Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 U 63/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 21.12.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2010 wird abgeändert. Es wird festgestellt, dass die bei dem Kläger vorliegenden Aktinischen Keratosen eine Wie-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 des SGB VII darstellen. Die Beklagte trägt ¾ der außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt zuletzt noch die Anerkennung der bei ihm vorliegenden präkanzerösen Veränderungen seiner Haut als Versicherungsfall einer Wie-Berufskrankheit.
Der am 00.00.000 geborene Kläger war bis 1970 als Schweißhelfer und Heizungs-monteur beschäftigt. Seit 1970 ist er im Dachdeckerhandwerk tätig, von 2003 bis 2008 als Dachdecker für die Firma N. C. Bedachungen GmbH, B ... Zu seinen Aufga-ben als Dachdecker gehörten sämtliche Arbeiten im Bereich von Flach- und Giebel-dächern, u.a. das Verlegen von Dachpfannen, das Verlegen von Metalldächern (Kupfer, Zink und Aluminium), die Ausführung von Fassadenarbeiten sowie die Durchführung von Klebe- und Schweißarbeiten mit Bitumen und Kunststofffolien. Während dieser Tätigkeiten war er auf den Dächern natürlicher UV-Strahlung unterschiedlicher Wellenlänge ausgesetzt.
Nachdem der Dermatologe PD Dr. L. bei dem Kläger aufgrund eines histologischen Befundes an lichtexponierten Stellen seiner Haut die Diagnose einer Keratosis solaris gestellt hatte, zeigte die Hautärztin Dr. X. unter dem 10.01.2008 eine Berufs-krankheit an. Die Beklagte zog Unterlagen von Dr. X. bei und erhob anlässlich eines Besuchs bei dem Kläger am 19.02.2008 eine ausführliche Berufsanamnese. Nach Einholung einer Stellungnahme ihres technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 05.05.2008 holte die Beklagte eine Stellungnahme des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. C. vom 14.04.2009 ein und veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch die Fachärztin für Dermatologie Prof. Dr. G ... Prof. Dr. G. gelangte in ihrem unter dem 29.09.2009 erstellten Gutachten zu dem Ergebnis, die insbeson-dere im Kopf- und Rückenbereich vorliegenden multiplen aktinischen Keratosen seien auf die Exposition des Klägers gegenüber natürlicher UV-Strahlung während seiner Tätigkeit als Dachdecker zurückzuführen. Angesichts der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen der Ausübung von Tätigkeiten im Freien und bösartigen Hautveränderungen empfahl sie, die Erkrankung des Klägers als Wie-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) anzuerkennen und schätzte die aus den Folgen resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 0% ein. Nach Stellungnahme ihrer Abteilung für Berufskrankheiten (Dr. I.) vom 07.10.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit mit Bescheid vom 21.12.2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, das bei dem Kläger vorliegende Krankheitsbild lasse sich keiner Berufskrankheit der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) zuordnen. Eine Anerkennung als Wie-Berufskrankheit scheide ebenfalls aus, da in den einschlägigen Fachkreisen noch keinerlei Konsens darüber herrsche, ob und ggf. ab wann von einer Risikoerhöhung im Rechtssinne sowie von einer Verdoppelung des Erkrankungsrisikos auszugehen sei. Der Kläger legte am 18.01.2010 Widerspruch und verwies auf die von ihm überwie-gend durchgeführte Verlegung von Metalldächern. Da die Sonneneinstrahlung von Metalldächern noch verstärkt werde, sei von einem hinreichenden Ursachenzusammenhang zwischen der Sonneneinstrahlung und seiner Hauterkrankung auszugehen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2010 zu-rück. Vertiefend führte sie aus, die sog. Gruppentypik, d.h. das höhere Erkrankungs-risiko einer bestimmten Personengruppe, sei noch nicht allgemein nachgewiesen. Überdies bestünden Zweifel an der Verursachung im konkreten Fall, da sich im Rahmen der Untersuchung durch Prof. Dr. G. auch Lichtschäden an Körperteilen des Klägers gezeigt hätten, welche nicht sonnenexponiert gewesen seien. Es sei daher von einer erheblich höheren UV-Freizeitexposition auszugehen, als vom Kläger angegeben.
Hiergegen richtet sich die am 30.03.2010 erhobene Klage.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen.
Der Kläger beantragt zuletzt noch, den Bescheid vom 21.12.2009 in der Fassung des Wider-spruchsbescheides vom 23.03.2010 abzuändern und festzustel-len, dass die bei ihm vorliegenden aktinischen Keratosen eine Wie-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 des SGB VII darstellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, belastbare epidemiologische Daten zu aktinischen Keratosen, insbe-sondere für das zu beurteilende Berufsbild eines Dachdeckers, seien nicht vorhan-den.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen eine Begutach-tung des Klägers durch den Direktor der Hautklinik des Klinikums der Universität C., Prof. Dr. B., veranlasst. Prof. Dr. B. hat sich in seinem unter dem 14.10.2010 erstell-ten Gutachten dem Ergebnis von Prof. Dr. G. angeschlossen und ausgeführt, der Kläger sei durch seine langjährige Tätigkeit als Dachdecker schädigendem UV-Licht in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt gewesen. Im Verhältnis zu der über Jahrzehnte gegebenen beruflichen Exposition gegenüber UV-Licht sei die private Einwirkung zu vernachlässigen. An der Ursächlichkeit der beruflichen Lichtexposition für die aktinischen Keratosen bestünden keine Zweifel. Das Gericht hat weiter eine Studie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ("Hautkrebs und UV-Strahlung – eine Hilfestellung für die BK-Sachbearbeitung") beigezogen und unter dem 26.05.2011 eine ergänzende Stellungnahme von Prof. B. eingeholt. Darin hat Prof. Dr. B. ausgeführt, der Zusammenhang zwischen UV-Exposition und einem Plattenepithelkarzinom (bzw. dessen Vorstufen) sei epidemiologisch gut nachgewiesen. Berufstätige mit langjähriger Außenbeschäfti-gung hätten ein etwa doppelt so hohes Risiko, an einem Plattenepithel-Karzinom zu erkranken. Verlässliche und allgemein akzeptierte Angaben zur Quantifizierung der beruflichen UV-Exposition fehlten indessen bislang und Studien zu einer Dosis-Wirkungs-Beziehung mit einem Dosisgrenzwert existierten bislang nicht. Das Gericht hat weiter eine Stellungnahme der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) vom 17.06.2011 eingeholt und die Ergebnisse eines Forschungsprojektes der BAUA (Knuschke u.a.: "Personenbezogene Messung der UV-Exposition von Arbeitnehmern im Freien", 2007), eines Vortrages von Prof. Dr. E., I. ("Arbeitsbedingter Hautkrebs aus medizinischer Sicht") sowie verschiedene Fachpublikationen (Schmitt/Diepgen/Bauer: "Occupational exposure to non-artificial UV-light and non-melanoctyc skin cancer – a systematic review concerning a new occupational disease", Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG) 2009, 1 ff.; Kütting/Drexler: "UV-induced skin cancer at workplace and evidence-based prevention, International Archives of Occupational and Environmental Health 2010, 843 ff.; Elsner: Das neue Bamberger Merkblatt, Trauma und Berufskrankheit 2010, 223 ff.; Elsner/Blome: UV-induzierter berufsbedingter Hautkrebs, Trauma und Berufskrankheit 2010, 227 ff.) ausgewertet. Das Gericht hat überdies eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 10.08.2011 eingeholt. Darin hat Prof. Dr. G. ausgeführt, zur Verursachung von aktinischen Keratosen durch UV-Licht lägen epidemiologische Studien vor, welche Anerkennung in den entsprechenden wissenschaftlichen Fachgremien gefunden hätten. Das Gericht hat weiter Stellungnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 09.11.2011, vom 05.12.2011 und vom 07.02.2012 eingeholt. Darin hat das zuständige Referat des BMAS mitgeteilt, die Beratungen des ärztlichen Sachverständigenbeirats zum Thema "Hautkrebs durch UV-Strahlung" dauerten derzeit noch an. Die Frage der Einbeziehung aktinischer Keratosen in eine neue mögliche Berufskrankheiten-Empfehlung sei erstmals im September 2009 im Sachverständigenbeirat diskutiert worden. In der derzeitigen Entwurfsfassung würden aktinische Keratosen als Berufskrankheit anerkannt. Das Gericht hat schließlich ein Exemplar der Zeitschrift Dermatologie in Beruf und Umwelt, "Durch UV-Strahlung induzierte bösartige Hauttumoren", Band 59, Nr. 2/2011 in die mündliche Verhandlung eingeführt und den Beteiligten die Möglichkeit eingeräumt, dies einzusehen und hierzu Stellung zu nehmen.
Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf eine Anfechtungs- und Feststel-lungsklage umgestellte Klage ist zulässig. Mit einer Feststellungsklage kann über § 55 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hinaus auch die Feststellung begehrt werden, dass eine Krankheit eine Berufskrankheit ist (BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R = juris Rdnr. 11 m.w.N.). Ein Feststellungsinteresse des Klägers folgt bereits daraus, dass nach Anerkennung seiner Erkrankung von der Beklagten prä-ventive Maßnahmen zur Verhinderung einer Verschlimmerung nach § 3 Abs. 1 der BKV zu erbringen sein könnten.
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Denn sie sind insoweit rechtswid-rig, als die Beklagte die Anerkennung der bei ihm vorliegenden aktinischen Kerato-sen als Wie-Berufskrankheit abgelehnt hat.
Grundlage für die Anerkennung der Erkrankung des Klägers als Wie-Berufskrankheit ist § 9 Abs. 2 SGB VII. Danach haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der Berufskrankheiten-Verordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind.
Die sich somit aus einer Zusammenschau von § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII und § 9 Abs. 2 SGB VII ergebenden Tatbestandsmerkmale für die Feststellung des Versicherungsfalles einer sog. Wie-Berufskrankheit sind (dazu etwa BSG, Urteil vom 27.04.2010 – B 2 U 13/09 R = juris, Rdnr. 9; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.11.2011, L 2 U 30/11 = juris, Rdnr. 26): (1.) das Fehlen der Voraussetzungen für eine in der BKV bezeichnete Krankheit, (2.) das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, (3.) nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie (4.) die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung dieser Krankheit als Wie-Berufskrankheit im Einzelfall bei dem Versicherten.
Sämtliche dieser Tatbestandsmerkmale sind in der Person des Klägers erfüllt.
Der Kläger erfüllt das erste Tatbestandsmerkmal, weil die Voraussetzungen für eine in der Anlage 1 zur BKV (der Berufskrankheiten-Liste) genannten Berufskrankheiten nicht vorliegen. Insbesondere ist die BK nach Nr. 5102 der Anlage 1 zur BKV ("Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe") nicht einschlägig, weil im vorliegenden Fall nicht eine Einwirkung durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech in Rede steht und das Sonnenlicht auch nicht einen ähnlichen "Stoff" in diesem Sinne darstellt.
Auch das zweite Tatbestandsmerkmal ist erfüllt. Danach muss eine bestimmte Per-sonengruppe durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sein und diese Einwirkungen müssen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft geeignet sein, Krankheiten solcher Art zu verursachen. Dabei bezieht sich die Voraussetzung einer erheblich höheren Gefährdung bestimmter Personengruppen auf das allgemeine Auftreten der Krankheit, nicht dagegen auf die Verursachung der Krankheit durch die gefährdende Tätigkeit (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2011 – L 2 U 4115/09 = juris). Ob eine bestimmte Personengruppe durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist und diese Einwirkungen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft geeignet sind, Krankheiten solcher Art zu verursachen, ist anhand statistisch relevanter Zahlen für eine Vielzahl von typischen Geschehensabläufen festzustellen. Erforderlich ist grundsätzlich der Nachweise einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung derartiger Krankheitsbilder, weil nur so mit der erforderlichen Sicherheit darauf geschlossen werden kann, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt (BSG, Urteil vom 23.03.1999 – B 2 U 12/98 R = juris, Rdnr. 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.04.2011 – L 15 U 308/08 = juris, Rdnr. 19). Es muss also eine Gruppentypik derart bestehen, dass eine Erkrankung in einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt, als bei der übrigen Bevölkerung. Termini wie "gruppentypische oder gruppenspezifische Risikoerhöhung" oder Gruppentypik" dienen dabei nur der Erläuterung oder Umschreibung ohne dass damit andere Anforderungen aufgestellt werden (BSG, Urteil vom 27.04.2010 – B 2 U 13/09 R = juris, Rdnr. 15). Voraussetzung ist demnach der generelle Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen, denen eine bestimmte Personengruppe in erheblich höherem Maße ausgesetzt sein muss, und einer oder mehrerer Erkrankungen dieser Gruppe (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18.11.2011 – L 9 U 66/07 = juris, Rdnr. 30; Becker, SGb 2006, 449, 452). Nicht erforderlich ist demgegenüber dass das Erkrankungsrisiko in einer gefährdeten Berufsgruppe mehr als verdoppelt ist, d.h. in der exponierten Personengruppe eine Erkrankung mehr als doppelt so häufig auftritt (BSG, Urteil vom 23.03.1999 – B 2 U 12/98 = juris, Rdnr. 35; Becker, SGb 2006, 449, 454; aA LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.01.2003 – L 6 U 28/01 = juris, Rdnr. 24). An die bestimmte Personengruppe sind keine besonderen Anforderungen hinsicht-lich ihrer Größe, ihrer beruflichen Homogenität oder sonstiger charakterisierender Merkmale zu stellen (BSG, Urteil vom 27.04.2010 – B 2 U 13/09 R = juris, Rdnr. 19; Becker, SGb 2006, 449, 452).
Die im vorliegenden Fall maßgebliche "bestimmte Personengruppe", der der Kläger zuzurechnen ist, ist die der ständig im Freien Beschäftigten oder sog. Outdoor-Worker. Unter diese Bezeichnung fallen insbesondere im Hoch- und Straßenbau tätige Arbeiter, Land- und Forstwirte und Seefahrer. Welche versicherten Tätigkeiten im Einzelnen dieser Gruppe zuzuordnen sind, kann hier unentschieden bleiben. Denn jedenfalls Dachdecker werden dieser Personengruppe zugerechnet, wenn sie – wie der Kläger – über längere Zeiträume der Sonne ungenügend geschützt ausgesetzt sind (ausdrücklich etwa Siekmann, Instrumente zur UV-Expositionsermittlung aus Sicht der Prävention, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 60 [66]).
