Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Altenburg (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
31
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 31 AS 1035/14
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
"Sofern ein wirksamer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts gemäß § 850 f Abs. 2 ZPO, § 54 Abs. 4 SGB I vorliegt, ist dem Leistungsträger als Drittschuldner gemäß § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO verboten, an den Leistungsberechtigten Zahlungen zu leisten, die den im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss benannten maximal dem Schuldner verbleibenden Betrag übersteigen."
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten vorliegend über die Höhe des Auszahlungsanspruchs des Klägers für die Monate Januar bis Mai 2014.
Der am geborene Kläger steht beim Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Am 04.05.2012 beantragte er, einen Betrag i. H. v. 51,- Euro (Stromabschlag) direkt an die zu überweisen (Bl. 944 VA). Am 11.01.2013 gab er eine Erklärung gegenüber dem Beklagten ab, dass die Miete direkt auf das Konto des Vermieters überwiesen werden solle (Bl. 1018 VA). Am 12.02.2013 legte er die Jahresabrechnung von vor, wonach sich ab Februar 2013 bis Januar 2014 höhere Abschläge von monatlich 63,- Euro ergaben. Mit Bescheid vom 26.02.2013 teilte der Beklagte daraufhin dem Kläger mit, dass ab April die Abschläge i. H. v. 63,- Euro an gezahlt würden. Am 22.03.2013 reichte der Kläger eine Erklärung beim Beklagen ein, wonach er einen Anteil der Regelleistung i. H. v. 35,- Euro monatlich ab 01.05.2013 an seinen Vermieter abtrete und der Beklagte berechtigt sei, diesen direkt an den Vermieter auszuzahlen (Bl. 1071 VA).
Mit Bescheid vom 19.04.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum Juni bis November 2013 Leistungen i. H. v. monatlich 859,42 Euro.
Am 16.10.2013 ging beim Beklagten ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) des Amtsgerichts Altenburg vom 26.09.2013 ein, wonach das Landesamt für Steuern und Finanzen D. gegen den Kläger aus einem Vollstreckungsbescheid vom 20.03.1998 und einem Versäumnisurteil vom 27.08.2013 einen Gesamtbetrag, einschließlich Zinsen und Vollstreckungskosten i. H. v. 14.486,29 Euro beanspruchen kann. Wegen dieser Ansprüche und weiterer Kosten werden die Forderungen des Klägers gegenüber den Drittschuldnern (Anspruch D) und (Anspruch G), einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge, so lange gepfändet, bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist. Auf Seite 6 des Bescheides unter "Anspruch G" heißt es: "Der Anspruch auf Zahlung der bereits fälligen und künftig fällig werdenden laufenden Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II wird gemäß § 850f Abs. 2 ZPO i. V. m. dem Beschluss des LG Siegen vom 28.10.2008, Az.: 4 T 214/08 so lange gepfändet, bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist. ( ) Die Tabelle zu § 850c Abs. 3 ZPO findet keine Anwendung, da vorliegend wegen einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gem. § 850f Abs. 2 ZPO vollstreckt wird. Dem Schuldner, der nach Angaben des Gläubigers für keine unterhaltsberechtigte Person Unterhalt leistet, dürfen danach bis zur Deckung des Gläubigeranspruchs von dem errechneten Nettoeinkommen nur verbleiben monatlich 682,- Euro. Ungeachtet dieses Betrages steht dem Gläubiger jedoch mindestens ein pfändbarer Betrag in Höhe von monatlich 20,- Euro zu." Weiter heißt es auf S. 8 des Bescheides: "Der Drittschuldner darf, soweit die Forderung gepfändet ist, an den Schuldner nicht mehr zahlen. Der Schuldner darf insoweit nicht über die Forderung verfügen, sie insbesondere nicht einziehen."
Am 23.10.2013 teilte der Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass aufgrund des PfÜB ab 01.11.2013 monatlich die Leistungen nach dem SGB II an den Gläubiger überwiesen werden, die einen Betrag von 682,- Euro übersteigen.
