Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 2968/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Der Heizspiegel bietet keine Grundlage für die Bemessung der Angemessenheit von Heizkosten in Form von Stromkosten.
2. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind die tatsächlichen Heizkosten bei unwirtschaftlichem Heizverhalten zu übernehmen, wenn kein Datenmaterial für die Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze für die Heizkosten vorhanden ist.
2. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind die tatsächlichen Heizkosten bei unwirtschaftlichem Heizverhalten zu übernehmen, wenn kein Datenmaterial für die Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze für die Heizkosten vorhanden ist.
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.06.2012 bis 30.11.2012, längstens jedoch bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 11.05.2012 in der Fassung des Bescheides vom 24.05.2012, in Höhe von 1135,58 EUR zu zahlen.
2. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller macht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geltend.
Der am 15.05.1969 geborene Antragsteller bewohnt eine 69,75 m² große 3-Zimmer-Wohnung, für die er eine Kaltmiete von 385,78 EUR, 35,79 EUR Nebenkosten sowie 35,79 EUR Wasserkosten zu zahlen hat. Die Wohnung, die in einem als "Arbeitszimmer" bezeichneten Raum und im Bad mit Gaseinzelöfen ausgestattet ist, wird im Übrigen durch elektrische Radiatoren beheizt. Von Januar 2005 bis September 2008 bezog der Antragsteller von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II, wobei die Antragsgegnerin die vom Antragsteller zu zahlenden Abschlagszahlungen für Gas und Strom, deren Höhe sich zwischen 362,00 EUR und 231,00 EUR monatlich bewegte, abzüglich einer Energiepauschale als Heizkosten übernahm und an den Energieversorger auszahlte. Ab Februar 2008 wurde die Kaltmiete nur noch in Höhe von 331,65 EUR berücksichtigt. Nach von Oktober 2008 bis Februar 2009 erfolgtem Sozialhilfebezug wurden dem Antragsteller ab März 2009 wieder Leistungen von der Antragsgegnerin gewährt, wobei Heizkosten in Höhe von 231,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale berücksichtigt wurden.
Im März 2010 legte der Antragsteller die Jahresabrechnung des Energieversorgers über eine für die Zeit vom Januar 2009 bis Januar 2010 zu leistende Nachzahlung von 4448,97 EUR sowie ab März 2010 zu leistenden Abschlagszahlungen in Höhe von 583,00 EUR monatlich beim Antragsgegner vor. Das vom Antragsteller wegen der von der Antragsgegnerin abgelehnten Übernahme der Nachzahlung angerufene Sozialgericht Stuttgart verpflichtete die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Übernahme der im Juni 2010 5983,97 EUR betragenden Nachforderung, weil der Antragsteller nicht über seine Kostensenkungsobliegenheit bezüglich der Heizkosten informiert worden sei.
Mit Schreiben vom 19.08.2010 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass seine Heizkosten unangemessen hoch seien, er sein Heizverhalten umgehend ändern müsse und eine weitere unangemessen hohe Zahlung nicht mehr übernommen werden könne. Mit Änderungsbescheid vom 28.09.2010 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen unter Berücksichtigung von Heizkosten in Höhe von 583,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale.
Unter dem 05.11.2010 erstellte das Energieberatungszentrum S. im Auftrag der Antragsgegnerin aufgrund einer Begehung der Wohnung des Antragstellers eine Beurteilung des Strom- und Gasverbrauchs, deren wesentliches Ergebnis darin bestand, dass der extrem hohe Energieverbrauch des Antragstellers im Wesentlichen durch sein falsches Heizungs- und Lüftungsverhalten verursacht sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Energieverbrauchsanalyse wird auf das mit "230" beschriftete Blatt und fortfolgende Bezug genommen.
Aufgrund eines Haftaufenthalts des Antragstellers, während dem er von der Antragsgegnerin keine Leistungen bezog, übernahm das Sozialamt der Stadt S. die Unterkunftskosten des Antragstellers für die Zeit von Januar bis Juni 2011, wobei nach entsprechender Vereinbarung mit dem Energieversorger die an diesen zu leistenden Abschlagszahlungen auf 10,00 EUR festgelegt worden waren.