Es ist in zahlreichen wissenschaftlichen Studien belegt, dass diese Personengruppe durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung sonnenbedingter UV-Strahlung ausgesetzt ist und es ist ferner im Rahmen dieser Studien eine statistisch signifikant höhere Häufigkeit der Angehörigen dieser Personengruppe nachgewiesen, an Plattenepithelkarzinomen oder deren Vorstufen (aktinische Keratosen) zu erkranken. So haben (Stand 2011) insgesamt 18 Studien (6 Kohortenstudien, 12 Fall-Kontroll-Studien) den Zusammenhang von beruflicher UV-Exposition und Plattenepithelkarzinom-Risiko untersucht, 16 Studien haben einen Zusammenhang beschrieben, der in 12 Studien statistisch signifikant war. Es kann deshalb basierend auf der epidemiologischen Evidenz etwa von einer Risikoverdopplung ausgegangen werden (vgl. zum Ganzen etwa Schmitt/Bauer/Seidler/Diepgen, Berufliche UV-Exposition als Risikofaktor für nichtmelanozytären Hautkrebs – epidemiologische Evidenz zur Frage einer neuen Berufskrankheit, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 50 (52, 53). Auch die Untersuchung von Schmitt/Diepgen/Bauer, Occupational exposure to non-artificial UV-light and non-melanoctyc skin cancer – a systematic review concerning a new occupational disease", Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG) 2009, 1 (12) belegt anhand der Ergebnisse zahlreicher Studien, dass ein signifikant erhöhtes Risiko von Outdoor-Workern, an Hautkrebs oder dessen Vorstufen zu erkranken, jedenfalls in den Fällen epidemiologisch gesichert ist, in denen eine jahrelange Exposition gegenüber sonnenbedingter UV-Strahlung vorliegt. Ferner zu nennen ist die ausführliche Untersuchung von Knuschke u.a., Personen-bezogene Messung der UV-Exposition von Arbeitnehmern im Freien, 2007 sowie die Zusammenfassung von Knuschke, Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der beruflichen solaren UV-Exposition, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 78 (80 f., 83), welche allerdings nur einen Zusammenhang zwischen den ständig im Freien Beschäftigten und solarer UV-Exposition anhand verschiedener ausführlicher Studien in Deutschland, Österreich und Dänemark belegen.
Auch lässt sich nicht argumentieren, diese Studien verhielten sich allein zum Zu-sammenhang von UV-Exposition sogenannter ständig im Freien Beschäftigter und Plattenepithelkarzinomen, nicht aber zu den bei dem Kläger vorliegenden aktinischen Keratosen. Denn aktinische Keratosen gelten als Vorform des Plattenepithelkarzinoms. Die Kammer stützt sich hierbei auf die Ausführungen der im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gehörten Sachverständigen Prof. Dr. G., die mitgeteilt hat, die aktinische Keratose stelle ein Plattenepithelkarzinom der Epidermis in situ dar und sei somit als carcinoma in situ anzusehen (Seite 15 des Gutachtens vom 29.09.2009). Auch sieht sich das Gericht bestätigt durch die Entwurfsfassung des ärztlichen Sachverständigenbeirats beim BMAS, der nach Auskunft des zuständigen Referats vom 09.11.2011derzeit lautet:
"Aktinische Keratosen werden inzwischen als Plattenepithelkarzinom in situ angesehen und stellen damit zwei Stadien einer Erkrankung dar und sind Ge-genstand dieser Berufskrankheit"
Eine Dosis-Wirkung-Beziehung, die zwischen sonnenbedingter UV-Strahlung und aktinischen Keratosen nach den übereinstimmenden Ausführungen von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. B. bislang nicht belegt ist, ist nicht notwendige Voraussetzung für den Nachweis einer Gruppentypik. Da bereits die Messung beruflicher UV-Strahlenexpositionen bei Arbeiten im Freien kaum möglich ist (dazu etwa Siekmann, Instrumente zur UV-Expositionsermittlung aus Sicht der Prävention, Der-matologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 60 [63 f.]), kann ohnehin lediglich eine Annäherung an die Gesamtdosis der Exposition erfolgen. Hinzu kommt, dass sich auch die Ermittlung privater UV-Strahlenexpositionen als Vergleichsgröße äußerst schwierig gestaltet (Siekmann,.a.a.O., S. 62). Die Praxis verwendet bislang Konzepte, welche als einheitliche Messgröße privater und beruflicher UV-Strahlenexposition die erythemgewichtete Bestrahlung quantifi-ziert und in der Einheit SED (Standarderythemdosis) angibt. Zur Ermittlung der beruflichen Gesamtdosis sonnenbedingter UV-Strahlung werden Faktoren wie Art der Außentätigkeit, Ausgestaltung des Beschäftigungsortes, Dauer der UV-Bestrahlung (Dauer der Außenarbeitszeit und über die Jahre beruflicher Tätigkeit kumuliert) und Intensität der UV-Strahlung (die beeinflusst wird durch Tages- und Jahreszeit, das Bekleidungsverhalten, die geographische Lage des Arbeitsplatzes, dessen Meereshöhe und das Rückstrahlvermögen der Umgebung) in die Berechnung mit einbezogen (vgl. Wolf/Kiesel/Drexler, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 57 [58]). Zur Ermittlung des arbeitsbedingten Anteils an der gesamten UV-Exposition wird zunächst die private UV-Exposition ermittelt. Da regelmäßig keine Ermittlung der individuellen jährlichen UV-Bestrahlung möglich ist, wird eine UV-Bestrahlung von 130 SED angenommen. Sodann wird die gesamte arbeitsbedingte UV-Exposition ermittelt. Anschließend werden die gesamte private UV-Bestrahlung und die gesamte arbeitsbedingte UV-Bestrahlung addiert und sodann der Anteil der gesamten arbeitsbedingten UV-Bestrahlung an der Summe der arbeitsbedingten und der gesamten privaten UV-Bestrahlung errechnet (vgl. zum Ganzen Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Hautkrebs und UV-Strahlung – eine Hilfestellung für die BK-Sachbearbeitung, S. 15). Es zeigt sich damit, dass trotz der dargelegten Schwierigkeiten einer Ermittlung der Gesamtdosis sonnenbedingter UV-Strahlung in der Wissenschaft Berechnungsmo-delle existieren, um die berufsbedingte UV-Strahlung jedenfalls annähernd zu quantifizieren.
Weiter ist auch das dritte Tatbestandsmerkmal erfüllt. Denn die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft sind neu im Sinne von § 9 Abs. 2 SGB VII. Die Erkenntnisse sind neu, wenn sie in der letzten Änderung der BKV noch nicht berücksichtigt sind Dies ist der Fall, wenn sie sich entweder nach dem Erlass der letzten Fassung der BKV ergeben haben oder zu dieser Zeit als noch nicht ausreichend angesehen wurden und sich erst danach zur Berufskrankheitenreife verdichtet haben (BSG, Urteil vom 14.11.1996 – 2 RU 9/96 = juris, Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 21.01.1997 – 2 RU 7/96 = juris, Rdnr.17). Hat der Verordnungsgeber begonnen, sich mit entsprechenden medizinischen Erkenntnissen zu befassen, aber noch keine Entscheidung getroffen, ist es dem Unfallversicherungsträger nicht gestattet, die Entscheidung über einen Antrag nach § 9 Abs. 2 SGB VII mit der Begründung zurückzustellen, eine Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung sei in Sicht, in der auch über die Anerkennung der im Einzelfall in Frage stehenden Krankheit als (Listen-)Berufskrankheit entschieden werde (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23.06.2005 – 1 BvR 235/00 = juris, Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 27.06.2006 – B 2 U 5/05 R = juris, Rdnr. 22, unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben waren die o.g. Erkenntnisse der medizini-schen Wissenschaft neu. Denn nach der Auskunft des zuständigen Referats des BMAS vom 07.02.2012 hat der Sachverständigenbeirat erstmals im September 2009 – und damit nach der letzten Änderung der BKV – begonnen, sich mit der Einbezie-hung von aktinischen Keratosen in eine neue mögliche Berufskrankheiten-Empfehlung zu befassen. Zur Berufskrankheitenreife verdichtet haben sich die medizinischen Erkenntnisse keinesfalls vor diesem Zeitpunkt.
