Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 270/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 619/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Sogenannte Spesen/Auslösungen eines Lastkraftwagenfahrers sind bei der Berechnung des Verletztengeldes dem Jahresarbeitsverdienst (JAV) zuzurechnen, wenn es sich nicht um echte Aufwandsentschädigungen handelt. Unabhängig davon, ob Spesen/Auslösungen steuerfrei oder steuerpflichtig gezahlt werden, sind sie soweit als Arbeitsentgelt zu werten, als ihnen keine tatsächlichen Mehraufwendungen zugrunde liegen. Sind die Zahlungen nicht reiner Aufwendungsersatz oder Auslagenersatz, sondern wird eine Pauschale geleistet, führen diese durch mögliche Einsparungen beim Versicherten zu einem Vermögensvorteil. Die Höhe des zuzurechnenden Entgelts ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen Mehraufwendungen nach § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) analog zu schätzen. Hat der Versicherte keine Mehraufwendungen, da er weder Reisekosten, Übernachtungskosten oder zusätzliche Kosten für die Verpflegung hatte, sind die Spesen vollumfänglich bei seinem JAV anzurechnen.
I. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 abgeändert und die Beklagte verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom 08.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2007 dem Kläger Verletztenrente unter Berücksichtigung auch der steuerfreien Spesen im Rahmen als Jahresarbeitsverdienstes zu gewähren.
II. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Verletztenrente auf der Grundlage eines höheren Jahresarbeitsverdienstes (JAV).
Der 1960 geborene Kläger erlitt am 07.05.2005 als LKW-Kraftfahrer einen Verkehrsunfall, der zu erheblichen Verletzungen geführt hat.
Mit Bescheid vom 08.05.2007 gewährte die Beklagte Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 100 v.H. Sie legte dabei einen JAV von 29.836,56 EUR zugrunde. Daraus errechnete sie eine Rente in Höhe von 1.657,59 EUR monatlich. Aufgrund eines weiteren Arbeitsunfalls des Klägers am 18.07.1999 nahm sie eine anteilsmäßige Kürzung der Rente vor. Diesem Arbeitsunfall lag ein JAV mit 30.669,92 EUR zugrunde.
Die Beklagte stützte sich hinsichtlich der Berechnung des JAV auf die Lohnabrechnungen des Arbeitgebers des Klägers, der Firma B., B-Stadt, für die Zeit vom 01.05.2004 bis 30.04.2005. Der Betrag von 29.836,56 EUR umfasst ein Bruttoentgelt von 27.579,98 EUR, Urlaubsgeld in Höhe von 430,08 EUR, steuerfreie Zuschläge für Nachtarbeit in Höhe von 1.281,62 EUR und für Sonntagsarbeit in Höhe von 544,68 EUR. Der Kläger erhielt zudem im zugrunde gelegten Zeitraum steuerfreie Spesen in Höhe von insgesamt 3.705,00 EUR und pauschal versteuerte Spesen in Höhe von 1.173,50 EUR. Diese wurden bei der Berechnung des JAV nicht berücksichtigt.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 06.06.2007 Widerspruch ein. Er legte dazu Verdienstabrechnungen von Mai 2004 bis Dezember 2004 vor sowie eine Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge von Januar 2005 bis April 2005.
Die vom Arbeitgeber in einer Bestätigung vom 03.06.2005 aufgeführten steuerfreien Spesen wurden in den Verdienstabrechungen aus dem Jahr 2004 als steuerfreie Auslöse bezeichnet, in der Abrechnung des Arbeitgebers aus dem Jahre 2005 als steuerfreier Verpflegungszuschuss.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Spesen oder Auslösungen könnten im Rahmen des JAV nicht berücksichtigt werden, da es sich hierbei um erstattete Auslagen handele, die nicht zu einem Vermögensvorteil des Beschäftigten führten und daher kein Arbeitsentgelt darstellten.
Dagegen hat der Kläger am 05.11.2007 Klage beim Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2007 zu verpflichten, die Verletztenrente unter Berücksichtigung eines höheren JAV zu gewähren. Er hat geltend gemacht, die Spesen und Auslösungen hätten zu einem Vermögensvorteil geführt und stellten keineswegs lediglich erstattete Auslagen dar. Der Kläger habe sich bei seinen Fahrten mit dem LKW ausschließlich mittels selbst zubereiteter Brote und mitgenommener Getränke versorgt, die er in seinem installierten Kühlschrank untergebracht habe. Auch Übernachtungskosten seien nicht angefallen, da er die Schlafmöglichkeit im LKW genutzt habe. Bei den von der Beklagten berücksichtigten Zuschlägen für Nachtarbeit und Wochenendarbeit habe es sich ebenfalls um lohnsteuerfreies Arbeitsentgelt gehandelt.
Mit Schreiben vom 29.09.2011 hat das SG die Beklagte darauf hingewiesen, dass zumindest die pauschal versteuerten Spesen dem JAV hinzuzurechnen seien. Die Beklagte hat sich dem nicht angeschlossen und die Auffassung vertreten, die Beitrags- und die Leistungsseite seien weitgehend gleichermaßen zu behandeln, um die Finanzierungsseite der Leistungsträger nicht in eine Schieflage zu bringen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2011 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2007 verpflichtet, die Höhe der Verletztenrente neu festzustellen, wobei bei der Berechnung des JAV der pauschal zu versteuernde Spesenanteil in Höhe von 1.173,50 EUR zu berücksichtigen sei. Die Beklagte habe dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in vollem Umfang zu erstatten. Bei der Berechnung des JAV gelte der uneingeschränkte Arbeitsentgeltbegriff des § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), d.h. es seien alle laufenden oder einmaligen Einnahmen heranzuziehen, die unmittelbar oder im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt würden und für den Versicherten einen geldwerten Vorteil darstellten. Auf eine etwaige Lohnsteuerpflicht oder gegebenenfalls Pauschalversteuerung sei nicht abzustellen. Die Einschränkungen der Sozialversicherungs-Entgeltverordnung (SvEV), die die bis zum 31.12.2006 geltende Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) abgelöst habe, gelte nicht für die Berechnung des JAV. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ergebe, dass die Verordnungsermächtigung des § 17 SGB IV in erster Linie den Bereich der Sozialversicherung betreffe, in dem eine Wechselwirkung zwischen Arbeitsentgelt und Beitragshöhe bestehe. Dies treffe für die Unfallversicherung nicht zu. Entsprechend den Aussagen des (früheren) Hauptverbandes der Gewerblichen Berufsgenossenschaften in einem Verbandrundschreiben (VB 49/91) und der unfallversicherungsrechtlichen Kommentarliteratur sei daher der steuerpflichtige Anteil der Vergütung für Verpflegungsmehraufwendungen grundsätzlich dem Arbeitslohn hinzuzurechnen und bei der Feststellung des JAV miteinzubeziehen. Hinsichtlich der pauschalierten Lohnsteuer bei der Besteuerung von Reisekostenvergütungen und Auslösungen sei zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um eine Verfahrensvereinfachung zugunsten des Arbeitgebers handele. Dies dürfe nicht zu einem Nachteil bei der Feststellung des JAV führen. Der Teil der Zahlung, der der Höhe des Steuerfreibetrages entspreche, sei dagegen als pauschaler Auslagenersatz zu werten und dem JAV nicht hinzuzurechnen.
Dagegen hat die Beklagte am 29.12.2011 Berufung eingelegt. Der Kläger hat sinngemäß Anschlussberufung eingelegt und vorgebracht, es seien die gesamten Spesen in den JAV einzubeziehen. Sowohl die pauschal versteuerten als auch die steuerfreien Spesen seien ein großer und regelmäßiger Bestandteil seines Einkommens. Es handele sich nicht um einen Ersatz von Auslagen, sondern die Spesen seien leistungsabhängig. Es erfolge eine Bezahlung, abhängig davon, wie lange die Fahrt dauere und ob es sich um eine Fahrt ins Ausland oder eine innerdeutsche Fahrt gehandelt habe. Es seien daher nicht nur die besteuerten Teile der Spesen, sondern die Spesen insgesamt in den Gesamtverdienst einzubeziehen.
