Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 1 U 99/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom10.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2014 verurteilt, den Unfall der Klägerin vom 28.08.2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin am 28.08.2013 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die am 00.00.1967 geborene Klägerin ist als kaufmännische Angestellte bei der Firma F N-M Stiftung & Co. KG in N beschäftigt.
Der Durchgangsarzt Dr. X teilte der Beklagten in einem Durchgangsarztbericht vom 05.09.2013 mit, die Klägerin sei am 28.08.2013 um 21.20 Uhr in C bei einem Firmenlauf B2Run nach dem Lauf auf dem Weg zum Bus über eine Bordsteinkante gestolpert und nach vorne gestürzt. Dabei habe sie sich das Gesicht, beide Knie, den rechten Unterarm/Handgelenk/Hand verletzt. Dr. X diagnostizierte Prellungen, offene Wunden sowie eine Wundinfektion.
Die Firma F N-I Stiftung & Co. KG teilte der Beklagten in einer Unfallanzeige vom 05.09.2013 mit, die Klägerin habe sich am 28.08.2013 auf dem Rückweg von einer betrieblichen Veranstaltung (B2Run) von C nach N befunden. Auf dem Weg vom Olympiastadion zum Bus, der an der K-P-Allee um 21.30 Uhr starten sollte, habe sie diese gegen 21.20/21.25 Uhr auf der rechten Seite überquert. Am dortigen Randstreifen sei die Klägerin mit dem Fuß an eine Kante gestoßen und nach vorne rüber gestolpert, so dass sie erst mit den Knien auf den Boden stieß. Die Klägerin habe noch versucht, den endgültigen Sturz zu vermeiden, habe aber jedoch so viel Schwung drauf gehabt, dass sie ihren Körper nicht mehr bremsen konnte und mit dem Kopf nach vorne rüber gefallen sei. Dabei sei sie mit Kinn und Mund auf dem Boden aufgeschlagen. Die Hände hätten leider nicht zur Hilfe genommen werden können, da sich in der linken Hand Walkingstöcke befunden hätten und mit der rechten Hand die Sporttasche transportiert worden sei. Die Klägerin habe sich dabei Zähne, Oberlippe, Kinn und Knie verletzt.
In einem "Unfallfragebogen" vom 16.10.2013 teilte die Klägerin der Beklagten ergänzend mit, sie sei am 28.08.2013 um 13.00 Uhr von der F-Zentrale in N mit einigen F-Mitarbeitern zum B2Run (Deutscher Firmenmeisterschaftslauf) nach C gefahren. Der B2Run habe um 19.30 Uhr gestartet. Die Abfahrtszeit mit dem Bus nach N sei um 21.30 Uhr vereinbart gewesen. Auf dem Weg vom Olympiastadion zum Bushalteplatz sei sie gestürzt. Dabei habe sie sich einen Zahn abgebrochen, ihre Oberlippe sei innen und außen genäht worden, ihr Kinn sei geschrammt gewesen, die Knie seien blau gewesen und zwei Schneidezähne seien locker.
In einem "Betriebsveranstaltungsfragebogen" vom 28.02.2013 teilte die Arbeitgeberin der Klägerin, die Firma F N-I Stiftung & Co. KG, der Beklagten mit, bei ihr seien am Unfalltag ca. 30.000 Betriebsangehörige beschäftigt gewesen. An dem B2Run in C hätten ca. 1.200 Betriebsangehörige tatsächlich teilgenommen. Die Veranstaltung habe allen Betriebsangehörigen offen gestanden und es habe keine Beschränkungen gegeben. Die Unternehmensführung, Marketing und das Gesundheitsmanagement (Personalabteilung) hätten zur Teilnahme an der Veranstaltung aufgefordert. Zwei Vorstandsmitglieder hätten ebenfalls an der Veranstaltung teilgenommen, die Kosten der Veranstaltung habe die Arbeitgeberin der Klägerin getragen Dazu übersandte die Arbeitgeberin der Klägerin den Flyer, mit dem für die Teilnahme an dem B2Run in C geworben wurde. Später teilte die Firma F N-I Stiftung & Co. KG der Beklagten ergänzend mit, bei der Stiftung seien 297 Arbeitnehmer beschäftigt. In der Abteilung, in der die Klägerin tätig sei, seien 10 Mitarbeiter beschäftigt, davon hätten 3 an dem Firmenlauf teilgenommen.
Mit Bescheid vom 10.01.2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls der Klägerin vom 28.08.2013 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, auch Gemeinschaftsveranstaltungen könnten zu den versicherten Tätigkeiten gehören. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung müssten hierzu alle nachfolgend genannten Voraussetzungen erfüllt sein:
1.) Veranstaltung soll Verbundenheit zwischen Betriebsleitung und Belegschaft pflegen (Mindestbeteiligungsquote 20 %)
2.) Anwesenheit des Unternehmers, der Leitung oder beauftragten Personen
3.) Offen für alle Betriebsangehörigen bzw. Mitarbeiter/innen einer Abteilung.
