Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 5 R 120/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.11.2013 wird insoweit angeordnet, als mit ihm Gesamtsozialversicherungsbeiträge nebst darauf beruhenden Säumniszuschlägen für die Jahre 2005, 2006, 2007 und 2008 gefordert werden.
Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen.
Die Antragsgegenerin trägt 4/7, die Antragstellerin trägt 3/7 der Verfahrenskosten.
Der Streitwert wird auf 4.863.901,36 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen einen Beitragsnachforderungsbescheid vom 15.11.2013 aufgrund einer Betriebsprüfung in der Zeit vom 25.07.2013 bis 20.08.2013 und den darin erfolgten Festsetzungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen. Der Prüfzeitraum erstreckt sich vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2011.
Der Bescheid basiert auf dem im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf unter dem Az.: 50 Js 139/12 festgestellten Sachverhalt. Die Feststellungen der Steuerfahndung E1 wurden der Antragsgenerin zur sozialrechtlichen Auswertung übermittelt (Az. der Steuerfahndung E: 5181/2012/01351-1-579-22 50 Js 139/12).
In den Betriebsräumen der Antragstellerin in den Häusern Nr. 00, 00 und 00 in der Sstraße in E erbringen Frauen sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt für die dort verkehrenden Gäste.
Gesellschafter der Antragstellerin sind zu gleichen Teilen Herr U1 N und Herr C1 X. Als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin ist Frau J T1 seit dem 08.10.2010 im Handelsregister eingetragen.
Die Antragstellerin hält in den dortigen Gebäuden entsprechende sächliche Einrichtungen, wie z.B. einen Barbereich sowie u.a. unterschiedlich gestaltete sogenannte Themenzimmer vor, in denen die sexuellen Dienstleistungen erbracht wurden. Für den Servicebereich (z.B. Barbetrieb, Sicherheit, Zimmerreinigung) beschäftigte die Antragstellerin festangestellte Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen. Ferner existierte ein Escortservice mit Fahrdienst, wenn seitens eines Gastes sexuelle Dienstleistungen außerhalb der Betriebsstätten der Antragstellerin gewünscht wurden.
Der Antragsgegnerin wurden Aktenauszüge aus dem vorgenannten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sowie Unterlagen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E1 übersandt. Neben dem steuerlichen Ermittlungsbericht vom 15.07.2013, geändert durch Bericht vom 29.07.2013, waren dies Vernehmungsprotokolle von Beschuldigten und Zeugen sowie von sichergestellten Asservaten.
Unter anderem fanden sich auf einer Festplatte gespeichert sogenannte "Goldenen Regeln des Hauses". Diese lauteten wie folgt:
Arbeitszeit: 20 Uhr bzw. 21 Uhr bis 6 Uhr morgens (Wochenende bis 6:30 Uhr)
Arbeitstage: nach Absprache, kein "Frei" in der Messezeit
Urlaub bitte früh genug anmelden.
Mindestens 2 Sonntage im Monat, Messesonntage zählen nicht dazu.
Wir kommen um 20 Uhr geschminkt und umgezogen zur Arbeit. Frauen die außerhalb von E
wohnen, kommen um 21 Uhr.
Wer am Morgen länger arbeitet, spricht mit dem Personal die Anfangszeit für den nächsten Tag ab.
Mittwochs und Freitags ist Dessous Party. Bitte entsprechend kleiden.
Wir benutzen immer die Toilette in der 1. Etage, auch wenn kein Gast im Hause ist.
Ausstattung: Wir bitten um Profiausstattung!
Das bedeutet: Garderobe Außer Haus (Kostüm oder Hosenanzug)
Keine Jeans! Ein Kleid zum wechseln. Dessous, halterlose Strümpfe, Vibrator.
Bitte darauf achten, dass nicht alle Frauen in Schwarz -, weiß oder anderen Farben einheitlich gekleidet sind.
Arbeit in der Bar: Wenn es klingelt, müssen alle Frauen sofort in die Bar!
Dort wird für gute Laune und Bewegung gesorgt. Dem Gast wird Zeit gelassen, bis er sein 1. Getränk bekommen hat!
Unsere Gäste werden mit "Sie" angesprochen.
Alle Bestellungen von Getränken, Zimmer, Außer Haus Deal oder Limousinen Service, Bargeld, oder Kreditkarte bitte nur über das Personal abwickeln!
Wir akzeptieren: Diners, Visa, Euro Card, Master Card und Devisen.
Bitte niemals den Gast alleine im Haus herumlaufen lassen! Der Gast wird auch bis zur Toilette begleitet.
Neuen Gästen immer die Zimmer zeigen!
In der Bar nicht in Gruppen oder in der V.I.P – Ecke sitzen.
Bitte unbedingt beachten: Kaugummi, Käse, Nüsse, Obstteller usw. nicht in der Bar essen!!!
Kauende Frauen sehen nicht besonders anziehend aus. Den Gast füttern!
Auf dem Zimmer: Den Gast bitte niemals alleine im Zimmer lassen! Falls Wünsche geäußert werden möchten (z.B. Verlängerung, Getränke, usw.)
bitte das Haustelefon (Nr. 0) benutzen. Das Personal kommt sofort und ist euch behilflich.
Geht ihr mit dem Gast zur Dusche, wird das Zimmer abgeschlossen und der Schlüssel mitgenommen. Seit ihr mit dem Gast auf dem Zimmer, wird der Schlüssel immer von außen stecken gelassen, damit im Ernstfall das Personal behilflich sein kann.
Nach benutzen des Zimmers, dieses bitte sauber und ordentlich verlassen! Sollte keine Zeit dafür sein, bitte dem Personal Bescheid geben.
Bitte auch Limousinen Service anbieten.
Sonstiges: Auf Speisen mit Knoblauch bitte vor und während der Arbeit verzichten! Zwiebeln nur in Verbindung mit einer Zahnbürste zum Zähneputzen!
Teurer Champagner wie Dom, Roederer usw., wird nicht gerührt!
Kippen ist strengstens untersagt!!!
Einfachen Champagner ziehen oder mit Eis trinken, nur wenn der Gast es ausdrücklich erlaubt.
Außerdem bitte niemals ohne Pumps im Hause herum laufen!!!
Beim Gang in den Keller, zur Pause oder auf die Toilette bitte immer dem Barpersonal bescheid geben!
Wir benutzen die Toilette in der 1. Etage.
Außerdem nicht mit brennenden Zigaretten im Haus herum laufen.
Alle 4 Wochen wird der Bockschein vom Gesundheitsamt E1 fällig und beim
Küchenpersonal abgegeben!!!
Die Limousine kann auch als Zimmer angeboten werden.
Niemals andere Frauen auf dem Zimmer stören!!! Niemals an Zimmertüren der dort arbeitenden Kollegin klopfen!!!
Es ist Pflicht, das alle Mädchen in der Bar tanzen!!! Es tanzen immer 2 Mädchen auf der Tanzfläche!!!
Jede Frau muss abwechselnd Sonntags und in der Frühschicht arbeiten.
Bockschein alle 2 Wochen abgeben.
Unklarheiten werden nicht in Anwesenheit des Gastes, mit dem Personal diskutiert, man kann alles am nächsten Tag in Ruhe klären.
Bitte achtet zwischendurch darauf das Ihr Euer Make-Up ect. auffrischt."
Unter dem 09.09.2013 versandte die Antragsgegnerin an die Antragstellerin eine Anhörung. Diese war an die "QS2E2 GmbH, S1straße 00, 00000 E1 adressiert. In der Anhörung unterrichtete die Antragsgegnerin die Antragtellerin über die Absicht, Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 19.455.605, 44 Euro zu erheben. Zur Begründung legte sie im Einzelnen dar, dass nach ihrer Auffassung, die in den Bordellbetrieben der QS2E2 GmbH tätigen Prostituierten entgegen deren bisheriger steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Behandlung keineswegs selbständige Unternehmerinnen gewesen seien, sondern vielmehr Arbeitnehmerinnen nach § 19 EStG und § 7 Abs. 1 SGB IV. Weiter teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, aufgrund einer nach § 28 b Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durchgeführte Betriebsprüfung vom 25.07.2013 bis 20.08.2013 sei beabsichtigt, für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2011 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 19.455.605,44 Euro zu erheben. In der Summe seien Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 7.443.936,50 Euro enthalten.
Die Antragsgegnerin legte die aus ihrer Sicht für diese Einschätzung tragenden Gründe dar. Ferner machte die Antragsgegnerin Ausführungen zur Berechnung der Beiträge und zu den Verjährungsvorschriften. Außerdem wurde beschrieben, aus welchen Gründen nach Auffassung der Antragsgegnerin ein Summenbeitragsbescheid zu erlassen war. Als Anlage wurde eine Aufstellung über die Berechnung der Beiträge seit dem 01.01.2005 bis zum 31.12.2011 beigefügt.
Mit Schreiben vom 15.10.2013, eingegangen per Fax, teilte Rechtsanwältin E3 mit, sie sei von der Antragstellerin, vertreten durch die Geschäftsführerin, mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt worden. Eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung wurde anwaltlich versichert. Gleichzeitig beantragte Rechtsanwältin E3 Einsicht in die Verfahrensakte. Daraufhin schrieb ihr die Antragsgegnerin unter dem 18.10.2013, sie nehme Bezug auf das vorgenannte Schreiben der Rechtsanwältin und verweise diesbezüglich auf die Anhörung vom 09.09.2013 sowie den zwischenzeitlich erlassenen Beitragsbescheid vom 11.10.2013. Darin sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die beitragsrechtlichen Beanstandungen ausschließlich auf den Feststellungen der Steuerfahndung E1 beruhten. Aus diesem Grunde würde gebeten, die beantragte Akteneinsicht an das Finanzamt für Steuersachen und Steuerfahndung E1 zu richten. Am 17.10.2013 ging bei der Antragsgegnerin der Rücklauf des Bescheides vom 11.10.2013 mit dem postalischen Vermerk "Empfänger nicht zu ermitteln" ein. Am 24.10.2013 unterrichtet die Antragsgegnerin die Einzugsstelle (CBKK) darüber, dass der Beitragsbescheid vom 11.10.2013 nicht habe zugestellt werden können. Ebenfalls mit Schreiben vom 24.10.2013 erbat die Antragsgegnerin von Rechtsanwältin E3 unter Hinweis, dass der Bescheid nicht habe zugestellt werden können, die Übersendung einer Vollmacht, um dann die Zustellung an die Rechtsanwältin zu bewirken. Mit Fax-Schreiben vom 05. November 2013 teilte Rechtsanwältin E3 der Antragsgegnerin mit, die Antragstellerin nicht mehr zu vertreten.
Mit Schreiben jeweils vom 15.11.2013 übersandte die Beklagte daraufhin einen nunmehr unter dem 15.11.2013 datierten Bescheid an die Gesellschafter der Antragstellerin U1 N und C1 X jeweils an deren Privatanschrift und unterrichtete den jeweiligen Gesellschafter von der Zustellung auch an den anderen Gesellschafter. Ebenfalls wurde die C2 BKK durch Schreiben vom 15.11.2013 darüber in Kenntnis gesetzt, der Beitragsbescheid vom 11.10.2013 habe unter der Betriebsanschrift der Antragstellerin nicht mehr zugestellt werden können. Von daher sei dieser ersatzweise an die ehemaligen Gesellschafter und faktischen Geschäftsführer U1 N und C1 X zugestellt worden.
In dem Bescheid vom 15.11.2013 wird die seitens der Antragstellerin zu begleichende Nachforderung an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen unverändert in Höhe von 19.455.605,44 Euro gefordert und Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 7.443.936,50 Euro geltend gemacht.
Dazu, dass es sich bei den Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen in den Betriebsstätten der Antragstellerin um abhängig beschäftigte Personen gehandelt habe, führt die Antragsgegnerin im Bescheid u.a. aus:
Die dort tätigen Prostituierten seien weisungsgebunden gewesen, weil sie Ort, Zeit und Inhalt ihrer Tätigkeit nicht selbst hätten bestimmen können. In der Regel erfolge in den Bordellbetrieben eine feste Dienstplaneinteilung. Es sei von den Frauen anzugeben gewesen, wann sie Urlaub nehmen wollten. Darauf würde jeder Bordellbetreiber bestehen, um einen geordneten Betriebsablauf zu gewährleisten.
Auch für den Fall, dass die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit selbst bestimmen könnten, spräche dies nicht gegen eine Unselbständigkeit.
