Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 4 U 230/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 231/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Versicherungsschutz eines Vereinsmitglieds, das beim Aufbau des vereinseigenen Zeltes verunglückte.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 6. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Witwe des 1939 geborenen und am xx. Mai 2007 in Folge eines Unfalls verstorbenen B. A. Die Beteiligten streiten, ob das den Tod des Ehemanns der Klägerin verursachende Unfallereignis beim Aufbau eines vereinseigenen Festzeltes am 23. Mai 2007 als Arbeitsunfall festzustellen ist.
Der Verstorbene war Mitglied des gemeinnützigen Heimatvereins C-Stadt. Nach § 4 der Vereinssatzung will der Verein durch seine Tätigkeit zur allgemeinen öffentlichen Gesundheitspflege, Jugendpflege, zur Pflege der Heimatliebe, der Heimatkunde und Erschließung der heimatlichen Schönheiten, der Bauten und Kulturstätten, zur Pflege des Geisteslebens und des gegenseitigen Verständnisses der Völker, zur Wahrung ihrer Sitten und Gebräuche, insbesondere auch aus den ehemaligen Heimatgebieten der Vertriebenen, beitragen. Bis zur Jahreshauptversammlung am 21. April 2006 des Vereins war der Verstorbene 27 Jahre lang im Vorstand und 21 Jahre lang als 1. Vorsitzender des Vereins tätig. Am 21. April 2006 wurde der gesamte Vorstand des Vereins neu gewählt. Der Verstorbene erklärte, dass er als 1. Vorsitzender nicht mehr zur Verfügung stehe. An seiner Stelle wurde als 1. Vorsitzender D. gewählt und der Verstorbene von der Versammlung zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Gleichzeitig war er Mitglied des erweiterten Vorstandes als Vorsitzender der Ausschüsse für Museum und Kultur sowie Zelt und Zeltwagen. Neben dem Versicherten gehörten weitere sechs Vereinsmitglieder dem Zeltausschuss an. Das vereinseigene Zelt, das eine Größe von 15 x 10 m hat, lässt sich in Schritten von jeweils 5 m bis auf eine Länge von 25 m erweitern. Für den Auf- und Abbau des Zeltes werden rund 10 Personen benötigt, die im Falle der vereinseigenen Feste aus den Reihen des Vereins kommen. Das Zelt wird auch mehrmals jährlich an andere Vereine vermietet. In diesem Fall werden zum Zeltaufbau als erfahrene Zeltmannschaft mindestens 4 – 5 Vereinsmitglieder benötigt, die restlichen Hilfspersonen werden von dem jeweiligen Mieter gestellt. Der Verein erhebt für die Überlassung des Zeltes eine Verleihgebühr, deren Höhe sich nach der Zeltgröße richtet und zwischen 205,00 EUR und 435,00 EUR beträgt. Nach Auskunft des 1. Vorsitzenden D. erzielt der Verein aus dem Zeltverleih jährliche Einnahmen von 1.000,00 bis 1.600,00 EUR, die in die Vereinsarbeit fließen. Die Einnahmen aus dem Zeltverleih ermöglichen es dem Verein die Mitgliedsbeiträge niedrig zu halten und einen ausgeglichenen Etat zu erzielen. Etwa ab 2006 wurde vom Verein für die eingenommenen Gebühren eine Regelung eingeführt, wonach die Gebühren halbiert werden. Die eine Hälfte der Gebühren fließt in die Vereinskasse, die zweite Hälfte geht an die Helfer als Aufwandentschädigung. Die nach Abzug der Verpflegung übrigen Gebühren werden unter den Helfern aufgeteilt. In der Regel werden für Speisen und Getränke am Auf- und Abbautag rund 50,00 EUR verbraucht. Bei Aufstellung eines 15 x 25 m großes Zeltes verbleiben noch rund 170,00 EUR, die an die Mitglieder des Aufbauteams verteilt werden. Bei 4 Personen enthält jeder einen Betrag von 42,50 EUR und bei 5 Personen von 34,00 EUR als Aufwandentschädigung. Darin enthalten sind Benzin- oder Fahrkosten und sonstige Entschädigungen. Bei einem großen Zelt ist mit einer Auf- und Abbauzeit von jeweils etwa 6 Stunden zu rechnen, so dass ein Aufbauhelfer pro Stunde eine Entschädigung von 3,54 EUR bzw. 2,83 EUR erhält.
Der Verstorbene verunfallte am frühen Abend des 23. Mai 2007 beim Aufbau des Zeltes für einen anderen Verein in E-Stadt, als er helfen wollte, eine defekte Plane vom Zeltgestell zu entfernen. Er stürzte dabei aus ca. 4 m Höhe von einer Leiter. Nach Auskunft des D. wird das Zelt von dem Verein seit ca. 20 Jahren vermarktet und war der Verstorbene in all den Jahren Leiter des Zeltaufbaus. Für diese Tätigkeit war laut Aussage des D. eine genaue Kenntnis des Zeltmaterials und der Zeltkonstruktion erforderlich.