4.) Unternehmer veranstaltet, fördert oder billigt diese Veranstaltung.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen könne von keiner versicherten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgegangen werden. Neben der nicht nichterfüllten Mindestbeteiligungsquote von 20 % habe die Veranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offen gestanden. Bei dem Firmenlauf sei eine Wegstrecke von 6,0 Kilometern zurückzulegen gewesen. Auch wenn von den einzelnen Teilnehmern keine sportlichen Höchstleistungen erwartet worden seien und der sportliche Wettkampf nicht im Vordergrund der Veranstaltung gestanden habe, könne nicht unterstellt werden, dass alle Mitarbeiter der F N-I Stiftung & Co. KG aufgrund ihrer konditionellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wären, an einem solchen Laufwettbewerb teilzunehmen. Vielmehr könne davon ausgegangen werden, dass gesundheits- und altersbedingte Einschränkungen schon einen Teil der Beschäftigten daran gehindert hätten, an einem Firmenlauf teilzunehmen. Zudem sei der Firmenlauf als rein sportliche Veranstaltung nicht geeignet, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens beizutragen, weil eine solche Veranstaltung von ihrer Programmgestaltung her nicht die Gesamtheit der Belegschaft, sondern nur die Sportinteressierten und sportlich aktiven Beschäftigten einbeziehe. Es sei nicht ausreichend, dass der Arbeitgeber zur Teilnahme an dem Firmenlauf aufgefordert und die damit verbundenen Kosten getragen habe. Es werde verwiesen auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18.03.2008 (- L 3 U 123/05 -). Von einem versicherten Betriebssport sei ebenfalls nicht auszugehen. Insoweit fehle es schon an einer erforderlichen Regelmäßigkeit der sportlichen Aktivitäten und folglich auch einem dem Ausgleichszwecke entsprechenden Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit. Ein Arbeitsunfall liege aus den oben genannten Gründen nicht vor.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 24.01.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Teilnahme am B2Run in C sei allen Beschäftigen im Rahmen des F Jahresmottos 2013 "Mit Liebe und Leidenschaft" angeboten worden. Der B2Run sei speziell für Firmen ausgerichtet und sei eine Deutschen Firmenmeisterschaft. Dieser Lauf sei allen Mitarbeitern angeboten worden, für alle die sich sportlich betätigen wollten, und es sei jede Altersklasse angesprochen gewesen. Ausgeschlossen worden sei niemand. Jeder Mitarbeiter, egal ob passive oder aktive Läufer, hätten an diesem Lauf teilnehmen können. Bei dem Lauf seien der Vorstand, ihr Geschäftsbereichsleiter und einige Kollegen aus dem Geschäftsbereich Marketing anwesend gewesen, sowie viele Mitarbeiter verschiedener Abteilungen, Produktionsstätten und aus den Märkten. Sie habe die Information zur Anmeldung am 16.05.2013 per E-Mail erhalten und sich am 17.05.2013 zum B2Run in C angemeldet. In der E-Mail stehe, dass der Bustransfer nach C und zurück sowie die Startgebühren von F übernommen würden und dass alle Teilnehmer über den Arbeitgeber versichert seien. Sie habe sich bei dem B2Run für Nordic-Walking entschieden und sei zusammen mit den Nordic-Walkern kurz nach 20 Uhr vom Olympiastadion gestartet. In Etappen seien weitere Laufgruppen, wie normale Läufer, langsame Läufer, Walker und Nordic-Walker in den Lauf geschickt worden. Diese Laufgruppen seien vor Ort gesichert und zum Startpunkt geleitet worden. Aus Sicherheitsgründen seien die Nordic-Walker als letzte Gruppe gestartet, damit keine Läufer mit dem Stockeinsatz in Kontakt kommen und deren Lauf behindern könnten, indem man z.B. über den Stock stolpere. Ihr Lauf habe 49.03 Minuten gedauert. Es sei so gegen 21.00 Uhr gewesen, als sie ins Stadion eingelaufen sei und sie habe sich anschließend ein Erfrischungsgetränk geholt und ihre Kollegen gesucht. Zusammen hätten sie die Sporttaschen von der Aufbewahrungsstelle geholt, sich kurz frisch gemacht und umgezogen. Dann hätten sie sich gemeinsam auf den Weg zur Abfahrtstelle des Busses gemacht. Bei diesem Weg sei sie gestolpert, gefallen und habe sich dabei verletzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.03.2014 Klage erhoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die F N-I Stiftung & Co. KG, deren Mitarbeiterin die Klägerin sei, beschäftige per August 2013 314 Personen, darunter 70 Auszubildende und 44 Teilzeitbeschäftigte. 58 Beschäftigte der F N-I Stiftung & Co. KG hätten an den B2Run teilgenommen, darunter 28 Beschäftigte des Geschäftsbereiches Marketing-Service N1 Werbung, Unternehmenskommunikation, welchem die Klägerin angehöre. Zu den Teilnehmern an dem B2Run hätten der Geschäftsbereichsleiter Marketing-Service sowie die Vorstände gehört. Die Streckenlänge des Firmenlaufes habe sich auf 6,0 Kilometer belaufen. Die Teilnehmer hätten nicht laufen müssen. Im Flyer sei darauf hingewiesen worden, die Streckenlänge sei "für jeden machbar, auch für Laufeinsteiger oder Nordic-Walker". Die Klägerin habe sich für Nordic-Walking entschieden und sei kurz nach 20.00 Uhr vom Olympiastadion in C gestartet. Der Lauf habe 49.03 Minuten gedauert. Als die Klägerin sich nach Ende ihres Laufes zur Abfahrtsstelle des Busses begeben habe, sei sie gestolpert und nach vorne gestürzt. Dabei habe sie sich an den Zähnen, der Oberlippe, dem Kinn und dem Knie verletzt. Die Ablehnung der Anerkennung des Unfalles als Arbeitsunfall sei rechtswidrig. Die Auffassung der Beklagten, die Voraussetzung, dass grundsätzlich alle Betriebsangehörigen an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung teilnehmen können, sei nicht erfüllt, weil es nicht unterstellt werden könne, dass alle Mitarbeiter der F N-I Stiftung & Co. KG auf ihre konditionellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wären, an einem solchen Laufwettbewerb teilzunehmen, sei nicht überzeugend. Die Veranstaltung habe sich nicht nur an sportlich trainierte Beschäftigte, sondern ebenso an nicht trainierte Beschäftigte gerichtet. Deshalb sei in der Information ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Strecke für jeden machbar sei. Die Streckenlänge von 6 Kilometern sei so bemessen gewesen, dass sie auch von ganz untrainierten Personen bewältigt werden konnte. Hinzu komme, dass es gar nicht erwartet worden sei, dass die Teilnehmer die Strecke tatsächlich laufend bewältigten. Die Teilnahme sei ebenso für Nordic-Walker angeboten worden. Eine Strecke von 6 Kilometern unter Einsatz von zwei Stöcken zu gehen, dürfte auch völlig untrainierten Personen möglich sein, zumal jeder Teilnehmer das Tempo seines Ganges selbst bestimmen könne. Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, dass diese Veranstaltung nicht allen Beschäftigten offen gestanden habe, weil die Strecke aus konditionellen Gründen nicht von allen zu bewältigen gewesen sei, wäre nahezu jede sportliche Veranstaltung von einer versicherten Tätigkeit im Sinne einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgeschlossen. Das wäre nicht richtig, weil gemeinsame sportliche Tätigkeiten in einem besonderen Maße geeignet seien, Gemeinschaftsgeist zu fördern. Entgegen der Annahme der Beklagten sei eine Mindestbeteiligungsquote von 20 % nicht erforderlich. Eine derartige feste allgemeine Mindestbeteiligungsquote habe das Bundessozialgericht nicht festgelegt. Unabhängig davon sei die von der Beklagten angenommene Mindestbeteiligungsquote erreicht worden. Die Beklagte habe nicht auf das Verhältnis zwischen der Größe des Unternehmensverbundes der F N-I und der Beschäftigten dieses Unternehmensverbundes abstellen dürfen. Arbeitgeber der Klägerin sei die F N-I Stiftung & Co. KG. Bezogen auf den Arbeitgeber der Klägerin sei bei einer Anzahl von 58 Teilnehmern im Verhältnis zu 314 Beschäftigten eine etwa erforderliche Mindestbeteiligung erreicht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2014 zu verurteilen, den Unfall der Klägerin vom 28.08.2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei ihrer Auffassung geblieben, die angefochtene Verwaltungsentscheidung entspreche der Sach- und Rechtslage und sei nicht zu beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 10.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2014 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn dieser Bescheid ist rechtswidrig.
Die Beklagte hat die Anerkennung des Unfalls der Klägerin am 28.08.2013 als Arbeitsunfall zu Unrecht abgelehnt.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge eine den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalles ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht.
