Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 1 AS 439/16 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid vom 07.04.2016 wird abgelehnt.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 01.12.2015 bis 31.05.2016 wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides vom 07.04.2016 nach §§ 32, 31a, 31b Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der 1967 geborene Antragsteller beantragte am 17.12.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Antragsgegner. Er bezieht derzeit eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, welche nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand, sondern auf den Verhältnissen am Arbeitsmarkt beruht (Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund, Bl. 21 d. Gerichtsakte). Der Antragsteller ist ausweislich des Schreibens der DRV Bund imstande, noch 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die aktuelle Rentenhöhe beträgt 450,92 Euro.
Mit Bescheid vom 01.02.2016 bewilligte der Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II ab 01.01.2015 bis 31.05.2016. Im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft wurde ein Bedarf i.H.v. 402,26 Euro berücksichtigt.
Mit Einladungsschreiben vom 17.02.2016 lud der Antragsgegner den Antragsteller zu einem Termin am 11.03.2016 um 09:00 Uhr ein, um mit ihm die aktuelle berufliche Situation und eventuelle Eingliederungsmöglichkeiten zu sprechen. Das Schreiben enthält auf Seite 2 eine Rechtsfolgenbelehrung.
Der Antragsteller erschien am 11.03.2016 nicht zu dem Meldetermin beim Antragsgegner. Auf das Anhörungsschreiben vom 14.03.2016, in welchem die Minderung um 10 Prozent des Regelbedarfs angekündigt wurde, erfolgte bis zum Ablauf der gesetzten Frist zur Stellungnahme (28.03.2016) keine Reaktion.
Mit Sanktionsbescheid vom 07.04.2016 senkte der Antragsgegner die Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs (40,40 Euro) für den Zeitraum vom 01.05.2016 bis 31.07.2016 wegen Versäumung des Meldetermins am 11.03.2016 ab.
Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 20.04.2016 Widerspruch ein (Eingang am 25.04.2016 bei Gericht). Am 20.04.2016 hat der Antragsteller bei dem hiesigen Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Zur Begründung führt er aus, dass die Kosten der Unterkunft tatsächlich 435,00 Euro betragen, der Antragsgegner habe die Differenz i.H.v. 32,74 Euro monatlich nachzuzahlen. Der Sanktionsbescheid sei rechtswidrig, dies ergebe sich bereits aus dem Urteil des BSG vom 18.02.2010 (B 14 AS 53/08 R), wonach strenge Anforderungen an den Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung zu stellen seien. Aus dem Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) ergebe sich, dass jedwede Sanktion verfassungswidrig sei, da das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums unerlässlich sei. Im Übrigen beziehe er sich auf den Beschluss des SG für das Saarland vom 10.03.2010 (S 21 AS 26/10 ER), welches in der Wiedergabe des Gesetzestextes keine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung gesehen habe. So liege der Fall auch hier, es mangele an einer Konkretisierung der Rechtsfolgenbelehrung, so dass sie ihre Warnfunktion nicht erfülle.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid vom 07.04.2016 anzuordnen,
2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Differenz für die Unterkunftskosten i.H.v. 32,74 Euro monatlich seit Dezember 2015 auszuzahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird zunächst auf den zwischenzeitlich ergangenen Abhilfebescheid vom 28.04.2016 im Hinblick auf die Unterkunftskosten verwiesen. Der Antragsgegner habe zwischenzeitlich infolge der eingereichten Vermieterbescheinigung einen Bedarf i.H.v. 435,00 Euro für die Unterkunftskosten seit dem 01.12.2015 anerkannt. Im Hinblick auf den Sanktionsbescheid wird vorgetragen, dieser sei mit einer hinreichend konkreten, verständlichen, richtigen und vollständigen Rechtsfolgenbelehrung im Sinne der Rechtsprechung des BSG versehen gewesen. Ein wichtiger Grund für das Versäumnis des Meldetermins sei nicht vorgetragen worden. Eine Verfassungswidrigkeit bei einer 10-Prozent-Sanktion sei nicht ersichtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die vom Antragsgegner vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen. Deren Inhalt war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Der von dem Antragsteller gestellte Antrag zu 1. bedurfte zunächst der Auslegung nach § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog. Der Antragsteller begehrt vorliegend vorläufigen Rechtsschutz gegen den Vollzug des Sanktionsbescheides vom 07.04.2016. Dieses Rechtsschutzziel ist im vorliegenden Fall mit einen Antrag auf Anordnung der aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und erst nach Erhebung der Klage als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Sanktionsbescheid gem. § 86b Abs. Satz 1 Nr. 2 SGG zu verfolgen.