Die Beklagte teilte der Klägerin durch Bescheid vom 28. August 2007 mit, bei dem Ereignis vom 23. Mai 2007 habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. Eine freiwillige Versicherung habe für den Verstorbenen nicht bestanden. Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) sei zu verneinen, der Verstorbene sei zum Unfallzeitpunkt als Mitglied des erweitertes Vereinvorstandes tätig geworden. Für Mitglieder eingetragener Vereine bestehe kein Versicherungsschutz, wenn sie Tätigkeiten verrichteten, die nach der Vereinssatzung oder den tatsächlichen Gegebenheiten von den Mitgliedern erwartet und von diesen auch ausgeübt würden. Es habe sich weder um eine Tätigkeit für ein fremdes Unternehmen gehandelt, noch um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Der Verstorbene habe als Vereinsmitglied keine fremden, sondern eigene Interessen verfolgt. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2007 zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 28. Dezember 2007 beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben und die Auffassung vertreten, der Zeltaufbau für eine nicht vereinsinterne Feierlichkeit habe nicht zu den allgemeinen Tätigkeiten gezählt, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder habe erwarten können. Auch aus dem Umstand, dass der Verstorbene Mitglied des Zeltausschusses gewesen sei, ergebe sich nichts Anderes. Unter Berücksichtigung des Lebensalters des Verstorbenen habe von ihm nicht erwartet werden können, dass er beim Zeltaufbau aktiv tätig werde. Er sei auch lediglich für die Terminabsprachen bzgl. des Auf- und Abbaus verantwortlich gewesen.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 6. Oktober 2010 die Klage abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, der Verstorbene habe im Zeitpunkt seines Unfalls nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Insbesondere habe er keine Tätigkeit wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ausgeführt. Der Aufbau des vereinseigenen Zeltes auch für einen anderen Verein habe der Vereinsübung entsprochen und deshalb eine Tätigkeit dargestellt, die von den Vereinsmitgliedern erwartet werden könne. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Verstorbene kein "einfaches" Vereinsmitglied gewesen sei, sondern er für die Arbeiten "Zelt/Zeltwagen" zuständig gewesen sei und er sich nach dem Protokoll der Jahreshauptversammlung bereit erklärt habe, diese Tätigkeiten zu verrichten. Der Verstorbene habe die Vermarktung des Zeltes und den Aufbau schon seit 20 Jahren geleitet und sei mit dieser Tätigkeit vertraut gewesen. Der Verein habe von einem Vereinsmitglied, das im Ausschuss Zelt und Zeltwagen eingeteilt sei und sich auch dazu bereit erklärt habe diese Tätigkeit auszuführen, erwarten können, dass er mithelfe, das Zelt aufzubauen. Der Aufbau des Zeltes sei zeitlich geringfügig gewesen, da nicht mehr als ein halber Tag dazu benötigt worden sei. Das Lebensalter des Verstorbenen und seine individuelle gesundheitliche Situation seien hier nicht zu berücksichtigen. Ob jemand unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe, sei anhand objektiver Gesichtspunkte zu beurteilen. Maßgebend sei, ob solche Tätigkeiten grundsätzlich von einem Vereinsmitglied in einer solchen Position erwartet werden könnten.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 14. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin per Telefax am 11. November 2010 beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und ergänzend vorgetragen, ihr verstorbener Ehemann sei im Ausschuss und der Arbeitsgruppe für Zelt und Zeltwagen nur für die Terminabsprachen für den Auf- und Abbau zuständig gewesen, dies ergebe sich aus Blatt 74 der Verwaltungsakte. Es sei von ihm nicht verlangt worden, sich an dem Auf- und Abbau des Zeltes zu beteiligen. Eine allgemeine Vereinstätigkeit, die etwa von jedem Vereinsmitglied erwartet werden könne, liege jedenfalls nicht im Auf- und Abbau des vereinseigenen Zeltes für Fremdveranstaltungen. Es lasse sich aus den in der Satzung niedergelegten Zielen und Aufgaben des Vereins auch insoweit keinerlei Verpflichtung zur Verrichtung wie auch immer gearteter Helfertätigkeiten bei dem Zeltaufbau von befreundeten oder gar dritten Vereinen ableiten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 6. Oktober 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2007 aufzuheben und das zum Tode des B. A. führende Unfallereignis vom 23. Mai 2007 als Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, entgegen der Auffassung der Klägerin sei ihr verstorbener Ehemann als Mitglied des erweiterten Vorstandes und Mitgliedes des Ausschusses für Zelt und Zeltwagen nicht nur für die Terminabsprachen des Zeltauf- und Zeltabbaus zuständig gewesen. Vielmehr seien auf Blatt 74 der Verwaltungsakte die Aufgaben in der letzten Spalte jeweils zusammengefasst zu lesen und nicht dem jeweiligen Mitglied in der gleichen Zeile zuzuordnen. Deshalb sei der verstorbene Ehemann der Klägerin als erweiterter Vorstand und Zeltwart auch zuständig gewesen für die weiteren dort aufgeführten Aufgaben, wie z.B. Organisation Auf- und Abbau, Zeltwagen in Ordnung halten usw. Dies korrespondiere auch mit den weiteren im Verwaltungsverfahren eingeholten Auskünften von dem Sohn des Verstorbenen und dem ersten Vorsitzenden des Vorstandes.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Bescheide der Beklagten und das Urteil des Sozialgerichts Kassel sind rechtens, weil der verstorbene Ehemann der Klägerin beim Aufbau des vereinseigenen Zeltes am 23. Mai 2007 keinen Arbeitsunfall erlitten hat.
Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII – sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Eine freiwillige Unfallversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII, die für gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen beantragt werden kann, bestand hier unstreitig nicht. Der verstorbene Ehemann der Klägerin stand bei der zum Unfall führenden Tätigkeit auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind kraft Gesetzes Beschäftigte versichert. Ferner sind nach § 2 Abs. 2 SGB VII auch Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII erfordert eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemein Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses wie im Falle des Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht (vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 14/02 R – juris m.w.N.). Die Mitgliedschaft in einem Verein schließt die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ebenso wie das Bestehen eines Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht von vornherein aus (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 a.a.O. m.w.N.). Die Anwendung dieser Vorschriften setzt aber voraus, dass das Vereinsmitglied als ein bzw. wie ein Beschäftigter tätig wird. Eine Tätigkeit als Beschäftigter oder wie ein Beschäftigter liegt jedoch nicht vor, wenn das Vereinsmitglied bei seiner Verrichtung in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten gehandelt hat (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - a.a.O. - m.w.N.).
Mitgliedspflichten können sich aus der Satzung des Vereins, den Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane oder auch aufgrund allgemeiner Vereinsübung ergeben. Zu den auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedspflichten zählen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG die allgemeinen Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden. Gekennzeichnet sind diese geringfügigen Tätigkeiten regelmäßig dadurch, dass sie nach Art und Umfang nur wenig zeitlichen und sachlichen Arbeitsaufwand erfordern, wobei die Geringfügigkeitsmarke je nach Verein verschieden sein kann. Wenn die Bereitschaft der Vereinsmitglieder, Arbeiten für den Verein zu verrichten, größer ist, wird auch die Grenze, von der an der Verein diese Arbeiten allgemein aufgrund einer sich so entwickelten Vereinsübung von seinen Mitgliedern erwarten kann und die von den Mitgliedern entsprechend dieser Erwartung verrichtet werden, höher liegen. Die Grenze der Geringfügigkeit ist dort überschritten, wo sich eine Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert deutlich erkennbar von dem Maß an vergleichbarer Aktivität abhebt, das die Vereinsmitglieder üblicherweise aufwenden. Der Maßstab für die allgemeine Vereinsübung ist nicht notwendig für alle Mitglieder gleich. Hebt der Verein bestimmte Personen dadurch aus dem Kreis seiner Mitglieder heraus, dass er ihnen ehrenamtliche Vereinsfunktionen überträgt, treffen die Funktionäre auch qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als "einfacher Vereinsmitglieder" (so die Ausführungen des BSG im Urteil vom 10. Oktober 2002 - a.a.O. - m.w.N.).
Hier hat der Ehemann der Klägerin den Unfall bei Ausübung seiner Mitgliedspflichten für den Heimatverein C-Stadt erlitten. Diese Mitgliedspflichten ergaben sich aus den Beschlüssen des zuständigen Vereinsorgans und aufgrund langjähriger allgemeiner Vereinsübung. Aufgrund eines Beschlusses der Vereinsmitglieder in der Jahreshauptversammlung am 21. April 2006 gehörte der Verstorbene – ebenso wie in den Jahren zuvor – dem Vereinsausschuss für Zelt- und Zeltwagen an und war dessen Vorsitzender. Zu den Aufgaben des Zeltausschusses gehörte laut Sitzungsprotokoll vom 21. April 2006 das Absprechen von Terminen für den Zelt Auf- und Abbau, die Organisation des Auf- und Abbaus, die TÜV-Abnahme, das Besorgen neuer Teile und das Inordnunghalten des Zeltwagens. Ob es aufgrund des Beschlusses in der Jahreshauptversammlung am 21. April 2006 allein dem Verstorbenen oblag, Termine für den Zeltauf- und abbau abzusprechen und die übrigen Aufgaben jeweils anderen Mitgliedern des Zeltausschusses zugewiesen worden waren, bedurfte keiner weiteren Aufklärung. Denn welche Personen den Auf- und Abbau des Zeltes im Einzelfall auszuführen hatten, wurde nicht durch den Beschluss der Jahreshauptversammlung geregelt. Es entsprach und entspricht langjähriger allgemeiner Vereinsübung, dass das vereinseigene Zelt mehrmals jährlich an andere Vereine vermietet wird und auch in diesem Falle der Zeltaufbau von einer erfahrenen Zeltmannschaft durchgeführt wird, die mindestens aus 4 bis 5 Vereinsmitgliedern besteht. Nur die restlichen zum Zeltaufbau benötigten 6 oder 5 Personen werden von dem jeweiligen Mieter gestellt. Laut Aussage des ersten Vorsitzenden D. wird das Vereinszelt seit ca. 20 Jahren vermarktet und war der Verstorbene in all den Jahren als Aufbauleiter tätig. Aufgrund dieser Tätigkeit hatte er sich eine genaue Kenntnis des Zeltmaterials und der Zeltkonstruktion erworben und war deshalb für diese Tätigkeit besonders geeignet. Auch der Sohn des Verstorbenen gab anlässlich eines Telefongespräches mit einem Vertreter der Beklagten am 29. Mai 2007 an, dass sein Vater für das Vermieten des Zeltes verantwortlich gewesen sei, er dies sozusagen gemanaged habe und er für den Zeltverleih