Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 115 AS 30405/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1030/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die einschränkende Auslegung des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II bei einer Bedarfsgemeinschaft mit einem Rentner greift auch dann ein, wenn diesem zwar materiell-rechtlich Ansprüche auf SGB XII-Leistungen zustünden, ein entsprechender Antrag jedoch bestandskräftig abgelehnt worden ist.
Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II) für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008.
Die 1949 geborene Klägerin lebte bis zum 13. April 2007 gemeinsam mit ihrem 1945 geborenen Ehemann K H in dem Haus Hweg in B. Das Haus hatte die Klägerin ihrem Sohn im Jahre 2004 zur Hälfte geschenkt. Das Grundstück ist/war jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum mit einem lebenslänglichen dinglich gesicherten Wohnrecht zu Gunsten der Eheleute belastet. Die Eheleute zahlten auf ein Bauspardarlehen monatlich 420,00 Euro, wobei darin zum Darlehensrückzahlungsbeginn im September 2007 130,26 Euro auf Zinszahlungen entfielen. Hinsichtlich der Wohnnebenkosten wird im Übrigen auf die Auflistung im Widerspruchsbescheid des Beklagten (dort S. 4) verwiesen. Die Angaben beziehen sich auf das gesamte Haus.
Am 13. April 2007 erlitt der Ehemann einen Herzinfarkt. Er befand sich seither im Wachkoma, wurde zunächst im Krankenhaus betreut und seit dem 17. Juli 2007 im Pflegeheim K, in R. Eine Kommunikation mit ihm war nicht mehr möglich. Er zeigte keine Reaktion auf Ansprache oder optische Annäherungen. Der Ehemann erhielt im streitgegenständlichen Zeitraum eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Betriebsrente in Höhe von zusammen 1.466,08 Euro monatlich. Die Pflegekasse zahlte für ihn Pflegegeld in Höhe von 1.432,00 Euro monatlich. Er ist am 2011 verstorben.
Der Heimvertrag zwischen dem Pflegeheim K und dem Ehemann sah ein Gesamtentgelt vor, welche sich im streitgegenständlichen Zeitraum aus einem Einzelentgelt für Unterkunft und Verpflegung (täglich 15,68 Euro), einem für Pflege (allgemeine Pflege, soziale Betreuung und medizinische Behandlungspflege täglich 63,71 Euro) und einem für nicht geförderte Investitionskosten von täglich 5,53 Euro sowie 4,97 Euro zusammensetzt, also insgesamt 89,89 Euro pro Tag (für 30 Tage 2.697,70 Euro).
Das Pflegeheim verlangte von ihm abzüglich der Pflegekassenleistung jeweils rund 1.300,00 Euro monatlich. Ein Antrag beim Beigeladenen (vgl. Kopie VV Bl. 32ff) wurde abschlägig beschieden (Bescheid des Beigeladenen, Bezirksamt Lichtenberg, vom 2. Januar 2008). Sozialhilfeleistungen erhielt der Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum nicht.
Die Klägerin, die über keine eigenen Einnahmen verfügte, beantragte am 5. November 2007 bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Im Formular gab sie ihren Familienstand mit "dauernd getrennt lebend" an und nannte als Trennungsdatum den 17. Juli 2007.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. November 2007 ab. Die Klägerin erhob Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2007 zurückwies. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin und ihr Ehemann bildeten eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II. Zwar lebten sie in unterschiedlichen Unterkünften, jedoch seien sie nicht dauerhaft getrennt, da eine lediglich krankheitsbedingte räumliche Trennung nicht ausreiche, ein dauerndes Getrenntleben festzustellen. Dem Ehemann stünden gemäß § 7 Abs. 4 SGB II als Bezieher einer Altersrente Leistungen nach dem SGB II nicht zu. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft betrage zwei mal 90 % des Regelsatzes gemäß § 20 Abs. 3 SGB II bzw. gemäß § 28 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit der Regelsatzverordnung, also zwei mal 312,00 Euro = 624,00 Euro. Als Kosten der Unterkunft seien 399,34 Euro zu berücksichtigen (Schuldzinsen in Höhe von 130,26 Euro zuzüglich 137,52 Euro Nebenkosten sowie 142,00 Euro Heizkosten abzüglich der im Regelsatz enthaltener Warmwasserkosten pro Monat). Des Weiteren entstünden für die Unterbringung des Ehemannes im Pflegeheim Kosten in Höhe von 300,00 Euro monatlich. Ob und inwieweit es sich dabei um im Rahmen des SGB II zu berücksichtigende Kosten handele, sei fraglich. Doch selbst bei voller Berücksichtigung ergebe sich kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, das anrechenbare Einkommen von 1.436,08 Euro übersteige den Gesamtbedarf.