Schließlich liegt auch das letzte Tatbestandsmerkmal in Form der individuellen Vo-raussetzungen für die Feststellung der Krankheit als Wie-Berufskrankheit in der Person des Klägers vor. Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 20.01.1987 – 2 RU 27/86 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 22.08.2000 – B 2 U 34/99 R = SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII Rdnr. 14). Der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, a.a.O.). Die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität müssen nicht nur möglich, sondern hinreichend wahrscheinlich sein (BSG, Urteil vom 02.02.1978 – 8 RU 66/77 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG, Urteil vom 27.06.2000 – B 2 U 29/99 R; Mehrtens/Perlebach, a.a.O., Rdnr. 26). Das ist dann der Fall, wenn unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Urteil vom 16.02.1971 – 1 RA 113/70 = BSGE 32, 203, 209; BSG, Urteil vom 20.01.1977 – 8 RU 52/76 = 43, 110, 113; BSG, Urteil vom 02.11.1999 – B 2 U 47/98 R = SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 67).
Es ist zunächst im Vollbeweis gesichert, dass der Kläger an aktinischen Keratosen erkrankt ist. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Auswertung des histologischen Be-fundes durch den Dermatologen PD Dr. L ... Weiter hat die bereits im Verwaltungsverfahren gehörte Prof. Dr. G. im Rahmen ihres Gutachtens vom 29.09.2009 ausgeführt, dass bei dem Kläger histologisch gesicherte multiple aktinische Keratosen, insbesondere im Kopfbereich, vorliegen. Der im gerichtlichen Verfahren gehörte Prof. Dr. B. hat dies bestätigt.
Auch am Vorliegen der sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen bestehen keine Zweifel. Ungeachtet der geschilderten grundsätzlichen Schwierigkeit, eine Gesamt-dosis der sonnenbedingten UV-Bestrahlung im Freien zu ermitteln, war der Kläger nicht weniger als 38 Jahre zum Teil ungeschützt der Sonne ausgesetzt, als er ver-schiedene Tätigkeiten als Dachdecker verrichtete. Die Beklagte hat auf dieser Grundlage einen beruflichen Dosisanteil von 215 SED ab dem 27. Lebensjahr errechnet (Stellungnahme von Dr. I. vom 07.10.2009, S. 2, Bl. 103 der Verwaltungs-vorgänge).
Der Ursachenzusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung ist offenkundig gegeben. Schließlich ist auch die haftungsausfüllende Kausalität zu bejahen. Denn unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung spricht mehr für als gegen den Zusammenhang zwischen der Einwirkung und der Erkrankung des Klägers und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung scheiden aus. Für den ursächlichen Zusammenhang spricht, dass selbst nach den Berechnungen der Beklagten von einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 50% auszugehen ist, obwohl – wie dargelegt – eine solche Verdoppelung des Risikos vom Gesetz nicht gefordert wird. Die Beklagte hat nämlich unter Annahme einer Gesamtdosis von 130 SED im nichtversicherten Bereich und einer beruflichen Gesamtdosis von 215 SED einen mehr als 50-prozentigen Dosisanteil ab dem 54. Lebensjahr des Klägers errechnet (Stellungnahme von Dr. I. vom 07.10.2009, S. 2, Bl. 103 der Verwaltungsakte). Soweit Dr. I. indessen Zweifel an dieser Berechnung angemeldet hat, weil der Lichtschaden an den Beinen des Klägers vermuten lasse, dass die private UV-Bestrahlungsdosis höher gewesen sei, so vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn der Kläger hat mehrfach glaubhaft bekundet (u.a. gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. B. im Gutachten vom, 14.10.2010, S. 10, Bl. 44 der Gerichtsakte), insbesondere an heißen Tagen im Sommer mit kurzer Hose gearbeitet zu haben, so dass auch seine Beine gegenüber dem Sonnenlicht exponiert waren und der Lichtschaden damit zu erklären ist. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass auch die Sachverständige Prof. Dr. G. auf die Pigmentierung der Haut des Klägers hingewiesen hat. Sie hat jedoch auch aus-geführt, dass die braune Haut des Klägers lediglich auf eine höhere UV-Freizeitexposition zum jetzigen Zeitpunkt hindeutet. Eine signifikant höhere UV-Freizeitexposition über einen längeren Zeitraum vermag die Kammer angesichts der mehrfachen Befragungen des Klägers auszuschließen. So hat er glaubhaft bekundet, Sonnenbrände oder ähnliches seien ihm nicht erinnerlich und Urlaubsreisen in südliche Länder seien in Kindheit und Jugend nicht durchgeführt worden. Bis auf zwei Urlaube in Südfrankreich habe er die Ferien überwiegend auf dem Bauernhof der Schwiegereltern in den Niederlanden verbracht. Gartenarbeiten führe er nicht selbst aus und Freizeitaktivitäten außerhalb des Hauses führe er nicht durch. Überdies ist ein weiterer Aspekt im Rahmen der beruflichen UV-Exposition des Klä-gers zu berücksichtigten, den die Beklagte – soweit ersichtlich – bei ihrer Berech-nung außer Betracht gelassen hat. Denn der von ihr erhobenen Berufsanamnese zufolge hat der Kläger überwiegend Metalldächer verlegt, so dass ein zusätzliches Rückstrahlvermögen von Metalldächern in die Bewertung einzubeziehen ist (dazu, dass auch das Rückstrahlvermögen der Umgebung die Intensität der UV-Strahlung beeinflusst, etwa Wolf/Kiesel/Drexler, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 57 [58]). Demgegenüber hat die Beklagte auf die standardisierten Werte für Outdoor-Worker zurückgegriffen. Für eine Ursächlichkeit sprechen nicht zuletzt die beiden medizinischen Gutachten der Dermatologen Prof. Dr. G. und Prof. Dr. B., welche unter Berücksichtigung individueller Merkmale wie Hauttyp des Klägers, Lokalisation der Keratosen, etc. von einer Verursachungswahrscheinlichkeit im beschriebenen Sinne ausgehen. Konkurrierende Ursachen für die Erkrankung des Klägers vermag die Kammer mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Hereditäre Hauterkrankungen konnten im Rahmen der medizinischen Begutachtungen ausgeschlossen werden und Prof. B. hat nach Durchführung einer ausführlichen Testung auch eine atopische Hautdiathese auszuschließen vermocht. Was die von Prof. Dr. G. beschriebene Bräune des Klägers zum Zeitpunkt der Be-gutachtung angeht, so vermag diese nicht dessen glaubhafte Darstellung zu entkräften, er sei während seines Berufslebens keiner erhöhten privaten UV-Bestrahlung ausgesetzt gewesen. Schließlich vermag die Kammer auch eine nennenswerte Exposition des Klägers gegenüber künstlicher UV-Strahlung als konkurrierende Ursache auszuschließen. Zwar hat der Kläger insbesondere vor seiner Tätigkeit als Dachdecker Schweißarbeiten verrichtet und mit Teer gearbeitet und die Exposition gegenüber künstlicher UV-Strahlung steht bei Schweißarbeiten außer Frage und auch die sog. phototoxische Wirkung von Teer ist bekannt. Angesichts der kurzen Dauer der ausgeübten Schweißarbeiten ist die hieraus resultierende UV-Strahlendosis indessen gegenüber der Dosis durch das Sonnenlicht zu vernachlässigen. Dies zeigt nicht zuletzt die Berechnung der Beklagten im Rahmen der arbeitsmedizinischen Stellungnahme durch Dr. E. vom 14.04.2009, die davon ausgeht, auf das natürliche UV-Licht entfielen ca. 90% der Einwirkungen, auf die Teerexposition ca. 9% und auf das bei Schweißarbeiten imitierte UV-Licht ca. 1%.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Kammer hat hier-bei berücksichtigt, dass der Kläger ursprünglich auch eine Entschädigung der Folgen seiner Wie-Berufskrankheit begehrt hatte und die Beklagte jedenfalls insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. In Ausübung ihres kostenrechtlichen Ermessens bemisst die Kammer das Obsiegen des Klägers im Hinblick auf die begehrte Anerkennung seiner Hautkrankheit als Wie-Berufskrankheit weit überwiegend, im Ergebnis mit 75%.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt zuletzt noch die Anerkennung der bei ihm vorliegenden präkanzerösen Veränderungen seiner Haut als Versicherungsfall einer Wie-Berufskrankheit.
