Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 9 R 564/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 863/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. August 2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger wurde 1956 im Gebiet der ehemaligen DDR geboren. Er durchlief von September 1970 bis August 1972 eine Ausbildung zum Tiefbaufacharbeiter, durchlief in der Achtziger Jahren mehrere Haftzeiten, war von Januar 1984 bis Juni 1990 als Viehpfleger tätig, war in der Zeit danach wiederholt arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Er war seit 1996 mit Unterbrechungen bis 2007 im Wach- und Personenschutz tätig. Der Kläger stellte unter dem 11. November 1996 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit, welchen die Beklagte mit Bescheid vom 09. Mai 1997 und Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 1997 mangels Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen ablehnte. Gegen die Ablehnung nahm der Kläger zunächst gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch. Er beendete das gerichtliche Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) zu S 6 RA 850/97 mit einer Klagerücknahme.
Der Kläger stellte unter dem 30. August 2008 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Er wies auf Störungen in der Wirbelsäule hin. Die Beklagte ermittelte u.a. ein von der Bundesagentur für Arbeit veranlasstes "Gutachten mit umfänglicher Untersuchung" (Gutachter Dr. E) vom 04. Juni 2008, in welchem dem Kläger bei dort beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt wurde. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie Dr. G, welcher in seinem Gutachten vom 29. Oktober 2008 dem Kläger aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers unter den Diagnosen rezidivierendes Lumbalsyndrom, abklingendes Cervikalsyndrom und beginnende Arthrose im rechten Sprunggelenk ein vollschichtiges Leistungsvermögen für mittelschwere Arbeiten ohne wesentliche Einschränkungen (möglichst im Wechsel von Gehen und Stehen) bescheinigte.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20. November 2008 ab. Der Kläger erhob unter dem 16. Dezember 2008 Widerspruch. Er verwies u.a. darauf, dass er nach dem Ergebnis der von der Bundesagentur veranlassten Begutachtung in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht mehr einsetzbar sei. Die Beklagte zog die medizinische Dokumentation zum von der Bundesagentur veranlassten Begutachtung und einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Kvom 13. Januar 2009 bei. Die Beklagte ließ durch den Facharzt für Neurologie Dr. G auf neurologischem Fachgebiet das Gutachten vom 20./ 27. April 2009 erstellen, wonach der klinisch-neurologische Befund bis auf eine inkonstant angegebene und nicht sicher zu objektivierende Minderempfindlichkeit am rechten Oberschenkel regelrecht war, die neurophysiologischen Zusatzbefunde unauffällig waren und eine wesentliche Beeinträchtigung durch die Schmerzsymptomatik sich weder anamnestisch noch klinisch objektivieren ließ. Der Kläger sei in seiner letzten Tätigkeit als Warenhausdetektiv und unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig einsetzbar. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2009 zurück, weil es an den medizinischen Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente fehle.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 23. Juli 2009 zum Sozialgericht Frankfurt (Oder) (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Er ist der Meinung gewesen, dass die Beklagte weder die Arthrose im Bereich der Halswirbelsäule noch die Kniearthorse berücksichtigt habe. Er hat zur Untermauerung seines Vorbringens ein Attest des Facharztes für Chirurgie Augstein vom 26. Mai 2009 vorgelegt. Das SG hat Befundberichte von den den Kläger behandelnden Ärzten und ein berufskundliches Gutachten des Sachverständigen R zu den Berufsbildern Versandfertigmacher und Pförtner beigezogen. Es hat aufgrund Beweisanordnung vom 19. November 2009 das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie/ Rheumatologie Dr. Wvom 11. Mai 2010 eingeholt. Dieser hat nach einer ambulanten Untersuchung beim Kläger ein rezidivierendes pseudoradikuläres Lumbalsyndrom, ein rezidivierendes Zervikalsyndrom, einen Zustand nach Teilamputation der Zehen links, eine initiale Arthrose am oberen Sprunggelenk (OSG) rechts und Adipositas festgestellt. Er hat dem Kläger bei näher beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts bescheinigt. Der Kläger könne unter Berücksichtigung der bei ihm bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen u.a.a. als Versandfertigmacher oder als Pförtner arbeiten.