Im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit unter Versicherungsschutz stehen auch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann die Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Dies ist nur zu rechtfertigen, soweit die betreffende Veranstaltung im Interesse des Unternehmens liegt und wie die eigentliche Arbeitstätigkeit selbst betrieblichen Zwecken dient. Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung oder zur Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen der Beschäftigten stehen auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn sie in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und von dem Unternehmen gebilligt oder unterstützt werden. Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient. Die Veranstaltung muss deshalb allen Beschäftigten des Unternehmens - bei Großbetrieben mindestens allen Beschäftigten einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten - offen stehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden. Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung diese Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich.
Eine Veranstaltung ist dann von der Autorität der Unternehmensleitung getragen, wenn der Veranstalter dabei nicht nur aus eigenem Antrieb und freier Entschließung, sondern im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung oder für diese handelt. Bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, die in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens erfolgen, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder Filialen verfügt, genügt es, wenn die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit oder z. B. Filiale als Veranstalter seitens des Unternehmens fungiert.
Um die für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen wesentliche "betriebliche Zielsetzung" - Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander - zu erreichen, muss die Veranstaltung grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offen stehen, von besonderen Fallgestaltungen in Großbetrieben, Versorgungsunternehmen usw. abgesehen. Es reicht nicht aus, dass allen Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme an einer für sie und nicht für alle Beschäftigten des Unternehmens oder Unternehmensteils ausgerichteten Veranstaltung offen steht. Eine Anwesenheit der Unternehmensleitung während der gesamten Veranstaltung ist nicht erforderlich, grundsätzlich muss die Unternehmensleitung oder müssen Teile von ihr aber an der Veranstaltung teilnehmen, damit die betriebliche Zielsetzung Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten erreicht werden kann.
Zwar ist ein Teilnahmezwang unserer heutigen Rechtsordnung fremd, jedoch ist eine bestimmte Mindestbeteiligung zu fordern, um tatsächlich von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgehen zu können, die den beabsichtigten Zweck erreichen kann. Das BSG hat eine Teilnahme von 3 von 150 Betriebsangehörigen als eindeutiges Missverhältnis bezeichnet, bei einer Beteiligungsquote von 26,5 bzw. 40 vom Hundert hatte es keine Bedenken gegen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Eine feste Mindestbeteiligungsquote ist keiner der Entscheidungen des BSG zu entnehmen. Eine solche feste Grenze oder Relation ist angesichts der Verschiedenartigkeit der von der gesetzlichen Unfallversicherung umfassten Unternehmen aufgrund ihrer Größe und Struktur auch nicht festlegbar. Entscheidend sind immer die konkreten Verhältnisse im Einzelfall im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung.
Im Übrigen ist bei einem möglichen Missverhältnis zu beachten, dass der Versicherungsschutz für die einzelnen Teilnehmer einer Veranstaltung, zu der das Unternehmen als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung eingeladen hat und bei der die übrigen Voraussetzungen für eine solche erfüllt sind, an der aber nun so wenig Beschäftigte teilnehmen, dass der Gemeinschaftscharakter fraglich wird, auf Vertrauensschutz beruhen kann, zumal die geringe Anzahl der Teilnehmer gegebenenfalls erst bei Beginn der Veranstaltung festgestellt wird.
Form und Ort der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sind nicht eng begrenzt, wie unter anderem Weihnachtsfeiern, Jubiläen und Betriebsausflüge zeigen. Ebenso ist der Zeitpunkt der Gemeinschaftsveranstaltung für den Versicherungsschutz unerheblich, sie kann deshalb auch an einem arbeitsfreien Tag stattfinden.
Unter Versicherungsschutz stehen bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung alle Verrichtungen, die mit dem Zweck der Veranstaltung vereinbar sind. Dies werden oft Verrichtungen sein, die sonst mit der betrieblichen Tätigkeit nicht im unmittelbaren, inneren Zusammenhang stehen, z. B. Tanzen beim Betriebsfest, Spazierengehen und Baden beim Betriebsausflug, Spiele, Theateraufführungen, Chorgesang, nicht aber rein persönlich motivierte Reitvorführungen. Unter Versicherungsschutz stehen die Teilnehmer einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nämlich nur bei den Tätigkeiten, die mit dem Gesamtzweck der Veranstaltung, der sich auch auf die körperliche Entspannung und Erholung erstreckt, vereinbar bzw. vorgesehen oder üblich sind. Sportliche Betätigungen mit spielerischem Charakter sind unter diesen Voraussetzungen versichert, wenn sie der Förderung des Gemeinsinns oder des Zusammengehörigkeitsgefühls aller Beschäftigten und nicht allein dem persönlichen Interesse des Betroffenen dient. Dabei spielt es wiederum keine Rolle, ob der oder die Teilnehmer die besondere Aktivität allein bzw. unter sich entfalten oder ob sie ihre besonderen Fähigkeiten etwa einzelnen, einigen oder allen anderen Teilnehmern der Gemeinschaftsveranstaltung vorführen oder vorführen wollen. Allein wenn eine derartige Vorführung zur Unterhaltung oder Belustigung aller übrigen Teilnehmer als Teil der Gemeinschaftsveranstaltung vorgesehen oder üblich war, kann sie als der Gemeinschaftspflege dienend im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehend beurteilt werden.
Die Veranstaltung muss jedoch insgesamt von ihrer Programmgestaltung her geeignet sein, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht zur einen begrenzten Teil der Beschäftigten anspricht. Auch eine Werbewirkung des Unternehmens, die im Zusammenhang mit einer im Interesse der Beschäftigten durchgeführten sportlichen Veranstaltung in Erscheinung tritt, wäre hierbei nicht außer Betracht zu lassen.
Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen hingegen ist nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang. Es steht jedem Unternehmen zwar frei, seine Mitarbeiter z. B. durch "Incentive-Reisen" zu höheren Leistungen anzuspornen; das Unternehmen hat es jedoch nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde. Das Interesse der Unternehmensleitung, dass sich aus solchen Veranstaltungen wahrscheinlich auch eine Motivation zur Leistungssteigerung ergibt, reicht nicht aus, für solche Betätigungen den rechtlichen wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen. Der Unternehmer honoriert insoweit eine bestimmte Leistung mit einem geldwerten Vorteil, ohne dass dadurch die vom Unternehmen finanzierte Reise für die Beschäftigten zu einer betrieblichen Tätigkeit wird. Ebenso wie die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen, auch wenn sie für das Unternehmen wertvoll ist, nicht schon deshalb unter Versicherungsschutz steht, ist die Pflege der persönlichen Beziehungen zu der Unternehmensleitung und unter den Beschäftigten trotz günstiger Auswirkungen auf die Arbeit im Unternehmen außerhalb der in den Versicherungsschutz einbezogenen Teilnahme an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen (vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 07.12.2004 - B 2 U 47/03 R - m.w.N.).
Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze hat die Klägerin am 28.08.2013 einen versicherten Arbeitsunfall erlitten.
Nach der Mitteilung des Arbeitgebers der Klägerin, der Fa. F N-I Stiftung & Co. KG, vom 28.10.2013 hat die Unternehmensführung zur Teilnahme an dem B2Run in C aufgefordert und die Kosten für diese Veranstaltung getragen. Außerdem haben zwei Vorstandsmitglieder des Arbeitgebers der Klägerin an der Veranstaltung teilgenommen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten stand die Teilnahme an der Veranstaltung grundsätzlich auch allen Beschäftigten des Unternehmens offen, insbesondere war dem Arbeitgeber hier erklärtermaßen an einer auch objektiv möglichen Teilnahme der gesamten Belegschaft gelegen und die Veranstaltung war von ihrem Programm her geeignet, die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Teil anzusprechen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 16.05.1984 - 9b RU 6/83 -; BSG Urteile vom 07.12.2004 - B 2 U 47/03 R sowie vom 22.09.2009 - B 2 U 27/08 R -). So hat der Arbeitgeber der Klägerin in dem Flyer, mit dem zur Teilnahme an der Veranstaltung eingeladen wurde, ausdrücklich darauf hingewiesen, die Streckenlänge von 6,0 km sei für jeden machbar, auch für Laufeinsteiger oder Nordic-Walker. Darüber hinaus war die Teilnahme an dem Lauf nach dem Flyer auch gar nicht erforderlich, um bei der Veranstaltung mitmachen zu können. So heißt es in dem Flyer ausdrücklich: "Fan-Tickets: Auch die nicht laufenden Kollegen sind an Bord.” Die Veranstaltung war nach Auffassung der Kammer auch geeignet, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens beizutragen. So heißt es in dem Flyer unter anderem: "Vom Azubi bis zum Vorstand - die gesamte Belegschaft ist am Start” und es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, die Veranstaltung diene unter anderem der Teambildung und der Unternehmensidentifikation der Mitarbeiter.
Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten hat es sich auch nicht um eine rein sportliche Veranstaltung gehandelt. So hat die Beklagte sowohl in dem angefochtenen Bescheid vom 10.01.2014 als auch in dem Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014 selbst ausgeführt, von den Teilnehmern seien keine sportlichen Höchstleistungen erwartet worden und der sportliche Wettkampf habe nicht im Vordergrund der Veranstaltung gestanden. Davon kann nach Auffassung der Kammer angesichts der Tatsache, dass jeder Teilnehmer das Tempo seines Ganges bzw. Laufes selbst bestimmen konnte und die Klägerin nach ihrem Vortrag für die sechs Kilometer Streckenlänge 49.03 Minuten benötigt hat, auch nicht ausgegangen werden. Nach Auffassung der Kammer hat es sich dementsprechend bei dem B2Run um eine sportliche Betätigung mit spielerischem Charakter gehandelt, die hauptsächlich der Förderung des Gemeinschaftssinns und des Zusammengehörigkeitsgefühls der Beschäftigten diente.
Die Auffassung der Beklagten und des Hessischen Landesozialgerichts in dem Urteil vom 18.03.2008 - L 3 U 123/05 -, auf das sich die Beklagte maßgeblich gestützt hat, hält die Kammer dagegen für zu eng, soweit in diesem Urteil gefordert wird, es müssten alle beschäftigen Mitarbeiter aufgrund ihrer konditionellen Fähigkeiten in der Lage sein, an der Veranstaltung teilzunehmen. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass - wie dargelegt - auch nicht laufende Kollegen an dem B2Run teilnehmen konnten und eine Strecke von sechs Kilometern, die auch im Gehen, egal in welcher Zeit, zurückgelegt werden kann, grundsätzlich für jeden gesunden Mitarbeiter machbar ist. Soweit das Hessische LSG in dem Urteil vom 18.03.2008 die Auffassung vertreten hat, dass gesundheits- oder altersbedingte Einschränkungen schon einen Teil der Beschäftigten hindern würden, an einem derartigen Lauf teilzunehmen, ist darauf hinzuweisen, dass es in jedem Unternehmen bzw. in jeder Behörde (geh-)behinderte Mitarbeiter geben dürfte, die nicht in der Lage sind, auch nur wenige Meter zu gehen. Wenn man der Auffassung der Beklagten und des Hessischen LSG folgen würde, stünde jeder Betriebsausflug, bei dem auch nur ein Spaziergang von einhundert Metern zum Programm gehört, nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Schließlich ist auch die erforderliche Mindestbeteiligung erreicht, um von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgehen zu können. Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass - im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten - eine feste Mindestbeteiligungsquote von 20 % nicht existiert (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 07.12.2004 - B 2 U 47/03 R -). Nach Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin haben an dem B2Run in C 15 bzw. 16 % der Belegschaft teilgenommen, je nachdem, ob man den Zeitpunkt der Anmeldung der Klägerin oder den des Laufs zugrunde legt. Bei einer Beteiligungsquote von 15 bzw. 16 % kann nach Auffassung der Kammer nicht mehr von einem eindeutigen Missverhältnis ausgegangen werden, bei der der beabsichtigte Zweck nicht mehr erreicht werden kann. Zumindest ist unter Vertrauensschutzgesichtspunkten Versicherungsschutz zu bejahen. Aus Gründen des Vertrauensschutzes ist das Risiko einer unversicherten Teilnahme dem Versicherten nicht zumutbar, wenn sich ihm der fehlende gemeinschaftsfördernde Zweck der Veranstaltung wegen zu geringer Teilnehmerzahl nicht aufdrängen musste, zumal die geringe Zahl der Teilnehmer ggf. erst bei Beginn der Veranstaltung festgestellt wird (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 2) oder er der Veranstaltung bei Erkennen des fehlenden betrieblichen Zusammenhangs nicht mehr ohne weiteres fernbleiben kann (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII Anm. 7.20.4 m.w.N.). Nur wenn eine geringere Zahl vorab für den Versicherten erkennbar war - zum Beispiel weil die Veranstaltung mit Gefahren verbunden ist, die erwarten lassen, dass ein unwesentlicher Teil der Belegschaft von einer Teilnahme Abstand nehmen wird - wird man den Unfallversicherungsschutz versagen können (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. m.w.N.). Es gibt hier keine Anhaltspunkte dafür, dass eine geringe Teilnehmerzahl für die Klägerin vorab erkennbar war, zumal die Veranstaltung - im Gegensatz z.B. zu einer Mountain-Bike-Tour (vgl. dazu SG Detmold, Gerichtsbescheid vom 25.09.2013 - S 1 U 169/12) - nicht mit besonderen Gefahren verbunden war.
Die Klägerin hat schließlich bei der Ausübung der versicherten Tätigkeit einen Unfall erlitten, durch den ein Gesundheitsschaden verursacht wurde, sodass alle Voraussetzungen des § 8 SGB VII erfüllt sind.
