Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 20 AS 59/13
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 4 AS 1310/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 18/16 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V beinhaltet eine Ermächtigung für den Leistungsträger, nach pflichtgemäßem Ermessen eine endgültige Leistungsfestsetzung nach § 328 SGB III iVm § 40 SGB II abweichend vom Zuflussprinzip auf der Basis eines tatsächlichen Durchschnittseinkommens vorzunehmen (Anschluss an Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Oktober 2012 – L 12 AS 691/11).
Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Juni 2015 und der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über die endgültige Höhe der den Klägern für die Monate Mai 2012 und August 2012 zu gewährenden Grundsicherungsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der den Klägern für die Monate Mai 2012 und August 2012 endgültig zu bewilligenden Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozi-algesetzbuch (SGB II).
Die 1952 geborene Klägerin zu 1 und der 1952 geborene Kläger zu 2 sind verheiratet. Im streitigen Zeitraum bewohnten sie eine Wohnung in der in , für die eine monatliche Gesamtmiete von 339,55 Euro (Kaltmiete 216 Euro, Betriebskostenvorauszahlung 55,35 Euro, Heizkostenvorauszahlung 63,20 Euro, Stellplatz 5 Euro) zu entrichten war.
Die Klägerin zu 1 geht einer geringfügigen Beschäftigung bei der M. OHG und der Kläger zu 2 einer geringfügigen Beschäftigung bei der & AG nach. Beide erzielen aus ihrer Tätigkeit Einkommen in monatlich schwankender Höhe, welches jeweils im Folgemonat zur Auszahlung gelangt. Der Kläger zu 2 entrichtete von seinem Einkommen freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, die Klägerin zu 1 nicht.
Ergänzend stehen die Kläger im fortlaufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen beim Beklagten. Mit Bescheid vom 1. Februar 2012 wurden Ihnen Leistungen für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von 846,59 Euro monatlich bewilligt. Der Bescheid erging bis zur Klärung der tatsächlichen Einkommensverhältnisse vorläufig. Im Rahmen der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte für die Kläger einen Gesamtbedarf von 1.008,56 Euro (Regelleistung in Höhe von jeweils 337 Euro sowie insgesamt 334,55 Euro Unterkunftskosten). Als Einkommen berücksichtigte er unter Zugrundelegung der ihm vorlie-genden Einkommensbescheinigungen der Monate Juli 2011 bis Dezember 2011 bei der Klägerin zu 1 ein hieraus ermitteltes Durchschnittseinkommen von 143,78 Euro, von dem er 35,02 Euro zur Anrechnung brachte. Für den Kläger zu 2 ermittelte er bei gleicher Berechnungsweise ein Durchschnittseinkommen von 258,67 Euro, von dem 126,94 Euro einkommensmindernd berücksichtigt wurden. Auf den Widerspruch der Kläger erließ der Beklagte am 2. März 2012 einen Änderungsbescheid, mit dem nunmehr unter Berücksichtigung der Rundungsvorschrift (§ 41 SGB II a. F.) für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 um 0,01 Euro erhöhte, vorläufige Leistungen in Höhe von 846,60 Euro monatlich bewilligt wurden. Den gegen diesen Änderungsbescheid erneut eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit bestandskräftig gewordenen Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2012 zurück.
Nach den von den Klägern im Folgenden eingereichten Lohnbescheinigungen erzielten sie im Bewilligungszeitraum folgendes Einkommen:
Klägerin zu 1 Kläger zu 2
brutto = netto brutto netto
Februar 2012 147,25 Euro 235,55 Euro 224,71 Euro März 2012 132,68 Euro 258,05 Euro 246,18 Euro April 2012 140,05 Euro 168,70 Euro 160,94 Euro Mai 2012 130,72 Euro 241,75 Euro 230,63 Euro Juni 2012 137,64 Euro 240,00 Euro 228,96 Euro Juli 2012 143,84 Euro 214,80 Euro 204,92 Euro
Auf Grundlage dieser Einkommensnachweise errechnete der Beklagte für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 für die Klägerin zu 1 ein monatliches Durchschnittseinkommen in Höhe von 138,70 Euro und für den Kläger zu 2 in Höhe von 226,48 Euro brutto/216,06 Euro netto.