Die Beklagte ist der Auffassung, es seien weder die pauschal versteuerten noch die steuerfreien Spesen beim JAV zu berücksichtigen. In Ergänzung zu § 14 SGB IV ergebe sich aus § 17 SGB IV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArEV in Verbindung mit § 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), dass die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand für auswärtige Tätigkeiten, für die nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 EStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG nur ein Pauschsteuersatz vom Arbeitgeber erhoben werde, nicht als Arbeitsentgelt zu berücksichtigende Einnahmen gewertet werden könnten. Die vom SG herangezogenen Entscheidungen des BSG (BSG vom 21.02.1980, 5 RKnU 1/78 und BSG vom 24.05.1984, 2 RU 11/83) hinsichtlich Urlaubsgeld und einer Auslandszulage seien für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, da es sich insoweit aus heutiger Sicht eindeutig um Arbeitsentgelt gehandelt habe und nicht um Spesen, wie im vorliegenden Fall. Das Verbandsrundschreiben des ehemaligen Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften und die einschlägige Kommentarliteratur seien nicht maßgebend, da sich diese allein auf die BSG-Entscheidungen von 1980 bzw. 1984 stützten. Es sei davon auszugehen, dass der beitragsrechtliche und der leistungsrechtliche Arbeitsentgeltbegriff grundsätzlich identisch seien. Dies ergebe sich insbesondere aus der neueren Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenversicherung (BSG vom 09.05.1996, 7 RAr 36/95 und BSG vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R). Zum Unfallversicherungsrecht seien neuere Entscheidungen des BSG nicht ergangen. Die Beklagte gehe davon aus, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber eine unterschiedliche Bewertung der Einkünfte aus Beschäftigungsverhältnissen durch die verschiedenen Sozialversicherungsträger in der ArEV bzw. SvEV erwähnt hätte, wie dies auch bezüglich der Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit in § 3 ArEV bzw. § 1 Abs. 2 SvEV ausdrücklich geschehen sei. Es gebe keine Begründung dafür, warum Spesen, also Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand, als Arbeitsentgelt bei der JAV-Berechnung zu berücksichtigen seien, wenn hierfür vom Arbeitgeber eine Pauschalversteuerung vorgenommen werde, während steuerfreie Spesen, auch aus Sicht des SG, bei der JAV-Berechnung nicht zu berücksichtigen seien, zumal in beiden Fällen Beiträge zur Sozialversicherung nicht erhoben würden.
Der Senat hat Auskünfte des Arbeitgebers vom 24.06.2013 und vom 13.08.2013 beigezogen und zusätzlich den Arbeitgeber in einem Erörterungstermin am 10.04.2014 als Zeugen einvernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Der Arbeitgeber hat angegeben, er habe Spesen gezahlt, die sich an dem steuerlichen Reisekostenrecht orientierten und die aus Anlass betrieblicher Auswärtstätigkeiten für Reisen im In- und Ausland gezahlt werden. Die Höhe richte sich nach den Pauschbeträgen, die das Bundesministerium der Finanzen im Rahmen des steuerlichen Reisekostenrechts ansetze. Die Pauschbeträge seien davon abhängig, wie viele Stunden der Arbeitnehmer unterwegs sei und ob es sich um eine Tätigkeit im In- oder Ausland handele. Für jedes Land seien eigene Spesensätze vorgesehen. Grundlage für die Abrechnung sei die Tachoscheibe des LKWs. Daraus ergebe sich, wie lange der LKW gefahren sei. Die Pauschalbesteuerung mit 25 % betreffe den Teil des Verpflegungsaufwands, der die steuerfreien Pauschbeträge überschreite. Es handele sich hinsichtlich der gezahlten Spesen nicht um die Erstattung von konkreten Aufwendungen der Arbeitnehmer. Fahrtkosten oder Übernachtungskosten fielen nicht an, da sämtliche Fahrten mit dem LKW unternommen würden und die Fernfahrer in einer Schlafkabine im LKW übernachten. Auch Mehraufwendungen für die Verpflegung seien in der Regel nicht gegeben, da die LKWs mit Haushaltsgeräten wie Kühlschrank, Kaffeemaschine und Wasserkocher ausgestattet seien und sich die Kraftfahrer selbst versorgten. Die erforderlichen Lebensmittel zu ihrer Verpflegung nähmen die Fernfahrer von zu Hause mit. Insgesamt ergäben sich daher tatsächlich gegenüber dem Aufenthalt zu Hause keine Mehrkosten für die Fernfahrer. Spesen würden aus dem Grund gezahlt, weil es vom Gesetzgeber so vorgesehen sei, dass bestimmte Pauschalen zu zahlen seien. In der Sache mache es aus seiner Sicht keinen Unterschied, ob die Spesen steuerfrei oder pauschal versteuert seien.
Der Kläger hat dargelegt, er habe sich während der Woche mit den von zu Hause mitgebrachten Lebensmitteln versorgt. Zum Duschen sei er Tankstellen angefahren, die bekannterweise kostenlos entsprechende Sanitäreinrichtungen für die Fernfahrer zur Verfügung stellten. Tatsächlich habe er keine Mehraufwendungen gegenüber seinem Aufenthalt zu Hause gehabt. Für ihn seien die gezahlten Spesen zusätzliches Arbeitsentgelt, über das er frei verfügen könne und das er für seine Abzahlungsverpflichtungen einkalkuliert habe.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 08.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2007 dahingehend abzuändern, höhere Verletztenrente unter Berücksichtigung auch der steuerfreien Spesen im Rahmen des Jahresarbeitsverdienstes zu gewähren.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten damit einverstanden waren (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Auf die Anschlussberufung des Klägers sind der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 08.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2007 abzuändern. Die Beklagte hat dem Kläger Verletztenrente unter Berücksichtigung auch der steuerfreien Spesen in Höhe von 3.705,00 EUR im Rahmen des JVA zu gewähren.
Der Bescheid der Beklagten vom 08.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2007 ist insoweit rechtswidrig, als die Beklagte im Rahmen der JAV-Berechnung weder die sogenannten pauschal versteuerten Spesen in Höhe von 1.173,50 EUR noch die sogenannten steuerfreien Spesen in Höhe von 3.705,00 EUR berücksichtigt hat. Diese dem Kläger gezahlten Spesen wurden vom Arbeitgeber teilweise als Auslöse, Verpflegungszuschuss, Reisekosten oder als Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen, je nach Dauer der Abwesenheit im Inland oder im Ausland, eingeordnet. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass es sich bei diesen Zahlungen um Zuwendungen des Arbeitgebers für die berufliche Tätigkeit des Klägers handelte, die als zu berücksichtigendes Arbeitsentgelt im Rahmen der JAV-Berechnung zu werten sind.
Der Kläger und sein Arbeitgeber haben für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass dem Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Fernfahrer tatsächlich keine erhöhten Aufwendungen entstanden sind, die durch die gezahlten Spesen erstattet wurden. Der Kläger hatte weder Fahrtkosten noch Übernachtungskosten oder erhöhte Verpflegungsmehraufwendungen. Er übernachtete in einer dafür vorgesehenen Schlafkabine im LKW und konnte kostenlos sanitäre Einrichtungen in den Fernfahrern bekannten Tankstellen nutzen. Er hat sich in seinem LKW mit den von zu Hause mitgebrachten Lebensmitteln selbst versorgt. Der LKW war dementsprechend mit Kühlschrank, Kaffeemaschine und Wasserkocher ausgestattet. Es bestand auch die Möglichkeit der Zubereitung von Fertiggerichten. Warme Mahlzeiten in Raststätten hat der Kläger nicht eingenommen, da er sich dies aufgrund der gestiegenen Preise nicht leisten wollte. Für den Senat nachvollziehbar sind daher beim Kläger durch seine Abwesenheit von zu Hause keine tatsächlichen Mehraufwendungen angefallen. Dies bestätigte auch ausdrücklich der Arbeitgeber des Klägers. Die für einen theoretischen Mehraufwand gezahlten Spesen, die einen erheblichen Teil seines Einkommens darstellen, haben daher zu einer spürbaren und nachhaltigen Bereicherung im Vermögen des Klägers geführt und stellen einen wesentlichen Anteil des Einkommensstandards des Klägers dar. Sie sind zur Überzeugung des Senats als Arbeitsentgelt zu bewerten und dementsprechend bei der Berechnung des JAV zu berücksichtigen.
