Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 13 AL 437/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 70/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Anschlussberufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. August 2014 abgeändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2013 verurteilt, der Klägerin antragsgemäß einen Gründungszuschuss zu gewähren. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat der Klägerin in beiden Rechtszügen die notwendigen außergerichtlichen Kosten voll zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die am 8. Mai 1972 geborene Klägerin begehrt einen Gründungszuschuss für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Handel mit Produkten von exklusiver Strickqualität im Bereich Wohnen/Einrichten zum 1. Mai 2013.
Nach erfolgreicher Ausbildung zur Bankkauffrau und Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing/Distribution/Handel war die Klägerin zunächst von April 2000 bis April 2002 anfänglich als "Nationaler Junior Product Manager Briefpapier" und später "Nationaler Product Manager Stationery und Lizenzprodukte" bei der Firma H. in B. versicherungspflichtig beschäftigt und dann von Juli 2002 bis Ende Dezember 2012 bei der Firma B. in H. anfänglich als "Junior International Product Manager Stationery Products" und später als "International Product Manager Large Area Masking", "International Senior Product Manager Distribution" sowie zuletzt im Bereich "Brand Management and International Trade Marketing Distribution Europe" bei einem Bruttojahreseinkommen deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze von damals 67.200 Euro. Das Arbeitsverhältnis bei der Firma B. endete durch arbeitgeberseitige Kündigung vom 30. September 2011 nach arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 31. Oktober / 8. November 2011 bei Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000 Euro brutto am 31. Dezember 2012, wobei die Klägerin ab 1. Oktober 2011 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt war.
Am 26. März 2012 meldete die Klägerin sich telefonisch bei der Beklagten arbeitssuchend, bat um einen Beratungstermin und äußerte Interesse an der Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch einen Gründungszuschuss. Am 29. März 2012 erfolgte eine persönliche Vorsprache bei einer Arbeitsvermittlerin mit entsprechender Beratung, nach der die Klägerin ihre Arbeitssuchendmeldung zurückzog und bat, lediglich als Ratsuchende geführt zu werden.
Nach erneuter persönlicher Arbeitssuchendmeldung vom 26. September 2012 meldete die Klägerin sich am 5. November 2012 mit Wirkung zum 1. Januar 2013 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, das ihr ab dem 1. Januar 2013 zunächst für 360 Kalendertage vorläufig in Höhe von 58,85 Euro täglich und schließlich – nach Beschränkung des Anspruchs bis zum 30. April 2013, dem Tag vor der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, bei einem verbleibenden Restanspruch von 240 Tagen – in Höhe von 58,89 Euro täglich bewilligt wurde.
Während des Erstgesprächs am 5. November 2012 vermerkte die damals noch für die Beklagte tätige Arbeitsvermittlerin Frau G., dass die Prüfung des Vermittlungsvorganges ergeben habe, dass es keine passgenauen Vermittlungsvorschläge gebe. Die Suche nach Stellenangeboten sei negativ verlaufen. Das Bewerberprofil der Klägerin sei aktualisiert und als gemeinsames Ziel die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit festgelegt worden. Der Gründungszuschussantrag sowie die freiwillige Weiterversicherung seien im Einzelnen besprochen worden. Des Weiteren wurde eine bis zum nächsten Termin am 4. Mai 2013 gültige Eingliederungsvereinbarung geschlossen, in der als (einziges) Ziel die Selbstständigkeit mit Wohnaccessoires mit Standort H. angegeben wurde. Als Leistungen der Beklagten wurden umfassende Informationen zum Gründungszuschuss und zur freiwilligen Weiterversicherung genannt. Weiter hieß es, die Beklagte stelle das Bewerberprofil der Klägerin in ihre virtuelle Jobbörse anonym ein und unterbreite der Klägerin Vermittlungsvorschläge, sofern vorhanden. Als Bemühungen der Klägerin nannte die Vereinbarung zunächst, dass sie eine mögliche Selbstständigkeit bis zum März 2013 kläre und das Ergebnis der Arbeitsvermittlung mitteile. Darüber hinaus wurden verschiedene Verpflichtungen der Klägerin aufgezählt wie die Wahrnehmung von Terminen nach Einladungen zum Beispiel zu einem Vermittlungs- oder Beratungsgespräch sowie zur zeitnahen Bewerbung auf etwaige von der Beklagten erhaltene Vermittlungsvorschläge.
Am 11. April 2013 beantragte die Klägerin schriftlich die Gewährung eines Gründungszuschusses für die Aufnahme einer nach ihren Angaben bereits ab dem 6. November 2011 im Nebenerwerb 5 Stunden wöchentlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit im Handel mit exklusiven Strickwaren im Bereich Wohnen/Einrichten (laut Gewerbeanmeldung: Im- und Export sowie Handel mit Textilien, Accessoires und Wein) zum 1. Mai 2013. Sie reichte eine Tragfähigkeitsbescheinigung des Steuerberaters D. vom 24. Januar 2013, eine Gewerbeummeldung vom Haupt- aufs Nebengewerbe vom 11. April 2013, die Bestätigung des Finanzamts über die Anzeige von Einkünften aus Gewerbebetrieb vom 17. April 2013 sowie einen Businessplan einschließlich Finanzplan/Liquiditätsrechnung ein, wonach sie von Beginn an mit monatlichen Umsätzen von 13.784 Euro und monatlichen Gewinnen von 2.274 Euro kalkulierte, die lediglich in den Monaten Oktober bis Dezember des ersten Jahres wegen höherer Marketingkosten geringer angesetzt wurden. Ausgewiesen wurden monatliche Zahlungen eines Geschäftsführergehalts an sie selbst in Höhe von 3.100,- Euro; in einer Übersicht über Privateinnahmen und –ausgaben, in der als Einnahme daneben der erwartete Gründungszuschuss in Höhe von monatlich 2.300 Euro eingestellt war, ergab sich ein monatlicher Saldo von 1.136 Euro. Die Klägerin führte aus, sie habe in den Jahren 2010 und 2011 versucht, aktiv einen Jobwechsel im Angestelltenverhältnis herbeizuführen. Nach ca. 25 erfolglosen Bewerbungen habe es keine Jobangebote gegeben. Sie selbst glaube, dass es an ihrem Alter und ihren Familienverhältnissen (damals 38 Jahre, ledig, keine Kinder) liege, dass sie keine Anstellung gefunden habe. Mit den erworbenen Berufserfahrungen sehe sie nun einen guten Zeitpunkt, eine selbstständige Existenz aufzubauen. Dies sei in der Anfangsphase jedoch nur mit einem Gründungszuschuss möglich.
Im Rahmen eines E-Mail-Wechsels mit der für die Antragsbearbeitung mittlerweile zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten vom 25. April und 7. Mai 2013 legte die Klägerin dar, dass sie die Förderung durch einen Gründungszuschuss benötige, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Das Geschäft befinde sich im Aufbau, und der Cashflow sei erst zum Winter hin langsam steigend zu erwarten. Die Liquiditätsplanung sei ohne Gründungszuschuss negativ, die Lücke könne nicht aus eigenen Mitteln gefüllt werden, zumal die Klägerin die erhaltene Abfindung aufgebraucht und hiervon ein dringend benötigtes Auto gekauft habe, mit dem auch Muster und Warenlieferungen transportiert werden könnten. Kundenaufträge müssten mit hohem Aufwand akquiriert werden, sie habe keine sicheren Aufträge. Kunden zahlten zeitversetzt mehrere Wochen später. Hierfür sei kein Kredit von Banken zu erwarten. Ihr Geschäftsmodell betreffe ein Wintergeschäft. Sie habe jedoch von Anfang an hohe Kosten für Kunden- und Produzentenakquise, Benzin, Hotel- und Messeaufwendungen, Markenanmeldung, Einrichtung des Lagers und die Vorfinanzierung der Produktion.
Mit Bescheid vom 13. Mai 2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab. Es handele sich um eine Ermessensleistung der aktiven Arbeitsmarktförderung. Die Leistungen dürften nur gewährt werden, wenn sie notwendig seien, um Arbeitnehmer dauerhaft in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Die Beklagte müsse das Für und Wider einer Förderung sachgerecht abwägen. Es seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Es sei die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung zu wählen. Dabei sei auf die Fähigkeiten der zu fördernden Person abzustellen, die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und die arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarfe. Der Förderaufwand sei mit dem damit zu erreichenden Erfolg abzuwägen. Aufgrund der Ausbildung der Klägerin und ihrer besonderen Qualifikation sowie des bisherigen Werdegangs sei eine Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als Produkt- und Marketingmanagerin zeitnah möglich. Die private finanzielle Situation der Klägerin (bisheriges Gehaltsniveau, Abfindung, Höhe des Arbeitslosengeldes, Familienstand) lasse darauf schließen, dass Eigenleistungsfähigkeit vorliege. Die laut Businessplan zu erwartenden Einnahmen, die bereits zu Beginn der Selbstständigkeit erzielt würden, reichten zur Lebensunterhaltssicherung aus. Es seien keine Umstände vorgetragen oder nachgewiesen, die so erheblich von denen anderer Antragsteller abwichen, dass sie eine Besserstellung im Falle der Klägerin nahelegten.
Hiergegen legte die Klägerin am 17. Juli 2013 Widerspruch ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Widerspruchsfrist. Sie führte aus, die Voraussetzungen des § 93 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) lägen vor. Dem stehe auch nicht der sogenannte Vermittlungsvorrang entgegen. Sie habe sich über 30-mal beworben. Daraus habe keine einzige Einladung zu einem Vorstellungsgespräch resultiert. Ihre Arbeitslosigkeit hätte auch noch länger gedauert. Die Klägerin habe sich aber entschlossen, diese zu beenden und sich ab dem 1. Mai 2013 selbstständig zu machen. Die deswegen erfolgte Einstellung der Arbeitslosengeldzahlung und die Nichtgewährung des Gründungszuschusses stellten eine doppelte Härte dar. Voraussichtlich werde sie ohne den Gründungszuschuss ihre selbstständige Tätigkeit mit den bekannten Folgen wieder einstellen müssen. Sie sei auf den Vermittlungsvorrang nicht hingewiesen worden. Auch die Vermittlerinnen hätten die Beantragung des Gründungszuschusses empfohlen. Es sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass keine adäquate Arbeitstätigkeit zur Vermittlung angeboten werden könne. Auch bestehe keine Eigenleistungsfähigkeit. Das bisherige Gehaltsniveau könne nicht herangezogen werden. Auch könne nicht einfach behauptet werden, es existierten Barrücklagen. Die Klägerin sei darauf angewiesen, ihren Lebensunterhalt mit der aufgenommenen Tätigkeit zu bestreiten. Dass die Tätigkeit aber den Lebensunterhalt sichere, sei nachgewiesenermaßen nicht der Fall. Die erwähnte Abfindung in Höhe von 10.000 Euro habe sie versteuern müssen und sich vom Rest ein gebrauchtes Fahrzeug gekauft, was sie auch wegen der notwendigen Kundenfahrten im Rahmen ihrer Selbstständigkeit brauche. Unerfindlich sei die Bedeutung des Familienstandes der Klägerin. Sie sei ledig und habe keinerlei Unterhaltsansprüche. Auch andere familiäre Unterstützung erhalte die Klägerin nicht. Weshalb schließlich auf die Vergleichbarkeit mit anderen Fällen abgestellt werde, sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe von anderen Fällen keine Kenntnis.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit am selben Tag abgesandtem Widerspruchsbescheid von 26. Juli 2013 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe zwar die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses erfüllt, es bestehe jedoch kein Rechtsanspruch hierauf, weil der Gesetzgeber dessen Gewährung in das Ermessen der Beklagten gestellt habe. Auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens bestehe ein Anspruch. Hierbei seien die Interessen der Klägerin an einer Förderung und die Interessen der Versichertengemeinschaft, insbesondere an einer sparsamen und zweckentsprechenden Verwendung der Mittel gegeneinander abzuwägen. Die Beklagte habe sicherzustellen, dass die verfügbaren Ausgabemittel für das laufende Jahr nicht überschritten würden. Die Beklagte habe über ermessenslenkende Weisungen sichergestellt, dass über das ganze Jahr hinweg nach einheitlichen und sachgerechten Kriterien über die Anträge auf Gründungszuschuss entschieden werde. Sie habe sich durch die Bereichsverfügung 05/2013 des Geschäftsführers Operativ dazu entschlossen, den Gründungszuschuss dann nicht zu gewähren, wenn unter anderem die Vermittlung in Arbeit in absehbarer Zeit möglich sei (Vermittlungsvorrang). Diese Bereichsverfügung wirke nicht ermessensbindend, aber ermessensleitend. Die Klägerin sei 41 Jahre alt und von Beruf Produktmanagerin. Sie sei durchgehend von 2002 bis zum 31. Dezember 2012 in dieser Tätigkeit beschäftigt gewesen. Zum 1. Januar 2013 habe sie sich arbeitslos gemeldet. Bereits am 29. März 2012 bei einer ersten Vorsprache habe sie einen Antrag auf Gründungszuschuss gestellt. Nach Abschluss ihres arbeitsgerichtlichen Vergleichs habe die Klägerin am 5. November 2012 in der Agentur für Arbeit vorgesprochen und mitgeteilt, sie wolle nunmehr eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen. Der feste Wunsch nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit sei in der Zielvereinbarung festgeschrieben und eine umfassende Beratung vorgenommen worden. Aufgrund der guten Ausbildung und des lückenlosen Beschäftigungsverlaufs könnte die Klägerin innerhalb von sechs Monaten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden. Entsprechende Stellenangebote lägen in ausreichender Zahl vor. Tatsächlich seien wegen der geplanten Selbstständigkeit zeitnah im Anschluss an das Beschäftigungsverhältnis keine Vermittlungsvorschläge unterbreitet worden. Grundsätzlich habe die Vermittlung in Arbeit Vorrang vor der Gewährung von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. Zu diesen Leistungen gehöre auch der Gründungszuschuss. Es bestünden ausreichende Integrationsmöglichkeiten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Diese seien in einem Beratungsgespräch ausführlich besprochen worden. Die Vermittlungsbemühungen würden sich in erster Linie auf den Beruf der Produktmanagerin beziehen. Hierfür seien der Beklagten eine große Anzahl zu besetzender Stellen gemeldet. Die Arbeitslosigkeit der Klägerin hätte auch ohne Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit beendet werden können.