Am 22. Januar 2008 hat die Klägerin hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Es gebe keine Bedarfsgemeinschaft zwischen den Eheleuten. Selbst wenn man eine solche annehme, müssten die Kosten für die Unterbringung des Ehemannes im Pflegeheim angerechnet werden.
Der Beklagte hat vorgebracht, da der Ehemann nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II aufgrund der Unterbringung in einer stationären Einrichtung vom Leistungsbezug ausgeschlossen sei, könnten die Kosten der Pflegeeinrichtung keine Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 SGB II sein. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Unterhaltsleistungen gegen ihren Ehemann. Dieser müsse nämlich die nicht von der Pflegeversicherung gedeckten Kosten des Pflegeheimes nicht voll selbst bezahlen, sondern könne Sozialhilfeleistungen beanspruchen. Nach SGB XII-Recht verbliebe den Eheleuten jedenfalls ein Garantiebetrag in Höhe von 1.066,12 Euro. Die Klägerin sei deshalb nicht bedürftig.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Urteil vom 4. Mai 2010 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2007 verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 zu gewähren. Die Klägerin habe im streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Sie sei hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 SGB II. Es sei zwar von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem im Pflegeheim lebenden Ehegatten nach §§ 9 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II auszugehen, weil nicht ersichtlich sei, dass sich die Klägerin emotional von ihrem Ehemann getrennt habe. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Februar 2010 (B 4 AS 49/09 R) müsse für eine Trennung der nach außen erkennbarer Wille eines Ehegatten zum Getrenntleben hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehne (§ 1567 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB). Die Klägerin habe in ihrem Antrag vom 5. November 2007 ein Zusammenleben angegeben. In ihrem Widerspruchsschreiben habe sie ausgeführt, das Ehepaar "gelte" "bei den Ämtern" als getrennt lebend. Sie habe damit gerade keinem Trennungswillen Ausdruck gegeben. Das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft habe monatlich 1.529,68 Euro betragen: Von den Renten in Höhe von 1.468,08 Euro sei die Versicherungspauschale (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung = SGB II a. F. i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO) in Höhe von 30,00 Euro abzuziehen. Das dem Ehemann gewährte Pflegegeld in Höhe von 1.432,00 Euro monatlich sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen, weil es sich um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a. F. handele. Hinzuzurechnen sei jedoch in Höhe von 1 % der Regelleistung, also monatlich 93,60 Euro, die Vollverpflegung, die der Ehemann im Heim erhalte. Der Bedarf des Ehemannes sei nach dem SGB II zu bestimmen und nicht nach dem SGB XII, auch wenn der Ehemann selbst nicht nach dem SGB II leistungsberechtigt sei (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 58/06 -). Der monatliche Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft betrage konkret 1.755,27 Euro. Dem Einwand des Beklagten, dass das SGB II Kosten für ein Pflegeheim nicht als beim Bedarf zu berücksichtigende Kosten vorsehe, werde insoweit Rechnung getragen, als die Kosten für Pflege und Verpflegung so weit wie möglich heraus zu rechnen seien. Die Verpflegungskosten seien als Einkommen berücksichtigt. Für die Kosten der Pflege komme weitgehend die gesetzliche Pflegeversicherung auf, so dass die verbleibenden Kosten als konkret angemessene Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 2 SGB II Berücksichtigung finden müssten. Der Ehemann habe einen Bedarf von grundsätzlich 2.697,70 Euro monatlich. Darin seien die bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigende Regelleistung, etwaiger Mehrbedarf sowie hier konkret angemessene Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Da die Pflegekasse monatlich 1.432,00 Euro zahle, seien vom Ehemann selbst 1.310,08 Euro monatlich zu leisten. Der Bedarf der Klägerin betrage monatlich 312,00 Euro zuzüglich 133,19 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung, zusammen 445,19 Euro. Der Bedarf werde nicht durch das Gesamteinkommen gedeckt, da die Vorschrift des § 9 Abs. 2 S. 3 SGB II einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass der Anspruch der Klägerin sich aus der Differenz zwischen ihrem und dem nach Abzug des Bedarfs ihres Ehemannes verbleibenden Einkommen ergebe (Bezugnahme auf BSG a.a.O.). Die Klägerin müsse deshalb vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II nicht privatrechtliche Unterhaltsleistungen aus dem Einkommen ihres Ehemannes in Anspruch nehmen. Dann wären nämlich zwar der - erwerbsfähigen - Klägerin keine Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, jedoch müsste der Ehemann Leistungen nach dem SGB XII in Anspruch nehmen. Die Bedarfsgemeinschaft verfüge auch nicht über ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II. Ein etwaiger Rückforderungsanspruch der Klägerin gegenüber ihrem Sohn als Beschenktem sei weder tatsächlich realisiert worden noch sei anzunehmen, dass er sofort realisierbar gewesen wäre.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Zur Begründung führt er aus, das Gesamteinkommen von 1.529,68 Euro übersteige den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.493,74 Euro. Zu den Renteneinkünften des Ehegatten sei der Betrag von 93,60 Euro für die bereit gestellte Verpflegung hinzuzurechnen, wie dies das SG im angegriffenen Urteil ausgerechnet habe. Der Bedarf betrage zwei mal 312,00 Euro Regelleistung, Kosten der Unterkunft für die Klägerin in Höhe von 399,34 Euro, also alle Hauslasten und nicht kopfteilig geteilt, sowie Kosten der Unterkunft für den Ehegatten von 470,40 Euro monatlich (15,68 Euro Tagessatz für Unterkunft und Verpflegung). Der Bedarf an Pflegekosten in Höhe von 2.697,70 Euro könne nicht als Bedarf im Sinne des SGB II berücksichtigt werden (Bezugnahme auf SG Karlsruhe, Urteil vom 29. Januar 2009 - S 4 SO 5189/07 -). Ein Leistungsanspruch bestehe daher (nur) nach dem Siebten Kapitel des SGB XII als Hilfe zur Pflege. Es stehe nicht im Belieben des Ehemannes, einen Sozialhilfeantrag zu stellen.