Mit Bescheid vom 04.07.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.08.2011 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 11.06.2011 bis 30.11.2011 unter Berücksichtigung der ab Juli 2011 wieder fälligen Abschlagszahlung in Höhe von 231,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale.
Für die Zeit vom 01.12.2011 bis 31.05.2012 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen in Höhe von 1004,59 EUR (364,00 EUR Regelleistung, 640,59 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung), wobei sie weiterhin die Abschlagszahlungen in Höhe von 231,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale als Heizkosten berücksichtigte.
Am 21.02.2012 legte der Antragsteller die Jahresabrechnung des Energieversorgers vom 13.02.2012 für die Zeit vom 16.01.2011 bis 15.01.2012 vor, wonach eine Nachzahlung von 1583,56 EUR sowie ab März 2012 Abschläge in Höhe von 312,00 EUR monatlich zu zahlen sind, und bat um Übernahme der geforderten Beträge. Die Übernahme der Nachzahlung lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21.02.2012 ab, weil die angemessenen Heizkosten nach dem Heizspiegel der Stadt S. bei jährlich 1164,83 EUR lägen, was durch die geleisteten Vorauszahlungen abgedeckt sei.
Mit Änderungsbescheid vom 21.02.2012 setzte die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.05.2012 auf 879,88 EUR neu fest, wobei sie Heizkosten nur noch in Höhe von 97,06 EUR berücksichtigte und ein Energieeigenanteil von 29,06 EUR abgezogen wurde.
Auf den vom Antragsteller beim Sozialgericht Stuttgart gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 14 AS 1228/12 ER) ordnete das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Änderungsbescheid vom 21.02.2012 an, weil die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 21.10.2011 nach § 45 Zehntes Buch (SGB X) nicht vorlägen, und lehnte den Antrag im Übrigen hinsichtlich der Übernahme der von dem Energieversorger geforderten Energiekostennachzahlung ab. Die Antragsgegnerin hob daraufhin den Bescheid vom 21.02.2012 mit Bescheid vom 18.04.2012 auf und setzte Leistungen für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.05.2012 in Höhe von 1014,59 EUR (374,00 EUR Regelleistung, 640,59 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) fest.
Auf den Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers vom 10.05.2012 bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11.05.2012 Leistungen für die Zeit vom 01.06.2012 bis 30.11.2012 in Höhe von 879,88 EUR monatlich. Dabei erkannte sie eine Kaltmiete von 366,30 EUR, Nebenkosten in Höhe von 71,58 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 97,06 EUR an, wovon sie einen Eigenanteil für Haushalts-/Kochenergie von 29,06 EUR in Abzug brachte. Als Zahlungsempfänger ist im Bescheid unter anderem der Energieversorger hinsichtlich eines Betrages von 312,00 EUR und der Antragsteller hinsichtlich eines Betrages von 73,12 EUR angegeben.
Am 23.05.2012 hat der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Die Leistungen seien für die Zeit vom 01.06.2012 bis 30.11.2012 auf 879,88 EUR festgesetzt worden. Auf dem Berechnungsbogen sei erkennbar, dass der Antragsteller nach Abzügen noch 73,12 EUR zum Leben zur Verfügung habe. Er habe sich bereits für Mai Geld geliehen, da er bereits geringe Leistungen bekomme.
Mit Änderungsbescheid vom 24.05.2012 bestätigte die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung in Höhe von 879,88 EUR, gab als Zahlungsempfänger nunmehr jedoch den Energieversorger hinsichtlich eines Betrages von 97,06 EUR und den Antragsteller hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 288,06 EUR an.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragstellerin zu verpflichten, ihm höhere Leistungen zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es sei zu beachten, dass eine Entscheidung über diesen Zeitraum eine Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde. Eine Ausnahme davon sei nicht ersichtlich, da dem Antragsteller auch andere Wege des Rechtsschutzes offen stünden, die nicht als unzumutbar zu betrachten seien; der Antragsteller könne z.B. auch Widerspruch einlegen. Mit dem Änderungsbescheid vom 23.05.2012 sei das Versehen einer Direktzahlung von 312,00 EUR an den Energieversorger korrigiert worden, so dass nunmehr nur noch 97,06 EUR an den Energieversorger direkt gezahlt würden. Damit sei das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren entfallen.