Hiergegen hat die Klägerin am 29. August 2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung eines Gründungszuschusses beantragt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 2 SGB III seien erfüllt, sodass alles für eine positive Verwaltungsentscheidung spreche; die Beklagte selbst sei in ihrer schriftlichen Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages (Hinweis u.a. auf BT-Drs. 17(11)594 S. 60) zu Recht selbst davon ausgegangen, es handele sich um eine Quasi-Pflichtleistung. Die von der Beklagten angeführten Gründe für die Ablehnung eines Gründungszuschusses seien sachlich nicht überzeugend. Im Hinblick auf den angenommenen Vermittlungsvorrang sei die Ablehnung aufgrund Abwägungsdefizits ermessensfehlerhaft, und bei dem Verweis auf die eigene Leistungsfähigkeit der Klägerin handele es sich zudem um sachfremde Ermessenserwägungen. Die Prüfung des Vermittlungsvorrangs habe stets individuell zu erfolgen und dürfe nicht dazu führen, dass bestimmte Branchen oder Fachkräfte grundsätzlich von einer Förderung ausgeschlossen würden. Hieran mangele es vorliegend. Die Beklagte sei bei ihrer erst im Widerspruchsverfahren vorgenommenen Stellenangebotsrecherche pauschalisierend von einem so überhaupt nicht zutreffenden Qualifikations- und Tätigkeitsprofil der Klägerin ausgegangen. So habe sie den Beruf des Produktmanagers spätestens seit 2008 nicht mehr ausgeübt, sondern seither Spezialkenntnisse und vertiefte Erfahrungen als Brand Managerin erworben. Darüber hinaus existiere kein feststehendes Berufsbild des Produktmanagers, auf das jeder Arbeitsuchende mit einer entsprechenden Ausbildung passe. Vielmehr komme es auf Branchenkenntnisse und Berufserfahrungen an, die der gesuchten Stelle entsprechen müssten. Bei mehreren der von der Beklagten dokumentierten Stellen handele es sich nicht einmal im Ansatz um Marketing-Jobs, die Angebote beträfen Branchen, in denen die Klägerin über keine Erfahrung verfüge, und bei der Mehrzahl handele es sich aufgrund der Berufsstruktur um Einsteigerjobs, die ihr aufgrund des bisher bezogenen Arbeitsentgeltes kaum zumutbar sein dürften (Hinweis auf § 140 Abs. 3 SGB III). Der Kreis der von der Beklagten für den Vermittlungsvorrang herangezogenen Stellenangebote sei damit viel zu weit gezogen. Des Weiteren berücksichtige die nachträgliche Bewertung des Vermittlungsvorrangs im Widerspruchsverfahren nicht, dass die Klägerin sich bereits seit 2011 zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit intensiv, jedoch erfolglos um eine Anschlussbeschäftigung bemüht habe. Auf das entsprechende Angebot zum Nachweis durchgeführter, nunmehr schriftsätzlich im Einzelnen dargestellter Bewerbungen sei die Beklagte nie eingegangen und habe diesen Gesichtspunkt zu keinem Zeitpunkt bei der Prognose etwaiger Integrationschancen erkennbar berücksichtigt. Soweit die Beklagte sich darauf zurückziehen wolle, dass ein Berufsschutz im Bereich des SGB III nicht existiere und die Klägerin auf jegliche ihrer Ausbildung entsprechende Arbeit verwiesen werden könne, so sei auf die Zumutbarkeitsgrenzen des § 140 Abs. 3 SGB III sowie insbesondere die Grundsätze der Arbeitsvermittlung gemäß § 1 SGB III hingewiesen; so solle die Arbeitsförderung dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenwirken und die Dauer der Arbeitslosigkeit verkürzen sowie die Leistungen der Arbeitsförderung die individuelle Beschäftigungsfähigkeit durch Erhalt und Ausbau von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten fördern, unterwertiger Beschäftigung entgegenwirken und die berufliche Situation von Frauen verbessern, indem sie auf die Beseitigung bestehender Nachteile sowie auf die Überwindung eines geschlechtsspezifisch geprägten Ausbildungs- und Arbeitsmarktes hinwirke und Frauen mindestens entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit von Arbeitslosigkeit gefördert werden. Im Übrigen habe die zunächst zuständige Arbeitsvermittlerin G. der Klägerin in zwei Gesprächsterminen mitgeteilt, ihr keine zumutbaren Stellen anbieten oder vermitteln zu können. Dies habe die Klägerin in ihren aufgrund der vergeblichen Bemühungen um eine Neuanstellung bestehenden Überlegungen bestärkt, eine Selbstständigkeit aufzubauen. Es seien keinerlei Risiken aufgezeigt worden, die Förderung der Selbstständigkeit durch den Gründungszuschuss sei als Handlungsmöglichkeit offen in Betracht gezogen worden, und Frau G. habe sie zu keiner Zeit darauf hingewiesen, dass die Klägerin damit rechnen müsse, dass der Gründungszuschuss nicht bewilligt werde. Da die Arbeitsvermittlung der Beklagten selbst zunächst keine Integrationschancen gesehen habe und es an zumutbaren Stellenangeboten offenbar gefehlt habe, seien während der gesamten Zeit der Arbeitslosigkeit auch keine Vermittlungsangebote unterbreitet worden. Die Behauptungen der Beklagten zur angeblichen Eigenleistungsfähigkeit schließlich seien substanzlos und pauschal. Die Klägerin habe Ende 2011 aufgrund der ergebnislosen Stellensuche und zur Vorbereitung einer möglichen Selbstständigkeit lediglich auf Anraten ihres Steuerberaters eine Gewerbeanmeldung durchgeführt, bis zur Aufnahme der selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit im Mai 2013 jedoch weder Umsätze erwirtschaftet noch das Unternehmen auf dem Markt eingeführt, einen Kundenstamm aufgebaut oder sonstige spezifische Tätigkeiten, wie sie im späteren Businessplan beschrieben seien, entfaltet. Der aktenkundige Businessplan zeige auf, dass die Einnahmensituation ohne Gründungszuschuss in den ersten Monaten negativ sei, sie ihre Lebenshaltungskosten und die Kosten der sozialen Sicherung gerade nicht oder nicht vollständig aus den Entnahmen decken könne. Die durch die Ablehnung der Förderung auch tatsächlich entstandene erhebliche Finanzierungslücke habe die Klägerin nur zum Teil durch Verschuldung, familiäre Darlehen, Untervermietung der Wohnung und drastische Kostenreduzierungen im privaten Bereich auffangen können. Unabhängig von der Frage, ob einerseits Tragfähigkeit verlangt und auf der anderen Seite die Erforderlichkeit des Gründungszuschusses mit dem Verweis auf gute, allerdings nur prognostizierte Umsätze verweigert werden dürfe, seien die tatsächlichen Grundlagen für die Annahme der von Anfang an guten Einnahmensituation weder gegeben gewesen noch von der Beklagten geprüft worden.
Die Beklagte hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen und zudem ausgeführt, dass es keiner Förderung im Sinne des § 93 SGB III bedürfe, soweit aus den bei Antragstellung eingereichten Unterlagen ersichtlich sei, dass aus der selbstständigen Tätigkeit ausreichende Einnahmen würden erzielt werden können. Prognostisch sei davon auszugehen gewesen, dass die Klägerin bereits im ersten Jahr von ihren Einnahmen würde leben können. Nach deren eigenen Angaben würden die Einnahmen im Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2013 mehr als 53.000 Euro betragen. Dieses ergebe sich aus der Rentabilitätsvorschau. Maßgeblich sei für die Prognose, dass die Klägerin davon ausgegangen sei, dass sie als Geschäftsführerin ein monatliches Entgelt von 3.100 Euro erzielen werde. Selbst nach Abzug dieses Kostenpostens sei ein Gewinn vor Steuern errechnet worden. Eine Prognose werde nicht dadurch unrichtig, dass sich in der Zukunft möglicherweise eine andere Entwicklung ergebe. Außerdem habe die Klägerin von vornherein den festen Wunsch gehabt, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen. Ihre Arbeitssuchendmeldung habe die Klägerin am 29. März 2012 zurückgezogen und habe nur noch als Ratsuchende geführt werden wollen. Dies habe sie in einem Telefonat vom 3. April 2012 bekräftigt. Die Klägerin sei umfassend informiert worden. Die Vermittlungsfachkräfte der Beklagten seien zu der Prognose gelangt, dass innerhalb von sechs Monaten für die Klägerin eine Vermittlung erfolgt wäre. In der Eingliederungsvereinbarung vom 5. November 2012 sei dem Wunsch der Klägerin entsprechend festgelegt worden, dass sie die selbstständige Tätigkeit bis März 2013 aufnehmen werde. Im Gegenzug habe sich die Beklagte dazu verpflichtet, über den Gründungszuschuss und die freiwillige Weiterversicherung umfassend zu informieren.