Im Fall des Klägers sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowohl die pauschal versteuerten Spesen als auch die steuerfreien Spesen in vollem Umfang dem JAV hinzuzurechnen.
Der JAV bemisst sich gemäß § 82 SGB VII nach dem Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Das grundsätzlich auf abstrakte Schadensbemessung ausgelegte Rentenrecht in der gesetzlichen Unfallversicherung erhält mit dem JAV einen Konkretisierungsanteil, der der Stellung des Versicherten im Erwerbsleben im Jahr vor dem Versicherungsfall Rechnung tragen soll. Mit dem JAV soll der Einkommens- oder Lebensstandard des Versicherten zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Schudmann, § 82 SGB VII, Juris PK-SGB VII, § 82 Rdnrn. 20, 22).
Hinsichtlich der Bestimmung des Arbeitsentgelts verweist § 82 SGB VII ausdrücklich auf die Legaldefinition in § 14 SGB IV.
Gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Grundsätzlich werden von der Legaldefinition des Arbeitsentgelts alle Einnahmen erfasst, die dem Versicherten in Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (vgl. Werner in Juris PK-SGB IV, Stand 24.07.2006, § 14 Rdnrn. 31 ff.). Hinsichtlich des Inhalts der Begriffsdefinition ist unerheblich, ob das Arbeitsentgelt als regelmäßiges Einkommen laufend erzielt wird oder als gelegentliche, einmalige Einnahme beim Beschäftigten anfällt. Somit sind grundsätzlich auch Zuwendungen des Arbeitgebers, die dem Arbeitnehmer nicht als laufendes Entgelt, sondern in Form von Sonderzahlungen zufließen, Teil des Arbeitsentgelts. Außerdem müssen zum Arbeitsentgelt sämtliche Nebenleistungen zu Löhnen und Gehältern gerechnet werden, wie z.B. laufende Zulagen, Lohnzuschläge, Zuschüsse, Pauschalabgeltungen sowie Sachbezüge und sonstige Vorteile aufgrund der Beschäftigung. Dabei ist grundsätzlich der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV vom Begriff des Arbeitslohns im Einkommensteuerrecht (§ 38 Einkommensteuergesetz, EStG) unabhängig. Lediglich aus Gründen der Praktikabilität hat der Gesetzgeber nicht gänzlich auf den Rückgriff auf das Steuerrecht verzichtet, so dass über die Verordnungsermächtigung des § 17 Abs. 1 SGB IV Ausnahmen vom Arbeitsentgelt bestimmt werden. Dadurch wird im Interesse der Praktikabilität bei der Lohnabrechnung und dem Beitragseinzug durch die Einzugsstellen weitgehende Übereinstimmung mit dem Lohnsteuerrecht erzielt (§ 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
Vorliegend geht es indessen nicht um den Beitragseinzug, sondern um die Bestimmung des JAV im Leistungsrecht. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es daher nicht darauf an, ob auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 SGB IV in Verbindung mit der ArEV bzw. der SvEV vom Vorliegen von Arbeitsentgelt auszugehen ist.
Für zusätzlich zu laufenden Löhnen geleistete Zulagen oder ähnliche Einnahmen und für steuerfreie Einnahmen liegt auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 SGB IV bis 31.12.2006 die ArEV und ab 01.01.2007 die SvEV fest, dass und welche dieser Einnahmen nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Entsprechend § 1 SvEV und § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV gilt der Grundsatz, dass steuerfreie Zulagen nicht zum Arbeitsentgelt gehören.
§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ArEV (gültig bis 31.12.2006) bestimmt, dass dem Arbeitsentgelt Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG nicht zuzurechnen sind. Nach § 40 Abs. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erheben, soweit er Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen anlässlich einer Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 2 bis 4 EStG zahlt. § 4 Abs. 5 Nr. 5 Sätze 2 und 3 EStG regelt Betriebsausgaben in Form von Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen, der vorübergehend von seiner Wohnung entfernt betrieblich tätig wird.
Entsprechend sieht auch die nunmehr geltende SvEV in § 1 Abs. 1 vor, dass dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind: Einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind (Nr. 1) und Einnahmen nach § 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (Nr. 3). Geregelt wird hier ausdrücklich gemäß § 1 das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt. In § 1 Abs. 2 wird festgelegt, dass in der gesetzlichen Unfallversicherung auch lohnsteuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind.
Ob die vom Arbeitgeber gezahlten Spesen beitragsrechtlich nicht zu berücksichtigen sind, kann für den Senat dahinstehen. Im Rahmen des § 82 SGB VII ist die Einschränkung der Definition des Arbeitsentgelts durch die Verordnungsermächtigung des § 17 SGB IV nicht anzuwenden. Mit der Verordnung sollen Systemunterschiede im Abgabenrecht und der Sozialversicherung reguliert werden. Es soll aus Gründen der Praktikabilität eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts hergestellt werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Dies führt im Regelfall zu einer Übernahme lohnsteuerrechtlicher Begünstigungen im Beitragsrecht, da steuerfreie Einnahmen nicht dem Arbeitsentgelt zugerechnet und damit auch nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen.
Diese Regelungen sind entgegen der Auffassung der Beklagten im Rahmen der Bestimmung des Arbeitsentgelts beim JAV nicht heranzuziehen. Für das Leistungsrecht im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Beschränkung des JAV auf den für die Beitragsberechnung maßgebenden Betrag nicht sachgerecht. Soweit die Beklagte einwendet, dass ein Synallagma zwischen Beitrags- und Leistungsrecht auch im Unfallversicherungsrecht bestehe, ist dies nicht zutreffend. Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung betrifft die Arbeitslosenversicherung (BSG vom 09.05.1996, 7 Rar 36/95) bzw. das Rentenrecht (BSG vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R). Im Gegensatz zu den übrigen Zweigen der Sozialversicherung besteht in der gesetzlichen Unfallversicherung gerade keine Wechselwirkung zwischen Beitrag der Versicherten und Leistungen an die Versicherten, da beitragspflichtig allein der Unternehmer ist (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Dementsprechend haben Versicherte keinen Vorteil davon, dass steuerfreie Bestandteile ihres Arbeitsentgelts nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterliegen. Die Vorschriften der ArEV bzw. der SvEV lassen sich daher nicht auf den Leistungsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung übertragen. Es ist nicht gerechtfertigt, Versicherte durch die Außerachtlassung von Entgeltteilen beim JAV deshalb Nachteile aufzuerlegen, weil die Entgeltteile bei der Beitragszahlung durch den Arbeitgeber unberücksichtigt bleiben. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum insoweit vergleichbaren Recht vor Inkrafttreten des SGB IV (§ 160 RVO a.F.) ist dementsprechend eine steuerfreie Auslandszulage (BSG vom 24.05.1984, 2 RU 11/83, Juris Rdnr. 9), ein steuerfrei gezahltes Urlaubsgeld im Steinkohlebergbau (BSG vom 21.02.1980, 5 RKnU 1/78, Juris Rdnr. 13, BSGE 50, 9 bis 12) und eine steuerfrei gezahlte Ministerialzulage (BSG vom 27.11.1985, 2 RU 23/85, Juris Rdnr. 9, SozR 2200 § 571 Nr. 24) als Arbeitsentgelt bewertet worden. Eine materielle Änderung hat § 82 SGB VII gegenüber der Vorgängervorschrift § 571 Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht bewirkt, so dass der Verweis lediglich klarstellenden Zweck hat (BSG vom 03.12.2002, B 2 U 23/02 R, Juris Rdnr. 19). Die zum Altrecht ergangene Rechtsprechung bleibt also anwendbar (vgl. auch Schudmann in Juris PK-SGB VII, Stand 21.09.2012, § 82 Rdnr. 34). Auch nach überwiegender Auffassung in der Literatur ist für die Zuordnung der Einnahmen zum JAV allein der Entgeltbegriff des § 14 SGB IV maßgebend (vgl. Schudmann, § 82 SGB VII, Juris PK-SGB VII, § 82 Rdnr. 39; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 82 Rdnr. 4.5 (Erg.-Lfg. 2/12); Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, § 82 Rdnr. 5; Köllner in Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Band 3, 4. Auflage, § 82 Rdnrn. 7, 8; Rundschreiben HVBG VB 49/91 vom 16.05.1991, Voosen, NZS 1997, S. 508 ff., 508).