Das SG hat mit Urteil vom 18. August 2010 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen, insbesondere nach der von Dr. W vorgenommenen Begutachtung weder einen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung noch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger müsse sich ausgehend von seiner letzten Beschäftigung als Wachmann jedenfalls auf Tätigkeiten als Versandfertigmacher oder Pförtner verweisen lassen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 04. September 2010 zugestellte Urteil am 15. September 2010 Berufung eingelegt. Er setzt sich kritisch mit dem Gutachten von Dr. W auseinander. Er ist der Meinung, dass für die Leistungsbeurteilung nicht alle maßgeblichen Befunde berücksichtigt worden seien. Er sei wegeunfähig. Es sei insbesondere auch nicht seine Sehbeeinträchtigung berücksichtigt worden. Er legt zur Untermauerung seines Vorbringens eine Epikrise der LgGmbH vom 26. Juli 2011 vor.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) 18. August 2010 und des Bescheides der Beklagten vom 20. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2009 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufungsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat Einsicht in die Schwerbehindertenakten des KIägers genommen und hieraus das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie S vom 20. Oktober 2012 in Kopie zu den Gerichtsakten genommen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 01.Juni 2012 und 29. Januar 2013 Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung kann gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im Wege schriftlicher Entscheidung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlagen in Betracht kommenden §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, 240 Abs. 1 SGB VI sind nicht erfüllt.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch behinderte Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist dagegen nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Hiervon ausgehend ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger weder die medizinischen Voraussetzungen der teilweisen noch der vollen Erwerbsminderung erfüllt. Denn der Kläger ist auch angesichts der bei ihm festgestellten Leiden und unter Beachtung der daraus folgenden qualitativen Leistungseinschränkungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich nachvollziehbar vor allem aus dem im erstinstanzlichen Verfahren erstellten schriftlichen Sachverständigengutachten Dr. Ws, welcher dem Kläger nach einer umfassenden Befunderhebung und unter Einbeziehung der maßgebliche Vorbefunde, insbesondere auch eingedenk der vom Kläger behaupteten Knie- und Sprunggelenksbeschwerden ein vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt. Er steht hiermit im Wesentlichen im Einklang mit den Einschätzungen der im Auftrag der Beklagten tätig gewordenen Gutachter Dres. Gund G auf orthopädischem bzw. neurologischem Fachgebiet.
Soweit laut Epikrise des L vom 26. Juli 2011 beim Kläger auch ein arterieller Hypertonus des Schweregrads 1, eine gemischte Hyperlipidämie und einer Hypothyreose bestehen, lassen allein schon diese Diagnosen keinen Rückschluss auf das Leistungsvermögen zu, zumal der Kläger ausweislich der Epikrise nach entsprechender Medikation in gutem und stabilem Allgemeinzustand in die Häuslichkeit bzw. in die ambulante Weiterbehandlung entlassen wurde.
Auch aus der Beiziehung der Schwerbehindertenakten ergeben sich keine aktuellen Befunde, welche den Rückschluss auf ein herabgesetztes quantitatives Leistungsvermögen rechtfertigen könnten. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Sstellte in seinem für das Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg erstellten nervenärztlichen Gutachten vom 20. Oktober 2012 keine messbaren funktionellen Beeinträchtigungen auf psychiatrisch-neurologischen Fachgebiet fest und schloss im Übrigen aus denjenigen Erkrankungen, welche bereits im vorliegenden Verfahren festgestellt wurden (Hals- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden, Teilamputation der Zehenglieder I und II links, Knie- und Sprunggelenksarthrose, Bluthochdruck, Unterschenkelvarizen beidseitig, Allergien, Schilddrüsenfuntkionsstörung, Adipositas, Visuseinschränkung, Bluthochdruck, Hyperlipidämie), auf einen Grad der Behinderung (GdB) von insgesamt 40. Soweit der Facharzt Schmitt auch eine distal betonte symmetrische sensible Polyneuropathie feststellt, lässt dies für sich betrachtet noch keinen Rückschluss auf quantitative Leistungseinschränkungen zu, zumal auch der Gutachter der Polyneuropathie sogar zusammen mit den Allergieerkrankungen, der Schilddrüsenfunktionsstörung, der Visuseinschränkung etc. keine relevante Funktionsauswirkung für den Alltag beimisst.