Das SG hat der Klage nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 5. August 2014 mit Urteil vom selben Tag teilweise stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2013 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Gründungszuschusses unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Beklagte zur Erstattung der Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin verurteilt. Die Beklagte habe – bei unstreitigem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 1 und 2 SGB III – das ihr eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, denn sie habe von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Sie habe sich ermessensfehlerhaft auf den Vorrang der Arbeitsvermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gestützt. Grundsätzlich sei aus § 4 Abs. 2 SGB III abzuleiten, dass der Vermittlung in Arbeit der Vorrang gegenüber anderen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung einzuräumen sei. Daher sei es zunächst nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte die Erwägung des Vermittlungsvorranges in den Vordergrund stelle und prüfe, ob der Arbeitslose dauerhaft im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden könne. Die Beklagte habe dabei aber stets individuell zu prüfen, ob eine möglichst nachhaltige Integration innerhalb des Bezugszeitraumes realistisch sei, ob sofort oder in absehbarer Zeit Stellenangebote unterbreitet werden könnten und ob individuelle Hemmnisse bestünden, die den Integrationserfolg behinderten. Es habe eine entsprechende Dokumentation der Prüfung des Vermittlungsvorrangs im Beratungsvermerk zu erfolgen. Eine Berufung auf den Vermittlungsvorrang verbiete sich, wenn sich die dokumentierte Stellenrecherche nicht mit dem Berufsbild des Antragstellers zu decken vermöge. Außerdem sei eine Prüfung des Vermittlungsvorranges nur dann genügend dokumentiert, wenn durch eine ausreichende Anzahl offen gemeldeter Stellen, die dem Anforderungsprofil des Arbeitslosen entsprächen, eine positive Arbeitsmarktlage als nachgewiesen angesehen werden könne. Im vorliegenden Fall habe die Stellenrecherche der Beklagten für die Klägerin keine passgenauen Stellen ergeben. Dieses ergebe sich daraus, dass der Klägerin tatsächlich keine Stellenangebote unterbreitet worden seien. Auch durch die im Widerspruchsverfahren vorgenommene Suche nach offen gemeldeten Stellen für Produktmanager ergebe sich zur Überzeugung der Kammer nicht der Nachweis einer positiven Arbeitsmarktlage für die Klägerin. Der Tätigkeitsbereich von Produktmanagern sei so weit gefächert wie es Produkte auf dem Markt gebe, so dass sich aus der Vielzahl der gefundenen Stellenofferten nicht ersehen lasse, ob die für die Klägerin in Betracht zu ziehenden Stellen so zahlreich seien, dass sie eine positive Arbeitsmarktlage anzeigten. Der Beruf eines Produktmanagers werde in unterschiedlichen Branchen ausgeübt und dürfte stark von den jeweiligen dortigen Bedingungen durchdrungen sein, so dass Berufserfahrungen in einem bestimmten Produktsegment nicht gleich übertragbar sein dürften für andere Produktionsbereiche, so dass die Frage nach der Konkurrenzfähigkeit der Klägerin nicht sicher beantwortet werden könne. Das Anforderungsprofil der als offen gemeldeten Stellen sei nicht ohne weiteres abgleichbar mit dem Bewerberprofil der Klägerin. Eine Aussage über eine zeitnahe Vermittlung der Klägerin in eine versicherungspflichtige Beschäftigung könne daher aufgrund des Stellensuchdurchlaufs nicht getroffen werden. Dieses habe offensichtlich auch die Arbeitsvermittlerin der Klägerin so bewertet. In einem Beratungsvermerk vom 5. November 2012 habe sie ausgeführt, dass es keine passgenauen Vermittlungsvorschläge gebe. Nach Auffassung der Kammer ergebe sich daraus ein Widerspruch zu der im Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2013 aufgeführten Argumentation, dass der Arbeitsmarkt für die Klägerin gut sei. Darüber hinaus habe sich die Beklagte bei der Frage der zeitnahen Vermittelbarkeit allein auf eine Tätigkeit als Produktmanager konzentriert. Dieses dürfte aber angesichts des Umstands, dass die Klägerin als solche die letzten vier Jahre ihrer Anstellung nicht gearbeitet, sondern den Markenvertrieb koordiniert habe, nicht mit dem Bewerberprofil der Klägerin übereinstimmen. Dieses habe auch der Beklagtenvertreter im Termin der mündlichen Verhandlung zu bedenken gegeben, indem er darauf hingewiesen habe, dass die Klägerin aufgrund ihres beruflichen Werdeganges und ihrer Ausbildung nicht gleich in Arbeit zu vermitteln gewesen sei, sondern der Arbeitsagentur ein größerer Zeitraum hätte eingeräumt werden müssen. Ob sechs Monate dafür ausgereicht hätten, sei nicht beurteilbar. Aus welchem Grund aber der Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2013 davon ausgehe, dass eine Arbeitsvermittlung in den nächsten sechs Monaten zu erwarten sei, vermöge die Kammer nicht nachzuvollziehen. Daraus folge, dass der konkrete Nachweis der positiven Arbeitsmarktlage im vorliegenden Fall nicht gelungen sei, zumal das Bewerberprofil der Klägerin bei der Stellensuche nur zum Teil erfasst worden sei. Die Kammer schließe sich der Auffassung des SG Duisburg (Hinweis auf Urteil vom 22. Januar 2014 – S 33 AL 239/13, info also 2014, 114) an, dass die Prognose über die in absehbarer Zeit mögliche Integration in den Arbeitsmarkt durch Arbeitsvermittlung regelmäßig anhand konkreter Stellenangebote überprüfbar sein müsse. Dieses sei hier nicht der Fall. Umstände, die von diesem konkreten Nachweis entbänden, wie beispielsweise durch den schon vor der Arbeitslosigkeit feststehenden Entschluss, sich auf jeden Fall selbstständig zu machen, oder bei nur geringer Dauer der Arbeitslosigkeit (Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Mai 2014 – L 18 AL 236/13, info also 2014, 205), lägen nicht vor. Insbesondere vermöge die Kammer der Ansicht nicht zu folgen, dass die Klägerin von vornherein auf die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit fixiert gewesen sei. Die Klägerin habe sich den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt. Nach eigenen und glaubhaften Angaben habe sich die Klägerin vor Eintritt der Arbeitslosigkeit auch zahlreich beworben. In der mit ihr geschlossenen Eingliederungsvereinbarung vom 5. November 2012 habe sie sich verpflichtet, sich auf Stellenangebote zu bewerben und bei Erfolg einer Bewerbung die Stelle auch anzutreten. Dass die Klägerin auch die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zum März 2013 habe klären wollen und sich verpflichtet habe, das Ergebnis mitzuteilen, vermöge daran nichts zu ändern. Die Arbeitsagentur habe sich in der Eingliederungsvereinbarung darauf eingelassen, als Ziel die Aufnahme der Selbstständigkeit mit Wohnaccessoires mit Standort H. aufzunehmen. Sie selbst habe sich unter anderem lediglich verpflichtet, Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten, soweit vorhanden. Nach Ansicht der Kammer ergebe sich daraus, dass sich die Beklagte dann nicht auf eine Vorrangigkeit der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung stützen könne. Auf ein Verhalten der Klägerin vor dem Erstgespräch am 5. November 2012 komme es vor diesem Hintergrund nicht an. Auch unter dem Aspekt der Eigenleistungsfähigkeit sei die Ablehnung des Gründungszuschusses nicht frei von Beanstandung. Das Bestehen eigener Leistungsfähigkeit könne die Ablehnung eines Gründungszuschusses im Rahmen der Ermessensausübung rechtfertigen. Die Annahme der Eigenleistungsfähigkeit bedürfe aber belastbarer Erkenntnisse der Einnahmesituation des Selbstständigen, also konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die geplante selbstständige Tätigkeit bereits in der Anlaufphase der ersten sechs Monate so erfolgreich sein werde, dass der Existenzgründer seinen Lebensunterhalt damit erwirtschaften und auch seine soziale Absicherung vornehmen könne. Solche Anhaltspunkte könnten sich beispielsweise aus einer Rentabilitätsvorschau ergeben (Hinweis auf Sächsisches LSG, Urteil vom 10. April 2014 – L 3 AL 141/12, juris). Im vorliegenden Fall handele es sich bei der Argumentation der Beklagten nicht um eine Ermessensausübung, die einer konkreten Überprüfung der Eigenleistungsfähigkeit der Klägerin entspringe. Die Beklagte stütze sich dabei auf die Angaben der Klägerin in ihrem Antrag. Diese Angaben seien allerdings nicht nachvollziehbar. Die insoweit in den Unterlagen der Klägerin vorhandene Rentabilitätsvorschau lasse einen Schluss auf die Gewinnerwartung von 53.000 Euro im ersten Jahr der Gründung nicht zu. Es lasse sich ihr eine plausible Gegenüberstellung der Einnahme- und Ausgabesituation nicht entnehmen. Die im Finanz- und Liquiditätsplan aufgeführten Einzeleinnahmen und Ausgaben seien gleichbleibend konstant, von geringen Ausnahmen abgesehen. Zu- und Abflüsse in den einzelnen Monaten, die bei einer Selbstständigkeit naturgemäß Schwankungen unterworfen sein dürften, seien nicht differenziert erkennbar. So gebe sie monatlich gleichbleibende Umsatzzahlen bezüglich des Verkaufs ihrer Produkte und gleichbleibende Stückzahlen an. Nicht zu erkennen sei, welche Kosten der Klägerin für den Einkauf der Produkte oder Materialien entstünden. Die Klägerin habe von Beginn an eine Eigenentnahme in Höhe von 3.100 Euro berücksichtigt, ohne dass sich entnehmen lasse, welche reale Grundlage diese Entnahme auf der Einnahmenseite habe. Ob diese Darstellung einer Rentabilitätsvorschau, die regelmäßig auf einen bestimmten Wirtschaftszeitraum bezogen sei, entspreche, bezweifle die Kammer, die aufgrund der Mitwirkung eines Betriebswirts über eigene betriebswirtschaftliche Sachkunde verfüge. Dass die Klägerin in ihrer Umsatzvorschau die Entwicklung ihres Vorhabens positiv darstelle, liege in der Natur der Sache, dass nämlich – ungeachtet der Tragfähigkeitsbescheinigung – der Gründungszuschuss für ein prognostisch nicht rentables Geschäftsmodell kaum bewilligt werden dürfte und daher eine günstige Darstellung der Gewinnerwartung regelhaft zu erwarten sei. Um erfolgreich behaupten zu können, dass der Gründungszuschuss nicht notwendig sei, um die Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit wegen der zu erwartenden Anlaufschwierigkeiten in den ersten Monaten zu fördern, müsste die Arbeitsverwaltung konkret ermitteln, welchen Startvorteil der Gründungswillige bereits mitbringe. Solche Startvorteile ergäben sich nach Auffassung der Kammer nicht daraus, dass die Klägerin sich bereits mit der nebenerwerbsmäßigen Selbstständigkeit versucht habe. Die Erweiterung zur hauptberuflichen Selbständigkeit führe regelmäßig nicht übergangslos zur Auskömmlichkeit. Zur Überzeugung der Kammer könne die Klägerin lediglich bestehende Kontakte nutzen, die aber die Prognose der Existenzsicherung allein nicht zuließen. Entscheidend sei die Prognose bei Antragstellung. Diese habe eine Eigenleistungsfähigkeit der Klägerin gerade nicht durch belastbares Zahlenwerk erkennen lassen. Auch wenn der Gründungszuschuss nicht dazu diene, Liquiditätsreserven aufzubauen (Hinweis auf Sächsisches LSG, a.a.O.), seien hier solche Anhaltspunkte nicht gegeben, die den Schluss zuließen, die Klägerin verfolge einzig das Ziel, mit dem Gründungszuschuss ihr Unternehmen wirtschaftlich zu fördern. Nach alledem sei die Ablehnungsentscheidung der Beklagten aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Gründungszuschuss neu zu entscheiden unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. Eine Ermessenreduzierung auf null habe die Kammer nicht festzustellen vermocht. Eine solche ergebe sich auch nicht aus der mit der Klägerin am 5. November 2012 geschlossenen Eingliederungsvereinbarung. Diese enthalte zwar einerseits das Ziel der Selbstständigkeit mit Wohnaccessoires mit Standort H ... Daraus sei aber andererseits keine Selbstbindung der Arbeitsverwaltung, die Klägerin hinsichtlich der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zu fördern, abzuleiten (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Februar 2014 – L 8 AL 1515/13, info also 2014, 108), denn ausdrücklich habe sich die Beklagte unter anderem lediglich zur Information über den Gründungszuschuss verpflichtet. Dass daraus eine gewisse Widersprüchlichkeit resultiere, verkenne die Kammer nicht. Eine Zusicherung des Gründungszuschusses lasse sich aber aus der Eingliederungsvereinbarung nicht ableiten.
Mit ihrer am 18. Dezember 2014 eingelegten Berufung gegen dieses ihr am 21. November 2014 zugestellte Urteil des SG äußert die Beklagte die Ansicht, dass das SG sie zu Unrecht zur Neubescheidung verpflichtet habe, weil es keine Ermessensfehler angenommen, sondern nur konstatiert habe, dass die Feststellungen der Beklagten zur Eigenleistungsfähigkeit und der Nachweis des Vorrangs der Vermittlung unzureichend gewesen seien. Dies betreffe nicht die Ermessensausübung an sich, sondern den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt. Bei Zweifeln am Vorliegen von Tatsachen wäre das SG zunächst verpflichtet gewesen, von Amts wegen den Sachverhalt zu erforschen und ggf. darauf hinzuwirken, dass ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentliche Erklärungen abgegeben werden. Unter den näher bestimmten Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hätte das SG die streitgegenständliche Entscheidung, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, (nur) aufheben können, nicht aber eine Sachentscheidung treffen dürfen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass für die Ansicht des SG, wonach sich eine Berufung auf den Vermittlungsvorrang verbiete, wenn sich die dokumentierte Stellenrecherche nicht mit dem Berufsbild des Antragstellers zu decken vermöge, keine Rechtsgrundlage benannt worden und auch ansonsten eine solche nicht ersichtlich sei. Das Recht der Arbeitsförderung kenne keinen Berufsschutz. Vorsorglich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 4. März 2015 Angaben ihres Statistikservice für den Zeitpunkt der Ermessensentscheidung nachgereicht, um die Richtigkeit der Annahme einer günstigen Vermittlungsprognose für Berufe aus der Berufsgattung "Berufe in Werbung und Marketing – komplexe Spezialistentätigkeit" zu belegen, auf die sich die Vermittlung der Klägerin unter Berücksichtigung von Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit nach § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III vorrangig zu richten gehabt habe, auch wenn es sich bei dem Beruf "Produktmanager" nicht um die einzige für die Klägerin zumutbare Beschäftigung im Sinne von § 140 SGB III gehandelt habe; auf diese Angaben wird Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. August 2014 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts vom 5. August 2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2013 zu verurteilen, der Klägerin antragsgemäß einen Gründungszuschuss zu gewähren.
Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie betont, dass bereits die Vermittlung vorrangig auf den Beruf "Produktmanager" fehlerhaft gewesen sei, weil es sich hierbei um einen typischen Einstiegsjob handele, den man als Absolvent nach der universitären Ausbildung annehme. Diese Berufsrichtung passe auf sie gar nicht, da sie schon längst keine Einsteigerin mehr sei. Es stimme nicht, dass sie zehn Jahre lang als Produktmanager tätig gewesen sei. Ab 2009 sei sie es nicht mehr gewesen, sondern habe die nächste Stufe auf der Karriereleiter erklettert. Eine Rückkehr in den Beruf des Produktmanagers wäre ein Abstieg gewesen. Die Klägerin trägt vor, dass die Arbeitsvermitlerin G. ihr bei dem Gespräch am 5. November 2012 nach Vorlage des Lebenslaufs und ihrer Äußerung, dass sie nach etwa dreißig vergeblichen Bewerbungen als Plan B auch eine Selbstständigkeit in Erwägung ziehe, gesagt habe, dass für das angemessene Gehaltsniveau keine Angebote unterbreitet werden könnten. Der Vermittlungsvorrang sei daher bei ihr nicht zutreffend. Daraufhin seien ihr die Antragsunterlagen für den Antrag auf Gründungszuschuss ausgehändigt worden. Schließlich meint die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung am 23. September 2015 Anschlussberufung eingelegt hat, weil das Ermessen der Beklagten auf null reduziert sei, das SG wäre – im Fall der Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung – nicht zu weiteren Ermittlungen verpflichtet. Diese hätte die Beklagte nach der Verpflichtung zur Neubescheidung selbst durchzuführen und auf der Grundlage des erforschten Sachverhalts eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zu treffen. Hierfür wäre das Gericht nicht zuständig, denn es prüfe den Ermessensgebrauch nur auf Rechtmäßigkeit, nicht auf Zweckmäßigkeit. Letzteres wäre allein Aufgabe der Beklagten.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Sie hält die aus ihrer Sicht entscheidungserheblichen Rechtsfragen für grundsätzlich bedeutsam.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 10. Juni 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt, der Senat hat am 23. September 2015 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf die diesbezüglichen Protokolle wird ebenso Bezug genommen wie wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Inhalt der Prozessakte des Gerichts sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Verwaltungsakte und Gründungszuschussakte).
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist unbegründet, die ebenfalls statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung; vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 143 Rn. 5 ff. m.w.N.)) Anschlussberufung der Klägerin ist begründet.
Soweit das SG der Klage teilweise stattgegeben hat, folgt der Senat dem im Wesentlichen und nimmt insoweit auf dessen zutreffende Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG), lässt jedoch ausdrücklich offen, auf welche Tätigkeiten bei der Prüfung des Vermittlungsvorrangs abzustellen ist und ob und ggf. in welchem konkreten Umfang entsprechende offene Stellen von der Beklagten zu dokumentieren sind. Die angefochtenen Bescheide sind als ermessensfehlerhaft aufzuheben. Allerdings ist nicht nur, wie das SG meint, die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Neubescheidung begründet, sondern darüber hinausgehend auch die Leistungsklage auf Gewährung eines Gründungszuschusses. Diesbezüglich hat das SG zu Unrecht eine Ermessensreduzierung auf null verneint und die Klage teilweise abgewiesen.
Anders als das SG meint, wird die Beklagte zur Prüfung eines etwaigen Vermittlungsvorrangs keine neuen Ermittlungen durchzuführen und Erwägungen anzustellen haben, denn es ist ihr nach Überzeugung des Senats verwehrt, sich hierauf zu berufen.
Aus dem Verbis-Vermerk der Arbeitsvermittlerin Frau G. vom 5. November 2012 und den hierzu passenden, zuletzt unwidersprochenen Angaben der Klägerin ergibt sich, dass Letztere nach (erneuter) Arbeitsuchendmeldung vom 26. September 2012 bei der Arbeitslosmeldung und auch zu Beginn ihrer Arbeitslosigkeit nicht den unbedingten Willen hatte, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen. Vielmehr wurde nach der Rücknahme der ersten Arbeitsuchendmeldung vom März 2012 – in deren Zusammenhang die Klägerin entgegen der im Widerspruchsbescheid aufgestellten Behauptung der Beklagten nicht bereits einen Gründungszuschussantrag gestellt hatte – nunmehr im Rahmen des persönlichen Kontakts zur Arbeitsvermittlerin die Vermittelbarkeit der Klägerin geprüft und dabei festgestellt, dass es keine passenden Stellenangebote gebe und damit auch keine Vermittlungsvorschläge unterbreitet werden könnten. Daraufhin wurden als gemeinsames Ziel von Klägerin und Arbeitsvermittlerin die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit festgelegt und in einer Eingliederungsvereinbarung – als einziges Ziel – festgehalten. Die dortigen Ausführungen zu den Bemühungen der Klägerin, wonach sie eine mögliche Selbstständigkeit bis zum März 2013 kläre und das Ergebnis der Arbeitsvermittlung mitteile, zeigt die noch nicht bestehende Festlegung der Klägerin, sodass die anders lautenden Behauptungen der Beklagten im Vor- und Klageverfahren als widerlegt angesehen werden können.
Dass in der Eingliederungsvereinbarung als Leistungen der Beklagten zuvorderst die umfassende Information zum Gründungszuschuss, die umfassende Information zur freiwilligen Weiterversicherung und die Ausgabe der entsprechenden Anträge genannt wurden und lediglich als Punkte 3 und 4 das Einstellen des Bewerberprofils in die virtuelle Jobbörse sowie das Unterbreiten von Vermittlungsvorschlägen, "sofern vorhanden" – was dann nachvollziehbarer Weise nicht geschah, weil ja aktuell keine passenden Stellen gefunden worden waren und der Klägerin bis März die Prüfung aufgegeben worden war, ob sie sich selbstständig machen wolle –, illustriert, dass die Arbeitsvermittlerin Frau G. die Vermittlung in eine abhängige Beschäftigung als gegenüber der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nachrangig ansah. Wenn die Beklagte selbst der Vermittlung jedoch den Nachrang beimisst, ist es ihr verwehrt, sich bei einem späteren Ablehnungsbescheid auf einen vermeintlichen Vorrang zu berufen. Hierbei handelt es sich um widersprüchliches Verhalten ("venire contra factum proprium"), das dem Grundsatz von Treu und Glauben zuwiderläuft und damit eine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Dies wird deutlich an der Formulierung der Klägerin, man habe sie "ins offene Messer laufen" lassen, was der Sache nach zutrifft. Der Klägerin wurde in dem Erstgespräch mit der Arbeitsvermittlerin Frau G. nicht deutlich gemacht, dass sie auch mit der Ablehnung des Antrags auf Gründungszuschuss rechnen müsse. Stattdessen wurde ihr Zeit bis März 2013 eingeräumt, um die Frage der Selbstständigkeit für sich zu klären und das Ergebnis der Beklagten mitzuteilen. In dieser Zeit entfaltete die Beklagte keinerlei Vermittlungsaktivitäten, und über den dann gestellten Gründungszuschussantrag entschied sie erst – mit dem für die Klägerin überraschenden Ergebnis – nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und Beendigung der Arbeitslosigkeit der Klägerin, die zum Wegfall des Arbeitslosengeldanspruchs geführt hatte.
Hinsichtlich der Ausführungen des SG zur nach derzeitigen Erkenntnisstand bestehenden Fehlerhaftigkeit der Annahme einer vermeintlichen Eigenleistungsfähigkeit der Klägerin durch die Beklagte ist zu ergänzen, dass die im Vorfeld der letzten Verwaltungsentscheidung durch die E-Mails vom 25. April und 7. Mai 2013 dokumentierten noch durchgeführten Ermittlungen deutlich dafür sprechen, dass gerade in den üblicherweise kritischen Anfangsmonaten kein auskömmliches Einkommen zu erwarten war. Hier hatte die Klägerin mitgeteilt, dass ihre Rücklagen unter anderem für die ersten Investitionen in das bis dahin noch nicht betriebene Unternehmen aufgebraucht waren und erst zum kommenden Winter hin langsam steigende Einnahmen bei anfangs besonders hohen Kosten zu erwarten waren. Dies erscheint ohne weiteres schlüssig. Die mit dem Businessplan vorgelegten, auf Empfehlung des Steuerberaters erstellten Zahlen vermögen demgegenüber nicht mit einer für eine entsprechende Prognose erforderlichen Deutlichkeit und Wahrscheinlichkeit die Erwartung eines derart hohen Einkommens von Anfang an zu begründen, dass eine Förderung des Unternehmens durch den Gründungszuschuss nicht notwendig wäre. Insbesondere zeigt die Übersicht zu Privateinnahmen und -ausgaben in Tabelle 8, dass ohne den dort eingestellten Gründungszuschuss und trotz der unrealistischen Annahme eines von Anfang an zu zahlenden Gehalts von monatlich 3.100 Euro die monatlichen Einnahmen die Ausgaben deutlich übersteigen würden. Dass in der in Tabelle 9 dargestellten Erfolgsrechnung vom ersten Monat an gleichbleibende Umsätze von 13.784 Euro bei gleich bleibenden variablen Kosten zu einem Gewinn vor Steuern von 2.274 Euro monatlich ab dem ersten Monat führen sollten, ist ebenfalls nicht geeignet, die Erwartung zu rechtfertigen, dass es eines Gründungszuschusses nicht bedurft hätte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Erwartung eines Einkommens von Anfang an in Höhe des zu erwartenden Arbeitslosengeldes zuzüglich des zur sozialen Absicherung erforderlichen Betrages nicht notwendig gleich die Notwendigkeit eines Gründungszuschusses in Frage zu stellen geeignet ist. Denn schließlich sind gerade in der Anfangsphase eines Unternehmens auch Investitionen zu tätigen und höhere monatliche Ausgaben zu bewältigen, ohne dass diese deutlich übersteigende Einnahmen bereits sicher zu erwarten wären. Sinn und Zweck des Gründungszuschusses ist es aber gerade, in dieser kritischen Anfangsphase das Überleben eines neu gegründeten Unternehmens zu sichern. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zulässig, auf den erwarteten Jahresüberschuss abzustellen, wie es die Beklagte tut, denn der Gründungszuschuss wird zunächst nur für die die ersten 6 – nicht 12! – Monate gewährt (§ 94 Abs. 1 SGB III) und lediglich in den Fällen des § 94 Abs. 2 SGB III für einen weiteren Zeitraum von 9 Monaten.
Abgesehen davon, dass danach die Annahme des Vorliegens von Eigenleistungsfähigkeit nicht nur nicht gerechtfertigt, sondern vom Gegenteil auszugehen ist, stellt sich nach Auffassung des Senats die Berufung der Beklagten hierauf ohnehin ebenfalls als rechtsmissbräuchlich dar. Die Beklagte hat mit Aufnahme der weiteren Ermittlungen zur wirtschaftlichen Perspektive durch die Nachfragen per E-Mail bei der Klägerin dokumentiert, dass sie allein aufgrund des vorgelegten Businessplans nebst Finanzplanung nicht von Eigenleistungsfähigkeit ausging, denn sonst wären diese nicht nötig gewesen. Nachdem ihr im E-Mail-Verkehr dann nachvollziehbar dargelegt worden war, dass die zu erwartenden Einnahmen aus dem Unternehmen in den ersten Monaten nicht ausreichen würden, um den Lebensunterhalt der Klägerin einschließlich der sozialen Absicherung sicher zu decken, stellt es sich als widersprüchliches Verhalten dar, sich im Ablehnungsbescheid nun trotzdem auf Eigenleistungsfähigkeit zu berufen und dabei allein auf den Businessplan zu rekurrieren.
Weitere Aspekte, die noch zu einer Ablehnung des Antrags führen könnten, sind nicht ersichtlich. Angesichts des treuwidrigen Verhaltens der Beklagten in diesem konkreten Einzelfall würde sich jede andere Entscheidung als die Gewährung des begehrten Gründungszuschusses als rechtswidrig erweisen, sodass das der Beklagten grundsätzlich eingeräumte Ermessen ausnahmsweise auf null reduziert ist.
Abschließende sieht der Senat sich zu dem Hinweis veranlasst, dass die Verpflichtung einer Behörde zur Neubescheidung auch dann zu erfolgen hat, wenn deren Ermessensentscheidung auf falscher oder jedenfalls nicht gesicherter Tatsachengrundlage erfolgte; denn erst nach deren Feststellung ist die Behörde in der Lage, die Recht- und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts unter Abwägung aller im Einzelfall zu Grunde zu legenden Umstände zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere vermag der Senat die von der Beklagten angenommene grundsätzliche Bedeutung nicht zu erkennen, da angesichts des erforderlichen Abstellens auf den Einzelfall mit seinen Sachverhaltsbesonderheiten keine über den Einzelfall hinaus geltenden Rechtssätze aufgestellt werden.