Mit Bescheid vom 4. September 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern nunmehr für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 Leistungen in Höhe von 886,84 Euro monatlich. Der Bescheid ist überschrieben mit "Änderung zum Bescheid vom 02.03.2012 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts." Nachfolgend wird darauf verwiesen, dass als Änderung das tatsächliche Durchschnittseinkommen der Kläger aus den Tätigkeiten bei der M. OHG und der & AG berücksichtigt wurde. Im Rahmen der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte nun bei gleich bleibendem Gesamtbedarf von 1.008,56 Euro ein monatlich anrechenbares Einkommen für die Klägerin zu 1 in Höhe von 30,96 Euro für den Kläger zu 2 in Höhe von 90,76 Euro. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbe-scheid vom 4. Dezember 2012 als unbegründet zurück.
Mit ihrer am 2. Januar 2013 zum Sozialgericht Gotha erhobenen Klage begehren die Kläger unter Berücksichtigung des tatsächlich in den einzelnen Monaten des Bewilligungsabschnittes zur Auszahlung gelangten Erwerbseinkommens weitere Leistungen für den Monat Mai 2012 in Höhe von 42,48 Euro und für den Monat August 2012 in Höhe von 4,69 Euro. Sie sind der Ansicht, der Beklagte habe das in Anwendung von § 11 SGB II zu berücksichtigende Zuflussprinzip, als eines der tragenden Grundsätze im SGB II, missachtet. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für die von ihm vorgenommene Berechnungsweise auf Basis eines Durchschnittseinkommens. Eine solche ergebe sich im Besonderen nicht aus § 2 Abs. 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-V). Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Einkommensberechnung auf Grundlage eines monatlichen Durchschnittseinkommens sei rechtmäßig. § 2 Abs. 3 ALG II-V enthalte auch für die endgültige Festsetzung eine ergänzende, insbesondere der Verwaltungsvereinfachung dienende Sonderregelung. Ergänzend hat der Beklagte auf die ihm zur Verfügung stehende Arbeitshilfe der Bundesagentur für Arbeit "Vorläufige Bewilligung bei Anrechnung von Durchschnittseinkommen" verwiesen.
Das Sozialgericht Gotha hat der Klage mit Urteil vom 12. Juni 2015 vollumfänglich stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Klägern für den Monat Mai 2012 weitere Leistungen in Höhe von 42,48 Euro und für den Monat August 2012 in Höhe von 4,69 Euro zu gewähren. Für das Vorgehen des Beklagten, bei der endgültigen Leistungsfestsetzung aus dem tatsächlich erzielten Einkommen ein Durchschnittseinkommen aus Brutto- und Nettoeinkommen zu bilden und dieses nach Bereinigung in gleichen monatlichen Beträgen auf den Bedarf anzurechnen, bestehe keine hinreichende Rechtsgrundlage. Es gelte das sich aus § 11 Abs. 2 SGB II ergebende Monatsprinzip. § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V betreffe vom Anwendungsbereich her nur Bewilligungen für die Zukunft, könne aber keine Anwendung finden, wenn monatlich schwankendes Einkommen bereits feststehe. § 2 Abs. 3 Satz 2 ALG II-V regele nur, wie ein Durchschnittseinkommen gebildet werden soll, nicht aber in welchen Fällen dies möglich sein soll. § 2 Abs. 3 Satz 3 ALG II V erlaube die abschließende Leistungsbewilligung unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens nur für den dort geregelten Sonderfall. Die Zulassung der Berufung ist im Urteil nicht erfolgt. Auf die Beschwerde des Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 2. Oktober 2015 zugelassen (L 4 AS 886/15 NZB).
Zur Berufungsbegründung hat sich der Beklagte sich im Wesentlichen auf seinen erstinstanz-lichen Vortrag gestützt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Juni 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, keine Bedenken hinsichtlich der Berechnung der Unterkunftskosten zu haben.
Wegen der weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft, denn der Senat hat die Berufung auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten (§ 144 Abs. 2 SGG) mit Beschluss vom 2. Oktober 2015 zugelassen (Az. L 4 AS 886/15 NZB).
Die Berufung ist teilweise begründet; das erstinstanzliche Urteil ist aufzuheben, die Klage ist jedoch nicht vollständig abzuweisen, denn die Kläger haben aufgrund des dem Beklagten nach § 2 Abs. 3 ALG II-V eingeräumten Ermessens einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie abschließende Entscheidung (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I) über ihre Leistungsansprüche nach dem SGB II für die streitgegenständlichen Monate. Da sich der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 aufgrund fehlender Er-messensausübung als rechtwidrig erweist, ist er – soweit er mit der Klage angegriffen wird – aufzuheben und der Beklagte zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu verpflichten. Soweit die Klage darüber hinausgehend auf höhere Leistungen gerichtet ist, ist sie abzuweisen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012, mit dem der Beklagte für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 eine endgültige Leistungsfestsetzung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 328 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorgenommen hat. Die vorläufige Festsetzung der Leistungshöhe im Bescheid vom 1. Februar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2012 hat sich auf sonstige Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X durch den Erlass des Bescheides vom 4. September 2012 erledigt (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013 - B 14 AS 1/13 R). Der endgültige Bescheid hat den vorläufigen Bescheid ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 R, Rn. 13; Senatsurteil vom 20. Mai 2015 - L 4 AS 285/12, Rn. 38, juris).
