Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 KR 264/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 404/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 45/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Bemerkung
BSG: Beschwerde (-)
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. September 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der von der Klägerin während des Krankengeldbezugs zu tragenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen Pflegeversicherung (SPV).
Die Klägerin ist seit dem 1. Juni 2010 mit einem Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Auf der Grundlage von monatlichen Mindesteinnahmen i.H.v. 1.916,25 Euro für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige setzte die Beklagte die von der Klägerin zu zahlenden Beiträge auf 322,89 Euro monatlich ¬(285,52 Euro für den Bereich der GKV und 37,37 Euro für den Bereich der SPV) monatlich fest (Bescheid vom 22. April 2010). Wegen einer Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes änderte sich der Beitrag zur GKV ab 1. Januar 2011 auf 297,02 Euro monatlich (Bescheid vom "Februar 2011"). Ausweislich des Einkommensteuerbescheides vom 30. September 2010 erzielte die Klägerin im Jahre 2009 Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmerin i.H.v. 12.171 Euro (dies entspricht monatlichen Einkünften von 1.014,25 Euro).
Aufgrund einer am 5. März 2011 beginnenden Arbeitsunfähigkeit bezog die Klägerin Krankengeld für die Zeit vom 16. April 2011 bis zum 12. Oktober 2012 in Höhe von kalendertäglich 23,67 Euro brutto (23,37 Euro netto) bzw. – ab dem 1. März 2012 – 24,21 Euro brutto (23,90 Euro netto).
Mit Bescheid vom 17. Mai 2011, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 20. August 2011 – beide Bescheide ergingen auch im Namen der Pflegekasse –, setzte die Beklagte den von der Klägerin zu zahlenden monatlichen Beitrag ab dem 1. Mai 2011 auf 157,40 Euro (139,81 Euro GKV, 17,59 Euro SPV) fest, weil vor dem "Krankentagegeld" beitragsrechtlich zu berücksichtigende fiktive Einnahmen (z.B. der Aufstockungsbetrag zwischen dem tatsächlichen Einkommen und der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage) auch in der Zeit des "Krankentagegeldbezugs" beitragsrechtlich zu berücksichtigen seien. Da die tatsächlichen Einkünfte der Klägerin die Mindestbemessungsgrundlage unterschritten, seien in der Zeit des Krankengeldbezuges aus dem Aufstockungsbetrag von 902 Euro (= 1.916,25 Euro – 1.014,25 Euro) weiterhin Beiträge zu entrichten.
Das Sozialgericht hat entsprechend dem klägerischen Antrag die Bescheide vom 17. Mai 2011 und 20. August 2011 durch Urteil vom 19. September 2014 aufgehoben und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BVGrSz) des Beigeladenen bildeten als untergesetzliche Norm eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung. Jedoch ergebe sich aus diesen Grundsätzen nicht, dass der Aufstockungsbetrag beim Bezug von Krankengeld der Beitragspflicht unterliege. Ergäbe sich dies aus den Grundsätzen, verstieße es gegen den Gleichheitsgrundsatz. Der Wortlaut von § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Hs. BVGrSz spreche dafür, keine fiktiven Einkommensbestandteile bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen. Hätte der Beigeladene die Berücksichtigung fiktiven Einkommens anordnen wollen, wäre eine ausdrückliche Formulierung zu erwarten gewesen. Selbst wenn die BVGrSz in diesem Sinne auszulegen sein sollten, verstieße dies gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn Personen, die wie die Klägerin Einkommen unterhalb der Mindestbeitragsbemessungsgrenze erzielten, würden ohne sachlichen Grund schlechter gestellt als Personen, die Einkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erzielten. Letztere müssten während des Bezugs von Krankengeld – anders als die zuerst genannte Gruppe – keine Beiträge zahlen. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Durch die Pflicht, Beiträge aufgrund der Mindestbeitragsbemessungsgrenze zu zahlen, solle vermieden werden, dass freiwillig Versicherte, die ihren Lebensunterhalt nicht durch einen festen Geldbetrag bestritten, sich zu einem unangemessenen niedrigen Beitrag versichern könnten. Dieser Grund entfalle, wenn Versicherte Krankengeld bezögen. Denn die Möglichkeit der Einkommenserzielung sei in beiden Gruppen aus Krankheitsgründen in gleichem Ausmaße nicht mehr gegeben. Zudem gehe es wegen der in § 48 Abs. 2 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) geregelten Höchstbezugsdauer nicht um eine dauerhafte Versicherung zu einem niedrigen bzw. ohne Beitrag.