Der am 00.00.000 geborene Kläger war bis 1970 als Schweißhelfer und Heizungs-monteur beschäftigt. Seit 1970 ist er im Dachdeckerhandwerk tätig, von 2003 bis 2008 als Dachdecker für die Firma N. C. Bedachungen GmbH, B ... Zu seinen Aufga-ben als Dachdecker gehörten sämtliche Arbeiten im Bereich von Flach- und Giebel-dächern, u.a. das Verlegen von Dachpfannen, das Verlegen von Metalldächern (Kupfer, Zink und Aluminium), die Ausführung von Fassadenarbeiten sowie die Durchführung von Klebe- und Schweißarbeiten mit Bitumen und Kunststofffolien. Während dieser Tätigkeiten war er auf den Dächern natürlicher UV-Strahlung unterschiedlicher Wellenlänge ausgesetzt.
Nachdem der Dermatologe PD Dr. L. bei dem Kläger aufgrund eines histologischen Befundes an lichtexponierten Stellen seiner Haut die Diagnose einer Keratosis solaris gestellt hatte, zeigte die Hautärztin Dr. X. unter dem 10.01.2008 eine Berufs-krankheit an. Die Beklagte zog Unterlagen von Dr. X. bei und erhob anlässlich eines Besuchs bei dem Kläger am 19.02.2008 eine ausführliche Berufsanamnese. Nach Einholung einer Stellungnahme ihres technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 05.05.2008 holte die Beklagte eine Stellungnahme des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. C. vom 14.04.2009 ein und veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch die Fachärztin für Dermatologie Prof. Dr. G ... Prof. Dr. G. gelangte in ihrem unter dem 29.09.2009 erstellten Gutachten zu dem Ergebnis, die insbeson-dere im Kopf- und Rückenbereich vorliegenden multiplen aktinischen Keratosen seien auf die Exposition des Klägers gegenüber natürlicher UV-Strahlung während seiner Tätigkeit als Dachdecker zurückzuführen. Angesichts der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen der Ausübung von Tätigkeiten im Freien und bösartigen Hautveränderungen empfahl sie, die Erkrankung des Klägers als Wie-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) anzuerkennen und schätzte die aus den Folgen resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 0% ein. Nach Stellungnahme ihrer Abteilung für Berufskrankheiten (Dr. I.) vom 07.10.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit mit Bescheid vom 21.12.2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, das bei dem Kläger vorliegende Krankheitsbild lasse sich keiner Berufskrankheit der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) zuordnen. Eine Anerkennung als Wie-Berufskrankheit scheide ebenfalls aus, da in den einschlägigen Fachkreisen noch keinerlei Konsens darüber herrsche, ob und ggf. ab wann von einer Risikoerhöhung im Rechtssinne sowie von einer Verdoppelung des Erkrankungsrisikos auszugehen sei. Der Kläger legte am 18.01.2010 Widerspruch und verwies auf die von ihm überwie-gend durchgeführte Verlegung von Metalldächern. Da die Sonneneinstrahlung von Metalldächern noch verstärkt werde, sei von einem hinreichenden Ursachenzusammenhang zwischen der Sonneneinstrahlung und seiner Hauterkrankung auszugehen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2010 zu-rück. Vertiefend führte sie aus, die sog. Gruppentypik, d.h. das höhere Erkrankungs-risiko einer bestimmten Personengruppe, sei noch nicht allgemein nachgewiesen. Überdies bestünden Zweifel an der Verursachung im konkreten Fall, da sich im Rahmen der Untersuchung durch Prof. Dr. G. auch Lichtschäden an Körperteilen des Klägers gezeigt hätten, welche nicht sonnenexponiert gewesen seien. Es sei daher von einer erheblich höheren UV-Freizeitexposition auszugehen, als vom Kläger angegeben.
Hiergegen richtet sich die am 30.03.2010 erhobene Klage.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen.
Der Kläger beantragt zuletzt noch, den Bescheid vom 21.12.2009 in der Fassung des Wider-spruchsbescheides vom 23.03.2010 abzuändern und festzustel-len, dass die bei ihm vorliegenden aktinischen Keratosen eine Wie-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 des SGB VII darstellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, belastbare epidemiologische Daten zu aktinischen Keratosen, insbe-sondere für das zu beurteilende Berufsbild eines Dachdeckers, seien nicht vorhan-den.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen eine Begutach-tung des Klägers durch den Direktor der Hautklinik des Klinikums der Universität C., Prof. Dr. B., veranlasst. Prof. Dr. B. hat sich in seinem unter dem 14.10.2010 erstell-ten Gutachten dem Ergebnis von Prof. Dr. G. angeschlossen und ausgeführt, der Kläger sei durch seine langjährige Tätigkeit als Dachdecker schädigendem UV-Licht in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt gewesen. Im Verhältnis zu der über Jahrzehnte gegebenen beruflichen Exposition gegenüber UV-Licht sei die private Einwirkung zu vernachlässigen. An der Ursächlichkeit der beruflichen Lichtexposition für die aktinischen Keratosen bestünden keine Zweifel. Das Gericht hat weiter eine Studie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ("Hautkrebs und UV-Strahlung – eine Hilfestellung für die BK-Sachbearbeitung") beigezogen und unter dem 26.05.2011 eine ergänzende Stellungnahme von Prof. B. eingeholt. Darin hat Prof. Dr. B. ausgeführt, der Zusammenhang zwischen UV-Exposition und einem Plattenepithelkarzinom (bzw. dessen Vorstufen) sei epidemiologisch gut nachgewiesen. Berufstätige mit langjähriger Außenbeschäfti-gung hätten ein etwa doppelt so hohes Risiko, an einem Plattenepithel-Karzinom zu erkranken. Verlässliche und allgemein akzeptierte Angaben zur Quantifizierung der beruflichen UV-Exposition fehlten indessen bislang und Studien zu einer Dosis-Wirkungs-Beziehung mit einem Dosisgrenzwert existierten bislang nicht. Das Gericht hat weiter eine Stellungnahme der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) vom 17.06.2011 eingeholt und die Ergebnisse eines Forschungsprojektes der BAUA (Knuschke u.a.: "Personenbezogene Messung der UV-Exposition von Arbeitnehmern im Freien", 2007), eines Vortrages von Prof. Dr. E., I. ("Arbeitsbedingter Hautkrebs aus medizinischer Sicht") sowie verschiedene Fachpublikationen (Schmitt/Diepgen/Bauer: "Occupational exposure to non-artificial UV-light and non-melanoctyc skin cancer – a systematic review concerning a new occupational disease", Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG) 2009, 1 ff.; Kütting/Drexler: "UV-induced skin cancer at workplace and evidence-based prevention, International Archives of Occupational and Environmental Health 2010, 843 ff.; Elsner: Das neue Bamberger Merkblatt, Trauma und Berufskrankheit 2010, 223 ff.; Elsner/Blome: UV-induzierter berufsbedingter Hautkrebs, Trauma und Berufskrankheit 2010, 227 ff.) ausgewertet. Das Gericht hat überdies eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 10.08.2011 eingeholt. Darin hat Prof. Dr. G. ausgeführt, zur Verursachung von aktinischen Keratosen durch UV-Licht lägen epidemiologische Studien vor, welche Anerkennung in den entsprechenden wissenschaftlichen Fachgremien gefunden hätten. Das Gericht hat weiter Stellungnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 09.11.2011, vom 05.12.2011 und vom 07.02.2012 eingeholt. Darin hat das zuständige Referat des BMAS mitgeteilt, die Beratungen des ärztlichen Sachverständigenbeirats zum Thema "Hautkrebs durch UV-Strahlung" dauerten derzeit noch an. Die Frage der Einbeziehung aktinischer Keratosen in eine neue mögliche Berufskrankheiten-Empfehlung sei erstmals im September 2009 im Sachverständigenbeirat diskutiert worden. In der derzeitigen Entwurfsfassung würden aktinische Keratosen als Berufskrankheit anerkannt. Das Gericht hat schließlich ein Exemplar der Zeitschrift Dermatologie in Beruf und Umwelt, "Durch UV-Strahlung induzierte bösartige Hauttumoren", Band 59, Nr. 2/2011 in die mündliche Verhandlung eingeführt und den Beteiligten die Möglichkeit eingeräumt, dies einzusehen und hierzu Stellung zu nehmen.
Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf eine Anfechtungs- und Feststel-lungsklage umgestellte Klage ist zulässig. Mit einer Feststellungsklage kann über § 55 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hinaus auch die Feststellung begehrt werden, dass eine Krankheit eine Berufskrankheit ist (BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R = juris Rdnr. 11 m.w.N.). Ein Feststellungsinteresse des Klägers folgt bereits daraus, dass nach Anerkennung seiner Erkrankung von der Beklagten prä-ventive Maßnahmen zur Verhinderung einer Verschlimmerung nach § 3 Abs. 1 der BKV zu erbringen sein könnten.
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Denn sie sind insoweit rechtswid-rig, als die Beklagte die Anerkennung der bei ihm vorliegenden aktinischen Kerato-sen als Wie-Berufskrankheit abgelehnt hat.
Grundlage für die Anerkennung der Erkrankung des Klägers als Wie-Berufskrankheit ist § 9 Abs. 2 SGB VII. Danach haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der Berufskrankheiten-Verordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind.
Die sich somit aus einer Zusammenschau von § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII und § 9 Abs. 2 SGB VII ergebenden Tatbestandsmerkmale für die Feststellung des Versicherungsfalles einer sog. Wie-Berufskrankheit sind (dazu etwa BSG, Urteil vom 27.04.2010 – B 2 U 13/09 R = juris, Rdnr. 9; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.11.2011, L 2 U 30/11 = juris, Rdnr. 26): (1.) das Fehlen der Voraussetzungen für eine in der BKV bezeichnete Krankheit, (2.) das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, (3.) nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie (4.) die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung dieser Krankheit als Wie-Berufskrankheit im Einzelfall bei dem Versicherten.
Sämtliche dieser Tatbestandsmerkmale sind in der Person des Klägers erfüllt.
Der Kläger erfüllt das erste Tatbestandsmerkmal, weil die Voraussetzungen für eine in der Anlage 1 zur BKV (der Berufskrankheiten-Liste) genannten Berufskrankheiten nicht vorliegen. Insbesondere ist die BK nach Nr. 5102 der Anlage 1 zur BKV ("Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe") nicht einschlägig, weil im vorliegenden Fall nicht eine Einwirkung durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech in Rede steht und das Sonnenlicht auch nicht einen ähnlichen "Stoff" in diesem Sinne darstellt.
Auch das zweite Tatbestandsmerkmal ist erfüllt. Danach muss eine bestimmte Per-sonengruppe durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sein und diese Einwirkungen müssen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft geeignet sein, Krankheiten solcher Art zu verursachen. Dabei bezieht sich die Voraussetzung einer erheblich höheren Gefährdung bestimmter Personengruppen auf das allgemeine Auftreten der Krankheit, nicht dagegen auf die Verursachung der Krankheit durch die gefährdende Tätigkeit (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2011 – L 2 U 4115/09 = juris). Ob eine bestimmte Personengruppe durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist und diese Einwirkungen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft geeignet sind, Krankheiten solcher Art zu verursachen, ist anhand statistisch relevanter Zahlen für eine Vielzahl von typischen Geschehensabläufen festzustellen. Erforderlich ist grundsätzlich der Nachweise einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung derartiger Krankheitsbilder, weil nur so mit der erforderlichen Sicherheit darauf geschlossen werden kann, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt (BSG, Urteil vom 23.03.1999 – B 2 U 12/98 R = juris, Rdnr. 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.04.2011 – L 15 U 308/08 = juris, Rdnr. 19). Es muss also eine Gruppentypik derart bestehen, dass eine Erkrankung in einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt, als bei der übrigen Bevölkerung. Termini wie "gruppentypische oder gruppenspezifische Risikoerhöhung" oder Gruppentypik" dienen dabei nur der Erläuterung oder Umschreibung ohne dass damit andere Anforderungen aufgestellt werden (BSG, Urteil vom 27.04.2010 – B 2 U 13/09 R = juris, Rdnr. 15). Voraussetzung ist demnach der generelle Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen, denen eine bestimmte Personengruppe in erheblich höherem Maße ausgesetzt sein muss, und einer oder mehrerer Erkrankungen dieser Gruppe (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18.11.2011 – L 9 U 66/07 = juris, Rdnr. 30; Becker, SGb 2006, 449, 452). Nicht erforderlich ist demgegenüber dass das Erkrankungsrisiko in einer gefährdeten Berufsgruppe mehr als verdoppelt ist, d.h. in der exponierten Personengruppe eine Erkrankung mehr als doppelt so häufig auftritt (BSG, Urteil vom 23.03.1999 – B 2 U 12/98 = juris, Rdnr. 35; Becker, SGb 2006, 449, 454; aA LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.01.2003 – L 6 U 28/01 = juris, Rdnr. 24). An die bestimmte Personengruppe sind keine besonderen Anforderungen hinsicht-lich ihrer Größe, ihrer beruflichen Homogenität oder sonstiger charakterisierender Merkmale zu stellen (BSG, Urteil vom 27.04.2010 – B 2 U 13/09 R = juris, Rdnr. 19; Becker, SGb 2006, 449, 452).
Die im vorliegenden Fall maßgebliche "bestimmte Personengruppe", der der Kläger zuzurechnen ist, ist die der ständig im Freien Beschäftigten oder sog. Outdoor-Worker. Unter diese Bezeichnung fallen insbesondere im Hoch- und Straßenbau tätige Arbeiter, Land- und Forstwirte und Seefahrer. Welche versicherten Tätigkeiten im Einzelnen dieser Gruppe zuzuordnen sind, kann hier unentschieden bleiben. Denn jedenfalls Dachdecker werden dieser Personengruppe zugerechnet, wenn sie – wie der Kläger – über längere Zeiträume der Sonne ungenügend geschützt ausgesetzt sind (ausdrücklich etwa Siekmann, Instrumente zur UV-Expositionsermittlung aus Sicht der Prävention, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 60 [66]).