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil. Das vom Beklagten angeführte Urteil des SG Karlsruhe sei nicht einschlägig.
Mit Beschluss vom 31. Mai 2011 hat der Senat das Land Berlin als Träger der Sozialhilfe beigeladen. Der Beigeladene schließt sich der Auffassung des Beklagten an, dass hier die fehlenden Beiträge als Leistungen zur Hilfe zur Pflege hätten aufgefüllt werden müssen (§ 92 a SGB XII).
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang des Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG) SGB II-Leistungen zustehen.
Auf dessen zutreffende Ausführungen zur Ermittlung der Bedarfs- und Einkommenssituation sowie zum fehlenden Vermögen wird zunächst verwiesen, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Es kann dabei nach wie vor dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum noch eine Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II gebildet haben. Selbst in diesem Falle nämlich überstiege der Bedarf die zur Verfügung stehenden Einnahmen (so bereits Beschluss des Senats vom 13. Oktober 2008 - L 32 B 1712/08 AS ER – juris - im Eilverfahren).
Geht man von einer – mangels eigener Anspruchsberechtigung des Verstorbenen nach dem SGB II – "gemischten" Bedarfsgemeinschaft aus, richtet sich der maßgebliche Bedarf auch des Ehemannes nach dem SGB II (und nicht nach dem SGB XII), obgleich er als Rentner nach § 7 Abs. 4 SGB II keine Leistungen beziehen kann. Der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II sieht insoweit keine Differenzierung zwischen den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft bei der Ermittlung des Bedarfes vor, sondern nennt allein den Gesamtbedarf. Mangels ausdrücklicher Bezugnahme etwa auf das SGB XII kann es sich dabei nach dem Wortsinn nur um einen nach dem SGB II ermittelten Bedarf handeln. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 58/06 R - Rdnr. 39 f m.w.N.). Als Einkommen des Ehemannes nach § 11 Abs. 1 SGB II a. F. sind hier die Rentenzahlungen in Höhe von 1.439,08 EUR anzurechnen. Die Leistungen der Pflegekasse in Höhe von 1.432,00 EUR bleiben - wenn es sich nicht von vornherein um Sachleistungen, die nicht Einnahmen sind, handelt - nach § 11 Abs. 3 SGB II a. F. unberücksichtigt. Sie dienten jedenfalls nur dem bestimmten Zweck, die Pflege mitzufinanzieren. Als Einkommen des Ehemannes ist neben seinen Rentenzahlungen für die ihm bereitgestellte Vollverpflegung nach § 2 Abs. 5 S.1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Arbeitslosengeld II - Sozialgeldverordnung - in der bis Ende 2008 geltenden Fassung (= Alg II-VO a. F.) pauschal 35 % des Regelsatzes nach § 20 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen, hier also 109,20 Euro pro Monat. Für die Zeit vor dem 1. Januar 2008 ist eine Verpflegung aufgrund § 2 Abs. 4 Alg II-VO a. F. in der noch 2007 geltenden Fassung nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu bewerten gewesen. Nach § 2 Abs. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung in der 2007 geltenden Fassung war der Wert einer als Sachbezug zur Verfügung gestellten Verpflegung auf 205,00 Euro festgesetzt. Nimmt man den für die Klägerin ungünstigeren Wert, hat dem Ehemann neben 1.466,08 Euro Renten abzüglich 30,00 Euro monatlich Versicherungspauschale zuzüglich 205,00 Euro anzurechnende Vollverpflegung = 1.641,08 Euro zur Verfügung gestanden. Dieser Betrag war gleichzeitig das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft.