Gegen dieses ihr am 13. Oktober 2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 24. Oktober 2014, zu deren Begründung sie vorträgt: § 8 Abs. 3 BVGrSz begründe keine Beitragsfreiheit, soweit und solange beitragspflichtige Einnahmen durch die zu zahlende Leistung – in diesem Fall Krankengeld – weder beeinflusst noch ersetzt würden. Beitragsfrei werde dementsprechend – neben dem Krankengeld selbst – nur das vor dem Leistungsbezug beitragspflichtige Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gestellt, soweit es entfalle. Dass für die Dauer des Krankengeldbezugs die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht in Ansatz zu bringen sei, bedeute nicht, dass vor dem Leistungsbezug beitragsrechtlich zu berücksichtigende fiktive Einnahmen, beispielsweise die Aufstockung des Arbeitseinkommens bis zum Betrag der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage, für die Dauer des Leistungsbezuges außen vor blieben. Beitragsfreiheit bestehe in der freiwilligen Krankenversicherung nur für das vor dem Leistungsbezug beitragspflichtige Arbeitseinkommen. § 8 Abs. 3 BVGrSz sei durch die Vorgabe des § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V geprägt, den betroffenen Personen Beitragsfreiheit nur in dem Umfang einzuräumen, in dem die bisherigen beitragspflichtigen Einnahmen durch das Krankengeld ersetzt würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. September 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und festzustellen, dass sie in der Zeit vom 16. April 2011 bis zum 20. Oktober 2012 beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung war.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der beigeladene Spitzenverband Bund der Krankenkassen stellt keinen Antrag. Er teilt die Rechtsauffassung der Beklagten und bringt ergänzend vor: Alle Regelungen der BVGrSz seien durch die grundsätzliche Annahme geprägt, dass der Umfang der Beitragspflicht bzw. -freiheit während des Krankengeldbezuges jeweils an die Höhe und die Zusammensetzung der beitragspflichtigen Einnahmen unmittelbar vor dem Leistungsbezug gekoppelt ist. Eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte liege nicht vor. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei der Umfang der Beitragsfreiheit jeweils individuell zu bestimmen, weil es auf die konkrete Zusammensetzung der beitragspflichtigen Einnahmen des betroffenen Mitgliedes ankomme. Beitragsfrei während des Krankengeldbezuges blieben nur solche Mitglieder, deren Erwerbseinkommen vor der Arbeitsunfähigkeit in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zur Beitragspflicht herangezogen worden sei. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Mindestbeitragsbemessungsgrenze erst im Zusammenspiel von Erwerbseinkommen und sonstigen beitragspflichtigen Einnahmen erreicht werde. § 8 Abs. 3 Satz 1 BVGrSz beinhalte den Grundsatz, dass während des Krankengeldbezuges die beitragsgemäße Behandlung vor dem Leistungsbezug im Kern fortgesetzt werde und die bisherigen beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds grundsätzlich in dem unveränderten Umfang weiterhin der Beitragspflicht unterlägen. Hiervon werde nur für das Erwerbseinkommen (Arbeitseinkommen/-entgelt) in dem Umfang eine Ausnahme gemacht, in dem es krankheitsbedingt wegfalle und auf der Grundlage der leistungsrechtlichen Vorschriften zu berechnendes Krankengeld herangezogen werde. Durch dieses Konstrukt würden die gesetzlichen Vorgaben von § 224 Abs. 1 SGB V sowohl entsprechend dem Wortlaut als auch der Zwecksetzung der Vorschrift umgesetzt. Der zweite Halbsatz von § 8 Abs. 3 Satz 1 BVGrSz diene nur der Verdeutlichung, dass im Falle des Krankengeldbezuges keine Aufstockung der bisher zuletzt vor dem Bezug des Krankengeldes beitragspflichtigen Einnahmen bis zur Mindestbemessungsgrenze stattfinde. Dies sei zum einen grammatikalisch durch die Verwendung eines Semikolons, zum andern mithilfe der ausdrücklichen Erläuterung im Begründungsteil der BVGrSz zusätzlich hervorgehoben worden. Dass Versicherte, die ausschließlich Einkünfte aus der hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit erzielten, umso stärker zur Beitragspflicht während des Krankengeldbezuges herangezogen würden, je geringer das vor dem Krankengeldbezug erzielte Arbeitseinkommen gewesen sei, sei ausreichend sachlich begründet und daher nicht verfassungswidrig. Entsprechend den Vorgaben von § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V würden Versicherte während des Krankengeldbezuges beitragsrechtlich umso mehr entlastet, umso höher deren Krankengeld sei. Da für die Berechnung des Krankengeldes nur das tatsächlich wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangene Arbeitseinkommen, nicht dagegen eine Aufstockung des Betrages herangezogen werde, profitierten Selbständige mit höherem Arbeitseinkommen (jedenfalls bis zur Höhe der Mindestbemessungsgrenze) während des Krankengeldbezuges nicht nur durch das höhere Krankengeld, sondern auch durch die niedrige Beitragszahlung. Diese beitragsrechtlichen Folgen resultierten unmittelbar aus den leistungsrechtlichen Besonderheiten für die Berechnung des Krankengeldes. Man könne daher nicht die Verfassungswidrigkeit von § 8 Abs. 3 BVGrSz annehmen, ohne gleichzeitig die Vereinbarkeit von § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V mit Verfassungsrecht in Frage zu stellen. Durch die von der Beklagten und ihm – dem Beigeladenen – vertretene Auslegung der BVGrSz würden auch alle Krankengeldbezieher gleichbehandelt, weil die Beitragsentlastung überproportional zur Höhe des Krankengeldes ausfalle. Darüber hinaus sei zu beachten, dass die relative Beitragsbelastung der Selbständigen mit dem Arbeitseinkommen unterhalb der Mindestbemessungsgrenze gleichbleibe. Auch in der Zeit außerhalb des Krankengeldbezuges seien Beiträge, die auf das fiktive Einkommen (= Aufstockungsbetrag) zu entrichten gewesen seien, aus dem Arbeitseinkommen zu finanzieren. Diese Situation setze sich in der Zeit des Krankengeldbezuges fort.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Senat vorgelegen hat, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen. Denn die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden.