Am 22.10.2013 stellte der Kläger beim Beklagten einen Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab 01.12.2013. Mit Bescheid vom 28.10.2013 bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum 01.12.2013 bis 31.05.2014 weiterhin i. H. v. monatlich 859,42 Euro. Neben der direkten Überweisung der Mietkosten von 343,72 Euro und von 35,- Euro an den Vermieter sowie von 63,- Euro an die wurden nunmehr 177,42 Euro an das Landesamt für Steuern und Finanzen D. überwiesen. An den Kläger wurden im Dezember 2013 240,28 Euro ausgezahlt. Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2013 wurde für 1-5/2014 die Erhöhung des Regelbedarfs berücksichtigt. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 26.11.2013 wurden für 1-5/2014 vorläufig monatlich 871,57 Euro bewilligt und mitgeteilt, dass der an das Landesamt für Steuern abgeführte Betrag aufgrund der Änderung des Regelbedarfs angepasst wurde. Der Kläger dürfe monatlich maximal 682,- Euro erhalten. Der abgeführte Betrag betrug 189,57 Euro. Im Januar 2014 wurden an den Kläger 240,28 Euro ausgezahlt. Ab Februar wurde zunächst kein Betrag für Stromabschläge zur direkten Überweisung erfasst. An den Kläger wurden ab Februar 2014 303,28 Euro ausgezahlt.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 04.12.2013 legte der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 23. bzw. 26.11.2013 ein und stellte einen Überprüfungsantrag hinsichtlich des Monats Dezember 2013. Zahlungen an Dritte durch den Leistungsträger seien ohne die Zustimmung des Betroffenen rechtswidrig.
Mit Bescheid vom 05.12.2013 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2014 (zu W 16/14) zurück. Die hiergegen eingelegte Klage wurde am 05.01.2016 abgewiesen (Az.: S 31 AS 1031/14).
Am 02.12.2013 erfolgte die Betriebskostenabrechnung durch den Vermieter des Klägers für 2012, wonach sich eine Nachzahlungspflicht i. H. v. 91,64 Euro zum 13.01.2014 ergab (Bl. 1038 VA). Der Beklagte bewilligte daraufhin weitere Leistungen i. H. v. 91,64 Euro für Januar 2014 (Bescheid vom 14.01.2014) und überwies diesen Betrag ebenfalls an das Landesamt für Steuern und Finanzen D. Mit Bescheid vom 27.01.2014 erfolgte lediglich eine Anpassung der Bankdaten des Vermieters.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 wies der Beklagte den Widerspruch betreffend die Leistungsbewilligung 1-5/2014 (W 1896/13) als unbegründet zurück. Die Abtretung der dem Kläger bewilligten Leistungen an das Landesamt für Steuern und Finanzen des Freistaates Sachsen, welche einen Betrag von 682,- Euro übersteigen, sei wirksam. Nach § 53 Abs. 3 SGB I könnten Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhaltes bestimmt sind, in anderen Fällen (als denen des § 53 Abs. 2 SGB I) übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für das Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Laut des PfÜB finde die Tabelle des § 850c Abs. 3ZPO keine Anwendung. Das Vollstreckungsgericht habe die einen Betrag von 682,- Euro übersteigenden Leistungen für pfändbar erklärt.
Hiergegen hat der Kläger unter dem 25.03.2014 Klage erhoben. Er macht geltend, dass er nicht, wie in dem PfÜB entschieden, über ein monatliches Nettoeinkommen von 682,- Euro verfüge, sondern nur einen sehr geringen Betrag an Leistungen ausgezahlt bekommen habe. Die Abzweigung von 189,57 Euro durch den Beklagten sei rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 26.11.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14.01.2014 und 27.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum Januar bis Mai 2014 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und macht geltend, dass Leistungen nach dem SGB II gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 850c ff ZPO pfändbar seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen, die der Kammer bei Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Klage ohne Termin zur mündlichen Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die Bescheide des Beklagten vom 26.11.2013, 14.01.2014 und 27.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II bzw. Auszahlung weiterer Leistungen für den Zeitraum Januar bis Mai 2014.
Die Bewilligung von 963,21 Euro für Januar 2014 bzw. 871,57 Euro für Februar bis Mai 2014 mit den Bescheiden vom 26.11.2013, 14.01.2014 und 27.01.2014 ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die Bedarfe des Klägers korrekt eingestellt und den Leistungsanspruch richtig ermittelt. Auch die Art und Weise der Auszahlung dieses Leistungsanspruchs ist nicht zu beanstanden.
