Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 4 SO 772/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 1151/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine Verfestigung des Aufenthaltsrechts eines EU-Ausländers, die nach der Rechtsprechung des BSG das Ermessen des Sozialhilfeträgers nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII hinsichtlich der Hilfe zum Lebensunterhalt auf Null reduzieren kann, ist nicht gegeben bei länger als sechs Monate und durchgehend bestehender Obdachlosigkeit.
S 4 SO 772/16 ER
Beschluss
Der 2. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat durch Beschluss vom 11.04.2016 für Recht erkannt:
S 4 SO 772/16 ER
Beschluss
Der 2. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat durch Beschluss vom 11.04.2016 für Recht erkannt:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung der beantragten einstweiligen Anordnung im Beschluss des Sozialgerichts F. vom 15. März 2016 wird zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts F. vom 15. März 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die vorläufige Gewährung von Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der Antragsteller ist ungarischer Staatsangehöriger. Er hat nach seinen Angaben gegenüber der Antragsgegnerin Ende Februar 2015 Ungarn gemeinsam mit seiner 1960 geborenen Mutter verlassen und soll sich seither in Deutschland aufhalten. Der Antragsteller ist obdachlos und schläft der Bescheinigung der Obdachloseneinrichtung folgend seit 25. September 2015 in dieser Einrichtung in F ... Der Antragsteller beantragte am 11. Januar 2016 bei der Antragsgegnerin Sozialhilfe. Diese lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 11. Januar 2016 ab. Der Antragsteller sei nämlich leistungsberechtigt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Hiergegen erhob der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch. In diesem Zusammenhang legte er am 12. Februar 2016 bei der Antragsgegnerin einen ausgefüllten Sozialhilfeantrag vor, in dem er als Anschrift die S./Einrichtung "F." der Diakonie in F. mit dem Hinweis "ofW" angab.
Am 26. Februar 2016 hat der Antragsteller sich mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das Sozialgericht F. (SG) gewandt. Er hat angegeben, dass er in der städtischen Not-übernachtung "O." in F. untergebracht sei. Mit einer eidesstattlichen Versicherung bekräftigte er, seit einiger Zeit dort zu übernachten. Mit Schriftsatz vom 11. März 2016 teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit, der Antragsteller sei obdachlos und erscheine ca. einmal wöchentlich bei der Einrichtung "F.".
Mit Beschluss vom 15. März 2016 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsteller habe schon keine schlüssigen Angaben zu seinem Aufenthaltsort in der Bundesrepublik gemacht. Ohne Aufenthalt bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland würden Sozialleistungen von vorneherein ausscheiden. Der Antragsteller sei ungarischer Staatsangehörigkeit und suche offenbar derzeit keine Arbeit. Es sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage ein Aufenthaltsrecht in Deutschland fußen solle. Es sei ebenfalls nicht nachvollziehbar, zu welchem Zweck sich der Antragsteller in Deutschland aufhalte. Er habe auch keine glaubhaften Angaben dazu machen können, wo er derzeit seine Unterkunft bezogen habe. Eine Mobilität des Antragstellers scheine gegeben. Schließlich habe er Ende Februar 2015 über die Mittel und die Möglichkeit verfügt, gemeinsam mit seiner Mutter direkt von Ungarn nach Deutschland zu reisen. Es sei nicht in der gebotenen Weise glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller sich überhaupt im Bundesgebiet aufhalte.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss hat dieser für den Antragsteller schriftlich am 26. März 2016 beim Landessozialgericht Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, dass SG habe den Antrag nur mit der Begründung abgelehnt, der Aufenthaltsort des Antragstellers sei nicht glaubhaft gemacht, weil er im Antrag die Einrichtung "F." der Diakonie F. genannt habe, im Eilantrag jedoch angegeben habe, in der Einrichtung "O." in F. zu schlafen. Dies - so das SG - sei widersprüchlich. Es erschließe sich diese Auffassung des SG nicht. Bei der Einrichtung "F. der Diakonie handele es sich um eine Tageseinrichtung für wohnungslose Menschen. Warum das SG einer Bescheinigung der Obdachloseneinrichtung "O." nicht glaube, welche die ununterbrochene Unterbringung des Antragstellers seit 25. September 2015 bestätige, sei unerklärlich. Aus dem Umstand, dass der Antragsteller Ende Februar 2015 in der Lage gewesen sei, von Ungarn nach Deutschland zu reisen, schließe das SG darauf, dass über ein Jahr später ausreichend Mittel vorhanden sein müssten, mit denen er seinen Lebensunterhalt decken könne. Das SG überschätze offensichtlich die Kosten der Reise von Ungarn nach Deutschland ganz erheblich.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts F. vom 15. März 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab dem 26. Februar 2016 bis zum 30. Juni 2016 - längstens bis zur Bestandskraft des Bescheids vom 11. Januar 2016 - Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII einstweilen zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den Beschluss des SG vom 15. März 2016 für zutreffend.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch im Sinne der vorläufigen Zahlung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII nicht glaubhaft gemacht.
