Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 7 SO 252/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 44/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 15. August 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe der (ggf. anteiligen) Kosten seiner Unterkunft hat.
Der am XXXXX 1987 geborene Kläger, der stark sehbehindert ist, lebte zunächst bei seinen Eltern in K. und besuchte dort die Hauptschule. Nach seinem Hauptschulabschluss besuchte er ab dem Jahr 2003 die staatliche Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. und wohnte währenddessen in einer Wohngruppe der B ... Nach Erlangung des Realschulabschlusses im Juni 2006 begann er zunächst mit einer Berufsausbildung und bezog – da die Unterbringung in der Wohngruppe nur für Schüler vorgesehen war – zu diesem Zweck eine Ein-Zimmer-Wohnung in H. (deren Gesamtmiete sich auf 320 Euro monatlich belief). Nachdem das Ausbildungsverhältnis zum 30. November 2006 gekündigt worden war, besuchte er ab dem 21. November 2006 die Höhere Handelsschule der Staatlichen Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. mit dem Ziel der Fachhochschulreife. Ausweislich eines Berichts der B. – Eingliederungshilfe – vom 22. Dezember 2006 strebte der Kläger im Anschluss an den Schulabschluss eine Ausbildung zum Physiotherapeuten an.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten einer ambulanten Hilfe (Pädagogisch Betreutes Wohnen), lehnte eine Übernahme der Unterkunftskosten jedoch mit Bescheid vom 5. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2007 ab.
Auf die am 10. April 2007 erhobene Klage hat das Sozialgericht die Beklagte durch Gerichtsbescheid vom 15. August 2011 verurteilt, dem Kläger Leistungen der Eingliederungshilfe in Form des behinderungsbedingten Teils der in der Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2009 angefallenen Unterkunftskosten zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Zuständigkeit der Beklagten beruhe auf § 98 Abs. 5 SGB XII. Der Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Die nach dieser Vorschrift in Verbindung mit § 12 Nr. 1 der Verordnung nach § 60 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Eingliederungshilfe-Verordnung) zu leistende Hilfe beschränke sich nicht auf den eigentlichen Schulbesuch. Zwar sei es grundsätzlich nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe, den Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten zu decken, allerdings stellten die Unterkunftskosten eines behinderten Menschen sich als notwendiger Bestandteil von Hilfe zur Schulausbildung dar, wenn sie nur deshalb anfielen, weil der Leistungsberechtigte zur Erreichung eines adäquaten Schulabschlusses auf eine bestimmte Schule angewiesen sei, für die er zwingend seine Heimatstadt verlassen müsse. Auf Leistungen der Ausbildungsförderung sei der Kläger nicht zu verweisen, weil diese – wie sich aus § 12 Abs. 3 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz, BAföG, hier in der vom 1.7.2002 bis zum 31.7.2008 geltenden Fassung) ergebe – seinen Bedarf maximal in Höhe von 116 Euro monatlich gedeckt hätten. Eine Aufstockung dieser Leistung durch Hinzuverdienst sei dem Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Aufstockende Leistungen nach dem SGB XII außerhalb der Eingliederungshilfe scheiterten an der Förderungsfähigkeit der Ausbildung. Das Maß der Hilfe liege im Ermessen der Beklagten.
Die Beklagte hat am 26. August 2011 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe den Nachranggrundsatz im vorliegenden Fall verkannt. Der Kläger habe vorrangig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder nach dem BAföG in Anspruch nehmen müssen, zumal ein Anspruch nach BAföG einen Anspruch auf weitere Leistungen nach dem SGB II nach sich gezogen habe. Weiterhin sei ungeklärt, ob dem Kläger die Anmietung eines kostengünstigeren Zimmers oder aber ein tägliches Pendeln zumutbar gewesen sei.
&8195; Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 15. August 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den Gerichtsbescheid für zutreffend und hat im Termin zur mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, er habe nach dem Abbruch der Ausbildung einen Schulbesuch in K. nicht näher in Betracht gezogen, da er in H. gute Kontakte gehabt und dort auch die Möglichkeit gesehen habe, sofort mit dem Schulbesuch fortzufahren.