Die Klage musste nach alledem Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin am 28.08.2013 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die am 00.00.1967 geborene Klägerin ist als kaufmännische Angestellte bei der Firma F N-M Stiftung & Co. KG in N beschäftigt.
Der Durchgangsarzt Dr. X teilte der Beklagten in einem Durchgangsarztbericht vom 05.09.2013 mit, die Klägerin sei am 28.08.2013 um 21.20 Uhr in C bei einem Firmenlauf B2Run nach dem Lauf auf dem Weg zum Bus über eine Bordsteinkante gestolpert und nach vorne gestürzt. Dabei habe sie sich das Gesicht, beide Knie, den rechten Unterarm/Handgelenk/Hand verletzt. Dr. X diagnostizierte Prellungen, offene Wunden sowie eine Wundinfektion.
Die Firma F N-I Stiftung & Co. KG teilte der Beklagten in einer Unfallanzeige vom 05.09.2013 mit, die Klägerin habe sich am 28.08.2013 auf dem Rückweg von einer betrieblichen Veranstaltung (B2Run) von C nach N befunden. Auf dem Weg vom Olympiastadion zum Bus, der an der K-P-Allee um 21.30 Uhr starten sollte, habe sie diese gegen 21.20/21.25 Uhr auf der rechten Seite überquert. Am dortigen Randstreifen sei die Klägerin mit dem Fuß an eine Kante gestoßen und nach vorne rüber gestolpert, so dass sie erst mit den Knien auf den Boden stieß. Die Klägerin habe noch versucht, den endgültigen Sturz zu vermeiden, habe aber jedoch so viel Schwung drauf gehabt, dass sie ihren Körper nicht mehr bremsen konnte und mit dem Kopf nach vorne rüber gefallen sei. Dabei sei sie mit Kinn und Mund auf dem Boden aufgeschlagen. Die Hände hätten leider nicht zur Hilfe genommen werden können, da sich in der linken Hand Walkingstöcke befunden hätten und mit der rechten Hand die Sporttasche transportiert worden sei. Die Klägerin habe sich dabei Zähne, Oberlippe, Kinn und Knie verletzt.
In einem "Unfallfragebogen" vom 16.10.2013 teilte die Klägerin der Beklagten ergänzend mit, sie sei am 28.08.2013 um 13.00 Uhr von der F-Zentrale in N mit einigen F-Mitarbeitern zum B2Run (Deutscher Firmenmeisterschaftslauf) nach C gefahren. Der B2Run habe um 19.30 Uhr gestartet. Die Abfahrtszeit mit dem Bus nach N sei um 21.30 Uhr vereinbart gewesen. Auf dem Weg vom Olympiastadion zum Bushalteplatz sei sie gestürzt. Dabei habe sie sich einen Zahn abgebrochen, ihre Oberlippe sei innen und außen genäht worden, ihr Kinn sei geschrammt gewesen, die Knie seien blau gewesen und zwei Schneidezähne seien locker.
In einem "Betriebsveranstaltungsfragebogen" vom 28.02.2013 teilte die Arbeitgeberin der Klägerin, die Firma F N-I Stiftung & Co. KG, der Beklagten mit, bei ihr seien am Unfalltag ca. 30.000 Betriebsangehörige beschäftigt gewesen. An dem B2Run in C hätten ca. 1.200 Betriebsangehörige tatsächlich teilgenommen. Die Veranstaltung habe allen Betriebsangehörigen offen gestanden und es habe keine Beschränkungen gegeben. Die Unternehmensführung, Marketing und das Gesundheitsmanagement (Personalabteilung) hätten zur Teilnahme an der Veranstaltung aufgefordert. Zwei Vorstandsmitglieder hätten ebenfalls an der Veranstaltung teilgenommen, die Kosten der Veranstaltung habe die Arbeitgeberin der Klägerin getragen Dazu übersandte die Arbeitgeberin der Klägerin den Flyer, mit dem für die Teilnahme an dem B2Run in C geworben wurde. Später teilte die Firma F N-I Stiftung & Co. KG der Beklagten ergänzend mit, bei der Stiftung seien 297 Arbeitnehmer beschäftigt. In der Abteilung, in der die Klägerin tätig sei, seien 10 Mitarbeiter beschäftigt, davon hätten 3 an dem Firmenlauf teilgenommen.
Mit Bescheid vom 10.01.2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls der Klägerin vom 28.08.2013 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, auch Gemeinschaftsveranstaltungen könnten zu den versicherten Tätigkeiten gehören. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung müssten hierzu alle nachfolgend genannten Voraussetzungen erfüllt sein:
1.) Veranstaltung soll Verbundenheit zwischen Betriebsleitung und Belegschaft pflegen (Mindestbeteiligungsquote 20 %)
2.) Anwesenheit des Unternehmers, der Leitung oder beauftragten Personen
3.) Offen für alle Betriebsangehörigen bzw. Mitarbeiter/innen einer Abteilung.