Dem Kläger stand ein Betrag i. H. v. 682,- Euro in jedem Monat tatsächlich zur freien Verfügung. Dass ihm unmittelbar nur Geldleistungen i. H. v. 240,28 Euro bzw. ab Februar i. H. v. 303,28 Euro überwiesen worden waren, beruhte auf seinen eigenen Auszahlungsbestimmungen. Der Kläger hat mit seinen Erklärungen vom 04.05.2012, 11.01.2013 und 22.03.2013 beim Beklagten die Direktauszahlung seiner Leistungen in bestimmter Höhe an den Vermieter und an den Energieversorger beantragt bzw. dem zugestimmt. Nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II muss der Beklagte diesem Anspruch auf Direktauszahlung zumindest bis zur Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft (KdU) nachkommen. Soweit die "abgetretenen" Leistungen den Betrag der KdU übersteigen, ist von einer Einwilligung des Klägers zur Überweisung der Leistungen auf das Konto eines Dritten auszugehen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rn. 172). Es handelt sich lediglich um eine Modifizierung der Auszahlungsmodalitäten. Die Direktzahlung an den Vermieter bzw. Energieversorger erfüllte den Leistungsanspruch des Klägers aus §§ 20, 22 Abs. 1 SGB II (LSG NRW, Urt. v. 24.03.2014, Az.: L 19 AS 2329/13; BayLSG, Urt. v. 21.01.2013, Az.: L 7 AS 381/12). Insoweit machte der Kläger von dem Verfügungsrecht über die ihm gewährten Leistungen Gebrauch. Sollte er einer weiteren Abführung von Leistungen direkt an den Vermieter und Energieversorger nicht weiter zustimmen und dies dem Beklagten mitteilen, so wäre dieser zunächst (vorbehaltlich § 22 Abs. 7 S. 2 und 3 SGB II) wieder zur Auszahlung an den Kläger verpflichtet. Tatsächlich hatte der Kläger daher die Verfügungsmacht über einen Betrag von 682,- Euro inne.
Dass ihm nicht der gesamte Leistungsbetrag von 963,21 Euro bzw. 871,57 Euro zur freien Verfügung stand, beruhte auf der korrekten Ausführung des PfÜB des AG Altenburg durch den Beklagten. Dem Beklagten war es als Drittschuldner gemäß § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO verboten, den Betrag von 281,21 Euro bzw. 189,57 Euro an den Kläger zu zahlen. Vielmehr hatte er den Betrag an den Gläubiger, das Landesamt für Steuern und Finanzen D. zu überweisen (§ 835 ZPO). Dem Kläger steht insoweit kein Auszahlungsanspruch zu.
Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem SGB II können gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, soweit sie nicht gemäß § 54 Abs. 3 SGB I unpfändbar sind oder den sich aus § 54 Abs. 5 SGB I ergebenden Pfändungsbeschränkungen unterliegen. Keiner dieser Ausnahmetatbestände betrifft die Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach § 19 Abs. 1 SGB II (BGH, Beschl. v. 25.10.2012, Az.: VII ZB 31/12). Auch soweit die Bezüge des Schuldners dazu bestimmt sind, Bedarfe der Unterkunft und Heizung zu decken (§ 22 SGB II) sind diese nicht (etwa durch eine entsprechende Anwendung des § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I) dem Pfändungszugriff seiner Gläubiger entzogen (BGH, a. a. O., Rn. 17).
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Pfändungsvorschriften in § 850c ZPO dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums in angemessener Weise Rechnung tragen. Gleiches gilt im Ergebnis für die Fälle, in denen die Vollstreckung wegen Unterhaltsforderungen (§ 850d ZPO) oder wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 850f ZPO) betrieben wird (BGH, a. a. O., Rn. 23). Vorliegend hat das Vollstreckungsgericht den pfändbaren Teil des Einkommens gemäß § 54 Abs. 4 SGB I i. V. m. § 850f Abs. 2 ZPO ohne Rücksicht auf die in § 850c ZPO vorgegebenen Beschränkungen bestimmt, da es sich um eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung handelte. Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung werden durch § 850f Abs. 2 ZPO ähnlich bevorzugt wie gesetzliche Unterhaltsforderungen nach § 850d ZPO, da der Schuldner für vorsätzliches unerlaubtes Handeln bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit einstehen soll. Diese erweiterte Zwangsvollstreckung "kann" erfolgen; die Entscheidung liegt somit im pflichtgemäßen Ermessen des Vollstreckungsgerichts (vgl. Zöller, ZPO, § 850f Rn. 8, 10).
Der Beklagte hat den PfÜB nicht in Frage zu stellen, er kann den Beschluss auch selbst nicht abändern (Mrozynski, SGB I § 54 Abs. 24). Die seitens des Klägers dagegen eingelegte Erinnerung ist mit Beschluss des Amtsgerichts Altenburg vom 11.12.2013 zurückgewiesen worden (Bl. 32 der Akte des Amtsgerichts zu Az.: 2 M 1565/13).
