Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 27 AS 2751/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2254/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.12.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit Bescheid vom 16.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2011 hat der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) an den Antragsteller im Hinblick auf vorhandenes Vermögen, im Wesentlichen in Gestalt eines unbebauten Grundstücks, abgelehnt. Hingegen hat der Antragsteller am 22.11.2011 in dem Verfahren S 27 AS 2701/11, SG Gelsenkirchen, Klage erhoben.
Mit am 28.11.2011 im vorliegenden Verfahren gestelltem Antrag hat der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners zur Bewilligung, hilfsweise auch darlehensweisen Erbringung von Leistungen nach dem SGB II i.H.v. monatlich 364,00 EUR zzgl. Kosten der Unterkunft i.H.v. 267,00 EUR monatlich begehrt und in der Begründung zu diesem Antrag auf die Gefährdung seines Krankenversicherungsschutzes hingewiesen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14.12.2011, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit ab dem 28.11.2011 monatlich darlehensweise 364,00 EUR bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch für sechs Monate, zu gewähren und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Zudem hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, 25 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.
Gegen den am 14.12.2011 per Fax übermittelten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 19.12.2011, mit der er die Ablehnung seines Antrags auf Verpflichtung des Antragsgegners zur zumindest darlehensweisen Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie die Kostenentscheidung des Sozialgerichts angreift. Zu Unrecht nehme das Sozialgericht an, dass die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung eine präsente Gefährdung der Unterkunft voraussetze. Die Kostenquotelung des Sozialgerichts sei falsch, weil der Antragsteller mit seinem Hilfsantrag zu 50 % obsiegt habe.
Mit Schreiben vom 19.01.2012 hat der Antragsteller zudem die Verpflichtung des Antragsgegners zur darlehensweisen Gewährung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung i.H.v. monatlich 149,63 EUR begehrt und sodann mit Schreiben vom 22.02.2012 mitgeteilt, er habe eine Steuererstattung i.H.v. 2.097,39 EUR erhalten, davon jedoch einen Betrag von 1.069,00 EUR zur Tilgung von Rückforderungen bzw. Darlehensforderungen und weitere ca. 700,00 EUR zum Ausgleich einer Kontoüberziehung verwendet. Insoweit tangiere die Steuererstattung das vorliegende Verfahren nicht. Eine Eilbedürftigkeit hinsichtlich der Verpflichtung zur Übernahme von Unterkunftskosten bestehe schon im Hinblick auf die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), weil er nach erstmaliger Kündigung wegen Mietrückstandes das Recht zur Abwendung einer erneuten Kündigung wegen Mietrückstandes durch nachträgliche Zahlung der Mietrückstände verliere.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Dahinstehen mag, ob und für welche Zeiträume einem Obsiegen des Antragstellers im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Steuererstattung von 2.097,39 EUR entgegensteht. Immerhin ist insoweit darauf hinzuweisen, dass im Leistungsrecht des SGB II die Sicherung des aktuellen Lebensunterhalts durch eigene Mittel grundsätzlich der Schuldentilgung vorgeht (z. B. Urteile des BSG vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R, vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R), was in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ganz regelmäßig zur Ablehnung von Verpflichtungsanträgen führt, auch wenn das zugeflossene Einkommen aktuell nicht mehr zur Verfügung steht, weil es, z.B. im Rahmen einer Kontokorrentabrede zum Ausgleich eines Debetsaldos verwendet worden ist (Beschluss des Senats vom 22.12.2010 - L 19 AS 2075/10 B ER).
Jedenfalls hat das Sozialgericht in Übereinstimmung mit der, soweit ersichtlich, einheitlichen Meinung aller Fachsenate des LSG NW entschieden, dass ein Anordnungsgrund für die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II nicht glaubhaft gemacht ist, weil die Unterkunft des Antragstellers aktuell nicht gefährdet ist. Dies ist frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen und zugleich darauf hinzuweisen, dass selbst nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage noch zwei Monate Zeit bleiben, den Verlust der Wohnung abzuwenden. Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird die auf Mietrückstände gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (z.B. Beschlüsse des Senats vom 14.07.2010 - L 19 AS 912/10 B ER, vom 12.01.2012 - L 19 AS 1781/11 B ER). Fehl geht die Annahme des Antragstellers, bereits der Verlust des Abwendungsrechts im Wiederholungsfall einer Kündigung wegen Mietrückstandes begründe eine nicht anders als durch Erlass einer einstweiligen Anordnung abwendbare Notlage i.S.d. Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.