A. Das klägerische Vorbringen zielt bei der gebotenen Auslegung nicht lediglich auf die Aufhebung der Bescheide vom 17. Mai 2011 und 20. August 2011 ab; denn dann würde der zuvor erlassene Beitragsbescheid vom "Februar 2011" wieder aufleben. Dies ist aber gerade nicht das klägerseitig verfolgte Ziel, sondern vielmehr die (völlige) Beitragsfreiheit während des Krankengeldbezugs. Um dies zu erreichen, bedarf eines hierauf gerichteten zusätzlichen Feststellungsantrags.
B. Die Klage hat mit keinem der Anträge Erfolg. Die Beklagte hat die Beiträge zur GKV und zur SPV nicht zu hoch festgesetzt.
I. Beiträge sind für jeden Tag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit nicht das SGB V Abweichendes bestimmt (§ 240 Abs. 2 Satz 5 SGB V in der 2011 und 2012 geltenden, hier anzuwendenden alten Fassung - aF - i.V.m. § 223 Abs. 1 SGB V). Eine abweichende Bestimmung in diesem Sinne nimmt das Gesetz nicht durch Ausgestaltung eines besonderen rechtlichen Status der Beitragsfreiheit vor. Vielmehr ergibt sich Beitragsfreiheit im Einzelfall nur, wenn und solange beitragspflichtige Einnahmen nicht vorhanden sind oder nur solche Einnahmen erzielt werden, die kraft ausdrücklicher Regelung nicht zur Beitragsbemessung herangezogen werden dürfen. Hiernach war bei der Klägerin Beitragsfreiheit nicht gegeben.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB V wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Als beitragspflichtige Einnahmen gilt für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (§ 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste [ ] Teil der monatlichen Bezugsgröße. Die monatliche Bezugsgröße gemäß § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch / Viertes Buch betrug 2.555.- Euro im Jahr 2011 und 2.625.- Euro im Jahr 2012. Jedenfalls eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Umfang des sich hiernach fiktiv ergebenden Betrags (2011: kalendertäglich 63,875 Euro und monatlich 1.916,25 Euro) ist damit unabhängig von Regelungen des Beigeladenen bei allen freiwillig Versicherten anzunehmen und nach den genannten Bestimmungen der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen.
An der Rechtspflicht der Klägerin, sich auch während des Bezugs von Krankengeld an den Aufwendungen der Versichertengemeinschaft durch Beiträge zu beteiligen, ändert § 224 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB V nichts. Danach ist ein Mitglied für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld oder des Bezugs von Erziehungsgeld oder Elterngeld beitragsfrei. Die Beitragsfreiheit erstreckt sich nur auf die in Satz 1 genannten Leistungen. Diese Vorschrift, die alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst und daher eines zusätzlichen Anwendungsbefehls in § 240 Abs. 2 Satz 5 SGB V nicht mehr bedarf, ist auch auf freiwillig Versicherte anwendbar (BSG, Urteil vom 26. Mai 2004 – B 12 P 6/03 R –, juris, m.w.N.). § 224 Abs. 1 SGB V begründet indes nach seinem eindeutigen Wortlaut eine Beitragsfreiheit nur für das Krankengeld selbst (BSG a.a.O.). Zwar ist nach Satz 1 der Vorschrift ein Mitglied für die Dauer des Bezugs von Krankengeld beitragsfrei, doch stellt Satz 2 ausdrücklich klar, dass sich die "Beitragsfreiheit" während des Bezugs von Krankengeld auf diese Leistung beschränkt. § 224 Abs. 1 SGB V begründet für seinen Anwendungsbereich somit weder generell Beitragsfreiheit noch verdrängt er spezialgesetzlich die Beitragspflicht sonstiger Einnahmen. Dies entspricht gleichzeitig dem Sinn der Vorschrift, den ungeschmälerten und "zusätzlichen" Bezug der Sozialleistung zu gewährleisten. Die von § 224 Abs. 1 SGB V vermittelte Beitragsfreiheit ist auch dann allein auf das Krankengeld beschränkt, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kraft Gesetzes in einer Mindesthöhe fingiert wird. Durch den Bezug des Krankengeldes, das die gesetzlich fingierten Einnahmen weder mindert noch entfallen lässt, bleibt daher die Verpflichtung aus § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, Beiträge nach dem Mindesteinkommen zu entrichten, unberührt. § 224 Abs. 1 SGB V ist unter diesen Umständen selbst dann keine abschließende Sonderregelung gegenüber § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, wenn tatsächliche Einnahmen vollständig fehlen (BSG a.a.O.). Umgekehrt ist nur dieses eingeschränkte Verständnis des § 224 Abs. 1 SGB V mit den in § 240 SGB V normierten Grundsätzen der Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern vereinbar. Denn es ist mit dem Ziel des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, eine angemessene Leistungs- und Beitragsäquivalenz in der freiwilligen Versicherung herzustellen, unvereinbar, Mitglieder, die über grundsätzlich beitragspflichtige Einnahmen verfügen, nur deshalb insgesamt beitragsfrei zu lassen, weil die bisher maßgebende Bemessungsgrundlage durch eine beitragsfreie Sozialleistung ersetzt worden ist (BSG a.a.O.). Auch bei freiwillig Versicherten bleibt daher nach § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur das an die Stelle des früher allein beitragspflichtigen Arbeitseinkommens tretende Krankengeld beitragsfrei, während Beiträge auf der Grundlage der Mindesteinnahmen nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V zu entrichten sind.
