten Frauen und ihrer Kinder. Indem sich die Aufnahme einer Frau aus einem anderen Zuständigkeitsbereich für die Betreibergemeinde weitgehend kostenneutral darstellt, wird die Bereitschaft, Frauen aus einer anderen Gemeinde aufzunehmen, erhöht (vgl. Schoch, LPK-SGB II, 4. Aufl., § 36a Rdnr. 3). Der mit der Norm verfolgte Zweck der Kostenentlastung von Trägern, die ein Frauenhaus betreiben, würde geradezu in sein Gegenteil verkehrt, wenn man den gewöhnlichen Aufenthalt, welcher in einem Frauenhaus vor Wechsel in ein anderes Frauenhaus begründet wird, als "Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts" im Sinne des § 36a SGB II verstehen wollte, von wo aus eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht sucht. Die Beklagte ist daher grundsätzlich erstattungspflichtig.

Die hier streitigen Betreuungskosten unterliegen der Erstattungspflicht nach § 36a SGB II. § 36a SGB II wurde eingefügt durch Art. 1 des Freibetrags-Neuregelungsgesetzes vom 14. August 2005 (BGBl. I S. 2407) und erhielt seine jetzige Fassung mit Wirkung ab 1. August 2006 durch Art. 1 Nr. 32 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706). In der Gesetzesbegründung hierzu wird ausgeführt, dass die Kostenerstattung Pflichtleistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II umfasst (BT-Drucks. 16/1410 S. 27). Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in der vom 1. August 2006 bis 31. Dezember 2008 und damit hier maßgeblichen Fassung waren die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 - 4 SGB II zuständige Leistungsträger. § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 - 4 SGB II in der vom 1. August 2006 bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung bestimmte, dass zu den weiteren Leistungen, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind, insbesondere die Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder oder die häusliche Pflege von Angehörigen (Nr. 1), die Schuldnerberatung (Nr. 2), die psychosoziale Betreuung (Nr. 3) und die Suchtberatung (Nr. 4) gehören. Die Aufzählung der weiteren Leistungen in § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB II war, erkennbar durch die Verwendung des Wortes "insbesondere", nicht abschließend.

Durch § 16a SGB II in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung (Art. 2 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008, BGBl. I S. 2917) sind die zuvor noch möglichen Leistungen zur Eingliederung deutlich eingeschränkt worden (vgl. Thie in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 16a Rdnr. 1). Aber auch die jetzt abschließend aufgezählten Leistungen sollen nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung eine ganzheitliche und umfassende Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit gewährleisten. Vor diesem Hintergrund ist eine enge Auslegung des Begriffs der psychosozialen Betreuung nicht geboten. Er umfasst nicht nur medizinisch indizierte psychiatrische oder psychotherapeutische Interventionen als Betreuung im engeren Sinne, sondern alle Maßnahmen, die zur psychischen und sozialen Stabilisierung des Betroffenen zu dienen bestimmt sind (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Februar 2010, a.a.O.).

Der Erstattungspflicht nach § 36a SGB II unterfallen damit die Leistungen, die in Erfüllung der sich aus § 16 Abs. 2 SGB II ergebenden Pflicht des kommunalen Trägers erbracht werden. Dies sind alle Leistungen, die für die Eingliederung des Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind. Entscheidend ist daher im Einzelfall, ob und in welchem Umfang die tatsächlich erbrachten Betreuungsleistungen für die Eingliederung der Frau ins Erwerbsleben erforderlich sind. Die Problematik, ob derartige Betreuungsleistungen zur Eingliederung ins Erwerbsleben auch dann erforderlich sind, wenn die Frau bereits erwerbstätig ist (vgl. Aubel in jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2011, § 36a Rdnr. 13), stellt sich im vorliegenden Fall nicht; hierauf ist daher nicht weiter einzugehen. Wie bereits ausgeführt, kommt es auf die Frage, ob es sich um psychosoziale Betreuung im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II im engeren Sinne handelt, oder ob es sich um anderweitige Betreuungsleistungen handelt, nicht an. Einer förmlichen Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II bedarf es nicht. Maßgebend ist allein, dass es sich um Leistungen handelt, die - auch im Sinne einer psychischen und sozialen Stabilisierung der Betroffenen - dazu dienen, die Eingliederung des Betroffenen in das Erwerbsleben zu fördern (so ausführlich LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Februar 2010, a.a.O).