Die (offenbar) auf höhere Leistungen bzw. weitere Auszahlungen gerichtete Klage konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang der Hauptsache.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten vorliegend über die Höhe des Auszahlungsanspruchs des Klägers für die Monate Januar bis Mai 2014.
Der am geborene Kläger steht beim Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Am 04.05.2012 beantragte er, einen Betrag i. H. v. 51,- Euro (Stromabschlag) direkt an die zu überweisen (Bl. 944 VA). Am 11.01.2013 gab er eine Erklärung gegenüber dem Beklagten ab, dass die Miete direkt auf das Konto des Vermieters überwiesen werden solle (Bl. 1018 VA). Am 12.02.2013 legte er die Jahresabrechnung von vor, wonach sich ab Februar 2013 bis Januar 2014 höhere Abschläge von monatlich 63,- Euro ergaben. Mit Bescheid vom 26.02.2013 teilte der Beklagte daraufhin dem Kläger mit, dass ab April die Abschläge i. H. v. 63,- Euro an gezahlt würden. Am 22.03.2013 reichte der Kläger eine Erklärung beim Beklagen ein, wonach er einen Anteil der Regelleistung i. H. v. 35,- Euro monatlich ab 01.05.2013 an seinen Vermieter abtrete und der Beklagte berechtigt sei, diesen direkt an den Vermieter auszuzahlen (Bl. 1071 VA).
Mit Bescheid vom 19.04.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum Juni bis November 2013 Leistungen i. H. v. monatlich 859,42 Euro.
Am 16.10.2013 ging beim Beklagten ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) des Amtsgerichts Altenburg vom 26.09.2013 ein, wonach das Landesamt für Steuern und Finanzen D. gegen den Kläger aus einem Vollstreckungsbescheid vom 20.03.1998 und einem Versäumnisurteil vom 27.08.2013 einen Gesamtbetrag, einschließlich Zinsen und Vollstreckungskosten i. H. v. 14.486,29 Euro beanspruchen kann. Wegen dieser Ansprüche und weiterer Kosten werden die Forderungen des Klägers gegenüber den Drittschuldnern (Anspruch D) und (Anspruch G), einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge, so lange gepfändet, bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist. Auf Seite 6 des Bescheides unter "Anspruch G" heißt es: "Der Anspruch auf Zahlung der bereits fälligen und künftig fällig werdenden laufenden Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II wird gemäß § 850f Abs. 2 ZPO i. V. m. dem Beschluss des LG Siegen vom 28.10.2008, Az.: 4 T 214/08 so lange gepfändet, bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist. ( ) Die Tabelle zu § 850c Abs. 3 ZPO findet keine Anwendung, da vorliegend wegen einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gem. § 850f Abs. 2 ZPO vollstreckt wird. Dem Schuldner, der nach Angaben des Gläubigers für keine unterhaltsberechtigte Person Unterhalt leistet, dürfen danach bis zur Deckung des Gläubigeranspruchs von dem errechneten Nettoeinkommen nur verbleiben monatlich 682,- Euro. Ungeachtet dieses Betrages steht dem Gläubiger jedoch mindestens ein pfändbarer Betrag in Höhe von monatlich 20,- Euro zu." Weiter heißt es auf S. 8 des Bescheides: "Der Drittschuldner darf, soweit die Forderung gepfändet ist, an den Schuldner nicht mehr zahlen. Der Schuldner darf insoweit nicht über die Forderung verfügen, sie insbesondere nicht einziehen."
Am 23.10.2013 teilte der Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass aufgrund des PfÜB ab 01.11.2013 monatlich die Leistungen nach dem SGB II an den Gläubiger überwiesen werden, die einen Betrag von 682,- Euro übersteigen.