Abgesehen davon, dass der Antragsteller nicht einmal Mietrückstände glaubhaft gemacht hat, die eine Räumungsklage zuließen, wäre selbst dann im Hinblick auf den Schutzmechanismus nach § 22 Abs. 9 SGB II (Mitteilung des Amtsgerichtes, bei dem die Räumungsklage anhängig gemacht wird an den zuständigen Leistungsträger nach dem SGB II) anzunehmen, dass ein dringendes Regelungsbedürfnis nicht besteht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30.03.2007 - 1 BvR 535/07 zur vorhergehenden gleichartigen Regelung in § 22 Abs. 5, 6 a.F. SGB II). Umso weniger löst daher der angeblich drohende Verlust des Abwendungsrechts im Wiederholungsfall die aktuelle Eilbedürftigkeit aus.
Erfolglos bleibt auch der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Beiträge zur freiwilligen privaten Krankenversicherung des Antragstellers.
Zweifel bestehen bereits hinsichtlich der Zulässigkeit des unmittelbar an das zweitinstanzliche Gericht adressierten Begehrens. Über den einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b SGG hat das Gericht der Hauptsache zu entscheiden, woraus grundsätzlich folgt, dass das Beschwerdegericht nur in dem Umfang über das Rechtsschutzbegehren befindet, in dem das Sozialgericht als Hauptsachegericht hiermit befasst gewesen ist (z.B. Beschlüsse des Senats vom 08.05.2009 - L 19 B 36/09 AS ER, vom 03.07.2009 - L 19 B 138/09 AS ER). Hieraus folgt, dass erstmalig zweitinstanzlich gestellte Anträge unzulässig sind.
Nähme man daher im Hinblick auf den Wortlaut des in der Antragsschrift vom 28.11.2011 formulierten Antrages an, der Antragsteller habe ausschließlich die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 20, 22 SGB II begehrt, wäre der an den Senat gerichtete Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung der freiwilligen Krankenversicherung nach §§ 23, 26 SGB II als unzulässig anzusehen. Da der Antragsteller jedoch in der Begründung zu seinem vor dem Sozialgericht gestellten Antrag auf die Gefährdung seines Krankenversicherungsschutzes hingewiesen hat, könnte zu seinen Gunsten angenommen werden, dass auch die Frage seines Krankenversicherungsschutzes Bestandteil des erstinstanzlichen Streitgegenstandes war.
Doch auch der so verstandene und in diesem Fall zulässige Antrag bleibt erfolglos, weil auch hinsichtlich der begehrten Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen darlehensweisen Übernahme von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung i.H.v. monatlich 149,63 EUR kein Anordnungsgrund als Voraussetzung für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht worden ist.
Dieser setzt vielmehr voraus, dass der Antragsteller sich mit seinem Leistungsbegehren zuvor an den Leistungsträger gewendet hat und dies erfolglos geblieben ist. Nach ständiger Rechtsprechung auch des hier befassten Senats ist die Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens nur dann glaubhaft gemacht, wenn zuvor zumutbare Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erreichen. Hierzu gehört insbesondere die vorherige Kontaktaufnahme mit den zuständigen Verwaltungs- bzw. Leistungsträgern (Beschlüsse des Senats vom 04.01.2010 - L 19 B 338/09 AS m.w.N., vom 07.11.2011 - L 19 AS 1217/11 B).
Nicht ersichtlich ist zudem, dass das Sozialgericht die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens bei der entsprechend § 193 SGG getroffenen Kostenentscheidung verletzt haben könnte. Ganz offensichtlich widerspräche vielmehr die vom Antragsteller begehrte Kostenquotelung von 50 v.H. dem Erfolg in der Sache. Denn der Antragsteller hat eine Verpflichtung zur zuschussweisen, hilfsweise auch darlehensweisen Gewährung von Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 164,00 EUR monatlich zzgl. Kosten der Unterkunft i.H.v. 367,00 EUR monatlich bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache begehrt. Das Sozialgericht hat dem Antrag arithmetisch in etwa zur Hälfte entsprochen, jedoch anstelle des in erster Linie begehrten Zuschusses lediglich ein Darlehen zugesprochen und die Dauer der Leistungsgewährung zudem auf sechs Monate begrenzt. Dass dies ein Minus im Verhältnis zum Hauptantrag auf unbefristete Zuschussgewährung darstellt, bedarf aus Sicht des Senats keiner weiteren Darlegung.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Gründe:
I.
