Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 227/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 01.10.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 31.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2013 verurteilt, dem Kläger weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 67,47 EUR für die Zeit vom 01.11.2012 bis 31.12.2012 sowie monatlich weitere 61,37 EUR für die Zeit vom 01.01.2013 bis 30.04.2013 zu bewilligen und zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu 17/20.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) streitig.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger bewohnt ein Eigenheim in B. Die Größe der Wohnung beträgt – ausweislich einer in den Akten des Beklagten befindlichen Berechnung des Dipl.-Ing, Poensgen, welche augenscheinlich anlässlich des Hausbaus erstellt worden war - 77,41 qm einschließlich der Flure.
Fragen der angemessenen Heizkosten sowie des Einbaus einer neuen Heizungsanlage sind bereits seit Längerem zwischen den Beteiligten streitig. Am 11.04.2012 stellte der Kläger einen Antrag auf Instandsetzung seiner Heizungsanlage. Der Betrieb der Anlage sei – nach Aussage des Bezirksschornsteinfegermeisters – an sich nicht mehr zulässig. Es drohe die Stilllegung. Entsprechend forderte der Beklagte den Kläger zur Vorlage von drei Angeboten zur Reparatur/Instandsetzung auf. Mit Schreiben vom 26.04.2012 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass Heizkosten von monatlich 75,20 EUR (47 qm x 1,60 EUR/qm) angemessen seien. Mit weiterem Schreiben vom 26.04.2012 wies der Beklagte darauf hin, dass auch die Nebenkosten unangemessen hoch seien. Es sei von 1,94 EUR pro Quadratmeter auszugehen.
Am 14.05.2012 legte der Kläger ein Angebot für eine neue Heizungsanlage vor. Im Juni 2012 legte er sodann weitere Angebote bzw. Stellungnahmen von Heizungsbauern vor, wonach eine Reparatur unwirtschaftlich oder nicht möglich sei. Mit Bescheid vom 25.06.2012 erklärte der Beklagte, dass die Kosten für eine neue Heizungsanlage nicht übernommen werden könnten. Hiergegen legte der Kläger am 12.07.2012 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 01.10.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 30.04.2012 unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs in Höhe von monatlich 374,00 EUR und Kosten für Nebenkosten in Höhe von 92,50 EUR und Heizung in Höhe von 80,00 EUR pro Monat. Hiergegen legte der Kläger am 19.10.2012 Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 04.01.2013 erklärte der Kläger, die monatlichen Nebenkosten beliefen sich auf 133,53 EUR. In der Zeit vom 17.02.2009 bis 19.10.2012 habe er 9.700,00 Liter Heizöl verbraucht, Hieraus ergebe sich ein Heizkosten- und Warmwasserverbrauch in Höhe von 220,45 Liter pro Monat
Mit Änderungsbescheid vom 31.01.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe von 626,87 EUR für den Zeitraum von November und Dezember 2012. Hierbei berücksichtigte er den Regelbedarf in Höhe von 374,00 EUR sowie Nebenkosten in Höhe von 133,53 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 119,34 EUR. Für die Zeit vom Januar bis einschließlich April sodann in Höhe von 634,87 EUR. Die Erhöhung für die Zeit ab Januar beruhte auf dem höheren Regelbedarf von 382,00 EUR ab dem 01.01.2013.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2013 wies der Beklagte unter Einbeziehung des Änderungsbescheides vom 31.01.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Ebenfalls mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2013 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.06.2012 betreffen die Heizungsanlage zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 06.03.2013 Klage vor dem erkennenden Gericht (S 11 AS 223/12).
Ebenfalls am 06.03.2013 hat der Kläger auch im vorliegenden Verfahren Klage erhoben.