Der nach sachgerechter Auslegung gestellte Antrag zu 1. ist zulässig.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt, keine aufschiebende Wirkung.
Der Antrag zu 1. ist jedoch unbegründet, da der Sanktionsbescheid vom 07.04.2016 offensichtlich rechtmäßig ist.
Das Gericht entscheidet bei einem Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG aufgrund einer Interessenabwägung. Dabei ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu entscheiden, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt oder ob dem entgegenstehenden Interesse des Antragstellers, von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, der Vorrang einzuräumen ist. Regelmäßig werden die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, als erstes Kriterium herangezogen. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der Widerspruch Erfolg haben wird, so kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. Umgekehrt kann der Antragsteller kein schutzwürdiges privates Interesse haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 12e). Zusätzlich sind bei der Abwägung die Vorgaben des Gesetzgebers über das Regel-Ausnahme-Verhältnis zu berücksichtigen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 86b Rn. 12b, 12c).
Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers fällt im vorliegenden Fall zugunsten des öffentlichen Vollzugsinteresses aus, denn der Widerspruch hat mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg, da sich der Sanktionsbescheid nach umfassender Prüfung als offensichtlich rechtmäßig darstellt.
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Sanktionsbescheides liegen vor und eine vorherige Anhörung nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat stattgefunden.
Nach § 32 Satz 1 SGB II mindert sich das Arbeitslosengeld II um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, wenn der Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden, nicht nachkommen. Nach § 32 Satz 2 SGB II gilt dies nicht, wenn der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegt und nachweist. Das Einladungsschreiben vom 17.02.2016 enthält eine schriftliche Rechtsfolgenbelehrung. Diese stellt sich als konkret, verständlich, richtig und vollständig dar. Es findet sich der Hinweis auf die gesetzlich verankerte Verpflichtung zum Erscheinen des Antragstellers, welche bei Nichtbefolgung ohne wichtigen Grund zu einer dreimonatigen Absenkung des Arbeitslosengeldes II um 10 Prozent des Regelbedarfs führt, beginnend mit dem nächsten Monat nach Bekanntgabe eines Sanktionsbescheides. Damit ist dem Antragsteller mitgeteilt worden, weshalb, ab wann und wie lange und in welcher Höhe (Grund, Beginn, Dauer, Höhe) eine Sanktionierung erfolgt. Die Konkretheit der Formulierung scheitert nicht daran, dass zugleich die Paragrafen mitgenannt werden, aus denen sich diese Rechtfolgen ergeben. Der objektive Erklärungswert dieser Rechtsfolgenbelehrung ist unmissverständlich und hat seine Warnfunktion erfüllt. Ein wichtiger Grund wurde weder vorgetragen noch nachgewiesen. Die Höhe des Minderungsbetrages sowie der Minderungszeitraum sind vom Antragsgegner zutreffend festgestellt worden. Gem. § 32 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 31b Abs. 1 SGB II mindert sich das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 10 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs. Die Minderung beginnt mit dem Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsakts folgt, der das Meldeversäumnis und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. Der Minderungszeitraum beträgt gem. § 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II drei Monate. Der Sanktionsbescheid vom 07.04.2016 wurde dem Antragsteller im April bekanntgegeben und