4.) Unternehmer veranstaltet, fördert oder billigt diese Veranstaltung.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen könne von keiner versicherten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgegangen werden. Neben der nicht nichterfüllten Mindestbeteiligungsquote von 20 % habe die Veranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offen gestanden. Bei dem Firmenlauf sei eine Wegstrecke von 6,0 Kilometern zurückzulegen gewesen. Auch wenn von den einzelnen Teilnehmern keine sportlichen Höchstleistungen erwartet worden seien und der sportliche Wettkampf nicht im Vordergrund der Veranstaltung gestanden habe, könne nicht unterstellt werden, dass alle Mitarbeiter der F N-I Stiftung & Co. KG aufgrund ihrer konditionellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wären, an einem solchen Laufwettbewerb teilzunehmen. Vielmehr könne davon ausgegangen werden, dass gesundheits- und altersbedingte Einschränkungen schon einen Teil der Beschäftigten daran gehindert hätten, an einem Firmenlauf teilzunehmen. Zudem sei der Firmenlauf als rein sportliche Veranstaltung nicht geeignet, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens beizutragen, weil eine solche Veranstaltung von ihrer Programmgestaltung her nicht die Gesamtheit der Belegschaft, sondern nur die Sportinteressierten und sportlich aktiven Beschäftigten einbeziehe. Es sei nicht ausreichend, dass der Arbeitgeber zur Teilnahme an dem Firmenlauf aufgefordert und die damit verbundenen Kosten getragen habe. Es werde verwiesen auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18.03.2008 (- L 3 U 123/05 -). Von einem versicherten Betriebssport sei ebenfalls nicht auszugehen. Insoweit fehle es schon an einer erforderlichen Regelmäßigkeit der sportlichen Aktivitäten und folglich auch einem dem Ausgleichszwecke entsprechenden Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit. Ein Arbeitsunfall liege aus den oben genannten Gründen nicht vor.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 24.01.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Teilnahme am B2Run in C sei allen Beschäftigen im Rahmen des F Jahresmottos 2013 "Mit Liebe und Leidenschaft" angeboten worden. Der B2Run sei speziell für Firmen ausgerichtet und sei eine Deutschen Firmenmeisterschaft. Dieser Lauf sei allen Mitarbeitern angeboten worden, für alle die sich sportlich betätigen wollten, und es sei jede Altersklasse angesprochen gewesen. Ausgeschlossen worden sei niemand. Jeder Mitarbeiter, egal ob passive oder aktive Läufer, hätten an diesem Lauf teilnehmen können. Bei dem Lauf seien der Vorstand, ihr Geschäftsbereichsleiter und einige Kollegen aus dem Geschäftsbereich Marketing anwesend gewesen, sowie viele Mitarbeiter verschiedener Abteilungen, Produktionsstätten und aus den Märkten. Sie habe die Information zur Anmeldung am 16.05.2013 per E-Mail erhalten und sich am 17.05.2013 zum B2Run in C angemeldet. In der E-Mail stehe, dass der Bustransfer nach C und zurück sowie die Startgebühren von F übernommen würden und dass alle Teilnehmer über den Arbeitgeber versichert seien. Sie habe sich bei dem B2Run für Nordic-Walking entschieden und sei zusammen mit den Nordic-Walkern kurz nach 20 Uhr vom Olympiastadion gestartet. In Etappen seien weitere Laufgruppen, wie normale Läufer, langsame Läufer, Walker und Nordic-Walker in den Lauf geschickt worden. Diese Laufgruppen seien vor Ort gesichert und zum Startpunkt geleitet worden. Aus Sicherheitsgründen seien die Nordic-Walker als letzte Gruppe gestartet, damit keine Läufer mit dem Stockeinsatz in Kontakt kommen und deren Lauf behindern könnten, indem man z.B. über den Stock stolpere. Ihr Lauf habe 49.03 Minuten gedauert. Es sei so gegen 21.00 Uhr gewesen, als sie ins Stadion eingelaufen sei und sie habe sich anschließend ein Erfrischungsgetränk geholt und ihre Kollegen gesucht. Zusammen hätten sie die Sporttaschen von der Aufbewahrungsstelle geholt, sich kurz frisch gemacht und umgezogen. Dann hätten sie sich gemeinsam auf den Weg zur Abfahrtstelle des Busses gemacht. Bei diesem Weg sei sie gestolpert, gefallen und habe sich dabei verletzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.03.2014 Klage erhoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die F N-I Stiftung & Co. KG, deren Mitarbeiterin die Klägerin sei, beschäftige per August 2013 314 Personen, darunter 70 Auszubildende und 44 Teilzeitbeschäftigte. 58 Beschäftigte der F N-I Stiftung & Co. KG hätten an den B2Run teilgenommen, darunter 28 Beschäftigte des Geschäftsbereiches Marketing-Service N1 Werbung, Unternehmenskommunikation, welchem die Klägerin angehöre. Zu den Teilnehmern an dem B2Run hätten der Geschäftsbereichsleiter Marketing-Service sowie die Vorstände gehört. Die Streckenlänge des Firmenlaufes habe sich auf 6,0 Kilometer belaufen. Die Teilnehmer hätten nicht laufen müssen. Im Flyer sei darauf hingewiesen worden, die Streckenlänge sei "für jeden machbar, auch für Laufeinsteiger oder Nordic-Walker". Die Klägerin habe sich für Nordic-Walking entschieden und sei kurz nach 20.00 Uhr vom Olympiastadion in C gestartet. Der Lauf habe 49.03 Minuten gedauert. Als die Klägerin sich nach Ende ihres Laufes zur Abfahrtsstelle des Busses begeben habe, sei sie gestolpert und nach vorne gestürzt. Dabei habe sie sich an den Zähnen, der Oberlippe, dem Kinn und dem Knie verletzt. Die Ablehnung der Anerkennung des Unfalles als Arbeitsunfall sei rechtswidrig. Die Auffassung der Beklagten, die Voraussetzung, dass grundsätzlich alle Betriebsangehörigen an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung teilnehmen können, sei nicht erfüllt, weil es nicht unterstellt werden könne, dass alle Mitarbeiter der F N-I Stiftung & Co. KG auf ihre konditionellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wären, an einem solchen Laufwettbewerb teilzunehmen, sei nicht überzeugend. Die Veranstaltung habe sich nicht nur an sportlich trainierte Beschäftigte, sondern ebenso an nicht trainierte Beschäftigte gerichtet. Deshalb sei in der Information ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Strecke für jeden machbar sei. Die Streckenlänge von 6 Kilometern sei so bemessen gewesen, dass sie auch von ganz untrainierten Personen bewältigt werden konnte. Hinzu komme, dass es gar nicht erwartet worden sei, dass die Teilnehmer die Strecke tatsächlich laufend bewältigten. Die Teilnahme sei ebenso für Nordic-Walker angeboten worden. Eine Strecke von 6 Kilometern unter Einsatz von zwei Stöcken zu gehen, dürfte auch völlig untrainierten Personen möglich sein, zumal jeder Teilnehmer das Tempo seines Ganges selbst bestimmen könne. Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, dass diese Veranstaltung nicht allen Beschäftigten offen gestanden habe, weil die Strecke aus konditionellen Gründen nicht von allen zu bewältigen gewesen sei, wäre nahezu jede sportliche Veranstaltung von einer versicherten Tätigkeit im Sinne einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgeschlossen. Das wäre nicht richtig, weil gemeinsame sportliche Tätigkeiten in einem besonderen Maße geeignet seien, Gemeinschaftsgeist zu fördern. Entgegen der Annahme der Beklagten sei eine Mindestbeteiligungsquote von 20 % nicht erforderlich. Eine derartige feste allgemeine Mindestbeteiligungsquote habe das Bundessozialgericht nicht festgelegt. Unabhängig davon sei die von der Beklagten angenommene Mindestbeteiligungsquote erreicht worden. Die Beklagte habe nicht auf das Verhältnis zwischen der Größe des Unternehmensverbundes der F N-I und der Beschäftigten dieses Unternehmensverbundes abstellen dürfen. Arbeitgeber der Klägerin sei die F N-I Stiftung & Co. KG. Bezogen auf den Arbeitgeber der Klägerin sei bei einer Anzahl von 58 Teilnehmern im Verhältnis zu 314 Beschäftigten eine etwa erforderliche Mindestbeteiligung erreicht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2014 zu verurteilen, den Unfall der Klägerin vom 28.08.2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei ihrer Auffassung geblieben, die angefochtene Verwaltungsentscheidung entspreche der Sach- und Rechtslage und sei nicht zu beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 10.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2014 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn dieser Bescheid ist rechtswidrig.
Die Beklagte hat die Anerkennung des Unfalls der Klägerin am 28.08.2013 als Arbeitsunfall zu Unrecht abgelehnt.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge eine den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalles ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht.