Im Rahmen des Klageverfahrens hat er erklärt, für den Zeitraum November und Dezember 2012 seien für sein Haus monatliche Kosten – ohne Heizung und Warmwasser – in Höhe von 129,31 EUR, für den Zeitraum von Januar bis April 2013 in Höhe von 123,21 EUR entstanden. Im Übrigen sei er für den – unstreitig sehr hohen – Verbrauch an Heizöl nicht verantwortlich. Er habe schon seit Langem darauf hingewiesen, dass die Heizungsanlage veraltet und teilweise defekt sei. Sie schalte sich häufig ab und müsse dann erneut hochgefahren werden. Hierin sei ein Grund für den Heizölverbrauch zu sehen. Er habe nicht die finanziellen Mittel, die Heizung instandzusetzen.
Er hat beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung und Abänderung des Bescheides vom 01.10.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 31.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2013 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum November 2012 bis April 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung monatlicher Heiz- und Warmwasserbereitungskosten von 220,45 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Streitgegenständlich ist die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum von November 2012 bis April 2013.
Der Kläger hat im streitbefangenen Zeitraum die grundsätzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3 SGB II dem Grunde nach erfüllt, als er in diesem Zeitraum xx Jahre alt war, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik gehabt hat und erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II gewesen ist. Der Kläger ist auch hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II gewesen. Einkommen oder Vermögen in anrechenbarer Höhe war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorhanden.
Der Anspruch des Klägers setzt sich zusammen aus Regelbedarf und Kosten für Unterkunft und Heizung. Mehrbedarfe fallen beim Kläger nicht an. Der Regelbedarf belief sich in der Zeit von November bis einschließlich Dezember 2012 auf monatlich 374,00 EUR, für die Zeit von Januar bis April 2013 dann auf monatlich 382,00 EUR.
Der Anspruch des Klägers auf Kosten für Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II belief sich für die Zeit vom 01.11.2012 bis 31.12.2012 nach eigenen Angaben auf 129,31 EUR und für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 30.04.2013 auf 123,21 EUR (1). Hinzuzurechnen ist der Anspruch des Klägers auf Kosten für Heizung und Warmwasser, welcher sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf monatlich 191,03 EUR belief (2).
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R = juris Rn 14 m.w.N.).
1. Die tatsächlich angefallenen – und im Übrigen auch angemessenen – Unterkunftskosten für die Zeit November bis Dezember 2012 beliefen sich auf 129,31 EUR, für die Zeit vom Januar bis April auf monatliche 123,21 EUR. Anhaltspunkte dafür, dass diese vom Kläger genannten Werte nicht zutreffen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Höhere Kosten, als die tatsächlich entstandenen, kann der Kläger freilich nicht beanspruchen. 2. Hinsichtlich der Heizkosten steht dem Kläger ein Anspruch in Höhe von 191,03 EUR zu.
In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist anerkannt, dass ein eklatant kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen vom Grundsicherungsträger nicht zu finanzieren ist (BSG, Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R = juris Rn. 21). Daher gilt auch für die Heizkosten dem Grunde nach, dass die tatsächlichen Heizkosten nur insoweit zu übernehmen sind, als sie angemessen sind.
Bei der Frage der Angemessenheit der Heizkosten ist nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung) ein konkret-individueller Maßstab anzulegen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 14.05.2012 L 19 AS 2007/11 = juris unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 65/08 R = juris Rn 23 ff; Urteil vom 20.08.2009 –B 14 AS 41/08 R = juris Rn 24 ff.; Urteil vom 02.07.2009 – B 14 B 14 AS 36/08 R = juris Rn 15 ff.).
Anhaltspunkte dafür, dass Heizkosten unangemessen hoch sind, folgen im Allgemeinen daraus, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten. Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes sind für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung die von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegel" bzw - soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen - der "Bundesweite Heizspiegel" heranzuziehen (vgl. zu alledem BSG Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R = juris Rn 21 ff.; BSG Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 33/08 R = juris Rn 32 ff.; BSG Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 65/08 R = juris Rn 26 ff.; BSG Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R = juris Rn 42 ff.).