Mit Beschluss vom 22. Juni 2012 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Der Senat hat am 21. Januar 2013 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte sowie die Leistungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme eines Teils seiner Unterkunftskosten im Wege der Eingliederungshilfe. Als Anspruchsgrundlage kommen insoweit nur die §§ 53, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII in Betracht, deren Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt sind. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII gehören zu den Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen. Hierunter fällt – wie der Umstand zeigt, dass Nr. 2 der Vorschrift sogar den Hochschulbesuch erfasst – auch der Besuch einer Höheren Handelsschule zur Erlangung der Fachhochschulreife. Konkretisiert wird dies durch § 12 Nr. 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung, wonach die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch die Hilfe zum Besuch einer Realschule, eines Gymnasiums, einer Fachoberschule oder einer Ausbildungsstätte umfasst, deren Ausbildungsabschluss dem einer der oben genannten Schulen gleichgestellt ist.
Was den Umfang dieser Hilfe angeht, so kommt grundsätzlich auch die Übernahme von Unterkunftskosten in Betracht (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8.3.2006, L 23 B 16/06 SO ER). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Unterkunftskosten nicht (wie beim regulären Schulbesuch eines nicht behinderten Menschen) als Bedürfnisse des täglichen Lebens entstehen, sondern notwendigerweise durch die besonderen Verhältnisse der Behinderung bedingt sind. Dies ist der Fall, wenn eine bedarfsgerechte Beschulung nicht näher am Wohnort erfolgen kann und ein (schul-) tägliches Pendeln nicht zumutbar ist (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
Eine Übernahme der Unterkunftskosten kommt nach diesen Kriterien nicht in Betracht. Sollte als Wohnort des Klägers im Sinne der dargelegten Grundsätze die Stadt K. anzusehen gewesen sein, so ist nicht ersichtlich, dass es dem Kläger unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, die Fachhochschulreife an einer dortigen Schule zu erlangen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass es in K. (wie offenbar in S. insgesamt) keine eigenen Bildungseinrichtungen für Sehbehinderte gibt. Vielmehr besuchen Schüler dort die wohnortnahen Bildungseinrichtungen und erhalten hierbei eine gezielte Unterstützung durch das Landesförderzentrum Sehen in S. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die auf diesem Wege gewährt Unterstützung strukturell als unzureichend anzusehen wäre. Für den Fall, dass sie konkret hinter dem gegebenen Bedarf zurückgeblieben wäre, hätte es dem Kläger oblegen, sie mittels der dafür vorgesehenen Rechtsbehelfe einzufordern.
Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass der Kläger ein anderweitiges schützenswertes Interesse am Besuch gerade der Staatlichen Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. gehabt hätte. Bereits aus den Unterlagen betreffend den Schulbesuch in den Jahren 2003 bis 2006 ergibt sich im Wesentlichen nur, dass der Kläger stark sehbehindert ist. Weiter heißt es in einer Stellungnahme des Gesundheitsamtes der Beklagten vom 7. April 2003, die Unterbringung in der dem Staatlichen Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. angegliederten Internat werde befürwortet; ein "Pendeln" sei aus (nicht näher ausgeführten) psychosozialen Gründen nicht zumutbar. Auch wenn diese Einschätzung auch im Jahr 2006 noch fortgegolten haben sollte, spricht sie nicht gegen einen Schulbesuch in K ...
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger aus anderen ausbildungsbedingten Gründen zwingend auf einen Besuch der Staatlichen Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. angewiesen gewesen wäre. Strebte der Kläger – wie aus dem Bericht der B. aus Dezember 2006 hervorgeht – seinerzeit die Fachhochschulreife und eine anschließende Ausbildung zum Physiotherapeuten an, so ist nicht einmal ersichtlich, dass er hierzu auf den Besuch einer Höheren Handelsschule angewiesen gewesen wäre.
Sollte jedoch als Wohnort des Klägers jedoch nicht K., sondern H. anzusehen gewesen sein, so sind im Ergebnis keine Aufwendungen für die Unterkunft ersichtlich, die notwendigerweise durch die besonderen Verhältnisse seiner Behinderung entstanden wären. Besucht ein Hilfesuchender von seinem Wohnort aus eine Schule, so sind die Aufwendungen für Unterkunft nicht durch den Schulbesuch verursacht, sondern Teil des "allgemeinen" Bedarfs, dessen Deckung nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe der (ggf. anteiligen) Kosten seiner Unterkunft hat.