Am 22.10.2013 stellte der Kläger beim Beklagten einen Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab 01.12.2013. Mit Bescheid vom 28.10.2013 bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum 01.12.2013 bis 31.05.2014 weiterhin i. H. v. monatlich 859,42 Euro. Neben der direkten Überweisung der Mietkosten von 343,72 Euro und von 35,- Euro an den Vermieter sowie von 63,- Euro an die wurden nunmehr 177,42 Euro an das Landesamt für Steuern und Finanzen D. überwiesen. An den Kläger wurden im Dezember 2013 240,28 Euro ausgezahlt. Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2013 wurde für 1-5/2014 die Erhöhung des Regelbedarfs berücksichtigt. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 26.11.2013 wurden für 1-5/2014 vorläufig monatlich 871,57 Euro bewilligt und mitgeteilt, dass der an das Landesamt für Steuern abgeführte Betrag aufgrund der Änderung des Regelbedarfs angepasst wurde. Der Kläger dürfe monatlich maximal 682,- Euro erhalten. Der abgeführte Betrag betrug 189,57 Euro. Im Januar 2014 wurden an den Kläger 240,28 Euro ausgezahlt. Ab Februar wurde zunächst kein Betrag für Stromabschläge zur direkten Überweisung erfasst. An den Kläger wurden ab Februar 2014 303,28 Euro ausgezahlt.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 04.12.2013 legte der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 23. bzw. 26.11.2013 ein und stellte einen Überprüfungsantrag hinsichtlich des Monats Dezember 2013. Zahlungen an Dritte durch den Leistungsträger seien ohne die Zustimmung des Betroffenen rechtswidrig.
Mit Bescheid vom 05.12.2013 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2014 (zu W 16/14) zurück. Die hiergegen eingelegte Klage wurde am 05.01.2016 abgewiesen (Az.: S 31 AS 1031/14).
Am 02.12.2013 erfolgte die Betriebskostenabrechnung durch den Vermieter des Klägers für 2012, wonach sich eine Nachzahlungspflicht i. H. v. 91,64 Euro zum 13.01.2014 ergab (Bl. 1038 VA). Der Beklagte bewilligte daraufhin weitere Leistungen i. H. v. 91,64 Euro für Januar 2014 (Bescheid vom 14.01.2014) und überwies diesen Betrag ebenfalls an das Landesamt für Steuern und Finanzen D. Mit Bescheid vom 27.01.2014 erfolgte lediglich eine Anpassung der Bankdaten des Vermieters.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 wies der Beklagte den Widerspruch betreffend die Leistungsbewilligung 1-5/2014 (W 1896/13) als unbegründet zurück. Die Abtretung der dem Kläger bewilligten Leistungen an das Landesamt für Steuern und Finanzen des Freistaates Sachsen, welche einen Betrag von 682,- Euro übersteigen, sei wirksam. Nach § 53 Abs. 3 SGB I könnten Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhaltes bestimmt sind, in anderen Fällen (als denen des § 53 Abs. 2 SGB I) übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für das Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Laut des PfÜB finde die Tabelle des § 850c Abs. 3ZPO keine Anwendung. Das Vollstreckungsgericht habe die einen Betrag von 682,- Euro übersteigenden Leistungen für pfändbar erklärt.
Hiergegen hat der Kläger unter dem 25.03.2014 Klage erhoben. Er macht geltend, dass er nicht, wie in dem PfÜB entschieden, über ein monatliches Nettoeinkommen von 682,- Euro verfüge, sondern nur einen sehr geringen Betrag an Leistungen ausgezahlt bekommen habe. Die Abzweigung von 189,57 Euro durch den Beklagten sei rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 26.11.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14.01.2014 und 27.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum Januar bis Mai 2014 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und macht geltend, dass Leistungen nach dem SGB II gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 850c ff ZPO pfändbar seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen, die der Kammer bei Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Klage ohne Termin zur mündlichen Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die Bescheide des Beklagten vom 26.11.2013, 14.01.2014 und 27.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II bzw. Auszahlung weiterer Leistungen für den Zeitraum Januar bis Mai 2014.
Die Bewilligung von 963,21 Euro für Januar 2014 bzw. 871,57 Euro für Februar bis Mai 2014 mit den Bescheiden vom 26.11.2013, 14.01.2014 und 27.01.2014 ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die Bedarfe des Klägers korrekt eingestellt und den Leistungsanspruch richtig ermittelt. Auch die Art und Weise der Auszahlung dieses Leistungsanspruchs ist nicht zu beanstanden.