Da ein aktueller kommunaler Heizspiegel für Aachen nicht existiert ist – nach obigen Grundsätzen - auf den bundesweiten Heizspiegel zurückzugreifen, aus dem sich Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche ergeben, die hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" unterscheiden. Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, es sei der örtliche Heizspiegel für Aachen aus dem Jahr 2008 – ggf. fiktiv fortgeschrieben – zu Grunde zu legen, so schließt sich die Kammer dieser Auffassung nicht an, sondern geht – beim Fehlen eines aktuellen örtlichen Heizkostenspiegel – aus Gründen der Rechtssicherheit von dem zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichen aktuellen bundesweiten Heizspiegel aus (vgl. auch LSG NRW a.a.O. unter Bezugnahme auf LSG NRW Urteile vom 12.01.2012 – L 19 AS 1322/11 = juris Rn 44; vom 12.03.2012 – L 19 AS 174/11 = juris Rn 47 jeweils zur Frage der Anwendbarkeit von Betriebskostenspiegeln). Nur eine solche Sichtweise wird den Anforderungen an eine Massenverwaltung gerecht, was die hiermit einhergehende Pauschalierung rechtfertigt (so zutreffend LSG NRW a.a.O; vgl. zur Frage der Pauschalierung in Verfahren der Massenverwaltung auch BSG Urteil vom 17.03.2009 – B 14 AS 63/07 R = juris Rn 27).
Bei der Frage der Angemessenheit der Heizkosten ist grundsätzlich als Grenzwert auf das Produkt aus dem Wert, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs 1 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) bzw § 5 Abs 2 Wohnungsbindungsgesetz aF (WoBindG) ergibt. Insofern wird der Wert für extrem hohe Heizkosten nur bezogen auf die angemessene Quadratmeterzahl zu Grunde gelegt, was bereits ein Korrektiv hinsichtlich der Höhe der Heizkosten darstellt, zugleich aber auch die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit denen einer typischerweise angemessenen Wohnung ermöglicht. Der Grundsicherungsempfänger kann also im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen (LSG NRW, a.a.O.; vgl. etwa BSG Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R = juris Rn 43). Überschreiten die konkret geltend gemachten tatsächlichen Heizkosten den auf dieser Datengrundlage ermittelten Grenzwert besteht grundsätzlich Anlass für die Annahme, dass diese Kosten auch unangemessen hoch im Sinne des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind, da die so gewählte Grenze bereits unwirtschaftliches und tendenziell unökologisches Heizverhalten berücksichtigt. Dies gilt, worauf bereits hingewiesen wurde, in der Regel, was bedeutet, dass Ausnahmefälle nicht ausgeschlossen sind.
Im vorliegenden Fall ist nach Auffassung der Kammer zu berücksichtigen, dass den Beteiligen bekannt ist, dass die Heizung bereits seit Längerem defekt ist. Es ist auch bereits ein Rechtsstreit über die Frage anhängig, ob und ggf. in welcher Höhe und Art und Weise (Zuschuss oder Darlehen) der Beklagte den Kläger bei der Neuanschaffung oder Reparatur der Heizung unterstützen muss. Dass die Heizung in erheblichem Maße nicht ordnungsgemäß funktioniert, steht zur Überzeugung des Gerichts fest und scheint auch zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig. Nach Auffassung der Kammer muss sich in einem solchen Fall der Kläger die Werte aus dem Heizspiegel nicht entgegenhalten lassen, da zwar grundsätzlich unwirtschaftliches und unökologisches Heizen mit in die Werte einfließen – eine erheblich defekte Anlage, die der Kläger aus eigenen Mitteln ohne Hilfe des Beklagten auch nicht in der Lage ist zu reparieren, ist hiervon aber nach Auffassung der Kammer nicht erfasst.