Außer einem gewissen Vergütungsrisiko trügen die Sexarbeiterinnen kein unternehmerisches Risiko. Sollte mangels Kunden kein Verdienst zu erzielen gewesen sein, so handele es sich dabei um ein Arbeitnehmerrisiko besonderer Art.
Arbeitsmittel hätten die Frauen nicht zu beschaffen, auch benötigten sie kein eigenes Kapital. Bei einzelnen Arbeitsmitteln, wie Handtücher und Kondomen usw., handele es sich um untergeordnete Arbeitsmittel.
Bei Abwägung der Gesamtumstände fiele auch nicht ins Gewicht, dass die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen keinen Anspruch auf Urlaub oder auf Fortzahlung im Krankheitsfalle oder auf sonstige Leistungen gehabt hätten.
Von daher müsse beim Vorliegen entsprechender Verhältnisse die gewichtende Abwägung der Merkmale zu dem Ergebnis führen, dass die in Sex- und Saunaclubs tätigen Prostituierten grundsätzlich Arbeitnehmer i.S.d. § 19 EStG i.V.m. § 1 LStDV seien.
Bei den Durchsuchungen der Betriebsräume der Antragstellerin am 03.07.2012 durch die Polizei und die Steuerfahndung seien Aufzeichnungen vorgefunden worden, aus denen hervorginge, dass die Eintrittsgelder sowie die Prostitutionsumsätze aufgezeichnet und damit festgehalten worden seien. Daraus ginge auch hervor, dass u.a. auch Hausbesuche, sogenannte Escortleistungen, angeboten würden. Auch dabei seien die Stundenzahlung sowie die Einnahme aus der Escortleistung genau aufgezeichnet worden.
Gegen eine reine Zimmervermietung spreche, dass fest zugewiesene Zimmer nicht existierten, vielmehr seien die Dienstleistungen in ständig wechselnden Zimmern erbracht worden.
Einen eigenen Arbeitsbereich hätte den Frauen, um selbständig tätig zu werden, jeweils nicht zugestanden, es mangele mithin wie im Fall einer Betriebsstätte um einen eigenrechtlich verfügbaren Bereich.
Ferner seien die Prosituierten im Clubbetrieb arbeitsorganisatorisch in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung wie Arbeitnehmer eingebunden gewesen. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Zeugenaussagen. Sie seien auf die technische Einrichtung wie Räume, sanitäre Einrichtungen, etc. angewiesen gewesen. Die notwendigen Arbeitsmitteln (Zimmer, Bett, Bettwäsche, Toilette etc.) seien von der Antragstellerin gestellt worden. Auch habe eine Kleiderordnung bestanden.
Die Antragstellerin habe Rahmenbedingungen für die Arbeit vorgegeben. Für die jeweiligen sexuellen Dienstleistungen habe ein gestaffelter Leistungskatalog mit festen Preisen vorgelegen. Auch aus Sicht der Kunden sei es die Antragstellerin gewesen, die mit dem Leistungskatalog die Rahmenbedingungen für die sexuellen Dienstleistungen setzte.
So seien Schuldscheine auf den Club bezogen gewesen und nicht auf die die sexuelle Dienstleistung erbringende Prostituierte ausgestellt worden. Die entsprechenden Forderungen seien durch die Antragsgegnerin geltend gemacht und nötigenfalls auch beigetrieben worden. Hierauf hätten die bei der Antragstellerin tätigen Frauen keinen Einfluss nehmen können. Auch sei ggf. ein Schuldschein stets entweder durch das Personal, meist jedoch durch die beiden Gesellschafter abgesegnet worden.
Eine selbständige Preisgestaltung hätte den Prostituierten nicht zugestanden, eine Teilnahme am Preiswettbewerb scheide aus. Die bei der Antragstellerin tätigen Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen seien nach außen als Angestellte der jeweiligen Betriebstätte in Erscheinung getreten, die den Anweisungen des jeweiligen Betreibers Folge zu leisten gehabt hätten.
Die bei der Antragstellerin tätigen Frauen seien auf Dauer und ausschließlich nur in den Clubs tätig gewesen. Selbst seien sie nicht unternehmerisch am Markt aufgetreten. Unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten hätten sie nicht gehabt. Dementsprechend sei auch in bzw. mit entsprechenden Medien nicht für einzelne Prostituierte, sondern für den Club selbst geworben worden.
Der gesamte Zahlungsverkehr (bar oder per Kreditkarte) sei ausschließlich über bestimmte Personen des Clubpersonals erfolgt. Den Prostituierten sei es untersagt gewesen, Zahlungen selbst entgegenzunehmen. Somit hätten die Kunden davon ausgehen müssen, Vertragspartner sei die Antragstellerin und nicht die jeweilige Anbieterin sexueller Dienstleistungen gewesen.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt am 16.12.2013 Widerspruch ein.
Mit ihm bemängelt sie zunächst die Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides. Der mit einfacher Post versandte Bescheid wäre bei Aufgabe zur Post am 15.11.2013 grundsätzlich am 18.11.2013 gegenüber der Antragstellerin bekanntgegeben worden. Dies sei vorliegend aber zu verneinen. Nicht die Gesellschafter U1 N bzw. C1 X seien die zum Empfang berechtigten Organe der Antragstellerin, sondern die Geschäftsführerin, die gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG die GmbH gerichtlich und außergerichtlich vertritt. An letztere sei die Zustellung des Bescheides jedoch nicht erfolgt. Auch sei die einmonatige Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Nach der Rechtsmittelbelehrung könne gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach "Zustellung" Widerspruch erhoben werden. Die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes habe aber sowohl durch Zustellung als auch durch einfachen Brief erfolgen können.
Ferner wird gerügt, dass die Antragstellerin nicht gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vor Erlass des Beitragbescheides angehört worden sei.
Für die Frage, ob es sich bei den in den Geschäftsbetrieben der Antragsgegnerin tätig gewordenen Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen um Arbeitnehmerinnen oder selbständig tätige Personen gehandelt habe, komme es auf das Gesamtbild der Verhältnisse an.
Die Antragsgegnerin und die Prostituierten hätten mit Blick auf die grundrechtlich verankerte Privatautonomie ihrer Vertragsbeziehungen eigenständig regeln können. Dies gelte auch für das Erbringen von Dienstleistungen, welche sowohl auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages als auch eines freien Dienstvertrages geregelt werden könnten. Arbeitsverträge seien nicht geschlossen worden. Vielmehr sei auf sämtliche Pflichten, die die Frauen aufgrund eines Arbeitsvertrages getroffen hätten, verzichtet worden. Persönliche Abhängigkeit bzw. Weisungsgebundenheit hätte somit nicht vorgelegen. Folglich bestünde allenfalls ein Dienstvertragsverhältnis.
Ein Dienstvertrag, nach welchem die Prostituierten die Dienstverpflichteten gewesen wären, sei aber zwischen der Antragstellerin und diesen nicht geschlossen worden. Vielmehr habe ein Verhältnis vorgelegen, nach dem die Antragstellerin Dienstverpflichtete der in ihren Betriebsräumen tätigen Frauen gewesen ist. Die bei der Antragstellerin als Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen tätigen Frauen hätten sich des Equipments der Antragstellerin bedient, wozu u.a. das Unterhalten eines Barbereichs, verschiedene Themenzimmer, Reinigung der Zimmer, Vorhalten von Personal, das die Prostituierten im Fall von Schwierigkeiten mit Freiern zu Seiten steht und/oder bei Unstimmigkeit schlichtet etc. zählt, für ihre selbständige Berufsausübung bedient. Für die vorgenannten Leistungen hätten die Prostituierten eine Vergütung an die Antragstellerin zu zahlen. Gleiches gelte für das angenehme Ambiente, das dem Kunden geboten würde, um mit den Anbieterinnen sexuelle Dienstleistungen in den Betriebsstätten der Antragsstellerin in Kontakt zu kommen. Hierfür, wie auch für die Vermittlungsmöglichkeit im Konfliktfalle durch Personal der Antragstellerin, hätten die Frauen an die Antragstellerin einen Eintritt zu zahlen. Für den Fall, dass ein Kunde Escortleistungen wünscht, hält die Antragstellerin Dienstleistungen wie einen Fahrservice vor, der die Prostituierten und den Kunden jeweils an den vereinbarten Ort befördert und die Frauen im Anschluss wieder zurückfährt. Gegebenenfalls hätten die Frauen auch die Möglichkeit, sich der Hilfe des Fahrers bei etwaigen Auseinandersetzungen mit dem Kunden zu bedienen. Auch hierfür zahlten die Frauen an die insoweit dienstverpflichtete Antragstellerin eine Vergütung.
Eintrittsgelder und Prostitutionsumsätze seien einzig aufgezeichnet worden, um die Höhe der von der jeweiligen Erbringerin sexueller Dienstleistungen an die dienstverpflichtete Widerspruchsführerin zu erbringende Vergütung zu ermitteln. Die Vergütung errechnete sich aus 50 % des Umsatzes. Von daher sei dieser Umstand für die Frage, ob es sich bei den Frauen um Arbeitnehmerinnen oder selbständige Unternehmerinnen gehandelt habe, unerheblich.
Falsch sei, dass sich die Prostituierten im Bar- bzw. Kontaktbereich aufzuhalten hatten, vielmehr hätten sie jederzeit frei entscheiden können, wo sie sich aufhalten wollten. Naturgmeäß war der Aufenthalt im Bar- und Kontaktbereich die beste Möglichkeit, Kunden zu finden und Umsatz zu erzielen. Auch wenn die Frauen über keinen eigenen Arbeitsbereich verfügten, stelle dies kein wichtiges Indiz für eine Unselbständigkeit der Frauen war. Den Frauen wurde vielmehr die Möglichketi eröffnet, je nach sexueller Vorliebe ihrer Kunden unterschiedliche (Themen-) Zimmer zu nutzen, was freilich nur möglich war, wenn die entsprechenden Räume nicht bereits von anderen Frauen genutzt wurden. Die Inanspruchnahme eines fest zugewiesenen Zimmers sei im Rahmen der von der Antragstellerin angebotenen Dienstleistung nicht vorgesehen gewesen.
Die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen seien auch nicht arbeitsorganisatorisch in den Clubbetrieb der Antragstellerin eingegliedert gewesen. Vielmehr hätten diese jeden Tag neu entscheiden können, ob sie in den von der Antragstellerin betriebenen Clubs unter Inanspruchnahme der dort angebotenen Dienstleistungen ihrer Tätigkeit nachgehen wollten. Auch habe es keine Kernarbeitszeit gegeben, vielmehr hätten die Frauen ihre Tätigkeit in den Räumen der Antragstellerin nur während der Öffnungszeiten ausüben können. Vorgaben seien insofern seitens der Antragstellerin nicht gemacht worden.
Zumeist am Ende eines Arbeitstages hätten die Frauen der Antragstellerin stets von sich aus mitgeteilt, an welchen Tagen sie arbeiten wollten. Hierzu lag ein Plan an der Kasse, in dem sich die Prostituierten hätten eintragen können. Die Antragstellerin habe keine Arbeit der Frauen abgerufen. Auch bei Nichterscheinen seien seitens der Antragstellerin keine Strafen ausgesprochen worden, vielmehr sei es nicht gerne gesehen worden, ohne dass dies jedoch zu Sanktionen geführt hätte. Lediglich bei dem fest angestellten Personal (Thekenkräfte, Kellner, Empfangskräfte und Fahrer) hätte eine Dienstplaneinteilung existiert.
Den Prostituierten hatte es auch freigestanden, zu entscheiden, wann und wo sie arbeiten wollten und wann sie die Dienstleistungen der Antragstellerin in Anspruch nehmen wollten. Dass die Frauen ihre Arbeit persönlich erbracht haben und nicht delegierten, läge in der Natur der Sache.
Rahmengbedingungen seien Seiten der Antragstellerin nicht vorgegeben worden. Auch mussten sich die Frauen nicht an einen gestaffelten Leistungskatalog mit festen Preisen der Antragstellerin orientieren. Gäste wurden beim Betreten der Bar durch die Kellner über das gehobene Preisniveau und das Entgelt in Höhe von 150,00 Euro für das "Grundprogramm" informiert. Die Preise seien von den Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen dann selbständig ausgehandelt worden und hätten sich an der Dauer und der Art der vereinbarten Dienstleistung orientiert.
Es sei den in den Betriebsstätten der Antragstellerin tätigen Frauen auch keineswegs verboten gewesen, Zahlungen ihrer Kunden entgegenzunehmen. Entsprechendes sei praktiziert worden. Wenn jedoch Kunden nicht zahlen konnten oder wollten, hätten die Frauen regelmäßig das Personal der Antragstellerin zur Unterstützung hinzugerufen. Schuldscheine seien gegebenenfalls allein auf die jeweilige Prostituierte ausgestellt worden. Anderes sei nur erfolgt, wenn ein Gast seine Getränkerechnung nicht habe begleichen können.
Die "Goldenen Regeln des Hauses" seien in der Praxis nicht zum Einsatz gekommen. Die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen wüssten am besten, in welcher Kleidung die besten Geschäfte zu erzielen wären. Die "Goldenen Regeln" hätten nirgendwo ausgehangen und seien ohnehin nicht rechtlich verbindlich gewesen.
Sowohl Kunden als auch die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen hätten frei entscheiden können, ob und mit wem sie ins Geschäft kommen wollten.
Ein unternehmerisches Risiko der Frauen habe letztlich in der Beschaffung von Arbeitskleidung und Arbeitsmitteln, wie z.B. Vibrator bestanden, sowie einen Kunden zu gewinnen. Letztlich hätten sie ja auch einmal keine Umsätze erzielen können.
Die Antragstellerin erhob ferner die Einrede der Verjährung.
Die mit dem Widerspruch seitens der Antragstellerin beantragte Aussetzung der Vollziehung des Bescheides nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lehnte die Antragsgenerin mit Schreiben vom 2312.2013 ab.
Daraufhin beantrage die Antragstellerin am 20.01.2014 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.
Hierzu wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Sie legt eidesstattliche Versicherungen von der Geschäftsführerin Frau J T1 vom 20.01.2014 und von einem ehemaligen Angestellten der Antragstellerin, Herrn O U2 ebenfalls vom 20.01.2014 vor. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Die Antragstellerin sieht sich ferner durch den Inhalt der Vernehmungsprotokolle von Frau M1 M2, Frau L1 C und Frau Q L2 aus dem vorgenannten Ermittlungsverfahren bestätigt.
Nach Meinung der Antragstellerin läge bei Vollziehung des Bescheides eine unbillige Härte vor. Müsste die Antragstellerin die Nachforderungssumme sofort bzw. innerhalb der von der Einzugsstelle vorgegebenen Frist leisten, hätte dies unweigerlich die Insolvenz zur Folge.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antraggengerin vom 15.11.2013 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 16.12.2013 gegen den Bescheid vom 15.11.2013 abzulehnen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Sie macht geltend, gegen den Bescheid vom 11.10.2013 sei ein Widerspruch nicht eingelegt worden, so dass dieser Bescheid bestandskräftig geworden ist. Mit Schreiben vom 18.10.2013 sei der damaligen Bevollmächtigten Frau Rechtsanwältin E3 die Anhörung vom 09.09.2013 und der Bescheid vom 11.10.2013 übersandt worden. Mit Schreiben vom 24.10.2013 sei der Bevollmächtigen mitgeteilt worden, der Bescheid vom 11.10.2013 habe unter der Bescheidanschrift nicht zugestellt werden können. Daraufhin sei von der damaligen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 05.11.2013 erklärt worden, die rechtlichen Interessen der Antragstellerin nicht mehr zu vertreten. Nach allem sei der Bescheid vom 11.10.2013 in Bestandskraft erwachsen.
Mit Schreiben vom 15.11.2003 sei der bestandskräftige Bescheid vom 11.10.2013 an die Gesellschafter U1 N und C1 X übersandt worden.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, der Widerspruch vom 16.12.2013 gegen den Bescheid vom 15.11.2013 sei unzulässig.
Nach den der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Feststellungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen hätte es sich bei den in den Bordellbetrieben der Antragstellerin tätigen Sexarbeiterinnen entgegen bisheriger steuerlicher Behandlung keineswegs um selbständige Unternehmerinnen, sondern vielmehr um Arbeitnehmerinnen gehandelt. Auf die durch die Finanzverwaltung ermittelten Arbeitsentgelte seien Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen der Arbeitgeber mit Bescheid vom 11.10.2013 erhoben worden. Aus den Ausführungen der Finanzverwaltung in deren Bericht vom 15.07.2013 gehe hervor, dass es sich um abhängige Beschäftigungen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gehandelt habe. Es sei nicht eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich, dass die Widerspruchsführerin mit ihrem Widerspruch Erfolg haben werde. Wenn überhaupt, könne das Widerspruchsverfahren als offen bezeichnet werden, dies reiche für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid nicht aus. Eine unbillige Härte sei nicht ersichtlich. Im Übrigen nimmt die Antragsgegnerin auf den aktenkundigen Bericht des Finanzamtes für Steuerstrafsachen vom 15.07.2013 Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich des Sach- und Streitstandes und des Vorbringen im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig.
Der Bescheid vom 11.10.2013 ist der Antragsgegnerin nicht bekanntgegeben worden. Ein Zugang dieses Bescheides in den Machtbereich der Antragstellerin ist offensichtlich nicht erfolgt. Ausweislich Bl. 166 der Verwaltungsakte ist der Bescheid vom Postzustelldienst zurückgeführt worden, weil der Empfänger nicht ermittelt werden konnte. Der Bescheid vom 11.10.2013 ist gegenüber der Antragstellerin damit nicht wirksam geworden, §§ 39, 37 SGB X. Es ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Behauptung der Antragsgegnerin, dieser Bescheid sei nebst Anhörung Rechtsanwältin E3 mit Schreiben vom 18.10.2013 als Bevollmächtigte der Antragstellerin übersandt worden, nicht belegt ist. Zu Recht weist die Antragtellerin darauf hin, dass das diesbezügliche Vorbringen der Antragsgenerin nicht schlüssig ist. Auch aus der Verwaltungsakte ergibt sich kein Hinweis, wonach der vorgenannte Bescheid vom 11.10.2013 Rechtsanwältin E3 als damalige Bevollmächtigte der Antragstellerin bekanntgegeben worden ist.
Bekannt gegeben wurde demgegenüber der Bescheid vom 15.11.2013.
Zwar weist die Antragstellerin zutreffend darauf hin, dass sie gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG als GmbH gerichtlich und außergerichtlich durch die Geschäftsführung vertreten wird. Formelle Geschäftsführerin war Frau J T. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass der Bescheid vom 15.11.2013 der Antragstellerin vorliegend dennoch wirksam bekanntgegeben worden ist. Zwar waren die Gesellschafter U1 N und C1 X, die jeweils zu 50 % an der Gesellschaft beteiligt waren, keine formellen Geschäftsführer. Jedoch ist unter dem Gesichtspunkt der sogenannten faktischen Geschäftsführung nach Meinung der Kammer eine Bekanntgabe an die Antragstellerin über die vorgenannten Gesellschafter möglich. Als faktischer Geschäftsführer ist derjenige anzusehen, der – ohne formell zum gesetzlichen Vertreter bestellt worden zu sein – den Anschein erweckt, für eine GmbH als Bevollmächtigter oder Verfügungsberechtigter auftreten zu dürfen und als solcher nach außen hin auftritt (BFH – Urteil vom 10.05.1989, 1 R 121/85, vgl. Finanzgericht des Landes Sachsen Anhalt, Beschluss vom 06.08.2017, Az.: 2 V 316/07). Die Gesellschafter N und X erfüllten diese Voraussetzungen. Nach dem Akteninhalt sind sie nach außen auch als Verfügungsberechtigte aufgetreten und dominierten den Geschäftsbetrieb der Antragstellerin in quasi allein maßgeblicher Weise. Wenngleich das Institut des "faktischen Geschäftsführers" in erster Linie bei haftungsrechtlichen Fragen steuerlicher Art zum Tragen kommt, ist es nach Auffassung der Kammer jedoch in einem Fall wie dem vorliegenden gerechtfertigt, jedenfalls bei formal rechtlichen Fragen, wie der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes, nach diesen Grundsätzen eine wirksame Bekanntgabe des Bescheides vom 15.11.2013 über die Gesellschafter als faktische Geschäftsführer der GmbH an die Antragstellerin zu bejahen.
2.1 Der Antrag ist teilweise begründet.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge. Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86 a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass in Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.04.2014 Az.: L 8 R 737/13 B ER).
Insofern ist nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung vorliegend mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid im Hauptsacheverfahren hinsichtlich der geltend gemachten Nachforderungen für die Jahre 2005 bis 2008 als rechtswidrig erweisen wird.
Die Antragstellerin hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Dies gilt auch für die auf die Nachversicherungsbeiträge entfallenden Nebenforderungen, wie u.a. Säumniszuschläge. Werden Beiträge vorsätzlich vorenthalten, so verjähren sie, wie die Nebenleistungen in 30 Jahren, § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Ausreichend ist Handeln mit bedingtem Vorsatz (vgl. BSG Urteil vom 17.04.2008, Az.: B 13 R 123/07 R). Dabei genügt es, dass der Zahlungspflichtige seine Beitragspflicht für möglich hält, jedoch die Nicht- Abführung "billigend in Kauf" nimmt. Eine billigende Inkaufnahme scheidet nur dann aus, wenn der Arbeitgeber ernstlich und nicht nur vage darauf vertraut hat, dass eine Beitragspflicht nicht gegeben ist (vgl. KassKomm/Seewald § 25 SGB IV Rn. 6 m.w.N.). Nicht ausreichend ist Fahrlässigkeit, auch in den Erscheinungsformen der bewussten oder der groben Fahrlässigkeit (vgl. BSG Urteil vom 30.03.2000, Az.: B 12 KR 14/99 R). Zum Vorsatz muss das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt werden, d.h. anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden. Die Feststellungslast (Beweislast) für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige lange Versicherungsfrist beruft (vgl. a.a.O.). Dabei wird Vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden. Vorsatz liegt auch noch nahe, wenn Beiträge für verbreitete "Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne weiteres erkennbare Übereinstimmung besteht. Vorliegend ist die Antragsgegnerin bzw. die für sie handelnden Personen (Gesellschafter und Geschäftsführerin) offensichtlich davon ausgegangen, dass es sich bei den in ihren Betriebsstätten tätigen Sexarbeiterinnen um Selbständige handelt. Nach Auffassung der Kammer kann vorliegend nicht unter dem Gesichtspunkt, dass typisches Arbeitsentgelt geleistet worden ist, auf ein vorsätzliches Handeln geschlossen werden. Dazu weisen die Verhältnisse gegenüber üblichen Beschäftigungsverhältnissen zu große Eigenarten auf. Dass offensichtlich die Überzeugung bei der Geschäftsführerin und insbesondere bei den Gesellschaftern vorherrschte, die dort tätigen Frauen seien keine abhängigen Beschäftigten, wird z.B. dadurch deutlich, dass nach dem Bericht über die Ermittlungsergebnisse der Kriminalhauptkommissarin F der Gesellschafter C1 X öffentlich in einem Interview geäußert hatte, als Bordellbetreiber nur die Basis dafür zu bieten, dass die Mädchen arbeiten können und zwar freiwillig Ferner hat die Zeugin Q L2, bei der es sich um eine langjährige Weggefährtin und Managerin des Gesellschafters C1 X handeln soll, im Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einer in den Betriebsstätten der Antragstellerin tätigen Frau geäußert, bei ihr tue sich ein großes Fragezeichen auf, das freischaffende, selbständige Prostituierte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssten, dies sei für sie unverständlich, dies wäre ja sittenwidrig.
Es erscheint somit hinreichend zweifelhaft, dass die für die Antragstellerin handelnden Organe bzw. die Gesellschafter selbst eine Beitragspflicht zumindest für möglich gehalten hatten. Es ist wenigstens genauso gut möglich, dass die Gesellschafter bzw. die für die Antragstellerin handelenden Organe davon überzeugt waren, nach dem Geschäftsmodell der Antragstellerin seien bei den Sexarbeiterinnen abhängige Beschäftigungsverhältnisse und damit eine Beitragspflicht zu verneinen. Damit ist sehr fraglich, ob das für den Vorsatz erforderliche Wissenselement im Falle der für die Antragstellerin handelnden Organe bzw. bei den Gesellschaftern zu bejahen ist.
Schließlich ist auch im Bericht vom 15. Juli 2013 über die steuerlichen Feststellungen, U3a.0, aufgeführt, dass die in den Bordellbetrieben der Antragstellerin tätigen Prostituierten entgegen deren bisheriger steuerlicher Behandlung keineswegs selbständige Unternehmerinnen, sondern vielmehr Arbeitnehmerinnen im Sinne des Einkommenssteuerrechts waren. Somit war die bisherige langjährige steuerrechtliche Beurteilung für sich ebenfalls kein Umstand, nach denen die Organe bzw. die Gesellschafter der Antragstellerin von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen auszugehen hatten, eher ist das Gegenteil der Fall. Entsprechende Prüfberichte- /bescheide der Finanzbehörde wurden während des Prüfzeitraums offensichtlich nicht erteilt.
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Geschäftsmodell der Antragstellerin in den Medien oder an "Tagen der Offenen Tür" jedenfalls in Teilen wiederholt öffentlich gemacht worden ist. Sollten die Organe der Antragstellerin damit gerechnet haben, Sexarbeiterinnen mit den steuer- und sozialrechtlichen Folgen möglicherweise abhängig zu beschäftigen, hätten sie eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit wohl eher unterlassen.
2.2
Ansonsten sind hinreichende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 15.11.2013, die ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher machten als ein Unterliegen, nicht begründet.
So kann nicht davon ausgegangen werden, dass der angegriffene Bescheid mangels wirksamer Anhörung nach § 24 SGB X formell rechtswidrig ist. Die Antragstellerin behauptet, die Anhörung sei ihr nicht zugegangen. Die Antragsgegnerin hatte ausweislich des Akteninhalts die Anhörung vom 09.09.2013 an die Geschäftsanschrift der Antragstellerin versandt. Ein Rücklauf dieses Schreibens ist nicht zu verzeichnen. Die Antragstellerin selbst trägt vor und stellt unter Beweis, dass sie unter der Geschäftsanschrift QS2E2 GmbH, S1straße 00, 00000 E1 unverändert postalisch erreichbar war und ist. Anhaltspunkte, wonach die Regelmäßigkeit des Postlaufs hätte gestört sein können, finden sich nicht. Entsprechendes hat die Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Als gewichtiges Indiz für den Zugang der Anhörung ist jedoch der Umstand zu werten, dass die seinerzeitig Bevollmächtigte, Rechtsanwältin E3, sich am 15.10.2013 für die Antragstellerin bestellte und in dem Bestellungsschreiben unter Angabe des Aktenzeichens der Antragsgegnerin mitteilte, die Antragstellerin habe sie mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt. Der zeitliche Zusammenhang der Vorgänge lässt darauf schließen, dass die Antragsstellerin aufgrund des Anhörungsschreibens vom 09.09.2013 sich veranlasst sah, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Damit ist von einer ordnungsgemäßen Anhörung i.S.d. § 24 SGB X auszugehen.
Zur Überzeugung der Kammer sprechen ferner gewichtige Umstände für eine Tätigkeit der Sexarbeiterinnen in den Betriebsstätten der Antragstellerin als abhängig Beschäftigte.
Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Voraussetzung für eine Beschäftigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder Selbständig ist, richtet sich ausgehend von dem genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 08.04.2014, Az.: L 8 R 737/13 B ER m.w.N.). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Diese Grundsätze werden durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (ProstG) vom 20.12.2001 modifiziert (vgl. Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 26.03.2009, Az.: L 1 KR 331/08 B ER). Artikel 1 § 1 ProstG regelt in Satz 1 nicht nur (die zivilrechtliche) Wirksamkeit des Vergütungsanspruchs. Mit Satz 2 wird für das Sozialversicherungsrecht klargestellt, dass Prostitution sowohl selbständig als auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit allen sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen ausgeübt werden kann. Die Tätigkeit, auf die sich die Prüfung des Vorliegens einer Beschäftigung bezieht, ist dabei jedoch nicht die sexuelle Handlung selbst, sondern dass sich die Prostituierte für die Erbringung derartiger Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt für eine bestimmte Zeitdauer "bereithält" (Art. § 1 Satz 2 Letzter Halbsatz ProstG). Konsequent regelt Art. 1 § 3 ProstG, dass bei Prostituierten das eingeschränkte Weisungsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht entgegensteht. Artikel 1 § 1 Satz 2 und § 3 ProstG wirken sich bei der Anwendung des § 7 Abs. 1 SGB IV auf die vorzunehmende Gewichtung der typusbildenden Merkmale aus (vgl. Hessisches Landessozialgericht a.a.O.). Von erheblicher Bedeutung für ein Beschäftigungsverhältnis ist die Vereinbarung bzw. die tatsächliche Handhabung des "Bereithaltens" zu sexuellen Handlungen. Dabei kommt der Vergütungsstruktur mit einem Vergütungsanteil bereits für das Bereithalten und einer hierauf bezogenen Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers zentrale Bedeutung zu. Sind Indizien für ein Weisungsrecht nur gering ausgeprägt, so spricht dies allein noch nicht mit erheblichem Gewicht gegen eine Beschäftigung bzw. auch nicht für Selbständigkeit. Nach der gesetzlichen Wertung stehen Prostitution als Beschäftigung und Prostitution als selbständige Tätigkeit abstrakt gleichrangig nebeneinander.
Damit ist es für die Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses ohne Belang, dass das Weisungsrecht der Antragstellerin, ob, mit wem und auf welche Weise eine bei ihr tätige Sexarbeiterin sexuelle Dienstleistungen erbringt, insoweit eingeschränkt ist und nach dem Vorbringen der Antragstellerin von ihr auch nicht ausgeübt wurde.
Die aktenkundigen Vernehmungsprotokolle im strafrechtlichen Verfahren lassen zunächst nicht erkennen, dass die Antragstellerin mit den jeweiligen Sexarbeiterinnen eine Vereinbarung getroffen hatte, wonach allein für das "Bereithalten" für sexuelle Dienstleistungen seitens der Antragstellerin ein Entgelt gezahlt worden wäre. Von daher bestand durchaus die theoretische Möglichkeit, dass eine dort tätige Frau mangels Kunden während der Zeit ihrer Anwesenheit keinen Verdienst erzielte und einem entsprechenden Unternehmerrisiko ausgesetzt war. Dieser Gesichtspunkt spricht eher für eine selbständige Tätigkeit.
Jedoch überwiegen nach Auffassung der Kammer die Indizien, die für ein Direktionsrecht der Antragstellerin und eine Eingliederung in deren Betriebsorganisation sprechen.
Selbst wenn die sogenannten Goldenen Regeln nicht aushingen oder als solche nicht Gegenstand einer Absprache zwischen der Antragstellerin und den dort tätigen Frauen gewesen waren, ergibt sich aus dem Inhalt der Vernehmungsprotokolle, dass den bei der Antragstellerin tätigen Sexarbeiterinnen durchweg die Einhaltung dieser Regeln abverlangt worden war.
Dies widerspricht der Darstellung der Antragstellerin, sie selbst habe den Status der Dienstverpflichteten gegenüber den Sexarbeiterinnen innegehabt und diese seien keinen Weisungen unterworfen gewesen.
So hat die Zeugin L2 detailliert dargelegt, welche Verhaltensregeln den Erbringerinnen sexueller Dienstleistungen in den Betriebsstätten der Antragtellerin auferlegt worden waren.
So war danach verbindlich geregelt, welche Eigenschaften die Kleidung der dort tätigen Frauen aufzuweisen hatte.
Ebenso war der zeitliche Rahmen, innerhalb dessen die dort tätigen Frauen anwesend zu sein hatten, nach der Aussage der Zeugin L2 vorbestimmt und in aller Regel einzuhalten. Dies wird durch die Aussagen nahezu aller Zeuginnen und Beschuldigten bestätigt.
Ferner ist nach den Aussagen der vernommenen Frauen davon auszugehen, dass die bei der Antragstellerin tätigen Sexarbeiterinnen selbst keine Zahlungen der Kunden entgegennehmen konnten bzw. durften. Sowohl die Barzahlung als auch Zahlungen per Kreditkarte liefen über die Antragstellerin. Erst bei Schichtende erhielt die jeweilige Sexarbeiterin ihren Anteil nach Abzug diverser Posten durch das Personal der Antragstellerin ausgezahlt.
Die Zeugin L2 hat in ihrer Vernehmung letztlich bekundet, dass die sogenannten "Goldenen Regeln" des Hauses, nachdem sie diese durchgelesen hatte, zu 100% den tatsächlich praktizierten Hausregeln entsprochen hätten. Gründe, diese Aussage anzuzweifeln, sieht die Kammer nicht, insbesondere auch deshalb, weil die weiteren aktenkundigen Aussagen der Zeuginnen bzw. Beschuldigten diese Darlegung stützen.
Anzunehmen ist auch, dass die bei der Antragstellerin tätigen Sexarbeiterinnen keine sexuellen Dienstleistungen außerhalb der Organisation des Betriebes der Antragstellerin bringen durften und es ihnen untersagt war, mit Kunden private Kontakte zu knüpfen , wenn sie bei die Antragstellerin tätig waren (Beschuldigtenvernehmung der Frau F1 D und von Frau L3 F2-T2, jeweils vom 03.07.2012).
Ferner war geregelt, sobald Gäste eintrafen, hatte die Anwesenheit im Barbereich zu erfolgen. Zudem wurde seitens der Antragstellerin gefordert, dass alle Frauen bei Anwesenheit von Kunden, ggf. im Wechsel, zu tanzen hatten.
Zusammengefasst lassen sämtliche Zeugenaussagen erkennen, dass die Bedingungen, unter denen die Frauen in den Betriebsstätten der Antragsgegnerin sexuelle Dienstleistungen erbracht hatten, einem weitreichenden und detaillierten, von der Antragstellerin vorgegebenen, Regelungswerk unterworfen waren. Eigene unternehmerische Gestaltungsspielräume standen den dort tätigen Sexarbeiterinnen nicht zu. Es ist nach Auffassung der Kammer durch den Inhalt der aktenkundigen Vernehmungsprotokolle hinreichend belegt, dass die Arbeitsweise der in den Betriebsstätten tätigen Frauen in erheblichem Maße durch die Antragstellerin bestimmt wurde, wobei die Erbringung sexueller Dienstleistungen als solche außer Betracht zu bleiben hat. Zuwiderhandlungen wurden offenbar mit Sanktionen belegt, wie sich aus den Schilderungen in den Vernehmungsprotokollen ergibt.
Damit ist nach summarischer Prüfung ein umfängliches Direktionsrecht der Antragstellerin, das einer selbständigen Tätigkeit der Sexarbeiterinnen entgegensteht, zu bejahen. Die als Beschuldigte oder Zeuginnen vernommenen Frauen haben die relevanten Einzelheiten im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Antragstellerin im Kern übereinstimmend geschildert.
Nach Vorstehenden spricht nach summarischer Prüfung auch mehr dafür als dagegen, dass die bei der Antragstellerin als Sexarbeiterinnen tätigen Frauen in deren Betriebsorganisation eingegliedert waren. Die Geschäftsführer verfolgten mit ihren Betrieben ein bestimmtes, auf gehobene Ansprüche ausgerichtetes Geschäftsmodell. Hierzu wurden Erbringerinnen sexueller Dienstleistungen als abhängig Beschäftigte (ggf. unständig) in Anspruch genommen.
Schließlich mussten die bei der Antragtellerin tätigen Erbringerinnen sexueller Dienstleistungen auch nach außen, namentlich gegenüber Kunden, als deren Angestellte aufgefasst werden.
Demgegenüber vermögen die von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, mit denen im Wesentlichen gegenteiliges bekundet wird, nicht zu überzeugen. Gründe, weshalb die hier relevanten, in wesentlichen Punkten übereinstimmenden Ausführungen der Frauen in den Protokollen aus dem steuerrechtlichen und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren den Tatsachen nicht entsprochen haben sollten, sind jedenfalls nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der Berechnung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge lässt sich bei summarischer Betrachtung nicht feststellen, dass diese fehlerhaft erfolgt sein soll.
Im verbliebenen Rahmen ist nicht erkennbar, dass die sofortige Vollziehung der geltend gemachten Forderung für die Jahre 2009, 2010 und 2011 nebst Säumniszuschlägen für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde. Die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für die Antragstellerin verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Im Interesse auf die mit der Beitragsnachforderung verbundenen berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft sowie der einzelnen Versicherten, kann vielmehr gerade bei bestehender oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Beitragsschuldners eine alsbaldige Beitreibung geboten sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes berücksichtigt, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur 1/4 des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist.
Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen.
Die Antragsgegenerin trägt 4/7, die Antragstellerin trägt 3/7 der Verfahrenskosten.
Der Streitwert wird auf 4.863.901,36 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen einen Beitragsnachforderungsbescheid vom 15.11.2013 aufgrund einer Betriebsprüfung in der Zeit vom 25.07.2013 bis 20.08.2013 und den darin erfolgten Festsetzungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen. Der Prüfzeitraum erstreckt sich vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2011.
Der Bescheid basiert auf dem im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf unter dem Az.: 50 Js 139/12 festgestellten Sachverhalt. Die Feststellungen der Steuerfahndung E1 wurden der Antragsgenerin zur sozialrechtlichen Auswertung übermittelt (Az. der Steuerfahndung E: 5181/2012/01351-1-579-22 50 Js 139/12).
In den Betriebsräumen der Antragstellerin in den Häusern Nr. 00, 00 und 00 in der Sstraße in E erbringen Frauen sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt für die dort verkehrenden Gäste.
Gesellschafter der Antragstellerin sind zu gleichen Teilen Herr U1 N und Herr C1 X. Als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin ist Frau J T1 seit dem 08.10.2010 im Handelsregister eingetragen.
Die Antragstellerin hält in den dortigen Gebäuden entsprechende sächliche Einrichtungen, wie z.B. einen Barbereich sowie u.a. unterschiedlich gestaltete sogenannte Themenzimmer vor, in denen die sexuellen Dienstleistungen erbracht wurden. Für den Servicebereich (z.B. Barbetrieb, Sicherheit, Zimmerreinigung) beschäftigte die Antragstellerin festangestellte Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen. Ferner existierte ein Escortservice mit Fahrdienst, wenn seitens eines Gastes sexuelle Dienstleistungen außerhalb der Betriebsstätten der Antragstellerin gewünscht wurden.
Der Antragsgegnerin wurden Aktenauszüge aus dem vorgenannten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sowie Unterlagen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E1 übersandt. Neben dem steuerlichen Ermittlungsbericht vom 15.07.2013, geändert durch Bericht vom 29.07.2013, waren dies Vernehmungsprotokolle von Beschuldigten und Zeugen sowie von sichergestellten Asservaten.
Unter anderem fanden sich auf einer Festplatte gespeichert sogenannte "Goldenen Regeln des Hauses". Diese lauteten wie folgt:
Arbeitszeit: 20 Uhr bzw. 21 Uhr bis 6 Uhr morgens (Wochenende bis 6:30 Uhr)
Arbeitstage: nach Absprache, kein "Frei" in der Messezeit
Urlaub bitte früh genug anmelden.
Mindestens 2 Sonntage im Monat, Messesonntage zählen nicht dazu.
Wir kommen um 20 Uhr geschminkt und umgezogen zur Arbeit. Frauen die außerhalb von E
wohnen, kommen um 21 Uhr.
Wer am Morgen länger arbeitet, spricht mit dem Personal die Anfangszeit für den nächsten Tag ab.
Mittwochs und Freitags ist Dessous Party. Bitte entsprechend kleiden.
Wir benutzen immer die Toilette in der 1. Etage, auch wenn kein Gast im Hause ist.
Ausstattung: Wir bitten um Profiausstattung!
Das bedeutet: Garderobe Außer Haus (Kostüm oder Hosenanzug)
Keine Jeans! Ein Kleid zum wechseln. Dessous, halterlose Strümpfe, Vibrator.
Bitte darauf achten, dass nicht alle Frauen in Schwarz -, weiß oder anderen Farben einheitlich gekleidet sind.
Arbeit in der Bar: Wenn es klingelt, müssen alle Frauen sofort in die Bar!
Dort wird für gute Laune und Bewegung gesorgt. Dem Gast wird Zeit gelassen, bis er sein 1. Getränk bekommen hat!
Unsere Gäste werden mit "Sie" angesprochen.
Alle Bestellungen von Getränken, Zimmer, Außer Haus Deal oder Limousinen Service, Bargeld, oder Kreditkarte bitte nur über das Personal abwickeln!
Wir akzeptieren: Diners, Visa, Euro Card, Master Card und Devisen.
Bitte niemals den Gast alleine im Haus herumlaufen lassen! Der Gast wird auch bis zur Toilette begleitet.
Neuen Gästen immer die Zimmer zeigen!
In der Bar nicht in Gruppen oder in der V.I.P – Ecke sitzen.
Bitte unbedingt beachten: Kaugummi, Käse, Nüsse, Obstteller usw. nicht in der Bar essen!!!
Kauende Frauen sehen nicht besonders anziehend aus. Den Gast füttern!
Auf dem Zimmer: Den Gast bitte niemals alleine im Zimmer lassen! Falls Wünsche geäußert werden möchten (z.B. Verlängerung, Getränke, usw.)
bitte das Haustelefon (Nr. 0) benutzen. Das Personal kommt sofort und ist euch behilflich.
Geht ihr mit dem Gast zur Dusche, wird das Zimmer abgeschlossen und der Schlüssel mitgenommen. Seit ihr mit dem Gast auf dem Zimmer, wird der Schlüssel immer von außen stecken gelassen, damit im Ernstfall das Personal behilflich sein kann.
Nach benutzen des Zimmers, dieses bitte sauber und ordentlich verlassen! Sollte keine Zeit dafür sein, bitte dem Personal Bescheid geben.
Bitte auch Limousinen Service anbieten.
Sonstiges: Auf Speisen mit Knoblauch bitte vor und während der Arbeit verzichten! Zwiebeln nur in Verbindung mit einer Zahnbürste zum Zähneputzen!
Teurer Champagner wie Dom, Roederer usw., wird nicht gerührt!
Kippen ist strengstens untersagt!!!
Einfachen Champagner ziehen oder mit Eis trinken, nur wenn der Gast es ausdrücklich erlaubt.
Außerdem bitte niemals ohne Pumps im Hause herum laufen!!!
Beim Gang in den Keller, zur Pause oder auf die Toilette bitte immer dem Barpersonal bescheid geben!
Wir benutzen die Toilette in der 1. Etage.
Außerdem nicht mit brennenden Zigaretten im Haus herum laufen.
Alle 4 Wochen wird der Bockschein vom Gesundheitsamt E1 fällig und beim
Küchenpersonal abgegeben!!!
Die Limousine kann auch als Zimmer angeboten werden.
Niemals andere Frauen auf dem Zimmer stören!!! Niemals an Zimmertüren der dort arbeitenden Kollegin klopfen!!!
Es ist Pflicht, das alle Mädchen in der Bar tanzen!!! Es tanzen immer 2 Mädchen auf der Tanzfläche!!!
Jede Frau muss abwechselnd Sonntags und in der Frühschicht arbeiten.
Bockschein alle 2 Wochen abgeben.
Unklarheiten werden nicht in Anwesenheit des Gastes, mit dem Personal diskutiert, man kann alles am nächsten Tag in Ruhe klären.
Bitte achtet zwischendurch darauf das Ihr Euer Make-Up ect. auffrischt."
Unter dem 09.09.2013 versandte die Antragsgegnerin an die Antragstellerin eine Anhörung. Diese war an die "QS2E2 GmbH, S1straße 00, 00000 E1 adressiert. In der Anhörung unterrichtete die Antragsgegnerin die Antragtellerin über die Absicht, Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 19.455.605, 44 Euro zu erheben. Zur Begründung legte sie im Einzelnen dar, dass nach ihrer Auffassung, die in den Bordellbetrieben der QS2E2 GmbH tätigen Prostituierten entgegen deren bisheriger steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Behandlung keineswegs selbständige Unternehmerinnen gewesen seien, sondern vielmehr Arbeitnehmerinnen nach § 19 EStG und § 7 Abs. 1 SGB IV. Weiter teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, aufgrund einer nach § 28 b Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durchgeführte Betriebsprüfung vom 25.07.2013 bis 20.08.2013 sei beabsichtigt, für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2011 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 19.455.605,44 Euro zu erheben. In der Summe seien Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 7.443.936,50 Euro enthalten.
Die Antragsgegnerin legte die aus ihrer Sicht für diese Einschätzung tragenden Gründe dar. Ferner machte die Antragsgegnerin Ausführungen zur Berechnung der Beiträge und zu den Verjährungsvorschriften. Außerdem wurde beschrieben, aus welchen Gründen nach Auffassung der Antragsgegnerin ein Summenbeitragsbescheid zu erlassen war. Als Anlage wurde eine Aufstellung über die Berechnung der Beiträge seit dem 01.01.2005 bis zum 31.12.2011 beigefügt.
Mit Schreiben vom 15.10.2013, eingegangen per Fax, teilte Rechtsanwältin E3 mit, sie sei von der Antragstellerin, vertreten durch die Geschäftsführerin, mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt worden. Eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung wurde anwaltlich versichert. Gleichzeitig beantragte Rechtsanwältin E3 Einsicht in die Verfahrensakte. Daraufhin schrieb ihr die Antragsgegnerin unter dem 18.10.2013, sie nehme Bezug auf das vorgenannte Schreiben der Rechtsanwältin und verweise diesbezüglich auf die Anhörung vom 09.09.2013 sowie den zwischenzeitlich erlassenen Beitragsbescheid vom 11.10.2013. Darin sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die beitragsrechtlichen Beanstandungen ausschließlich auf den Feststellungen der Steuerfahndung E1 beruhten. Aus diesem Grunde würde gebeten, die beantragte Akteneinsicht an das Finanzamt für Steuersachen und Steuerfahndung E1 zu richten. Am 17.10.2013 ging bei der Antragsgegnerin der Rücklauf des Bescheides vom 11.10.2013 mit dem postalischen Vermerk "Empfänger nicht zu ermitteln" ein. Am 24.10.2013 unterrichtet die Antragsgegnerin die Einzugsstelle (CBKK) darüber, dass der Beitragsbescheid vom 11.10.2013 nicht habe zugestellt werden können. Ebenfalls mit Schreiben vom 24.10.2013 erbat die Antragsgegnerin von Rechtsanwältin E3 unter Hinweis, dass der Bescheid nicht habe zugestellt werden können, die Übersendung einer Vollmacht, um dann die Zustellung an die Rechtsanwältin zu bewirken. Mit Fax-Schreiben vom 05. November 2013 teilte Rechtsanwältin E3 der Antragsgegnerin mit, die Antragstellerin nicht mehr zu vertreten.
Mit Schreiben jeweils vom 15.11.2013 übersandte die Beklagte daraufhin einen nunmehr unter dem 15.11.2013 datierten Bescheid an die Gesellschafter der Antragstellerin U1 N und C1 X jeweils an deren Privatanschrift und unterrichtete den jeweiligen Gesellschafter von der Zustellung auch an den anderen Gesellschafter. Ebenfalls wurde die C2 BKK durch Schreiben vom 15.11.2013 darüber in Kenntnis gesetzt, der Beitragsbescheid vom 11.10.2013 habe unter der Betriebsanschrift der Antragstellerin nicht mehr zugestellt werden können. Von daher sei dieser ersatzweise an die ehemaligen Gesellschafter und faktischen Geschäftsführer U1 N und C1 X zugestellt worden.
In dem Bescheid vom 15.11.2013 wird die seitens der Antragstellerin zu begleichende Nachforderung an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen unverändert in Höhe von 19.455.605,44 Euro gefordert und Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 7.443.936,50 Euro geltend gemacht.
Dazu, dass es sich bei den Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen in den Betriebsstätten der Antragstellerin um abhängig beschäftigte Personen gehandelt habe, führt die Antragsgegnerin im Bescheid u.a. aus:
Die dort tätigen Prostituierten seien weisungsgebunden gewesen, weil sie Ort, Zeit und Inhalt ihrer Tätigkeit nicht selbst hätten bestimmen können. In der Regel erfolge in den Bordellbetrieben eine feste Dienstplaneinteilung. Es sei von den Frauen anzugeben gewesen, wann sie Urlaub nehmen wollten. Darauf würde jeder Bordellbetreiber bestehen, um einen geordneten Betriebsablauf zu gewährleisten.
Auch für den Fall, dass die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit selbst bestimmen könnten, spräche dies nicht gegen eine Unselbständigkeit.
Außer einem gewissen Vergütungsrisiko trügen die Sexarbeiterinnen kein unternehmerisches Risiko. Sollte mangels Kunden kein Verdienst zu erzielen gewesen sein, so handele es sich dabei um ein Arbeitnehmerrisiko besonderer Art.
Arbeitsmittel hätten die Frauen nicht zu beschaffen, auch benötigten sie kein eigenes Kapital. Bei einzelnen Arbeitsmitteln, wie Handtücher und Kondomen usw., handele es sich um untergeordnete Arbeitsmittel.
Bei Abwägung der Gesamtumstände fiele auch nicht ins Gewicht, dass die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen keinen Anspruch auf Urlaub oder auf Fortzahlung im Krankheitsfalle oder auf sonstige Leistungen gehabt hätten.
Von daher müsse beim Vorliegen entsprechender Verhältnisse die gewichtende Abwägung der Merkmale zu dem Ergebnis führen, dass die in Sex- und Saunaclubs tätigen Prostituierten grundsätzlich Arbeitnehmer i.S.d. § 19 EStG i.V.m. § 1 LStDV seien.
Bei den Durchsuchungen der Betriebsräume der Antragstellerin am 03.07.2012 durch die Polizei und die Steuerfahndung seien Aufzeichnungen vorgefunden worden, aus denen hervorginge, dass die Eintrittsgelder sowie die Prostitutionsumsätze aufgezeichnet und damit festgehalten worden seien. Daraus ginge auch hervor, dass u.a. auch Hausbesuche, sogenannte Escortleistungen, angeboten würden. Auch dabei seien die Stundenzahlung sowie die Einnahme aus der Escortleistung genau aufgezeichnet worden.
Gegen eine reine Zimmervermietung spreche, dass fest zugewiesene Zimmer nicht existierten, vielmehr seien die Dienstleistungen in ständig wechselnden Zimmern erbracht worden.
Einen eigenen Arbeitsbereich hätte den Frauen, um selbständig tätig zu werden, jeweils nicht zugestanden, es mangele mithin wie im Fall einer Betriebsstätte um einen eigenrechtlich verfügbaren Bereich.
Ferner seien die Prosituierten im Clubbetrieb arbeitsorganisatorisch in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung wie Arbeitnehmer eingebunden gewesen. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Zeugenaussagen. Sie seien auf die technische Einrichtung wie Räume, sanitäre Einrichtungen, etc. angewiesen gewesen. Die notwendigen Arbeitsmitteln (Zimmer, Bett, Bettwäsche, Toilette etc.) seien von der Antragstellerin gestellt worden. Auch habe eine Kleiderordnung bestanden.
Die Antragstellerin habe Rahmenbedingungen für die Arbeit vorgegeben. Für die jeweiligen sexuellen Dienstleistungen habe ein gestaffelter Leistungskatalog mit festen Preisen vorgelegen. Auch aus Sicht der Kunden sei es die Antragstellerin gewesen, die mit dem Leistungskatalog die Rahmenbedingungen für die sexuellen Dienstleistungen setzte.
So seien Schuldscheine auf den Club bezogen gewesen und nicht auf die die sexuelle Dienstleistung erbringende Prostituierte ausgestellt worden. Die entsprechenden Forderungen seien durch die Antragsgegnerin geltend gemacht und nötigenfalls auch beigetrieben worden. Hierauf hätten die bei der Antragstellerin tätigen Frauen keinen Einfluss nehmen können. Auch sei ggf. ein Schuldschein stets entweder durch das Personal, meist jedoch durch die beiden Gesellschafter abgesegnet worden.
Eine selbständige Preisgestaltung hätte den Prostituierten nicht zugestanden, eine Teilnahme am Preiswettbewerb scheide aus. Die bei der Antragstellerin tätigen Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen seien nach außen als Angestellte der jeweiligen Betriebstätte in Erscheinung getreten, die den Anweisungen des jeweiligen Betreibers Folge zu leisten gehabt hätten.
Die bei der Antragstellerin tätigen Frauen seien auf Dauer und ausschließlich nur in den Clubs tätig gewesen. Selbst seien sie nicht unternehmerisch am Markt aufgetreten. Unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten hätten sie nicht gehabt. Dementsprechend sei auch in bzw. mit entsprechenden Medien nicht für einzelne Prostituierte, sondern für den Club selbst geworben worden.
Der gesamte Zahlungsverkehr (bar oder per Kreditkarte) sei ausschließlich über bestimmte Personen des Clubpersonals erfolgt. Den Prostituierten sei es untersagt gewesen, Zahlungen selbst entgegenzunehmen. Somit hätten die Kunden davon ausgehen müssen, Vertragspartner sei die Antragstellerin und nicht die jeweilige Anbieterin sexueller Dienstleistungen gewesen.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt am 16.12.2013 Widerspruch ein.
Mit ihm bemängelt sie zunächst die Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides. Der mit einfacher Post versandte Bescheid wäre bei Aufgabe zur Post am 15.11.2013 grundsätzlich am 18.11.2013 gegenüber der Antragstellerin bekanntgegeben worden. Dies sei vorliegend aber zu verneinen. Nicht die Gesellschafter U1 N bzw. C1 X seien die zum Empfang berechtigten Organe der Antragstellerin, sondern die Geschäftsführerin, die gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG die GmbH gerichtlich und außergerichtlich vertritt. An letztere sei die Zustellung des Bescheides jedoch nicht erfolgt. Auch sei die einmonatige Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Nach der Rechtsmittelbelehrung könne gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach "Zustellung" Widerspruch erhoben werden. Die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes habe aber sowohl durch Zustellung als auch durch einfachen Brief erfolgen können.
Ferner wird gerügt, dass die Antragstellerin nicht gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vor Erlass des Beitragbescheides angehört worden sei.
Für die Frage, ob es sich bei den in den Geschäftsbetrieben der Antragsgegnerin tätig gewordenen Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen um Arbeitnehmerinnen oder selbständig tätige Personen gehandelt habe, komme es auf das Gesamtbild der Verhältnisse an.
Die Antragsgegnerin und die Prostituierten hätten mit Blick auf die grundrechtlich verankerte Privatautonomie ihrer Vertragsbeziehungen eigenständig regeln können. Dies gelte auch für das Erbringen von Dienstleistungen, welche sowohl auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages als auch eines freien Dienstvertrages geregelt werden könnten. Arbeitsverträge seien nicht geschlossen worden. Vielmehr sei auf sämtliche Pflichten, die die Frauen aufgrund eines Arbeitsvertrages getroffen hätten, verzichtet worden. Persönliche Abhängigkeit bzw. Weisungsgebundenheit hätte somit nicht vorgelegen. Folglich bestünde allenfalls ein Dienstvertragsverhältnis.
Ein Dienstvertrag, nach welchem die Prostituierten die Dienstverpflichteten gewesen wären, sei aber zwischen der Antragstellerin und diesen nicht geschlossen worden. Vielmehr habe ein Verhältnis vorgelegen, nach dem die Antragstellerin Dienstverpflichtete der in ihren Betriebsräumen tätigen Frauen gewesen ist. Die bei der Antragstellerin als Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen tätigen Frauen hätten sich des Equipments der Antragstellerin bedient, wozu u.a. das Unterhalten eines Barbereichs, verschiedene Themenzimmer, Reinigung der Zimmer, Vorhalten von Personal, das die Prostituierten im Fall von Schwierigkeiten mit Freiern zu Seiten steht und/oder bei Unstimmigkeit schlichtet etc. zählt, für ihre selbständige Berufsausübung bedient. Für die vorgenannten Leistungen hätten die Prostituierten eine Vergütung an die Antragstellerin zu zahlen. Gleiches gelte für das angenehme Ambiente, das dem Kunden geboten würde, um mit den Anbieterinnen sexuelle Dienstleistungen in den Betriebsstätten der Antragsstellerin in Kontakt zu kommen. Hierfür, wie auch für die Vermittlungsmöglichkeit im Konfliktfalle durch Personal der Antragstellerin, hätten die Frauen an die Antragstellerin einen Eintritt zu zahlen. Für den Fall, dass ein Kunde Escortleistungen wünscht, hält die Antragstellerin Dienstleistungen wie einen Fahrservice vor, der die Prostituierten und den Kunden jeweils an den vereinbarten Ort befördert und die Frauen im Anschluss wieder zurückfährt. Gegebenenfalls hätten die Frauen auch die Möglichkeit, sich der Hilfe des Fahrers bei etwaigen Auseinandersetzungen mit dem Kunden zu bedienen. Auch hierfür zahlten die Frauen an die insoweit dienstverpflichtete Antragstellerin eine Vergütung.
Eintrittsgelder und Prostitutionsumsätze seien einzig aufgezeichnet worden, um die Höhe der von der jeweiligen Erbringerin sexueller Dienstleistungen an die dienstverpflichtete Widerspruchsführerin zu erbringende Vergütung zu ermitteln. Die Vergütung errechnete sich aus 50 % des Umsatzes. Von daher sei dieser Umstand für die Frage, ob es sich bei den Frauen um Arbeitnehmerinnen oder selbständige Unternehmerinnen gehandelt habe, unerheblich.
Falsch sei, dass sich die Prostituierten im Bar- bzw. Kontaktbereich aufzuhalten hatten, vielmehr hätten sie jederzeit frei entscheiden können, wo sie sich aufhalten wollten. Naturgmeäß war der Aufenthalt im Bar- und Kontaktbereich die beste Möglichkeit, Kunden zu finden und Umsatz zu erzielen. Auch wenn die Frauen über keinen eigenen Arbeitsbereich verfügten, stelle dies kein wichtiges Indiz für eine Unselbständigkeit der Frauen war. Den Frauen wurde vielmehr die Möglichketi eröffnet, je nach sexueller Vorliebe ihrer Kunden unterschiedliche (Themen-) Zimmer zu nutzen, was freilich nur möglich war, wenn die entsprechenden Räume nicht bereits von anderen Frauen genutzt wurden. Die Inanspruchnahme eines fest zugewiesenen Zimmers sei im Rahmen der von der Antragstellerin angebotenen Dienstleistung nicht vorgesehen gewesen.
Die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen seien auch nicht arbeitsorganisatorisch in den Clubbetrieb der Antragstellerin eingegliedert gewesen. Vielmehr hätten diese jeden Tag neu entscheiden können, ob sie in den von der Antragstellerin betriebenen Clubs unter Inanspruchnahme der dort angebotenen Dienstleistungen ihrer Tätigkeit nachgehen wollten. Auch habe es keine Kernarbeitszeit gegeben, vielmehr hätten die Frauen ihre Tätigkeit in den Räumen der Antragstellerin nur während der Öffnungszeiten ausüben können. Vorgaben seien insofern seitens der Antragstellerin nicht gemacht worden.
Zumeist am Ende eines Arbeitstages hätten die Frauen der Antragstellerin stets von sich aus mitgeteilt, an welchen Tagen sie arbeiten wollten. Hierzu lag ein Plan an der Kasse, in dem sich die Prostituierten hätten eintragen können. Die Antragstellerin habe keine Arbeit der Frauen abgerufen. Auch bei Nichterscheinen seien seitens der Antragstellerin keine Strafen ausgesprochen worden, vielmehr sei es nicht gerne gesehen worden, ohne dass dies jedoch zu Sanktionen geführt hätte. Lediglich bei dem fest angestellten Personal (Thekenkräfte, Kellner, Empfangskräfte und Fahrer) hätte eine Dienstplaneinteilung existiert.
Den Prostituierten hatte es auch freigestanden, zu entscheiden, wann und wo sie arbeiten wollten und wann sie die Dienstleistungen der Antragstellerin in Anspruch nehmen wollten. Dass die Frauen ihre Arbeit persönlich erbracht haben und nicht delegierten, läge in der Natur der Sache.
Rahmengbedingungen seien Seiten der Antragstellerin nicht vorgegeben worden. Auch mussten sich die Frauen nicht an einen gestaffelten Leistungskatalog mit festen Preisen der Antragstellerin orientieren. Gäste wurden beim Betreten der Bar durch die Kellner über das gehobene Preisniveau und das Entgelt in Höhe von 150,00 Euro für das "Grundprogramm" informiert. Die Preise seien von den Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen dann selbständig ausgehandelt worden und hätten sich an der Dauer und der Art der vereinbarten Dienstleistung orientiert.
Es sei den in den Betriebsstätten der Antragstellerin tätigen Frauen auch keineswegs verboten gewesen, Zahlungen ihrer Kunden entgegenzunehmen. Entsprechendes sei praktiziert worden. Wenn jedoch Kunden nicht zahlen konnten oder wollten, hätten die Frauen regelmäßig das Personal der Antragstellerin zur Unterstützung hinzugerufen. Schuldscheine seien gegebenenfalls allein auf die jeweilige Prostituierte ausgestellt worden. Anderes sei nur erfolgt, wenn ein Gast seine Getränkerechnung nicht habe begleichen können.
Die "Goldenen Regeln des Hauses" seien in der Praxis nicht zum Einsatz gekommen. Die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen wüssten am besten, in welcher Kleidung die besten Geschäfte zu erzielen wären. Die "Goldenen Regeln" hätten nirgendwo ausgehangen und seien ohnehin nicht rechtlich verbindlich gewesen.
Sowohl Kunden als auch die Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen hätten frei entscheiden können, ob und mit wem sie ins Geschäft kommen wollten.
Ein unternehmerisches Risiko der Frauen habe letztlich in der Beschaffung von Arbeitskleidung und Arbeitsmitteln, wie z.B. Vibrator bestanden, sowie einen Kunden zu gewinnen. Letztlich hätten sie ja auch einmal keine Umsätze erzielen können.
Die Antragstellerin erhob ferner die Einrede der Verjährung.
Die mit dem Widerspruch seitens der Antragstellerin beantragte Aussetzung der Vollziehung des Bescheides nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lehnte die Antragsgenerin mit Schreiben vom 2312.2013 ab.
Daraufhin beantrage die Antragstellerin am 20.01.2014 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.
Hierzu wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Sie legt eidesstattliche Versicherungen von der Geschäftsführerin Frau J T1 vom 20.01.2014 und von einem ehemaligen Angestellten der Antragstellerin, Herrn O U2 ebenfalls vom 20.01.2014 vor. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Die Antragstellerin sieht sich ferner durch den Inhalt der Vernehmungsprotokolle von Frau M1 M2, Frau L1 C und Frau Q L2 aus dem vorgenannten Ermittlungsverfahren bestätigt.
Nach Meinung der Antragstellerin läge bei Vollziehung des Bescheides eine unbillige Härte vor. Müsste die Antragstellerin die Nachforderungssumme sofort bzw. innerhalb der von der Einzugsstelle vorgegebenen Frist leisten, hätte dies unweigerlich die Insolvenz zur Folge.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antraggengerin vom 15.11.2013 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 16.12.2013 gegen den Bescheid vom 15.11.2013 abzulehnen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Sie macht geltend, gegen den Bescheid vom 11.10.2013 sei ein Widerspruch nicht eingelegt worden, so dass dieser Bescheid bestandskräftig geworden ist. Mit Schreiben vom 18.10.2013 sei der damaligen Bevollmächtigten Frau Rechtsanwältin E3 die Anhörung vom 09.09.2013 und der Bescheid vom 11.10.2013 übersandt worden. Mit Schreiben vom 24.10.2013 sei der Bevollmächtigen mitgeteilt worden, der Bescheid vom 11.10.2013 habe unter der Bescheidanschrift nicht zugestellt werden können. Daraufhin sei von der damaligen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 05.11.2013 erklärt worden, die rechtlichen Interessen der Antragstellerin nicht mehr zu vertreten. Nach allem sei der Bescheid vom 11.10.2013 in Bestandskraft erwachsen.
Mit Schreiben vom 15.11.2003 sei der bestandskräftige Bescheid vom 11.10.2013 an die Gesellschafter U1 N und C1 X übersandt worden.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, der Widerspruch vom 16.12.2013 gegen den Bescheid vom 15.11.2013 sei unzulässig.
Nach den der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Feststellungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen hätte es sich bei den in den Bordellbetrieben der Antragstellerin tätigen Sexarbeiterinnen entgegen bisheriger steuerlicher Behandlung keineswegs um selbständige Unternehmerinnen, sondern vielmehr um Arbeitnehmerinnen gehandelt. Auf die durch die Finanzverwaltung ermittelten Arbeitsentgelte seien Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen der Arbeitgeber mit Bescheid vom 11.10.2013 erhoben worden. Aus den Ausführungen der Finanzverwaltung in deren Bericht vom 15.07.2013 gehe hervor, dass es sich um abhängige Beschäftigungen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gehandelt habe. Es sei nicht eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich, dass die Widerspruchsführerin mit ihrem Widerspruch Erfolg haben werde. Wenn überhaupt, könne das Widerspruchsverfahren als offen bezeichnet werden, dies reiche für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid nicht aus. Eine unbillige Härte sei nicht ersichtlich. Im Übrigen nimmt die Antragsgegnerin auf den aktenkundigen Bericht des Finanzamtes für Steuerstrafsachen vom 15.07.2013 Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich des Sach- und Streitstandes und des Vorbringen im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig.
Der Bescheid vom 11.10.2013 ist der Antragsgegnerin nicht bekanntgegeben worden. Ein Zugang dieses Bescheides in den Machtbereich der Antragstellerin ist offensichtlich nicht erfolgt. Ausweislich Bl. 166 der Verwaltungsakte ist der Bescheid vom Postzustelldienst zurückgeführt worden, weil der Empfänger nicht ermittelt werden konnte. Der Bescheid vom 11.10.2013 ist gegenüber der Antragstellerin damit nicht wirksam geworden, §§ 39, 37 SGB X. Es ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Behauptung der Antragsgegnerin, dieser Bescheid sei nebst Anhörung Rechtsanwältin E3 mit Schreiben vom 18.10.2013 als Bevollmächtigte der Antragstellerin übersandt worden, nicht belegt ist. Zu Recht weist die Antragtellerin darauf hin, dass das diesbezügliche Vorbringen der Antragsgenerin nicht schlüssig ist. Auch aus der Verwaltungsakte ergibt sich kein Hinweis, wonach der vorgenannte Bescheid vom 11.10.2013 Rechtsanwältin E3 als damalige Bevollmächtigte der Antragstellerin bekanntgegeben worden ist.
Bekannt gegeben wurde demgegenüber der Bescheid vom 15.11.2013.
Zwar weist die Antragstellerin zutreffend darauf hin, dass sie gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG als GmbH gerichtlich und außergerichtlich durch die Geschäftsführung vertreten wird. Formelle Geschäftsführerin war Frau J T. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass der Bescheid vom 15.11.2013 der Antragstellerin vorliegend dennoch wirksam bekanntgegeben worden ist. Zwar waren die Gesellschafter U1 N und C1 X, die jeweils zu 50 % an der Gesellschaft beteiligt waren, keine formellen Geschäftsführer. Jedoch ist unter dem Gesichtspunkt der sogenannten faktischen Geschäftsführung nach Meinung der Kammer eine Bekanntgabe an die Antragstellerin über die vorgenannten Gesellschafter möglich. Als faktischer Geschäftsführer ist derjenige anzusehen, der – ohne formell zum gesetzlichen Vertreter bestellt worden zu sein – den Anschein erweckt, für eine GmbH als Bevollmächtigter oder Verfügungsberechtigter auftreten zu dürfen und als solcher nach außen hin auftritt (BFH – Urteil vom 10.05.1989, 1 R 121/85, vgl. Finanzgericht des Landes Sachsen Anhalt, Beschluss vom 06.08.2017, Az.: 2 V 316/07). Die Gesellschafter N und X erfüllten diese Voraussetzungen. Nach dem Akteninhalt sind sie nach außen auch als Verfügungsberechtigte aufgetreten und dominierten den Geschäftsbetrieb der Antragstellerin in quasi allein maßgeblicher Weise. Wenngleich das Institut des "faktischen Geschäftsführers" in erster Linie bei haftungsrechtlichen Fragen steuerlicher Art zum Tragen kommt, ist es nach Auffassung der Kammer jedoch in einem Fall wie dem vorliegenden gerechtfertigt, jedenfalls bei formal rechtlichen Fragen, wie der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes, nach diesen Grundsätzen eine wirksame Bekanntgabe des Bescheides vom 15.11.2013 über die Gesellschafter als faktische Geschäftsführer der GmbH an die Antragstellerin zu bejahen.
2.1 Der Antrag ist teilweise begründet.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge. Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86 a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass in Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.04.2014 Az.: L 8 R 737/13 B ER).
Insofern ist nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung vorliegend mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid im Hauptsacheverfahren hinsichtlich der geltend gemachten Nachforderungen für die Jahre 2005 bis 2008 als rechtswidrig erweisen wird.
Die Antragstellerin hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Dies gilt auch für die auf die Nachversicherungsbeiträge entfallenden Nebenforderungen, wie u.a. Säumniszuschläge. Werden Beiträge vorsätzlich vorenthalten, so verjähren sie, wie die Nebenleistungen in 30 Jahren, § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Ausreichend ist Handeln mit bedingtem Vorsatz (vgl. BSG Urteil vom 17.04.2008, Az.: B 13 R 123/07 R). Dabei genügt es, dass der Zahlungspflichtige seine Beitragspflicht für möglich hält, jedoch die Nicht- Abführung "billigend in Kauf" nimmt. Eine billigende Inkaufnahme scheidet nur dann aus, wenn der Arbeitgeber ernstlich und nicht nur vage darauf vertraut hat, dass eine Beitragspflicht nicht gegeben ist (vgl. KassKomm/Seewald § 25 SGB IV Rn. 6 m.w.N.). Nicht ausreichend ist Fahrlässigkeit, auch in den Erscheinungsformen der bewussten oder der groben Fahrlässigkeit (vgl. BSG Urteil vom 30.03.2000, Az.: B 12 KR 14/99 R). Zum Vorsatz muss das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt werden, d.h. anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden. Die Feststellungslast (Beweislast) für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige lange Versicherungsfrist beruft (vgl. a.a.O.). Dabei wird Vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden. Vorsatz liegt auch noch nahe, wenn Beiträge für verbreitete "Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne weiteres erkennbare Übereinstimmung besteht. Vorliegend ist die Antragsgegnerin bzw. die für sie handelnden Personen (Gesellschafter und Geschäftsführerin) offensichtlich davon ausgegangen, dass es sich bei den in ihren Betriebsstätten tätigen Sexarbeiterinnen um Selbständige handelt. Nach Auffassung der Kammer kann vorliegend nicht unter dem Gesichtspunkt, dass typisches Arbeitsentgelt geleistet worden ist, auf ein vorsätzliches Handeln geschlossen werden. Dazu weisen die Verhältnisse gegenüber üblichen Beschäftigungsverhältnissen zu große Eigenarten auf. Dass offensichtlich die Überzeugung bei der Geschäftsführerin und insbesondere bei den Gesellschaftern vorherrschte, die dort tätigen Frauen seien keine abhängigen Beschäftigten, wird z.B. dadurch deutlich, dass nach dem Bericht über die Ermittlungsergebnisse der Kriminalhauptkommissarin F der Gesellschafter C1 X öffentlich in einem Interview geäußert hatte, als Bordellbetreiber nur die Basis dafür zu bieten, dass die Mädchen arbeiten können und zwar freiwillig Ferner hat die Zeugin Q L2, bei der es sich um eine langjährige Weggefährtin und Managerin des Gesellschafters C1 X handeln soll, im Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einer in den Betriebsstätten der Antragstellerin tätigen Frau geäußert, bei ihr tue sich ein großes Fragezeichen auf, das freischaffende, selbständige Prostituierte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssten, dies sei für sie unverständlich, dies wäre ja sittenwidrig.
Es erscheint somit hinreichend zweifelhaft, dass die für die Antragstellerin handelnden Organe bzw. die Gesellschafter selbst eine Beitragspflicht zumindest für möglich gehalten hatten. Es ist wenigstens genauso gut möglich, dass die Gesellschafter bzw. die für die Antragstellerin handelenden Organe davon überzeugt waren, nach dem Geschäftsmodell der Antragstellerin seien bei den Sexarbeiterinnen abhängige Beschäftigungsverhältnisse und damit eine Beitragspflicht zu verneinen. Damit ist sehr fraglich, ob das für den Vorsatz erforderliche Wissenselement im Falle der für die Antragstellerin handelnden Organe bzw. bei den Gesellschaftern zu bejahen ist.
Schließlich ist auch im Bericht vom 15. Juli 2013 über die steuerlichen Feststellungen, U3a.0, aufgeführt, dass die in den Bordellbetrieben der Antragstellerin tätigen Prostituierten entgegen deren bisheriger steuerlicher Behandlung keineswegs selbständige Unternehmerinnen, sondern vielmehr Arbeitnehmerinnen im Sinne des Einkommenssteuerrechts waren. Somit war die bisherige langjährige steuerrechtliche Beurteilung für sich ebenfalls kein Umstand, nach denen die Organe bzw. die Gesellschafter der Antragstellerin von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen auszugehen hatten, eher ist das Gegenteil der Fall. Entsprechende Prüfberichte- /bescheide der Finanzbehörde wurden während des Prüfzeitraums offensichtlich nicht erteilt.
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Geschäftsmodell der Antragstellerin in den Medien oder an "Tagen der Offenen Tür" jedenfalls in Teilen wiederholt öffentlich gemacht worden ist. Sollten die Organe der Antragstellerin damit gerechnet haben, Sexarbeiterinnen mit den steuer- und sozialrechtlichen Folgen möglicherweise abhängig zu beschäftigen, hätten sie eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit wohl eher unterlassen.
2.2
Ansonsten sind hinreichende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 15.11.2013, die ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher machten als ein Unterliegen, nicht begründet.
So kann nicht davon ausgegangen werden, dass der angegriffene Bescheid mangels wirksamer Anhörung nach § 24 SGB X formell rechtswidrig ist. Die Antragstellerin behauptet, die Anhörung sei ihr nicht zugegangen. Die Antragsgegnerin hatte ausweislich des Akteninhalts die Anhörung vom 09.09.2013 an die Geschäftsanschrift der Antragstellerin versandt. Ein Rücklauf dieses Schreibens ist nicht zu verzeichnen. Die Antragstellerin selbst trägt vor und stellt unter Beweis, dass sie unter der Geschäftsanschrift QS2E2 GmbH, S1straße 00, 00000 E1 unverändert postalisch erreichbar war und ist. Anhaltspunkte, wonach die Regelmäßigkeit des Postlaufs hätte gestört sein können, finden sich nicht. Entsprechendes hat die Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Als gewichtiges Indiz für den Zugang der Anhörung ist jedoch der Umstand zu werten, dass die seinerzeitig Bevollmächtigte, Rechtsanwältin E3, sich am 15.10.2013 für die Antragstellerin bestellte und in dem Bestellungsschreiben unter Angabe des Aktenzeichens der Antragsgegnerin mitteilte, die Antragstellerin habe sie mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt. Der zeitliche Zusammenhang der Vorgänge lässt darauf schließen, dass die Antragsstellerin aufgrund des Anhörungsschreibens vom 09.09.2013 sich veranlasst sah, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Damit ist von einer ordnungsgemäßen Anhörung i.S.d. § 24 SGB X auszugehen.
Zur Überzeugung der Kammer sprechen ferner gewichtige Umstände für eine Tätigkeit der Sexarbeiterinnen in den Betriebsstätten der Antragstellerin als abhängig Beschäftigte.
Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Voraussetzung für eine Beschäftigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder Selbständig ist, richtet sich ausgehend von dem genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 08.04.2014, Az.: L 8 R 737/13 B ER m.w.N.). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Diese Grundsätze werden durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (ProstG) vom 20.12.2001 modifiziert (vgl. Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 26.03.2009, Az.: L 1 KR 331/08 B ER). Artikel 1 § 1 ProstG regelt in Satz 1 nicht nur (die zivilrechtliche) Wirksamkeit des Vergütungsanspruchs. Mit Satz 2 wird für das Sozialversicherungsrecht klargestellt, dass Prostitution sowohl selbständig als auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit allen sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen ausgeübt werden kann. Die Tätigkeit, auf die sich die Prüfung des Vorliegens einer Beschäftigung bezieht, ist dabei jedoch nicht die sexuelle Handlung selbst, sondern dass sich die Prostituierte für die Erbringung derartiger Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt für eine bestimmte Zeitdauer "bereithält" (Art. § 1 Satz 2 Letzter Halbsatz ProstG). Konsequent regelt Art. 1 § 3 ProstG, dass bei Prostituierten das eingeschränkte Weisungsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht entgegensteht. Artikel 1 § 1 Satz 2 und § 3 ProstG wirken sich bei der Anwendung des § 7 Abs. 1 SGB IV auf die vorzunehmende Gewichtung der typusbildenden Merkmale aus (vgl. Hessisches Landessozialgericht a.a.O.). Von erheblicher Bedeutung für ein Beschäftigungsverhältnis ist die Vereinbarung bzw. die tatsächliche Handhabung des "Bereithaltens" zu sexuellen Handlungen. Dabei kommt der Vergütungsstruktur mit einem Vergütungsanteil bereits für das Bereithalten und einer hierauf bezogenen Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers zentrale Bedeutung zu. Sind Indizien für ein Weisungsrecht nur gering ausgeprägt, so spricht dies allein noch nicht mit erheblichem Gewicht gegen eine Beschäftigung bzw. auch nicht für Selbständigkeit. Nach der gesetzlichen Wertung stehen Prostitution als Beschäftigung und Prostitution als selbständige Tätigkeit abstrakt gleichrangig nebeneinander.
Damit ist es für die Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses ohne Belang, dass das Weisungsrecht der Antragstellerin, ob, mit wem und auf welche Weise eine bei ihr tätige Sexarbeiterin sexuelle Dienstleistungen erbringt, insoweit eingeschränkt ist und nach dem Vorbringen der Antragstellerin von ihr auch nicht ausgeübt wurde.
Die aktenkundigen Vernehmungsprotokolle im strafrechtlichen Verfahren lassen zunächst nicht erkennen, dass die Antragstellerin mit den jeweiligen Sexarbeiterinnen eine Vereinbarung getroffen hatte, wonach allein für das "Bereithalten" für sexuelle Dienstleistungen seitens der Antragstellerin ein Entgelt gezahlt worden wäre. Von daher bestand durchaus die theoretische Möglichkeit, dass eine dort tätige Frau mangels Kunden während der Zeit ihrer Anwesenheit keinen Verdienst erzielte und einem entsprechenden Unternehmerrisiko ausgesetzt war. Dieser Gesichtspunkt spricht eher für eine selbständige Tätigkeit.
Jedoch überwiegen nach Auffassung der Kammer die Indizien, die für ein Direktionsrecht der Antragstellerin und eine Eingliederung in deren Betriebsorganisation sprechen.
Selbst wenn die sogenannten Goldenen Regeln nicht aushingen oder als solche nicht Gegenstand einer Absprache zwischen der Antragstellerin und den dort tätigen Frauen gewesen waren, ergibt sich aus dem Inhalt der Vernehmungsprotokolle, dass den bei der Antragstellerin tätigen Sexarbeiterinnen durchweg die Einhaltung dieser Regeln abverlangt worden war.
Dies widerspricht der Darstellung der Antragstellerin, sie selbst habe den Status der Dienstverpflichteten gegenüber den Sexarbeiterinnen innegehabt und diese seien keinen Weisungen unterworfen gewesen.
So hat die Zeugin L2 detailliert dargelegt, welche Verhaltensregeln den Erbringerinnen sexueller Dienstleistungen in den Betriebsstätten der Antragtellerin auferlegt worden waren.
So war danach verbindlich geregelt, welche Eigenschaften die Kleidung der dort tätigen Frauen aufzuweisen hatte.
Ebenso war der zeitliche Rahmen, innerhalb dessen die dort tätigen Frauen anwesend zu sein hatten, nach der Aussage der Zeugin L2 vorbestimmt und in aller Regel einzuhalten. Dies wird durch die Aussagen nahezu aller Zeuginnen und Beschuldigten bestätigt.
Ferner ist nach den Aussagen der vernommenen Frauen davon auszugehen, dass die bei der Antragstellerin tätigen Sexarbeiterinnen selbst keine Zahlungen der Kunden entgegennehmen konnten bzw. durften. Sowohl die Barzahlung als auch Zahlungen per Kreditkarte liefen über die Antragstellerin. Erst bei Schichtende erhielt die jeweilige Sexarbeiterin ihren Anteil nach Abzug diverser Posten durch das Personal der Antragstellerin ausgezahlt.
Die Zeugin L2 hat in ihrer Vernehmung letztlich bekundet, dass die sogenannten "Goldenen Regeln" des Hauses, nachdem sie diese durchgelesen hatte, zu 100% den tatsächlich praktizierten Hausregeln entsprochen hätten. Gründe, diese Aussage anzuzweifeln, sieht die Kammer nicht, insbesondere auch deshalb, weil die weiteren aktenkundigen Aussagen der Zeuginnen bzw. Beschuldigten diese Darlegung stützen.
Anzunehmen ist auch, dass die bei der Antragstellerin tätigen Sexarbeiterinnen keine sexuellen Dienstleistungen außerhalb der Organisation des Betriebes der Antragstellerin bringen durften und es ihnen untersagt war, mit Kunden private Kontakte zu knüpfen , wenn sie bei die Antragstellerin tätig waren (Beschuldigtenvernehmung der Frau F1 D und von Frau L3 F2-T2, jeweils vom 03.07.2012).
Ferner war geregelt, sobald Gäste eintrafen, hatte die Anwesenheit im Barbereich zu erfolgen. Zudem wurde seitens der Antragstellerin gefordert, dass alle Frauen bei Anwesenheit von Kunden, ggf. im Wechsel, zu tanzen hatten.
Zusammengefasst lassen sämtliche Zeugenaussagen erkennen, dass die Bedingungen, unter denen die Frauen in den Betriebsstätten der Antragsgegnerin sexuelle Dienstleistungen erbracht hatten, einem weitreichenden und detaillierten, von der Antragstellerin vorgegebenen, Regelungswerk unterworfen waren. Eigene unternehmerische Gestaltungsspielräume standen den dort tätigen Sexarbeiterinnen nicht zu. Es ist nach Auffassung der Kammer durch den Inhalt der aktenkundigen Vernehmungsprotokolle hinreichend belegt, dass die Arbeitsweise der in den Betriebsstätten tätigen Frauen in erheblichem Maße durch die Antragstellerin bestimmt wurde, wobei die Erbringung sexueller Dienstleistungen als solche außer Betracht zu bleiben hat. Zuwiderhandlungen wurden offenbar mit Sanktionen belegt, wie sich aus den Schilderungen in den Vernehmungsprotokollen ergibt.
Damit ist nach summarischer Prüfung ein umfängliches Direktionsrecht der Antragstellerin, das einer selbständigen Tätigkeit der Sexarbeiterinnen entgegensteht, zu bejahen. Die als Beschuldigte oder Zeuginnen vernommenen Frauen haben die relevanten Einzelheiten im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Antragstellerin im Kern übereinstimmend geschildert.
Nach Vorstehenden spricht nach summarischer Prüfung auch mehr dafür als dagegen, dass die bei der Antragstellerin als Sexarbeiterinnen tätigen Frauen in deren Betriebsorganisation eingegliedert waren. Die Geschäftsführer verfolgten mit ihren Betrieben ein bestimmtes, auf gehobene Ansprüche ausgerichtetes Geschäftsmodell. Hierzu wurden Erbringerinnen sexueller Dienstleistungen als abhängig Beschäftigte (ggf. unständig) in Anspruch genommen.
Schließlich mussten die bei der Antragtellerin tätigen Erbringerinnen sexueller Dienstleistungen auch nach außen, namentlich gegenüber Kunden, als deren Angestellte aufgefasst werden.
Demgegenüber vermögen die von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, mit denen im Wesentlichen gegenteiliges bekundet wird, nicht zu überzeugen. Gründe, weshalb die hier relevanten, in wesentlichen Punkten übereinstimmenden Ausführungen der Frauen in den Protokollen aus dem steuerrechtlichen und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren den Tatsachen nicht entsprochen haben sollten, sind jedenfalls nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der Berechnung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge lässt sich bei summarischer Betrachtung nicht feststellen, dass diese fehlerhaft erfolgt sein soll.
Im verbliebenen Rahmen ist nicht erkennbar, dass die sofortige Vollziehung der geltend gemachten Forderung für die Jahre 2009, 2010 und 2011 nebst Säumniszuschlägen für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde. Die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für die Antragstellerin verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Im Interesse auf die mit der Beitragsnachforderung verbundenen berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft sowie der einzelnen Versicherten, kann vielmehr gerade bei bestehender oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Beitragsschuldners eine alsbaldige Beitreibung geboten sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes berücksichtigt, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur 1/4 des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist.
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