Der am XXXXX 1987 geborene Kläger, der stark sehbehindert ist, lebte zunächst bei seinen Eltern in K. und besuchte dort die Hauptschule. Nach seinem Hauptschulabschluss besuchte er ab dem Jahr 2003 die staatliche Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. und wohnte währenddessen in einer Wohngruppe der B ... Nach Erlangung des Realschulabschlusses im Juni 2006 begann er zunächst mit einer Berufsausbildung und bezog – da die Unterbringung in der Wohngruppe nur für Schüler vorgesehen war – zu diesem Zweck eine Ein-Zimmer-Wohnung in H. (deren Gesamtmiete sich auf 320 Euro monatlich belief). Nachdem das Ausbildungsverhältnis zum 30. November 2006 gekündigt worden war, besuchte er ab dem 21. November 2006 die Höhere Handelsschule der Staatlichen Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. mit dem Ziel der Fachhochschulreife. Ausweislich eines Berichts der B. – Eingliederungshilfe – vom 22. Dezember 2006 strebte der Kläger im Anschluss an den Schulabschluss eine Ausbildung zum Physiotherapeuten an.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten einer ambulanten Hilfe (Pädagogisch Betreutes Wohnen), lehnte eine Übernahme der Unterkunftskosten jedoch mit Bescheid vom 5. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2007 ab.
Auf die am 10. April 2007 erhobene Klage hat das Sozialgericht die Beklagte durch Gerichtsbescheid vom 15. August 2011 verurteilt, dem Kläger Leistungen der Eingliederungshilfe in Form des behinderungsbedingten Teils der in der Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2009 angefallenen Unterkunftskosten zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Zuständigkeit der Beklagten beruhe auf § 98 Abs. 5 SGB XII. Der Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Die nach dieser Vorschrift in Verbindung mit § 12 Nr. 1 der Verordnung nach § 60 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Eingliederungshilfe-Verordnung) zu leistende Hilfe beschränke sich nicht auf den eigentlichen Schulbesuch. Zwar sei es grundsätzlich nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe, den Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten zu decken, allerdings stellten die Unterkunftskosten eines behinderten Menschen sich als notwendiger Bestandteil von Hilfe zur Schulausbildung dar, wenn sie nur deshalb anfielen, weil der Leistungsberechtigte zur Erreichung eines adäquaten Schulabschlusses auf eine bestimmte Schule angewiesen sei, für die er zwingend seine Heimatstadt verlassen müsse. Auf Leistungen der Ausbildungsförderung sei der Kläger nicht zu verweisen, weil diese – wie sich aus § 12 Abs. 3 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz, BAföG, hier in der vom 1.7.2002 bis zum 31.7.2008 geltenden Fassung) ergebe – seinen Bedarf maximal in Höhe von 116 Euro monatlich gedeckt hätten. Eine Aufstockung dieser Leistung durch Hinzuverdienst sei dem Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Aufstockende Leistungen nach dem SGB XII außerhalb der Eingliederungshilfe scheiterten an der Förderungsfähigkeit der Ausbildung. Das Maß der Hilfe liege im Ermessen der Beklagten.
Die Beklagte hat am 26. August 2011 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe den Nachranggrundsatz im vorliegenden Fall verkannt. Der Kläger habe vorrangig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder nach dem BAföG in Anspruch nehmen müssen, zumal ein Anspruch nach BAföG einen Anspruch auf weitere Leistungen nach dem SGB II nach sich gezogen habe. Weiterhin sei ungeklärt, ob dem Kläger die Anmietung eines kostengünstigeren Zimmers oder aber ein tägliches Pendeln zumutbar gewesen sei.
&8195; Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 15. August 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den Gerichtsbescheid für zutreffend und hat im Termin zur mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, er habe nach dem Abbruch der Ausbildung einen Schulbesuch in K. nicht näher in Betracht gezogen, da er in H. gute Kontakte gehabt und dort auch die Möglichkeit gesehen habe, sofort mit dem Schulbesuch fortzufahren.