Trotz des Vorliegens einer Kostensenkungsaufforderung (vgl. dazu BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R = juris Rn 18; Urteil des Senats vom 12.01.2012 – L 19 AS 1322/11 = juris Rn 49; Urteil des Senats vom 12.03.2012 – L 19 AS 174/11 = juris Rn 55) kommt nach Auffassung der Kammer in diesem Fall eine Absenkung der Heizkosten nicht in Betracht, da nach Auffassung der Kammer der Kläger – aufgrund der defekten Heizung - der Kläger gar keine Möglichkeit hatte, die Heizkosten zu senken. In diesem Fall sind die tatsächlichen Heizkosten auch "angemessen" im Rechtssinne.
Die Kammer geht nach alledem von einem tatsächlichen Bedarf des Klägers in Höhe von 220,45 Liter Heizöl pro Monat aus. Diesen Wert hat sie unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Tankmengen des Klägers ermittelt. Der Kläger hat angegeben und nachgewiesen, dass er in 44 Monaten 9.700 Liter Heizöl verbraucht hat. Soweit der Kläger pauschal einen Preis von 1,00 EUR pro Liter in Ansatz gebracht hat, war dies nach Auffassung der Kammer zu hoch. Die Kammer hat aufgrund von Internet-Recherchen für den Zeitraum von November 2012 bis April 2013 einen durchschnittlichen Ölpreis von 0,8665 EUR ermittelt und – vor dem Hintergrund ständig schwankender Preise für Heizöl – auf dieser Grundlage die Heizkosten gemäß § 202 SGG i.V.m. § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) geschätzt (vgl. zur Möglichkeit der Schätzung LSG Urteil vom 14.05.2012 - L 19 AS 156/12 = juris Rn. 40 unter Bezugnahme auf BSG Urteile vom 20.08.2009 - B 14 AS 41/08 R = juris Rn 27; Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R = juris Rn 35; vom 07.07.2011- B 14 AS 51/10 R = juris Rn 16 und vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R = 23). Hieraus ergab sich der Wert von 191,03 EUR (220,45 Liter x 0,8665 EUR/Liter). Die Kosten für die Bereitung von Warmwasser sind hierin bereits enthalten.
Die Kosten für Unterkunft und Heizung beliefen sich damit für die Zeit von November bis Dezember 2012 auf insgesamt 320,34 EUR (129,31 EUR + 191,03 EUR), für die Zeit von Januar bis einschließlich April 2013 auf 314,24 EUR (123,21 EUR + 191,03 EUR).
Für den Zeitraum von November bis Dezember 2012 ergab sich nach alledem für den Kläger ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 694,34 EUR (374,00 EUR plus 320,34 EUR) pro Monat, für den Zeitraum von Januar bis einschließlich April 2013 in Höhe von 696,24 EUR (382,00 EUR plus 314,24 EUR). Bewilligt hat der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum von November bis Dezember 2012 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 626,87 EUR und für den Zeitraum von Januar bis einschließlich April 2013 in Höhe von 634,87 EUR. Damit stehen dem Kläger für den Zeitraum vom November bis Dezember 2012 monatlich noch weitere 67,47 EUR sowie für den Zeitraum von Januar bis April 2013 monatlich weitere 61,37 EUR zu.
Die Kostentenscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und entspricht dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens der Beteiligten.
Die Berufung ist zulassungsbedürftig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Beteiligten 750,00 EUR nicht übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beläuft sich für den Beklagten auf 245,48 EUR (4 x 61,37 EUR) plus 134,94 EUR (2 x 67,47 EUR), mithin auf 380,42 EUR. Für den Kläger auf beläuft er sich auf 176,52 EUR (6 x 29,42 EUR). Gründe, die Berufung gemäß § 144 Abs 2 SGG zuzulassen, bestehen nicht. Insbesondere ist – vor dem Hintergrund, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt – keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erkennbar.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann nur dann mit der Berufung angefochten werden, wenn sie nachträglich durch Beschluss des Landessozialgerichts zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Berufung durch Beschwerde angefochten werden.
Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
- ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei diesem Gericht eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-aachen.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben.
Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
Dr. Bischofs
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) streitig.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger bewohnt ein Eigenheim in B. Die Größe der Wohnung beträgt – ausweislich einer in den Akten des Beklagten befindlichen Berechnung des Dipl.-Ing, Poensgen, welche augenscheinlich anlässlich des Hausbaus erstellt worden war - 77,41 qm einschließlich der Flure.
Fragen der angemessenen Heizkosten sowie des Einbaus einer neuen Heizungsanlage sind bereits seit Längerem zwischen den Beteiligten streitig. Am 11.04.2012 stellte der Kläger einen Antrag auf Instandsetzung seiner Heizungsanlage. Der Betrieb der Anlage sei – nach Aussage des Bezirksschornsteinfegermeisters – an sich nicht mehr zulässig. Es drohe die Stilllegung. Entsprechend forderte der Beklagte den Kläger zur Vorlage von drei Angeboten zur Reparatur/Instandsetzung auf. Mit Schreiben vom 26.04.2012 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass Heizkosten von monatlich 75,20 EUR (47 qm x 1,60 EUR/qm) angemessen seien. Mit weiterem Schreiben vom 26.04.2012 wies der Beklagte darauf hin, dass auch die Nebenkosten unangemessen hoch seien. Es sei von 1,94 EUR pro Quadratmeter auszugehen.
Am 14.05.2012 legte der Kläger ein Angebot für eine neue Heizungsanlage vor. Im Juni 2012 legte er sodann weitere Angebote bzw. Stellungnahmen von Heizungsbauern vor, wonach eine Reparatur unwirtschaftlich oder nicht möglich sei. Mit Bescheid vom 25.06.2012 erklärte der Beklagte, dass die Kosten für eine neue Heizungsanlage nicht übernommen werden könnten. Hiergegen legte der Kläger am 12.07.2012 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 01.10.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 30.04.2012 unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs in Höhe von monatlich 374,00 EUR und Kosten für Nebenkosten in Höhe von 92,50 EUR und Heizung in Höhe von 80,00 EUR pro Monat. Hiergegen legte der Kläger am 19.10.2012 Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 04.01.2013 erklärte der Kläger, die monatlichen Nebenkosten beliefen sich auf 133,53 EUR. In der Zeit vom 17.02.2009 bis 19.10.2012 habe er 9.700,00 Liter Heizöl verbraucht, Hieraus ergebe sich ein Heizkosten- und Warmwasserverbrauch in Höhe von 220,45 Liter pro Monat
Mit Änderungsbescheid vom 31.01.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe von 626,87 EUR für den Zeitraum von November und Dezember 2012. Hierbei berücksichtigte er den Regelbedarf in Höhe von 374,00 EUR sowie Nebenkosten in Höhe von 133,53 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 119,34 EUR. Für die Zeit vom Januar bis einschließlich April sodann in Höhe von 634,87 EUR. Die Erhöhung für die Zeit ab Januar beruhte auf dem höheren Regelbedarf von 382,00 EUR ab dem 01.01.2013.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2013 wies der Beklagte unter Einbeziehung des Änderungsbescheides vom 31.01.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Ebenfalls mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2013 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.06.2012 betreffen die Heizungsanlage zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 06.03.2013 Klage vor dem erkennenden Gericht (S 11 AS 223/12).
Ebenfalls am 06.03.2013 hat der Kläger auch im vorliegenden Verfahren Klage erhoben.