II. An diesem Ergebnis ist auch in Anbetracht der vom Beigeladenen beschlossenen "Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)" (BVGrSz) festzuhalten.
Diese sehen in § 8 Abs. 2, Abs. 3 Sätze 1 bis 3 (in der seit 2010 geltenden Fassung) vor: (2) Der Bezug von Krankengeld begründet Beitragsfreiheit für vor dem Leistungsbezug beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, das durch die zu zahlende Leistung ersetzt wird. § 57 Abs. 2 SGB XI bleibt unberührt. § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V gilt für die Dauer des Bezugs von Krankengeld für nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungsfreie Arbeitnehmer nicht.
(3) Der Bezug von Krankengeld nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder 3 SGB V oder Krankengeld im Wahltarif nach § 53 Abs. 6 SGB V begründet Beitragsfreiheit für vor dem Leistungsbezug beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, soweit und solange es entfällt; § 240 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V gelten in diesen Fällen für die Dauer des Leistungsbezugs nicht.
Im Falle der Klägerin einschlägig ist § 8 Abs. 3 BVGrSz, da sie als freiwillig versicherte hauptberuflich selbständig Erwerbstätige Krankengeld nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V bezieht. § 8 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbs. BVGrSz wiederholt deklaratorisch, was gemäß § 224 Abs. 1 SGB V ohnehin gilt. § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz ist indessen missverständlich formuliert. In der Tat lässt sich diese Vorschrift mit dem Sozialgericht dahin auslegen, dass bei den unmittelbar zuvor genannten Versichertengruppen während des Bezugs von Krankengeld keinerlei Mindesteinnahmen zugrunde zu legen sind. Bei dieser Interpretation wäre § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz allerdings wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig. Weder sieht das Gesetz selbst eine Ausnahme von dem in § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V statuierten Grundsatz vor, dass die Beitragsbemessung bei freiwillig Versicherten auf Mindesteinnahmen beruhen muss, noch gestattet es dem Beigeladenen als untergesetzlichem Normgeber, Ausnahmen hiervon zu regeln. § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz ist daher so zu verstehen, dass § 240 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V nur in Höhe des vor dem Leistungsbezug beitragspflichtigen, während des Krankengeldbezugs entfallenen Arbeitsentgeltes oder Arbeitseinkommens derogiert wird.
III. Der auf den ersten Blick zweifelhaft erscheinende Effekt, dass in Fällen der vorliegenden Art die während des Bezugs von Krankengeld zu zahlenden Beiträge umso höher ausfallen, je geringer das entfallene Arbeitseinkommen des freiwillig Versicherten war, ist bei dieser Rechtslage unvermeidlich und bewirkt keine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Grundgesetz - GG). Er basiert auf dem Zusammenspiel des bereits dargestellten Grundsatzes, dass die Beitragsbemessung bei freiwillig Versicherten auf Mindesteinnahmen beruhen muss (§ 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V), mit den Auswirkungen von § 224 Abs. 1 SGB V. Dieser Grundsatz beinhaltet insoweit bereits eine – verfassungsgemäße (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvL 4/96 -, juris) – Ungleichbehandlung, als Mindestbeiträge unabhängig von der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der freiwillig Versicherten zu zahlen sind. Dann aber begegnet es auch keinen Bedenken, wenn in dieser Versichertengruppe wegen der Auswirkungen von § 224 Abs. 1 SGB V das entfallene Arbeitsentgelt/-einkommen und die während des Bezugs von Krankengeld zu tragenden Beiträge in einem reziproken Verhältnis zueinander stehen.
Unabhängig hiervon bestünde der o.g. Effekt nicht, wenn in § 8 Abs. 3 Satz 1 BVGrSz entsprechend dem Wortlaut von § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur das Krankengeld selbst als Einnahme beitragsfrei gestellt würde. § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz ordnet jedoch über den Gesetzesbefehl von § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V hinaus auch an, dass während des Krankengeldbezugs auf Arbeitsentgelt und -einkommen, soweit es bislang der Beitragsbemessung zugrunde lag, ebenfalls keine Beiträge zu erheben sind. Ohne diese – für bestimmte Versichertengruppe günstige – Regelung hätten alle freiwillig Versicherten mit Beiträgen nach der Mindestbemessungsgrundlage auch während des Krankengeldbezugs Beiträge in derselben Höhe zu zahlen wie zuvor. Der Bezug von Krankengeld würde sich dann in keiner Weise auf die Beitragshöhe auswirken. IV. Für den Bereich der SPV gilt wegen der Verweisungskette § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI, § 240 SGB V, § 8 Abs. 3 Satz 1 BVGrSz dasselbe.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. Die Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 193 Abs. 4 SGG nicht erstattungsfähig, da er zu den Gebührenpflichtigen nach § 184 Abs. 1 SGG zählt.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der von der Klägerin während des Krankengeldbezugs zu tragenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen Pflegeversicherung (SPV).