Gegen diese Auslegung spricht nicht, dass in § 3 ArEV a.F. bzw. § 1 Abs. 2 SvEV nur für lohnsteuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit geregelt wird, dass diese in der gesetzlichen Unfallversicherung dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, so dass es nach Auffassung der Beklagten eine entsprechende Regelung auch für sonstige steuerfreie Zulagen oder pauschal versteuerte Spesen erfordert hätte. Diese Regelungen betreffen die Auswirkungen auf die Beitragsberechnung. Für die Zuordnung von Einnahmen zum JVA als Grundlage von Leistungen hätte es dieser Vorschrift nicht bedurft (vgl. Schudmann, Juris PK-SGBVII, § 82 SGB VII Rdnr. 40).
Für die Berechnung des JAV gilt daher der uneingeschränkte Arbeitsentgeltbegriff des § 14 SGB IV, d.h. es sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen heranzuziehen, die unmittelbar oder im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt wurden und die für den Versicherten einen geldwerten Vorteil darstellen (vgl. Köllner in Lauterbach, a.a.O., § 82 Rdnr. 8). Als Ausnahme regelt lediglich § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV, dass steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen nicht als Arbeitsentgelt gelten. Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.
§ 3 Nr. 26 EStG betrifft hier nicht einschlägige Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten. Auch eine steuerfreie Aufwandsentschädigung liegt nicht vor. Erfasst werden insoweit lediglich echte Aufwandsentschädigungen und andere Ausgleichszahlungen, die sich nur als Ersatz von Aufwendungen des Arbeitnehmers infolge der Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber darstellen und bei denen kein nennenswerter, eigener Vermögensvorteil auf Seiten des Arbeitnehmers verbleibt. Sie sind kein Vorteil für die Arbeit. Die bloße Bezeichnung einer Zahlung ist nicht maßgebend. Im Rahmen des § 14 SGB IV müssen vielmehr im Zweifel Arbeitgeber und Arbeitnehmer darlegen und beweisen, ob die Voraussetzungen zutreffen. Aufwandspauschalen, die nicht nach einem individuellen festgestellten Bedarf bemessen sind und nicht anhand von Einzelbelegen des Arbeitnehmers tatsächlich nachvollzogen werden können, sind nach zutreffender Auffassung Arbeitsentgelt (Werner in Juris PK-SGB IV, § 14 Rdnr. 59). Bei der Vorteilhaftigkeit einer Aufwandspauschale (wie auch bei Pauschalierungen allgemein) ist grundsätzlich darauf abzustellen, dass es der Arbeitnehmer in der Hand hat, durch die Vermeidung oder Einsparung von Aufwendungen sich einen zusätzlichen Vorteil zu verschaffen (BSG vom 26.01.2005, B 12 KR 3/04 R). Es liegt Arbeitsentgelt vor, soweit die Höhe der Pauschale den festgestellten tatsächlichen Aufwand übersteigt (vgl. BSG vom 30.11.1978, 12 RK 33/76). Die gezahlten Entgelte für berufsbedingte Mehraufwendungen, die private Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zum Ausgleich für Mehraufwendungen infolge auswärtiger Beschäftigungen zahlen (Auslösungen), stellen keine Aufwandsentschädigungen im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV dar.
Dabei kann zur Überzeugung des Senats nicht darauf abgestellt werden, ob die Spesen/Auslösungen steuerpflichtig oder steuerfrei gezahlt werden. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
Zwar wird zum Teil vertreten, steuerfreie Aufwandsentschädigungen i.S.d. § 14 SGB IV seien allgemein steuerbegünstigte Entschädigungen für besondere Aufwendungen, wie dies z.B. beim Ersatz für Reisekosten (§ 3 Nr. 13 und 16 EStG) sowie bei durchlaufenden Geldern und Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 EStG) (vgl. Werner in Juris PK - SGB IV, § 14 Rdn. 62; Köllner in Lauterbach, a.a.O., § 82 Rdn. 10; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Anhang 11 zu § 82, Erg.-Lfg. 4/04) der Fall sei. Dem ist insoweit zuzustimmen, als grundsätzlich der Sinn und Zweck steuerfreier Vergütungen hinsichtlich beruflich veranlasster Mehraufwendungen darin besteht, zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um die Erstattung von tatsächlich entstandenen Mehrkosten handelt. Es kann daher bei steuerfreien Spesen von einer steuerlichen Vermutung ausgegangen werden, dass tatsächlich ein entsprechender Mehraufwand gegeben ist, der durch Spesen abgedeckt ist. Diese steuerrechtliche Vermutung ist aber für die Berechnung des JAV aus den oben dargelegten Gründen nicht maßgebend. Wird durch den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber nachgewiesen, dass kein tatsächlicher Mehraufwand vorliegt, ist auch bei steuerfreien Spesen insoweit von einem anrechenbaren Arbeitsentgelt auszugehen.
Grundsätzlich ist die Höhe des zuzurechnenden Entgelts unter Berücksichtigung der tatsächlichen Mehraufwendungen nach § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) analog zu schätzen.
Im Rahmen dieser vorzunehmenden Schätzung ist der Betrag, der den tatsächlichen Mehraufwand übersteigt, zum Einkommen zu rechnen (bzw. mit den Fahrten zusammenhängende tatsächliche Mehraufwendungen sind von einem anzurechnenden Entgelt abzuziehen). Bei diesen tatsächlichen Mehraufwendungen wäre allerdings wiederum eine häusliche Ersparnis als zusätzliches Entgelt zu berücksichtigen. Selbst wenn daher im Einzelfall tatsächlich eine Erstattung von Mehraufwendungen erfolgt, wäre eine vollständige Nichtberücksichtigung nicht sachgerecht. Die häusliche Ersparnis wäre als Arbeitsentgelt heranzuziehen, geschätzt in Höhe etwa einem Drittel der steuerfreien Spesen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist festzustellen, dass es sich bei den dem Kläger gezahlten Spesen/Auslösungen um Pauschalen handelt, die keine echten Aufwandsentschädigungen darstellen und damit dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Dies gilt sowohl für die steuerfreien als auch die pauschal versteuerten Spesen. Sämtliche Spesen wurden unabhängig von tatsächlichen Aufwendungen gezahlt. Nach den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben des Klägers und seines Arbeitgebers hat der Kläger die zusätzlich gezahlten Beträge vollumfänglich zu seinem Arbeitsentgelt erhalten, da ihm keine tatsächlichen Mehraufwendungen entstanden sind. Die Zahlungen in unterschiedlicher Höhe wurden nicht als reiner Aufwendungsersatz oder Auslagenersatz gezahlt, sondern es wurden Pauschalen geleistet, die durch mögliche Einsparungen beim Kläger zu einem Vermögensvorteil geführt hat. Sie waren für den Kläger einkommenserhöhend, da er es in der Hand hatte, durch die Vermeidung oder Einsparung von Aufwendungen sich einen zusätzlichen Vorteil zu verschaffen.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Kläger keine Mehraufwendungen hatte, da er weder Kilometergeld, Übernachtungskosten, Kosten für die Benutzung von Sanitäreinrichtungen und zusätzliche Kosten für die Verpflegung hatte. Es sind daher keine nennenswerten Aufwendungen ersichtlich, die gegebenenfalls abzuziehen wären. Die Spesen sind daher vollumfänglich bei seinem JAV anzurechnen (vgl. auch Unterhaltsrecht: Spesen und Auslösungen werden als zu berücksichtigendes Einkommen erachtet abzüglich tatsächlich damit zusammenhängender Aufwendungen, die wiederum um die häusliche Ersparnis vermindert wird (vgl. Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland, Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken, Stand 01.01.2013 1.4).