Im Rahmen des Klageverfahrens hat er erklärt, für den Zeitraum November und Dezember 2012 seien für sein Haus monatliche Kosten – ohne Heizung und Warmwasser – in Höhe von 129,31 EUR, für den Zeitraum von Januar bis April 2013 in Höhe von 123,21 EUR entstanden. Im Übrigen sei er für den – unstreitig sehr hohen – Verbrauch an Heizöl nicht verantwortlich. Er habe schon seit Langem darauf hingewiesen, dass die Heizungsanlage veraltet und teilweise defekt sei. Sie schalte sich häufig ab und müsse dann erneut hochgefahren werden. Hierin sei ein Grund für den Heizölverbrauch zu sehen. Er habe nicht die finanziellen Mittel, die Heizung instandzusetzen.
Er hat beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung und Abänderung des Bescheides vom 01.10.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 31.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2013 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum November 2012 bis April 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung monatlicher Heiz- und Warmwasserbereitungskosten von 220,45 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Streitgegenständlich ist die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum von November 2012 bis April 2013.
Der Kläger hat im streitbefangenen Zeitraum die grundsätzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3 SGB II dem Grunde nach erfüllt, als er in diesem Zeitraum xx Jahre alt war, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik gehabt hat und erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II gewesen ist. Der Kläger ist auch hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II gewesen. Einkommen oder Vermögen in anrechenbarer Höhe war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorhanden.
Der Anspruch des Klägers setzt sich zusammen aus Regelbedarf und Kosten für Unterkunft und Heizung. Mehrbedarfe fallen beim Kläger nicht an. Der Regelbedarf belief sich in der Zeit von November bis einschließlich Dezember 2012 auf monatlich 374,00 EUR, für die Zeit von Januar bis April 2013 dann auf monatlich 382,00 EUR.
Der Anspruch des Klägers auf Kosten für Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II belief sich für die Zeit vom 01.11.2012 bis 31.12.2012 nach eigenen Angaben auf 129,31 EUR und für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 30.04.2013 auf 123,21 EUR (1). Hinzuzurechnen ist der Anspruch des Klägers auf Kosten für Heizung und Warmwasser, welcher sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf monatlich 191,03 EUR belief (2).
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R = juris Rn 14 m.w.N.).
1. Die tatsächlich angefallenen – und im Übrigen auch angemessenen – Unterkunftskosten für die Zeit November bis Dezember 2012 beliefen sich auf 129,31 EUR, für die Zeit vom Januar bis April auf monatliche 123,21 EUR. Anhaltspunkte dafür, dass diese vom Kläger genannten Werte nicht zutreffen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Höhere Kosten, als die tatsächlich entstandenen, kann der Kläger freilich nicht beanspruchen. 2. Hinsichtlich der Heizkosten steht dem Kläger ein Anspruch in Höhe von 191,03 EUR zu.
In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist anerkannt, dass ein eklatant kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen vom Grundsicherungsträger nicht zu finanzieren ist (BSG, Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R = juris Rn. 21). Daher gilt auch für die Heizkosten dem Grunde nach, dass die tatsächlichen Heizkosten nur insoweit zu übernehmen sind, als sie angemessen sind.
Bei der Frage der Angemessenheit der Heizkosten ist nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung) ein konkret-individueller Maßstab anzulegen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 14.05.2012 L 19 AS 2007/11 = juris unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 65/08 R = juris Rn 23 ff; Urteil vom 20.08.2009 –B 14 AS 41/08 R = juris Rn 24 ff.; Urteil vom 02.07.2009 – B 14 B 14 AS 36/08 R = juris Rn 15 ff.).
Anhaltspunkte dafür, dass Heizkosten unangemessen hoch sind, folgen im Allgemeinen daraus, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten. Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes sind für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung die von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegel" bzw - soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen - der "Bundesweite Heizspiegel" heranzuziehen (vgl. zu alledem BSG Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R = juris Rn 21 ff.; BSG Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 33/08 R = juris Rn 32 ff.; BSG Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 65/08 R = juris Rn 26 ff.; BSG Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R = juris Rn 42 ff.).