und Aufbau verantwortlich gewesen ist. Es steht somit fest, dass der Verstorbene sowohl aufgrund eines Beschlusses des zuständigen Vereinsgremiums als auch aufgrund allgemeiner Vereinsübung verpflichtet war, beim Auf- und Abbau des vereinseigenen Zeltes mitzuwirken. Dem steht nicht entgegen, dass der Verein die Mitwirkung beim Auf- und Abbau des Zeltes nicht von jedem seiner Mitglieder verlangt hat und verlangen kann, weil einigen Mitgliedern dafür die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten fehlen. Denn die allgemeine Vereinsübung, Mitglieder zu Arbeitsleistungen heranzuziehen, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass nicht alle Vereinsmitglieder, sondern nur ein Teil davon die für bestimmte Tätigkeiten erforderliche persönliche oder fachliche Eignung besitzt. Wesentlich ist allein, ob der Verein erwarten kann, dass bestimmte Aufgaben von geeigneten Mitgliedern wahrgenommen werden und diese auch regelmäßig der Erwartung des Vereins nachkommen. Es ist nicht erforderlich, dass alle Vereinsmitglieder in genau gleichem Umfang für den Verein tätig sind. Es entspricht vielmehr der Wirklichkeit, dass einige Vereinsmitglieder mehr, andere weniger Dienste für den Verein verrichten (BSG, Urteil vom 22. September 1988 – 2/9 b RU 78/87 – juris). Entscheidend ist hier, dass mit dem Auf- und Abbau des Zeltes vertraute Vereinmitglieder über Jahre hinweg bereit waren, das Vereinszelt auch zu Vermarktungszwecken auf- und abzubauen und in dieser Art und Weise zu Gunsten ihres Vereins tätig zu werden. Dies galt im besonderen Maße für den Verstorbenen, der von dem Verein aus dem Kreis der Mitglieder herausgehoben wurde, indem ihm als Vorsitzender des Zeltausschusses eine herausragende ehrenamtliche Vereinsfunktion übertragen wurde. Er hatte aufgrund dieser Funktion auch qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als andere "einfache Vereinsmitglieder". Als Mitglied der Zeltmannschaft hat sich der Verstorbene auch aktiv am Zeltaufbau beteiligt. Am Unfalltag hat er eine Leiter bestiegen, um eine defekte Plane vom Zeltgestell zu entfernen. Weder der Vortrag der Klägerin noch der Akteninhalt geben Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher aktiver Einssatz beim Zeltaufbau von dem Verstorbenen nicht erwartet werden konnte, weil er zu einem solchen körperlichen Einsatz aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war. Allein das Alter des Verstorbenen zum Unfallzeitpunkt lässt eine solche Schlussfolgerung nicht zu. Der Umstand, dass sich der Verstorbene körperlich aktiv am Zeltaufbau beteiligte, lässt vielmehr den Schluss zu, dass er sich aufgrund seiner körperlichen Verfassung zur Ausführung solcher Arbeiten in der Lage sah. Dass diese Einschätzung mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmte, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Bei einer Tätigkeit von bis zu 6 Stunden beim Zeltauf- und abbau ist auch die Grenze der Geringfügigkeit hier nicht überschritten. Nach Auskunft des ersten Vorsitzenden D. wurde das Zelt im Jahr 2006 dreimal gegen Entgelt vermietet und waren für die Vermietung im Jahr 2007 insgesamt vier Einsätze vorgesehen. In der Jahreshauptversammlung am 21. April 2006 berichtete der Verstorbene in seiner Eigenschaft als Zeltwart, dass das Zelt im Jahre 2005 bei zehn Veranstaltungen auf- und abgebaut wurde und dieser 20 malige Mannschaftseinsatz ein durchschnittliches Pensum dargestellt habe. Demzufolge kann nicht davon ausgegangen werden, dass der im Jahr 2007 stattgefundene und geplante Einsatz der Zeltmannschaft die Geringfügigkeitsmarke des Heimatvereins C-Stadt überschritten hat. Der Aufbau des vereinseigenen Zeltes am 23. Mai 2007 für einen Verein in E-Stadt erforderte auch keinen besonderen sachlichen Arbeitsaufwand, denn die Zeltmannschaft erhielt für ihre Tätigkeit eine Aufwandentschädigung, so dass für den auswärtigen Zeltaufbau den einzelnen Vereinsmitgliedern keine Kosten für Verpflegung und An- und Abfahrt entstanden sind.
Der Umstand, dass der Zeltverleih nicht zu den in der Satzung genannten Vereinszwecken gehört, führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Zeltverleih stellt für den Verein, wie sich aus dem Protokoll der Jahreshauptversammlung vom 21. April 2006 und aus der Auskunft des ersten Vorsitzenden D. ergibt, die wichtigste Einnahmequelle dar. Die Einnahmen aus dem Zeltverleih fließen in die Vereinsarbeit und ermöglichen es dem Verein, seine Hauptzwecke zu verfolgen, zudem gelingt es dem Verein aufgrund dieser Einnahmen aus dem Zeltverleih die Vereinsbeiträge niedrig zu halten. Durch den Zeltverleih werden folglich Ziele verfolgt, die im unmittelbaren Vereinsinteresse liegen. Die Vereinsmitglieder wurden im Rahmen des Zeltverleihs nicht zu Arbeitsleistungen herangezogen, die den Rahmen der gewöhnlichen Zwecke des Vereins wesentlich überschreiten.
Der Verstorbene war am Unfalltag auch nicht wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII für den fremden Verein tätig geworden. Denn Weisungen des fremden Vereins zur Art und Weise des Zeltaufbaus wurden dem Verstorbenen nicht erteilt. Vielmehr wurde der Zeltaufbau von dem Verstorbenen geleitet, er und die übrigen Vereinsmitglieder, die der Zeltmannschaft angehörten, verfügten über die erforderlichen Kenntnisse. Der Mieter des Zeltes war deshalb nicht in der Lage sachdienliche Weisungen zu erteilen.