Der Senat ist der Überzeugung, dass vorliegend die steuerrechtliche Vermutung des tatsächlichen Mehraufwands nicht gerechtfertigt ist, da kein tatsächlich entstandener Mehraufwand abgegolten werden sollte, und auch nicht erfolgt ist. Die Spesen sind daher vollumfänglich als Arbeitsentgelt zu werten.
Auf die Anschlussberufung des Klägers ist daher der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 insoweit abzuändern, als bei der Berechnung der Höhe der Verletztenrente im Rahmen des JAV auch der steuerfreie Spesenanteil in Höhe von 3.705,00 EUR zu berücksichtigen ist. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen, da hinsichtlich der Beurteilung von Spesen bzw. Auslösungen im Rahmen der JAV-Berechnung keine neuere höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
II. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Verletztenrente auf der Grundlage eines höheren Jahresarbeitsverdienstes (JAV).
Der 1960 geborene Kläger erlitt am 07.05.2005 als LKW-Kraftfahrer einen Verkehrsunfall, der zu erheblichen Verletzungen geführt hat.
Mit Bescheid vom 08.05.2007 gewährte die Beklagte Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 100 v.H. Sie legte dabei einen JAV von 29.836,56 EUR zugrunde. Daraus errechnete sie eine Rente in Höhe von 1.657,59 EUR monatlich. Aufgrund eines weiteren Arbeitsunfalls des Klägers am 18.07.1999 nahm sie eine anteilsmäßige Kürzung der Rente vor. Diesem Arbeitsunfall lag ein JAV mit 30.669,92 EUR zugrunde.
Die Beklagte stützte sich hinsichtlich der Berechnung des JAV auf die Lohnabrechnungen des Arbeitgebers des Klägers, der Firma B., B-Stadt, für die Zeit vom 01.05.2004 bis 30.04.2005. Der Betrag von 29.836,56 EUR umfasst ein Bruttoentgelt von 27.579,98 EUR, Urlaubsgeld in Höhe von 430,08 EUR, steuerfreie Zuschläge für Nachtarbeit in Höhe von 1.281,62 EUR und für Sonntagsarbeit in Höhe von 544,68 EUR. Der Kläger erhielt zudem im zugrunde gelegten Zeitraum steuerfreie Spesen in Höhe von insgesamt 3.705,00 EUR und pauschal versteuerte Spesen in Höhe von 1.173,50 EUR. Diese wurden bei der Berechnung des JAV nicht berücksichtigt.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 06.06.2007 Widerspruch ein. Er legte dazu Verdienstabrechnungen von Mai 2004 bis Dezember 2004 vor sowie eine Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge von Januar 2005 bis April 2005.
Die vom Arbeitgeber in einer Bestätigung vom 03.06.2005 aufgeführten steuerfreien Spesen wurden in den Verdienstabrechungen aus dem Jahr 2004 als steuerfreie Auslöse bezeichnet, in der Abrechnung des Arbeitgebers aus dem Jahre 2005 als steuerfreier Verpflegungszuschuss.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Spesen oder Auslösungen könnten im Rahmen des JAV nicht berücksichtigt werden, da es sich hierbei um erstattete Auslagen handele, die nicht zu einem Vermögensvorteil des Beschäftigten führten und daher kein Arbeitsentgelt darstellten.
Dagegen hat der Kläger am 05.11.2007 Klage beim Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2007 zu verpflichten, die Verletztenrente unter Berücksichtigung eines höheren JAV zu gewähren. Er hat geltend gemacht, die Spesen und Auslösungen hätten zu einem Vermögensvorteil geführt und stellten keineswegs lediglich erstattete Auslagen dar. Der Kläger habe sich bei seinen Fahrten mit dem LKW ausschließlich mittels selbst zubereiteter Brote und mitgenommener Getränke versorgt, die er in seinem installierten Kühlschrank untergebracht habe. Auch Übernachtungskosten seien nicht angefallen, da er die Schlafmöglichkeit im LKW genutzt habe. Bei den von der Beklagten berücksichtigten Zuschlägen für Nachtarbeit und Wochenendarbeit habe es sich ebenfalls um lohnsteuerfreies Arbeitsentgelt gehandelt.
Mit Schreiben vom 29.09.2011 hat das SG die Beklagte darauf hingewiesen, dass zumindest die pauschal versteuerten Spesen dem JAV hinzuzurechnen seien. Die Beklagte hat sich dem nicht angeschlossen und die Auffassung vertreten, die Beitrags- und die Leistungsseite seien weitgehend gleichermaßen zu behandeln, um die Finanzierungsseite der Leistungsträger nicht in eine Schieflage zu bringen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2011 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2007 verpflichtet, die Höhe der Verletztenrente neu festzustellen, wobei bei der Berechnung des JAV der pauschal zu versteuernde Spesenanteil in Höhe von 1.173,50 EUR zu berücksichtigen sei. Die Beklagte habe dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in vollem Umfang zu erstatten. Bei der Berechnung des JAV gelte der uneingeschränkte Arbeitsentgeltbegriff des § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), d.h. es seien alle laufenden oder einmaligen Einnahmen heranzuziehen, die unmittelbar oder im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt würden und für den Versicherten einen geldwerten Vorteil darstellten. Auf eine etwaige Lohnsteuerpflicht oder gegebenenfalls Pauschalversteuerung sei nicht abzustellen. Die Einschränkungen der Sozialversicherungs-Entgeltverordnung (SvEV), die die bis zum 31.12.2006 geltende Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) abgelöst habe, gelte nicht für die Berechnung des JAV. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ergebe, dass die Verordnungsermächtigung des § 17 SGB IV in erster Linie den Bereich der Sozialversicherung betreffe, in dem eine Wechselwirkung zwischen Arbeitsentgelt und Beitragshöhe bestehe. Dies treffe für die Unfallversicherung nicht zu. Entsprechend den Aussagen des (früheren) Hauptverbandes der Gewerblichen Berufsgenossenschaften in einem Verbandrundschreiben (VB 49/91) und der unfallversicherungsrechtlichen Kommentarliteratur sei daher der steuerpflichtige Anteil der Vergütung für Verpflegungsmehraufwendungen grundsätzlich dem Arbeitslohn hinzuzurechnen und bei der Feststellung des JAV miteinzubeziehen. Hinsichtlich der pauschalierten Lohnsteuer bei der Besteuerung von Reisekostenvergütungen und Auslösungen sei zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um eine Verfahrensvereinfachung zugunsten des Arbeitgebers handele. Dies dürfe nicht zu einem Nachteil bei der Feststellung des JAV führen. Der Teil der Zahlung, der der Höhe des Steuerfreibetrages entspreche, sei dagegen als pauschaler Auslagenersatz zu werten und dem JAV nicht hinzuzurechnen.
Dagegen hat die Beklagte am 29.12.2011 Berufung eingelegt. Der Kläger hat sinngemäß Anschlussberufung eingelegt und vorgebracht, es seien die gesamten Spesen in den JAV einzubeziehen. Sowohl die pauschal versteuerten als auch die steuerfreien Spesen seien ein großer und regelmäßiger Bestandteil seines Einkommens. Es handele sich nicht um einen Ersatz von Auslagen, sondern die Spesen seien leistungsabhängig. Es erfolge eine Bezahlung, abhängig davon, wie lange die Fahrt dauere und ob es sich um eine Fahrt ins Ausland oder eine innerdeutsche Fahrt gehandelt habe. Es seien daher nicht nur die besteuerten Teile der Spesen, sondern die Spesen insgesamt in den Gesamtverdienst einzubeziehen.