Am 31.05.2012 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.05.2012 ein.
II.
Der Antrag ist zulässig.
Einen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses kann die Kammer nicht erkennen. Insbesondere hat sich das Begehren des Antragstellers, höhere Leistungen für die Sicherung seines Lebensunterhalts zu erhalten, durch die Änderung des Zahlungsbetrages an den Energieversorger nicht erledigt, da ihm weiterhin monatliche Energiekosten in Höhe von 312,00 EUR entstehen, so dass der für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Betrag unverändert gering ist. Auch ist für die Kammer nicht ersichtlich, welche einfachere Möglichkeit der Antragsteller haben sollte, sein Antragsbegehren zu erreichen. Insbesondere hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt, ohne dass ihm der Antragsgegner daraufhin höhere Leistungen bewilligt hätte.
Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.04.2008 - L 7 AS 5626/07 ER-B und Beschluss vom 11.06.2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Nach summarischer Prüfung ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes von einem Anspruch des Antragstellers in Höhe von 1135,58 EUR auszugehen. Hierbei berücksichtigt die Kammer einen Regelbedarf in Höhe von 374,00 EUR sowie einen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 761,58 EUR. Als Bedarf für Unterkunft und Heizung ist eine angemessene Kaltmiete in Höhe von 378,00 EUR, Nebenkosten in Höhe von 35,79 EUR, Wasserkosten in Höhe von 35,79 EUR sowie der Energiekostenabschlag in Höhe von 312,00 EUR zu berücksichtigen.
Den Regelbedarf hat die Antragsgegnerin in den Bescheiden vom 11.05.2012 und 24.05.2012 zutreffend in Höhe von 374,00 EUR berücksichtigt.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Die Angemessenheit der Kaltmiete richtet sich nach Mietspiegel der Landeshauptstadt Stuttgart nach der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen vor Baujahr 1975 mit einfacher Ausstattung in mittlere Lage. Dabei ist von dem für die angemessene Wohnfläche im Mietspiegel genannten Spannenoberwert als angemessenem Quadratmeterpreis auszugehen (Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 06.04.2009 – S 18 AS 6495/08, im Anschluss LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.07.2010 – L 1 AS 2852/09). Dies wird von der Antragsgegnerin offenbar nicht in Zweifel gezogen. Danach ergibt sich für eine für einen Einpersonenhaushalt angemessene Wohnfläche von 45 m² ein angemessener Quadratmeterpreis von 8,40 EUR. Demnach beträgt die angemessene Kaltmiete 378,00 EUR (45 m² x 8,40 EUR).
Wasserkosten und Nebenkosten hat die Antragsgegnerin zutreffend in der tatsächlichen Höhe berücksichtigt.
Die Energiekosten sind im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vollständig zu berücksichtigen. Der Bescheid vom 11.05.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.05.2012 ist in jedem Fall schon insoweit rechtswidrig, als die Antragsgegnerin einen "Energieeigenanteil" in Abzug gebracht hat. Nachdem die für angemessen erachteten Heizkosten unter Zugrundelegung des Heizspiegels ermittelt worden sind, können darin aus der Regelleistung zu finanzierende Haushaltsenergiekosten nicht enthalten sein, so dass sich der Abzug schon deshalb verbietet. Allerdings hat die Kammer auch erhebliche Zweifel, dass der von der Antragsgegnerin als Heizkosten berücksichtigte Betrag in Höhe von 97,06 EUR die Angemessenheitsgrenze der Heizkosten des Antragstellers darstellt. Die Antragsgegnerin hat diesen Wert ausschließlich anhand der Daten aus dem Heizspiegel für mit Erdgas beheizte Gebäude ermittelt. Fraglich ist bereits, ob der angewandte Heizspiegel 2009, welcher sich auf das Abrechnungsjahr 2008 bezieht, für das hier fragliche Abrechnungsjahr 2011 überhaupt eine repräsentative Datengrundlage bilden kann. Keinesfalls bietet der Heizspiegel eine Grundlage für die Bemessung der Angemessenheit von Heizkosten in Form von Stromkosten. Entsprechende Daten sind in den Heizspiegel nicht eingeflossen. Auch ist zweifelhaft, ob die Daten des Heizspiegels für