Da der verstorbene Ehemann der Klägerin am 23. Mai 2007 bei einer Tätigkeit verunfallt ist, die weder als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII noch wie eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII zu beurteilen ist, konnte dem Begehren der Klägerin, das Ereignis vom 23. Mai 2007 als Arbeitsunfall festzustellen, nicht entsprochen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, die über die Nichtzulassung der Revision aus § 160 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Witwe des 1939 geborenen und am xx. Mai 2007 in Folge eines Unfalls verstorbenen B. A. Die Beteiligten streiten, ob das den Tod des Ehemanns der Klägerin verursachende Unfallereignis beim Aufbau eines vereinseigenen Festzeltes am 23. Mai 2007 als Arbeitsunfall festzustellen ist.
Der Verstorbene war Mitglied des gemeinnützigen Heimatvereins C-Stadt. Nach § 4 der Vereinssatzung will der Verein durch seine Tätigkeit zur allgemeinen öffentlichen Gesundheitspflege, Jugendpflege, zur Pflege der Heimatliebe, der Heimatkunde und Erschließung der heimatlichen Schönheiten, der Bauten und Kulturstätten, zur Pflege des Geisteslebens und des gegenseitigen Verständnisses der Völker, zur Wahrung ihrer Sitten und Gebräuche, insbesondere auch aus den ehemaligen Heimatgebieten der Vertriebenen, beitragen. Bis zur Jahreshauptversammlung am 21. April 2006 des Vereins war der Verstorbene 27 Jahre lang im Vorstand und 21 Jahre lang als 1. Vorsitzender des Vereins tätig. Am 21. April 2006 wurde der gesamte Vorstand des Vereins neu gewählt. Der Verstorbene erklärte, dass er als 1. Vorsitzender nicht mehr zur Verfügung stehe. An seiner Stelle wurde als 1. Vorsitzender D. gewählt und der Verstorbene von der Versammlung zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Gleichzeitig war er Mitglied des erweiterten Vorstandes als Vorsitzender der Ausschüsse für Museum und Kultur sowie Zelt und Zeltwagen. Neben dem Versicherten gehörten weitere sechs Vereinsmitglieder dem Zeltausschuss an. Das vereinseigene Zelt, das eine Größe von 15 x 10 m hat, lässt sich in Schritten von jeweils 5 m bis auf eine Länge von 25 m erweitern. Für den Auf- und Abbau des Zeltes werden rund 10 Personen benötigt, die im Falle der vereinseigenen Feste aus den Reihen des Vereins kommen. Das Zelt wird auch mehrmals jährlich an andere Vereine vermietet. In diesem Fall werden zum Zeltaufbau als erfahrene Zeltmannschaft mindestens 4 – 5 Vereinsmitglieder benötigt, die restlichen Hilfspersonen werden von dem jeweiligen Mieter gestellt. Der Verein erhebt für die Überlassung des Zeltes eine Verleihgebühr, deren Höhe sich nach der Zeltgröße richtet und zwischen 205,00 EUR und 435,00 EUR beträgt. Nach Auskunft des 1. Vorsitzenden D. erzielt der Verein aus dem Zeltverleih jährliche Einnahmen von 1.000,00 bis 1.600,00 EUR, die in die Vereinsarbeit fließen. Die Einnahmen aus dem Zeltverleih ermöglichen es dem Verein die Mitgliedsbeiträge niedrig zu halten und einen ausgeglichenen Etat zu erzielen. Etwa ab 2006 wurde vom Verein für die eingenommenen Gebühren eine Regelung eingeführt, wonach die Gebühren halbiert werden. Die eine Hälfte der Gebühren fließt in die Vereinskasse, die zweite Hälfte geht an die Helfer als Aufwandentschädigung. Die nach Abzug der Verpflegung übrigen Gebühren werden unter den Helfern aufgeteilt. In der Regel werden für Speisen und Getränke am Auf- und Abbautag rund 50,00 EUR verbraucht. Bei Aufstellung eines 15 x 25 m großes Zeltes verbleiben noch rund 170,00 EUR, die an die Mitglieder des Aufbauteams verteilt werden. Bei 4 Personen enthält jeder einen Betrag von 42,50 EUR und bei 5 Personen von 34,00 EUR als Aufwandentschädigung. Darin enthalten sind Benzin- oder Fahrkosten und sonstige Entschädigungen. Bei einem großen Zelt ist mit einer Auf- und Abbauzeit von jeweils etwa 6 Stunden zu rechnen, so dass ein Aufbauhelfer pro Stunde eine Entschädigung von 3,54 EUR bzw. 2,83 EUR erhält.
Der Verstorbene verunfallte am frühen Abend des 23. Mai 2007 beim Aufbau des Zeltes für einen anderen Verein in E-Stadt, als er helfen wollte, eine defekte Plane vom Zeltgestell zu entfernen. Er stürzte dabei aus ca. 4 m Höhe von einer Leiter. Nach Auskunft des D. wird das Zelt von dem Verein seit ca. 20 Jahren vermarktet und war der Verstorbene in all den Jahren Leiter des Zeltaufbaus. Für diese Tätigkeit war laut Aussage des D. eine genaue Kenntnis des Zeltmaterials und der Zeltkonstruktion erforderlich.