Als mögliche materiell rechtliche Anspruchsgrundlage ist diesbezüglich für den Antragsteller § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in Betracht zu ziehen.
Diesbezüglich ist zunächst davon auszugehen, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat. Denn unabhängig davon, ob eine Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 9 SGB II besteht, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland gegeben ist (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und von der Erfüllung der Altersgrenze des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II sowie der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 8 SGB II, ist er von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf Grund von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II ausgeschlossen. Danach sind von den genannten Leistungen ausgenommen 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts und 2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt und ihre Familienangehörigen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II unterfällt der Antragsteller nicht einer Ausnahme von der Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Er hat sich mit Blick auf den fraglichen Zeitpunkt, ab dem Sozialleistungen begehrt werden, nämlich 26. Februar 2016, seine diesbezüglichen Angaben unterstellt bereits mehr als drei Monate in Deutschland aufgehalten; er will Ende Februar 2015 nach Deutschland eingereist sein. Sein Aufenthaltsrecht ergibt sich auch nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Der Antragsteller hat nicht einmal behauptet bzw. es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass maßgeblicher Zweck seiner Einreise nach Deutschland Ende Februar 2015 die Absicht zur Aufnahme einer Beschäftigung gewesen wäre, die er hätte suchen müssen. Im Sozialhilfeantrag vom 12. Februar 2016 hat er keine Angaben zu bestehenden oder früheren Beschäftigungsverhältnissen gemacht. Für den hier streitigen Zeitraum ab 26. Februar 2016 würde aber auch hieraus kein materielles Aufenthaltsrecht mehr folgen. Der Begriff der "Arbeitssuche" ist im vorliegenden Kontext freizügigkeitsrechtlich geprägt (vgl. hierzu Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R -, veröffentlicht in juris). Danach ist arbeitssuchend der, der nachweisen kann, dass er weiterhin Arbeit sucht und eine begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden. In § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a FreizügG/EU ist geregelt, dass freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger sind, die sich zur Arbeitssuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Der Antragsteller hat im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht einmal behauptet, auf der Suche nach Arbeit zu sein geschweige denn, dass er eine begründete Aussicht hätte, von einem Arbeitgeber eingestellt zu werden.
Der Antragsteller ist jedoch, auch wenn er nicht den ausdrücklich normierten Ausnahmen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II unterfällt, gleichwohl von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Denn er verfügt über keine materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des FreizügG/EU oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht. Damit unterfällt er "erst-recht" dem Leistungsausschuss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II (vgl. dazu BSG, a.a.O.). Insbesondere kann er sich nicht auf ein von einer vormaligen Arbeitnehmertätigkeit abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU berufen; es gibt keine Anhaltspunkte dafür und es ist auch vom Antragsteller nicht behauptet, dass er seit seiner - unterstellten - Einreise Ende Februar 2015 in Deutschland gearbeitet hat. Im Sozialhilfeantrag vom 12. Februar 2016 hat er keine Angaben zu bestehenden oder früheren Beschäftigungsverhältnissen gemacht.