Erdgas, welche anhand Daten zentral beheizter Wohnungen ermittelt worden sind, eine Grundlage für die Festlegung einer Angemessenheitsgrenze der Heizkosten bei der Nutzung von Gaseinzelöfen bieten kann, zumal sich schon in der von der Antragsgegnerin veranlassten Energieverbrauchsanalyse bestätigt findet, dass die Wärmeerzeugung durch Gaseinzelöfen sehr verlustbehaftet ist. Bei Anwendung des bundesweiten Heizspiegels 2012, dem zwar Daten für das Abrechnungsjahr 2011 zugrundegelegt sind, stellen sich im Übrigen dieselben Probleme. Für die Ermittlung der Angemessenheit der Kosten für die Beheizung einer Wohnung mit Gaseinzelöfen und Stromradiatoren erweist sich sowohl der Heizspiegel 2009 der Stadt S. als auch der bundesweite Heizspiegel 2012 hiernach für ungeeignet. Da der Kammer keinerlei valides Datenmaterial für die Ermittlung der konkreten Angemessenheit der Heizkosten des Antragstellers ersichtlich ist, hält es die Kammer, trotz eines offenkundig unwirtschaftlichen Heizverhaltens des Antragstellers, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes für geboten, die tatsächlichen Heizkosten des Antragstellers zu berücksichtigen. Die Festlegung einer quasi "in der Luft hängenden" Angemessenheitsgrenze ohne valide Datengrundlage wäre willkürlich.
Ein Pauschalbetrag für Haushalts- und Kochenergie kann aufgrund der völligen Ungewissheit der entsprechenden Kosten nicht abgesetzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011 – B 14 AS 151/10 R). Eine Schätzung kann nach Auffassung der Kammer insbesondere nicht auf die Energieverbrauchsanalyse vom 05.11.2010 gestützt werden, da die Kammer die konkreten Grundlagen für die für einzelne Verbrauchsgruppen angegebenen Kosten nicht erkennen kann.
Die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes ergibt sich bereits aus der existenzsichernden Funktion der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Zudem droht das Auflaufen erheblicher Energiekostenrückstände, wodurch eine – wegen des Ausstehens der Nachforderung aus der Jahresabrechnung ohnehin schon drohende – Einstellung der Energielieferung durch den Energieversorger zu befürchten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
2. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller macht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geltend.
Der am 15.05.1969 geborene Antragsteller bewohnt eine 69,75 m² große 3-Zimmer-Wohnung, für die er eine Kaltmiete von 385,78 EUR, 35,79 EUR Nebenkosten sowie 35,79 EUR Wasserkosten zu zahlen hat. Die Wohnung, die in einem als "Arbeitszimmer" bezeichneten Raum und im Bad mit Gaseinzelöfen ausgestattet ist, wird im Übrigen durch elektrische Radiatoren beheizt. Von Januar 2005 bis September 2008 bezog der Antragsteller von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II, wobei die Antragsgegnerin die vom Antragsteller zu zahlenden Abschlagszahlungen für Gas und Strom, deren Höhe sich zwischen 362,00 EUR und 231,00 EUR monatlich bewegte, abzüglich einer Energiepauschale als Heizkosten übernahm und an den Energieversorger auszahlte. Ab Februar 2008 wurde die Kaltmiete nur noch in Höhe von 331,65 EUR berücksichtigt. Nach von Oktober 2008 bis Februar 2009 erfolgtem Sozialhilfebezug wurden dem Antragsteller ab März 2009 wieder Leistungen von der Antragsgegnerin gewährt, wobei Heizkosten in Höhe von 231,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale berücksichtigt wurden.
Im März 2010 legte der Antragsteller die Jahresabrechnung des Energieversorgers über eine für die Zeit vom Januar 2009 bis Januar 2010 zu leistende Nachzahlung von 4448,97 EUR sowie ab März 2010 zu leistenden Abschlagszahlungen in Höhe von 583,00 EUR monatlich beim Antragsgegner vor. Das vom Antragsteller wegen der von der Antragsgegnerin abgelehnten Übernahme der Nachzahlung angerufene Sozialgericht Stuttgart verpflichtete die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Übernahme der im Juni 2010 5983,97 EUR betragenden Nachforderung, weil der Antragsteller nicht über seine Kostensenkungsobliegenheit bezüglich der Heizkosten informiert worden sei.