Die Beklagte ist der Auffassung, es seien weder die pauschal versteuerten noch die steuerfreien Spesen beim JAV zu berücksichtigen. In Ergänzung zu § 14 SGB IV ergebe sich aus § 17 SGB IV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArEV in Verbindung mit § 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), dass die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand für auswärtige Tätigkeiten, für die nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 EStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG nur ein Pauschsteuersatz vom Arbeitgeber erhoben werde, nicht als Arbeitsentgelt zu berücksichtigende Einnahmen gewertet werden könnten. Die vom SG herangezogenen Entscheidungen des BSG (BSG vom 21.02.1980, 5 RKnU 1/78 und BSG vom 24.05.1984, 2 RU 11/83) hinsichtlich Urlaubsgeld und einer Auslandszulage seien für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, da es sich insoweit aus heutiger Sicht eindeutig um Arbeitsentgelt gehandelt habe und nicht um Spesen, wie im vorliegenden Fall. Das Verbandsrundschreiben des ehemaligen Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften und die einschlägige Kommentarliteratur seien nicht maßgebend, da sich diese allein auf die BSG-Entscheidungen von 1980 bzw. 1984 stützten. Es sei davon auszugehen, dass der beitragsrechtliche und der leistungsrechtliche Arbeitsentgeltbegriff grundsätzlich identisch seien. Dies ergebe sich insbesondere aus der neueren Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenversicherung (BSG vom 09.05.1996, 7 RAr 36/95 und BSG vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R). Zum Unfallversicherungsrecht seien neuere Entscheidungen des BSG nicht ergangen. Die Beklagte gehe davon aus, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber eine unterschiedliche Bewertung der Einkünfte aus Beschäftigungsverhältnissen durch die verschiedenen Sozialversicherungsträger in der ArEV bzw. SvEV erwähnt hätte, wie dies auch bezüglich der Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit in § 3 ArEV bzw. § 1 Abs. 2 SvEV ausdrücklich geschehen sei. Es gebe keine Begründung dafür, warum Spesen, also Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand, als Arbeitsentgelt bei der JAV-Berechnung zu berücksichtigen seien, wenn hierfür vom Arbeitgeber eine Pauschalversteuerung vorgenommen werde, während steuerfreie Spesen, auch aus Sicht des SG, bei der JAV-Berechnung nicht zu berücksichtigen seien, zumal in beiden Fällen Beiträge zur Sozialversicherung nicht erhoben würden.
Der Senat hat Auskünfte des Arbeitgebers vom 24.06.2013 und vom 13.08.2013 beigezogen und zusätzlich den Arbeitgeber in einem Erörterungstermin am 10.04.2014 als Zeugen einvernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Der Arbeitgeber hat angegeben, er habe Spesen gezahlt, die sich an dem steuerlichen Reisekostenrecht orientierten und die aus Anlass betrieblicher Auswärtstätigkeiten für Reisen im In- und Ausland gezahlt werden. Die Höhe richte sich nach den Pauschbeträgen, die das Bundesministerium der Finanzen im Rahmen des steuerlichen Reisekostenrechts ansetze. Die Pauschbeträge seien davon abhängig, wie viele Stunden der Arbeitnehmer unterwegs sei und ob es sich um eine Tätigkeit im In- oder Ausland handele. Für jedes Land seien eigene Spesensätze vorgesehen. Grundlage für die Abrechnung sei die Tachoscheibe des LKWs. Daraus ergebe sich, wie lange der LKW gefahren sei. Die Pauschalbesteuerung mit 25 % betreffe den Teil des Verpflegungsaufwands, der die steuerfreien Pauschbeträge überschreite. Es handele sich hinsichtlich der gezahlten Spesen nicht um die Erstattung von konkreten Aufwendungen der Arbeitnehmer. Fahrtkosten oder Übernachtungskosten fielen nicht an, da sämtliche Fahrten mit dem LKW unternommen würden und die Fernfahrer in einer Schlafkabine im LKW übernachten. Auch Mehraufwendungen für die Verpflegung seien in der Regel nicht gegeben, da die LKWs mit Haushaltsgeräten wie Kühlschrank, Kaffeemaschine und Wasserkocher ausgestattet seien und sich die Kraftfahrer selbst versorgten. Die erforderlichen Lebensmittel zu ihrer Verpflegung nähmen die Fernfahrer von zu Hause mit. Insgesamt ergäben sich daher tatsächlich gegenüber dem Aufenthalt zu Hause keine Mehrkosten für die Fernfahrer. Spesen würden aus dem Grund gezahlt, weil es vom Gesetzgeber so vorgesehen sei, dass bestimmte Pauschalen zu zahlen seien. In der Sache mache es aus seiner Sicht keinen Unterschied, ob die Spesen steuerfrei oder pauschal versteuert seien.
Der Kläger hat dargelegt, er habe sich während der Woche mit den von zu Hause mitgebrachten Lebensmitteln versorgt. Zum Duschen sei er Tankstellen angefahren, die bekannterweise kostenlos entsprechende Sanitäreinrichtungen für die Fernfahrer zur Verfügung stellten. Tatsächlich habe er keine Mehraufwendungen gegenüber seinem Aufenthalt zu Hause gehabt. Für ihn seien die gezahlten Spesen zusätzliches Arbeitsentgelt, über das er frei verfügen könne und das er für seine Abzahlungsverpflichtungen einkalkuliert habe.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 08.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2007 dahingehend abzuändern, höhere Verletztenrente unter Berücksichtigung auch der steuerfreien Spesen im Rahmen des Jahresarbeitsverdienstes zu gewähren.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten damit einverstanden waren (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Auf die Anschlussberufung des Klägers sind der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 08.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2007 abzuändern. Die Beklagte hat dem Kläger Verletztenrente unter Berücksichtigung auch der steuerfreien Spesen in Höhe von 3.705,00 EUR im Rahmen des JVA zu gewähren.
Der Bescheid der Beklagten vom 08.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2007 ist insoweit rechtswidrig, als die Beklagte im Rahmen der JAV-Berechnung weder die sogenannten pauschal versteuerten Spesen in Höhe von 1.173,50 EUR noch die sogenannten steuerfreien Spesen in Höhe von 3.705,00 EUR berücksichtigt hat. Diese dem Kläger gezahlten Spesen wurden vom Arbeitgeber teilweise als Auslöse, Verpflegungszuschuss, Reisekosten oder als Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen, je nach Dauer der Abwesenheit im Inland oder im Ausland, eingeordnet. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass es sich bei diesen Zahlungen um Zuwendungen des Arbeitgebers für die berufliche Tätigkeit des Klägers handelte, die als zu berücksichtigendes Arbeitsentgelt im Rahmen der JAV-Berechnung zu werten sind.
Der Kläger und sein Arbeitgeber haben für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass dem Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Fernfahrer tatsächlich keine erhöhten Aufwendungen entstanden sind, die durch die gezahlten Spesen erstattet wurden. Der Kläger hatte weder Fahrtkosten noch Übernachtungskosten oder erhöhte Verpflegungsmehraufwendungen. Er übernachtete in einer dafür vorgesehenen Schlafkabine im LKW und konnte kostenlos sanitäre Einrichtungen in den Fernfahrern bekannten Tankstellen nutzen. Er hat sich in seinem LKW mit den von zu Hause mitgebrachten Lebensmitteln selbst versorgt. Der LKW war dementsprechend mit Kühlschrank, Kaffeemaschine und Wasserkocher ausgestattet. Es bestand auch die Möglichkeit der Zubereitung von Fertiggerichten. Warme Mahlzeiten in Raststätten hat der Kläger nicht eingenommen, da er sich dies aufgrund der gestiegenen Preise nicht leisten wollte. Für den Senat nachvollziehbar sind daher beim Kläger durch seine Abwesenheit von zu Hause keine tatsächlichen Mehraufwendungen angefallen. Dies bestätigte auch ausdrücklich der Arbeitgeber des Klägers. Die für einen theoretischen Mehraufwand gezahlten Spesen, die einen erheblichen Teil seines Einkommens darstellen, haben daher zu einer spürbaren und nachhaltigen Bereicherung im Vermögen des Klägers geführt und stellen einen wesentlichen Anteil des Einkommensstandards des Klägers dar. Sie sind zur Überzeugung des Senats als Arbeitsentgelt zu bewerten und dementsprechend bei der Berechnung des JAV zu berücksichtigen.
Im Fall des Klägers sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowohl die pauschal versteuerten Spesen als auch die steuerfreien Spesen in vollem Umfang dem JAV hinzuzurechnen.
Der JAV bemisst sich gemäß § 82 SGB VII nach dem Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Das grundsätzlich auf abstrakte Schadensbemessung ausgelegte Rentenrecht in der gesetzlichen Unfallversicherung erhält mit dem JAV einen Konkretisierungsanteil, der der Stellung des Versicherten im Erwerbsleben im Jahr vor dem Versicherungsfall Rechnung tragen soll. Mit dem JAV soll der Einkommens- oder Lebensstandard des Versicherten zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Schudmann, § 82 SGB VII, Juris PK-SGB VII, § 82 Rdnrn. 20, 22).