Nach Maßgabe der jüngsten Rechtsprechung des 4. und 14. Senats des BSG (vgl. BSG, a.a.O.; Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 15/15 R -) könnten für den Antragsteller jedoch Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in Betracht kommen.
Dabei kann offenbleiben, ob der Antragsteller leistungsberechtigt im Sinne des Sozialhilferechts ist, weil er ab 26. Februar 2016 seinen Lebensunterhalt nicht im Sinne des § 19 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 27 Abs. 1 SGB XII aus eigenen Kräften und Mitteln decken konnte und kann. Weiterhin steht zunächst einem Rechtsanspruch des Antragstellers auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ein Ausschluss auf Grund der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII entgegen. Dabei spricht schon viel dafür, dass der Antragsteller im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 des SGB XII eingereist ist, um Sozialhilfe zu erlangen. Denn der Antragsteller ist, seit er in die Bundesrepublik Deutschland Ende Februar 2015 eingereist sein will, nie einer Beschäftigung nachgegangen; er hat nicht einmal nach einer Beschäftigung gesucht. Letztlich kann aber der Senat offenlassen, ob insoweit ein finaler Zusammenhang zwischen Einreise und Sozialhilfebezug gegeben ist, denn ebenso wie oben zum Leistungsausschluss im SGB II dargelegt, sind auch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nicht freizügigkeits- und aufenthaltsberechtigte Ausländer von den existenzsichernden Leistungen der Sozialhilfe ausgenommen (vgl. BSG, a.a.O.). Dies ist beim Antragsteller - wie oben ausgeführt - der Fall. Rechtsfolge des Ausschlusses nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ist, dass trotz des tatsächlichen Aufenthalts im Inland kein Rechtsanspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII besteht. Allerdings hat das BSG entschieden, (vgl. BSG, a.a.O.) dass in einem solchen Fall des Ausschlusses nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII Leistungen der Sozialhilfe gewährt werden können, wenn dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Dem unter diese Norm fallenden Personenkreis sollen aber grundsätzlich nur nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Leistungen der Sozialhilfe erbracht werden können, aber eben auch solche Leistungen, die nach Satz 1 des § 23 Abs. 1 SGB XII vom Rechtsanspruch ausgenommen worden sind, soweit im Einzelfall geboten. Das grundsätzlich gegebene Ermessen des Sozialhilfeträgers nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII ist aber dann nach Auffassung des BSG regelmäßig auf Null reduziert, wenn sich das Aufenthaltsrecht des ausgeschlossenen Ausländers verfestigt hat, regelmäßig ab einem sechsmonatigen Aufenthalt in Deutschland. Ob vorliegend von einem solchen Sachverhalt auszugehen ist, bei dem das BSG regelmäßig eine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ob also zu Gunsten des Antragstellers als glaubhaft gemacht gelten kann, dass er sich mit Blick auf den 26. Februar 2016, ab dem er Leistungen der Sozialhilfe begehrt, sich schon länger als sechs Monate in Deutschland aufgehalten hat, kann der Senat jedoch offenlassen. Denn vorliegend ist ausnahmsweise von einer Ermessensreduzierung deshalb abzusehen, weil die tatsächlichen Lebensumstände des Antragstellers nicht darauf schließen lassen, dass sein Aufenthalt im Inland auf Dauer angelegt ist. Diese tatsächlichen Lebensumstände sieht der Senat in der - seit der behaupteten Einreise nach Deutschland Ende Februar 2015 - wenigstens seit Juni 2015 durchgehend gegebenen Obdachlosigkeit des Antragstellers. In einem Zeitraum von nunmehr über neun Monaten hat der Antragsteller keine Anstalten unternommen, durch einen festen Wohnsitz seinen Willen zum Ausdruck zu bringen, dauerhaft in Deutschland verweilen zu wollen. Es bestehen auch keine Umstände beim Antragsteller, die einer baldigen Ausreise längerfristig entgegenstünden. Bei einer solchen Fallgestaltung geht der Senat davon aus, dass ein "Rechtsanspruch" des Antragstellers gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auf Leistungen der Sozialhilfe nicht besteht.