Tatbestand:
Die am 8. Mai 1972 geborene Klägerin begehrt einen Gründungszuschuss für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Handel mit Produkten von exklusiver Strickqualität im Bereich Wohnen/Einrichten zum 1. Mai 2013.
Nach erfolgreicher Ausbildung zur Bankkauffrau und Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing/Distribution/Handel war die Klägerin zunächst von April 2000 bis April 2002 anfänglich als "Nationaler Junior Product Manager Briefpapier" und später "Nationaler Product Manager Stationery und Lizenzprodukte" bei der Firma H. in B. versicherungspflichtig beschäftigt und dann von Juli 2002 bis Ende Dezember 2012 bei der Firma B. in H. anfänglich als "Junior International Product Manager Stationery Products" und später als "International Product Manager Large Area Masking", "International Senior Product Manager Distribution" sowie zuletzt im Bereich "Brand Management and International Trade Marketing Distribution Europe" bei einem Bruttojahreseinkommen deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze von damals 67.200 Euro. Das Arbeitsverhältnis bei der Firma B. endete durch arbeitgeberseitige Kündigung vom 30. September 2011 nach arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 31. Oktober / 8. November 2011 bei Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000 Euro brutto am 31. Dezember 2012, wobei die Klägerin ab 1. Oktober 2011 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt war.
Am 26. März 2012 meldete die Klägerin sich telefonisch bei der Beklagten arbeitssuchend, bat um einen Beratungstermin und äußerte Interesse an der Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch einen Gründungszuschuss. Am 29. März 2012 erfolgte eine persönliche Vorsprache bei einer Arbeitsvermittlerin mit entsprechender Beratung, nach der die Klägerin ihre Arbeitssuchendmeldung zurückzog und bat, lediglich als Ratsuchende geführt zu werden.
Nach erneuter persönlicher Arbeitssuchendmeldung vom 26. September 2012 meldete die Klägerin sich am 5. November 2012 mit Wirkung zum 1. Januar 2013 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, das ihr ab dem 1. Januar 2013 zunächst für 360 Kalendertage vorläufig in Höhe von 58,85 Euro täglich und schließlich – nach Beschränkung des Anspruchs bis zum 30. April 2013, dem Tag vor der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, bei einem verbleibenden Restanspruch von 240 Tagen – in Höhe von 58,89 Euro täglich bewilligt wurde.
Während des Erstgesprächs am 5. November 2012 vermerkte die damals noch für die Beklagte tätige Arbeitsvermittlerin Frau G., dass die Prüfung des Vermittlungsvorganges ergeben habe, dass es keine passgenauen Vermittlungsvorschläge gebe. Die Suche nach Stellenangeboten sei negativ verlaufen. Das Bewerberprofil der Klägerin sei aktualisiert und als gemeinsames Ziel die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit festgelegt worden. Der Gründungszuschussantrag sowie die freiwillige Weiterversicherung seien im Einzelnen besprochen worden. Des Weiteren wurde eine bis zum nächsten Termin am 4. Mai 2013 gültige Eingliederungsvereinbarung geschlossen, in der als (einziges) Ziel die Selbstständigkeit mit Wohnaccessoires mit Standort H. angegeben wurde. Als Leistungen der Beklagten wurden umfassende Informationen zum Gründungszuschuss und zur freiwilligen Weiterversicherung genannt. Weiter hieß es, die Beklagte stelle das Bewerberprofil der Klägerin in ihre virtuelle Jobbörse anonym ein und unterbreite der Klägerin Vermittlungsvorschläge, sofern vorhanden. Als Bemühungen der Klägerin nannte die Vereinbarung zunächst, dass sie eine mögliche Selbstständigkeit bis zum März 2013 kläre und das Ergebnis der Arbeitsvermittlung mitteile. Darüber hinaus wurden verschiedene Verpflichtungen der Klägerin aufgezählt wie die Wahrnehmung von Terminen nach Einladungen zum Beispiel zu einem Vermittlungs- oder Beratungsgespräch sowie zur zeitnahen Bewerbung auf etwaige von der Beklagten erhaltene Vermittlungsvorschläge.
Am 11. April 2013 beantragte die Klägerin schriftlich die Gewährung eines Gründungszuschusses für die Aufnahme einer nach ihren Angaben bereits ab dem 6. November 2011 im Nebenerwerb 5 Stunden wöchentlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit im Handel mit exklusiven Strickwaren im Bereich Wohnen/Einrichten (laut Gewerbeanmeldung: Im- und Export sowie Handel mit Textilien, Accessoires und Wein) zum 1. Mai 2013. Sie reichte eine Tragfähigkeitsbescheinigung des Steuerberaters D. vom 24. Januar 2013, eine Gewerbeummeldung vom Haupt- aufs Nebengewerbe vom 11. April 2013, die Bestätigung des Finanzamts über die Anzeige von Einkünften aus Gewerbebetrieb vom 17. April 2013 sowie einen Businessplan einschließlich Finanzplan/Liquiditätsrechnung ein, wonach sie von Beginn an mit monatlichen Umsätzen von 13.784 Euro und monatlichen Gewinnen von 2.274 Euro kalkulierte, die lediglich in den Monaten Oktober bis Dezember des ersten Jahres wegen höherer Marketingkosten geringer angesetzt wurden. Ausgewiesen wurden monatliche Zahlungen eines Geschäftsführergehalts an sie selbst in Höhe von 3.100,- Euro; in einer Übersicht über Privateinnahmen und –ausgaben, in der als Einnahme daneben der erwartete Gründungszuschuss in Höhe von monatlich 2.300 Euro eingestellt war, ergab sich ein monatlicher Saldo von 1.136 Euro. Die Klägerin führte aus, sie habe in den Jahren 2010 und 2011 versucht, aktiv einen Jobwechsel im Angestelltenverhältnis herbeizuführen. Nach ca. 25 erfolglosen Bewerbungen habe es keine Jobangebote gegeben. Sie selbst glaube, dass es an ihrem Alter und ihren Familienverhältnissen (damals 38 Jahre, ledig, keine Kinder) liege, dass sie keine Anstellung gefunden habe. Mit den erworbenen Berufserfahrungen sehe sie nun einen guten Zeitpunkt, eine selbstständige Existenz aufzubauen. Dies sei in der Anfangsphase jedoch nur mit einem Gründungszuschuss möglich.
Im Rahmen eines E-Mail-Wechsels mit der für die Antragsbearbeitung mittlerweile zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten vom 25. April und 7. Mai 2013 legte die Klägerin dar, dass sie die Förderung durch einen Gründungszuschuss benötige, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Das Geschäft befinde sich im Aufbau, und der Cashflow sei erst zum Winter hin langsam steigend zu erwarten. Die Liquiditätsplanung sei ohne Gründungszuschuss negativ, die Lücke könne nicht aus eigenen Mitteln gefüllt werden, zumal die Klägerin die erhaltene Abfindung aufgebraucht und hiervon ein dringend benötigtes Auto gekauft habe, mit dem auch Muster und Warenlieferungen transportiert werden könnten. Kundenaufträge müssten mit hohem Aufwand akquiriert werden, sie habe keine sicheren Aufträge. Kunden zahlten zeitversetzt mehrere Wochen später. Hierfür sei kein Kredit von Banken zu erwarten. Ihr Geschäftsmodell betreffe ein Wintergeschäft. Sie habe jedoch von Anfang an hohe Kosten für Kunden- und Produzentenakquise, Benzin, Hotel- und Messeaufwendungen, Markenanmeldung, Einrichtung des Lagers und die Vorfinanzierung der Produktion.
Mit Bescheid vom 13. Mai 2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab. Es handele sich um eine Ermessensleistung der aktiven Arbeitsmarktförderung. Die Leistungen dürften nur gewährt werden, wenn sie notwendig seien, um Arbeitnehmer dauerhaft in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Die Beklagte müsse das Für und Wider einer Förderung sachgerecht abwägen. Es seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Es sei die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung zu wählen. Dabei sei auf die Fähigkeiten der zu fördernden Person abzustellen, die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und die arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarfe. Der Förderaufwand sei mit dem damit zu erreichenden Erfolg abzuwägen. Aufgrund der Ausbildung der Klägerin und ihrer besonderen Qualifikation sowie des bisherigen Werdegangs sei eine Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als Produkt- und Marketingmanagerin zeitnah möglich. Die private finanzielle Situation der Klägerin (bisheriges Gehaltsniveau, Abfindung, Höhe des Arbeitslosengeldes, Familienstand) lasse darauf schließen, dass Eigenleistungsfähigkeit vorliege. Die laut Businessplan zu erwartenden Einnahmen, die bereits zu Beginn der Selbstständigkeit erzielt würden, reichten zur Lebensunterhaltssicherung aus. Es seien keine Umstände vorgetragen oder nachgewiesen, die so erheblich von denen anderer Antragsteller abwichen, dass sie eine Besserstellung im Falle der Klägerin nahelegten.
Hiergegen legte die Klägerin am 17. Juli 2013 Widerspruch ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Widerspruchsfrist. Sie führte aus, die Voraussetzungen des § 93 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) lägen vor. Dem stehe auch nicht der sogenannte Vermittlungsvorrang entgegen. Sie habe sich über 30-mal beworben. Daraus habe keine einzige Einladung zu einem Vorstellungsgespräch resultiert. Ihre Arbeitslosigkeit hätte auch noch länger gedauert. Die Klägerin habe sich aber entschlossen, diese zu beenden und sich ab dem 1. Mai 2013 selbstständig zu machen. Die deswegen erfolgte Einstellung der Arbeitslosengeldzahlung und die Nichtgewährung des Gründungszuschusses stellten eine doppelte Härte dar. Voraussichtlich werde sie ohne den Gründungszuschuss ihre selbstständige Tätigkeit mit den bekannten Folgen wieder einstellen müssen. Sie sei auf den Vermittlungsvorrang nicht hingewiesen worden. Auch die Vermittlerinnen hätten die Beantragung des Gründungszuschusses empfohlen. Es sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass keine adäquate Arbeitstätigkeit zur Vermittlung angeboten werden könne. Auch bestehe keine Eigenleistungsfähigkeit. Das bisherige Gehaltsniveau könne nicht herangezogen werden. Auch könne nicht einfach behauptet werden, es existierten Barrücklagen. Die Klägerin sei darauf angewiesen, ihren Lebensunterhalt mit der aufgenommenen Tätigkeit zu bestreiten. Dass die Tätigkeit aber den Lebensunterhalt sichere, sei nachgewiesenermaßen nicht der Fall. Die erwähnte Abfindung in Höhe von 10.000 Euro habe sie versteuern müssen und sich vom Rest ein gebrauchtes Fahrzeug gekauft, was sie auch wegen der notwendigen Kundenfahrten im Rahmen ihrer Selbstständigkeit brauche. Unerfindlich sei die Bedeutung des Familienstandes der Klägerin. Sie sei ledig und habe keinerlei Unterhaltsansprüche. Auch andere familiäre Unterstützung erhalte die Klägerin nicht. Weshalb schließlich auf die Vergleichbarkeit mit anderen Fällen abgestellt werde, sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe von anderen Fällen keine Kenntnis.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit am selben Tag abgesandtem Widerspruchsbescheid von 26. Juli 2013 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe zwar die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses erfüllt, es bestehe jedoch kein Rechtsanspruch hierauf, weil der Gesetzgeber dessen Gewährung in das Ermessen der Beklagten gestellt habe. Auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens bestehe ein Anspruch. Hierbei seien die Interessen der Klägerin an einer Förderung und die Interessen der Versichertengemeinschaft, insbesondere an einer sparsamen und zweckentsprechenden Verwendung der Mittel gegeneinander abzuwägen. Die Beklagte habe sicherzustellen, dass die verfügbaren Ausgabemittel für das laufende Jahr nicht überschritten würden. Die Beklagte habe über ermessenslenkende Weisungen sichergestellt, dass über das ganze Jahr hinweg nach einheitlichen und sachgerechten Kriterien über die Anträge auf Gründungszuschuss entschieden werde. Sie habe sich durch die Bereichsverfügung 05/2013 des Geschäftsführers Operativ dazu entschlossen, den Gründungszuschuss dann nicht zu gewähren, wenn unter anderem die Vermittlung in Arbeit in absehbarer Zeit möglich sei (Vermittlungsvorrang). Diese Bereichsverfügung wirke nicht ermessensbindend, aber ermessensleitend. Die Klägerin sei 41 Jahre alt und von Beruf Produktmanagerin. Sie sei durchgehend von 2002 bis zum 31. Dezember 2012 in dieser Tätigkeit beschäftigt gewesen. Zum 1. Januar 2013 habe sie sich arbeitslos gemeldet. Bereits am 29. März 2012 bei einer ersten Vorsprache habe sie einen Antrag auf Gründungszuschuss gestellt. Nach Abschluss ihres arbeitsgerichtlichen Vergleichs habe die Klägerin am 5. November 2012 in der Agentur für Arbeit vorgesprochen und mitgeteilt, sie wolle nunmehr eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen. Der feste Wunsch nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit sei in der Zielvereinbarung festgeschrieben und eine umfassende Beratung vorgenommen worden. Aufgrund der guten Ausbildung und des lückenlosen Beschäftigungsverlaufs könnte die Klägerin innerhalb von sechs Monaten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden. Entsprechende Stellenangebote lägen in ausreichender Zahl vor. Tatsächlich seien wegen der geplanten Selbstständigkeit zeitnah im Anschluss an das Beschäftigungsverhältnis keine Vermittlungsvorschläge unterbreitet worden. Grundsätzlich habe die Vermittlung in Arbeit Vorrang vor der Gewährung von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. Zu diesen Leistungen gehöre auch der Gründungszuschuss. Es bestünden ausreichende Integrationsmöglichkeiten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Diese seien in einem Beratungsgespräch ausführlich besprochen worden. Die Vermittlungsbemühungen würden sich in erster Linie auf den Beruf der Produktmanagerin beziehen. Hierfür seien der Beklagten eine große Anzahl zu besetzender Stellen gemeldet. Die Arbeitslosigkeit der Klägerin hätte auch ohne Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit beendet werden können.