Da ein aktueller kommunaler Heizspiegel für Aachen nicht existiert ist – nach obigen Grundsätzen - auf den bundesweiten Heizspiegel zurückzugreifen, aus dem sich Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche ergeben, die hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" unterscheiden. Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, es sei der örtliche Heizspiegel für Aachen aus dem Jahr 2008 – ggf. fiktiv fortgeschrieben – zu Grunde zu legen, so schließt sich die Kammer dieser Auffassung nicht an, sondern geht – beim Fehlen eines aktuellen örtlichen Heizkostenspiegel – aus Gründen der Rechtssicherheit von dem zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichen aktuellen bundesweiten Heizspiegel aus (vgl. auch LSG NRW a.a.O. unter Bezugnahme auf LSG NRW Urteile vom 12.01.2012 – L 19 AS 1322/11 = juris Rn 44; vom 12.03.2012 – L 19 AS 174/11 = juris Rn 47 jeweils zur Frage der Anwendbarkeit von Betriebskostenspiegeln). Nur eine solche Sichtweise wird den Anforderungen an eine Massenverwaltung gerecht, was die hiermit einhergehende Pauschalierung rechtfertigt (so zutreffend LSG NRW a.a.O; vgl. zur Frage der Pauschalierung in Verfahren der Massenverwaltung auch BSG Urteil vom 17.03.2009 – B 14 AS 63/07 R = juris Rn 27).
Bei der Frage der Angemessenheit der Heizkosten ist grundsätzlich als Grenzwert auf das Produkt aus dem Wert, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs 1 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) bzw § 5 Abs 2 Wohnungsbindungsgesetz aF (WoBindG) ergibt. Insofern wird der Wert für extrem hohe Heizkosten nur bezogen auf die angemessene Quadratmeterzahl zu Grunde gelegt, was bereits ein Korrektiv hinsichtlich der Höhe der Heizkosten darstellt, zugleich aber auch die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit denen einer typischerweise angemessenen Wohnung ermöglicht. Der Grundsicherungsempfänger kann also im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen (LSG NRW, a.a.O.; vgl. etwa BSG Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R = juris Rn 43). Überschreiten die konkret geltend gemachten tatsächlichen Heizkosten den auf dieser Datengrundlage ermittelten Grenzwert besteht grundsätzlich Anlass für die Annahme, dass diese Kosten auch unangemessen hoch im Sinne des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind, da die so gewählte Grenze bereits unwirtschaftliches und tendenziell unökologisches Heizverhalten berücksichtigt. Dies gilt, worauf bereits hingewiesen wurde, in der Regel, was bedeutet, dass Ausnahmefälle nicht ausgeschlossen sind.
Im vorliegenden Fall ist nach Auffassung der Kammer zu berücksichtigen, dass den Beteiligen bekannt ist, dass die Heizung bereits seit Längerem defekt ist. Es ist auch bereits ein Rechtsstreit über die Frage anhängig, ob und ggf. in welcher Höhe und Art und Weise (Zuschuss oder Darlehen) der Beklagte den Kläger bei der Neuanschaffung oder Reparatur der Heizung unterstützen muss. Dass die Heizung in erheblichem Maße nicht ordnungsgemäß funktioniert, steht zur Überzeugung des Gerichts fest und scheint auch zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig. Nach Auffassung der Kammer muss sich in einem solchen Fall der Kläger die Werte aus dem Heizspiegel nicht entgegenhalten lassen, da zwar grundsätzlich unwirtschaftliches und unökologisches Heizen mit in die Werte einfließen – eine erheblich defekte Anlage, die der Kläger aus eigenen Mitteln ohne Hilfe des Beklagten auch nicht in der Lage ist zu reparieren, ist hiervon aber nach Auffassung der Kammer nicht erfasst.