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war mangels Erfolgsaussicht deshalb nicht zu gewähren (§ 73 a SGG i.V.m. § 114 Abs. 1, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Aus den gleichen Gründen war auch die Beschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG bzw. § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die vorläufige Gewährung von Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der Antragsteller ist ungarischer Staatsangehöriger. Er hat nach seinen Angaben gegenüber der Antragsgegnerin Ende Februar 2015 Ungarn gemeinsam mit seiner 1960 geborenen Mutter verlassen und soll sich seither in Deutschland aufhalten. Der Antragsteller ist obdachlos und schläft der Bescheinigung der Obdachloseneinrichtung folgend seit 25. September 2015 in dieser Einrichtung in F ... Der Antragsteller beantragte am 11. Januar 2016 bei der Antragsgegnerin Sozialhilfe. Diese lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 11. Januar 2016 ab. Der Antragsteller sei nämlich leistungsberechtigt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Hiergegen erhob der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch. In diesem Zusammenhang legte er am 12. Februar 2016 bei der Antragsgegnerin einen ausgefüllten Sozialhilfeantrag vor, in dem er als Anschrift die S./Einrichtung "F." der Diakonie in F. mit dem Hinweis "ofW" angab.
Am 26. Februar 2016 hat der Antragsteller sich mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das Sozialgericht F. (SG) gewandt. Er hat angegeben, dass er in der städtischen Not-übernachtung "O." in F. untergebracht sei. Mit einer eidesstattlichen Versicherung bekräftigte er, seit einiger Zeit dort zu übernachten. Mit Schriftsatz vom 11. März 2016 teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit, der Antragsteller sei obdachlos und erscheine ca. einmal wöchentlich bei der Einrichtung "F.".
Mit Beschluss vom 15. März 2016 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsteller habe schon keine schlüssigen Angaben zu seinem Aufenthaltsort in der Bundesrepublik gemacht. Ohne Aufenthalt bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland würden Sozialleistungen von vorneherein ausscheiden. Der Antragsteller sei ungarischer Staatsangehörigkeit und suche offenbar derzeit keine Arbeit. Es sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage ein Aufenthaltsrecht in Deutschland fußen solle. Es sei ebenfalls nicht nachvollziehbar, zu welchem Zweck sich der Antragsteller in Deutschland aufhalte. Er habe auch keine glaubhaften Angaben dazu machen können, wo er derzeit seine Unterkunft bezogen habe. Eine Mobilität des Antragstellers scheine gegeben. Schließlich habe er Ende Februar 2015 über die Mittel und die Möglichkeit verfügt, gemeinsam mit seiner Mutter direkt von Ungarn nach Deutschland zu reisen. Es sei nicht in der gebotenen Weise glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller sich überhaupt im Bundesgebiet aufhalte.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss hat dieser für den Antragsteller schriftlich am 26. März 2016 beim Landessozialgericht Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, dass SG habe den Antrag nur mit der Begründung abgelehnt, der Aufenthaltsort des Antragstellers sei nicht glaubhaft gemacht, weil er im Antrag die Einrichtung "F." der Diakonie F. genannt habe, im Eilantrag jedoch angegeben habe, in der Einrichtung "O." in F. zu schlafen. Dies - so das SG - sei widersprüchlich. Es erschließe sich diese Auffassung des SG nicht. Bei der Einrichtung "F. der Diakonie handele es sich um eine Tageseinrichtung für wohnungslose Menschen. Warum das SG einer Bescheinigung der Obdachloseneinrichtung "O." nicht glaube, welche die ununterbrochene Unterbringung des Antragstellers seit 25. September 2015 bestätige, sei unerklärlich. Aus dem Umstand, dass der Antragsteller Ende Februar 2015 in der Lage gewesen sei, von Ungarn nach Deutschland zu reisen, schließe das SG darauf, dass über ein Jahr später ausreichend Mittel vorhanden sein müssten, mit denen er seinen Lebensunterhalt decken könne. Das SG überschätze offensichtlich die Kosten der Reise von Ungarn nach Deutschland ganz erheblich.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts F. vom 15. März 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab dem 26. Februar 2016 bis zum 30. Juni 2016 - längstens bis zur Bestandskraft des Bescheids vom 11. Januar 2016 - Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII einstweilen zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den Beschluss des SG vom 15. März 2016 für zutreffend.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch im Sinne der vorläufigen Zahlung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII nicht glaubhaft gemacht.