Es ist in zahlreichen wissenschaftlichen Studien belegt, dass diese Personengruppe durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung sonnenbedingter UV-Strahlung ausgesetzt ist und es ist ferner im Rahmen dieser Studien eine statistisch signifikant höhere Häufigkeit der Angehörigen dieser Personengruppe nachgewiesen, an Plattenepithelkarzinomen oder deren Vorstufen (aktinische Keratosen) zu erkranken. So haben (Stand 2011) insgesamt 18 Studien (6 Kohortenstudien, 12 Fall-Kontroll-Studien) den Zusammenhang von beruflicher UV-Exposition und Plattenepithelkarzinom-Risiko untersucht, 16 Studien haben einen Zusammenhang beschrieben, der in 12 Studien statistisch signifikant war. Es kann deshalb basierend auf der epidemiologischen Evidenz etwa von einer Risikoverdopplung ausgegangen werden (vgl. zum Ganzen etwa Schmitt/Bauer/Seidler/Diepgen, Berufliche UV-Exposition als Risikofaktor für nichtmelanozytären Hautkrebs – epidemiologische Evidenz zur Frage einer neuen Berufskrankheit, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 50 (52, 53). Auch die Untersuchung von Schmitt/Diepgen/Bauer, Occupational exposure to non-artificial UV-light and non-melanoctyc skin cancer – a systematic review concerning a new occupational disease", Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG) 2009, 1 (12) belegt anhand der Ergebnisse zahlreicher Studien, dass ein signifikant erhöhtes Risiko von Outdoor-Workern, an Hautkrebs oder dessen Vorstufen zu erkranken, jedenfalls in den Fällen epidemiologisch gesichert ist, in denen eine jahrelange Exposition gegenüber sonnenbedingter UV-Strahlung vorliegt. Ferner zu nennen ist die ausführliche Untersuchung von Knuschke u.a., Personen-bezogene Messung der UV-Exposition von Arbeitnehmern im Freien, 2007 sowie die Zusammenfassung von Knuschke, Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der beruflichen solaren UV-Exposition, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 78 (80 f., 83), welche allerdings nur einen Zusammenhang zwischen den ständig im Freien Beschäftigten und solarer UV-Exposition anhand verschiedener ausführlicher Studien in Deutschland, Österreich und Dänemark belegen.
Auch lässt sich nicht argumentieren, diese Studien verhielten sich allein zum Zu-sammenhang von UV-Exposition sogenannter ständig im Freien Beschäftigter und Plattenepithelkarzinomen, nicht aber zu den bei dem Kläger vorliegenden aktinischen Keratosen. Denn aktinische Keratosen gelten als Vorform des Plattenepithelkarzinoms. Die Kammer stützt sich hierbei auf die Ausführungen der im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gehörten Sachverständigen Prof. Dr. G., die mitgeteilt hat, die aktinische Keratose stelle ein Plattenepithelkarzinom der Epidermis in situ dar und sei somit als carcinoma in situ anzusehen (Seite 15 des Gutachtens vom 29.09.2009). Auch sieht sich das Gericht bestätigt durch die Entwurfsfassung des ärztlichen Sachverständigenbeirats beim BMAS, der nach Auskunft des zuständigen Referats vom 09.11.2011derzeit lautet:
"Aktinische Keratosen werden inzwischen als Plattenepithelkarzinom in situ angesehen und stellen damit zwei Stadien einer Erkrankung dar und sind Ge-genstand dieser Berufskrankheit"
Eine Dosis-Wirkung-Beziehung, die zwischen sonnenbedingter UV-Strahlung und aktinischen Keratosen nach den übereinstimmenden Ausführungen von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. B. bislang nicht belegt ist, ist nicht notwendige Voraussetzung für den Nachweis einer Gruppentypik. Da bereits die Messung beruflicher UV-Strahlenexpositionen bei Arbeiten im Freien kaum möglich ist (dazu etwa Siekmann, Instrumente zur UV-Expositionsermittlung aus Sicht der Prävention, Der-matologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 60 [63 f.]), kann ohnehin lediglich eine Annäherung an die Gesamtdosis der Exposition erfolgen. Hinzu kommt, dass sich auch die Ermittlung privater UV-Strahlenexpositionen als Vergleichsgröße äußerst schwierig gestaltet (Siekmann,.a.a.O., S. 62). Die Praxis verwendet bislang Konzepte, welche als einheitliche Messgröße privater und beruflicher UV-Strahlenexposition die erythemgewichtete Bestrahlung quantifi-ziert und in der Einheit SED (Standarderythemdosis) angibt. Zur Ermittlung der beruflichen Gesamtdosis sonnenbedingter UV-Strahlung werden Faktoren wie Art der Außentätigkeit, Ausgestaltung des Beschäftigungsortes, Dauer der UV-Bestrahlung (Dauer der Außenarbeitszeit und über die Jahre beruflicher Tätigkeit kumuliert) und Intensität der UV-Strahlung (die beeinflusst wird durch Tages- und Jahreszeit, das Bekleidungsverhalten, die geographische Lage des Arbeitsplatzes, dessen Meereshöhe und das Rückstrahlvermögen der Umgebung) in die Berechnung mit einbezogen (vgl. Wolf/Kiesel/Drexler, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 57 [58]). Zur Ermittlung des arbeitsbedingten Anteils an der gesamten UV-Exposition wird zunächst die private UV-Exposition ermittelt. Da regelmäßig keine Ermittlung der individuellen jährlichen UV-Bestrahlung möglich ist, wird eine UV-Bestrahlung von 130 SED angenommen. Sodann wird die gesamte arbeitsbedingte UV-Exposition ermittelt. Anschließend werden die gesamte private UV-Bestrahlung und die gesamte arbeitsbedingte UV-Bestrahlung addiert und sodann der Anteil der gesamten arbeitsbedingten UV-Bestrahlung an der Summe der arbeitsbedingten und der gesamten privaten UV-Bestrahlung errechnet (vgl. zum Ganzen Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Hautkrebs und UV-Strahlung – eine Hilfestellung für die BK-Sachbearbeitung, S. 15). Es zeigt sich damit, dass trotz der dargelegten Schwierigkeiten einer Ermittlung der Gesamtdosis sonnenbedingter UV-Strahlung in der Wissenschaft Berechnungsmo-delle existieren, um die berufsbedingte UV-Strahlung jedenfalls annähernd zu quantifizieren.
Weiter ist auch das dritte Tatbestandsmerkmal erfüllt. Denn die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft sind neu im Sinne von § 9 Abs. 2 SGB VII. Die Erkenntnisse sind neu, wenn sie in der letzten Änderung der BKV noch nicht berücksichtigt sind Dies ist der Fall, wenn sie sich entweder nach dem Erlass der letzten Fassung der BKV ergeben haben oder zu dieser Zeit als noch nicht ausreichend angesehen wurden und sich erst danach zur Berufskrankheitenreife verdichtet haben (BSG, Urteil vom 14.11.1996 – 2 RU 9/96 = juris, Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 21.01.1997 – 2 RU 7/96 = juris, Rdnr.17). Hat der Verordnungsgeber begonnen, sich mit entsprechenden medizinischen Erkenntnissen zu befassen, aber noch keine Entscheidung getroffen, ist es dem Unfallversicherungsträger nicht gestattet, die Entscheidung über einen Antrag nach § 9 Abs. 2 SGB VII mit der Begründung zurückzustellen, eine Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung sei in Sicht, in der auch über die Anerkennung der im Einzelfall in Frage stehenden Krankheit als (Listen-)Berufskrankheit entschieden werde (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23.06.2005 – 1 BvR 235/00 = juris, Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 27.06.2006 – B 2 U 5/05 R = juris, Rdnr. 22, unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben waren die o.g. Erkenntnisse der medizini-schen Wissenschaft neu. Denn nach der Auskunft des zuständigen Referats des BMAS vom 07.02.2012 hat der Sachverständigenbeirat erstmals im September 2009 – und damit nach der letzten Änderung der BKV – begonnen, sich mit der Einbezie-hung von aktinischen Keratosen in eine neue mögliche Berufskrankheiten-Empfehlung zu befassen. Zur Berufskrankheitenreife verdichtet haben sich die medizinischen Erkenntnisse keinesfalls vor diesem Zeitpunkt.