Diese Voraussetzungen erfüllen die im Frauenhaus F. erbrachten Betreuungsleistungen. Wie sich aus dem Schreiben der Frau H. betreuenden Zeugin S. vom 7. Januar 2009 sowie ihrer Aussage vor dem Senat ergibt, hatte der Mann von Frau H. aufgrund eines Gerichtstermins in S. wegen des Umgangsrechts mit den Kindern erneut ihren Aufenthaltsort herausgefunden und wieder gedroht, sie umzubringen, weshalb sie in das Frauenhaus F. flüchtete. Die lebensbedrohliche Situation, die bevorstehende Gerichtsverhandlung und die notwendigen Umzüge hätten Frau H. und die Kinder retraumatisiert und sehr belastet. Das ältere Kind habe schon wieder aus der Schule genommen werden müssen. Das primäre Ziel sei es gewesen, Frau H. und die Kinder zu schützen und zu stabilisieren. Bei Frau H. habe das Unterstützungsangebot folgendermaßen ausgesehen: Psychische Unterstützung in regelmäßigen Gesprächen mit traumatherapeutischem Hintergrund, Entlastung durch Unterstützung der Kinder, Unterstützung bei Anträgen und Ämtergängen, gemeinsame Regelung der finanziellen Situation, Hilfen bei Gerichtsterminen, Organisation der Kinderbetreuung, Hilfen bei der Wohnungssuche und der Organisation des Umzugs sowie Kontakte zum Arbeitsamt und Unterstützung bei der Arbeitssuche. Bei den Kindern habe es sich um Vermittlung der Schulkontakte, Planung und Organisation von geeigneten Fördermaßnahmen, Hausaufgabenhilfe, Betreuungsangebote, Kreativprogramme, Unterstützung bei der Freizeitgestaltung, psychische Unterstützung bei der Traumabewältigung, in Krisensituationen und nach Gerichtsterminen gehandelt. Vorliegend sei die Betreuung sehr intensiv gewesen, auch zeitmäßig. Nach knapp drei Monaten nach der Gerichtsverhandlung habe Frau H. mit ihren Kindern in eine eigene Wohnung ziehen können, das Frauenhaus habe Kontakte zu anderen Einrichtungen vermittelt, die ihr weiter behilflich bei der Stellensuche gewesen seien. Nach der Aussage von Frau S. wird im Frauenhaus ganzheitlich gearbeitet, wobei neben der Sicherheit der Frauen und Kinder auch die Gesundheit in psychischer und physischer Form sehr wichtig sei. Hierzu gehöre auch das Stärken des Selbstvertrauens und des Selbstbewusstseins, wozu in hohem Maße auch die Fähigkeit beitrage, einer Beschäftigung nachgehen und sich den Lebensunterhalt selbst verdienen zu können. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit sei es daher, mit der Frauen daran zu arbeiten - wenn die Grundvoraussetzungen erst einmal geschaffen seien - eine Beschäftigung zu finden. Daher würden sehr enge Kontakte zum Jobcenter gehalten, Frauen in Sprachkurse vermittelt, es werde gemeinsam überlegt mit den Frauen, welche Fähigkeiten sie haben und für welche Arbeit sie sich interessieren könnten, es würden Bewerbungen mit ihnen geschrieben, sie würden auf Vorstellungsgespräche vorbereitet, über Ausbildungsmöglichkeiten informiert, darüber informiert, wo sie Arbeitsangebote suchen könnten, Beschäftigungen vermittelt und es werde Kontakt zu Arbeitgebern von den Bewohnerinnen gehalten. Es bestünden Absprachen mit dem Jobcenter, dass die Frauen sehr schnell eine Einladung erhielten und in Fällen, in denen eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen werde, sei dort enthalten, dass die Frauen im Frauenhaus psychosozial betreut würden.

Nach Lage der Akten und dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat insbesondere aufgrund der glaubwürdigen Angaben der Zeugin der Überzeugung, dass die im Frauenhaus F. für Frau H. und ihre Kinder erbrachten Leistungen auch der Eingliederung in das Erwerbsleben dienen und insoweit Betreuungsleistungen im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II sind. Das SG hat insoweit bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die psychische, soziale und rechtliche Stabilisierung unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass an eine Eingliederung in das Erwerbsleben überhaupt erst gedacht werden kann. Wie sich aus den Angaben der Zeugin klar ergibt, ist bei dem ganzheitlichen Konzept des Frauenhauses F. neben dem Schutz der Bewohnerinnen und ihrer Kinder Ziel auch die Vorbereitung auf die Zeit nach dem Aufenthalt im Frauenhaus. Derartige Betreuungsleistungen waren hier aufgrund der konkreten Situation von Frau H. geboten und sind auch erbracht worden. Schließlich gehören auch die Kinderbetreuungskosten zu den Leistungen, die zur Eingliederung in das Erwerbsleben dienen. Entsprechende Leistungen sind als Eingliederungsleistungen in § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II ausdrücklich aufgeführt. Auch insoweit hat das SG zurecht darauf hingewiesen, dass die dauerhafte Eingliederung einer alleinerziehenden Mutter in das Erwerbsleben ohne Betreuung und ggf. psychische und soziale Stabilisierung ihrer Kinder regelmäßig nicht möglich ist. Durch die Betreuung der gesamten Familie von Frau H. werden daher auch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen - Frau H. selbst - beseitigt oder vermindert.

Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Bezifferung der Forderung bestehen nicht, auch die Beklagte hat Einwendungen hinsichtlich der Höhe des geforderten Tagessatzes ausdrücklich nicht geltend gemacht.

Der vom SG zugesprochene Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus § 291 BGB (vgl. BSG SozR 4-7610 § 291 Nr. 3 = BSGE 96, 133).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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