Hinsichtlich des Bedarfes waren im streitigen Zeitraum zusätzlich zum Regelleistungsbedarf, der Versicherungspauschale und den Kosten für das von der Klägerin bewohnte Haus allerdings als Kosten für eine angemessene Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II auch die Heimkosten für den Heimplatz des Ehemannes hinzuzuzählen. Da dieser nicht zu Hause leben konnte und tatsächlich die Unterkunft der Klägerin auch nicht genutzt hat, fallen für die Bedarfsgemeinschaft Kosten für zwei Unterkünfte an. Das Gesetz beschränkt nämlich die zu übernehmenden Kosten nicht auf lediglich eine Unterkunft. Es sind vielmehr die Kosten allgemein für eine angemessene Unterkunft zu leisten. So ist deshalb bereits anerkannt, dass für Kinder Unterkunftsbedarf in zwei Wohnungen bestehen kann (vgl. ausführlich bereits Beschluss des Senats im Eilverfahren). Der zusätzliche Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 S. 1, 1. Alt. SGB II (Unterbringung in einer stationären Einrichtung) steht aus demselben Grund einer Berücksichtigung als Unterkunftskosten nicht entgegen wie § 7 Abs. 4 S. 1, 2. Alt SGB II (Rentenbezug): Es geht hier nur um die Bedarfsermittlung, nicht um Leistungen für die Heimunterbringung. Auch § 5 Abs. 2 SGB II regelt nur das Verhältnis der Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII und erlaubt keinen Rückschluss auf die Bedarfsermittlung.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II wird der nicht durch Einkommen gedeckte Gesamtbedarf im Verhältnis des jeweiligen Einzelbedarfs am Gesamtbedarf an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufgeteilt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen das Einkommen einzelner Personen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft zur Deckung ihrer eigenen Bedarfe, nicht jedoch zur Deckung des Gesamtbedarfs der Bedarfsgemeinschaft genügt. Ist allerdings ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II - wie hier der Ehemann der Antragstellerin - ist § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II einschränkend dahingehend auszulegen, dass als Gesamtbedarf nur der Bedarf der hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen ist. Diesem Gesamtbedarf ist das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüber zu stellen, das sich nach Abzug des eigenen Bedarfes des nicht hilfebedürftigen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft ergibt. Der Senat folgt insoweit dem BSG (a.a.O. Rdnr. 47 ff., im genannten Eilbeschluss wörtlich wiedergegeben). Soweit das BSG die einschränkende Auslegung in Frage gestellt hat, soweit das Mitglied nach dem SGB XII leistungsberechtigt sei, führt dies jedenfalls im konkreten Fall nicht zu einer anderen Betrachtung: Der Ehemann der Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht leistungsberechtigt. Sein Antrag ist vielmehr bestandskräftig abgelehnt worden. Er erhielt außer seinen Renten keine weiteren Leistungen, insbesondere nicht nach dem SGB XII. Nach § 11 SGB II sind nur tatsächliche Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Dass der Beigeladene selbst errechnet hat, dass dem Ehemann eigentlich 2.300,04 EUR als Leistung zur Beteiligung an den Heimkosten nach dem Siebten Kapitel des SGB XII zugestanden haben sollen, ändert daran nichts. Auch das vom Beklagten angeführte Urteil des SG Karlsruhe (v. 29.01.2009 –S 4 SO 5189/07) ist nicht einschlägig, da dort ausschließlich Grundsicherungsleistungen einer Heimbewohnerin nach dem SGB XII im Streit gewesen sind. Der zum 1. Januar 2008 klarstellend (vgl. Geiger in LPK-SGB II, 4 A. 2011, § 12a Rdnr. 1 mit Bezugnahme auf BT-Drucks.16/7460 s. 12) eingeführte § 12 a SGB II, welcher eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer vorrangigen Sozialleistung ausdrücklich klarstellt, steht einem Anspruch der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Die Klägerin hat keine Antragstellung unterlassen.
Wie bereits ebenfalls im genannten Beschluss ausgeführt, schuldete der Ehemann nach dem vorgelegten Heimvertrag für alle Leistungen ein einheitliches Entgelt. Seinen maximalen eigenen Einnahmen von 1.641,08 Euro stand deshalb ein Bedarf von 342,00 Euro zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich Versicherungspauschale sowie der von ihm selbst zu tragende Anteil an den Heimkosten von rund 1.300,00 Euro im Monat gegenüber. Es verbleibt demnach kein Einkommen, das auf den Gesamtbedarf, d.h. den Bedarf der Klägerin, anzurechnen wäre. Diese war daher dem Grunde nach leistungsberechtigt.