Schließlich liegt auch das letzte Tatbestandsmerkmal in Form der individuellen Vo-raussetzungen für die Feststellung der Krankheit als Wie-Berufskrankheit in der Person des Klägers vor. Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 20.01.1987 – 2 RU 27/86 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 22.08.2000 – B 2 U 34/99 R = SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII Rdnr. 14). Der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, a.a.O.). Die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität müssen nicht nur möglich, sondern hinreichend wahrscheinlich sein (BSG, Urteil vom 02.02.1978 – 8 RU 66/77 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG, Urteil vom 27.06.2000 – B 2 U 29/99 R; Mehrtens/Perlebach, a.a.O., Rdnr. 26). Das ist dann der Fall, wenn unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Urteil vom 16.02.1971 – 1 RA 113/70 = BSGE 32, 203, 209; BSG, Urteil vom 20.01.1977 – 8 RU 52/76 = 43, 110, 113; BSG, Urteil vom 02.11.1999 – B 2 U 47/98 R = SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 67).
Es ist zunächst im Vollbeweis gesichert, dass der Kläger an aktinischen Keratosen erkrankt ist. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Auswertung des histologischen Be-fundes durch den Dermatologen PD Dr. L ... Weiter hat die bereits im Verwaltungsverfahren gehörte Prof. Dr. G. im Rahmen ihres Gutachtens vom 29.09.2009 ausgeführt, dass bei dem Kläger histologisch gesicherte multiple aktinische Keratosen, insbesondere im Kopfbereich, vorliegen. Der im gerichtlichen Verfahren gehörte Prof. Dr. B. hat dies bestätigt.
Auch am Vorliegen der sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen bestehen keine Zweifel. Ungeachtet der geschilderten grundsätzlichen Schwierigkeit, eine Gesamt-dosis der sonnenbedingten UV-Bestrahlung im Freien zu ermitteln, war der Kläger nicht weniger als 38 Jahre zum Teil ungeschützt der Sonne ausgesetzt, als er ver-schiedene Tätigkeiten als Dachdecker verrichtete. Die Beklagte hat auf dieser Grundlage einen beruflichen Dosisanteil von 215 SED ab dem 27. Lebensjahr errechnet (Stellungnahme von Dr. I. vom 07.10.2009, S. 2, Bl. 103 der Verwaltungs-vorgänge).
Der Ursachenzusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung ist offenkundig gegeben. Schließlich ist auch die haftungsausfüllende Kausalität zu bejahen. Denn unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung spricht mehr für als gegen den Zusammenhang zwischen der Einwirkung und der Erkrankung des Klägers und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung scheiden aus. Für den ursächlichen Zusammenhang spricht, dass selbst nach den Berechnungen der Beklagten von einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 50% auszugehen ist, obwohl – wie dargelegt – eine solche Verdoppelung des Risikos vom Gesetz nicht gefordert wird. Die Beklagte hat nämlich unter Annahme einer Gesamtdosis von 130 SED im nichtversicherten Bereich und einer beruflichen Gesamtdosis von 215 SED einen mehr als 50-prozentigen Dosisanteil ab dem 54. Lebensjahr des Klägers errechnet (Stellungnahme von Dr. I. vom 07.10.2009, S. 2, Bl. 103 der Verwaltungsakte). Soweit Dr. I. indessen Zweifel an dieser Berechnung angemeldet hat, weil der Lichtschaden an den Beinen des Klägers vermuten lasse, dass die private UV-Bestrahlungsdosis höher gewesen sei, so vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn der Kläger hat mehrfach glaubhaft bekundet (u.a. gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. B. im Gutachten vom, 14.10.2010, S. 10, Bl. 44 der Gerichtsakte), insbesondere an heißen Tagen im Sommer mit kurzer Hose gearbeitet zu haben, so dass auch seine Beine gegenüber dem Sonnenlicht exponiert waren und der Lichtschaden damit zu erklären ist. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass auch die Sachverständige Prof. Dr. G. auf die Pigmentierung der Haut des Klägers hingewiesen hat. Sie hat jedoch auch aus-geführt, dass die braune Haut des Klägers lediglich auf eine höhere UV-Freizeitexposition zum jetzigen Zeitpunkt hindeutet. Eine signifikant höhere UV-Freizeitexposition über einen längeren Zeitraum vermag die Kammer angesichts der mehrfachen Befragungen des Klägers auszuschließen. So hat er glaubhaft bekundet, Sonnenbrände oder ähnliches seien ihm nicht erinnerlich und Urlaubsreisen in südliche Länder seien in Kindheit und Jugend nicht durchgeführt worden. Bis auf zwei Urlaube in Südfrankreich habe er die Ferien überwiegend auf dem Bauernhof der Schwiegereltern in den Niederlanden verbracht. Gartenarbeiten führe er nicht selbst aus und Freizeitaktivitäten außerhalb des Hauses führe er nicht durch. Überdies ist ein weiterer Aspekt im Rahmen der beruflichen UV-Exposition des Klä-gers zu berücksichtigten, den die Beklagte – soweit ersichtlich – bei ihrer Berech-nung außer Betracht gelassen hat. Denn der von ihr erhobenen Berufsanamnese zufolge hat der Kläger überwiegend Metalldächer verlegt, so dass ein zusätzliches Rückstrahlvermögen von Metalldächern in die Bewertung einzubeziehen ist (dazu, dass auch das Rückstrahlvermögen der Umgebung die Intensität der UV-Strahlung beeinflusst, etwa Wolf/Kiesel/Drexler, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 57 [58]). Demgegenüber hat die Beklagte auf die standardisierten Werte für Outdoor-Worker zurückgegriffen. Für eine Ursächlichkeit sprechen nicht zuletzt die beiden medizinischen Gutachten der Dermatologen Prof. Dr. G. und Prof. Dr. B., welche unter Berücksichtigung individueller Merkmale wie Hauttyp des Klägers, Lokalisation der Keratosen, etc. von einer Verursachungswahrscheinlichkeit im beschriebenen Sinne ausgehen. Konkurrierende Ursachen für die Erkrankung des Klägers vermag die Kammer mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Hereditäre Hauterkrankungen konnten im Rahmen der medizinischen Begutachtungen ausgeschlossen werden und Prof. B. hat nach Durchführung einer ausführlichen Testung auch eine atopische Hautdiathese auszuschließen vermocht. Was die von Prof. Dr. G. beschriebene Bräune des Klägers zum Zeitpunkt der Be-gutachtung angeht, so vermag diese nicht dessen glaubhafte Darstellung zu entkräften, er sei während seines Berufslebens keiner erhöhten privaten UV-Bestrahlung ausgesetzt gewesen. Schließlich vermag die Kammer auch eine nennenswerte Exposition des Klägers gegenüber künstlicher UV-Strahlung als konkurrierende Ursache auszuschließen. Zwar hat der Kläger insbesondere vor seiner Tätigkeit als Dachdecker Schweißarbeiten verrichtet und mit Teer gearbeitet und die Exposition gegenüber künstlicher UV-Strahlung steht bei Schweißarbeiten außer Frage und auch die sog. phototoxische Wirkung von Teer ist bekannt. Angesichts der kurzen Dauer der ausgeübten Schweißarbeiten ist die hieraus resultierende UV-Strahlendosis indessen gegenüber der Dosis durch das Sonnenlicht zu vernachlässigen. Dies zeigt nicht zuletzt die Berechnung der Beklagten im Rahmen der arbeitsmedizinischen Stellungnahme durch Dr. E. vom 14.04.2009, die davon ausgeht, auf das natürliche UV-Licht entfielen ca. 90% der Einwirkungen, auf die Teerexposition ca. 9% und auf das bei Schweißarbeiten imitierte UV-Licht ca. 1%.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Kammer hat hier-bei berücksichtigt, dass der Kläger ursprünglich auch eine Entschädigung der Folgen seiner Wie-Berufskrankheit begehrt hatte und die Beklagte jedenfalls insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. In Ausübung ihres kostenrechtlichen Ermessens bemisst die Kammer das Obsiegen des Klägers im Hinblick auf die begehrte Anerkennung seiner Hautkrankheit als Wie-Berufskrankheit weit überwiegend, im Ergebnis mit 75%.
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