Hinsichtlich der Bestimmung des Arbeitsentgelts verweist § 82 SGB VII ausdrücklich auf die Legaldefinition in § 14 SGB IV.
Gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Grundsätzlich werden von der Legaldefinition des Arbeitsentgelts alle Einnahmen erfasst, die dem Versicherten in Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (vgl. Werner in Juris PK-SGB IV, Stand 24.07.2006, § 14 Rdnrn. 31 ff.). Hinsichtlich des Inhalts der Begriffsdefinition ist unerheblich, ob das Arbeitsentgelt als regelmäßiges Einkommen laufend erzielt wird oder als gelegentliche, einmalige Einnahme beim Beschäftigten anfällt. Somit sind grundsätzlich auch Zuwendungen des Arbeitgebers, die dem Arbeitnehmer nicht als laufendes Entgelt, sondern in Form von Sonderzahlungen zufließen, Teil des Arbeitsentgelts. Außerdem müssen zum Arbeitsentgelt sämtliche Nebenleistungen zu Löhnen und Gehältern gerechnet werden, wie z.B. laufende Zulagen, Lohnzuschläge, Zuschüsse, Pauschalabgeltungen sowie Sachbezüge und sonstige Vorteile aufgrund der Beschäftigung. Dabei ist grundsätzlich der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV vom Begriff des Arbeitslohns im Einkommensteuerrecht (§ 38 Einkommensteuergesetz, EStG) unabhängig. Lediglich aus Gründen der Praktikabilität hat der Gesetzgeber nicht gänzlich auf den Rückgriff auf das Steuerrecht verzichtet, so dass über die Verordnungsermächtigung des § 17 Abs. 1 SGB IV Ausnahmen vom Arbeitsentgelt bestimmt werden. Dadurch wird im Interesse der Praktikabilität bei der Lohnabrechnung und dem Beitragseinzug durch die Einzugsstellen weitgehende Übereinstimmung mit dem Lohnsteuerrecht erzielt (§ 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
Vorliegend geht es indessen nicht um den Beitragseinzug, sondern um die Bestimmung des JAV im Leistungsrecht. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es daher nicht darauf an, ob auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 SGB IV in Verbindung mit der ArEV bzw. der SvEV vom Vorliegen von Arbeitsentgelt auszugehen ist.
Für zusätzlich zu laufenden Löhnen geleistete Zulagen oder ähnliche Einnahmen und für steuerfreie Einnahmen liegt auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 SGB IV bis 31.12.2006 die ArEV und ab 01.01.2007 die SvEV fest, dass und welche dieser Einnahmen nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Entsprechend § 1 SvEV und § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV gilt der Grundsatz, dass steuerfreie Zulagen nicht zum Arbeitsentgelt gehören.
§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ArEV (gültig bis 31.12.2006) bestimmt, dass dem Arbeitsentgelt Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG nicht zuzurechnen sind. Nach § 40 Abs. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erheben, soweit er Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen anlässlich einer Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 2 bis 4 EStG zahlt. § 4 Abs. 5 Nr. 5 Sätze 2 und 3 EStG regelt Betriebsausgaben in Form von Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen, der vorübergehend von seiner Wohnung entfernt betrieblich tätig wird.
Entsprechend sieht auch die nunmehr geltende SvEV in § 1 Abs. 1 vor, dass dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind: Einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind (Nr. 1) und Einnahmen nach § 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (Nr. 3). Geregelt wird hier ausdrücklich gemäß § 1 das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt. In § 1 Abs. 2 wird festgelegt, dass in der gesetzlichen Unfallversicherung auch lohnsteuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind.
Ob die vom Arbeitgeber gezahlten Spesen beitragsrechtlich nicht zu berücksichtigen sind, kann für den Senat dahinstehen. Im Rahmen des § 82 SGB VII ist die Einschränkung der Definition des Arbeitsentgelts durch die Verordnungsermächtigung des § 17 SGB IV nicht anzuwenden. Mit der Verordnung sollen Systemunterschiede im Abgabenrecht und der Sozialversicherung reguliert werden. Es soll aus Gründen der Praktikabilität eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts hergestellt werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Dies führt im Regelfall zu einer Übernahme lohnsteuerrechtlicher Begünstigungen im Beitragsrecht, da steuerfreie Einnahmen nicht dem Arbeitsentgelt zugerechnet und damit auch nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen.
Diese Regelungen sind entgegen der Auffassung der Beklagten im Rahmen der Bestimmung des Arbeitsentgelts beim JAV nicht heranzuziehen. Für das Leistungsrecht im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Beschränkung des JAV auf den für die Beitragsberechnung maßgebenden Betrag nicht sachgerecht. Soweit die Beklagte einwendet, dass ein Synallagma zwischen Beitrags- und Leistungsrecht auch im Unfallversicherungsrecht bestehe, ist dies nicht zutreffend. Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung betrifft die Arbeitslosenversicherung (BSG vom 09.05.1996, 7 Rar 36/95) bzw. das Rentenrecht (BSG vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R). Im Gegensatz zu den übrigen Zweigen der Sozialversicherung besteht in der gesetzlichen Unfallversicherung gerade keine Wechselwirkung zwischen Beitrag der Versicherten und Leistungen an die Versicherten, da beitragspflichtig allein der Unternehmer ist (§ 150 Abs. 1 SGB VII). Dementsprechend haben Versicherte keinen Vorteil davon, dass steuerfreie Bestandteile ihres Arbeitsentgelts nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterliegen. Die Vorschriften der ArEV bzw. der SvEV lassen sich daher nicht auf den Leistungsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung übertragen. Es ist nicht gerechtfertigt, Versicherte durch die Außerachtlassung von Entgeltteilen beim JAV deshalb Nachteile aufzuerlegen, weil die Entgeltteile bei der Beitragszahlung durch den Arbeitgeber unberücksichtigt bleiben. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum insoweit vergleichbaren Recht vor Inkrafttreten des SGB IV (§ 160 RVO a.F.) ist dementsprechend eine steuerfreie Auslandszulage (BSG vom 24.05.1984, 2 RU 11/83, Juris Rdnr. 9), ein steuerfrei gezahltes Urlaubsgeld im Steinkohlebergbau (BSG vom 21.02.1980, 5 RKnU 1/78, Juris Rdnr. 13, BSGE 50, 9 bis 12) und eine steuerfrei gezahlte Ministerialzulage (BSG vom 27.11.1985, 2 RU 23/85, Juris Rdnr. 9, SozR 2200 § 571 Nr. 24) als Arbeitsentgelt bewertet worden. Eine materielle Änderung hat § 82 SGB VII gegenüber der Vorgängervorschrift § 571 Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht bewirkt, so dass der Verweis lediglich klarstellenden Zweck hat (BSG vom 03.12.2002, B 2 U 23/02 R, Juris Rdnr. 19). Die zum Altrecht ergangene Rechtsprechung bleibt also anwendbar (vgl. auch Schudmann in Juris PK-SGB VII, Stand 21.09.2012, § 82 Rdnr. 34). Auch nach überwiegender Auffassung in der Literatur ist für die Zuordnung der Einnahmen zum JAV allein der Entgeltbegriff des § 14 SGB IV maßgebend (vgl. Schudmann, § 82 SGB VII, Juris PK-SGB VII, § 82 Rdnr. 39; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 82 Rdnr. 4.5 (Erg.-Lfg. 2/12); Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, § 82 Rdnr. 5; Köllner in Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Band 3, 4. Auflage, § 82 Rdnrn. 7, 8; Rundschreiben HVBG VB 49/91 vom 16.05.1991, Voosen, NZS 1997, S. 508 ff., 508).