Die Beklagte teilte der Klägerin durch Bescheid vom 28. August 2007 mit, bei dem Ereignis vom 23. Mai 2007 habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. Eine freiwillige Versicherung habe für den Verstorbenen nicht bestanden. Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) sei zu verneinen, der Verstorbene sei zum Unfallzeitpunkt als Mitglied des erweitertes Vereinvorstandes tätig geworden. Für Mitglieder eingetragener Vereine bestehe kein Versicherungsschutz, wenn sie Tätigkeiten verrichteten, die nach der Vereinssatzung oder den tatsächlichen Gegebenheiten von den Mitgliedern erwartet und von diesen auch ausgeübt würden. Es habe sich weder um eine Tätigkeit für ein fremdes Unternehmen gehandelt, noch um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Der Verstorbene habe als Vereinsmitglied keine fremden, sondern eigene Interessen verfolgt. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2007 zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 28. Dezember 2007 beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben und die Auffassung vertreten, der Zeltaufbau für eine nicht vereinsinterne Feierlichkeit habe nicht zu den allgemeinen Tätigkeiten gezählt, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder habe erwarten können. Auch aus dem Umstand, dass der Verstorbene Mitglied des Zeltausschusses gewesen sei, ergebe sich nichts Anderes. Unter Berücksichtigung des Lebensalters des Verstorbenen habe von ihm nicht erwartet werden können, dass er beim Zeltaufbau aktiv tätig werde. Er sei auch lediglich für die Terminabsprachen bzgl. des Auf- und Abbaus verantwortlich gewesen.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 6. Oktober 2010 die Klage abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, der Verstorbene habe im Zeitpunkt seines Unfalls nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Insbesondere habe er keine Tätigkeit wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ausgeführt. Der Aufbau des vereinseigenen Zeltes auch für einen anderen Verein habe der Vereinsübung entsprochen und deshalb eine Tätigkeit dargestellt, die von den Vereinsmitgliedern erwartet werden könne. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Verstorbene kein "einfaches" Vereinsmitglied gewesen sei, sondern er für die Arbeiten "Zelt/Zeltwagen" zuständig gewesen sei und er sich nach dem Protokoll der Jahreshauptversammlung bereit erklärt habe, diese Tätigkeiten zu verrichten. Der Verstorbene habe die Vermarktung des Zeltes und den Aufbau schon seit 20 Jahren geleitet und sei mit dieser Tätigkeit vertraut gewesen. Der Verein habe von einem Vereinsmitglied, das im Ausschuss Zelt und Zeltwagen eingeteilt sei und sich auch dazu bereit erklärt habe diese Tätigkeit auszuführen, erwarten können, dass er mithelfe, das Zelt aufzubauen. Der Aufbau des Zeltes sei zeitlich geringfügig gewesen, da nicht mehr als ein halber Tag dazu benötigt worden sei. Das Lebensalter des Verstorbenen und seine individuelle gesundheitliche Situation seien hier nicht zu berücksichtigen. Ob jemand unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe, sei anhand objektiver Gesichtspunkte zu beurteilen. Maßgebend sei, ob solche Tätigkeiten grundsätzlich von einem Vereinsmitglied in einer solchen Position erwartet werden könnten.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 14. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin per Telefax am 11. November 2010 beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und ergänzend vorgetragen, ihr verstorbener Ehemann sei im Ausschuss und der Arbeitsgruppe für Zelt und Zeltwagen nur für die Terminabsprachen für den Auf- und Abbau zuständig gewesen, dies ergebe sich aus Blatt 74 der Verwaltungsakte. Es sei von ihm nicht verlangt worden, sich an dem Auf- und Abbau des Zeltes zu beteiligen. Eine allgemeine Vereinstätigkeit, die etwa von jedem Vereinsmitglied erwartet werden könne, liege jedenfalls nicht im Auf- und Abbau des vereinseigenen Zeltes für Fremdveranstaltungen. Es lasse sich aus den in der Satzung niedergelegten Zielen und Aufgaben des Vereins auch insoweit keinerlei Verpflichtung zur Verrichtung wie auch immer gearteter Helfertätigkeiten bei dem Zeltaufbau von befreundeten oder gar dritten Vereinen ableiten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 6. Oktober 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2007 aufzuheben und das zum Tode des B. A. führende Unfallereignis vom 23. Mai 2007 als Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, entgegen der Auffassung der Klägerin sei ihr verstorbener Ehemann als Mitglied des erweiterten Vorstandes und Mitgliedes des Ausschusses für Zelt und Zeltwagen nicht nur für die Terminabsprachen des Zeltauf- und Zeltabbaus zuständig gewesen. Vielmehr seien auf Blatt 74 der Verwaltungsakte die Aufgaben in der letzten Spalte jeweils zusammengefasst zu lesen und nicht dem jeweiligen Mitglied in der gleichen Zeile zuzuordnen. Deshalb sei der verstorbene Ehemann der Klägerin als erweiterter Vorstand und Zeltwart auch zuständig gewesen für die weiteren dort aufgeführten Aufgaben, wie z.B. Organisation Auf- und Abbau, Zeltwagen in Ordnung halten usw. Dies korrespondiere auch mit den weiteren im Verwaltungsverfahren eingeholten Auskünften von dem Sohn des Verstorbenen und dem ersten Vorsitzenden des Vorstandes.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Bescheide der Beklagten und das Urteil des Sozialgerichts Kassel sind rechtens, weil der verstorbene Ehemann der Klägerin beim Aufbau des vereinseigenen Zeltes am 23. Mai 2007 keinen Arbeitsunfall erlitten hat.
Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII – sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Eine freiwillige Unfallversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII, die für gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen beantragt werden kann, bestand hier unstreitig nicht. Der verstorbene Ehemann der Klägerin stand bei der zum Unfall führenden Tätigkeit auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind kraft Gesetzes Beschäftigte versichert. Ferner sind nach § 2 Abs. 2 SGB VII auch Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII erfordert eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemein Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses wie im Falle des Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht (vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 14/02 R – juris m.w.N.). Die Mitgliedschaft in einem Verein schließt die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ebenso wie das Bestehen eines Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht von vornherein aus (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 a.a.O. m.w.N.). Die Anwendung dieser Vorschriften setzt aber voraus, dass das Vereinsmitglied als ein bzw. wie ein Beschäftigter tätig wird. Eine Tätigkeit als Beschäftigter oder wie ein Beschäftigter liegt jedoch nicht vor, wenn das Vereinsmitglied bei seiner Verrichtung in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten gehandelt hat (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - a.a.O. - m.w.N.).