Hiergegen hat die Klägerin am 29. August 2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung eines Gründungszuschusses beantragt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 2 SGB III seien erfüllt, sodass alles für eine positive Verwaltungsentscheidung spreche; die Beklagte selbst sei in ihrer schriftlichen Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages (Hinweis u.a. auf BT-Drs. 17(11)594 S. 60) zu Recht selbst davon ausgegangen, es handele sich um eine Quasi-Pflichtleistung. Die von der Beklagten angeführten Gründe für die Ablehnung eines Gründungszuschusses seien sachlich nicht überzeugend. Im Hinblick auf den angenommenen Vermittlungsvorrang sei die Ablehnung aufgrund Abwägungsdefizits ermessensfehlerhaft, und bei dem Verweis auf die eigene Leistungsfähigkeit der Klägerin handele es sich zudem um sachfremde Ermessenserwägungen. Die Prüfung des Vermittlungsvorrangs habe stets individuell zu erfolgen und dürfe nicht dazu führen, dass bestimmte Branchen oder Fachkräfte grundsätzlich von einer Förderung ausgeschlossen würden. Hieran mangele es vorliegend. Die Beklagte sei bei ihrer erst im Widerspruchsverfahren vorgenommenen Stellenangebotsrecherche pauschalisierend von einem so überhaupt nicht zutreffenden Qualifikations- und Tätigkeitsprofil der Klägerin ausgegangen. So habe sie den Beruf des Produktmanagers spätestens seit 2008 nicht mehr ausgeübt, sondern seither Spezialkenntnisse und vertiefte Erfahrungen als Brand Managerin erworben. Darüber hinaus existiere kein feststehendes Berufsbild des Produktmanagers, auf das jeder Arbeitsuchende mit einer entsprechenden Ausbildung passe. Vielmehr komme es auf Branchenkenntnisse und Berufserfahrungen an, die der gesuchten Stelle entsprechen müssten. Bei mehreren der von der Beklagten dokumentierten Stellen handele es sich nicht einmal im Ansatz um Marketing-Jobs, die Angebote beträfen Branchen, in denen die Klägerin über keine Erfahrung verfüge, und bei der Mehrzahl handele es sich aufgrund der Berufsstruktur um Einsteigerjobs, die ihr aufgrund des bisher bezogenen Arbeitsentgeltes kaum zumutbar sein dürften (Hinweis auf § 140 Abs. 3 SGB III). Der Kreis der von der Beklagten für den Vermittlungsvorrang herangezogenen Stellenangebote sei damit viel zu weit gezogen. Des Weiteren berücksichtige die nachträgliche Bewertung des Vermittlungsvorrangs im Widerspruchsverfahren nicht, dass die Klägerin sich bereits seit 2011 zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit intensiv, jedoch erfolglos um eine Anschlussbeschäftigung bemüht habe. Auf das entsprechende Angebot zum Nachweis durchgeführter, nunmehr schriftsätzlich im Einzelnen dargestellter Bewerbungen sei die Beklagte nie eingegangen und habe diesen Gesichtspunkt zu keinem Zeitpunkt bei der Prognose etwaiger Integrationschancen erkennbar berücksichtigt. Soweit die Beklagte sich darauf zurückziehen wolle, dass ein Berufsschutz im Bereich des SGB III nicht existiere und die Klägerin auf jegliche ihrer Ausbildung entsprechende Arbeit verwiesen werden könne, so sei auf die Zumutbarkeitsgrenzen des § 140 Abs. 3 SGB III sowie insbesondere die Grundsätze der Arbeitsvermittlung gemäß § 1 SGB III hingewiesen; so solle die Arbeitsförderung dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenwirken und die Dauer der Arbeitslosigkeit verkürzen sowie die Leistungen der Arbeitsförderung die individuelle Beschäftigungsfähigkeit durch Erhalt und Ausbau von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten fördern, unterwertiger Beschäftigung entgegenwirken und die berufliche Situation von Frauen verbessern, indem sie auf die Beseitigung bestehender Nachteile sowie auf die Überwindung eines geschlechtsspezifisch geprägten Ausbildungs- und Arbeitsmarktes hinwirke und Frauen mindestens entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit von Arbeitslosigkeit gefördert werden. Im Übrigen habe die zunächst zuständige Arbeitsvermittlerin G. der Klägerin in zwei Gesprächsterminen mitgeteilt, ihr keine zumutbaren Stellen anbieten oder vermitteln zu können. Dies habe die Klägerin in ihren aufgrund der vergeblichen Bemühungen um eine Neuanstellung bestehenden Überlegungen bestärkt, eine Selbstständigkeit aufzubauen. Es seien keinerlei Risiken aufgezeigt worden, die Förderung der Selbstständigkeit durch den Gründungszuschuss sei als Handlungsmöglichkeit offen in Betracht gezogen worden, und Frau G. habe sie zu keiner Zeit darauf hingewiesen, dass die Klägerin damit rechnen müsse, dass der Gründungszuschuss nicht bewilligt werde. Da die Arbeitsvermittlung der Beklagten selbst zunächst keine Integrationschancen gesehen habe und es an zumutbaren Stellenangeboten offenbar gefehlt habe, seien während der gesamten Zeit der Arbeitslosigkeit auch keine Vermittlungsangebote unterbreitet worden. Die Behauptungen der Beklagten zur angeblichen Eigenleistungsfähigkeit schließlich seien substanzlos und pauschal. Die Klägerin habe Ende 2011 aufgrund der ergebnislosen Stellensuche und zur Vorbereitung einer möglichen Selbstständigkeit lediglich auf Anraten ihres Steuerberaters eine Gewerbeanmeldung durchgeführt, bis zur Aufnahme der selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit im Mai 2013 jedoch weder Umsätze erwirtschaftet noch das Unternehmen auf dem Markt eingeführt, einen Kundenstamm aufgebaut oder sonstige spezifische Tätigkeiten, wie sie im späteren Businessplan beschrieben seien, entfaltet. Der aktenkundige Businessplan zeige auf, dass die Einnahmensituation ohne Gründungszuschuss in den ersten Monaten negativ sei, sie ihre Lebenshaltungskosten und die Kosten der sozialen Sicherung gerade nicht oder nicht vollständig aus den Entnahmen decken könne. Die durch die Ablehnung der Förderung auch tatsächlich entstandene erhebliche Finanzierungslücke habe die Klägerin nur zum Teil durch Verschuldung, familiäre Darlehen, Untervermietung der Wohnung und drastische Kostenreduzierungen im privaten Bereich auffangen können. Unabhängig von der Frage, ob einerseits Tragfähigkeit verlangt und auf der anderen Seite die Erforderlichkeit des Gründungszuschusses mit dem Verweis auf gute, allerdings nur prognostizierte Umsätze verweigert werden dürfe, seien die tatsächlichen Grundlagen für die Annahme der von Anfang an guten Einnahmensituation weder gegeben gewesen noch von der Beklagten geprüft worden.
Die Beklagte hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen und zudem ausgeführt, dass es keiner Förderung im Sinne des § 93 SGB III bedürfe, soweit aus den bei Antragstellung eingereichten Unterlagen ersichtlich sei, dass aus der selbstständigen Tätigkeit ausreichende Einnahmen würden erzielt werden können. Prognostisch sei davon auszugehen gewesen, dass die Klägerin bereits im ersten Jahr von ihren Einnahmen würde leben können. Nach deren eigenen Angaben würden die Einnahmen im Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2013 mehr als 53.000 Euro betragen. Dieses ergebe sich aus der Rentabilitätsvorschau. Maßgeblich sei für die Prognose, dass die Klägerin davon ausgegangen sei, dass sie als Geschäftsführerin ein monatliches Entgelt von 3.100 Euro erzielen werde. Selbst nach Abzug dieses Kostenpostens sei ein Gewinn vor Steuern errechnet worden. Eine Prognose werde nicht dadurch unrichtig, dass sich in der Zukunft möglicherweise eine andere Entwicklung ergebe. Außerdem habe die Klägerin von vornherein den festen Wunsch gehabt, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen. Ihre Arbeitssuchendmeldung habe die Klägerin am 29. März 2012 zurückgezogen und habe nur noch als Ratsuchende geführt werden wollen. Dies habe sie in einem Telefonat vom 3. April 2012 bekräftigt. Die Klägerin sei umfassend informiert worden. Die Vermittlungsfachkräfte der Beklagten seien zu der Prognose gelangt, dass innerhalb von sechs Monaten für die Klägerin eine Vermittlung erfolgt wäre. In der Eingliederungsvereinbarung vom 5. November 2012 sei dem Wunsch der Klägerin entsprechend festgelegt worden, dass sie die selbstständige Tätigkeit bis März 2013 aufnehmen werde. Im Gegenzug habe sich die Beklagte dazu verpflichtet, über den Gründungszuschuss und die freiwillige Weiterversicherung umfassend zu informieren.