Soweit der Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid über den gesamten Bewilligungsabschnitt vom 1. März 2012 bis 31. August 2012 entschieden hat, haben die Kläger ihr Klagebegehren rechtlich zulässig auf die Monate Mai 2012 und August 2012 beschränkt. Die Klage ist als verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage bzw. Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) zulässig und statthaft.
Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, als es den Beklagten entsprechend dem klägerseitigen Antrag zur Gewährung weiterer Leistungen für die klagegegenständlichen Monate Mai 2012 und August 2012 verurteilt hat. Bei dem angefochtenen Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 handelt es sich um eine abschließende Leistungsbewilligung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 3 SGB III (siehe a). Die Kläger haben indes keinen Rechtsanspruch auf die vom SG zuerkannten höheren Leistungen, denn es stand im Ermessen des Beklagten, die Leistungshöhe bei der abschließenden Entscheidung auf der Basis des tatsächlich erzielten Durchschnittseinkommens zu bemessen (siehe b). Da der Beklagte von dem ihm eingeräumten Ermessen indes keinen Gebrauch gemacht hat, erweist sich der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 als fehlerhaft und verletzt die Kläger hierdurch in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1 SGG) (siehe c).
a) Obgleich der Bescheid vom 4. September 2012 im Betreff mit "Änderung zum Bescheid vom 02.03.2012 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" überschrieben ist, ergeben sich für den Senat zunächst keine Zweifel daran, dass der Beklagte eine abschließende Leistungsfestsetzung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 3 SGB III vorgenommen hat. Hinsichtlich der eingetretenen "Änderungen" wird ausdrücklich auf das tatsächlich erzielte Durchschnittseinkommen beider Kläger im Bewilligungsabschnitt hingewiesen. Anders als der vorhergehende Bescheid vom 2. März 2012 enthält der Bescheid vom 4. September 2012 auch keinen Vorläufigkeitsvermerk mehr, so dass insgesamt im Wege der Auslegung hinreichend deutlich wird, dass eine endgültige Leistungsfestsetzung ergangen ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, juris).
b) Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen sind die §§ 19 ff SGB II in Verbindung mit § 7 SGB II (in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung). Danach erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II, wenn sie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllen. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Die Kläger erfüllen die grundsätzlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II. Beide im Jahr 1952 geborene Kläger waren in den hier streitbefangenen Monaten erwerbsfähig und hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 oder 5 SGB II lag nicht vor. Mangels ausreichenden Einkommens und Vermögens waren sie auch hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 SGB II. Bei Personen, die – wie hier die Kläger – in einer Be-darfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berück-sichtigen; ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln bedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 SGB II).
Ausgehend hiervon hat der Beklagte den Bedarf der Kläger für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 zutreffend ermittelt. Für die eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II bildenden Eheleute ist nach § 20 Abs. 4 SGB II ein Regelbedarf in Höhe von 337 Euro pro Person zu berücksichtigen. Zuzüglich der nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erstattungsfähigen Kosten für die im streitigen Zeitraum bewohnte Unterkunft in der Schützenallee 40 in 99867 Gotha in Höhe von insgesamt 334,55 Euro errechnet sich ein monatlicher Gesamtbedarf von 1.008,55 Euro. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Vortrag der Beteiligten ergaben sich Anhaltspunkte für weitergehende Bedarfe.