Mitgliedspflichten können sich aus der Satzung des Vereins, den Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane oder auch aufgrund allgemeiner Vereinsübung ergeben. Zu den auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedspflichten zählen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG die allgemeinen Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden. Gekennzeichnet sind diese geringfügigen Tätigkeiten regelmäßig dadurch, dass sie nach Art und Umfang nur wenig zeitlichen und sachlichen Arbeitsaufwand erfordern, wobei die Geringfügigkeitsmarke je nach Verein verschieden sein kann. Wenn die Bereitschaft der Vereinsmitglieder, Arbeiten für den Verein zu verrichten, größer ist, wird auch die Grenze, von der an der Verein diese Arbeiten allgemein aufgrund einer sich so entwickelten Vereinsübung von seinen Mitgliedern erwarten kann und die von den Mitgliedern entsprechend dieser Erwartung verrichtet werden, höher liegen. Die Grenze der Geringfügigkeit ist dort überschritten, wo sich eine Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert deutlich erkennbar von dem Maß an vergleichbarer Aktivität abhebt, das die Vereinsmitglieder üblicherweise aufwenden. Der Maßstab für die allgemeine Vereinsübung ist nicht notwendig für alle Mitglieder gleich. Hebt der Verein bestimmte Personen dadurch aus dem Kreis seiner Mitglieder heraus, dass er ihnen ehrenamtliche Vereinsfunktionen überträgt, treffen die Funktionäre auch qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als "einfacher Vereinsmitglieder" (so die Ausführungen des BSG im Urteil vom 10. Oktober 2002 - a.a.O. - m.w.N.).
Hier hat der Ehemann der Klägerin den Unfall bei Ausübung seiner Mitgliedspflichten für den Heimatverein C-Stadt erlitten. Diese Mitgliedspflichten ergaben sich aus den Beschlüssen des zuständigen Vereinsorgans und aufgrund langjähriger allgemeiner Vereinsübung. Aufgrund eines Beschlusses der Vereinsmitglieder in der Jahreshauptversammlung am 21. April 2006 gehörte der Verstorbene – ebenso wie in den Jahren zuvor – dem Vereinsausschuss für Zelt- und Zeltwagen an und war dessen Vorsitzender. Zu den Aufgaben des Zeltausschusses gehörte laut Sitzungsprotokoll vom 21. April 2006 das Absprechen von Terminen für den Zelt Auf- und Abbau, die Organisation des Auf- und Abbaus, die TÜV-Abnahme, das Besorgen neuer Teile und das Inordnunghalten des Zeltwagens. Ob es aufgrund des Beschlusses in der Jahreshauptversammlung am 21. April 2006 allein dem Verstorbenen oblag, Termine für den Zeltauf- und abbau abzusprechen und die übrigen Aufgaben jeweils anderen Mitgliedern des Zeltausschusses zugewiesen worden waren, bedurfte keiner weiteren Aufklärung. Denn welche Personen den Auf- und Abbau des Zeltes im Einzelfall auszuführen hatten, wurde nicht durch den Beschluss der Jahreshauptversammlung geregelt. Es entsprach und entspricht langjähriger allgemeiner Vereinsübung, dass das vereinseigene Zelt mehrmals jährlich an andere Vereine vermietet wird und auch in diesem Falle der Zeltaufbau von einer erfahrenen Zeltmannschaft durchgeführt wird, die mindestens aus 4 bis 5 Vereinsmitgliedern besteht. Nur die restlichen zum Zeltaufbau benötigten 6 oder 5 Personen werden von dem jeweiligen Mieter gestellt. Laut Aussage des ersten Vorsitzenden D. wird das Vereinszelt seit ca. 20 Jahren vermarktet und war der Verstorbene in all den Jahren als Aufbauleiter tätig. Aufgrund dieser Tätigkeit hatte er sich eine genaue Kenntnis des Zeltmaterials und der Zeltkonstruktion erworben und war deshalb für diese Tätigkeit besonders geeignet. Auch der Sohn des Verstorbenen gab anlässlich eines Telefongespräches mit einem Vertreter der Beklagten am 29. Mai 2007 an, dass sein Vater für das Vermieten des Zeltes verantwortlich gewesen sei, er dies sozusagen gemanaged habe und er für den Zeltverleih und Aufbau verantwortlich gewesen ist. Es steht somit fest, dass der Verstorbene sowohl aufgrund eines Beschlusses des zuständigen Vereinsgremiums als auch aufgrund allgemeiner Vereinsübung verpflichtet war, beim Auf- und Abbau des vereinseigenen Zeltes mitzuwirken. Dem steht nicht entgegen, dass der Verein die Mitwirkung beim Auf- und Abbau des Zeltes nicht von jedem seiner Mitglieder verlangt hat und verlangen kann, weil einigen Mitgliedern dafür die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten fehlen. Denn die allgemeine Vereinsübung, Mitglieder zu Arbeitsleistungen heranzuziehen, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass nicht alle Vereinsmitglieder, sondern nur ein Teil davon die für bestimmte Tätigkeiten erforderliche persönliche oder fachliche Eignung besitzt. Wesentlich ist allein, ob der Verein erwarten kann, dass bestimmte Aufgaben von geeigneten Mitgliedern wahrgenommen werden und diese auch regelmäßig der Erwartung des Vereins nachkommen. Es ist nicht erforderlich, dass alle Vereinsmitglieder