Mit Beschluss vom 22. Juni 2012 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Der Senat hat am 21. Januar 2013 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte sowie die Leistungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme eines Teils seiner Unterkunftskosten im Wege der Eingliederungshilfe. Als Anspruchsgrundlage kommen insoweit nur die §§ 53, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII in Betracht, deren Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt sind. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII gehören zu den Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen. Hierunter fällt – wie der Umstand zeigt, dass Nr. 2 der Vorschrift sogar den Hochschulbesuch erfasst – auch der Besuch einer Höheren Handelsschule zur Erlangung der Fachhochschulreife. Konkretisiert wird dies durch § 12 Nr. 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung, wonach die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch die Hilfe zum Besuch einer Realschule, eines Gymnasiums, einer Fachoberschule oder einer Ausbildungsstätte umfasst, deren Ausbildungsabschluss dem einer der oben genannten Schulen gleichgestellt ist.
Was den Umfang dieser Hilfe angeht, so kommt grundsätzlich auch die Übernahme von Unterkunftskosten in Betracht (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8.3.2006, L 23 B 16/06 SO ER). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Unterkunftskosten nicht (wie beim regulären Schulbesuch eines nicht behinderten Menschen) als Bedürfnisse des täglichen Lebens entstehen, sondern notwendigerweise durch die besonderen Verhältnisse der Behinderung bedingt sind. Dies ist der Fall, wenn eine bedarfsgerechte Beschulung nicht näher am Wohnort erfolgen kann und ein (schul-) tägliches Pendeln nicht zumutbar ist (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
Eine Übernahme der Unterkunftskosten kommt nach diesen Kriterien nicht in Betracht. Sollte als Wohnort des Klägers im Sinne der dargelegten Grundsätze die Stadt K. anzusehen gewesen sein, so ist nicht ersichtlich, dass es dem Kläger unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, die Fachhochschulreife an einer dortigen Schule zu erlangen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass es in K. (wie offenbar in S. insgesamt) keine eigenen Bildungseinrichtungen für Sehbehinderte gibt. Vielmehr besuchen Schüler dort die wohnortnahen Bildungseinrichtungen und erhalten hierbei eine gezielte Unterstützung durch das Landesförderzentrum Sehen in S. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die auf diesem Wege gewährt Unterstützung strukturell als unzureichend anzusehen wäre. Für den Fall, dass sie konkret hinter dem gegebenen Bedarf zurückgeblieben wäre, hätte es dem Kläger oblegen, sie mittels der dafür vorgesehenen Rechtsbehelfe einzufordern.
Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass der Kläger ein anderweitiges schützenswertes Interesse am Besuch gerade der Staatlichen Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. gehabt hätte. Bereits aus den Unterlagen betreffend den Schulbesuch in den Jahren 2003 bis 2006 ergibt sich im Wesentlichen nur, dass der Kläger stark sehbehindert ist. Weiter heißt es in einer Stellungnahme des Gesundheitsamtes der Beklagten vom 7. April 2003, die Unterbringung in der dem Staatlichen Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. angegliederten Internat werde befürwortet; ein "Pendeln" sei aus (nicht näher ausgeführten) psychosozialen Gründen nicht zumutbar. Auch wenn diese Einschätzung auch im Jahr 2006 noch fortgegolten haben sollte, spricht sie nicht gegen einen Schulbesuch in K ...
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger aus anderen ausbildungsbedingten Gründen zwingend auf einen Besuch der Staatlichen Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte in H. angewiesen gewesen wäre. Strebte der Kläger – wie aus dem Bericht der B. aus Dezember 2006 hervorgeht – seinerzeit die Fachhochschulreife und eine anschließende Ausbildung zum Physiotherapeuten an, so ist nicht einmal ersichtlich, dass er hierzu auf den Besuch einer Höheren Handelsschule angewiesen gewesen wäre.
Sollte jedoch als Wohnort des Klägers jedoch nicht K., sondern H. anzusehen gewesen sein, so sind im Ergebnis keine Aufwendungen für die Unterkunft ersichtlich, die notwendigerweise durch die besonderen Verhältnisse seiner Behinderung entstanden wären. Besucht ein Hilfesuchender von seinem Wohnort aus eine Schule, so sind die Aufwendungen für Unterkunft nicht durch den Schulbesuch verursacht, sondern Teil des "allgemeinen" Bedarfs, dessen Deckung nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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