Welche Leistungen der Klägerin in welcher Höhe konkret zustehen, was von den genauen Wohnverhältnissen abhängt, kann hier dahingestellt bleiben. Das SG hat den Beklagten nur zur grundsätzlichen Leistung verpflichtet, deren Höhe noch nicht feststeht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie entspricht der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Im Streit steht der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II) für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008.
Die 1949 geborene Klägerin lebte bis zum 13. April 2007 gemeinsam mit ihrem 1945 geborenen Ehemann K H in dem Haus Hweg in B. Das Haus hatte die Klägerin ihrem Sohn im Jahre 2004 zur Hälfte geschenkt. Das Grundstück ist/war jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum mit einem lebenslänglichen dinglich gesicherten Wohnrecht zu Gunsten der Eheleute belastet. Die Eheleute zahlten auf ein Bauspardarlehen monatlich 420,00 Euro, wobei darin zum Darlehensrückzahlungsbeginn im September 2007 130,26 Euro auf Zinszahlungen entfielen. Hinsichtlich der Wohnnebenkosten wird im Übrigen auf die Auflistung im Widerspruchsbescheid des Beklagten (dort S. 4) verwiesen. Die Angaben beziehen sich auf das gesamte Haus.
Am 13. April 2007 erlitt der Ehemann einen Herzinfarkt. Er befand sich seither im Wachkoma, wurde zunächst im Krankenhaus betreut und seit dem 17. Juli 2007 im Pflegeheim K, in R. Eine Kommunikation mit ihm war nicht mehr möglich. Er zeigte keine Reaktion auf Ansprache oder optische Annäherungen. Der Ehemann erhielt im streitgegenständlichen Zeitraum eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Betriebsrente in Höhe von zusammen 1.466,08 Euro monatlich. Die Pflegekasse zahlte für ihn Pflegegeld in Höhe von 1.432,00 Euro monatlich. Er ist am 2011 verstorben.
Der Heimvertrag zwischen dem Pflegeheim K und dem Ehemann sah ein Gesamtentgelt vor, welche sich im streitgegenständlichen Zeitraum aus einem Einzelentgelt für Unterkunft und Verpflegung (täglich 15,68 Euro), einem für Pflege (allgemeine Pflege, soziale Betreuung und medizinische Behandlungspflege täglich 63,71 Euro) und einem für nicht geförderte Investitionskosten von täglich 5,53 Euro sowie 4,97 Euro zusammensetzt, also insgesamt 89,89 Euro pro Tag (für 30 Tage 2.697,70 Euro).
Das Pflegeheim verlangte von ihm abzüglich der Pflegekassenleistung jeweils rund 1.300,00 Euro monatlich. Ein Antrag beim Beigeladenen (vgl. Kopie VV Bl. 32ff) wurde abschlägig beschieden (Bescheid des Beigeladenen, Bezirksamt Lichtenberg, vom 2. Januar 2008). Sozialhilfeleistungen erhielt der Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum nicht.
Die Klägerin, die über keine eigenen Einnahmen verfügte, beantragte am 5. November 2007 bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Im Formular gab sie ihren Familienstand mit "dauernd getrennt lebend" an und nannte als Trennungsdatum den 17. Juli 2007.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. November 2007 ab. Die Klägerin erhob Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2007 zurückwies. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin und ihr Ehemann bildeten eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II. Zwar lebten sie in unterschiedlichen Unterkünften, jedoch seien sie nicht dauerhaft getrennt, da eine lediglich krankheitsbedingte räumliche Trennung nicht ausreiche, ein dauerndes Getrenntleben festzustellen. Dem Ehemann stünden gemäß § 7 Abs. 4 SGB II als Bezieher einer Altersrente Leistungen nach dem SGB II nicht zu. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft betrage zwei mal 90 % des Regelsatzes gemäß § 20 Abs. 3 SGB II bzw. gemäß § 28 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit der Regelsatzverordnung, also zwei mal 312,00 Euro = 624,00 Euro. Als Kosten der Unterkunft seien 399,34 Euro zu berücksichtigen (Schuldzinsen in Höhe von 130,26 Euro zuzüglich 137,52 Euro Nebenkosten sowie 142,00 Euro Heizkosten abzüglich der im Regelsatz enthaltener Warmwasserkosten pro Monat). Des Weiteren entstünden für die Unterbringung des Ehemannes im Pflegeheim Kosten in Höhe von 300,00 Euro monatlich. Ob und inwieweit es sich dabei um im Rahmen des SGB II zu berücksichtigende Kosten handele, sei fraglich. Doch selbst bei voller Berücksichtigung ergebe sich kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, das anrechenbare Einkommen von 1.436,08 Euro übersteige den Gesamtbedarf.
Am 22. Januar 2008 hat die Klägerin hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Es gebe keine Bedarfsgemeinschaft zwischen den Eheleuten. Selbst wenn man eine solche annehme, müssten die Kosten für die Unterbringung des Ehemannes im Pflegeheim angerechnet werden.