Dem Kläger stand ein Betrag i. H. v. 682,- Euro in jedem Monat tatsächlich zur freien Verfügung. Dass ihm unmittelbar nur Geldleistungen i. H. v. 240,28 Euro bzw. ab Februar i. H. v. 303,28 Euro überwiesen worden waren, beruhte auf seinen eigenen Auszahlungsbestimmungen. Der Kläger hat mit seinen Erklärungen vom 04.05.2012, 11.01.2013 und 22.03.2013 beim Beklagten die Direktauszahlung seiner Leistungen in bestimmter Höhe an den Vermieter und an den Energieversorger beantragt bzw. dem zugestimmt. Nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II muss der Beklagte diesem Anspruch auf Direktauszahlung zumindest bis zur Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft (KdU) nachkommen. Soweit die "abgetretenen" Leistungen den Betrag der KdU übersteigen, ist von einer Einwilligung des Klägers zur Überweisung der Leistungen auf das Konto eines Dritten auszugehen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rn. 172). Es handelt sich lediglich um eine Modifizierung der Auszahlungsmodalitäten. Die Direktzahlung an den Vermieter bzw. Energieversorger erfüllte den Leistungsanspruch des Klägers aus §§ 20, 22 Abs. 1 SGB II (LSG NRW, Urt. v. 24.03.2014, Az.: L 19 AS 2329/13; BayLSG, Urt. v. 21.01.2013, Az.: L 7 AS 381/12). Insoweit machte der Kläger von dem Verfügungsrecht über die ihm gewährten Leistungen Gebrauch. Sollte er einer weiteren Abführung von Leistungen direkt an den Vermieter und Energieversorger nicht weiter zustimmen und dies dem Beklagten mitteilen, so wäre dieser zunächst (vorbehaltlich § 22 Abs. 7 S. 2 und 3 SGB II) wieder zur Auszahlung an den Kläger verpflichtet. Tatsächlich hatte der Kläger daher die Verfügungsmacht über einen Betrag von 682,- Euro inne.
Dass ihm nicht der gesamte Leistungsbetrag von 963,21 Euro bzw. 871,57 Euro zur freien Verfügung stand, beruhte auf der korrekten Ausführung des PfÜB des AG Altenburg durch den Beklagten. Dem Beklagten war es als Drittschuldner gemäß § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO verboten, den Betrag von 281,21 Euro bzw. 189,57 Euro an den Kläger zu zahlen. Vielmehr hatte er den Betrag an den Gläubiger, das Landesamt für Steuern und Finanzen D. zu überweisen (§ 835 ZPO). Dem Kläger steht insoweit kein Auszahlungsanspruch zu.
Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem SGB II können gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, soweit sie nicht gemäß § 54 Abs. 3 SGB I unpfändbar sind oder den sich aus § 54 Abs. 5 SGB I ergebenden Pfändungsbeschränkungen unterliegen. Keiner dieser Ausnahmetatbestände betrifft die Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach § 19 Abs. 1 SGB II (BGH, Beschl. v. 25.10.2012, Az.: VII ZB 31/12). Auch soweit die Bezüge des Schuldners dazu bestimmt sind, Bedarfe der Unterkunft und Heizung zu decken (§ 22 SGB II) sind diese nicht (etwa durch eine entsprechende Anwendung des § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I) dem Pfändungszugriff seiner Gläubiger entzogen (BGH, a. a. O., Rn. 17).
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Pfändungsvorschriften in § 850c ZPO dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums in angemessener Weise Rechnung tragen. Gleiches gilt im Ergebnis für die Fälle, in denen die Vollstreckung wegen Unterhaltsforderungen (§ 850d ZPO) oder wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 850f ZPO) betrieben wird (BGH, a. a. O., Rn. 23). Vorliegend hat das Vollstreckungsgericht den pfändbaren Teil des Einkommens gemäß § 54 Abs. 4 SGB I i. V. m. § 850f Abs. 2 ZPO ohne Rücksicht auf die in § 850c ZPO vorgegebenen Beschränkungen bestimmt, da es sich um eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung handelte. Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung werden durch § 850f Abs. 2 ZPO ähnlich bevorzugt wie gesetzliche Unterhaltsforderungen nach § 850d ZPO, da der Schuldner für vorsätzliches unerlaubtes Handeln bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit einstehen soll. Diese erweiterte Zwangsvollstreckung "kann" erfolgen; die Entscheidung liegt somit im pflichtgemäßen Ermessen des Vollstreckungsgerichts (vgl. Zöller, ZPO, § 850f Rn. 8, 10).
Der Beklagte hat den PfÜB nicht in Frage zu stellen, er kann den Beschluss auch selbst nicht abändern (Mrozynski, SGB I § 54 Abs. 24). Die seitens des Klägers dagegen eingelegte Erinnerung ist mit Beschluss des Amtsgerichts Altenburg vom 11.12.2013 zurückgewiesen worden (Bl. 32 der Akte des Amtsgerichts zu Az.: 2 M 1565/13).
Die (offenbar) auf höhere Leistungen bzw. weitere Auszahlungen gerichtete Klage konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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