Die Klägerin ist seit dem 1. Juni 2010 mit einem Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Auf der Grundlage von monatlichen Mindesteinnahmen i.H.v. 1.916,25 Euro für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige setzte die Beklagte die von der Klägerin zu zahlenden Beiträge auf 322,89 Euro monatlich ¬(285,52 Euro für den Bereich der GKV und 37,37 Euro für den Bereich der SPV) monatlich fest (Bescheid vom 22. April 2010). Wegen einer Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes änderte sich der Beitrag zur GKV ab 1. Januar 2011 auf 297,02 Euro monatlich (Bescheid vom "Februar 2011"). Ausweislich des Einkommensteuerbescheides vom 30. September 2010 erzielte die Klägerin im Jahre 2009 Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmerin i.H.v. 12.171 Euro (dies entspricht monatlichen Einkünften von 1.014,25 Euro).
Aufgrund einer am 5. März 2011 beginnenden Arbeitsunfähigkeit bezog die Klägerin Krankengeld für die Zeit vom 16. April 2011 bis zum 12. Oktober 2012 in Höhe von kalendertäglich 23,67 Euro brutto (23,37 Euro netto) bzw. – ab dem 1. März 2012 – 24,21 Euro brutto (23,90 Euro netto).
Mit Bescheid vom 17. Mai 2011, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 20. August 2011 – beide Bescheide ergingen auch im Namen der Pflegekasse –, setzte die Beklagte den von der Klägerin zu zahlenden monatlichen Beitrag ab dem 1. Mai 2011 auf 157,40 Euro (139,81 Euro GKV, 17,59 Euro SPV) fest, weil vor dem "Krankentagegeld" beitragsrechtlich zu berücksichtigende fiktive Einnahmen (z.B. der Aufstockungsbetrag zwischen dem tatsächlichen Einkommen und der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage) auch in der Zeit des "Krankentagegeldbezugs" beitragsrechtlich zu berücksichtigen seien. Da die tatsächlichen Einkünfte der Klägerin die Mindestbemessungsgrundlage unterschritten, seien in der Zeit des Krankengeldbezuges aus dem Aufstockungsbetrag von 902 Euro (= 1.916,25 Euro – 1.014,25 Euro) weiterhin Beiträge zu entrichten.
Das Sozialgericht hat entsprechend dem klägerischen Antrag die Bescheide vom 17. Mai 2011 und 20. August 2011 durch Urteil vom 19. September 2014 aufgehoben und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BVGrSz) des Beigeladenen bildeten als untergesetzliche Norm eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung. Jedoch ergebe sich aus diesen Grundsätzen nicht, dass der Aufstockungsbetrag beim Bezug von Krankengeld der Beitragspflicht unterliege. Ergäbe sich dies aus den Grundsätzen, verstieße es gegen den Gleichheitsgrundsatz. Der Wortlaut von § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Hs. BVGrSz spreche dafür, keine fiktiven Einkommensbestandteile bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen. Hätte der Beigeladene die Berücksichtigung fiktiven Einkommens anordnen wollen, wäre eine ausdrückliche Formulierung zu erwarten gewesen. Selbst wenn die BVGrSz in diesem Sinne auszulegen sein sollten, verstieße dies gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn Personen, die wie die Klägerin Einkommen unterhalb der Mindestbeitragsbemessungsgrenze erzielten, würden ohne sachlichen Grund schlechter gestellt als Personen, die Einkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erzielten. Letztere müssten während des Bezugs von Krankengeld – anders als die zuerst genannte Gruppe – keine Beiträge zahlen. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Durch die Pflicht, Beiträge aufgrund der Mindestbeitragsbemessungsgrenze zu zahlen, solle vermieden werden, dass freiwillig Versicherte, die ihren Lebensunterhalt nicht durch einen festen Geldbetrag bestritten, sich zu einem unangemessenen niedrigen Beitrag versichern könnten. Dieser Grund entfalle, wenn Versicherte Krankengeld bezögen. Denn die Möglichkeit der Einkommenserzielung sei in beiden Gruppen aus Krankheitsgründen in gleichem Ausmaße nicht mehr gegeben. Zudem gehe es wegen der in § 48 Abs. 2 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) geregelten Höchstbezugsdauer nicht um eine dauerhafte Versicherung zu einem niedrigen bzw. ohne Beitrag.