Der Beklagte hat vorgebracht, da der Ehemann nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II aufgrund der Unterbringung in einer stationären Einrichtung vom Leistungsbezug ausgeschlossen sei, könnten die Kosten der Pflegeeinrichtung keine Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 SGB II sein. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Unterhaltsleistungen gegen ihren Ehemann. Dieser müsse nämlich die nicht von der Pflegeversicherung gedeckten Kosten des Pflegeheimes nicht voll selbst bezahlen, sondern könne Sozialhilfeleistungen beanspruchen. Nach SGB XII-Recht verbliebe den Eheleuten jedenfalls ein Garantiebetrag in Höhe von 1.066,12 Euro. Die Klägerin sei deshalb nicht bedürftig.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Urteil vom 4. Mai 2010 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2007 verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 zu gewähren. Die Klägerin habe im streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Sie sei hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 SGB II. Es sei zwar von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem im Pflegeheim lebenden Ehegatten nach §§ 9 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II auszugehen, weil nicht ersichtlich sei, dass sich die Klägerin emotional von ihrem Ehemann getrennt habe. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Februar 2010 (B 4 AS 49/09 R) müsse für eine Trennung der nach außen erkennbarer Wille eines Ehegatten zum Getrenntleben hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehne (§ 1567 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB). Die Klägerin habe in ihrem Antrag vom 5. November 2007 ein Zusammenleben angegeben. In ihrem Widerspruchsschreiben habe sie ausgeführt, das Ehepaar "gelte" "bei den Ämtern" als getrennt lebend. Sie habe damit gerade keinem Trennungswillen Ausdruck gegeben. Das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft habe monatlich 1.529,68 Euro betragen: Von den Renten in Höhe von 1.468,08 Euro sei die Versicherungspauschale (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung = SGB II a. F. i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO) in Höhe von 30,00 Euro abzuziehen. Das dem Ehemann gewährte Pflegegeld in Höhe von 1.432,00 Euro monatlich sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen, weil es sich um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a. F. handele. Hinzuzurechnen sei jedoch in Höhe von 1 % der Regelleistung, also monatlich 93,60 Euro, die Vollverpflegung, die der Ehemann im Heim erhalte. Der Bedarf des Ehemannes sei nach dem SGB II zu bestimmen und nicht nach dem SGB XII, auch wenn der Ehemann selbst nicht nach dem SGB II leistungsberechtigt sei (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 58/06 -). Der monatliche Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft betrage konkret 1.755,27 Euro. Dem Einwand des Beklagten, dass das SGB II Kosten für ein Pflegeheim nicht als beim Bedarf zu berücksichtigende Kosten vorsehe, werde insoweit Rechnung getragen, als die Kosten für Pflege und Verpflegung so weit wie möglich heraus zu rechnen seien. Die Verpflegungskosten seien als Einkommen berücksichtigt. Für die Kosten der Pflege komme weitgehend die gesetzliche Pflegeversicherung auf, so dass die verbleibenden Kosten als konkret angemessene Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 2 SGB II Berücksichtigung finden müssten. Der Ehemann habe einen Bedarf von grundsätzlich 2.697,70 Euro monatlich. Darin seien die bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigende Regelleistung, etwaiger Mehrbedarf sowie hier konkret angemessene Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Da die Pflegekasse monatlich 1.432,00 Euro zahle, seien vom Ehemann selbst 1.310,08 Euro monatlich zu leisten. Der Bedarf der Klägerin betrage monatlich 312,00 Euro zuzüglich 133,19 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung, zusammen 445,19 Euro. Der Bedarf werde nicht durch das Gesamteinkommen gedeckt, da die Vorschrift des § 9 Abs. 2 S. 3 SGB II einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass der Anspruch der Klägerin sich aus der Differenz zwischen ihrem und dem nach Abzug des Bedarfs ihres Ehemannes verbleibenden Einkommen ergebe (Bezugnahme auf BSG a.a.O.). Die Klägerin müsse deshalb vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II nicht privatrechtliche Unterhaltsleistungen aus dem Einkommen ihres Ehemannes in Anspruch nehmen. Dann wären nämlich zwar der - erwerbsfähigen - Klägerin keine Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, jedoch müsste der Ehemann Leistungen nach dem SGB XII in Anspruch nehmen. Die Bedarfsgemeinschaft verfüge auch nicht über ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II. Ein etwaiger Rückforderungsanspruch der Klägerin gegenüber ihrem Sohn als Beschenktem sei weder tatsächlich realisiert worden noch sei anzunehmen, dass er sofort realisierbar gewesen wäre.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Zur Begründung führt er aus, das Gesamteinkommen von 1.529,68 Euro übersteige den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.493,74 Euro. Zu den Renteneinkünften des Ehegatten sei der Betrag von 93,60 Euro für die bereit gestellte Verpflegung hinzuzurechnen, wie dies das SG im angegriffenen Urteil ausgerechnet habe. Der Bedarf betrage zwei mal 312,00 Euro Regelleistung, Kosten der Unterkunft für die Klägerin in Höhe von 399,34 Euro, also alle Hauslasten und nicht kopfteilig geteilt, sowie Kosten der Unterkunft für den Ehegatten von 470,40 Euro monatlich (15,68 Euro Tagessatz für Unterkunft und Verpflegung). Der Bedarf an Pflegekosten in Höhe von 2.697,70 Euro könne nicht als Bedarf im Sinne des SGB II berücksichtigt werden (Bezugnahme auf SG Karlsruhe, Urteil vom 29. Januar 2009 - S 4 SO 5189/07 -). Ein Leistungsanspruch bestehe daher (nur) nach dem Siebten Kapitel des SGB XII als Hilfe zur Pflege. Es stehe nicht im Belieben des Ehemannes, einen Sozialhilfeantrag zu stellen.