Da hiernach keine Zweifel bestehen, dass das Restleistungsvermögen des Klägers jedenfalls noch leichte bis mittelschwere körperliche Verrichtungen erlaubt, welche unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes (auch bei ungelernten Tätigkeiten) gefordert zu werden pflegen, und auch nicht die Gefahr besteht, dass dem Kläger aufgrund seiner Leistungseinschränkungen der Arbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist, stellt sich hier die Frage nach einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 30/98 R -, zitiert nach juris Rn. 13, und vom 09. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R -, zitiert nach juris Rn. 23 ff.).
Schließlich fehlt es dem Kläger auch nicht an der erforderlichen Wegefähigkeit. In der Regel ist auch derjenige erwerbsgemindert, welcher selbst unter Verwendung von Hilfsmitteln, zum Beispiel von Gehstützen, nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als fünfhundert Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, - 13/5 RJ 73/90 -, zitiert nach juris Rn. 19). An einer Wegefähigkeit dieses Umfangs bestehen hier nach der überstimmenden Einschätzung sämtlicher ärztlicher Äußerungen keine vernünftigen Zweifel. Soweit der Kläger eine derartige Wegeunfähigkeit behauptet, lässt sich dies nicht erweisen. Insbesondere liegen keine objektiven Befunde vor, von welchen sich auf eine fehlende Wegefähigkeit schließen ließe. Es bestehen bei ihm laut der vom vorgenannten Facharzt S erhobenen Befunde auch keine arterielle Verschlusskrankheit vom Unterschenkel-Typ, sondern nur eine Varizenerkrankung im Bereich der unteren Extremitäten ohne Entzündung, Ulzeration oder Abflussstörung, zumal der Kläger bei der Begutachtung angab, eine Gehstrecke von 500 m von sich zu Hause zum Einkaufsmarkt zu Fuß zurücklegen zu können.
Für den Kläger kommt auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Betracht. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch solche Versicherte einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI solche Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für welche die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger gehört, weil er am 07. April 1956 und damit vor dem 02. Januar 1961 geboren wurde, zwar grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Der Anspruch scheitert jedoch daran, dass der Kläger entgegen § 240 Abs. 1 SGB VI nicht berufsunfähig ist.
Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist vom bisherigen Beruf des Versicherten auszugehen. Es ist dann zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 35/93 -, vom 16. November 2000 - B 13 RJ 79/99 R -, jeweils zitiert nach juris). Bisheriger Beruf ist in der Regel eine der Versicherungspflicht unterliegende Berufstätigkeit, welche der Versicherte zuletzt auf Dauer verrichtete, und zwar mit dem Ziel, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höherqualifizierte Tätigkeit im Wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch freiwillig aufgegeben oder sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, zitiert nach juris).
Hiervon ausgehend und angesichts des beruflichen Werdegangs des Klägers kommen als maßgebliche Berufe nur die zuletzt ausgeübten Tätigkeiten im Wachschutz in Betracht.
Zur Erleichterung der Beurteilung, ob ein Verweisungsberuf benannt werden muss und welcher Verweisungsberuf gegebenenfalls sozial zumutbar ist, hat das Bundessozialgericht ein aus mehreren Stufen bestehendes Schema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach Bedeutung, welche Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet. Danach ergeben sich für die Arbeiterberufe folgende Stufen: - Stufe 1: ungelernte Arbeiter oder Angestellte - Stufe 2: angelernte Arbeiter oder Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren - Stufe 3: Facharbeiter mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren oder Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren - Stufe 4: hoch qualifizierte Facharbeiter, zu denen Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung gehören, oder Angestellte mit hoher beruflicher Qualität (BSG, Urteile vom 13. Dezember 1984 – 11 RA 72/83 - und vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 25/96 -, jeweils zitiert nach juris).
Dies zugrunde gelegt kann der Kläger nach seinem beruflichen Werdegang allenfalls der Stufe 2 zugeordnet werden.
Eine Verweisung, die grundsätzlich durch die konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber mit einer Ausbildungsdauer von bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, a.a.O.).