Im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit unter Versicherungsschutz stehen auch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann die Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Dies ist nur zu rechtfertigen, soweit die betreffende Veranstaltung im Interesse des Unternehmens liegt und wie die eigentliche Arbeitstätigkeit selbst betrieblichen Zwecken dient. Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung oder zur Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen der Beschäftigten stehen auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn sie in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und von dem Unternehmen gebilligt oder unterstützt werden. Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient. Die Veranstaltung muss deshalb allen Beschäftigten des Unternehmens - bei Großbetrieben mindestens allen Beschäftigten einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten - offen stehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden. Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung diese Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich.
Eine Veranstaltung ist dann von der Autorität der Unternehmensleitung getragen, wenn der Veranstalter dabei nicht nur aus eigenem Antrieb und freier Entschließung, sondern im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung oder für diese handelt. Bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, die in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens erfolgen, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder Filialen verfügt, genügt es, wenn die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit oder z. B. Filiale als Veranstalter seitens des Unternehmens fungiert.
Um die für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen wesentliche "betriebliche Zielsetzung" - Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander - zu erreichen, muss die Veranstaltung grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offen stehen, von besonderen Fallgestaltungen in Großbetrieben, Versorgungsunternehmen usw. abgesehen. Es reicht nicht aus, dass allen Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme an einer für sie und nicht für alle Beschäftigten des Unternehmens oder Unternehmensteils ausgerichteten Veranstaltung offen steht. Eine Anwesenheit der Unternehmensleitung während der gesamten Veranstaltung ist nicht erforderlich, grundsätzlich muss die Unternehmensleitung oder müssen Teile von ihr aber an der Veranstaltung teilnehmen, damit die betriebliche Zielsetzung Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten erreicht werden kann.
Zwar ist ein Teilnahmezwang unserer heutigen Rechtsordnung fremd, jedoch ist eine bestimmte Mindestbeteiligung zu fordern, um tatsächlich von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgehen zu können, die den beabsichtigten Zweck erreichen kann. Das BSG hat eine Teilnahme von 3 von 150 Betriebsangehörigen als eindeutiges Missverhältnis bezeichnet, bei einer Beteiligungsquote von 26,5 bzw. 40 vom Hundert hatte es keine Bedenken gegen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Eine feste Mindestbeteiligungsquote ist keiner der Entscheidungen des BSG zu entnehmen. Eine solche feste Grenze oder Relation ist angesichts der Verschiedenartigkeit der von der gesetzlichen Unfallversicherung umfassten Unternehmen aufgrund ihrer Größe und Struktur auch nicht festlegbar. Entscheidend sind immer die konkreten Verhältnisse im Einzelfall im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung.
Im Übrigen ist bei einem möglichen Missverhältnis zu beachten, dass der Versicherungsschutz für die einzelnen Teilnehmer einer Veranstaltung, zu der das Unternehmen als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung eingeladen hat und bei der die übrigen Voraussetzungen für eine solche erfüllt sind, an der aber nun so wenig Beschäftigte teilnehmen, dass der Gemeinschaftscharakter fraglich wird, auf Vertrauensschutz beruhen kann, zumal die geringe Anzahl der Teilnehmer gegebenenfalls erst bei Beginn der Veranstaltung festgestellt wird.
Form und Ort der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sind nicht eng begrenzt, wie unter anderem Weihnachtsfeiern, Jubiläen und Betriebsausflüge zeigen. Ebenso ist der Zeitpunkt der Gemeinschaftsveranstaltung für den Versicherungsschutz unerheblich, sie kann deshalb auch an einem arbeitsfreien Tag stattfinden.
Unter Versicherungsschutz stehen bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung alle Verrichtungen, die mit dem Zweck der Veranstaltung vereinbar sind. Dies werden oft Verrichtungen sein, die sonst mit der betrieblichen Tätigkeit nicht im unmittelbaren, inneren Zusammenhang stehen, z. B. Tanzen beim Betriebsfest, Spazierengehen und Baden beim Betriebsausflug, Spiele, Theateraufführungen, Chorgesang, nicht aber rein persönlich motivierte Reitvorführungen. Unter Versicherungsschutz stehen die Teilnehmer einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nämlich nur bei den Tätigkeiten, die mit dem Gesamtzweck der Veranstaltung, der sich auch auf die körperliche Entspannung und Erholung erstreckt, vereinbar bzw. vorgesehen oder üblich sind. Sportliche Betätigungen mit spielerischem Charakter sind unter diesen Voraussetzungen versichert, wenn sie der Förderung des Gemeinsinns oder des Zusammengehörigkeitsgefühls aller Beschäftigten und nicht allein dem persönlichen Interesse des Betroffenen dient. Dabei spielt es wiederum keine Rolle, ob der oder die Teilnehmer die besondere Aktivität allein bzw. unter sich entfalten oder ob sie ihre besonderen Fähigkeiten etwa einzelnen, einigen oder allen anderen Teilnehmern der Gemeinschaftsveranstaltung vorführen oder vorführen wollen. Allein wenn eine derartige Vorführung zur Unterhaltung oder Belustigung aller übrigen Teilnehmer als Teil der Gemeinschaftsveranstaltung vorgesehen oder üblich war, kann sie als der Gemeinschaftspflege dienend im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehend beurteilt werden.
Die Veranstaltung muss jedoch insgesamt von ihrer Programmgestaltung her geeignet sein, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht zur einen begrenzten Teil der Beschäftigten anspricht. Auch eine Werbewirkung des Unternehmens, die im Zusammenhang mit einer im Interesse der Beschäftigten durchgeführten sportlichen Veranstaltung in Erscheinung tritt, wäre hierbei nicht außer Betracht zu lassen.
Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen hingegen ist nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang. Es steht jedem Unternehmen zwar frei, seine Mitarbeiter z. B. durch "Incentive-Reisen" zu höheren Leistungen anzuspornen; das Unternehmen hat es jedoch nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde. Das Interesse der Unternehmensleitung, dass sich aus solchen Veranstaltungen wahrscheinlich auch eine Motivation zur Leistungssteigerung ergibt, reicht nicht aus, für solche Betätigungen den rechtlichen wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen. Der Unternehmer honoriert insoweit eine bestimmte Leistung mit einem geldwerten Vorteil, ohne dass dadurch die vom Unternehmen finanzierte Reise für die Beschäftigten zu einer betrieblichen Tätigkeit wird. Ebenso wie die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen, auch wenn sie für das Unternehmen wertvoll ist, nicht schon deshalb unter Versicherungsschutz steht, ist die Pflege der persönlichen Beziehungen zu der Unternehmensleitung und unter den Beschäftigten trotz günstiger Auswirkungen auf die Arbeit im Unternehmen außerhalb der in den Versicherungsschutz einbezogenen Teilnahme an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen (vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 07.12.2004 - B 2 U 47/03 R - m.w.N.).
Unter Zugrundlegung dieser Grundsätze hat die Klägerin am 28.08.2013 einen versicherten Arbeitsunfall erlitten.