Mit Schreiben vom 19.08.2010 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass seine Heizkosten unangemessen hoch seien, er sein Heizverhalten umgehend ändern müsse und eine weitere unangemessen hohe Zahlung nicht mehr übernommen werden könne. Mit Änderungsbescheid vom 28.09.2010 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen unter Berücksichtigung von Heizkosten in Höhe von 583,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale.
Unter dem 05.11.2010 erstellte das Energieberatungszentrum S. im Auftrag der Antragsgegnerin aufgrund einer Begehung der Wohnung des Antragstellers eine Beurteilung des Strom- und Gasverbrauchs, deren wesentliches Ergebnis darin bestand, dass der extrem hohe Energieverbrauch des Antragstellers im Wesentlichen durch sein falsches Heizungs- und Lüftungsverhalten verursacht sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Energieverbrauchsanalyse wird auf das mit "230" beschriftete Blatt und fortfolgende Bezug genommen.
Aufgrund eines Haftaufenthalts des Antragstellers, während dem er von der Antragsgegnerin keine Leistungen bezog, übernahm das Sozialamt der Stadt S. die Unterkunftskosten des Antragstellers für die Zeit von Januar bis Juni 2011, wobei nach entsprechender Vereinbarung mit dem Energieversorger die an diesen zu leistenden Abschlagszahlungen auf 10,00 EUR festgelegt worden waren.
Mit Bescheid vom 04.07.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.08.2011 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 11.06.2011 bis 30.11.2011 unter Berücksichtigung der ab Juli 2011 wieder fälligen Abschlagszahlung in Höhe von 231,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale.
Für die Zeit vom 01.12.2011 bis 31.05.2012 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen in Höhe von 1004,59 EUR (364,00 EUR Regelleistung, 640,59 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung), wobei sie weiterhin die Abschlagszahlungen in Höhe von 231,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale als Heizkosten berücksichtigte.
Am 21.02.2012 legte der Antragsteller die Jahresabrechnung des Energieversorgers vom 13.02.2012 für die Zeit vom 16.01.2011 bis 15.01.2012 vor, wonach eine Nachzahlung von 1583,56 EUR sowie ab März 2012 Abschläge in Höhe von 312,00 EUR monatlich zu zahlen sind, und bat um Übernahme der geforderten Beträge. Die Übernahme der Nachzahlung lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21.02.2012 ab, weil die angemessenen Heizkosten nach dem Heizspiegel der Stadt S. bei jährlich 1164,83 EUR lägen, was durch die geleisteten Vorauszahlungen abgedeckt sei.
Mit Änderungsbescheid vom 21.02.2012 setzte die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.05.2012 auf 879,88 EUR neu fest, wobei sie Heizkosten nur noch in Höhe von 97,06 EUR berücksichtigte und ein Energieeigenanteil von 29,06 EUR abgezogen wurde.
Auf den vom Antragsteller beim Sozialgericht Stuttgart gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 14 AS 1228/12 ER) ordnete das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Änderungsbescheid vom 21.02.2012 an, weil die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 21.10.2011 nach § 45 Zehntes Buch (SGB X) nicht vorlägen, und lehnte den Antrag im Übrigen hinsichtlich der Übernahme der von dem Energieversorger geforderten Energiekostennachzahlung ab. Die Antragsgegnerin hob daraufhin den Bescheid vom 21.02.2012 mit Bescheid vom 18.04.2012 auf und setzte Leistungen für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.05.2012 in Höhe von 1014,59 EUR (374,00 EUR Regelleistung, 640,59 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) fest.