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil. Das vom Beklagten angeführte Urteil des SG Karlsruhe sei nicht einschlägig.
Mit Beschluss vom 31. Mai 2011 hat der Senat das Land Berlin als Träger der Sozialhilfe beigeladen. Der Beigeladene schließt sich der Auffassung des Beklagten an, dass hier die fehlenden Beiträge als Leistungen zur Hilfe zur Pflege hätten aufgefüllt werden müssen (§ 92 a SGB XII).
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang des Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG) SGB II-Leistungen zustehen.
Auf dessen zutreffende Ausführungen zur Ermittlung der Bedarfs- und Einkommenssituation sowie zum fehlenden Vermögen wird zunächst verwiesen, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Es kann dabei nach wie vor dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum noch eine Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II gebildet haben. Selbst in diesem Falle nämlich überstiege der Bedarf die zur Verfügung stehenden Einnahmen (so bereits Beschluss des Senats vom 13. Oktober 2008 - L 32 B 1712/08 AS ER – juris - im Eilverfahren).
Geht man von einer – mangels eigener Anspruchsberechtigung des Verstorbenen nach dem SGB II – "gemischten" Bedarfsgemeinschaft aus, richtet sich der maßgebliche Bedarf auch des Ehemannes nach dem SGB II (und nicht nach dem SGB XII), obgleich er als Rentner nach § 7 Abs. 4 SGB II keine Leistungen beziehen kann. Der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II sieht insoweit keine Differenzierung zwischen den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft bei der Ermittlung des Bedarfes vor, sondern nennt allein den Gesamtbedarf. Mangels ausdrücklicher Bezugnahme etwa auf das SGB XII kann es sich dabei nach dem Wortsinn nur um einen nach dem SGB II ermittelten Bedarf handeln. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 58/06 R - Rdnr. 39 f m.w.N.). Als Einkommen des Ehemannes nach § 11 Abs. 1 SGB II a. F. sind hier die Rentenzahlungen in Höhe von 1.439,08 EUR anzurechnen. Die Leistungen der Pflegekasse in Höhe von 1.432,00 EUR bleiben - wenn es sich nicht von vornherein um Sachleistungen, die nicht Einnahmen sind, handelt - nach § 11 Abs. 3 SGB II a. F. unberücksichtigt. Sie dienten jedenfalls nur dem bestimmten Zweck, die Pflege mitzufinanzieren. Als Einkommen des Ehemannes ist neben seinen Rentenzahlungen für die ihm bereitgestellte Vollverpflegung nach § 2 Abs. 5 S.1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Arbeitslosengeld II - Sozialgeldverordnung - in der bis Ende 2008 geltenden Fassung (= Alg II-VO a. F.) pauschal 35 % des Regelsatzes nach § 20 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen, hier also 109,20 Euro pro Monat. Für die Zeit vor dem 1. Januar 2008 ist eine Verpflegung aufgrund § 2 Abs. 4 Alg II-VO a. F. in der noch 2007 geltenden Fassung nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu bewerten gewesen. Nach § 2 Abs. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung in der 2007 geltenden Fassung war der Wert einer als Sachbezug zur Verfügung gestellten Verpflegung auf 205,00 Euro festgesetzt. Nimmt man den für die Klägerin ungünstigeren Wert, hat dem Ehemann neben 1.466,08 Euro Renten abzüglich 30,00 Euro monatlich Versicherungspauschale zuzüglich 205,00 Euro anzurechnende Vollverpflegung = 1.641,08 Euro zur Verfügung gestanden. Dieser Betrag war gleichzeitig das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft.