Als mögliche materiell rechtliche Anspruchsgrundlage ist diesbezüglich für den Antragsteller § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in Betracht zu ziehen.
Diesbezüglich ist zunächst davon auszugehen, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat. Denn unabhängig davon, ob eine Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 9 SGB II besteht, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland gegeben ist (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und von der Erfüllung der Altersgrenze des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II sowie der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 8 SGB II, ist er von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf Grund von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II ausgeschlossen. Danach sind von den genannten Leistungen ausgenommen 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts und 2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt und ihre Familienangehörigen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II unterfällt der Antragsteller nicht einer Ausnahme von der Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Er hat sich mit Blick auf den fraglichen Zeitpunkt, ab dem Sozialleistungen begehrt werden, nämlich 26. Februar 2016, seine diesbezüglichen Angaben unterstellt bereits mehr als drei Monate in Deutschland aufgehalten; er will Ende Februar 2015 nach Deutschland eingereist sein. Sein Aufenthaltsrecht ergibt sich auch nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Der Antragsteller hat nicht einmal behauptet bzw. es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass maßgeblicher Zweck seiner Einreise nach Deutschland Ende Februar 2015 die Absicht zur Aufnahme einer Beschäftigung gewesen wäre, die er hätte suchen müssen. Im Sozialhilfeantrag vom 12. Februar 2016 hat er keine Angaben zu bestehenden oder früheren Beschäftigungsverhältnissen gemacht. Für den hier streitigen Zeitraum ab 26. Februar 2016 würde aber auch hieraus kein materielles Aufenthaltsrecht mehr folgen. Der Begriff der "Arbeitssuche" ist im vorliegenden Kontext freizügigkeitsrechtlich geprägt (vgl. hierzu Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R -, veröffentlicht in juris). Danach ist arbeitssuchend der, der nachweisen kann, dass er weiterhin Arbeit sucht und eine begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden. In § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a FreizügG/EU ist geregelt, dass freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger sind, die sich zur Arbeitssuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Der Antragsteller hat im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht einmal behauptet, auf der Suche nach Arbeit zu sein geschweige denn, dass er eine begründete Aussicht hätte, von einem Arbeitgeber eingestellt zu werden.
Der Antragsteller ist jedoch, auch wenn er nicht den ausdrücklich normierten Ausnahmen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II unterfällt, gleichwohl von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Denn er verfügt über keine materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des FreizügG/EU oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht. Damit unterfällt er "erst-recht" dem Leistungsausschuss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II (vgl. dazu BSG, a.a.O.). Insbesondere kann er sich nicht auf ein von einer vormaligen Arbeitnehmertätigkeit abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU berufen; es gibt keine Anhaltspunkte dafür und es ist auch vom Antragsteller nicht behauptet, dass er seit seiner - unterstellten - Einreise Ende Februar 2015 in Deutschland gearbeitet hat. Im Sozialhilfeantrag vom 12. Februar 2016 hat er keine Angaben zu bestehenden oder früheren Beschäftigungsverhältnissen gemacht.
Nach Maßgabe der jüngsten Rechtsprechung des 4. und 14. Senats des BSG (vgl. BSG, a.a.O.; Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 15/15 R -) könnten für den Antragsteller jedoch Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in Betracht kommen.