Ausgehend von der letzten sozialversicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit als Wachmann bedarf es von vornherein schon nicht der Benennung einer Verweisungstätigkeit. Um als Wachmann tätig zu sein, muss vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) eine Sachkundeprüfung für das Bewachungsgewerbe nach § 34a der Gewerbeordnung (GewO) abgelegt werden. Eine feste Ausbildungszeit ist nicht vorgeschrieben; den – online abrufbaren - Rahmenstoffplan kann sich jeder Interessent auch selbst erarbeiten (vgl. Informationen bei www.ihk-berlin.de). So bietet etwa aus einer Vielzahl gewerblicher Anbieter die Fachschule für Sicherheit einen 160-stündigen Vorbereitungskurs an (http://cms.bib24.com/fachschule-fuer-sicherheit/kontakt/). Auf http://www.dub-berlin.de/index.php?id=108 wird etwa ein drei- bis vierwöchiger Vorbereitungskurs angeboten. Hiernach ist der Kläger auch im Hinblick auf seine Tätigkeit im Wachschutz nicht als Angelernter im oberen Bereich, d.h. mit einer Ausbildungszeit von mindestens einem Jahr, einzuordnen und mithin nicht auf einen bestimmten Beruf zu verweisen.
Dies kann letztlich auch dahinstehen. Jedenfalls erschiene eine Verweisung etwa auf die Tätigkeit eines Versandfertigmachers für den Kläger unter Berücksichtigung seiner qualitativen Leistungseinschränkungen zumutbar. Der Versandfertigmacher ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen im beigezogenen berufskundlichen Gutachten des Sachverständigen R vom 26. Mai 2008 für das Aufmachen und bei Fertigerzeugnissen zur Verschönerung oder Aufbesserung des Aussehens zuständig, ferner für das Kennzeichnen und Fertigmachen von Waren für den Versand in verschiedenen Branchen und bei unterschiedlichen Produkten, wobei körperlich leichte und je nach Produkt gelegentlich mittelschwere Arbeiten überwiegend in geschlossenen Räumen und Hallen in wechselnder Körperhaltung gefordert werden. Es wird keine Ausbildung vorausgesetzt. Die Einarbeitungszeit beträgt höchstens drei Monate. Bundesweit bietet der Arbeitsmarkt deutlich mehr als 300 Stellen.
Dr. W hat dementsprechend überzeugend in seinem für das SG erstellten schriftlichen Sachverständigengutachten den Versandfertigmacher ausdrücklich als für den Kläger zumutbare Tätigkeit bezeichnet. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, weil die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger wurde 1956 im Gebiet der ehemaligen DDR geboren. Er durchlief von September 1970 bis August 1972 eine Ausbildung zum Tiefbaufacharbeiter, durchlief in der Achtziger Jahren mehrere Haftzeiten, war von Januar 1984 bis Juni 1990 als Viehpfleger tätig, war in der Zeit danach wiederholt arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Er war seit 1996 mit Unterbrechungen bis 2007 im Wach- und Personenschutz tätig. Der Kläger stellte unter dem 11. November 1996 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit, welchen die Beklagte mit Bescheid vom 09. Mai 1997 und Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 1997 mangels Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen ablehnte. Gegen die Ablehnung nahm der Kläger zunächst gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch. Er beendete das gerichtliche Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) zu S 6 RA 850/97 mit einer Klagerücknahme.
Der Kläger stellte unter dem 30. August 2008 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Er wies auf Störungen in der Wirbelsäule hin. Die Beklagte ermittelte u.a. ein von der Bundesagentur für Arbeit veranlasstes "Gutachten mit umfänglicher Untersuchung" (Gutachter Dr. E) vom 04. Juni 2008, in welchem dem Kläger bei dort beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt wurde. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie Dr. G, welcher in seinem Gutachten vom 29. Oktober 2008 dem Kläger aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers unter den Diagnosen rezidivierendes Lumbalsyndrom, abklingendes Cervikalsyndrom und beginnende Arthrose im rechten Sprunggelenk ein vollschichtiges Leistungsvermögen für mittelschwere Arbeiten ohne wesentliche Einschränkungen (möglichst im Wechsel von Gehen und Stehen) bescheinigte.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20. November 2008 ab. Der Kläger erhob unter dem 16. Dezember 2008 Widerspruch. Er verwies u.a. darauf, dass er nach dem Ergebnis der von der Bundesagentur veranlassten Begutachtung in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht mehr einsetzbar sei. Die Beklagte zog die medizinische Dokumentation zum von der Bundesagentur veranlassten Begutachtung und einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Kvom 13. Januar 2009 bei. Die Beklagte ließ durch den Facharzt für Neurologie Dr. G auf neurologischem Fachgebiet das Gutachten vom 20./ 27. April 2009 erstellen, wonach der klinisch-neurologische Befund bis auf eine inkonstant angegebene und nicht sicher zu objektivierende Minderempfindlichkeit am rechten Oberschenkel regelrecht war, die neurophysiologischen Zusatzbefunde unauffällig waren und eine wesentliche Beeinträchtigung durch die Schmerzsymptomatik sich weder anamnestisch noch klinisch objektivieren ließ. Der Kläger sei in seiner letzten Tätigkeit als Warenhausdetektiv und unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig einsetzbar. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2009 zurück, weil es an den medizinischen Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente fehle.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 23. Juli 2009 zum Sozialgericht Frankfurt (Oder) (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Er ist der Meinung gewesen, dass die Beklagte weder die Arthrose im Bereich der Halswirbelsäule noch die Kniearthorse berücksichtigt habe. Er hat zur Untermauerung seines Vorbringens ein Attest des Facharztes für Chirurgie Augstein vom 26. Mai 2009 vorgelegt. Das SG hat Befundberichte von den den Kläger behandelnden Ärzten und ein berufskundliches Gutachten des Sachverständigen R zu den Berufsbildern Versandfertigmacher und Pförtner beigezogen. Es hat aufgrund Beweisanordnung vom 19. November 2009 das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie/ Rheumatologie Dr. Wvom 11. Mai 2010 eingeholt. Dieser hat nach einer ambulanten Untersuchung beim Kläger ein rezidivierendes pseudoradikuläres Lumbalsyndrom, ein rezidivierendes Zervikalsyndrom, einen Zustand nach Teilamputation der Zehen links, eine initiale Arthrose am oberen Sprunggelenk (OSG) rechts und Adipositas festgestellt. Er hat dem Kläger bei näher beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts bescheinigt. Der Kläger könne unter Berücksichtigung der bei ihm bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen u.a.a. als Versandfertigmacher oder als Pförtner arbeiten.
Das SG hat mit Urteil vom 18. August 2010 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen, insbesondere nach der von Dr. W vorgenommenen Begutachtung weder einen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung noch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger müsse sich ausgehend von seiner letzten Beschäftigung als Wachmann jedenfalls auf Tätigkeiten als Versandfertigmacher oder Pförtner verweisen lassen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 04. September 2010 zugestellte Urteil am 15. September 2010 Berufung eingelegt. Er setzt sich kritisch mit dem Gutachten von Dr. W auseinander. Er ist der Meinung, dass für die Leistungsbeurteilung nicht alle maßgeblichen Befunde berücksichtigt worden seien. Er sei wegeunfähig. Es sei insbesondere auch nicht seine Sehbeeinträchtigung berücksichtigt worden. Er legt zur Untermauerung seines Vorbringens eine Epikrise der LgGmbH vom 26. Juli 2011 vor.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) 18. August 2010 und des Bescheides der Beklagten vom 20. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2009 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufungsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat Einsicht in die Schwerbehindertenakten des KIägers genommen und hieraus das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie S vom 20. Oktober 2012 in Kopie zu den Gerichtsakten genommen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 01.Juni 2012 und 29. Januar 2013 Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung kann gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im Wege schriftlicher Entscheidung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlagen in Betracht kommenden §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, 240 Abs. 1 SGB VI sind nicht erfüllt.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch behinderte Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist dagegen nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Hiervon ausgehend ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger weder die medizinischen Voraussetzungen der teilweisen noch der vollen Erwerbsminderung erfüllt. Denn der Kläger ist auch angesichts der bei ihm festgestellten Leiden und unter Beachtung der daraus folgenden qualitativen Leistungseinschränkungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich nachvollziehbar vor allem aus dem im erstinstanzlichen Verfahren erstellten schriftlichen Sachverständigengutachten Dr. Ws, welcher dem Kläger nach einer umfassenden Befunderhebung und unter Einbeziehung der maßgebliche Vorbefunde, insbesondere auch eingedenk der vom Kläger behaupteten Knie- und Sprunggelenksbeschwerden ein vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt. Er steht hiermit im Wesentlichen im Einklang mit den Einschätzungen der im Auftrag der Beklagten tätig gewordenen Gutachter Dres. Gund G auf orthopädischem bzw. neurologischem Fachgebiet.