Das SG hat der Klage nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 5. August 2014 mit Urteil vom selben Tag teilweise stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2013 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Gründungszuschusses unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Beklagte zur Erstattung der Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin verurteilt. Die Beklagte habe – bei unstreitigem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 1 und 2 SGB III – das ihr eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, denn sie habe von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Sie habe sich ermessensfehlerhaft auf den Vorrang der Arbeitsvermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gestützt. Grundsätzlich sei aus § 4 Abs. 2 SGB III abzuleiten, dass der Vermittlung in Arbeit der Vorrang gegenüber anderen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung einzuräumen sei. Daher sei es zunächst nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte die Erwägung des Vermittlungsvorranges in den Vordergrund stelle und prüfe, ob der Arbeitslose dauerhaft im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden könne. Die Beklagte habe dabei aber stets individuell zu prüfen, ob eine möglichst nachhaltige Integration innerhalb des Bezugszeitraumes realistisch sei, ob sofort oder in absehbarer Zeit Stellenangebote unterbreitet werden könnten und ob individuelle Hemmnisse bestünden, die den Integrationserfolg behinderten. Es habe eine entsprechende Dokumentation der Prüfung des Vermittlungsvorrangs im Beratungsvermerk zu erfolgen. Eine Berufung auf den Vermittlungsvorrang verbiete sich, wenn sich die dokumentierte Stellenrecherche nicht mit dem Berufsbild des Antragstellers zu decken vermöge. Außerdem sei eine Prüfung des Vermittlungsvorranges nur dann genügend dokumentiert, wenn durch eine ausreichende Anzahl offen gemeldeter Stellen, die dem Anforderungsprofil des Arbeitslosen entsprächen, eine positive Arbeitsmarktlage als nachgewiesen angesehen werden könne. Im vorliegenden Fall habe die Stellenrecherche der Beklagten für die Klägerin keine passgenauen Stellen ergeben. Dieses ergebe sich daraus, dass der Klägerin tatsächlich keine Stellenangebote unterbreitet worden seien. Auch durch die im Widerspruchsverfahren vorgenommene Suche nach offen gemeldeten Stellen für Produktmanager ergebe sich zur Überzeugung der Kammer nicht der Nachweis einer positiven Arbeitsmarktlage für die Klägerin. Der Tätigkeitsbereich von Produktmanagern sei so weit gefächert wie es Produkte auf dem Markt gebe, so dass sich aus der Vielzahl der gefundenen Stellenofferten nicht ersehen lasse, ob die für die Klägerin in Betracht zu ziehenden Stellen so zahlreich seien, dass sie eine positive Arbeitsmarktlage anzeigten. Der Beruf eines Produktmanagers werde in unterschiedlichen Branchen ausgeübt und dürfte stark von den jeweiligen dortigen Bedingungen durchdrungen sein, so dass Berufserfahrungen in einem bestimmten Produktsegment nicht gleich übertragbar sein dürften für andere Produktionsbereiche, so dass die Frage nach der Konkurrenzfähigkeit der Klägerin nicht sicher beantwortet werden könne. Das Anforderungsprofil der als offen gemeldeten Stellen sei nicht ohne weiteres abgleichbar mit dem Bewerberprofil der Klägerin. Eine Aussage über eine zeitnahe Vermittlung der Klägerin in eine versicherungspflichtige Beschäftigung könne daher aufgrund des Stellensuchdurchlaufs nicht getroffen werden. Dieses habe offensichtlich auch die Arbeitsvermittlerin der Klägerin so bewertet. In einem Beratungsvermerk vom 5. November 2012 habe sie ausgeführt, dass es keine passgenauen Vermittlungsvorschläge gebe. Nach Auffassung der Kammer ergebe sich daraus ein Widerspruch zu der im Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2013 aufgeführten Argumentation, dass der Arbeitsmarkt für die Klägerin gut sei. Darüber hinaus habe sich die Beklagte bei der Frage der zeitnahen Vermittelbarkeit allein auf eine Tätigkeit als Produktmanager konzentriert. Dieses dürfte aber angesichts des Umstands, dass die Klägerin als solche die letzten vier Jahre ihrer Anstellung nicht gearbeitet, sondern den Markenvertrieb koordiniert habe, nicht mit dem Bewerberprofil der Klägerin übereinstimmen. Dieses habe auch der Beklagtenvertreter im Termin der mündlichen Verhandlung zu bedenken gegeben, indem er darauf hingewiesen habe, dass die Klägerin aufgrund ihres beruflichen Werdeganges und ihrer Ausbildung nicht gleich in Arbeit zu vermitteln gewesen sei, sondern der Arbeitsagentur ein größerer Zeitraum hätte eingeräumt werden müssen. Ob sechs Monate dafür ausgereicht hätten, sei nicht beurteilbar. Aus welchem Grund aber der Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2013 davon ausgehe, dass eine Arbeitsvermittlung in den nächsten sechs Monaten zu erwarten sei, vermöge die Kammer nicht nachzuvollziehen. Daraus folge, dass der konkrete Nachweis der positiven Arbeitsmarktlage im vorliegenden Fall nicht gelungen sei, zumal das Bewerberprofil der Klägerin bei der Stellensuche nur zum Teil erfasst worden sei. Die Kammer schließe sich der Auffassung des SG Duisburg (Hinweis auf Urteil vom 22. Januar 2014 – S 33 AL 239/13, info also 2014, 114) an, dass die Prognose über die in absehbarer Zeit mögliche Integration in den Arbeitsmarkt durch Arbeitsvermittlung regelmäßig anhand konkreter Stellenangebote überprüfbar sein müsse. Dieses sei hier nicht der Fall. Umstände, die von diesem konkreten Nachweis entbänden, wie beispielsweise durch den schon vor der Arbeitslosigkeit feststehenden Entschluss, sich auf jeden Fall selbstständig zu machen, oder bei nur geringer Dauer der Arbeitslosigkeit (Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Mai 2014 – L 18 AL 236/13, info also 2014, 205), lägen nicht vor. Insbesondere vermöge die Kammer der Ansicht nicht zu folgen, dass die Klägerin von vornherein auf die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit fixiert gewesen sei. Die Klägerin habe sich den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt. Nach eigenen und glaubhaften Angaben habe sich die Klägerin vor Eintritt der Arbeitslosigkeit auch zahlreich beworben. In der mit ihr geschlossenen Eingliederungsvereinbarung vom 5. November 2012 habe sie sich verpflichtet, sich auf Stellenangebote zu bewerben und bei Erfolg einer Bewerbung die Stelle auch anzutreten. Dass die Klägerin auch die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zum März 2013 habe klären wollen und sich verpflichtet habe, das Ergebnis mitzuteilen, vermöge daran nichts zu ändern. Die Arbeitsagentur habe sich in der Eingliederungsvereinbarung darauf eingelassen, als Ziel die Aufnahme der Selbstständigkeit mit Wohnaccessoires mit Standort H. aufzunehmen. Sie selbst habe sich unter anderem lediglich verpflichtet, Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten, soweit vorhanden. Nach Ansicht der Kammer ergebe sich daraus, dass sich die Beklagte dann nicht auf eine Vorrangigkeit der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung stützen könne. Auf ein Verhalten der Klägerin vor dem Erstgespräch am 5. November 2012 komme es vor diesem Hintergrund nicht an. Auch unter dem Aspekt der Eigenleistungsfähigkeit sei die Ablehnung des Gründungszuschusses nicht frei von Beanstandung. Das Bestehen eigener Leistungsfähigkeit könne die Ablehnung eines Gründungszuschusses im Rahmen der Ermessensausübung rechtfertigen. Die Annahme der Eigenleistungsfähigkeit bedürfe aber belastbarer Erkenntnisse der Einnahmesituation des Selbstständigen, also konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die geplante selbstständige Tätigkeit bereits in der Anlaufphase der ersten sechs Monate so erfolgreich sein werde, dass der Existenzgründer seinen Lebensunterhalt damit erwirtschaften und auch seine soziale Absicherung vornehmen könne. Solche Anhaltspunkte könnten sich beispielsweise aus einer Rentabilitätsvorschau ergeben (Hinweis auf Sächsisches LSG, Urteil vom 10. April 2014 – L 3 AL 141/12, juris). Im vorliegenden Fall handele es sich bei der Argumentation der Beklagten nicht um eine Ermessensausübung, die einer konkreten Überprüfung der Eigenleistungsfähigkeit der Klägerin entspringe. Die Beklagte stütze sich dabei auf die Angaben der Klägerin in ihrem Antrag. Diese Angaben seien allerdings nicht nachvollziehbar. Die insoweit in den Unterlagen der Klägerin vorhandene Rentabilitätsvorschau lasse einen Schluss auf die Gewinnerwartung von 53.000 Euro im ersten Jahr der Gründung nicht zu. Es lasse sich ihr eine plausible Gegenüberstellung der Einnahme- und Ausgabesituation nicht entnehmen. Die im Finanz- und Liquiditätsplan aufgeführten Einzeleinnahmen und Ausgaben seien gleichbleibend konstant, von geringen Ausnahmen abgesehen. Zu- und Abflüsse in den einzelnen Monaten, die bei einer Selbstständigkeit naturgemäß Schwankungen unterworfen sein dürften, seien nicht differenziert erkennbar. So gebe sie monatlich gleichbleibende Umsatzzahlen bezüglich des Verkaufs ihrer Produkte und gleichbleibende Stückzahlen an. Nicht zu erkennen sei, welche Kosten der Klägerin für den Einkauf der Produkte oder Materialien entstünden. Die Klägerin habe von Beginn an eine Eigenentnahme in Höhe von 3.100 Euro berücksichtigt, ohne dass sich entnehmen lasse, welche reale Grundlage diese Entnahme auf der Einnahmenseite habe. Ob diese Darstellung einer Rentabilitätsvorschau, die regelmäßig auf einen bestimmten Wirtschaftszeitraum bezogen sei, entspreche, bezweifle die Kammer, die aufgrund der Mitwirkung eines Betriebswirts über eigene betriebswirtschaftliche Sachkunde verfüge. Dass die Klägerin in ihrer Umsatzvorschau die Entwicklung ihres Vorhabens positiv darstelle, liege in der Natur der Sache, dass nämlich – ungeachtet der Tragfähigkeitsbescheinigung – der Gründungszuschuss für ein prognostisch nicht rentables Geschäftsmodell kaum bewilligt werden dürfte und daher eine günstige Darstellung der Gewinnerwartung regelhaft zu erwarten sei. Um erfolgreich behaupten zu können, dass der Gründungszuschuss nicht notwendig sei, um die Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit wegen der zu erwartenden Anlaufschwierigkeiten in den ersten Monaten zu fördern, müsste die Arbeitsverwaltung konkret ermitteln, welchen Startvorteil der Gründungswillige bereits mitbringe. Solche Startvorteile ergäben sich nach Auffassung der Kammer nicht daraus, dass die Klägerin sich bereits mit der nebenerwerbsmäßigen Selbstständigkeit versucht habe. Die Erweiterung zur hauptberuflichen Selbständigkeit führe regelmäßig nicht übergangslos zur Auskömmlichkeit. Zur Überzeugung der Kammer könne die Klägerin lediglich bestehende Kontakte nutzen, die aber die Prognose der Existenzsicherung allein nicht zuließen. Entscheidend sei die Prognose bei Antragstellung. Diese habe eine Eigenleistungsfähigkeit der Klägerin gerade nicht durch belastbares Zahlenwerk erkennen lassen. Auch wenn der Gründungszuschuss nicht dazu diene, Liquiditätsreserven aufzubauen (Hinweis auf Sächsisches LSG, a.a.O.), seien hier solche Anhaltspunkte nicht gegeben, die den Schluss zuließen, die Klägerin verfolge einzig das Ziel, mit dem Gründungszuschuss ihr Unternehmen wirtschaftlich zu fördern. Nach alledem sei die Ablehnungsentscheidung der Beklagten aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Gründungszuschuss neu zu entscheiden unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. Eine Ermessenreduzierung auf null habe die Kammer nicht festzustellen vermocht. Eine solche ergebe sich auch nicht aus der mit der Klägerin am 5. November 2012 geschlossenen Eingliederungsvereinbarung. Diese enthalte zwar einerseits das Ziel der Selbstständigkeit mit Wohnaccessoires mit Standort H ... Daraus sei aber andererseits keine Selbstbindung der Arbeitsverwaltung, die Klägerin hinsichtlich der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zu fördern, abzuleiten (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Februar 2014 – L 8 AL 1515/13, info also 2014, 108), denn ausdrücklich habe sich die Beklagte unter anderem lediglich zur Information über den Gründungszuschuss verpflichtet. Dass daraus eine gewisse Widersprüchlichkeit resultiere, verkenne die Kammer nicht. Eine Zusicherung des Gründungszuschusses lasse sich aber aus der Eingliederungsvereinbarung nicht ableiten.
Mit ihrer am 18. Dezember 2014 eingelegten Berufung gegen dieses ihr am 21. November 2014 zugestellte Urteil des SG äußert die Beklagte die Ansicht, dass das SG sie zu Unrecht zur Neubescheidung verpflichtet habe, weil es keine Ermessensfehler angenommen, sondern nur konstatiert habe, dass die Feststellungen der Beklagten zur Eigenleistungsfähigkeit und der Nachweis des Vorrangs der Vermittlung unzureichend gewesen seien. Dies betreffe nicht die Ermessensausübung an sich, sondern den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt. Bei Zweifeln am Vorliegen von Tatsachen wäre das SG zunächst verpflichtet gewesen, von Amts wegen den Sachverhalt zu erforschen und ggf. darauf hinzuwirken, dass ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentliche Erklärungen abgegeben werden. Unter den näher bestimmten Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hätte das SG die streitgegenständliche Entscheidung, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, (nur) aufheben können, nicht aber eine Sachentscheidung treffen dürfen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass für die Ansicht des SG, wonach sich eine Berufung auf den Vermittlungsvorrang verbiete, wenn sich die dokumentierte Stellenrecherche nicht mit dem Berufsbild des Antragstellers zu decken vermöge, keine Rechtsgrundlage benannt worden und auch ansonsten eine solche nicht ersichtlich sei. Das Recht der Arbeitsförderung kenne keinen Berufsschutz. Vorsorglich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 4. März 2015 Angaben ihres Statistikservice für den Zeitpunkt der Ermessensentscheidung nachgereicht, um die Richtigkeit der Annahme einer günstigen Vermittlungsprognose für Berufe aus der Berufsgattung "Berufe in Werbung und Marketing – komplexe Spezialistentätigkeit" zu belegen, auf die sich die Vermittlung der Klägerin unter Berücksichtigung von Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit nach § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III vorrangig zu richten gehabt habe, auch wenn es sich bei dem Beruf "Produktmanager" nicht um die einzige für die Klägerin zumutbare Beschäftigung im Sinne von § 140 SGB III gehandelt habe; auf diese Angaben wird Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. August 2014 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts vom 5. August 2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2013 zu verurteilen, der Klägerin antragsgemäß einen Gründungszuschuss zu gewähren.
Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie betont, dass bereits die Vermittlung vorrangig auf den Beruf "Produktmanager" fehlerhaft gewesen sei, weil es sich hierbei um einen typischen Einstiegsjob handele, den man als Absolvent nach der universitären Ausbildung annehme. Diese Berufsrichtung passe auf sie gar nicht, da sie schon längst keine Einsteigerin mehr sei. Es stimme nicht, dass sie zehn Jahre lang als Produktmanager tätig gewesen sei. Ab 2009 sei sie es nicht mehr gewesen, sondern habe die nächste Stufe auf der Karriereleiter erklettert. Eine Rückkehr in den Beruf des Produktmanagers wäre ein Abstieg gewesen. Die Klägerin trägt vor, dass die Arbeitsvermitlerin G. ihr bei dem Gespräch am 5. November 2012 nach Vorlage des Lebenslaufs und ihrer Äußerung, dass sie nach etwa dreißig vergeblichen Bewerbungen als Plan B auch eine Selbstständigkeit in Erwägung ziehe, gesagt habe, dass für das angemessene Gehaltsniveau keine Angebote unterbreitet werden könnten. Der Vermittlungsvorrang sei daher bei ihr nicht zutreffend. Daraufhin seien ihr die Antragsunterlagen für den Antrag auf Gründungszuschuss ausgehändigt worden. Schließlich meint die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung am 23. September 2015 Anschlussberufung eingelegt hat, weil das Ermessen der Beklagten auf null reduziert sei, das SG wäre – im Fall der Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung – nicht zu weiteren Ermittlungen verpflichtet. Diese hätte die Beklagte nach der Verpflichtung zur Neubescheidung selbst durchzuführen und auf der Grundlage des erforschten Sachverhalts eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zu treffen. Hierfür wäre das Gericht nicht zuständig, denn es prüfe den Ermessensgebrauch nur auf Rechtmäßigkeit, nicht auf Zweckmäßigkeit. Letzteres wäre allein Aufgabe der Beklagten.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Sie hält die aus ihrer Sicht entscheidungserheblichen Rechtsfragen für grundsätzlich bedeutsam.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 10. Juni 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt, der Senat hat am 23. September 2015 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf die diesbezüglichen Protokolle wird ebenso Bezug genommen wie wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Inhalt der Prozessakte des Gerichts sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Verwaltungsakte und Gründungszuschussakte).
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist unbegründet, die ebenfalls statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung; vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 143 Rn. 5 ff. m.w.N.)) Anschlussberufung der Klägerin ist begründet.
Soweit das SG der Klage teilweise stattgegeben hat, folgt der Senat dem im Wesentlichen und nimmt insoweit auf dessen zutreffende Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG), lässt jedoch ausdrücklich offen, auf welche Tätigkeiten bei der Prüfung des Vermittlungsvorrangs abzustellen ist und ob und ggf. in welchem konkreten Umfang entsprechende offene Stellen von der Beklagten zu dokumentieren sind. Die angefochtenen Bescheide sind als ermessensfehlerhaft aufzuheben. Allerdings ist nicht nur, wie das SG meint, die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Neubescheidung begründet, sondern darüber hinausgehend auch die Leistungsklage auf Gewährung eines Gründungszuschusses. Diesbezüglich hat das SG zu Unrecht eine Ermessensreduzierung auf null verneint und die Klage teilweise abgewiesen.
Anders als das SG meint, wird die Beklagte zur Prüfung eines etwaigen Vermittlungsvorrangs keine neuen Ermittlungen durchzuführen und Erwägungen anzustellen haben, denn es ist ihr nach Überzeugung des Senats verwehrt, sich hierauf zu berufen.
Aus dem Verbis-Vermerk der Arbeitsvermittlerin Frau G. vom 5. November 2012 und den hierzu passenden, zuletzt unwidersprochenen Angaben der Klägerin ergibt sich, dass Letztere nach (erneuter) Arbeitsuchendmeldung vom 26. September 2012 bei der Arbeitslosmeldung und auch zu Beginn ihrer Arbeitslosigkeit nicht den unbedingten Willen hatte, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen. Vielmehr wurde nach der Rücknahme der ersten Arbeitsuchendmeldung vom März 2012 – in deren Zusammenhang die Klägerin entgegen der im Widerspruchsbescheid aufgestellten Behauptung der Beklagten nicht bereits einen Gründungszuschussantrag gestellt hatte – nunmehr im Rahmen des persönlichen Kontakts zur Arbeitsvermittlerin die Vermittelbarkeit der Klägerin geprüft und dabei festgestellt, dass es keine passenden Stellenangebote gebe und damit auch keine Vermittlungsvorschläge unterbreitet werden könnten. Daraufhin wurden als gemeinsames Ziel von Klägerin und Arbeitsvermittlerin die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit festgelegt und in einer Eingliederungsvereinbarung – als einziges Ziel – festgehalten. Die dortigen Ausführungen zu den Bemühungen der Klägerin, wonach sie eine mögliche Selbstständigkeit bis zum März 2013 kläre und das Ergebnis der Arbeitsvermittlung mitteile, zeigt die noch nicht bestehende Festlegung der Klägerin, sodass die anders lautenden Behauptungen der Beklagten im Vor- und Klageverfahren als widerlegt angesehen werden können.
Dass in der Eingliederungsvereinbarung als Leistungen der Beklagten zuvorderst die umfassende Information zum Gründungszuschuss, die umfassende Information zur freiwilligen Weiterversicherung und die Ausgabe der entsprechenden Anträge genannt wurden und lediglich als Punkte 3 und 4 das Einstellen des Bewerberprofils in die virtuelle Jobbörse sowie das Unterbreiten von Vermittlungsvorschlägen, "sofern vorhanden" – was dann nachvollziehbarer Weise nicht geschah, weil ja aktuell keine passenden Stellen gefunden worden waren und der Klägerin bis März die Prüfung aufgegeben worden war, ob sie sich selbstständig machen wolle –, illustriert, dass die Arbeitsvermittlerin Frau G. die Vermittlung in eine abhängige Beschäftigung als gegenüber der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nachrangig ansah. Wenn die Beklagte selbst der Vermittlung jedoch den Nachrang beimisst, ist es ihr verwehrt, sich bei einem späteren Ablehnungsbescheid auf einen vermeintlichen Vorrang zu berufen. Hierbei handelt es sich um widersprüchliches Verhalten ("venire contra factum proprium"), das dem Grundsatz von Treu und Glauben zuwiderläuft und damit eine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Dies wird deutlich an der Formulierung der Klägerin, man habe sie "ins offene Messer laufen" lassen, was der Sache nach zutrifft. Der Klägerin wurde in dem Erstgespräch mit der Arbeitsvermittlerin Frau G. nicht deutlich gemacht, dass sie auch mit der Ablehnung des Antrags auf Gründungszuschuss rechnen müsse. Stattdessen wurde ihr Zeit bis März 2013 eingeräumt, um die Frage der Selbstständigkeit für sich zu klären und das Ergebnis der Beklagten mitzuteilen. In dieser Zeit entfaltete die Beklagte keinerlei Vermittlungsaktivitäten, und über den dann gestellten Gründungszuschussantrag entschied sie erst – mit dem für die Klägerin überraschenden Ergebnis – nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und Beendigung der Arbeitslosigkeit der Klägerin, die zum Wegfall des Arbeitslosengeldanspruchs geführt hatte.
Hinsichtlich der Ausführungen des SG zur nach derzeitigen Erkenntnisstand bestehenden Fehlerhaftigkeit der Annahme einer vermeintlichen Eigenleistungsfähigkeit der Klägerin durch die Beklagte ist zu ergänzen, dass die im Vorfeld der letzten Verwaltungsentscheidung durch die E-Mails vom 25. April und 7. Mai 2013 dokumentierten noch durchgeführten Ermittlungen deutlich dafür sprechen, dass gerade in den üblicherweise kritischen Anfangsmonaten kein auskömmliches Einkommen zu erwarten war. Hier hatte die Klägerin mitgeteilt, dass ihre Rücklagen unter anderem für die ersten Investitionen in das bis dahin noch nicht betriebene Unternehmen aufgebraucht waren und erst zum kommenden Winter hin langsam steigende Einnahmen bei anfangs besonders hohen Kosten zu erwarten waren. Dies erscheint ohne weiteres schlüssig. Die mit dem Businessplan vorgelegten, auf Empfehlung des Steuerberaters erstellten Zahlen vermögen demgegenüber nicht mit einer für eine entsprechende Prognose erforderlichen Deutlichkeit und Wahrscheinlichkeit die Erwartung eines derart hohen Einkommens von Anfang an zu begründen, dass eine Förderung des Unternehmens durch den Gründungszuschuss nicht notwendig wäre. Insbesondere zeigt die Übersicht zu Privateinnahmen und -ausgaben in Tabelle 8, dass ohne den dort eingestellten Gründungszuschuss und trotz der unrealistischen Annahme eines von Anfang an zu zahlenden Gehalts von monatlich 3.100 Euro die monatlichen Einnahmen die Ausgaben deutlich übersteigen würden. Dass in der in Tabelle 9 dargestellten Erfolgsrechnung vom ersten Monat an gleichbleibende Umsätze von 13.784 Euro bei gleich bleibenden variablen Kosten zu einem Gewinn vor Steuern von 2.274 Euro monatlich ab dem ersten Monat führen sollten, ist ebenfalls nicht geeignet, die Erwartung zu rechtfertigen, dass es eines Gründungszuschusses nicht bedurft hätte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Erwartung eines Einkommens von Anfang an in Höhe des zu erwartenden Arbeitslosengeldes zuzüglich des zur sozialen Absicherung erforderlichen Betrages nicht notwendig gleich die Notwendigkeit eines Gründungszuschusses in Frage zu stellen geeignet ist. Denn schließlich sind gerade in der Anfangsphase eines Unternehmens auch Investitionen zu tätigen und höhere monatliche Ausgaben zu bewältigen, ohne dass diese deutlich übersteigende Einnahmen bereits sicher zu erwarten wären. Sinn und Zweck des Gründungszuschusses ist es aber gerade, in dieser kritischen Anfangsphase das Überleben eines neu gegründeten Unternehmens zu sichern. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zulässig, auf den erwarteten Jahresüberschuss abzustellen, wie es die Beklagte tut, denn der Gründungszuschuss wird zunächst nur für die die ersten 6 – nicht 12! – Monate gewährt (§ 94 Abs. 1 SGB III) und lediglich in den Fällen des § 94 Abs. 2 SGB III für einen weiteren Zeitraum von 9 Monaten.
Abgesehen davon, dass danach die Annahme des Vorliegens von Eigenleistungsfähigkeit nicht nur nicht gerechtfertigt, sondern vom Gegenteil auszugehen ist, stellt sich nach Auffassung des Senats die Berufung der Beklagten hierauf ohnehin ebenfalls als rechtsmissbräuchlich dar. Die Beklagte hat mit Aufnahme der weiteren Ermittlungen zur wirtschaftlichen Perspektive durch die Nachfragen per E-Mail bei der Klägerin dokumentiert, dass sie allein aufgrund des vorgelegten Businessplans nebst Finanzplanung nicht von Eigenleistungsfähigkeit ausging, denn sonst wären diese nicht nötig gewesen. Nachdem ihr im E-Mail-Verkehr dann nachvollziehbar dargelegt worden war, dass die zu erwartenden Einnahmen aus dem Unternehmen in den ersten Monaten nicht ausreichen würden, um den Lebensunterhalt der Klägerin einschließlich der sozialen Absicherung sicher zu decken, stellt es sich als widersprüchliches Verhalten dar, sich im Ablehnungsbescheid nun trotzdem auf Eigenleistungsfähigkeit zu berufen und dabei allein auf den Businessplan zu rekurrieren.
Weitere Aspekte, die noch zu einer Ablehnung des Antrags führen könnten, sind nicht ersichtlich. Angesichts des treuwidrigen Verhaltens der Beklagten in diesem konkreten Einzelfall würde sich jede andere Entscheidung als die Gewährung des begehrten Gründungszuschusses als rechtswidrig erweisen, sodass das der Beklagten grundsätzlich eingeräumte Ermessen ausnahmsweise auf null reduziert ist.
Abschließende sieht der Senat sich zu dem Hinweis veranlasst, dass die Verpflichtung einer Behörde zur Neubescheidung auch dann zu erfolgen hat, wenn deren Ermessensentscheidung auf falscher oder jedenfalls nicht gesicherter Tatsachengrundlage erfolgte; denn erst nach deren Feststellung ist die Behörde in der Lage, die Recht- und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts unter Abwägung aller im Einzelfall zu Grunde zu legenden Umstände zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere vermag der Senat die von der Beklagten angenommene grundsätzliche Bedeutung nicht zu erkennen, da angesichts des erforderlichen Abstellens auf den Einzelfall mit seinen Sachverhaltsbesonderheiten keine über den Einzelfall hinaus geltenden Rechtssätze aufgestellt werden.
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