Hinsichtlich des Bedarfes waren im streitigen Zeitraum zusätzlich zum Regelleistungsbedarf, der Versicherungspauschale und den Kosten für das von der Klägerin bewohnte Haus allerdings als Kosten für eine angemessene Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II auch die Heimkosten für den Heimplatz des Ehemannes hinzuzuzählen. Da dieser nicht zu Hause leben konnte und tatsächlich die Unterkunft der Klägerin auch nicht genutzt hat, fallen für die Bedarfsgemeinschaft Kosten für zwei Unterkünfte an. Das Gesetz beschränkt nämlich die zu übernehmenden Kosten nicht auf lediglich eine Unterkunft. Es sind vielmehr die Kosten allgemein für eine angemessene Unterkunft zu leisten. So ist deshalb bereits anerkannt, dass für Kinder Unterkunftsbedarf in zwei Wohnungen bestehen kann (vgl. ausführlich bereits Beschluss des Senats im Eilverfahren). Der zusätzliche Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 S. 1, 1. Alt. SGB II (Unterbringung in einer stationären Einrichtung) steht aus demselben Grund einer Berücksichtigung als Unterkunftskosten nicht entgegen wie § 7 Abs. 4 S. 1, 2. Alt SGB II (Rentenbezug): Es geht hier nur um die Bedarfsermittlung, nicht um Leistungen für die Heimunterbringung. Auch § 5 Abs. 2 SGB II regelt nur das Verhältnis der Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII und erlaubt keinen Rückschluss auf die Bedarfsermittlung.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II wird der nicht durch Einkommen gedeckte Gesamtbedarf im Verhältnis des jeweiligen Einzelbedarfs am Gesamtbedarf an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufgeteilt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen das Einkommen einzelner Personen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft zur Deckung ihrer eigenen Bedarfe, nicht jedoch zur Deckung des Gesamtbedarfs der Bedarfsgemeinschaft genügt. Ist allerdings ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II - wie hier der Ehemann der Antragstellerin - ist § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II einschränkend dahingehend auszulegen, dass als Gesamtbedarf nur der Bedarf der hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen ist. Diesem Gesamtbedarf ist das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüber zu stellen, das sich nach Abzug des eigenen Bedarfes des nicht hilfebedürftigen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft ergibt. Der Senat folgt insoweit dem BSG (a.a.O. Rdnr. 47 ff., im genannten Eilbeschluss wörtlich wiedergegeben). Soweit das BSG die einschränkende Auslegung in Frage gestellt hat, soweit das Mitglied nach dem SGB XII leistungsberechtigt sei, führt dies jedenfalls im konkreten Fall nicht zu einer anderen Betrachtung: Der Ehemann der Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht leistungsberechtigt. Sein Antrag ist vielmehr bestandskräftig abgelehnt worden. Er erhielt außer seinen Renten keine weiteren Leistungen, insbesondere nicht nach dem SGB XII. Nach § 11 SGB II sind nur tatsächliche Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Dass der Beigeladene selbst errechnet hat, dass dem Ehemann eigentlich 2.300,04 EUR als Leistung zur Beteiligung an den Heimkosten nach dem Siebten Kapitel des SGB XII zugestanden haben sollen, ändert daran nichts. Auch das vom Beklagten angeführte Urteil des SG Karlsruhe (v. 29.01.2009 –S 4 SO 5189/07) ist nicht einschlägig, da dort ausschließlich Grundsicherungsleistungen einer Heimbewohnerin nach dem SGB XII im Streit gewesen sind. Der zum 1. Januar 2008 klarstellend (vgl. Geiger in LPK-SGB II, 4 A. 2011, § 12a Rdnr. 1 mit Bezugnahme auf BT-Drucks.16/7460 s. 12) eingeführte § 12 a SGB II, welcher eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer vorrangigen Sozialleistung ausdrücklich klarstellt, steht einem Anspruch der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Die Klägerin hat keine Antragstellung unterlassen.
Wie bereits ebenfalls im genannten Beschluss ausgeführt, schuldete der Ehemann nach dem vorgelegten Heimvertrag für alle Leistungen ein einheitliches Entgelt. Seinen maximalen eigenen Einnahmen von 1.641,08 Euro stand deshalb ein Bedarf von 342,00 Euro zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich Versicherungspauschale sowie der von ihm selbst zu tragende Anteil an den Heimkosten von rund 1.300,00 Euro im Monat gegenüber. Es verbleibt demnach kein Einkommen, das auf den Gesamtbedarf, d.h. den Bedarf der Klägerin, anzurechnen wäre. Diese war daher dem Grunde nach leistungsberechtigt.
Welche Leistungen der Klägerin in welcher Höhe konkret zustehen, was von den genauen Wohnverhältnissen abhängt, kann hier dahingestellt bleiben. Das SG hat den Beklagten nur zur grundsätzlichen Leistung verpflichtet, deren Höhe noch nicht feststeht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie entspricht der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
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