Soweit laut Epikrise des L vom 26. Juli 2011 beim Kläger auch ein arterieller Hypertonus des Schweregrads 1, eine gemischte Hyperlipidämie und einer Hypothyreose bestehen, lassen allein schon diese Diagnosen keinen Rückschluss auf das Leistungsvermögen zu, zumal der Kläger ausweislich der Epikrise nach entsprechender Medikation in gutem und stabilem Allgemeinzustand in die Häuslichkeit bzw. in die ambulante Weiterbehandlung entlassen wurde.
Auch aus der Beiziehung der Schwerbehindertenakten ergeben sich keine aktuellen Befunde, welche den Rückschluss auf ein herabgesetztes quantitatives Leistungsvermögen rechtfertigen könnten. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Sstellte in seinem für das Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg erstellten nervenärztlichen Gutachten vom 20. Oktober 2012 keine messbaren funktionellen Beeinträchtigungen auf psychiatrisch-neurologischen Fachgebiet fest und schloss im Übrigen aus denjenigen Erkrankungen, welche bereits im vorliegenden Verfahren festgestellt wurden (Hals- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden, Teilamputation der Zehenglieder I und II links, Knie- und Sprunggelenksarthrose, Bluthochdruck, Unterschenkelvarizen beidseitig, Allergien, Schilddrüsenfuntkionsstörung, Adipositas, Visuseinschränkung, Bluthochdruck, Hyperlipidämie), auf einen Grad der Behinderung (GdB) von insgesamt 40. Soweit der Facharzt Schmitt auch eine distal betonte symmetrische sensible Polyneuropathie feststellt, lässt dies für sich betrachtet noch keinen Rückschluss auf quantitative Leistungseinschränkungen zu, zumal auch der Gutachter der Polyneuropathie sogar zusammen mit den Allergieerkrankungen, der Schilddrüsenfunktionsstörung, der Visuseinschränkung etc. keine relevante Funktionsauswirkung für den Alltag beimisst.
Da hiernach keine Zweifel bestehen, dass das Restleistungsvermögen des Klägers jedenfalls noch leichte bis mittelschwere körperliche Verrichtungen erlaubt, welche unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes (auch bei ungelernten Tätigkeiten) gefordert zu werden pflegen, und auch nicht die Gefahr besteht, dass dem Kläger aufgrund seiner Leistungseinschränkungen der Arbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist, stellt sich hier die Frage nach einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 30/98 R -, zitiert nach juris Rn. 13, und vom 09. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R -, zitiert nach juris Rn. 23 ff.).
Schließlich fehlt es dem Kläger auch nicht an der erforderlichen Wegefähigkeit. In der Regel ist auch derjenige erwerbsgemindert, welcher selbst unter Verwendung von Hilfsmitteln, zum Beispiel von Gehstützen, nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als fünfhundert Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, - 13/5 RJ 73/90 -, zitiert nach juris Rn. 19). An einer Wegefähigkeit dieses Umfangs bestehen hier nach der überstimmenden Einschätzung sämtlicher ärztlicher Äußerungen keine vernünftigen Zweifel. Soweit der Kläger eine derartige Wegeunfähigkeit behauptet, lässt sich dies nicht erweisen. Insbesondere liegen keine objektiven Befunde vor, von welchen sich auf eine fehlende Wegefähigkeit schließen ließe. Es bestehen bei ihm laut der vom vorgenannten Facharzt S erhobenen Befunde auch keine arterielle Verschlusskrankheit vom Unterschenkel-Typ, sondern nur eine Varizenerkrankung im Bereich der unteren Extremitäten ohne Entzündung, Ulzeration oder Abflussstörung, zumal der Kläger bei der Begutachtung angab, eine Gehstrecke von 500 m von sich zu Hause zum Einkaufsmarkt zu Fuß zurücklegen zu können.
Für den Kläger kommt auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Betracht. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch solche Versicherte einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI solche Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für welche die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger gehört, weil er am 07. April 1956 und damit vor dem 02. Januar 1961 geboren wurde, zwar grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Der Anspruch scheitert jedoch daran, dass der Kläger entgegen § 240 Abs. 1 SGB VI nicht berufsunfähig ist.
Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist vom bisherigen Beruf des Versicherten auszugehen. Es ist dann zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 35/93 -, vom 16. November 2000 - B 13 RJ 79/99 R -, jeweils zitiert nach juris). Bisheriger Beruf ist in der Regel eine der Versicherungspflicht unterliegende Berufstätigkeit, welche der Versicherte zuletzt auf Dauer verrichtete, und zwar mit dem Ziel, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höherqualifizierte Tätigkeit im Wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch freiwillig aufgegeben oder sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, zitiert nach juris).
Hiervon ausgehend und angesichts des beruflichen Werdegangs des Klägers kommen als maßgebliche Berufe nur die zuletzt ausgeübten Tätigkeiten im Wachschutz in Betracht.
Zur Erleichterung der Beurteilung, ob ein Verweisungsberuf benannt werden muss und welcher Verweisungsberuf gegebenenfalls sozial zumutbar ist, hat das Bundessozialgericht ein aus mehreren Stufen bestehendes Schema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach Bedeutung, welche Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet. Danach ergeben sich für die Arbeiterberufe folgende Stufen: - Stufe 1: ungelernte Arbeiter oder Angestellte - Stufe 2: angelernte Arbeiter oder Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren - Stufe 3: Facharbeiter mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren oder Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren - Stufe 4: hoch qualifizierte Facharbeiter, zu denen Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung gehören, oder Angestellte mit hoher beruflicher Qualität (BSG, Urteile vom 13. Dezember 1984 – 11 RA 72/83 - und vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 25/96 -, jeweils zitiert nach juris).
Dies zugrunde gelegt kann der Kläger nach seinem beruflichen Werdegang allenfalls der Stufe 2 zugeordnet werden.
Eine Verweisung, die grundsätzlich durch die konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber mit einer Ausbildungsdauer von bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, a.a.O.).
Ausgehend von der letzten sozialversicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit als Wachmann bedarf es von vornherein schon nicht der Benennung einer Verweisungstätigkeit. Um als Wachmann tätig zu sein, muss vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) eine Sachkundeprüfung für das Bewachungsgewerbe nach § 34a der Gewerbeordnung (GewO) abgelegt werden. Eine feste Ausbildungszeit ist nicht vorgeschrieben; den – online abrufbaren - Rahmenstoffplan kann sich jeder Interessent auch selbst erarbeiten (vgl. Informationen bei www.ihk-berlin.de). So bietet etwa aus einer Vielzahl gewerblicher Anbieter die Fachschule für Sicherheit einen 160-stündigen Vorbereitungskurs an (http://cms.bib24.com/fachschule-fuer-sicherheit/kontakt/). Auf http://www.dub-berlin.de/index.php?id=108 wird etwa ein drei- bis vierwöchiger Vorbereitungskurs angeboten. Hiernach ist der Kläger auch im Hinblick auf seine Tätigkeit im Wachschutz nicht als Angelernter im oberen Bereich, d.h. mit einer Ausbildungszeit von mindestens einem Jahr, einzuordnen und mithin nicht auf einen bestimmten Beruf zu verweisen.
Dies kann letztlich auch dahinstehen. Jedenfalls erschiene eine Verweisung etwa auf die Tätigkeit eines Versandfertigmachers für den Kläger unter Berücksichtigung seiner qualitativen Leistungseinschränkungen zumutbar. Der Versandfertigmacher ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen im beigezogenen berufskundlichen Gutachten des Sachverständigen R vom 26. Mai 2008 für das Aufmachen und bei Fertigerzeugnissen zur Verschönerung oder Aufbesserung des Aussehens zuständig, ferner für das Kennzeichnen und Fertigmachen von Waren für den Versand in verschiedenen Branchen und bei unterschiedlichen Produkten, wobei körperlich leichte und je nach Produkt gelegentlich mittelschwere Arbeiten überwiegend in geschlossenen Räumen und Hallen in wechselnder Körperhaltung gefordert werden. Es wird keine Ausbildung vorausgesetzt. Die Einarbeitungszeit beträgt höchstens drei Monate. Bundesweit bietet der Arbeitsmarkt deutlich mehr als 300 Stellen.
Dr. W hat dementsprechend überzeugend in seinem für das SG erstellten schriftlichen Sachverständigengutachten den Versandfertigmacher ausdrücklich als für den Kläger zumutbare Tätigkeit bezeichnet. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, weil die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
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