Dabei kann offenbleiben, ob der Antragsteller leistungsberechtigt im Sinne des Sozialhilferechts ist, weil er ab 26. Februar 2016 seinen Lebensunterhalt nicht im Sinne des § 19 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 27 Abs. 1 SGB XII aus eigenen Kräften und Mitteln decken konnte und kann. Weiterhin steht zunächst einem Rechtsanspruch des Antragstellers auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ein Ausschluss auf Grund der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII entgegen. Dabei spricht schon viel dafür, dass der Antragsteller im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 des SGB XII eingereist ist, um Sozialhilfe zu erlangen. Denn der Antragsteller ist, seit er in die Bundesrepublik Deutschland Ende Februar 2015 eingereist sein will, nie einer Beschäftigung nachgegangen; er hat nicht einmal nach einer Beschäftigung gesucht. Letztlich kann aber der Senat offenlassen, ob insoweit ein finaler Zusammenhang zwischen Einreise und Sozialhilfebezug gegeben ist, denn ebenso wie oben zum Leistungsausschluss im SGB II dargelegt, sind auch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nicht freizügigkeits- und aufenthaltsberechtigte Ausländer von den existenzsichernden Leistungen der Sozialhilfe ausgenommen (vgl. BSG, a.a.O.). Dies ist beim Antragsteller - wie oben ausgeführt - der Fall. Rechtsfolge des Ausschlusses nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ist, dass trotz des tatsächlichen Aufenthalts im Inland kein Rechtsanspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII besteht. Allerdings hat das BSG entschieden, (vgl. BSG, a.a.O.) dass in einem solchen Fall des Ausschlusses nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII Leistungen der Sozialhilfe gewährt werden können, wenn dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Dem unter diese Norm fallenden Personenkreis sollen aber grundsätzlich nur nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Leistungen der Sozialhilfe erbracht werden können, aber eben auch solche Leistungen, die nach Satz 1 des § 23 Abs. 1 SGB XII vom Rechtsanspruch ausgenommen worden sind, soweit im Einzelfall geboten. Das grundsätzlich gegebene Ermessen des Sozialhilfeträgers nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII ist aber dann nach Auffassung des BSG regelmäßig auf Null reduziert, wenn sich das Aufenthaltsrecht des ausgeschlossenen Ausländers verfestigt hat, regelmäßig ab einem sechsmonatigen Aufenthalt in Deutschland. Ob vorliegend von einem solchen Sachverhalt auszugehen ist, bei dem das BSG regelmäßig eine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ob also zu Gunsten des Antragstellers als glaubhaft gemacht gelten kann, dass er sich mit Blick auf den 26. Februar 2016, ab dem er Leistungen der Sozialhilfe begehrt, sich schon länger als sechs Monate in Deutschland aufgehalten hat, kann der Senat jedoch offenlassen. Denn vorliegend ist ausnahmsweise von einer Ermessensreduzierung deshalb abzusehen, weil die tatsächlichen Lebensumstände des Antragstellers nicht darauf schließen lassen, dass sein Aufenthalt im Inland auf Dauer angelegt ist. Diese tatsächlichen Lebensumstände sieht der Senat in der - seit der behaupteten Einreise nach Deutschland Ende Februar 2015 - wenigstens seit Juni 2015 durchgehend gegebenen Obdachlosigkeit des Antragstellers. In einem Zeitraum von nunmehr über neun Monaten hat der Antragsteller keine Anstalten unternommen, durch einen festen Wohnsitz seinen Willen zum Ausdruck zu bringen, dauerhaft in Deutschland verweilen zu wollen. Es bestehen auch keine Umstände beim Antragsteller, die einer baldigen Ausreise längerfristig entgegenstünden. Bei einer solchen Fallgestaltung geht der Senat davon aus, dass ein "Rechtsanspruch" des Antragstellers gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auf Leistungen der Sozialhilfe nicht besteht.
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war mangels Erfolgsaussicht deshalb nicht zu gewähren (§ 73 a SGG i.V.m. § 114 Abs. 1, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Aus den gleichen Gründen war auch die Beschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG bzw. § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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