in genau gleichem Umfang für den Verein tätig sind. Es entspricht vielmehr der Wirklichkeit, dass einige Vereinsmitglieder mehr, andere weniger Dienste für den Verein verrichten (BSG, Urteil vom 22. September 1988 – 2/9 b RU 78/87 – juris). Entscheidend ist hier, dass mit dem Auf- und Abbau des Zeltes vertraute Vereinmitglieder über Jahre hinweg bereit waren, das Vereinszelt auch zu Vermarktungszwecken auf- und abzubauen und in dieser Art und Weise zu Gunsten ihres Vereins tätig zu werden. Dies galt im besonderen Maße für den Verstorbenen, der von dem Verein aus dem Kreis der Mitglieder herausgehoben wurde, indem ihm als Vorsitzender des Zeltausschusses eine herausragende ehrenamtliche Vereinsfunktion übertragen wurde. Er hatte aufgrund dieser Funktion auch qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als andere "einfache Vereinsmitglieder". Als Mitglied der Zeltmannschaft hat sich der Verstorbene auch aktiv am Zeltaufbau beteiligt. Am Unfalltag hat er eine Leiter bestiegen, um eine defekte Plane vom Zeltgestell zu entfernen. Weder der Vortrag der Klägerin noch der Akteninhalt geben Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher aktiver Einssatz beim Zeltaufbau von dem Verstorbenen nicht erwartet werden konnte, weil er zu einem solchen körperlichen Einsatz aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war. Allein das Alter des Verstorbenen zum Unfallzeitpunkt lässt eine solche Schlussfolgerung nicht zu. Der Umstand, dass sich der Verstorbene körperlich aktiv am Zeltaufbau beteiligte, lässt vielmehr den Schluss zu, dass er sich aufgrund seiner körperlichen Verfassung zur Ausführung solcher Arbeiten in der Lage sah. Dass diese Einschätzung mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmte, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Bei einer Tätigkeit von bis zu 6 Stunden beim Zeltauf- und abbau ist auch die Grenze der Geringfügigkeit hier nicht überschritten. Nach Auskunft des ersten Vorsitzenden D. wurde das Zelt im Jahr 2006 dreimal gegen Entgelt vermietet und waren für die Vermietung im Jahr 2007 insgesamt vier Einsätze vorgesehen. In der Jahreshauptversammlung am 21. April 2006 berichtete der Verstorbene in seiner Eigenschaft als Zeltwart, dass das Zelt im Jahre 2005 bei zehn Veranstaltungen auf- und abgebaut wurde und dieser 20 malige Mannschaftseinsatz ein durchschnittliches Pensum dargestellt habe. Demzufolge kann nicht davon ausgegangen werden, dass der im Jahr 2007 stattgefundene und geplante Einsatz der Zeltmannschaft die Geringfügigkeitsmarke des Heimatvereins C-Stadt überschritten hat. Der Aufbau des vereinseigenen Zeltes am 23. Mai 2007 für einen Verein in E-Stadt erforderte auch keinen besonderen sachlichen Arbeitsaufwand, denn die Zeltmannschaft erhielt für ihre Tätigkeit eine Aufwandentschädigung, so dass für den auswärtigen Zeltaufbau den einzelnen Vereinsmitgliedern keine Kosten für Verpflegung und An- und Abfahrt entstanden sind.
Der Umstand, dass der Zeltverleih nicht zu den in der Satzung genannten Vereinszwecken gehört, führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Zeltverleih stellt für den Verein, wie sich aus dem Protokoll der Jahreshauptversammlung vom 21. April 2006 und aus der Auskunft des ersten Vorsitzenden D. ergibt, die wichtigste Einnahmequelle dar. Die Einnahmen aus dem Zeltverleih fließen in die Vereinsarbeit und ermöglichen es dem Verein, seine Hauptzwecke zu verfolgen, zudem gelingt es dem Verein aufgrund dieser Einnahmen aus dem Zeltverleih die Vereinsbeiträge niedrig zu halten. Durch den Zeltverleih werden folglich Ziele verfolgt, die im unmittelbaren Vereinsinteresse liegen. Die Vereinsmitglieder wurden im Rahmen des Zeltverleihs nicht zu Arbeitsleistungen herangezogen, die den Rahmen der gewöhnlichen Zwecke des Vereins wesentlich überschreiten.
Der Verstorbene war am Unfalltag auch nicht wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII für den fremden Verein tätig geworden. Denn Weisungen des fremden Vereins zur Art und Weise des Zeltaufbaus wurden dem Verstorbenen nicht erteilt. Vielmehr wurde der Zeltaufbau von dem Verstorbenen geleitet, er und die übrigen Vereinsmitglieder, die der Zeltmannschaft angehörten, verfügten über die erforderlichen Kenntnisse. Der Mieter des Zeltes war deshalb nicht in der Lage sachdienliche Weisungen zu erteilen.
Da der verstorbene Ehemann der Klägerin am 23. Mai 2007 bei einer Tätigkeit verunfallt ist, die weder als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII noch wie eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII zu beurteilen ist, konnte dem Begehren der Klägerin, das Ereignis vom 23. Mai 2007 als Arbeitsunfall festzustellen, nicht entsprochen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, die über die Nichtzulassung der Revision aus § 160 SGG.
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