Gegen diese Auslegung spricht nicht, dass in § 3 ArEV a.F. bzw. § 1 Abs. 2 SvEV nur für lohnsteuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit geregelt wird, dass diese in der gesetzlichen Unfallversicherung dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, so dass es nach Auffassung der Beklagten eine entsprechende Regelung auch für sonstige steuerfreie Zulagen oder pauschal versteuerte Spesen erfordert hätte. Diese Regelungen betreffen die Auswirkungen auf die Beitragsberechnung. Für die Zuordnung von Einnahmen zum JVA als Grundlage von Leistungen hätte es dieser Vorschrift nicht bedurft (vgl. Schudmann, Juris PK-SGBVII, § 82 SGB VII Rdnr. 40).
Für die Berechnung des JAV gilt daher der uneingeschränkte Arbeitsentgeltbegriff des § 14 SGB IV, d.h. es sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen heranzuziehen, die unmittelbar oder im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt wurden und die für den Versicherten einen geldwerten Vorteil darstellen (vgl. Köllner in Lauterbach, a.a.O., § 82 Rdnr. 8). Als Ausnahme regelt lediglich § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV, dass steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen nicht als Arbeitsentgelt gelten. Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.
§ 3 Nr. 26 EStG betrifft hier nicht einschlägige Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten. Auch eine steuerfreie Aufwandsentschädigung liegt nicht vor. Erfasst werden insoweit lediglich echte Aufwandsentschädigungen und andere Ausgleichszahlungen, die sich nur als Ersatz von Aufwendungen des Arbeitnehmers infolge der Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber darstellen und bei denen kein nennenswerter, eigener Vermögensvorteil auf Seiten des Arbeitnehmers verbleibt. Sie sind kein Vorteil für die Arbeit. Die bloße Bezeichnung einer Zahlung ist nicht maßgebend. Im Rahmen des § 14 SGB IV müssen vielmehr im Zweifel Arbeitgeber und Arbeitnehmer darlegen und beweisen, ob die Voraussetzungen zutreffen. Aufwandspauschalen, die nicht nach einem individuellen festgestellten Bedarf bemessen sind und nicht anhand von Einzelbelegen des Arbeitnehmers tatsächlich nachvollzogen werden können, sind nach zutreffender Auffassung Arbeitsentgelt (Werner in Juris PK-SGB IV, § 14 Rdnr. 59). Bei der Vorteilhaftigkeit einer Aufwandspauschale (wie auch bei Pauschalierungen allgemein) ist grundsätzlich darauf abzustellen, dass es der Arbeitnehmer in der Hand hat, durch die Vermeidung oder Einsparung von Aufwendungen sich einen zusätzlichen Vorteil zu verschaffen (BSG vom 26.01.2005, B 12 KR 3/04 R). Es liegt Arbeitsentgelt vor, soweit die Höhe der Pauschale den festgestellten tatsächlichen Aufwand übersteigt (vgl. BSG vom 30.11.1978, 12 RK 33/76). Die gezahlten Entgelte für berufsbedingte Mehraufwendungen, die private Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zum Ausgleich für Mehraufwendungen infolge auswärtiger Beschäftigungen zahlen (Auslösungen), stellen keine Aufwandsentschädigungen im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV dar.
Dabei kann zur Überzeugung des Senats nicht darauf abgestellt werden, ob die Spesen/Auslösungen steuerpflichtig oder steuerfrei gezahlt werden. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
Zwar wird zum Teil vertreten, steuerfreie Aufwandsentschädigungen i.S.d. § 14 SGB IV seien allgemein steuerbegünstigte Entschädigungen für besondere Aufwendungen, wie dies z.B. beim Ersatz für Reisekosten (§ 3 Nr. 13 und 16 EStG) sowie bei durchlaufenden Geldern und Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 EStG) (vgl. Werner in Juris PK - SGB IV, § 14 Rdn. 62; Köllner in Lauterbach, a.a.O., § 82 Rdn. 10; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Anhang 11 zu § 82, Erg.-Lfg. 4/04) der Fall sei. Dem ist insoweit zuzustimmen, als grundsätzlich der Sinn und Zweck steuerfreier Vergütungen hinsichtlich beruflich veranlasster Mehraufwendungen darin besteht, zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um die Erstattung von tatsächlich entstandenen Mehrkosten handelt. Es kann daher bei steuerfreien Spesen von einer steuerlichen Vermutung ausgegangen werden, dass tatsächlich ein entsprechender Mehraufwand gegeben ist, der durch Spesen abgedeckt ist. Diese steuerrechtliche Vermutung ist aber für die Berechnung des JAV aus den oben dargelegten Gründen nicht maßgebend. Wird durch den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber nachgewiesen, dass kein tatsächlicher Mehraufwand vorliegt, ist auch bei steuerfreien Spesen insoweit von einem anrechenbaren Arbeitsentgelt auszugehen.
Grundsätzlich ist die Höhe des zuzurechnenden Entgelts unter Berücksichtigung der tatsächlichen Mehraufwendungen nach § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) analog zu schätzen.
Im Rahmen dieser vorzunehmenden Schätzung ist der Betrag, der den tatsächlichen Mehraufwand übersteigt, zum Einkommen zu rechnen (bzw. mit den Fahrten zusammenhängende tatsächliche Mehraufwendungen sind von einem anzurechnenden Entgelt abzuziehen). Bei diesen tatsächlichen Mehraufwendungen wäre allerdings wiederum eine häusliche Ersparnis als zusätzliches Entgelt zu berücksichtigen. Selbst wenn daher im Einzelfall tatsächlich eine Erstattung von Mehraufwendungen erfolgt, wäre eine vollständige Nichtberücksichtigung nicht sachgerecht. Die häusliche Ersparnis wäre als Arbeitsentgelt heranzuziehen, geschätzt in Höhe etwa einem Drittel der steuerfreien Spesen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist festzustellen, dass es sich bei den dem Kläger gezahlten Spesen/Auslösungen um Pauschalen handelt, die keine echten Aufwandsentschädigungen darstellen und damit dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Dies gilt sowohl für die steuerfreien als auch die pauschal versteuerten Spesen. Sämtliche Spesen wurden unabhängig von tatsächlichen Aufwendungen gezahlt. Nach den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben des Klägers und seines Arbeitgebers hat der Kläger die zusätzlich gezahlten Beträge vollumfänglich zu seinem Arbeitsentgelt erhalten, da ihm keine tatsächlichen Mehraufwendungen entstanden sind. Die Zahlungen in unterschiedlicher Höhe wurden nicht als reiner Aufwendungsersatz oder Auslagenersatz gezahlt, sondern es wurden Pauschalen geleistet, die durch mögliche Einsparungen beim Kläger zu einem Vermögensvorteil geführt hat. Sie waren für den Kläger einkommenserhöhend, da er es in der Hand hatte, durch die Vermeidung oder Einsparung von Aufwendungen sich einen zusätzlichen Vorteil zu verschaffen.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Kläger keine Mehraufwendungen hatte, da er weder Kilometergeld, Übernachtungskosten, Kosten für die Benutzung von Sanitäreinrichtungen und zusätzliche Kosten für die Verpflegung hatte. Es sind daher keine nennenswerten Aufwendungen ersichtlich, die gegebenenfalls abzuziehen wären. Die Spesen sind daher vollumfänglich bei seinem JAV anzurechnen (vgl. auch Unterhaltsrecht: Spesen und Auslösungen werden als zu berücksichtigendes Einkommen erachtet abzüglich tatsächlich damit zusammenhängender Aufwendungen, die wiederum um die häusliche Ersparnis vermindert wird (vgl. Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland, Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken, Stand 01.01.2013 1.4).
Der Senat ist der Überzeugung, dass vorliegend die steuerrechtliche Vermutung des tatsächlichen Mehraufwands nicht gerechtfertigt ist, da kein tatsächlich entstandener Mehraufwand abgegolten werden sollte, und auch nicht erfolgt ist. Die Spesen sind daher vollumfänglich als Arbeitsentgelt zu werten.
Auf die Anschlussberufung des Klägers ist daher der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 30.11.2011 insoweit abzuändern, als bei der Berechnung der Höhe der Verletztenrente im Rahmen des JAV auch der steuerfreie Spesenanteil in Höhe von 3.705,00 EUR zu berücksichtigen ist. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen, da hinsichtlich der Beurteilung von Spesen bzw. Auslösungen im Rahmen der JAV-Berechnung keine neuere höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved