Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
37
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 37 SF 29/14 EK AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 ÜG 11/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
- zur Frage, wer Verfahrensbeteiligter des Ausgangsverfahrens i. S. v. § 198 Abs. 1 Satz 1 , § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG ist
- Abweichung von der regelmäßig als angemessen anzusehenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten (BSG, Urteile vom 03.0.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - B 10 ÜG 2/14 R)
- Abweichung von der regelmäßig als angemessen anzusehenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten (BSG, Urteile vom 03.0.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - B 10 ÜG 2/14 R)
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 102 AS 20826/07 und vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter den Aktenzeichen L 29 AS 39/12 bzw. L 28 AS 39/12 geführten Verfahrens eine Entschädigung in Höhe von 2.900,00 EUR zu zahlen. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu 20%, der Kläger zu 1) zu 30% und der Kläger zu 2) zu 50% zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren eine Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin (SG) unter dem Aktenzeichen S 102 AS 20826/07 sowie dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) zuletzt unter dem Aktenzeichen L 28 AS 39/12 geführten Verfahrens.
Dem Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Bescheid vom 31. August 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 01. Februar 2006 und 27. März 2007 hatte das JobCenter N – der spätere Beklagte im Ausgangsverfahren – dem Kläger zu 1) und seinem im April 1988 geborenen, mithin damals noch minderjährigen Sohn F, dem jetzigen Kläger zu 2), Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 bewilligt. Der dagegen eingelegte Widerspruch war mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2007 zurückgewiesen worden.
Am 30. August 2007 ging die vom Kläger zu 1) formulierte und unterschriebene Klageschrift vom 25. August 2007 ein, mit welcher er sich gegen den Widerspruchsbescheid vom 22. August 2007 (gemeint: 21. August 2007) wandte und höhere Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Anrechnung von Kindergeld, unter Übernahme von monatlich 195 EUR Schulgeld, monatlich 26 EUR Fahrtkosten sowie unter Zugrundelegung eines höheren Regelsatzes begehrte. Die Klage wurde unter dem Az. S 102 AS 20826/07 registriert. Auf die Anforderung des SG vom 10. September 2007 (interne Wiedervorlagefrist von zwei Monaten) gingen am 31. Oktober 2007 die Klageerwiderung und die Verwaltungsakten des beklagten JobCenters bei Gericht ein. Am selben Tag sowie erneut am 07. Februar 2008 verfügte der damalige Kammervorsitzende eine Wiedervorlage in drei Monaten. Nachdem die Verwaltungsakten sich im März 2008 bei anderen Spruchkörpern zur Einsichtnahme (u. a. bei der 115. Kammer zur Prüfung einer doppelten Rechtshängigkeit) befunden hatten, forderte der Kammervorsitzende unter dem 29. August 2008 vom damaligen Beklagten Abschriften der streitgegenständlichen Bescheide an. Nach Eingang derselben am 08. September 2008 wurde der Rechtsstreit am 10. September 2008 in das so genannte "E-Fach" (Entscheidungs-Fach) verfügt. Aufgrund richterlicher Verfügung vom 30. November 2009 (Ladung vom 03. Dezember 2009) wurden die Beteiligten zur nichtöffentlichen Sitzung am 07. Januar 2010 geladen. In dem Termin konkretisierte der Kläger zu 1) – der auch nach wie vor alleine im Rubrum aufgeführt war - das Klagebegehren dahingehend, dass höhere Leistungen unter Außerachtlassung des Kindergeldes sowie unter Berücksichtigung von Fahrtkosten für seinen Sohn F i. H. v. 26 EUR monatlich, Stromkosten – soweit diese nicht bereits im Regelsatz enthalten seien – und eines Regelsatzes von 627 EUR monatlich pro Person begehrt würden. Die Beteiligten wurden zur Absicht des Gerichts, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, angehört.
In der Folgezeit wurden die Gerichts- bzw. Verwaltungsakten ab dem 14. Januar 2010 nacheinander mehreren Kammern des SG, u.a. der 160. Kammer zum Aktenzeichen S 160 AS 25564/08 (streitiger Zeitraum dort: 01. März 2007 bis 31. Dezember 2007), zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. In der am 03. Februar 2010 vor der 160. Kammer durchgeführten mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger zu 1) das Ausgangsverfahren, nachdem der Vertreter des damaligen Beklagten die streitigen Bescheide hinsichtlich der Höhe der Regelleistung und der Höhe der Grundsicherungsleistungen im Hinblick auf eine etwaige Einkommensanrechnung wegen der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden für vorläufig erklärt hatte, insoweit für erledigt. Nachdem der Vertreter des damaligen Beklagten darüber hinaus sich verpflichtet hatte, über den Antrag der Söhne des Klägers zu 1) auf Übernahme des Fahrgeldes für den Zeitraum vom 01. August 2005 bis zum 28. Februar 2010 binnen eines Monats zu entscheiden, wurde das Ausgangsverfahren auch hinsichtlich der Fahrtkosten für erledigt erklärt. Eine Abschrift dieses Protokolls gelangte zusammen mit der Gerichtsakte des Ausgangsverfahrens zwischen dem 10. und dem 15. Februar 2010 zurück an die 102. Kammer.
Bereits am 15. Februar 2010 und nochmals - nach erneutem Rücklauf der Akten - am 12. August 2010 wurde der Rechtsstreit in das so genannte "GB-Fach" (Gerichtsbescheids-Fach) verfügt. Das SG wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 16. Dezember 2011 – dem Kläger zu 1) und dem damaligen Beklagten jeweils zugestellt am 27. Dezember 2011 - ab.
Am 04. Januar 2012 ging die vom Kläger zu 1) verfasste Berufungsschrift beim SG, am 06. Januar 2012 beim LSG ein und wurde dort unter dem Az. L 29 AS 39/12 registriert. Mit Schreiben vom 13. Januar 2012 wurde das beklagte JobCenter aufgefordert, binnen fünf Wochen auf die Berufung zu erwidern und seine Akten zu übersenden. Die interne Wiedervorlagefrist lief bis zum 24. Februar 2012. Nach Erinnerung durch die Berichterstatterin vom 01. März 2012 ging am 29. März 2012 die Berufungserwiderung des damaligen Beklagten ein verbunden mit einem Hinweis, bei welchen anderen Verfahren sich die Verwaltungsakten derzeit befänden, und der Bitte, sie von dort direkt anzufordern. Unter dem 03. April 2012 erteilte die Berichterstatterin dem Kläger zu 1) einen rechtlichen Hinweis zum Streitgegenstand des Verfahrens insbesondere unter Berücksichtigung seiner Erklärungen im Termin zur mündlichen Verhandlung zum Aktenzeichen S 160 AS 25564/08 am 03. Februar 2010, auf welchen dieser am folgenden Tag Stellung nahm und meinte, ein Verfahren S 160 AS 25564/08 sei ihm nicht bekannt. Am 10. April 2012 wurde der Rechtsstreit in das so genannte "SF-ET"-Fach (Sitzungs-Erörterungs-/Entscheidungstermins-Fach) verfügt.
Zum 01. August 2012 wechselte der Rechtsstreit in die Zuständigkeit des 28. Senats (Az. nunmehr: L 28 AS 39/12). Die Verfügung "SF-ET" wurde fortgeschrieben.
Mit am 27. Juli 2013 beim LSG eingegangenem Schriftsatz des Klägers zu 1) vom selben Tag rügte dieser die zu lange Bearbeitungszeit nach dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (GRüGV).
Am 06. August 2013 forderte die Berichterstatterin die Verwaltungsakten zunächst vom damaligen Beklagten an, dann – nachdem der Beklagte mitgeteilt hatte, wo sich die Behelfsakten nunmehr befänden – von verschiedenen Senaten des LSG. Zum 23. September 2013 lagen acht Bände Behelfsakten vor. Ferner wurde eine Archivakte des SG beigezogen, die Mitte September 2013 einging. Aufgrund dringender Aktenanforderungen der anderen Senate wurden die Behelfsakten am 25. November 2013 von der Berichterstatterin wieder zurückgesandt. Am 11. Dezember 2013 musste auch die vom SG beigezogene Akte dorthin wieder zurückgegeben werden. Unter dem 10. März 2014 erteilte die Berichterstatterin einen rechtlichen Hinweis u. a. zur Absicht des Senats, im Hinblick auf die vom Kläger zu 1) ebenfalls geltend gemachten Ansprüche des Sohnes F bei Vorlage einer Vollmacht das Rubrum um diesen (als Kläger zu 2) zu ergänzen. Hierzu äußerte sich der Kläger zu 1) am 11. März 2014 und stellte unter Übersendung entsprechender Vollmachten vom 11. März 2014 klar, dass er das Verfahren auch im Namen seiner beiden Söhne führe. Auf Anforderung der Berichterstatterin ging außerdem am 18. März 2014 eine Abschrift des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides beim LSG ein. Mit Beschluss vom selben Tag übertrug der Senat den Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Am 20. März 2014 erteilte die Berichterstatterin einen weiteren rechtlichen Hinweis zur Frage, wer im Ausgangsverfahren zulässigerweise Kläger sein könne. Daraufhin bat der Kläger zu 1) einen Tag später zunächst um Kopien seiner Klageschrift, des sozialgerichtlichen Urteils sowie der Berufungsschrift, da er seine Akten nicht finde. Nach Erhalt von insgesamt 10 Kopien grenzte der Kläger zu 1) am 31. März 2014 das Begehren ein und stellte nunmehr klar, dass Kläger nur er und sein Sohn F, nicht aber sein Sohn F, seien. Außerdem begehrte er nunmehr eine Verzinsung der nachzuzahlenden Leistungen. Daraufhin wurde am 07. April 2014 das Rubrum um den Kläger zu 2) ergänzt. Mit richterlicher Verfügung vom 14. April 2014 wurde mündliche Verhandlung auf den 13. Mai 2014 anberaumt (Terminsmitteilung vom 16. April 2014). In diesem Termin, zu welchem die Kläger nicht erschienen, wies das LSG die Berufung der Kläger durch Urteil - den Klägern zugestellt am 20. Mai 2014, dem damaligen Beklagten am 21. Mai 2014 - zurück.
Bereits am 29. Januar 2014 haben der Kläger zu 1), der Kläger zu 2) – vertreten durch den Kläger zu 1) – sowie der weitere Sohn des Klägers zu 1) – ebenfalls vertreten durch diesen - eine auf Gewährung einer Entschädigung gerichtete Klage erhoben und geltend gemacht, die Verfahrensdauer sei überlang. Angemessen pro Instanz seien lediglich sechs Monate. Auf ausdrückliche Nachfrage ist ferner ausgeführt worden, seit Klageeinreichung seien 78 Monate verstrichen. Sie begehrten daher eine Entschädigung in Höhe von 7.200,00 EUR pro Kläger.
Auf gerichtlichen Hinweis vom 04. April 2014 ist die Klage des zweiten Sohnes des Klägers zu 1) mit Schriftsatz vom 05. April 2014 (Eingang am selben Tag) zurückgenommen worden.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, ihnen wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 102 AS 20826/07 sowie vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter den Aktenzeichen L 29 AS 39/12 sowie L 28 AS 39/12 geführten Verfahrens eine Entschädigung i. H. v. jeweils 7.200,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt u. a. die Auffassung, es fehle an einer unverzüglichen Verzögerungsrüge. Dem Gesetz lasse sich nicht mit Sicherheit entnehmen, was bzgl. der Verzögerungsrüge in den Fällen gelte, die innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten des GRüGV in der ersten Instanz zum Abschluss gebracht worden seien. Es erscheine jedoch sachgerecht, auch in diesen Fällen eine Verzögerungsrüge zu fordern, um eine Besserstellung der Kläger zu vermeiden. Daher seien die behaupteten Verzögerungen, die nach Auffassung der Kläger bis zum Inkrafttreten des GRüGV eingetreten seien, zur Begründung des Entschädigungsanspruchs nicht heranzuziehen. Da nicht rechtzeitig gerügt worden sei, begründe die Rüge den Anspruch erst vom Rügezeitpunkt an. Für die Zeit ab dem 28. Juli 2013 bis zur Erhebung der Entschädigungsklage am 29. Januar 2014 seien keine Verzögerungen in der Bearbeitung zu erkennen. Hilfsweise sei zu beachten, dass es im Laufe des Ausgangsverfahrens zwar zu Lücken gekommen sei, es sich dabei aber um Bearbeitungszeiten handele.
Schließlich sei ggf. das Prozessverhalten der Kläger, insbesondere des Klägers zu 1), nicht nur in diesem Verfahren, sondern im Allgemeinen zu beachten. Für den Kläger zu 1) seien beim LSG bereits zahlreiche Verfahren registriert, davon auch sehr viele Entschädigungsklagen. Angesichts seines Vortrags in Dienstaufsichtsbeschwerdesachen sei davon auszugehen, dass es ihm tatsächlich nicht um eine schnelle Erledigung der Verfahren, sondern letztlich um die Beschaffung von Mitteln zur Finanzierung von Luxusgütern gehe. Deutlich sei dies z.B. auch in einem Verfahren geworden, in dem die Kläger eine Entschädigung für die Dauer eines Verfahrens gefordert haben, in welchem sie die Übernahme der Kosten für eine Badezimmerreinigung gefordert hatten und das zügig zum Abschluss gebracht worden war. Es dränge sich der Eindruck auf, dass Sinn und Zweck des Agierens das Lahmlegen der Sozialgerichtsbarkeit ist. Dies dürfe nicht noch mit der Zahlung einer Entschädigung belohnt werden. Insoweit reiche zur Kompensation jedenfalls die Feststellung der überlangen Verfahrensdauer aus.
Der Senat hat den Klägern mit Beschluss vom 23. Juli 2014 für das Klageverfahren vor dem LSG Prozesskostenhilfe ab dem 25. Februar 2014 hinsichtlich einer Entschädigung i. H. v. jeweils 4.500,00 Euro, mithin insgesamt 9.000,00 Euro, bewilligt.
Die Kläger haben daraufhin mit Schreiben vom 02. September 2014 mitgeteilt, sie bedankten sich für die Gewährung der Prozesskostenhilfe und würden, wenn schnell entschieden werde und sie die 4.500,00 EUR pro Person bekämen, auf weitere Rechtsmittel verzichten. Allerdings benötigten sie diese Mittel recht dringend, dies sollte berücksichtigt werden.
Zuletzt hat der Senat eine Kopie eines Schreibens des Klägers zu 1) aus dem Rechtsstreit L 37 SF 291/13 EK AS vom 12. März 2015 "Erinnerung und alle in Frage kommende Rechtsbehelfe" sowie einer "Anhörungsrüge, Erinnerung, Nichtzulassungsbeschwerde, Dienstaufsichtsbeschwerde, Fachaufsichtsbeschwerde und alle weiteren, in Frage kommenden Rechtsmittel" vom 22. Mai 2015 ebenso wie Ausdrucke von Übersichten der von den Klägern beim LSG sowie beim SG geführten Verfahren in den Rechtsstreit eingeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Akte des Ausgangsverfahrens verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen sind zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
A. Die auf Gewährung einer Entschädigung gerichteten Klagen sind zulässig.
I. Maßgebend für das vorliegende Klageverfahren sind die §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG, jeweils in der Fassung des GRüGV vom 24. November 2011 (BGBl. I, S. 2302) und des Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2554). Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer handelt es sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch im Sinne des Art. 34 des Grundgesetzes (GG). Es ist daher nicht der ordentliche Rechtsweg, sondern vorliegend der zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Denn die grundsätzlich in § 201 Abs. 1 Satz 1 vorgesehene Zuweisung der Entschädigungsklagen an das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde, wird für sozialgerichtliche Verfahren in § 202 Satz 2 SGG modifiziert. Nach dieser Regelung sind die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das SGG tritt. Für die Entscheidung über die Klagen ist daher das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zuständig.
II. Die Klagen sind als allgemeine Leistungsklagen statthaft. Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i. V. m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen. Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Kläger machen angesichts der Regelung des § 198 GVG nachvollziehbar geltend, auf die jeweils begehrte Entschädigungszahlung, die eine Leistung i. S. d. § 54 Abs. 5 SGG darstellt, einen Rechtsanspruch zu haben. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl. § 198 Abs. 5 GVG). Vielmehr lässt die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung (BT-Drs. 17/3802, S. 22 zu Abs. 5 Satz 1), nach der der Anspruch nach allgemeinen Grundsätzen auch vor einer Klageerhebung gegenüber dem jeweils haftenden Rechtsträger geltend gemacht und außergerichtlich befriedigt werden kann, erkennen, dass es sich hierbei um eine Möglichkeit, nicht jedoch eine Verpflichtung handelt.
III. Auch sind die Klagen formgerecht (§ 90 SGG) und unter Berücksichtigung der maßgeblichen Fristen des § 198 Abs. 5 Satz 1 und 2 GVG erhoben worden. Nach diesen Bestimmungen kann eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge und muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Jedenfalls der Kläger zu 1) hat mit bei Gericht am 27. Juli 2013 eingegangenem Schriftsatz die Verfahrensverzögerung förmlich gerügt. Noch vor Abschluss des Verfahrens durch Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 13. Mai 2014 am 23. Juni 2014, haben die Kläger am 29. Januar 2014, mithin nach Ablauf eines halben Jahres nach Erhebung der Verzögerungsrüge, Entschädigungsklage erhoben.
B. Die Zahlungsklagen sind aber hinsichtlich des Klägers zu 1) nur teilweise begründet, hinsichtlich des Klägers zu 2) unbegründet.
Die Kläger begehren eine Entschädigung für das beim SG am 30. August 2007 eingeleitete und letztlich mit Einritt der Rechtskraft des Urteils des LSG am 23. Juni 2014 beendete, mithin insgesamt sechs Jahre und neun volle Monate andauernde, Verfahren (hiervon vier Jahre und drei volle Monate Verfahrensdauer vor dem SG sowie zwei Jahre und fünf volle Monate vor dem LSG). Sie meinen, dass der Rechtsstreit bei ordnungsgemäßem Verfahrensgang eine Dauer von höchstens sechs Monaten pro Instanz, mithin ein Jahr nicht hätte überschreiten dürfen. Wegen der eingetretenen Verzögerungen machen sie ausschließlich einen Nachteil geltend, der kein Vermögensnachteil ist, und begehren eine Entschädigung i.H.v. jeweils 7.200,00 EUR. Eine Entschädigung kann jedoch letztlich nur dem Kläger zu 1) und diesem auch lediglich im Umfang von 2.900,00 EUR zugesprochen werden.
I. Richtiger Beklagter ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats das Land Berlin, obwohl die Kläger auch die Dauer des in der Berufungsinstanz vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg geführten Verfahrens rügen und dieses Gericht seinen Sitz im Land Brandenburg hat (vgl. u. a. die Senatsentscheidungen vom 06. Dezember 2013 – L 37 SF 69/12 EK KA – und L 37 SF 2/13 EK U -, beide in juris).
Auch die Übertragung der Vertretung des beklagten Bundeslandes Berlin auf die Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (§ 29 Abs. 1 Satz 1 der Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz vom 22. Oktober 2012, Amtsblatt Berlin 2012, 1979) ist nicht zu beanstanden. Insbesondere durfte diese Übertragung durch eine Verwaltungsanweisung vorgenommen werden; ein Gesetz war nicht erforderlich (so Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 17. April 2013 - X K 3/12 - juris, Rn. 30 ff. für die vorher geltende Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz vom 20.09.2007, Amtsblatt Berlin 2007, 2641; ebenso die ständige Rechtsprechung des Senats: u. a. Urteile vom 06. Dezember 2013 – L 37 SF 69/12 EK KA – und L 37 SF 2/13 EK U -, a. a. O.).
II. Grundlage für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch ist § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Verfahrensbeteiligter i.S.d. Gesetzes ist nach § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 S. 2 GVG). Eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Dies gilt nach Art. 23 Satz 2 bis 5 GRüGV für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten des GRüGV schon verzögert sind, mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten des GRüGV erhoben werden muss. Nur in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum.
1. Verfahrensbeteiligte des Ausgangsverfahrens i.S.d. § 198 Abs. 1 GVG sind hier im Grundsatz sowohl der Kläger zu 1) als auch der Kläger zu 2), letzterer allerdings frühestens ab dem 21. März 2014, wenn nicht gar erst aufgrund der "Rubrumsberichtigung" durch das LSG seit dem 07. April 2014. Denn erst am 21. März 2014 hat der Kläger zu 1) im streitgegenständlichen Ausgangsverfahren unter Vorlage einer entsprechenden Vollmacht des Klägers zu 2) vom 11. März 2014 mitgeteilt, auch dessen Ansprüche geltend zu machen. Bis dahin war der Kläger zu 2) nicht Verfahrensbeteiligter und konnte sich vernünftigerweise auch nicht als solcher betrachten.
Der Kläger zu 2) war zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage beim Sozialgericht bereits volljährig und wurde daher nicht mehr gesetzlich durch seinem Vater vertreten. Er hätte diesen mithin zur Klageerhebung in seinem Namen bevollmächtigten müssen. Dass er dies seinerzeit getan hätte, war für das Gericht nicht ersichtlich. Jedenfalls war der Klageschrift seines Vaters eine entsprechende Erklärung nicht beigefügt. Ebenso wenig hat der Kläger zu 2) zu irgendeinem Zeitpunkt während des Verfahrens vor dem Sozialgericht persönlich Anträge gestellt, sich auch nur – sei es schriftlich, sei es mündlich - bei Gericht gemeldet oder am Erörterungstermin am 07. Januar 2010 teilgenommen. Umgekehrt wurde er weder im Rahmen der gerichtlichen Schreiben als Kläger benannt noch im Rubrum des erstinstanzlichen Urteils erwähnt. Der Kläger zu 2) konnte daher selbst nicht davon ausgehen, Beteiligter des streitgegenständlichen Ausgangsverfahrens zu sein, und dies auch dann nicht, wenn er von dem von seinem Vater geführten Verfahren überhaupt Kenntnis gehabt haben sollte.
Anderes kann hier auch nicht unter dem Aspekt einer möglicherweise bestehenden Pflicht des SG, den Kläger zu 2) in das Verfahren einzubeziehen, gelten. Denn zwar waren nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Rechtsstreitigkeiten nach dem SGB II Klageanträge für eine Übergangszeit in Anwendung des so genannten Meistbegünstigungsgrundsatzes danach zu beurteilen, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Klage hätten erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten Leistungen zu erhalten. Diese Übergangsfrist endete jedoch bereits am 30. Juni 2007 (BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – in juris Rn. 11) und damit vor Eingang der dem streitgegenständlichen Ausgangsverfahren zugrundeliegenden Klage am 30. August 2007. Dass das LSG schließlich den Kläger zu 2) dennoch in das Ausgangsverfahren einbezogen hat, bewirkt nicht, dass er deshalb auch von Anfang an als Verfahrensbeteiligter des streitgegenständlichen Ausgangsverfahrens i.S.d. § 198 Abs. 1 GVG anzusehen wäre. Denn dieser Schritt vermag nichts daran zu ändern, dass der Kläger zu 2) durch die mögliche Überlänge eines Verfahrens, als dessen Beteiligter er sich nach vorstehenden Erwägungen vernünftigerweise nicht betrachtet haben kann, einen immateriellen Schaden, zu dem nach den Vorstellungen des Gesetzgebers insbesondere die seelische Unbill durch die lange Verfahrensdauer (Gesetzentwurf BT-Drucks 17/3802, S 19) gehört (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – in juris Rn. 58), nicht erleiden konnte. Er ist daher nur hinsichtlich solcher – möglicher – Verzögerungen aktivlegitimiert, die im Ausgangsverfahren nach dem 21. März 2014 eingetreten sind.
2. Das Ausgangsverfahren hat am 30. August 2007 begonnen und war mithin zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des GRüGV am 03. Dezember 2011 bereits anhängig. Auch dürfte das zu diesem Zeitpunkt noch in der ersten Instanz anhängige Ausgangsverfahren damals schon verzögert gewesen sein, sodass die Verzögerungsrüge gemäß Art. 23 Satz 2 GRüGV unverzüglich hätte erhoben werden müssen. Die Verzögerungsrüge des Klägers zu 1) ist vorliegend jedoch erst am 27. Juli 2013 beim LSG eingegangen und damit nicht unverzüglich erhoben worden (vgl. für die insoweit zu wahrende Dreimonatsfrist: Urteile des BFH vom 07.11.2013 – X K 13/12 – juris, Rn. 31 ff. sowie vom 20.08.2014 – X K 9/13 – juris, Rn. 23, des BGH vom 10.04.2014 – III ZR 335/13 – juris, Rn. 23 ff. sowie des BSG vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 9/13 R -, juris, Rn. 23). Eine unverzügliche Verzögerungsrüge war hier allerdings – dem Rechtsgedanken des Art. 23. S. 4 GRüGV folgend – entbehrlich. Die Verzögerungsrüge soll dem bearbeitenden Richter die Möglichkeit zu einer beschleunigten Verfahrensförderung eröffnen und insofern als Vorwarnung dienen. Im Hinblick auf diese Warnfunktion muss sie bei dem Gericht erhoben werden, bei dem das Verfahren anhängig ist (vgl. hierzu BT-Drs. 17/3802, S. 20). Eine Pflicht zur unverzüglichen Rüge ist allerdings dann nicht sinnvoll, sondern im Gegenteil kontraproduktiv, wenn die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz liegt. In derartigen Konstellationen kann eine Rüge unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes für die befasste Instanz keine Präventivfunktion mehr entfalten (vgl. hierzu BT-Drs. 17/3802, S. 31). Gleiches gilt hier: Da das erstinstanzliche Verfahren durch Zustellung des Gerichtsbescheids vom 16. Dezember 2011 am 27. Dezember 2011 – mithin binnen drei Wochen nach Inkrafttreten des GRüGV - abgeschlossen war, hätte nur eine binnen dieser drei Wochen erhobene Verzögerungsrüge ihre Warnfunktion ausfüllen können. Diese Frist ist jedoch deutlich kürzer als die für die Unverzüglichkeit der Verzögerungsrüge nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung als hinreichend angesehene Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des GRüGV – mithin bis zum 03. März 2012 - und würde die Möglichkeit der Kläger, eine anspruchswahrende (Art. 23 Satz 3 GRüGV) - unverzügliche - Verzögerungsrüge einzulegen, in nicht hinnehmbarer Weise beschneiden. Dies gilt insbesondere bei einer schriftlichen Entscheidung des Gerichts – sei es wie hier durch Gerichtsbescheid, sei es durch Urteil ohne mündliche Verhandlung -, bei der es für Kläger im Regelfall unabsehbar ist, wann die Entscheidung ergehen bzw. ihnen bekannt gemacht werden wird. Eine unverzügliche Verzögerungsrüge war daher in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation obsolet.
3. Ob ein Verfahren als überlang anzusehen ist, richtet sich nicht nach starren Fristen. Vielmehr regelt § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausdrücklich, dass es auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritten ankommt. Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer ist danach - so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/3802, S. 18 f. zu § 198 Abs. 1) - unter dem Aspekt einer möglichen Mitverursachung zunächst die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat. Außerdem sind insbesondere zu berücksichtigen die Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falles sowie die Bedeutung des Rechtsstreits, wobei nicht nur die Bedeutung für den auf Entschädigung klagenden Verfahrensbeteiligten aus der Sicht eines verständigen Betroffenen von Belang ist, sondern auch die Bedeutung für die Allgemeinheit. Diese Umstände sind darüber hinaus in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen (vgl. dazu BSG, Urteile vom 21.02.2013 - B 10 ÜG 1/12 und 2/12 KL -, zitiert nach juris, jeweils Rn. 25 ff. und m.w.N.). Denn schon aus der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit wird deutlich, dass es auf eine gewisse Schwere der Belastung ankommt. Ferner sind das Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) sowie das Ziel, inhaltlich richtige Entscheidungen zu erhalten, zu berücksichtigen. Schließlich muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat, sodass ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten ist. Insgesamt reicht daher zur Annahme der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nicht jede Abweichung vom Optimum aus, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 33).
Im streitgegenständlichen Ausgangsverfahren ging es um die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und damit angesichts des Charakters der Leistungen zumindest aus Sicht des Klägers zu 1) - und später auch des Klägers zu 2) - um ein nicht unerhebliches Verfahren, dessen Bedeutung sich jedoch bereits am 03. Februar 2010 dadurch deutlich minderte, dass der Streitgegenstand aufgrund der Erledigungserklärungen in der mündlichen Verhandlung vor der 160. Kammer eingegrenzt wurde, und das mangels Notwendigkeit tatsächlicher Ermittlungen von durchschnittlicher Schwierigkeit war. Allerdings ist die Komplexität aufgrund der – zunächst versteckten - subjektiven Klagehäufung, der Unklarheiten, wer Kläger ist, der Vielzahl geltend gemachter Ansprüche, der zahlreichen parallelen Rechtsstreitigkeiten der Kläger und der mangelnden Übersicht des Klägers zu 1) über die von ihm geführten Verfahren als überdurchschnittlich anzusehen.
Mit Blick auf die - wenn auch in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG als Kriterium zur Bestimmung der Angemessenheit nicht ausdrücklich erwähnte - für eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch den Beklagten wesentliche Frage, ob diesem zurechenbare Verhaltensweisen des Ausgangsgerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben, sind maßgeblich allein Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 41). Vor diesem Hintergrund sind die während des Verfahrens aufgetretenen aktiven und inaktiven Zeiten der Bearbeitung konkret zu ermitteln. Kleinste relevante Zeiteinheit ist im Geltungsbereich des GRüGV dabei stets der Monat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R – Rn. 25, - B 10 ÜG 2/13 – Rn. 24, jeweils zitiert nach juris) im Sinne des Kalendermonats (BSG, Urteil vom 12.02.2015 – B 10 ÜG 11/13 R –, 2. Leitsatz und Rn. 34). Zu beachten ist dabei ferner, dass auch dann keine inaktive Zeit der Verfahrensführung vorliegt, wenn ein Kläger während Phasen (vermeintlicher) Inaktivität des Gerichts selbst durch das Einreichen von Schriftsätzen eine Bearbeitung des Vorganges durch das Gericht bewirkt. Denn eingereichte Schriftsätze, die einen gewissen Umfang haben und sich inhaltlich mit Fragen des Verfahrens befassen, bewirken generell eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit beim Gericht, die mit einem Monat zu Buche schlägt (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 57).
Das streitgegenständliche Ausgangsverfahren ist zunächst durch das Gericht zügig betrieben worden. Allerdings ist es bereits zwischen dem 31. Oktober 2007 (Eingang der Klageerwiderung und der Verwaltungsakten) und dem 29. August 2008 zu einer ersten, der Verantwortungssphäre des Beklagten zuzuordnenden, Bearbeitungslücke im Umfang von neun vollen Kalendermonaten gekommen. In dieser Phase ist der Rechtsstreit mehrmals verfristet worden. Soweit sich die Akten im März 2008 bei verschiedenen anderen Spruchkörpern zur Einsichtnahme befunden haben (u. a. zur Prüfung einer doppelten Rechtshängigkeit bei der 115. Kammer des SG), begründet dies keine Aktivität des Gerichts im vorliegenden Verfahren, denn dieses konkrete Verfahren ist dadurch, dass andere Spruchkörper mittels Einsichtnahme evtl. die Zulässigkeit und Begründetheit der bei ihnen anhängigen – weiteren – Klagen der Kläger klären konnten, nicht ersichtlich gefördert worden.
Nachdem der Kammervorsitzende am 29. August 2008 zur Ergänzung der Akten vom damaligen Beklagten alle streitgegenständlichen Bescheide angefordert hatte und diese am 08. September 2008 beim SG eingegangen waren, ist im Zeitraum zwischen dem 10. September 2008 (Verfügung in das "E-Fach") und dem 30. November 2009 (Ladungsverfügung) das Verfahren über 14 volle Kalendermonate wiederum nicht gefördert worden, was ebenfalls der Sphäre des Beklagten zuzuordnen ist.
Im Anschluss an den Erörterungstermin vom 07. Januar 2010 ist es erneut zu einer erheblichen Liegezeit, nämlich im Umfang von 22 vollen Kalendermonaten, bis zum 16. Dezember 2011 (Datum des Gerichtsbescheids) gekommen. In der überwiegenden Zeit befand sich die Akte des Ausgangsverfahrens im "GB-Fach". Soweit die Gerichts- bzw. Verwaltungsakten sich vom 14. Januar bis zum 15. Februar 2010 sowie vom 24. Februar bis zum 12. August 2010 bei anderen Kammern des SG zur Einsichtnahme im Rahmen dort geführter Parallelverfahren der Kläger befunden haben, begründet dies keine Aktivität im vorliegenden Ausgangsverfahren.
Die genannten Liegezeiten im Klageverfahren von neun, 14 und 22 Monaten addieren sich damit auf 45 Monate.
Nach Eingang der Berufung bei dem LSG am 06. Januar 2012 ist das Verfahren zunächst konsequent betrieben worden. Allerdings ist zwischen dem 10. April 2012 und dem 06. August 2013, d. h. für 15 volle Kalendermonate, ein Stillstand des Verfahrens eingetreten, indem sich die Akte im "SF-ET-Fach" befand, ohne dass gerichtlicherseits weitere konkrete verfahrensfördernde Schritte unternommen worden wären. Ferner sind aus der Akte des Ausgangsverfahrens im nachfolgenden Zeitraum zwischen dem 23. September 2013 (Eingang der Verwaltungsakten des damaligen Beklagten) und dem 10. März 2014 (rechtlicher Hinweis an den Kläger zu 1), d. h. fünf volle Kalendermonate, ebenfalls keine Aktivitäten des Gerichts ersichtlich, die das Ausgangsverfahren befördert hätten. Ab dem 10. März 2014 ist das Berufungsverfahren dann jedoch durchgehend zügig und ohne Verzögerungen vorangebracht und durch Urteil vom 13. Mai, d.h. schon rund zwei Monate später, auch abgeschlossen worden. Auch die Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe ist anschließend umgehend (sieben Tage später) erfolgt.
Die Zeiten der gerichtlichen Inaktivität summieren sich damit in der Berufungsinstanz auf 20 volle Kalendermonate (15 + 5 Kalendermonate), sodass sich die in die Verantwortungssphäre des Beklagten fallende Verzögerung erst- und zweitinstanzlich insgesamt auf 65 volle Kalendermonaten beläuft.
Da es aber demnach im Ausgangsverfahren zu keinen Verfahrensverzögerungen nach dem 21. März 2014, dem frühest möglichen Zeitpunkt, zu welchem der Kläger zu 2) als Verfahrensbeteiligter anzusehen ist, gekommen ist, steht dem Kläger zu 2) – im Gegensatz zum Kläger zu 1) - kein Entschädigungsanspruch zu.
4. Auch dem Kläger zu 1) ist jedoch nicht ohne Weiteres eine Entschädigung für 65 Kalendermonate zu gewähren. Denn die Bestimmung der maximal zulässigen, noch angemessenen Verfahrenslaufzeit kann jeweils nur aufgrund einer abschließenden Gesamtbetrachtung und -würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls insbesondere mit Blick auf die in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien erfolgen. Die Feststellung längerer Zeiten fehlender Verfahrensförderung durch das Gericht in bestimmten Verfahrensabschnitten führt noch nicht zwangsläufig zu einer unangemessenen Verfahrensdauer. Denn es ist zu beachten, dass dem Rechtsschutz Suchenden - je nach Bedeutung und Zeitabhängigkeit des Rechtsschutzziels und abhängig von der Schwierigkeit des Rechtsstreits sowie von seinem eigenen Verhalten – gewisse Wartezeiten zuzumuten sind, da grundsätzlich jedem Gericht eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen muss (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 52). Allerdings muss die persönliche und sachliche Ausstattung der Sozialgerichte einerseits so beschaffen sowie die gerichtsinterne Organisation der Geschäfte (Geschäftsverteilung, Gestaltung von Dezernatswechseln etc.) andererseits so geregelt sein, dass ein Richter oder Spruchkörper die inhaltliche Bearbeitung und Auseinandersetzung mit der Sache wegen anderweitig anhängiger ggf. älterer oder vorrangiger Verfahren im Regelfall nicht länger als zwölf Monate zurückzustellen braucht. Die systematische Verfehlung dieses Ziels ist der Hauptgrund dafür, dass die für Ausstattung der Gerichte zuständigen Gebietskörperschaften Bund und Land mit den Kosten der Entschädigungszahlungen belastet werden, wenn Gerichtsverfahren eine angemessene Dauer überschreiten (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 53, – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 46, jeweils zitiert nach juris).
Vor diesem Hintergrund sind - vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls - Vorbereitungs- und Bedenkzeiten im Umfang von bis zu zwölf Monaten je Instanz regelmäßig als angemessen anzusehen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte als begründet und gerechtfertigt angesehen werden können, und können in mehrere, insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Angemessen bleibt die Gesamtverfahrensdauer regelmäßig zudem dann, wenn sie zwölf Monate überschreitet, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht oder durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht wird, die das Gericht nicht zu vertreten hat (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 33, 54 f., – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 47 f.).
Indes ist zu beachten, dass die genannten Orientierungswerte nur dann gelten, wenn sich nicht aus dem Vortrag des Klägers oder aus den Akten besondere Umstände ergeben, die vor allem mit Blick auf die Kriterien des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG im Einzelfall zu einer anderen Bewertung führen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 56). Eine Reduzierung der entschädigungslos hinzunehmenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit scheidet zur Überzeugung des Senats trotz der Tatsache, dass es um Grundsicherungsleistungen ging, vorliegend aus. Zum einen war streitig lediglich die Gewährung höherer Leistungen, zum anderen war der Leistungszeitraum zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen, sodass es nicht mehr um die Deckung eines gegenwärtigen Bedarfs ging und eine besonders eilige Erledigung nicht mehr geboten war. Darüber hinaus war der Rechtsstreit nach der teilweisen Erledigung in der mündlichen Verhandlung vom 03. Februar 2010 nur noch von eingeschränkter Bedeutung.
Umgekehrt sieht der Senat hier jedoch Anlass, die den Gerichten je Instanz zustehende – und entschädigungslos hinzunehmende – Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten auf 18 Monate zu erweitern. Ausschlaggebend ist dabei weniger das Vorgehen des Klägers zu 1) im konkreten streitgegenständlichen Ausgangsverfahren. Vielmehr hat der Senat im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung das Prozessverhalten des Klägers zu 1) im Allgemeinen berücksichtigt und dabei auch in Rechnung gestellt, dass sich dieses letztlich zum Nachteil aller anderen Rechtsschutz Suchenden auswirkt. Maßgeblich hierfür sind im Einzelnen folgende Erwägungen:
Der Kläger zu 1) erhebt im eigenen Namen und/oder als Prozessbevollmächtigter seiner Söhne in einem – auch für Bezieher von Grundsicherungsleistungen – weit überdurchschnittlichen Umfang Klagen vor dem SG. So hat er allein im Jahr 2007 beim SG zehn Verfahren im Bereich der Grundsicherung als Kläger eingeleitet, für den Kläger zu 2) drei Verfahren; im Jahr 2008 waren es beim Kläger zu 1) 14 und beim Kläger zu 2) vier Verfahren. 2009 machte der Kläger zu 1) 13 eigene und für den Kläger zu 2) zehn erstinstanzliche Verfahren anhängig. 2010 erhob er im eigenen Namen zwölf und für den Kläger zu 2) sieben Klagen, 2011 schließlich für sich zwölf und für den Kläger zu 2) vier Klagen. Darüber hinaus waren zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Ausgangsverfahren noch drei Verfahren des Klägers zu 1) aus dem Jahr 2006 anhängig und zwei des Klägers zu 2). Bereits die Vielzahl der von ihm parallel geführten Verfahren zeigt, dass er in erheblichem Umfang gerichtliche Arbeitskraft bindet.
Dies wird dadurch verstärkt, dass der Kläger zu 1) regelmäßig keine konkreten Anträge stellt und immer wieder unklar ist, in wessen Namen er Klage erhebt. So werden bereits die Verfahren auf Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung – zumindest scheinbar eher willkürlich - mal nur im eigenen Namen, mal – und dies wiederum in wechselnden Konstellationen - zugleich auch im Namen seiner Söhne geführt. Und die inzwischen in nicht unerheblichem Umfang anhängig gemachten Entschädigungsklagen werden – sei es von Anfang an, sei es im Wege der Klageerweiterung – nicht nur in Einzelfällen im Namen aller drei Personen erhoben, obwohl die Söhne am jeweils zum Gegenstand erklärten Ausgangsverfahren überhaupt nicht beteiligt waren. Symptomatisch ist es daher, dass im hier streitgegenständlichen Ausgangsverfahren zunächst überhaupt nicht deutlich war, wer Kläger ist, und dann im Laufe des Berufungsverfahrens auf den Hinweis der Berichterstatterin zuerst beide Söhne zu Klägern erklärt wurden, was später wieder korrigiert wurde, und auch die Entschädigungsklage zunächst im Namen beider Söhne erhoben wurde.
Weiter wird die Bearbeitung der vom Kläger zu 1) verfolgten Verfahren erheblich dadurch erschwert, dass die von ihm geltend gemachten Ansprüche regelmäßig nur sehr schwer zu fassen sind und dann im Laufe des Verfahrens auch noch wechseln. Darüber hinaus verfolgt der Kläger zu 1) - wie dem Senat bereits aus eigener Anschauung (L 34 AS 1583/10B ER, L 34 AS 1301/13) bekannt ist und wie sich auch dem in der Ausgangsverfahrensakte enthaltenen Protokoll zu dem Verfahren S 160 AS 25564/08 entnehmen lässt - in eigenem Namen und/oder dem seiner Söhne immer wieder die gleichen Begehren, und dies zum Teil auch noch in Zugunstenverfahren. All dies führt zum einen zu erheblichen Schwierigkeiten für die einzelnen Kammern des SG bzw. Senate des LSG, die für das jeweilige Verfahren benötigten Leistungsakten beizuziehen, zum anderen macht es regelmäßig Überprüfungen erforderlich, ob möglicherweise doppelte Rechtshängigkeit gegeben ist.
Gerichtliche Kapazitäten werden schließlich unnötigerweise auch dadurch gebunden, dass der Kläger zu 1) – sei es aus allgemeiner Überforderung mit der Materie, sei es der Vielzahl der von ihm geführten Verfahren geschuldet – letztlich selbst den Überblick über die von ihm anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten und die verfolgten Begehren verloren hat und ihm daher immer wieder Kopien seiner eigenen Schriftsätze zuzuschicken sind. Auch dies ist hier zum einen im Ausgangsverfahren erkennbar, in dem der Kläger zu 1) sich nicht mehr erinnerte, Erledigungserklärungen abgegeben zu haben, und auch erst nach Übersendung von Kopien seiner Klage- bzw. Berufungsschriftsätze sowie des erstinstanzlichen Urteils in der Lage war, prozessuale Erklärungen abzugeben. Zum anderen wird es erneut im hiesigen Entschädigungsverfahren deutlich, in dem der Kläger zu 1) zuletzt nach Erhalt der Ladung um Übersendung einer Kopie der Klageschrift gebeten hat, da er offenbar nicht wusste, um was es in diesem Verfahren überhaupt geht.
Berücksichtigt hat der Senat schließlich auch, dass sowohl den von dem Kläger zu 1) geführten Ausgangsverfahren als auch den diversen, im erkennenden Senat erhobenen Entschädigungsklagen - laut Verfahrensübersicht vom 04. Juni 2015 jeweils 13 Verfahren der Kläger zu 1) und 2) - nicht selten ein hohes Anspruchsdenken insbesondere des Klägers zu 1) zu entnehmen ist. Lediglich beispielhaft sei insoweit auf das unter dem Aktenzeichen S 37 SF 83/15 EK AS anhängige Entschädigungsverfahren verwiesen, in dem der Kläger zu 1) im eigenen Namen sowie dem seiner beiden Söhne Entschädigungen i.H.v. jeweils 800,00 EUR begehrt und dies mit Blick auf die Dauer eines Ausgangsverfahrens, an dem seine Söhne überhaupt nicht beteiligt waren, das auf Gewährung von Leistungen für eine Grundreinigung des (gemeinsamen) Badezimmers sowie für regelmäßige zukünftige Badezimmerreinigungen gerichtet und über zwei Instanzen hinweg in rund zwei Jahren rechtskräftig abgeschlossen war. Letztlich lässt nicht nur das Erheben, sondern auch das hartnäckige Festhalten an offensichtlich überzogenen Forderungen den Eindruck aufkommen, dass es dem Kläger zu 1) beim Prozessieren – anders als der Beklagte meint – wohl weniger um das Lahmlegen der Sozialgerichtsbarkeit, als vielmehr um das Erschließen von Einnahmequellen zur Finanzierung den alltäglichen Bedarf übersteigender Annehmlichkeiten geht. Deutlich wird dies z.B. in der in den Rechtsstreit eingeführten "Anhörungsrüge." des Klägers zu 1) vom 22. Mai 2015, in der es heißt: "Eine besondere Schadensersatzforderung behalte ich mit vor, da uns durch die Rechtsverweigerung weitere Schäden entstehen. Meine Söhne ( ) benötigen beide endlich einen Führerschein. Ferner könnte F Anfang Juni mit seinem Kumpel und Studienkollegen nach Japan fliegen. Das geht aber aus finanziellen Gründen leider nicht. Es sei denn, Sie schaffen es, schnell zu überweisen. F und mir ist sehr daran gelegen, dass er diese einmalige Gelegenheit wahrnehmen kann." Einen weiteren Hinweis bietet das Schreiben vom 02. September 2014 zum hiesigen Verfahren, in dem die Kläger sich für die bewilligte PKH bedanken, den Verzicht auf weitere Rechtsmittel bei schneller Zahlung der 4.500,00 EUR pro Person ankündigen und mitteilen, dass sie die Mittel "recht dringend" benötigten. Auch in der ebenfalls in den Rechtsstreit eingeführten "Erinnerung " vom 12. März 2015 zum Aktenzeichen L 37 SF 291/13 EK AS begehrt der Kläger zu 1) eine schnelle Überweisung von Geld, da beide Söhne "endlich ihren Führerschein machen wollen und sollen". Dass für den Kläger zu 1) sowie seine Söhne tatsächlich ein schneller Abschluss der (Ausgangs-)Verfahren im Vordergrund der eigenen Interessen steht, vermag der Senat hingegen nicht zu erkennen.
Auch wenn der Wunsch nach möglichst hohen finanziellen Leistungen, egal aus welcher staatlichen Quelle, menschlich verständlich sein mag, kann dies bei der Würdigung des Verhaltens eines Klägers im Entschädigungsverfahren ebenso wenig unberücksichtigt bleiben wie ein überproportional viel Arbeitskraft bindendes und sich damit letztlich für alle Rechtsuchenden negativ auswirkendes Prozessverhalten. Weiter kann sich dies zur Überzeugung des Senats nicht nur in den Fällen auswirken, in denen – sei es im Ausgangs-, sei es im Entschädigungsverfahren - im Einzelfall ein offensichtlich aussichtsloses Begehren in nicht adäquater Art und Weise verfolgt wird. Vielmehr müssen Kläger, die wie der Kläger zu 1) agieren, es hinnehmen, dass den Gerichten bei der Bearbeitung ihrer Verfahren allgemein eine längere Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden wird. Denn andernfalls bliebe – entschädigungsrechtlich betrachtet - das einer zügigen Verfahrensführung eher abträgliche Verhalten eines Klägers letztlich nicht nur folgenlos, sondern würde ihn im Rahmen von Entschädigungsverfahren noch gegenüber anderen Klägern begünstigen.
Vor diesem Hintergrund sind mit Blick auf das erst- und zweitinstanzliche Verfahren unter Berücksichtigung der im Umfang von 65 Kalendermonaten festgestellten Zeiten der Inaktivität abzüglich der jeder Instanz im vorliegenden konkreten Einzelfall unter Abwägung aller Umstände zustehenden und angemessenen achtzehnmonatigen Vorbereitungs- und Bedenkzeit (mithin insgesamt 36 Monate) letztlich 29 Monate als entschädigungsrelevant anzusehen.
5. Durch die überlange Verfahrensdauer hat der Kläger zu 1) einen Nachteil nicht vermögenswerter Art erlitten. Dies folgt bereits aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet wird, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Umstände, die diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen, sind nicht erkennbar und auch von dem Beklagten nicht vorgebracht worden.
Eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Absatz 4 GVG, insbesondere durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, ist zur Überzeugung des Senats nicht ausreichend (§ 198 Abs. 2 Satz 2 GVG). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 = SozR 4-1720 § 198 Nr. 1, SozR 4-1500 § 202 Nr. 1 m.w.N.; 12. Februar 2015 B 10 ÜG 11/13 R – in juris Rn. 36), kommt bei festgestellter Überlänge eines Gerichtsverfahrens eine derartige Kompensation eines Nichtvermögensschadens nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Verfahren beispielsweise für den Entschädigungskläger keine besondere Bedeutung hatte oder dieser durch sein Verhalten erheblich zur Verlängerung des Verfahrens beigetragen hat. Ein derartiger Ausnahmefall ist hier entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ersichtlich.
Ausgehend von der im Umfang von 29 Monaten überlangen Dauer des gerichtlichen Verfahrens beläuft sich die dem Kläger zu 1) zustehende angemessene Entschädigung auf 2.900,00 EUR (vgl. § 198 Abs. 2 S. 3 GVG). Soweit das Gericht nach § 198 Abs. 2 S. 4 GVG einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen kann, sieht der Senat hierfür keinen Anlass. Anhaltspunkte, die den Ansatz des gesetzlich vorgesehenen Pauschalbetrages unbillig und daher eine abweichende Festsetzung notwendig erscheinen lassen könnten, sind weder ersichtlich noch von den Beteiligten vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 ZPO war im Hinblick auf die Regelungen der §§ 202, 198 Abs. 1 SGG nicht auszusprechen.
Anlass, die Revision nach §§ 160 Abs. 2, 202 Satz 2 SGG, 201 Abs. 2 Satz 3 GVG zuzulassen, bestand nicht.
Tatbestand:
Die Kläger begehren eine Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin (SG) unter dem Aktenzeichen S 102 AS 20826/07 sowie dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) zuletzt unter dem Aktenzeichen L 28 AS 39/12 geführten Verfahrens.
Dem Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Bescheid vom 31. August 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 01. Februar 2006 und 27. März 2007 hatte das JobCenter N – der spätere Beklagte im Ausgangsverfahren – dem Kläger zu 1) und seinem im April 1988 geborenen, mithin damals noch minderjährigen Sohn F, dem jetzigen Kläger zu 2), Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 bewilligt. Der dagegen eingelegte Widerspruch war mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2007 zurückgewiesen worden.
Am 30. August 2007 ging die vom Kläger zu 1) formulierte und unterschriebene Klageschrift vom 25. August 2007 ein, mit welcher er sich gegen den Widerspruchsbescheid vom 22. August 2007 (gemeint: 21. August 2007) wandte und höhere Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Anrechnung von Kindergeld, unter Übernahme von monatlich 195 EUR Schulgeld, monatlich 26 EUR Fahrtkosten sowie unter Zugrundelegung eines höheren Regelsatzes begehrte. Die Klage wurde unter dem Az. S 102 AS 20826/07 registriert. Auf die Anforderung des SG vom 10. September 2007 (interne Wiedervorlagefrist von zwei Monaten) gingen am 31. Oktober 2007 die Klageerwiderung und die Verwaltungsakten des beklagten JobCenters bei Gericht ein. Am selben Tag sowie erneut am 07. Februar 2008 verfügte der damalige Kammervorsitzende eine Wiedervorlage in drei Monaten. Nachdem die Verwaltungsakten sich im März 2008 bei anderen Spruchkörpern zur Einsichtnahme (u. a. bei der 115. Kammer zur Prüfung einer doppelten Rechtshängigkeit) befunden hatten, forderte der Kammervorsitzende unter dem 29. August 2008 vom damaligen Beklagten Abschriften der streitgegenständlichen Bescheide an. Nach Eingang derselben am 08. September 2008 wurde der Rechtsstreit am 10. September 2008 in das so genannte "E-Fach" (Entscheidungs-Fach) verfügt. Aufgrund richterlicher Verfügung vom 30. November 2009 (Ladung vom 03. Dezember 2009) wurden die Beteiligten zur nichtöffentlichen Sitzung am 07. Januar 2010 geladen. In dem Termin konkretisierte der Kläger zu 1) – der auch nach wie vor alleine im Rubrum aufgeführt war - das Klagebegehren dahingehend, dass höhere Leistungen unter Außerachtlassung des Kindergeldes sowie unter Berücksichtigung von Fahrtkosten für seinen Sohn F i. H. v. 26 EUR monatlich, Stromkosten – soweit diese nicht bereits im Regelsatz enthalten seien – und eines Regelsatzes von 627 EUR monatlich pro Person begehrt würden. Die Beteiligten wurden zur Absicht des Gerichts, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, angehört.
In der Folgezeit wurden die Gerichts- bzw. Verwaltungsakten ab dem 14. Januar 2010 nacheinander mehreren Kammern des SG, u.a. der 160. Kammer zum Aktenzeichen S 160 AS 25564/08 (streitiger Zeitraum dort: 01. März 2007 bis 31. Dezember 2007), zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. In der am 03. Februar 2010 vor der 160. Kammer durchgeführten mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger zu 1) das Ausgangsverfahren, nachdem der Vertreter des damaligen Beklagten die streitigen Bescheide hinsichtlich der Höhe der Regelleistung und der Höhe der Grundsicherungsleistungen im Hinblick auf eine etwaige Einkommensanrechnung wegen der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden für vorläufig erklärt hatte, insoweit für erledigt. Nachdem der Vertreter des damaligen Beklagten darüber hinaus sich verpflichtet hatte, über den Antrag der Söhne des Klägers zu 1) auf Übernahme des Fahrgeldes für den Zeitraum vom 01. August 2005 bis zum 28. Februar 2010 binnen eines Monats zu entscheiden, wurde das Ausgangsverfahren auch hinsichtlich der Fahrtkosten für erledigt erklärt. Eine Abschrift dieses Protokolls gelangte zusammen mit der Gerichtsakte des Ausgangsverfahrens zwischen dem 10. und dem 15. Februar 2010 zurück an die 102. Kammer.
Bereits am 15. Februar 2010 und nochmals - nach erneutem Rücklauf der Akten - am 12. August 2010 wurde der Rechtsstreit in das so genannte "GB-Fach" (Gerichtsbescheids-Fach) verfügt. Das SG wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 16. Dezember 2011 – dem Kläger zu 1) und dem damaligen Beklagten jeweils zugestellt am 27. Dezember 2011 - ab.
Am 04. Januar 2012 ging die vom Kläger zu 1) verfasste Berufungsschrift beim SG, am 06. Januar 2012 beim LSG ein und wurde dort unter dem Az. L 29 AS 39/12 registriert. Mit Schreiben vom 13. Januar 2012 wurde das beklagte JobCenter aufgefordert, binnen fünf Wochen auf die Berufung zu erwidern und seine Akten zu übersenden. Die interne Wiedervorlagefrist lief bis zum 24. Februar 2012. Nach Erinnerung durch die Berichterstatterin vom 01. März 2012 ging am 29. März 2012 die Berufungserwiderung des damaligen Beklagten ein verbunden mit einem Hinweis, bei welchen anderen Verfahren sich die Verwaltungsakten derzeit befänden, und der Bitte, sie von dort direkt anzufordern. Unter dem 03. April 2012 erteilte die Berichterstatterin dem Kläger zu 1) einen rechtlichen Hinweis zum Streitgegenstand des Verfahrens insbesondere unter Berücksichtigung seiner Erklärungen im Termin zur mündlichen Verhandlung zum Aktenzeichen S 160 AS 25564/08 am 03. Februar 2010, auf welchen dieser am folgenden Tag Stellung nahm und meinte, ein Verfahren S 160 AS 25564/08 sei ihm nicht bekannt. Am 10. April 2012 wurde der Rechtsstreit in das so genannte "SF-ET"-Fach (Sitzungs-Erörterungs-/Entscheidungstermins-Fach) verfügt.
Zum 01. August 2012 wechselte der Rechtsstreit in die Zuständigkeit des 28. Senats (Az. nunmehr: L 28 AS 39/12). Die Verfügung "SF-ET" wurde fortgeschrieben.
Mit am 27. Juli 2013 beim LSG eingegangenem Schriftsatz des Klägers zu 1) vom selben Tag rügte dieser die zu lange Bearbeitungszeit nach dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (GRüGV).
Am 06. August 2013 forderte die Berichterstatterin die Verwaltungsakten zunächst vom damaligen Beklagten an, dann – nachdem der Beklagte mitgeteilt hatte, wo sich die Behelfsakten nunmehr befänden – von verschiedenen Senaten des LSG. Zum 23. September 2013 lagen acht Bände Behelfsakten vor. Ferner wurde eine Archivakte des SG beigezogen, die Mitte September 2013 einging. Aufgrund dringender Aktenanforderungen der anderen Senate wurden die Behelfsakten am 25. November 2013 von der Berichterstatterin wieder zurückgesandt. Am 11. Dezember 2013 musste auch die vom SG beigezogene Akte dorthin wieder zurückgegeben werden. Unter dem 10. März 2014 erteilte die Berichterstatterin einen rechtlichen Hinweis u. a. zur Absicht des Senats, im Hinblick auf die vom Kläger zu 1) ebenfalls geltend gemachten Ansprüche des Sohnes F bei Vorlage einer Vollmacht das Rubrum um diesen (als Kläger zu 2) zu ergänzen. Hierzu äußerte sich der Kläger zu 1) am 11. März 2014 und stellte unter Übersendung entsprechender Vollmachten vom 11. März 2014 klar, dass er das Verfahren auch im Namen seiner beiden Söhne führe. Auf Anforderung der Berichterstatterin ging außerdem am 18. März 2014 eine Abschrift des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides beim LSG ein. Mit Beschluss vom selben Tag übertrug der Senat den Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Am 20. März 2014 erteilte die Berichterstatterin einen weiteren rechtlichen Hinweis zur Frage, wer im Ausgangsverfahren zulässigerweise Kläger sein könne. Daraufhin bat der Kläger zu 1) einen Tag später zunächst um Kopien seiner Klageschrift, des sozialgerichtlichen Urteils sowie der Berufungsschrift, da er seine Akten nicht finde. Nach Erhalt von insgesamt 10 Kopien grenzte der Kläger zu 1) am 31. März 2014 das Begehren ein und stellte nunmehr klar, dass Kläger nur er und sein Sohn F, nicht aber sein Sohn F, seien. Außerdem begehrte er nunmehr eine Verzinsung der nachzuzahlenden Leistungen. Daraufhin wurde am 07. April 2014 das Rubrum um den Kläger zu 2) ergänzt. Mit richterlicher Verfügung vom 14. April 2014 wurde mündliche Verhandlung auf den 13. Mai 2014 anberaumt (Terminsmitteilung vom 16. April 2014). In diesem Termin, zu welchem die Kläger nicht erschienen, wies das LSG die Berufung der Kläger durch Urteil - den Klägern zugestellt am 20. Mai 2014, dem damaligen Beklagten am 21. Mai 2014 - zurück.
Bereits am 29. Januar 2014 haben der Kläger zu 1), der Kläger zu 2) – vertreten durch den Kläger zu 1) – sowie der weitere Sohn des Klägers zu 1) – ebenfalls vertreten durch diesen - eine auf Gewährung einer Entschädigung gerichtete Klage erhoben und geltend gemacht, die Verfahrensdauer sei überlang. Angemessen pro Instanz seien lediglich sechs Monate. Auf ausdrückliche Nachfrage ist ferner ausgeführt worden, seit Klageeinreichung seien 78 Monate verstrichen. Sie begehrten daher eine Entschädigung in Höhe von 7.200,00 EUR pro Kläger.
Auf gerichtlichen Hinweis vom 04. April 2014 ist die Klage des zweiten Sohnes des Klägers zu 1) mit Schriftsatz vom 05. April 2014 (Eingang am selben Tag) zurückgenommen worden.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, ihnen wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 102 AS 20826/07 sowie vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter den Aktenzeichen L 29 AS 39/12 sowie L 28 AS 39/12 geführten Verfahrens eine Entschädigung i. H. v. jeweils 7.200,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt u. a. die Auffassung, es fehle an einer unverzüglichen Verzögerungsrüge. Dem Gesetz lasse sich nicht mit Sicherheit entnehmen, was bzgl. der Verzögerungsrüge in den Fällen gelte, die innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten des GRüGV in der ersten Instanz zum Abschluss gebracht worden seien. Es erscheine jedoch sachgerecht, auch in diesen Fällen eine Verzögerungsrüge zu fordern, um eine Besserstellung der Kläger zu vermeiden. Daher seien die behaupteten Verzögerungen, die nach Auffassung der Kläger bis zum Inkrafttreten des GRüGV eingetreten seien, zur Begründung des Entschädigungsanspruchs nicht heranzuziehen. Da nicht rechtzeitig gerügt worden sei, begründe die Rüge den Anspruch erst vom Rügezeitpunkt an. Für die Zeit ab dem 28. Juli 2013 bis zur Erhebung der Entschädigungsklage am 29. Januar 2014 seien keine Verzögerungen in der Bearbeitung zu erkennen. Hilfsweise sei zu beachten, dass es im Laufe des Ausgangsverfahrens zwar zu Lücken gekommen sei, es sich dabei aber um Bearbeitungszeiten handele.
Schließlich sei ggf. das Prozessverhalten der Kläger, insbesondere des Klägers zu 1), nicht nur in diesem Verfahren, sondern im Allgemeinen zu beachten. Für den Kläger zu 1) seien beim LSG bereits zahlreiche Verfahren registriert, davon auch sehr viele Entschädigungsklagen. Angesichts seines Vortrags in Dienstaufsichtsbeschwerdesachen sei davon auszugehen, dass es ihm tatsächlich nicht um eine schnelle Erledigung der Verfahren, sondern letztlich um die Beschaffung von Mitteln zur Finanzierung von Luxusgütern gehe. Deutlich sei dies z.B. auch in einem Verfahren geworden, in dem die Kläger eine Entschädigung für die Dauer eines Verfahrens gefordert haben, in welchem sie die Übernahme der Kosten für eine Badezimmerreinigung gefordert hatten und das zügig zum Abschluss gebracht worden war. Es dränge sich der Eindruck auf, dass Sinn und Zweck des Agierens das Lahmlegen der Sozialgerichtsbarkeit ist. Dies dürfe nicht noch mit der Zahlung einer Entschädigung belohnt werden. Insoweit reiche zur Kompensation jedenfalls die Feststellung der überlangen Verfahrensdauer aus.
Der Senat hat den Klägern mit Beschluss vom 23. Juli 2014 für das Klageverfahren vor dem LSG Prozesskostenhilfe ab dem 25. Februar 2014 hinsichtlich einer Entschädigung i. H. v. jeweils 4.500,00 Euro, mithin insgesamt 9.000,00 Euro, bewilligt.
Die Kläger haben daraufhin mit Schreiben vom 02. September 2014 mitgeteilt, sie bedankten sich für die Gewährung der Prozesskostenhilfe und würden, wenn schnell entschieden werde und sie die 4.500,00 EUR pro Person bekämen, auf weitere Rechtsmittel verzichten. Allerdings benötigten sie diese Mittel recht dringend, dies sollte berücksichtigt werden.
Zuletzt hat der Senat eine Kopie eines Schreibens des Klägers zu 1) aus dem Rechtsstreit L 37 SF 291/13 EK AS vom 12. März 2015 "Erinnerung und alle in Frage kommende Rechtsbehelfe" sowie einer "Anhörungsrüge, Erinnerung, Nichtzulassungsbeschwerde, Dienstaufsichtsbeschwerde, Fachaufsichtsbeschwerde und alle weiteren, in Frage kommenden Rechtsmittel" vom 22. Mai 2015 ebenso wie Ausdrucke von Übersichten der von den Klägern beim LSG sowie beim SG geführten Verfahren in den Rechtsstreit eingeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Akte des Ausgangsverfahrens verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen sind zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
A. Die auf Gewährung einer Entschädigung gerichteten Klagen sind zulässig.
I. Maßgebend für das vorliegende Klageverfahren sind die §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG, jeweils in der Fassung des GRüGV vom 24. November 2011 (BGBl. I, S. 2302) und des Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2554). Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer handelt es sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch im Sinne des Art. 34 des Grundgesetzes (GG). Es ist daher nicht der ordentliche Rechtsweg, sondern vorliegend der zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Denn die grundsätzlich in § 201 Abs. 1 Satz 1 vorgesehene Zuweisung der Entschädigungsklagen an das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde, wird für sozialgerichtliche Verfahren in § 202 Satz 2 SGG modifiziert. Nach dieser Regelung sind die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das SGG tritt. Für die Entscheidung über die Klagen ist daher das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zuständig.
II. Die Klagen sind als allgemeine Leistungsklagen statthaft. Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i. V. m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen. Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Kläger machen angesichts der Regelung des § 198 GVG nachvollziehbar geltend, auf die jeweils begehrte Entschädigungszahlung, die eine Leistung i. S. d. § 54 Abs. 5 SGG darstellt, einen Rechtsanspruch zu haben. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl. § 198 Abs. 5 GVG). Vielmehr lässt die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung (BT-Drs. 17/3802, S. 22 zu Abs. 5 Satz 1), nach der der Anspruch nach allgemeinen Grundsätzen auch vor einer Klageerhebung gegenüber dem jeweils haftenden Rechtsträger geltend gemacht und außergerichtlich befriedigt werden kann, erkennen, dass es sich hierbei um eine Möglichkeit, nicht jedoch eine Verpflichtung handelt.
III. Auch sind die Klagen formgerecht (§ 90 SGG) und unter Berücksichtigung der maßgeblichen Fristen des § 198 Abs. 5 Satz 1 und 2 GVG erhoben worden. Nach diesen Bestimmungen kann eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge und muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Jedenfalls der Kläger zu 1) hat mit bei Gericht am 27. Juli 2013 eingegangenem Schriftsatz die Verfahrensverzögerung förmlich gerügt. Noch vor Abschluss des Verfahrens durch Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 13. Mai 2014 am 23. Juni 2014, haben die Kläger am 29. Januar 2014, mithin nach Ablauf eines halben Jahres nach Erhebung der Verzögerungsrüge, Entschädigungsklage erhoben.
B. Die Zahlungsklagen sind aber hinsichtlich des Klägers zu 1) nur teilweise begründet, hinsichtlich des Klägers zu 2) unbegründet.
Die Kläger begehren eine Entschädigung für das beim SG am 30. August 2007 eingeleitete und letztlich mit Einritt der Rechtskraft des Urteils des LSG am 23. Juni 2014 beendete, mithin insgesamt sechs Jahre und neun volle Monate andauernde, Verfahren (hiervon vier Jahre und drei volle Monate Verfahrensdauer vor dem SG sowie zwei Jahre und fünf volle Monate vor dem LSG). Sie meinen, dass der Rechtsstreit bei ordnungsgemäßem Verfahrensgang eine Dauer von höchstens sechs Monaten pro Instanz, mithin ein Jahr nicht hätte überschreiten dürfen. Wegen der eingetretenen Verzögerungen machen sie ausschließlich einen Nachteil geltend, der kein Vermögensnachteil ist, und begehren eine Entschädigung i.H.v. jeweils 7.200,00 EUR. Eine Entschädigung kann jedoch letztlich nur dem Kläger zu 1) und diesem auch lediglich im Umfang von 2.900,00 EUR zugesprochen werden.
I. Richtiger Beklagter ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats das Land Berlin, obwohl die Kläger auch die Dauer des in der Berufungsinstanz vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg geführten Verfahrens rügen und dieses Gericht seinen Sitz im Land Brandenburg hat (vgl. u. a. die Senatsentscheidungen vom 06. Dezember 2013 – L 37 SF 69/12 EK KA – und L 37 SF 2/13 EK U -, beide in juris).
Auch die Übertragung der Vertretung des beklagten Bundeslandes Berlin auf die Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (§ 29 Abs. 1 Satz 1 der Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz vom 22. Oktober 2012, Amtsblatt Berlin 2012, 1979) ist nicht zu beanstanden. Insbesondere durfte diese Übertragung durch eine Verwaltungsanweisung vorgenommen werden; ein Gesetz war nicht erforderlich (so Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 17. April 2013 - X K 3/12 - juris, Rn. 30 ff. für die vorher geltende Anordnung über die Vertretung des Landes Berlin im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz vom 20.09.2007, Amtsblatt Berlin 2007, 2641; ebenso die ständige Rechtsprechung des Senats: u. a. Urteile vom 06. Dezember 2013 – L 37 SF 69/12 EK KA – und L 37 SF 2/13 EK U -, a. a. O.).
II. Grundlage für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch ist § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Verfahrensbeteiligter i.S.d. Gesetzes ist nach § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 S. 2 GVG). Eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Dies gilt nach Art. 23 Satz 2 bis 5 GRüGV für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten des GRüGV schon verzögert sind, mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten des GRüGV erhoben werden muss. Nur in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum.
1. Verfahrensbeteiligte des Ausgangsverfahrens i.S.d. § 198 Abs. 1 GVG sind hier im Grundsatz sowohl der Kläger zu 1) als auch der Kläger zu 2), letzterer allerdings frühestens ab dem 21. März 2014, wenn nicht gar erst aufgrund der "Rubrumsberichtigung" durch das LSG seit dem 07. April 2014. Denn erst am 21. März 2014 hat der Kläger zu 1) im streitgegenständlichen Ausgangsverfahren unter Vorlage einer entsprechenden Vollmacht des Klägers zu 2) vom 11. März 2014 mitgeteilt, auch dessen Ansprüche geltend zu machen. Bis dahin war der Kläger zu 2) nicht Verfahrensbeteiligter und konnte sich vernünftigerweise auch nicht als solcher betrachten.
Der Kläger zu 2) war zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage beim Sozialgericht bereits volljährig und wurde daher nicht mehr gesetzlich durch seinem Vater vertreten. Er hätte diesen mithin zur Klageerhebung in seinem Namen bevollmächtigten müssen. Dass er dies seinerzeit getan hätte, war für das Gericht nicht ersichtlich. Jedenfalls war der Klageschrift seines Vaters eine entsprechende Erklärung nicht beigefügt. Ebenso wenig hat der Kläger zu 2) zu irgendeinem Zeitpunkt während des Verfahrens vor dem Sozialgericht persönlich Anträge gestellt, sich auch nur – sei es schriftlich, sei es mündlich - bei Gericht gemeldet oder am Erörterungstermin am 07. Januar 2010 teilgenommen. Umgekehrt wurde er weder im Rahmen der gerichtlichen Schreiben als Kläger benannt noch im Rubrum des erstinstanzlichen Urteils erwähnt. Der Kläger zu 2) konnte daher selbst nicht davon ausgehen, Beteiligter des streitgegenständlichen Ausgangsverfahrens zu sein, und dies auch dann nicht, wenn er von dem von seinem Vater geführten Verfahren überhaupt Kenntnis gehabt haben sollte.
Anderes kann hier auch nicht unter dem Aspekt einer möglicherweise bestehenden Pflicht des SG, den Kläger zu 2) in das Verfahren einzubeziehen, gelten. Denn zwar waren nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Rechtsstreitigkeiten nach dem SGB II Klageanträge für eine Übergangszeit in Anwendung des so genannten Meistbegünstigungsgrundsatzes danach zu beurteilen, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Klage hätten erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten Leistungen zu erhalten. Diese Übergangsfrist endete jedoch bereits am 30. Juni 2007 (BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – in juris Rn. 11) und damit vor Eingang der dem streitgegenständlichen Ausgangsverfahren zugrundeliegenden Klage am 30. August 2007. Dass das LSG schließlich den Kläger zu 2) dennoch in das Ausgangsverfahren einbezogen hat, bewirkt nicht, dass er deshalb auch von Anfang an als Verfahrensbeteiligter des streitgegenständlichen Ausgangsverfahrens i.S.d. § 198 Abs. 1 GVG anzusehen wäre. Denn dieser Schritt vermag nichts daran zu ändern, dass der Kläger zu 2) durch die mögliche Überlänge eines Verfahrens, als dessen Beteiligter er sich nach vorstehenden Erwägungen vernünftigerweise nicht betrachtet haben kann, einen immateriellen Schaden, zu dem nach den Vorstellungen des Gesetzgebers insbesondere die seelische Unbill durch die lange Verfahrensdauer (Gesetzentwurf BT-Drucks 17/3802, S 19) gehört (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – in juris Rn. 58), nicht erleiden konnte. Er ist daher nur hinsichtlich solcher – möglicher – Verzögerungen aktivlegitimiert, die im Ausgangsverfahren nach dem 21. März 2014 eingetreten sind.
2. Das Ausgangsverfahren hat am 30. August 2007 begonnen und war mithin zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des GRüGV am 03. Dezember 2011 bereits anhängig. Auch dürfte das zu diesem Zeitpunkt noch in der ersten Instanz anhängige Ausgangsverfahren damals schon verzögert gewesen sein, sodass die Verzögerungsrüge gemäß Art. 23 Satz 2 GRüGV unverzüglich hätte erhoben werden müssen. Die Verzögerungsrüge des Klägers zu 1) ist vorliegend jedoch erst am 27. Juli 2013 beim LSG eingegangen und damit nicht unverzüglich erhoben worden (vgl. für die insoweit zu wahrende Dreimonatsfrist: Urteile des BFH vom 07.11.2013 – X K 13/12 – juris, Rn. 31 ff. sowie vom 20.08.2014 – X K 9/13 – juris, Rn. 23, des BGH vom 10.04.2014 – III ZR 335/13 – juris, Rn. 23 ff. sowie des BSG vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 9/13 R -, juris, Rn. 23). Eine unverzügliche Verzögerungsrüge war hier allerdings – dem Rechtsgedanken des Art. 23. S. 4 GRüGV folgend – entbehrlich. Die Verzögerungsrüge soll dem bearbeitenden Richter die Möglichkeit zu einer beschleunigten Verfahrensförderung eröffnen und insofern als Vorwarnung dienen. Im Hinblick auf diese Warnfunktion muss sie bei dem Gericht erhoben werden, bei dem das Verfahren anhängig ist (vgl. hierzu BT-Drs. 17/3802, S. 20). Eine Pflicht zur unverzüglichen Rüge ist allerdings dann nicht sinnvoll, sondern im Gegenteil kontraproduktiv, wenn die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz liegt. In derartigen Konstellationen kann eine Rüge unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes für die befasste Instanz keine Präventivfunktion mehr entfalten (vgl. hierzu BT-Drs. 17/3802, S. 31). Gleiches gilt hier: Da das erstinstanzliche Verfahren durch Zustellung des Gerichtsbescheids vom 16. Dezember 2011 am 27. Dezember 2011 – mithin binnen drei Wochen nach Inkrafttreten des GRüGV - abgeschlossen war, hätte nur eine binnen dieser drei Wochen erhobene Verzögerungsrüge ihre Warnfunktion ausfüllen können. Diese Frist ist jedoch deutlich kürzer als die für die Unverzüglichkeit der Verzögerungsrüge nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung als hinreichend angesehene Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des GRüGV – mithin bis zum 03. März 2012 - und würde die Möglichkeit der Kläger, eine anspruchswahrende (Art. 23 Satz 3 GRüGV) - unverzügliche - Verzögerungsrüge einzulegen, in nicht hinnehmbarer Weise beschneiden. Dies gilt insbesondere bei einer schriftlichen Entscheidung des Gerichts – sei es wie hier durch Gerichtsbescheid, sei es durch Urteil ohne mündliche Verhandlung -, bei der es für Kläger im Regelfall unabsehbar ist, wann die Entscheidung ergehen bzw. ihnen bekannt gemacht werden wird. Eine unverzügliche Verzögerungsrüge war daher in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation obsolet.
3. Ob ein Verfahren als überlang anzusehen ist, richtet sich nicht nach starren Fristen. Vielmehr regelt § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausdrücklich, dass es auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritten ankommt. Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer ist danach - so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/3802, S. 18 f. zu § 198 Abs. 1) - unter dem Aspekt einer möglichen Mitverursachung zunächst die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat. Außerdem sind insbesondere zu berücksichtigen die Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falles sowie die Bedeutung des Rechtsstreits, wobei nicht nur die Bedeutung für den auf Entschädigung klagenden Verfahrensbeteiligten aus der Sicht eines verständigen Betroffenen von Belang ist, sondern auch die Bedeutung für die Allgemeinheit. Diese Umstände sind darüber hinaus in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen (vgl. dazu BSG, Urteile vom 21.02.2013 - B 10 ÜG 1/12 und 2/12 KL -, zitiert nach juris, jeweils Rn. 25 ff. und m.w.N.). Denn schon aus der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit wird deutlich, dass es auf eine gewisse Schwere der Belastung ankommt. Ferner sind das Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) sowie das Ziel, inhaltlich richtige Entscheidungen zu erhalten, zu berücksichtigen. Schließlich muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat, sodass ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten ist. Insgesamt reicht daher zur Annahme der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nicht jede Abweichung vom Optimum aus, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 33).
Im streitgegenständlichen Ausgangsverfahren ging es um die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und damit angesichts des Charakters der Leistungen zumindest aus Sicht des Klägers zu 1) - und später auch des Klägers zu 2) - um ein nicht unerhebliches Verfahren, dessen Bedeutung sich jedoch bereits am 03. Februar 2010 dadurch deutlich minderte, dass der Streitgegenstand aufgrund der Erledigungserklärungen in der mündlichen Verhandlung vor der 160. Kammer eingegrenzt wurde, und das mangels Notwendigkeit tatsächlicher Ermittlungen von durchschnittlicher Schwierigkeit war. Allerdings ist die Komplexität aufgrund der – zunächst versteckten - subjektiven Klagehäufung, der Unklarheiten, wer Kläger ist, der Vielzahl geltend gemachter Ansprüche, der zahlreichen parallelen Rechtsstreitigkeiten der Kläger und der mangelnden Übersicht des Klägers zu 1) über die von ihm geführten Verfahren als überdurchschnittlich anzusehen.
Mit Blick auf die - wenn auch in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG als Kriterium zur Bestimmung der Angemessenheit nicht ausdrücklich erwähnte - für eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch den Beklagten wesentliche Frage, ob diesem zurechenbare Verhaltensweisen des Ausgangsgerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben, sind maßgeblich allein Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 41). Vor diesem Hintergrund sind die während des Verfahrens aufgetretenen aktiven und inaktiven Zeiten der Bearbeitung konkret zu ermitteln. Kleinste relevante Zeiteinheit ist im Geltungsbereich des GRüGV dabei stets der Monat (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R – Rn. 25, - B 10 ÜG 2/13 – Rn. 24, jeweils zitiert nach juris) im Sinne des Kalendermonats (BSG, Urteil vom 12.02.2015 – B 10 ÜG 11/13 R –, 2. Leitsatz und Rn. 34). Zu beachten ist dabei ferner, dass auch dann keine inaktive Zeit der Verfahrensführung vorliegt, wenn ein Kläger während Phasen (vermeintlicher) Inaktivität des Gerichts selbst durch das Einreichen von Schriftsätzen eine Bearbeitung des Vorganges durch das Gericht bewirkt. Denn eingereichte Schriftsätze, die einen gewissen Umfang haben und sich inhaltlich mit Fragen des Verfahrens befassen, bewirken generell eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit beim Gericht, die mit einem Monat zu Buche schlägt (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 57).
Das streitgegenständliche Ausgangsverfahren ist zunächst durch das Gericht zügig betrieben worden. Allerdings ist es bereits zwischen dem 31. Oktober 2007 (Eingang der Klageerwiderung und der Verwaltungsakten) und dem 29. August 2008 zu einer ersten, der Verantwortungssphäre des Beklagten zuzuordnenden, Bearbeitungslücke im Umfang von neun vollen Kalendermonaten gekommen. In dieser Phase ist der Rechtsstreit mehrmals verfristet worden. Soweit sich die Akten im März 2008 bei verschiedenen anderen Spruchkörpern zur Einsichtnahme befunden haben (u. a. zur Prüfung einer doppelten Rechtshängigkeit bei der 115. Kammer des SG), begründet dies keine Aktivität des Gerichts im vorliegenden Verfahren, denn dieses konkrete Verfahren ist dadurch, dass andere Spruchkörper mittels Einsichtnahme evtl. die Zulässigkeit und Begründetheit der bei ihnen anhängigen – weiteren – Klagen der Kläger klären konnten, nicht ersichtlich gefördert worden.
Nachdem der Kammervorsitzende am 29. August 2008 zur Ergänzung der Akten vom damaligen Beklagten alle streitgegenständlichen Bescheide angefordert hatte und diese am 08. September 2008 beim SG eingegangen waren, ist im Zeitraum zwischen dem 10. September 2008 (Verfügung in das "E-Fach") und dem 30. November 2009 (Ladungsverfügung) das Verfahren über 14 volle Kalendermonate wiederum nicht gefördert worden, was ebenfalls der Sphäre des Beklagten zuzuordnen ist.
Im Anschluss an den Erörterungstermin vom 07. Januar 2010 ist es erneut zu einer erheblichen Liegezeit, nämlich im Umfang von 22 vollen Kalendermonaten, bis zum 16. Dezember 2011 (Datum des Gerichtsbescheids) gekommen. In der überwiegenden Zeit befand sich die Akte des Ausgangsverfahrens im "GB-Fach". Soweit die Gerichts- bzw. Verwaltungsakten sich vom 14. Januar bis zum 15. Februar 2010 sowie vom 24. Februar bis zum 12. August 2010 bei anderen Kammern des SG zur Einsichtnahme im Rahmen dort geführter Parallelverfahren der Kläger befunden haben, begründet dies keine Aktivität im vorliegenden Ausgangsverfahren.
Die genannten Liegezeiten im Klageverfahren von neun, 14 und 22 Monaten addieren sich damit auf 45 Monate.
Nach Eingang der Berufung bei dem LSG am 06. Januar 2012 ist das Verfahren zunächst konsequent betrieben worden. Allerdings ist zwischen dem 10. April 2012 und dem 06. August 2013, d. h. für 15 volle Kalendermonate, ein Stillstand des Verfahrens eingetreten, indem sich die Akte im "SF-ET-Fach" befand, ohne dass gerichtlicherseits weitere konkrete verfahrensfördernde Schritte unternommen worden wären. Ferner sind aus der Akte des Ausgangsverfahrens im nachfolgenden Zeitraum zwischen dem 23. September 2013 (Eingang der Verwaltungsakten des damaligen Beklagten) und dem 10. März 2014 (rechtlicher Hinweis an den Kläger zu 1), d. h. fünf volle Kalendermonate, ebenfalls keine Aktivitäten des Gerichts ersichtlich, die das Ausgangsverfahren befördert hätten. Ab dem 10. März 2014 ist das Berufungsverfahren dann jedoch durchgehend zügig und ohne Verzögerungen vorangebracht und durch Urteil vom 13. Mai, d.h. schon rund zwei Monate später, auch abgeschlossen worden. Auch die Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe ist anschließend umgehend (sieben Tage später) erfolgt.
Die Zeiten der gerichtlichen Inaktivität summieren sich damit in der Berufungsinstanz auf 20 volle Kalendermonate (15 + 5 Kalendermonate), sodass sich die in die Verantwortungssphäre des Beklagten fallende Verzögerung erst- und zweitinstanzlich insgesamt auf 65 volle Kalendermonaten beläuft.
Da es aber demnach im Ausgangsverfahren zu keinen Verfahrensverzögerungen nach dem 21. März 2014, dem frühest möglichen Zeitpunkt, zu welchem der Kläger zu 2) als Verfahrensbeteiligter anzusehen ist, gekommen ist, steht dem Kläger zu 2) – im Gegensatz zum Kläger zu 1) - kein Entschädigungsanspruch zu.
4. Auch dem Kläger zu 1) ist jedoch nicht ohne Weiteres eine Entschädigung für 65 Kalendermonate zu gewähren. Denn die Bestimmung der maximal zulässigen, noch angemessenen Verfahrenslaufzeit kann jeweils nur aufgrund einer abschließenden Gesamtbetrachtung und -würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls insbesondere mit Blick auf die in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien erfolgen. Die Feststellung längerer Zeiten fehlender Verfahrensförderung durch das Gericht in bestimmten Verfahrensabschnitten führt noch nicht zwangsläufig zu einer unangemessenen Verfahrensdauer. Denn es ist zu beachten, dass dem Rechtsschutz Suchenden - je nach Bedeutung und Zeitabhängigkeit des Rechtsschutzziels und abhängig von der Schwierigkeit des Rechtsstreits sowie von seinem eigenen Verhalten – gewisse Wartezeiten zuzumuten sind, da grundsätzlich jedem Gericht eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen muss (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 52). Allerdings muss die persönliche und sachliche Ausstattung der Sozialgerichte einerseits so beschaffen sowie die gerichtsinterne Organisation der Geschäfte (Geschäftsverteilung, Gestaltung von Dezernatswechseln etc.) andererseits so geregelt sein, dass ein Richter oder Spruchkörper die inhaltliche Bearbeitung und Auseinandersetzung mit der Sache wegen anderweitig anhängiger ggf. älterer oder vorrangiger Verfahren im Regelfall nicht länger als zwölf Monate zurückzustellen braucht. Die systematische Verfehlung dieses Ziels ist der Hauptgrund dafür, dass die für Ausstattung der Gerichte zuständigen Gebietskörperschaften Bund und Land mit den Kosten der Entschädigungszahlungen belastet werden, wenn Gerichtsverfahren eine angemessene Dauer überschreiten (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 53, – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 46, jeweils zitiert nach juris).
Vor diesem Hintergrund sind - vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls - Vorbereitungs- und Bedenkzeiten im Umfang von bis zu zwölf Monaten je Instanz regelmäßig als angemessen anzusehen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte als begründet und gerechtfertigt angesehen werden können, und können in mehrere, insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Angemessen bleibt die Gesamtverfahrensdauer regelmäßig zudem dann, wenn sie zwölf Monate überschreitet, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht oder durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht wird, die das Gericht nicht zu vertreten hat (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 33, 54 f., – B 10 ÜG 2/14 R – Rn. 47 f.).
Indes ist zu beachten, dass die genannten Orientierungswerte nur dann gelten, wenn sich nicht aus dem Vortrag des Klägers oder aus den Akten besondere Umstände ergeben, die vor allem mit Blick auf die Kriterien des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG im Einzelfall zu einer anderen Bewertung führen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – juris, Rn. 56). Eine Reduzierung der entschädigungslos hinzunehmenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit scheidet zur Überzeugung des Senats trotz der Tatsache, dass es um Grundsicherungsleistungen ging, vorliegend aus. Zum einen war streitig lediglich die Gewährung höherer Leistungen, zum anderen war der Leistungszeitraum zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen, sodass es nicht mehr um die Deckung eines gegenwärtigen Bedarfs ging und eine besonders eilige Erledigung nicht mehr geboten war. Darüber hinaus war der Rechtsstreit nach der teilweisen Erledigung in der mündlichen Verhandlung vom 03. Februar 2010 nur noch von eingeschränkter Bedeutung.
Umgekehrt sieht der Senat hier jedoch Anlass, die den Gerichten je Instanz zustehende – und entschädigungslos hinzunehmende – Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten auf 18 Monate zu erweitern. Ausschlaggebend ist dabei weniger das Vorgehen des Klägers zu 1) im konkreten streitgegenständlichen Ausgangsverfahren. Vielmehr hat der Senat im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung das Prozessverhalten des Klägers zu 1) im Allgemeinen berücksichtigt und dabei auch in Rechnung gestellt, dass sich dieses letztlich zum Nachteil aller anderen Rechtsschutz Suchenden auswirkt. Maßgeblich hierfür sind im Einzelnen folgende Erwägungen:
Der Kläger zu 1) erhebt im eigenen Namen und/oder als Prozessbevollmächtigter seiner Söhne in einem – auch für Bezieher von Grundsicherungsleistungen – weit überdurchschnittlichen Umfang Klagen vor dem SG. So hat er allein im Jahr 2007 beim SG zehn Verfahren im Bereich der Grundsicherung als Kläger eingeleitet, für den Kläger zu 2) drei Verfahren; im Jahr 2008 waren es beim Kläger zu 1) 14 und beim Kläger zu 2) vier Verfahren. 2009 machte der Kläger zu 1) 13 eigene und für den Kläger zu 2) zehn erstinstanzliche Verfahren anhängig. 2010 erhob er im eigenen Namen zwölf und für den Kläger zu 2) sieben Klagen, 2011 schließlich für sich zwölf und für den Kläger zu 2) vier Klagen. Darüber hinaus waren zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Ausgangsverfahren noch drei Verfahren des Klägers zu 1) aus dem Jahr 2006 anhängig und zwei des Klägers zu 2). Bereits die Vielzahl der von ihm parallel geführten Verfahren zeigt, dass er in erheblichem Umfang gerichtliche Arbeitskraft bindet.
Dies wird dadurch verstärkt, dass der Kläger zu 1) regelmäßig keine konkreten Anträge stellt und immer wieder unklar ist, in wessen Namen er Klage erhebt. So werden bereits die Verfahren auf Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung – zumindest scheinbar eher willkürlich - mal nur im eigenen Namen, mal – und dies wiederum in wechselnden Konstellationen - zugleich auch im Namen seiner Söhne geführt. Und die inzwischen in nicht unerheblichem Umfang anhängig gemachten Entschädigungsklagen werden – sei es von Anfang an, sei es im Wege der Klageerweiterung – nicht nur in Einzelfällen im Namen aller drei Personen erhoben, obwohl die Söhne am jeweils zum Gegenstand erklärten Ausgangsverfahren überhaupt nicht beteiligt waren. Symptomatisch ist es daher, dass im hier streitgegenständlichen Ausgangsverfahren zunächst überhaupt nicht deutlich war, wer Kläger ist, und dann im Laufe des Berufungsverfahrens auf den Hinweis der Berichterstatterin zuerst beide Söhne zu Klägern erklärt wurden, was später wieder korrigiert wurde, und auch die Entschädigungsklage zunächst im Namen beider Söhne erhoben wurde.
Weiter wird die Bearbeitung der vom Kläger zu 1) verfolgten Verfahren erheblich dadurch erschwert, dass die von ihm geltend gemachten Ansprüche regelmäßig nur sehr schwer zu fassen sind und dann im Laufe des Verfahrens auch noch wechseln. Darüber hinaus verfolgt der Kläger zu 1) - wie dem Senat bereits aus eigener Anschauung (L 34 AS 1583/10B ER, L 34 AS 1301/13) bekannt ist und wie sich auch dem in der Ausgangsverfahrensakte enthaltenen Protokoll zu dem Verfahren S 160 AS 25564/08 entnehmen lässt - in eigenem Namen und/oder dem seiner Söhne immer wieder die gleichen Begehren, und dies zum Teil auch noch in Zugunstenverfahren. All dies führt zum einen zu erheblichen Schwierigkeiten für die einzelnen Kammern des SG bzw. Senate des LSG, die für das jeweilige Verfahren benötigten Leistungsakten beizuziehen, zum anderen macht es regelmäßig Überprüfungen erforderlich, ob möglicherweise doppelte Rechtshängigkeit gegeben ist.
Gerichtliche Kapazitäten werden schließlich unnötigerweise auch dadurch gebunden, dass der Kläger zu 1) – sei es aus allgemeiner Überforderung mit der Materie, sei es der Vielzahl der von ihm geführten Verfahren geschuldet – letztlich selbst den Überblick über die von ihm anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten und die verfolgten Begehren verloren hat und ihm daher immer wieder Kopien seiner eigenen Schriftsätze zuzuschicken sind. Auch dies ist hier zum einen im Ausgangsverfahren erkennbar, in dem der Kläger zu 1) sich nicht mehr erinnerte, Erledigungserklärungen abgegeben zu haben, und auch erst nach Übersendung von Kopien seiner Klage- bzw. Berufungsschriftsätze sowie des erstinstanzlichen Urteils in der Lage war, prozessuale Erklärungen abzugeben. Zum anderen wird es erneut im hiesigen Entschädigungsverfahren deutlich, in dem der Kläger zu 1) zuletzt nach Erhalt der Ladung um Übersendung einer Kopie der Klageschrift gebeten hat, da er offenbar nicht wusste, um was es in diesem Verfahren überhaupt geht.
Berücksichtigt hat der Senat schließlich auch, dass sowohl den von dem Kläger zu 1) geführten Ausgangsverfahren als auch den diversen, im erkennenden Senat erhobenen Entschädigungsklagen - laut Verfahrensübersicht vom 04. Juni 2015 jeweils 13 Verfahren der Kläger zu 1) und 2) - nicht selten ein hohes Anspruchsdenken insbesondere des Klägers zu 1) zu entnehmen ist. Lediglich beispielhaft sei insoweit auf das unter dem Aktenzeichen S 37 SF 83/15 EK AS anhängige Entschädigungsverfahren verwiesen, in dem der Kläger zu 1) im eigenen Namen sowie dem seiner beiden Söhne Entschädigungen i.H.v. jeweils 800,00 EUR begehrt und dies mit Blick auf die Dauer eines Ausgangsverfahrens, an dem seine Söhne überhaupt nicht beteiligt waren, das auf Gewährung von Leistungen für eine Grundreinigung des (gemeinsamen) Badezimmers sowie für regelmäßige zukünftige Badezimmerreinigungen gerichtet und über zwei Instanzen hinweg in rund zwei Jahren rechtskräftig abgeschlossen war. Letztlich lässt nicht nur das Erheben, sondern auch das hartnäckige Festhalten an offensichtlich überzogenen Forderungen den Eindruck aufkommen, dass es dem Kläger zu 1) beim Prozessieren – anders als der Beklagte meint – wohl weniger um das Lahmlegen der Sozialgerichtsbarkeit, als vielmehr um das Erschließen von Einnahmequellen zur Finanzierung den alltäglichen Bedarf übersteigender Annehmlichkeiten geht. Deutlich wird dies z.B. in der in den Rechtsstreit eingeführten "Anhörungsrüge." des Klägers zu 1) vom 22. Mai 2015, in der es heißt: "Eine besondere Schadensersatzforderung behalte ich mit vor, da uns durch die Rechtsverweigerung weitere Schäden entstehen. Meine Söhne ( ) benötigen beide endlich einen Führerschein. Ferner könnte F Anfang Juni mit seinem Kumpel und Studienkollegen nach Japan fliegen. Das geht aber aus finanziellen Gründen leider nicht. Es sei denn, Sie schaffen es, schnell zu überweisen. F und mir ist sehr daran gelegen, dass er diese einmalige Gelegenheit wahrnehmen kann." Einen weiteren Hinweis bietet das Schreiben vom 02. September 2014 zum hiesigen Verfahren, in dem die Kläger sich für die bewilligte PKH bedanken, den Verzicht auf weitere Rechtsmittel bei schneller Zahlung der 4.500,00 EUR pro Person ankündigen und mitteilen, dass sie die Mittel "recht dringend" benötigten. Auch in der ebenfalls in den Rechtsstreit eingeführten "Erinnerung " vom 12. März 2015 zum Aktenzeichen L 37 SF 291/13 EK AS begehrt der Kläger zu 1) eine schnelle Überweisung von Geld, da beide Söhne "endlich ihren Führerschein machen wollen und sollen". Dass für den Kläger zu 1) sowie seine Söhne tatsächlich ein schneller Abschluss der (Ausgangs-)Verfahren im Vordergrund der eigenen Interessen steht, vermag der Senat hingegen nicht zu erkennen.
Auch wenn der Wunsch nach möglichst hohen finanziellen Leistungen, egal aus welcher staatlichen Quelle, menschlich verständlich sein mag, kann dies bei der Würdigung des Verhaltens eines Klägers im Entschädigungsverfahren ebenso wenig unberücksichtigt bleiben wie ein überproportional viel Arbeitskraft bindendes und sich damit letztlich für alle Rechtsuchenden negativ auswirkendes Prozessverhalten. Weiter kann sich dies zur Überzeugung des Senats nicht nur in den Fällen auswirken, in denen – sei es im Ausgangs-, sei es im Entschädigungsverfahren - im Einzelfall ein offensichtlich aussichtsloses Begehren in nicht adäquater Art und Weise verfolgt wird. Vielmehr müssen Kläger, die wie der Kläger zu 1) agieren, es hinnehmen, dass den Gerichten bei der Bearbeitung ihrer Verfahren allgemein eine längere Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden wird. Denn andernfalls bliebe – entschädigungsrechtlich betrachtet - das einer zügigen Verfahrensführung eher abträgliche Verhalten eines Klägers letztlich nicht nur folgenlos, sondern würde ihn im Rahmen von Entschädigungsverfahren noch gegenüber anderen Klägern begünstigen.
Vor diesem Hintergrund sind mit Blick auf das erst- und zweitinstanzliche Verfahren unter Berücksichtigung der im Umfang von 65 Kalendermonaten festgestellten Zeiten der Inaktivität abzüglich der jeder Instanz im vorliegenden konkreten Einzelfall unter Abwägung aller Umstände zustehenden und angemessenen achtzehnmonatigen Vorbereitungs- und Bedenkzeit (mithin insgesamt 36 Monate) letztlich 29 Monate als entschädigungsrelevant anzusehen.
5. Durch die überlange Verfahrensdauer hat der Kläger zu 1) einen Nachteil nicht vermögenswerter Art erlitten. Dies folgt bereits aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet wird, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Umstände, die diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen, sind nicht erkennbar und auch von dem Beklagten nicht vorgebracht worden.
Eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Absatz 4 GVG, insbesondere durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, ist zur Überzeugung des Senats nicht ausreichend (§ 198 Abs. 2 Satz 2 GVG). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 = SozR 4-1720 § 198 Nr. 1, SozR 4-1500 § 202 Nr. 1 m.w.N.; 12. Februar 2015 B 10 ÜG 11/13 R – in juris Rn. 36), kommt bei festgestellter Überlänge eines Gerichtsverfahrens eine derartige Kompensation eines Nichtvermögensschadens nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Verfahren beispielsweise für den Entschädigungskläger keine besondere Bedeutung hatte oder dieser durch sein Verhalten erheblich zur Verlängerung des Verfahrens beigetragen hat. Ein derartiger Ausnahmefall ist hier entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ersichtlich.
Ausgehend von der im Umfang von 29 Monaten überlangen Dauer des gerichtlichen Verfahrens beläuft sich die dem Kläger zu 1) zustehende angemessene Entschädigung auf 2.900,00 EUR (vgl. § 198 Abs. 2 S. 3 GVG). Soweit das Gericht nach § 198 Abs. 2 S. 4 GVG einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen kann, sieht der Senat hierfür keinen Anlass. Anhaltspunkte, die den Ansatz des gesetzlich vorgesehenen Pauschalbetrages unbillig und daher eine abweichende Festsetzung notwendig erscheinen lassen könnten, sind weder ersichtlich noch von den Beteiligten vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 ZPO war im Hinblick auf die Regelungen der §§ 202, 198 Abs. 1 SGG nicht auszusprechen.
Anlass, die Revision nach §§ 160 Abs. 2, 202 Satz 2 SGG, 201 Abs. 2 Satz 3 GVG zuzulassen, bestand nicht.
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