Auf den Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers vom 10.05.2012 bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11.05.2012 Leistungen für die Zeit vom 01.06.2012 bis 30.11.2012 in Höhe von 879,88 EUR monatlich. Dabei erkannte sie eine Kaltmiete von 366,30 EUR, Nebenkosten in Höhe von 71,58 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 97,06 EUR an, wovon sie einen Eigenanteil für Haushalts-/Kochenergie von 29,06 EUR in Abzug brachte. Als Zahlungsempfänger ist im Bescheid unter anderem der Energieversorger hinsichtlich eines Betrages von 312,00 EUR und der Antragsteller hinsichtlich eines Betrages von 73,12 EUR angegeben.
Am 23.05.2012 hat der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Die Leistungen seien für die Zeit vom 01.06.2012 bis 30.11.2012 auf 879,88 EUR festgesetzt worden. Auf dem Berechnungsbogen sei erkennbar, dass der Antragsteller nach Abzügen noch 73,12 EUR zum Leben zur Verfügung habe. Er habe sich bereits für Mai Geld geliehen, da er bereits geringe Leistungen bekomme.
Mit Änderungsbescheid vom 24.05.2012 bestätigte die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung in Höhe von 879,88 EUR, gab als Zahlungsempfänger nunmehr jedoch den Energieversorger hinsichtlich eines Betrages von 97,06 EUR und den Antragsteller hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 288,06 EUR an.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragstellerin zu verpflichten, ihm höhere Leistungen zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es sei zu beachten, dass eine Entscheidung über diesen Zeitraum eine Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde. Eine Ausnahme davon sei nicht ersichtlich, da dem Antragsteller auch andere Wege des Rechtsschutzes offen stünden, die nicht als unzumutbar zu betrachten seien; der Antragsteller könne z.B. auch Widerspruch einlegen. Mit dem Änderungsbescheid vom 23.05.2012 sei das Versehen einer Direktzahlung von 312,00 EUR an den Energieversorger korrigiert worden, so dass nunmehr nur noch 97,06 EUR an den Energieversorger direkt gezahlt würden. Damit sei das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren entfallen.
Am 31.05.2012 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.05.2012 ein.
II.
Der Antrag ist zulässig.
Einen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses kann die Kammer nicht erkennen. Insbesondere hat sich das Begehren des Antragstellers, höhere Leistungen für die Sicherung seines Lebensunterhalts zu erhalten, durch die Änderung des Zahlungsbetrages an den Energieversorger nicht erledigt, da ihm weiterhin monatliche Energiekosten in Höhe von 312,00 EUR entstehen, so dass der für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Betrag unverändert gering ist. Auch ist für die Kammer nicht ersichtlich, welche einfachere Möglichkeit der Antragsteller haben sollte, sein Antragsbegehren zu erreichen. Insbesondere hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt, ohne dass ihm der Antragsgegner daraufhin höhere Leistungen bewilligt hätte.
Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.04.2008 - L 7 AS 5626/07 ER-B und Beschluss vom 11.06.2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Nach summarischer Prüfung ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes von einem Anspruch des Antragstellers in Höhe von 1135,58 EUR auszugehen. Hierbei berücksichtigt die Kammer einen Regelbedarf in Höhe von 374,00 EUR sowie einen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 761,58 EUR. Als Bedarf für Unterkunft und Heizung ist eine angemessene Kaltmiete in Höhe von 378,00 EUR, Nebenkosten in Höhe von 35,79 EUR, Wasserkosten in Höhe von 35,79 EUR sowie der Energiekostenabschlag in Höhe von 312,00 EUR zu berücksichtigen.
Den Regelbedarf hat die Antragsgegnerin in den Bescheiden vom 11.05.2012 und 24.05.2012 zutreffend in Höhe von 374,00 EUR berücksichtigt.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Die Angemessenheit der Kaltmiete richtet sich nach Mietspiegel der Landeshauptstadt Stuttgart nach der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen vor Baujahr 1975 mit einfacher Ausstattung in mittlere Lage. Dabei ist von dem für die angemessene Wohnfläche im Mietspiegel genannten Spannenoberwert als angemessenem Quadratmeterpreis auszugehen (Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 06.04.2009 – S 18 AS 6495/08, im Anschluss LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.07.2010 – L 1 AS 2852/09). Dies wird von der Antragsgegnerin offenbar nicht in Zweifel gezogen. Danach ergibt sich für eine für einen Einpersonenhaushalt angemessene Wohnfläche von 45 m² ein angemessener Quadratmeterpreis von 8,40 EUR. Demnach beträgt die angemessene Kaltmiete 378,00 EUR (45 m² x 8,40 EUR).