Mit Bescheid vom 16.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2011 hat der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) an den Antragsteller im Hinblick auf vorhandenes Vermögen, im Wesentlichen in Gestalt eines unbebauten Grundstücks, abgelehnt. Hingegen hat der Antragsteller am 22.11.2011 in dem Verfahren S 27 AS 2701/11, SG Gelsenkirchen, Klage erhoben.
Mit am 28.11.2011 im vorliegenden Verfahren gestelltem Antrag hat der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners zur Bewilligung, hilfsweise auch darlehensweisen Erbringung von Leistungen nach dem SGB II i.H.v. monatlich 364,00 EUR zzgl. Kosten der Unterkunft i.H.v. 267,00 EUR monatlich begehrt und in der Begründung zu diesem Antrag auf die Gefährdung seines Krankenversicherungsschutzes hingewiesen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14.12.2011, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit ab dem 28.11.2011 monatlich darlehensweise 364,00 EUR bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch für sechs Monate, zu gewähren und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Zudem hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, 25 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.
Gegen den am 14.12.2011 per Fax übermittelten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 19.12.2011, mit der er die Ablehnung seines Antrags auf Verpflichtung des Antragsgegners zur zumindest darlehensweisen Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie die Kostenentscheidung des Sozialgerichts angreift. Zu Unrecht nehme das Sozialgericht an, dass die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung eine präsente Gefährdung der Unterkunft voraussetze. Die Kostenquotelung des Sozialgerichts sei falsch, weil der Antragsteller mit seinem Hilfsantrag zu 50 % obsiegt habe.
Mit Schreiben vom 19.01.2012 hat der Antragsteller zudem die Verpflichtung des Antragsgegners zur darlehensweisen Gewährung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung i.H.v. monatlich 149,63 EUR begehrt und sodann mit Schreiben vom 22.02.2012 mitgeteilt, er habe eine Steuererstattung i.H.v. 2.097,39 EUR erhalten, davon jedoch einen Betrag von 1.069,00 EUR zur Tilgung von Rückforderungen bzw. Darlehensforderungen und weitere ca. 700,00 EUR zum Ausgleich einer Kontoüberziehung verwendet. Insoweit tangiere die Steuererstattung das vorliegende Verfahren nicht. Eine Eilbedürftigkeit hinsichtlich der Verpflichtung zur Übernahme von Unterkunftskosten bestehe schon im Hinblick auf die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), weil er nach erstmaliger Kündigung wegen Mietrückstandes das Recht zur Abwendung einer erneuten Kündigung wegen Mietrückstandes durch nachträgliche Zahlung der Mietrückstände verliere.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Dahinstehen mag, ob und für welche Zeiträume einem Obsiegen des Antragstellers im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Steuererstattung von 2.097,39 EUR entgegensteht. Immerhin ist insoweit darauf hinzuweisen, dass im Leistungsrecht des SGB II die Sicherung des aktuellen Lebensunterhalts durch eigene Mittel grundsätzlich der Schuldentilgung vorgeht (z. B. Urteile des BSG vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R, vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R), was in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ganz regelmäßig zur Ablehnung von Verpflichtungsanträgen führt, auch wenn das zugeflossene Einkommen aktuell nicht mehr zur Verfügung steht, weil es, z.B. im Rahmen einer Kontokorrentabrede zum Ausgleich eines Debetsaldos verwendet worden ist (Beschluss des Senats vom 22.12.2010 - L 19 AS 2075/10 B ER).
Jedenfalls hat das Sozialgericht in Übereinstimmung mit der, soweit ersichtlich, einheitlichen Meinung aller Fachsenate des LSG NW entschieden, dass ein Anordnungsgrund für die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II nicht glaubhaft gemacht ist, weil die Unterkunft des Antragstellers aktuell nicht gefährdet ist. Dies ist frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen und zugleich darauf hinzuweisen, dass selbst nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage noch zwei Monate Zeit bleiben, den Verlust der Wohnung abzuwenden. Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird die auf Mietrückstände gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (z.B. Beschlüsse des Senats vom 14.07.2010 - L 19 AS 912/10 B ER, vom 12.01.2012 - L 19 AS 1781/11 B ER). Fehl geht die Annahme des Antragstellers, bereits der Verlust des Abwendungsrechts im Wiederholungsfall einer Kündigung wegen Mietrückstandes begründe eine nicht anders als durch Erlass einer einstweiligen Anordnung abwendbare Notlage i.S.d. Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.
Abgesehen davon, dass der Antragsteller nicht einmal Mietrückstände glaubhaft gemacht hat, die eine Räumungsklage zuließen, wäre selbst dann im Hinblick auf den Schutzmechanismus nach § 22 Abs. 9 SGB II (Mitteilung des Amtsgerichtes, bei dem die Räumungsklage anhängig gemacht wird an den zuständigen Leistungsträger nach dem SGB II) anzunehmen, dass ein dringendes Regelungsbedürfnis nicht besteht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30.03.2007 - 1 BvR 535/07 zur vorhergehenden gleichartigen Regelung in § 22 Abs. 5, 6 a.F. SGB II). Umso weniger löst daher der angeblich drohende Verlust des Abwendungsrechts im Wiederholungsfall die aktuelle Eilbedürftigkeit aus.
Erfolglos bleibt auch der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Beiträge zur freiwilligen privaten Krankenversicherung des Antragstellers.
Zweifel bestehen bereits hinsichtlich der Zulässigkeit des unmittelbar an das zweitinstanzliche Gericht adressierten Begehrens. Über den einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b SGG hat das Gericht der Hauptsache zu entscheiden, woraus grundsätzlich folgt, dass das Beschwerdegericht nur in dem Umfang über das Rechtsschutzbegehren befindet, in dem das Sozialgericht als Hauptsachegericht hiermit befasst gewesen ist (z.B. Beschlüsse des Senats vom 08.05.2009 - L 19 B 36/09 AS ER, vom 03.07.2009 - L 19 B 138/09 AS ER). Hieraus folgt, dass erstmalig zweitinstanzlich gestellte Anträge unzulässig sind.
Nähme man daher im Hinblick auf den Wortlaut des in der Antragsschrift vom 28.11.2011 formulierten Antrages an, der Antragsteller habe ausschließlich die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 20, 22 SGB II begehrt, wäre der an den Senat gerichtete Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung der freiwilligen Krankenversicherung nach §§ 23, 26 SGB II als unzulässig anzusehen. Da der Antragsteller jedoch in der Begründung zu seinem vor dem Sozialgericht gestellten Antrag auf die Gefährdung seines Krankenversicherungsschutzes hingewiesen hat, könnte zu seinen Gunsten angenommen werden, dass auch die Frage seines Krankenversicherungsschutzes Bestandteil des erstinstanzlichen Streitgegenstandes war.
Doch auch der so verstandene und in diesem Fall zulässige Antrag bleibt erfolglos, weil auch hinsichtlich der begehrten Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen darlehensweisen Übernahme von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung i.H.v. monatlich 149,63 EUR kein Anordnungsgrund als Voraussetzung für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht worden ist.
Dieser setzt vielmehr voraus, dass der Antragsteller sich mit seinem Leistungsbegehren zuvor an den Leistungsträger gewendet hat und dies erfolglos geblieben ist. Nach ständiger Rechtsprechung auch des hier befassten Senats ist die Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens nur dann glaubhaft gemacht, wenn zuvor zumutbare Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erreichen. Hierzu gehört insbesondere die vorherige Kontaktaufnahme mit den zuständigen Verwaltungs- bzw. Leistungsträgern (Beschlüsse des Senats vom 04.01.2010 - L 19 B 338/09 AS m.w.N., vom 07.11.2011 - L 19 AS 1217/11 B).
Nicht ersichtlich ist zudem, dass das Sozialgericht die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens bei der entsprechend § 193 SGG getroffenen Kostenentscheidung verletzt haben könnte. Ganz offensichtlich widerspräche vielmehr die vom Antragsteller begehrte Kostenquotelung von 50 v.H. dem Erfolg in der Sache. Denn der Antragsteller hat eine Verpflichtung zur zuschussweisen, hilfsweise auch darlehensweisen Gewährung von Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 164,00 EUR monatlich zzgl. Kosten der Unterkunft i.H.v. 367,00 EUR monatlich bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache begehrt. Das Sozialgericht hat dem Antrag arithmetisch in etwa zur Hälfte entsprochen, jedoch anstelle des in erster Linie begehrten Zuschusses lediglich ein Darlehen zugesprochen und die Dauer der Leistungsgewährung zudem auf sechs Monate begrenzt. Dass dies ein Minus im Verhältnis zum Hauptantrag auf unbefristete Zuschussgewährung darstellt, bedarf aus Sicht des Senats keiner weiteren Darlegung.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Rechtskraft
Aus
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