Gegen dieses ihr am 13. Oktober 2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 24. Oktober 2014, zu deren Begründung sie vorträgt: § 8 Abs. 3 BVGrSz begründe keine Beitragsfreiheit, soweit und solange beitragspflichtige Einnahmen durch die zu zahlende Leistung – in diesem Fall Krankengeld – weder beeinflusst noch ersetzt würden. Beitragsfrei werde dementsprechend – neben dem Krankengeld selbst – nur das vor dem Leistungsbezug beitragspflichtige Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gestellt, soweit es entfalle. Dass für die Dauer des Krankengeldbezugs die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht in Ansatz zu bringen sei, bedeute nicht, dass vor dem Leistungsbezug beitragsrechtlich zu berücksichtigende fiktive Einnahmen, beispielsweise die Aufstockung des Arbeitseinkommens bis zum Betrag der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage, für die Dauer des Leistungsbezuges außen vor blieben. Beitragsfreiheit bestehe in der freiwilligen Krankenversicherung nur für das vor dem Leistungsbezug beitragspflichtige Arbeitseinkommen. § 8 Abs. 3 BVGrSz sei durch die Vorgabe des § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V geprägt, den betroffenen Personen Beitragsfreiheit nur in dem Umfang einzuräumen, in dem die bisherigen beitragspflichtigen Einnahmen durch das Krankengeld ersetzt würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. September 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und festzustellen, dass sie in der Zeit vom 16. April 2011 bis zum 20. Oktober 2012 beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung war.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der beigeladene Spitzenverband Bund der Krankenkassen stellt keinen Antrag. Er teilt die Rechtsauffassung der Beklagten und bringt ergänzend vor: Alle Regelungen der BVGrSz seien durch die grundsätzliche Annahme geprägt, dass der Umfang der Beitragspflicht bzw. -freiheit während des Krankengeldbezuges jeweils an die Höhe und die Zusammensetzung der beitragspflichtigen Einnahmen unmittelbar vor dem Leistungsbezug gekoppelt ist. Eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte liege nicht vor. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei der Umfang der Beitragsfreiheit jeweils individuell zu bestimmen, weil es auf die konkrete Zusammensetzung der beitragspflichtigen Einnahmen des betroffenen Mitgliedes ankomme. Beitragsfrei während des Krankengeldbezuges blieben nur solche Mitglieder, deren Erwerbseinkommen vor der Arbeitsunfähigkeit in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zur Beitragspflicht herangezogen worden sei. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Mindestbeitragsbemessungsgrenze erst im Zusammenspiel von Erwerbseinkommen und sonstigen beitragspflichtigen Einnahmen erreicht werde. § 8 Abs. 3 Satz 1 BVGrSz beinhalte den Grundsatz, dass während des Krankengeldbezuges die beitragsgemäße Behandlung vor dem Leistungsbezug im Kern fortgesetzt werde und die bisherigen beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds grundsätzlich in dem unveränderten Umfang weiterhin der Beitragspflicht unterlägen. Hiervon werde nur für das Erwerbseinkommen (Arbeitseinkommen/-entgelt) in dem Umfang eine Ausnahme gemacht, in dem es krankheitsbedingt wegfalle und auf der Grundlage der leistungsrechtlichen Vorschriften zu berechnendes Krankengeld herangezogen werde. Durch dieses Konstrukt würden die gesetzlichen Vorgaben von § 224 Abs. 1 SGB V sowohl entsprechend dem Wortlaut als auch der Zwecksetzung der Vorschrift umgesetzt. Der zweite Halbsatz von § 8 Abs. 3 Satz 1 BVGrSz diene nur der Verdeutlichung, dass im Falle des Krankengeldbezuges keine Aufstockung der bisher zuletzt vor dem Bezug des Krankengeldes beitragspflichtigen Einnahmen bis zur Mindestbemessungsgrenze stattfinde. Dies sei zum einen grammatikalisch durch die Verwendung eines Semikolons, zum andern mithilfe der ausdrücklichen Erläuterung im Begründungsteil der BVGrSz zusätzlich hervorgehoben worden. Dass Versicherte, die ausschließlich Einkünfte aus der hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit erzielten, umso stärker zur Beitragspflicht während des Krankengeldbezuges herangezogen würden, je geringer das vor dem Krankengeldbezug erzielte Arbeitseinkommen gewesen sei, sei ausreichend sachlich begründet und daher nicht verfassungswidrig. Entsprechend den Vorgaben von § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V würden Versicherte während des Krankengeldbezuges beitragsrechtlich umso mehr entlastet, umso höher deren Krankengeld sei. Da für die Berechnung des Krankengeldes nur das tatsächlich wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangene Arbeitseinkommen, nicht dagegen eine Aufstockung des Betrages herangezogen werde, profitierten Selbständige mit höherem Arbeitseinkommen (jedenfalls bis zur Höhe der Mindestbemessungsgrenze) während des Krankengeldbezuges nicht nur durch das höhere Krankengeld, sondern auch durch die niedrige Beitragszahlung. Diese beitragsrechtlichen Folgen resultierten unmittelbar aus den leistungsrechtlichen Besonderheiten für die Berechnung des Krankengeldes. Man könne daher nicht die Verfassungswidrigkeit von § 8 Abs. 3 BVGrSz annehmen, ohne gleichzeitig die Vereinbarkeit von § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V mit Verfassungsrecht in Frage zu stellen. Durch die von der Beklagten und ihm – dem Beigeladenen – vertretene Auslegung der BVGrSz würden auch alle Krankengeldbezieher gleichbehandelt, weil die Beitragsentlastung überproportional zur Höhe des Krankengeldes ausfalle. Darüber hinaus sei zu beachten, dass die relative Beitragsbelastung der Selbständigen mit dem Arbeitseinkommen unterhalb der Mindestbemessungsgrenze gleichbleibe. Auch in der Zeit außerhalb des Krankengeldbezuges seien Beiträge, die auf das fiktive Einkommen (= Aufstockungsbetrag) zu entrichten gewesen seien, aus dem Arbeitseinkommen zu finanzieren. Diese Situation setze sich in der Zeit des Krankengeldbezuges fort.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Senat vorgelegen hat, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen. Denn die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden.