Trotz des Vorliegens einer Kostensenkungsaufforderung (vgl. dazu BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R = juris Rn 18; Urteil des Senats vom 12.01.2012 – L 19 AS 1322/11 = juris Rn 49; Urteil des Senats vom 12.03.2012 – L 19 AS 174/11 = juris Rn 55) kommt nach Auffassung der Kammer in diesem Fall eine Absenkung der Heizkosten nicht in Betracht, da nach Auffassung der Kammer der Kläger – aufgrund der defekten Heizung - der Kläger gar keine Möglichkeit hatte, die Heizkosten zu senken. In diesem Fall sind die tatsächlichen Heizkosten auch "angemessen" im Rechtssinne.
Die Kammer geht nach alledem von einem tatsächlichen Bedarf des Klägers in Höhe von 220,45 Liter Heizöl pro Monat aus. Diesen Wert hat sie unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Tankmengen des Klägers ermittelt. Der Kläger hat angegeben und nachgewiesen, dass er in 44 Monaten 9.700 Liter Heizöl verbraucht hat. Soweit der Kläger pauschal einen Preis von 1,00 EUR pro Liter in Ansatz gebracht hat, war dies nach Auffassung der Kammer zu hoch. Die Kammer hat aufgrund von Internet-Recherchen für den Zeitraum von November 2012 bis April 2013 einen durchschnittlichen Ölpreis von 0,8665 EUR ermittelt und – vor dem Hintergrund ständig schwankender Preise für Heizöl – auf dieser Grundlage die Heizkosten gemäß § 202 SGG i.V.m. § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) geschätzt (vgl. zur Möglichkeit der Schätzung LSG Urteil vom 14.05.2012 - L 19 AS 156/12 = juris Rn. 40 unter Bezugnahme auf BSG Urteile vom 20.08.2009 - B 14 AS 41/08 R = juris Rn 27; Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R = juris Rn 35; vom 07.07.2011- B 14 AS 51/10 R = juris Rn 16 und vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R = 23). Hieraus ergab sich der Wert von 191,03 EUR (220,45 Liter x 0,8665 EUR/Liter). Die Kosten für die Bereitung von Warmwasser sind hierin bereits enthalten.
Die Kosten für Unterkunft und Heizung beliefen sich damit für die Zeit von November bis Dezember 2012 auf insgesamt 320,34 EUR (129,31 EUR + 191,03 EUR), für die Zeit von Januar bis einschließlich April 2013 auf 314,24 EUR (123,21 EUR + 191,03 EUR).
Für den Zeitraum von November bis Dezember 2012 ergab sich nach alledem für den Kläger ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 694,34 EUR (374,00 EUR plus 320,34 EUR) pro Monat, für den Zeitraum von Januar bis einschließlich April 2013 in Höhe von 696,24 EUR (382,00 EUR plus 314,24 EUR). Bewilligt hat der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum von November bis Dezember 2012 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 626,87 EUR und für den Zeitraum von Januar bis einschließlich April 2013 in Höhe von 634,87 EUR. Damit stehen dem Kläger für den Zeitraum vom November bis Dezember 2012 monatlich noch weitere 67,47 EUR sowie für den Zeitraum von Januar bis April 2013 monatlich weitere 61,37 EUR zu.
Die Kostentenscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und entspricht dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens der Beteiligten.
Die Berufung ist zulassungsbedürftig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Beteiligten 750,00 EUR nicht übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beläuft sich für den Beklagten auf 245,48 EUR (4 x 61,37 EUR) plus 134,94 EUR (2 x 67,47 EUR), mithin auf 380,42 EUR. Für den Kläger auf beläuft er sich auf 176,52 EUR (6 x 29,42 EUR). Gründe, die Berufung gemäß § 144 Abs 2 SGG zuzulassen, bestehen nicht. Insbesondere ist – vor dem Hintergrund, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt – keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erkennbar.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann nur dann mit der Berufung angefochten werden, wenn sie nachträglich durch Beschluss des Landessozialgerichts zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Berufung durch Beschwerde angefochten werden.
Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
- ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei diesem Gericht eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-aachen.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben.
Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
Dr. Bischofs
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