damit wirksam, so dass der Minderungszeitraum die Monate Mai, Juni und Juli 2016 umfasst. Die Kammer kann sich den Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit jedweder Sanktion nicht anschließen. So hat bereits das BSG am 29.04.2015 (B 14 AS 19/14 R) entschieden, dass selbst gegen eine 30-Prozent-Sanktion keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Die Verhängung einer 10-Prozent-Sanktion bei unentschuldigtem Versäumnis eines Meldetermins begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal es der Betroffene selbst in der Hand hat, einer Sanktionierung durch Erscheinen zu dem Meldetermin vorzubeugen. Die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ohne jedwede Verpflichtung der Leistungsbezieher zum Erscheinen zu Meldeterminen/Bewerbungen schreiben u.v.m. käme einem bedingungslosen Grundeinkommen gleich, welches der Gesetzgeber so nicht vorgesehen hat und auch in der Verfassung keine Grundlage findet. Der Antrag zu 2. ist zulässig, aber nicht (mehr) begründet. Denn der Antragsgegner hat sofort nach Erhalt der Vermieterbescheinigung die Differenzbeträge mit Bescheid vom 28.04.2016 bewilligt und dem Begehren im Hinblick auf die Unterkunftskosten damit vollumfänglich entsprochen. Damit ist ein Anordnungsanspruch nicht (mehr) ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG (analog). Von einer anteiligen Kostentragungspflicht des Antragsgegners hat die Kammer im Rahmen ihres Ermessens abgesehen, da die Berücksichtigung höherer Unterkunftskosten von der Einreichung der neuen Vermieterbescheinigung abhängig war und dies in der Sphäre des Antragstellers lag.
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 317,64 Euro (3 x 40,40 Euro und 6 x 32,74 Euro) und erreicht damit nicht den erforderlichen Beschwerdewert von mehr als 750,00 Euro. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist daher ausgeschlossen (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 01.12.2015 bis 31.05.2016 wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides vom 07.04.2016 nach §§ 32, 31a, 31b Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der 1967 geborene Antragsteller beantragte am 17.12.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Antragsgegner. Er bezieht derzeit eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, welche nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand, sondern auf den Verhältnissen am Arbeitsmarkt beruht (Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund, Bl. 21 d. Gerichtsakte). Der Antragsteller ist ausweislich des Schreibens der DRV Bund imstande, noch 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die aktuelle Rentenhöhe beträgt 450,92 Euro.
Mit Bescheid vom 01.02.2016 bewilligte der Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II ab 01.01.2015 bis 31.05.2016. Im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft wurde ein Bedarf i.H.v. 402,26 Euro berücksichtigt.
Mit Einladungsschreiben vom 17.02.2016 lud der Antragsgegner den Antragsteller zu einem Termin am 11.03.2016 um 09:00 Uhr ein, um mit ihm die aktuelle berufliche Situation und eventuelle Eingliederungsmöglichkeiten zu sprechen. Das Schreiben enthält auf Seite 2 eine Rechtsfolgenbelehrung.
Der Antragsteller erschien am 11.03.2016 nicht zu dem Meldetermin beim Antragsgegner. Auf das Anhörungsschreiben vom 14.03.2016, in welchem die Minderung um 10 Prozent des Regelbedarfs angekündigt wurde, erfolgte bis zum Ablauf der gesetzten Frist zur Stellungnahme (28.03.2016) keine Reaktion.
Mit Sanktionsbescheid vom 07.04.2016 senkte der Antragsgegner die Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs (40,40 Euro) für den Zeitraum vom 01.05.2016 bis 31.07.2016 wegen Versäumung des Meldetermins am 11.03.2016 ab.
Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 20.04.2016 Widerspruch ein (Eingang am 25.04.2016 bei Gericht). Am 20.04.2016 hat der Antragsteller bei dem hiesigen Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Zur Begründung führt er aus, dass die Kosten der Unterkunft tatsächlich 435,00 Euro betragen, der Antragsgegner habe die Differenz i.H.v. 32,74 Euro monatlich nachzuzahlen. Der Sanktionsbescheid sei rechtswidrig, dies ergebe sich bereits aus dem Urteil des BSG vom 18.02.2010 (B 14 AS 53/08 R), wonach strenge Anforderungen an den Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung zu stellen seien. Aus dem Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) ergebe sich, dass jedwede Sanktion verfassungswidrig sei, da das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums unerlässlich sei. Im Übrigen beziehe er sich auf den Beschluss des SG für das Saarland vom 10.03.2010 (S 21 AS 26/10 ER), welches in der Wiedergabe des Gesetzestextes keine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung gesehen habe. So liege der Fall auch hier, es mangele an einer Konkretisierung der Rechtsfolgenbelehrung, so dass sie ihre Warnfunktion nicht erfülle.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid vom 07.04.2016 anzuordnen,
2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Differenz für die Unterkunftskosten i.H.v. 32,74 Euro monatlich seit Dezember 2015 auszuzahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird zunächst auf den zwischenzeitlich ergangenen Abhilfebescheid vom 28.04.2016 im Hinblick auf die Unterkunftskosten verwiesen. Der Antragsgegner habe zwischenzeitlich infolge der eingereichten Vermieterbescheinigung einen Bedarf i.H.v. 435,00 Euro für die Unterkunftskosten seit dem 01.12.2015 anerkannt. Im Hinblick auf den Sanktionsbescheid wird vorgetragen, dieser sei mit einer hinreichend konkreten, verständlichen, richtigen und vollständigen Rechtsfolgenbelehrung im Sinne der Rechtsprechung des BSG versehen gewesen. Ein wichtiger Grund für das Versäumnis des Meldetermins sei nicht vorgetragen worden. Eine Verfassungswidrigkeit bei einer 10-Prozent-Sanktion sei nicht ersichtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die vom Antragsgegner vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen. Deren Inhalt war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Der von dem Antragsteller gestellte Antrag zu 1. bedurfte zunächst der Auslegung nach § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog. Der Antragsteller begehrt vorliegend vorläufigen Rechtsschutz gegen den Vollzug des Sanktionsbescheides vom 07.04.2016. Dieses Rechtsschutzziel ist im vorliegenden Fall mit einen Antrag auf Anordnung der aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und erst nach Erhebung der Klage als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Sanktionsbescheid gem. § 86b Abs. Satz 1 Nr. 2 SGG zu verfolgen.
Der nach sachgerechter Auslegung gestellte Antrag zu 1. ist zulässig.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt, keine aufschiebende Wirkung.
Der Antrag zu 1. ist jedoch unbegründet, da der Sanktionsbescheid vom 07.04.2016 offensichtlich rechtmäßig ist.
Das Gericht entscheidet bei einem Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG aufgrund einer Interessenabwägung. Dabei ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu entscheiden, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt oder ob dem entgegenstehenden Interesse des Antragstellers, von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, der Vorrang einzuräumen ist. Regelmäßig werden die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, als erstes Kriterium herangezogen. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der Widerspruch Erfolg haben wird, so kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. Umgekehrt kann der Antragsteller kein schutzwürdiges privates Interesse haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 12e). Zusätzlich sind bei der Abwägung die Vorgaben des Gesetzgebers über das Regel-Ausnahme-Verhältnis zu berücksichtigen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 86b Rn. 12b, 12c).
Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers fällt im vorliegenden Fall zugunsten des öffentlichen Vollzugsinteresses aus, denn der Widerspruch hat mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg, da sich der Sanktionsbescheid nach umfassender Prüfung als offensichtlich rechtmäßig darstellt.