Nach der Mitteilung des Arbeitgebers der Klägerin, der Fa. F N-I Stiftung & Co. KG, vom 28.10.2013 hat die Unternehmensführung zur Teilnahme an dem B2Run in C aufgefordert und die Kosten für diese Veranstaltung getragen. Außerdem haben zwei Vorstandsmitglieder des Arbeitgebers der Klägerin an der Veranstaltung teilgenommen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten stand die Teilnahme an der Veranstaltung grundsätzlich auch allen Beschäftigten des Unternehmens offen, insbesondere war dem Arbeitgeber hier erklärtermaßen an einer auch objektiv möglichen Teilnahme der gesamten Belegschaft gelegen und die Veranstaltung war von ihrem Programm her geeignet, die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Teil anzusprechen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 16.05.1984 - 9b RU 6/83 -; BSG Urteile vom 07.12.2004 - B 2 U 47/03 R sowie vom 22.09.2009 - B 2 U 27/08 R -). So hat der Arbeitgeber der Klägerin in dem Flyer, mit dem zur Teilnahme an der Veranstaltung eingeladen wurde, ausdrücklich darauf hingewiesen, die Streckenlänge von 6,0 km sei für jeden machbar, auch für Laufeinsteiger oder Nordic-Walker. Darüber hinaus war die Teilnahme an dem Lauf nach dem Flyer auch gar nicht erforderlich, um bei der Veranstaltung mitmachen zu können. So heißt es in dem Flyer ausdrücklich: "Fan-Tickets: Auch die nicht laufenden Kollegen sind an Bord.” Die Veranstaltung war nach Auffassung der Kammer auch geeignet, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens beizutragen. So heißt es in dem Flyer unter anderem: "Vom Azubi bis zum Vorstand - die gesamte Belegschaft ist am Start” und es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, die Veranstaltung diene unter anderem der Teambildung und der Unternehmensidentifikation der Mitarbeiter.
Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten hat es sich auch nicht um eine rein sportliche Veranstaltung gehandelt. So hat die Beklagte sowohl in dem angefochtenen Bescheid vom 10.01.2014 als auch in dem Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014 selbst ausgeführt, von den Teilnehmern seien keine sportlichen Höchstleistungen erwartet worden und der sportliche Wettkampf habe nicht im Vordergrund der Veranstaltung gestanden. Davon kann nach Auffassung der Kammer angesichts der Tatsache, dass jeder Teilnehmer das Tempo seines Ganges bzw. Laufes selbst bestimmen konnte und die Klägerin nach ihrem Vortrag für die sechs Kilometer Streckenlänge 49.03 Minuten benötigt hat, auch nicht ausgegangen werden. Nach Auffassung der Kammer hat es sich dementsprechend bei dem B2Run um eine sportliche Betätigung mit spielerischem Charakter gehandelt, die hauptsächlich der Förderung des Gemeinschaftssinns und des Zusammengehörigkeitsgefühls der Beschäftigten diente.
Die Auffassung der Beklagten und des Hessischen Landesozialgerichts in dem Urteil vom 18.03.2008 - L 3 U 123/05 -, auf das sich die Beklagte maßgeblich gestützt hat, hält die Kammer dagegen für zu eng, soweit in diesem Urteil gefordert wird, es müssten alle beschäftigen Mitarbeiter aufgrund ihrer konditionellen Fähigkeiten in der Lage sein, an der Veranstaltung teilzunehmen. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass - wie dargelegt - auch nicht laufende Kollegen an dem B2Run teilnehmen konnten und eine Strecke von sechs Kilometern, die auch im Gehen, egal in welcher Zeit, zurückgelegt werden kann, grundsätzlich für jeden gesunden Mitarbeiter machbar ist. Soweit das Hessische LSG in dem Urteil vom 18.03.2008 die Auffassung vertreten hat, dass gesundheits- oder altersbedingte Einschränkungen schon einen Teil der Beschäftigten hindern würden, an einem derartigen Lauf teilzunehmen, ist darauf hinzuweisen, dass es in jedem Unternehmen bzw. in jeder Behörde (geh-)behinderte Mitarbeiter geben dürfte, die nicht in der Lage sind, auch nur wenige Meter zu gehen. Wenn man der Auffassung der Beklagten und des Hessischen LSG folgen würde, stünde jeder Betriebsausflug, bei dem auch nur ein Spaziergang von einhundert Metern zum Programm gehört, nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Schließlich ist auch die erforderliche Mindestbeteiligung erreicht, um von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgehen zu können. Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass - im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten - eine feste Mindestbeteiligungsquote von 20 % nicht existiert (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 07.12.2004 - B 2 U 47/03 R -). Nach Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin haben an dem B2Run in C 15 bzw. 16 % der Belegschaft teilgenommen, je nachdem, ob man den Zeitpunkt der Anmeldung der Klägerin oder den des Laufs zugrunde legt. Bei einer Beteiligungsquote von 15 bzw. 16 % kann nach Auffassung der Kammer nicht mehr von einem eindeutigen Missverhältnis ausgegangen werden, bei der der beabsichtigte Zweck nicht mehr erreicht werden kann. Zumindest ist unter Vertrauensschutzgesichtspunkten Versicherungsschutz zu bejahen. Aus Gründen des Vertrauensschutzes ist das Risiko einer unversicherten Teilnahme dem Versicherten nicht zumutbar, wenn sich ihm der fehlende gemeinschaftsfördernde Zweck der Veranstaltung wegen zu geringer Teilnehmerzahl nicht aufdrängen musste, zumal die geringe Zahl der Teilnehmer ggf. erst bei Beginn der Veranstaltung festgestellt wird (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 2) oder er der Veranstaltung bei Erkennen des fehlenden betrieblichen Zusammenhangs nicht mehr ohne weiteres fernbleiben kann (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII Anm. 7.20.4 m.w.N.). Nur wenn eine geringere Zahl vorab für den Versicherten erkennbar war - zum Beispiel weil die Veranstaltung mit Gefahren verbunden ist, die erwarten lassen, dass ein unwesentlicher Teil der Belegschaft von einer Teilnahme Abstand nehmen wird - wird man den Unfallversicherungsschutz versagen können (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. m.w.N.). Es gibt hier keine Anhaltspunkte dafür, dass eine geringe Teilnehmerzahl für die Klägerin vorab erkennbar war, zumal die Veranstaltung - im Gegensatz z.B. zu einer Mountain-Bike-Tour (vgl. dazu SG Detmold, Gerichtsbescheid vom 25.09.2013 - S 1 U 169/12) - nicht mit besonderen Gefahren verbunden war.
Die Klägerin hat schließlich bei der Ausübung der versicherten Tätigkeit einen Unfall erlitten, durch den ein Gesundheitsschaden verursacht wurde, sodass alle Voraussetzungen des § 8 SGB VII erfüllt sind.
Die Klage musste nach alledem Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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