A. Das klägerische Vorbringen zielt bei der gebotenen Auslegung nicht lediglich auf die Aufhebung der Bescheide vom 17. Mai 2011 und 20. August 2011 ab; denn dann würde der zuvor erlassene Beitragsbescheid vom "Februar 2011" wieder aufleben. Dies ist aber gerade nicht das klägerseitig verfolgte Ziel, sondern vielmehr die (völlige) Beitragsfreiheit während des Krankengeldbezugs. Um dies zu erreichen, bedarf eines hierauf gerichteten zusätzlichen Feststellungsantrags.
B. Die Klage hat mit keinem der Anträge Erfolg. Die Beklagte hat die Beiträge zur GKV und zur SPV nicht zu hoch festgesetzt.
I. Beiträge sind für jeden Tag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit nicht das SGB V Abweichendes bestimmt (§ 240 Abs. 2 Satz 5 SGB V in der 2011 und 2012 geltenden, hier anzuwendenden alten Fassung - aF - i.V.m. § 223 Abs. 1 SGB V). Eine abweichende Bestimmung in diesem Sinne nimmt das Gesetz nicht durch Ausgestaltung eines besonderen rechtlichen Status der Beitragsfreiheit vor. Vielmehr ergibt sich Beitragsfreiheit im Einzelfall nur, wenn und solange beitragspflichtige Einnahmen nicht vorhanden sind oder nur solche Einnahmen erzielt werden, die kraft ausdrücklicher Regelung nicht zur Beitragsbemessung herangezogen werden dürfen. Hiernach war bei der Klägerin Beitragsfreiheit nicht gegeben.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB V wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Als beitragspflichtige Einnahmen gilt für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (§ 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste [ ] Teil der monatlichen Bezugsgröße. Die monatliche Bezugsgröße gemäß § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch / Viertes Buch betrug 2.555.- Euro im Jahr 2011 und 2.625.- Euro im Jahr 2012. Jedenfalls eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Umfang des sich hiernach fiktiv ergebenden Betrags (2011: kalendertäglich 63,875 Euro und monatlich 1.916,25 Euro) ist damit unabhängig von Regelungen des Beigeladenen bei allen freiwillig Versicherten anzunehmen und nach den genannten Bestimmungen der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen.
An der Rechtspflicht der Klägerin, sich auch während des Bezugs von Krankengeld an den Aufwendungen der Versichertengemeinschaft durch Beiträge zu beteiligen, ändert § 224 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB V nichts. Danach ist ein Mitglied für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld oder des Bezugs von Erziehungsgeld oder Elterngeld beitragsfrei. Die Beitragsfreiheit erstreckt sich nur auf die in Satz 1 genannten Leistungen. Diese Vorschrift, die alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst und daher eines zusätzlichen Anwendungsbefehls in § 240 Abs. 2 Satz 5 SGB V nicht mehr bedarf, ist auch auf freiwillig Versicherte anwendbar (BSG, Urteil vom 26. Mai 2004 – B 12 P 6/03 R –, juris, m.w.N.). § 224 Abs. 1 SGB V begründet indes nach seinem eindeutigen Wortlaut eine Beitragsfreiheit nur für das Krankengeld selbst (BSG a.a.O.). Zwar ist nach Satz 1 der Vorschrift ein Mitglied für die Dauer des Bezugs von Krankengeld beitragsfrei, doch stellt Satz 2 ausdrücklich klar, dass sich die "Beitragsfreiheit" während des Bezugs von Krankengeld auf diese Leistung beschränkt. § 224 Abs. 1 SGB V begründet für seinen Anwendungsbereich somit weder generell Beitragsfreiheit noch verdrängt er spezialgesetzlich die Beitragspflicht sonstiger Einnahmen. Dies entspricht gleichzeitig dem Sinn der Vorschrift, den ungeschmälerten und "zusätzlichen" Bezug der Sozialleistung zu gewährleisten. Die von § 224 Abs. 1 SGB V vermittelte Beitragsfreiheit ist auch dann allein auf das Krankengeld beschränkt, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kraft Gesetzes in einer Mindesthöhe fingiert wird. Durch den Bezug des Krankengeldes, das die gesetzlich fingierten Einnahmen weder mindert noch entfallen lässt, bleibt daher die Verpflichtung aus § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, Beiträge nach dem Mindesteinkommen zu entrichten, unberührt. § 224 Abs. 1 SGB V ist unter diesen Umständen selbst dann keine abschließende Sonderregelung gegenüber § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, wenn tatsächliche Einnahmen vollständig fehlen (BSG a.a.O.). Umgekehrt ist nur dieses eingeschränkte Verständnis des § 224 Abs. 1 SGB V mit den in § 240 SGB V normierten Grundsätzen der Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern vereinbar. Denn es ist mit dem Ziel des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, eine angemessene Leistungs- und Beitragsäquivalenz in der freiwilligen Versicherung herzustellen, unvereinbar, Mitglieder, die über grundsätzlich beitragspflichtige Einnahmen verfügen, nur deshalb insgesamt beitragsfrei zu lassen, weil die bisher maßgebende Bemessungsgrundlage durch eine beitragsfreie Sozialleistung ersetzt worden ist (BSG a.a.O.). Auch bei freiwillig Versicherten bleibt daher nach § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur das an die Stelle des früher allein beitragspflichtigen Arbeitseinkommens tretende Krankengeld beitragsfrei, während Beiträge auf der Grundlage der Mindesteinnahmen nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V zu entrichten sind.