Wasserkosten und Nebenkosten hat die Antragsgegnerin zutreffend in der tatsächlichen Höhe berücksichtigt.
Die Energiekosten sind im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vollständig zu berücksichtigen. Der Bescheid vom 11.05.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.05.2012 ist in jedem Fall schon insoweit rechtswidrig, als die Antragsgegnerin einen "Energieeigenanteil" in Abzug gebracht hat. Nachdem die für angemessen erachteten Heizkosten unter Zugrundelegung des Heizspiegels ermittelt worden sind, können darin aus der Regelleistung zu finanzierende Haushaltsenergiekosten nicht enthalten sein, so dass sich der Abzug schon deshalb verbietet. Allerdings hat die Kammer auch erhebliche Zweifel, dass der von der Antragsgegnerin als Heizkosten berücksichtigte Betrag in Höhe von 97,06 EUR die Angemessenheitsgrenze der Heizkosten des Antragstellers darstellt. Die Antragsgegnerin hat diesen Wert ausschließlich anhand der Daten aus dem Heizspiegel für mit Erdgas beheizte Gebäude ermittelt. Fraglich ist bereits, ob der angewandte Heizspiegel 2009, welcher sich auf das Abrechnungsjahr 2008 bezieht, für das hier fragliche Abrechnungsjahr 2011 überhaupt eine repräsentative Datengrundlage bilden kann. Keinesfalls bietet der Heizspiegel eine Grundlage für die Bemessung der Angemessenheit von Heizkosten in Form von Stromkosten. Entsprechende Daten sind in den Heizspiegel nicht eingeflossen. Auch ist zweifelhaft, ob die Daten des Heizspiegels für Erdgas, welche anhand Daten zentral beheizter Wohnungen ermittelt worden sind, eine Grundlage für die Festlegung einer Angemessenheitsgrenze der Heizkosten bei der Nutzung von Gaseinzelöfen bieten kann, zumal sich schon in der von der Antragsgegnerin veranlassten Energieverbrauchsanalyse bestätigt findet, dass die Wärmeerzeugung durch Gaseinzelöfen sehr verlustbehaftet ist. Bei Anwendung des bundesweiten Heizspiegels 2012, dem zwar Daten für das Abrechnungsjahr 2011 zugrundegelegt sind, stellen sich im Übrigen dieselben Probleme. Für die Ermittlung der Angemessenheit der Kosten für die Beheizung einer Wohnung mit Gaseinzelöfen und Stromradiatoren erweist sich sowohl der Heizspiegel 2009 der Stadt S. als auch der bundesweite Heizspiegel 2012 hiernach für ungeeignet. Da der Kammer keinerlei valides Datenmaterial für die Ermittlung der konkreten Angemessenheit der Heizkosten des Antragstellers ersichtlich ist, hält es die Kammer, trotz eines offenkundig unwirtschaftlichen Heizverhaltens des Antragstellers, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes für geboten, die tatsächlichen Heizkosten des Antragstellers zu berücksichtigen. Die Festlegung einer quasi "in der Luft hängenden" Angemessenheitsgrenze ohne valide Datengrundlage wäre willkürlich.
Ein Pauschalbetrag für Haushalts- und Kochenergie kann aufgrund der völligen Ungewissheit der entsprechenden Kosten nicht abgesetzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011 – B 14 AS 151/10 R). Eine Schätzung kann nach Auffassung der Kammer insbesondere nicht auf die Energieverbrauchsanalyse vom 05.11.2010 gestützt werden, da die Kammer die konkreten Grundlagen für die für einzelne Verbrauchsgruppen angegebenen Kosten nicht erkennen kann.
Die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes ergibt sich bereits aus der existenzsichernden Funktion der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Zudem droht das Auflaufen erheblicher Energiekostenrückstände, wodurch eine – wegen des Ausstehens der Nachforderung aus der Jahresabrechnung ohnehin schon drohende – Einstellung der Energielieferung durch den Energieversorger zu befürchten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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