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Sanktionsbescheides liegen vor und eine vorherige Anhörung nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat stattgefunden.
Nach § 32 Satz 1 SGB II mindert sich das Arbeitslosengeld II um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, wenn der Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden, nicht nachkommen. Nach § 32 Satz 2 SGB II gilt dies nicht, wenn der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegt und nachweist. Das Einladungsschreiben vom 17.02.2016 enthält eine schriftliche Rechtsfolgenbelehrung. Diese stellt sich als konkret, verständlich, richtig und vollständig dar. Es findet sich der Hinweis auf die gesetzlich verankerte Verpflichtung zum Erscheinen des Antragstellers, welche bei Nichtbefolgung ohne wichtigen Grund zu einer dreimonatigen Absenkung des Arbeitslosengeldes II um 10 Prozent des Regelbedarfs führt, beginnend mit dem nächsten Monat nach Bekanntgabe eines Sanktionsbescheides. Damit ist dem Antragsteller mitgeteilt worden, weshalb, ab wann und wie lange und in welcher Höhe (Grund, Beginn, Dauer, Höhe) eine Sanktionierung erfolgt. Die Konkretheit der Formulierung scheitert nicht daran, dass zugleich die Paragrafen mitgenannt werden, aus denen sich diese Rechtfolgen ergeben. Der objektive Erklärungswert dieser Rechtsfolgenbelehrung ist unmissverständlich und hat seine Warnfunktion erfüllt. Ein wichtiger Grund wurde weder vorgetragen noch nachgewiesen. Die Höhe des Minderungsbetrages sowie der Minderungszeitraum sind vom Antragsgegner zutreffend festgestellt worden. Gem. § 32 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 31b Abs. 1 SGB II mindert sich das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 10 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs. Die Minderung beginnt mit dem Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsakts folgt, der das Meldeversäumnis und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. Der Minderungszeitraum beträgt gem. § 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II drei Monate. Der Sanktionsbescheid vom 07.04.2016 wurde dem Antragsteller im April bekanntgegeben und damit wirksam, so dass der Minderungszeitraum die Monate Mai, Juni und Juli 2016 umfasst. Die Kammer kann sich den Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit jedweder Sanktion nicht anschließen. So hat bereits das BSG am 29.04.2015 (B 14 AS 19/14 R) entschieden, dass selbst gegen eine 30-Prozent-Sanktion keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Die Verhängung einer 10-Prozent-Sanktion bei unentschuldigtem Versäumnis eines Meldetermins begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal es der Betroffene selbst in der Hand hat, einer Sanktionierung durch Erscheinen zu dem Meldetermin vorzubeugen. Die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ohne jedwede Verpflichtung der Leistungsbezieher zum Erscheinen zu Meldeterminen/Bewerbungen schreiben u.v.m. käme einem bedingungslosen Grundeinkommen gleich, welches der Gesetzgeber so nicht vorgesehen hat und auch in der Verfassung keine Grundlage findet. Der Antrag zu 2. ist zulässig, aber nicht (mehr) begründet. Denn der Antragsgegner hat sofort nach Erhalt der Vermieterbescheinigung die Differenzbeträge mit Bescheid vom 28.04.2016 bewilligt und dem Begehren im Hinblick auf die Unterkunftskosten damit vollumfänglich entsprochen. Damit ist ein Anordnungsanspruch nicht (mehr) ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG (analog). Von einer anteiligen Kostentragungspflicht des Antragsgegners hat die Kammer im Rahmen ihres Ermessens abgesehen, da die Berücksichtigung höherer Unterkunftskosten von der Einreichung der neuen Vermieterbescheinigung abhängig war und dies in der Sphäre des Antragstellers lag.
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 317,64 Euro (3 x 40,40 Euro und 6 x 32,74 Euro) und erreicht damit nicht den erforderlichen Beschwerdewert von mehr als 750,00 Euro. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist daher ausgeschlossen (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG).
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