II. An diesem Ergebnis ist auch in Anbetracht der vom Beigeladenen beschlossenen "Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)" (BVGrSz) festzuhalten.
Diese sehen in § 8 Abs. 2, Abs. 3 Sätze 1 bis 3 (in der seit 2010 geltenden Fassung) vor: (2) Der Bezug von Krankengeld begründet Beitragsfreiheit für vor dem Leistungsbezug beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, das durch die zu zahlende Leistung ersetzt wird. § 57 Abs. 2 SGB XI bleibt unberührt. § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V gilt für die Dauer des Bezugs von Krankengeld für nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungsfreie Arbeitnehmer nicht.
(3) Der Bezug von Krankengeld nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder 3 SGB V oder Krankengeld im Wahltarif nach § 53 Abs. 6 SGB V begründet Beitragsfreiheit für vor dem Leistungsbezug beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, soweit und solange es entfällt; § 240 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V gelten in diesen Fällen für die Dauer des Leistungsbezugs nicht.
Im Falle der Klägerin einschlägig ist § 8 Abs. 3 BVGrSz, da sie als freiwillig versicherte hauptberuflich selbständig Erwerbstätige Krankengeld nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V bezieht. § 8 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbs. BVGrSz wiederholt deklaratorisch, was gemäß § 224 Abs. 1 SGB V ohnehin gilt. § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz ist indessen missverständlich formuliert. In der Tat lässt sich diese Vorschrift mit dem Sozialgericht dahin auslegen, dass bei den unmittelbar zuvor genannten Versichertengruppen während des Bezugs von Krankengeld keinerlei Mindesteinnahmen zugrunde zu legen sind. Bei dieser Interpretation wäre § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz allerdings wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig. Weder sieht das Gesetz selbst eine Ausnahme von dem in § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V statuierten Grundsatz vor, dass die Beitragsbemessung bei freiwillig Versicherten auf Mindesteinnahmen beruhen muss, noch gestattet es dem Beigeladenen als untergesetzlichem Normgeber, Ausnahmen hiervon zu regeln. § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz ist daher so zu verstehen, dass § 240 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V nur in Höhe des vor dem Leistungsbezug beitragspflichtigen, während des Krankengeldbezugs entfallenen Arbeitsentgeltes oder Arbeitseinkommens derogiert wird.
III. Der auf den ersten Blick zweifelhaft erscheinende Effekt, dass in Fällen der vorliegenden Art die während des Bezugs von Krankengeld zu zahlenden Beiträge umso höher ausfallen, je geringer das entfallene Arbeitseinkommen des freiwillig Versicherten war, ist bei dieser Rechtslage unvermeidlich und bewirkt keine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Grundgesetz - GG). Er basiert auf dem Zusammenspiel des bereits dargestellten Grundsatzes, dass die Beitragsbemessung bei freiwillig Versicherten auf Mindesteinnahmen beruhen muss (§ 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V), mit den Auswirkungen von § 224 Abs. 1 SGB V. Dieser Grundsatz beinhaltet insoweit bereits eine – verfassungsgemäße (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvL 4/96 -, juris) – Ungleichbehandlung, als Mindestbeiträge unabhängig von der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der freiwillig Versicherten zu zahlen sind. Dann aber begegnet es auch keinen Bedenken, wenn in dieser Versichertengruppe wegen der Auswirkungen von § 224 Abs. 1 SGB V das entfallene Arbeitsentgelt/-einkommen und die während des Bezugs von Krankengeld zu tragenden Beiträge in einem reziproken Verhältnis zueinander stehen.
Unabhängig hiervon bestünde der o.g. Effekt nicht, wenn in § 8 Abs. 3 Satz 1 BVGrSz entsprechend dem Wortlaut von § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur das Krankengeld selbst als Einnahme beitragsfrei gestellt würde. § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz ordnet jedoch über den Gesetzesbefehl von § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V hinaus auch an, dass während des Krankengeldbezugs auf Arbeitsentgelt und -einkommen, soweit es bislang der Beitragsbemessung zugrunde lag, ebenfalls keine Beiträge zu erheben sind. Ohne diese – für bestimmte Versichertengruppe günstige – Regelung hätten alle freiwillig Versicherten mit Beiträgen nach der Mindestbemessungsgrundlage auch während des Krankengeldbezugs Beiträge in derselben Höhe zu zahlen wie zuvor. Der Bezug von Krankengeld würde sich dann in keiner Weise auf die Beitragshöhe auswirken. IV. Für den Bereich der SPV gilt wegen der Verweisungskette § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI, § 240 SGB V, § 8 Abs. 3 Satz 1 BVGrSz dasselbe.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. Die Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 193 Abs. 4 SGG nicht erstattungsfähig, da er zu den Gebührenpflichtigen nach § 184 Abs. 1 SGG zählt.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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