Es stand indes - anders als das SG und die Kläger meinen - nach § 2 Absatz 3 ALG II-V (in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung) im Ermessen des Beklagten, bei der abschließenden Entscheidung auf den Bedarf das tatsächlich erzielte Durchschnittseinkommen der Kläger aus ihren geringfügigen Beschäftigungen bei der M. OHG bzw. & AG anzurechnen. § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V beinhaltet eine Ermächtigung für den Leistungsträger, nach pflicht-gemäßem Ermessen eine endgültige Leistungsfestsetzung nach § 328 SGB III iVm § 40 SGB II abweichend vom Zuflussprinzip auf der Basis eines tatsächlichen Durchschnittseinkommens vorzunehmen (in diesem Sinne LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Oktober 2012 - L 12 AS 691/11; eine Anwendung von § 2 Abs. 3 ALG II-V auf Fälle der endgültigen Festsetzung bejahend: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Januar 2013 – L 5 AS 487/10 ohne ausführliche Begründung; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Oktober 2012 – L 12 AS 691/11; SG Dortmund, Urteil vom 13. Juli 2015 – S 31 AS 3733/13; SG Halle, Urteil vom 3. Dezember 2014 – S 24 AS 846/13, juris; ablehnend SG Nordhausen, Urteil vom 12. September 2013 – S 22 AS 7699/11; SG Leipzig, Urteil vom 5. Februar 2015 – S 18 AS 2159/11; SG Berlin, Urteil vom 23. März 2015 – S 197 AS 355/15, juris; demgegenüber beschränken sich die einschlägigen Kommentierungen vielfach auf die Wiedergabe der Vorschrift, ohne auf die hier entscheidungserhebliche Frage näher einzugehen: vgl. Mecke in Eicher, SGB II Kommentar, 3. Auflage 2013, § 13 Rn. 41; Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII Kommentar, Stand 76. EL 1. Oktober 2015, § 11 Rn. 74 ff; Geiger in LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 11 Rn. 48; z.T. bejahend, im Wesentlichen unter Verweis auf die Begründung des Verordnungsgebers Hengelhaupt in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch Gesamtkommentar, Stand: Ergänzungslieferung 07/2015, § 13 Rn. 167; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Auflage 2015 § 11 Rn. 66; Hohm/Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand März 2010, VI-§ 13/Alg II-V 2008 Rn. 60). Das hier gewonnene Verständnis der Norm ergibt sich aus dem Wortlaut (siehe aa), der Systematik (siehe bb) und der historischen (siehe cc) und teleologischen (siehe dd) Auslegung. Diese Regelung wird auch von der Ermächtigungsgrundlage des § 13 SGB II gedeckt (siehe ee).
Grundsätzlich sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung) sind laufende Einnahmen – wie hier das monatliche Einkommen aus nichtselbständiger Beschäftigung – für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Diese Regelung entspricht § 2 Abs. 2 der ALG II-V in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung und schreibt die Geltung des sog. Zuflussprinzips gesetzlich fest (vgl. Schmidt in Eicher, SGB II Kommentar, 3. Auflage 2013, § 11 Rn. 30). Gleichzeitig wird der Verteilzeitraum laufender Einnahmen bestimmt, nämlich unabhängig von der Lage des Tages des Zuflusses auf den Kalendermonat, um sicher zu stellen, dass Einnahmen in dem Zeitraum Berücksichtigung finden, für den die Leistungen gewährt werden (§ 41 Abs. 1 Satz 1, 4 SGB II). Im Grundsatz geht das SGB II in Verbindung mit der ALG II-V somit vom Monatsprinzip aus, d. h. Einnahmen und Bedarfe sind jeweils monatsweise gegenüberzustellen (Becker in Kommentar zum Sozialrecht, 4. Auflag 2015, § 11 Rn. 26; vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 26/07 R, juris).
Für die Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit sieht der auf Grundlage von § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ergangene § 2 ALG II-V (hier anzuwenden in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung) eine abweichende Regelung vor. § 2 Abs. 3 ALG II- V enthält eine Sonderregelung für laufende Einnahmen aus nichtselbständiger Beschäftigung, die in unterschiedlicher Höhe zufließen. Danach kann als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt werden, wenn bei laufenden Einnahmen im Bewilligungszeitraum zu erwarten ist, dass diese in unterschiedlicher Höhe zufließen (Satz 1). Als monatliches Durchschnittseinkommen ist für jeden Monat im Bewilligungszeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt (Satz 2). Soweit über die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II vorläufig entschieden wurde, ist das bei der vorläufigen Entscheidung berücksichtigte monatliche Durchschnittseinkommen bei der abschließenden Entscheidung als Einkommen zu Grunde zu legen, wenn das tatsächliche monatliche Durchschnittseinkommen das bei der vorläufigen Entscheidung zugrunde gelegt monatliche Durchschnittseinkommen um nicht mehr als 20 Euro übersteigt.
aa) Der Wortlaut der Vorschrift ist in Bezug auf die Frage, ob sich hieraus eine Ermächtigung des Leistungsträgers für eine endgültige Leistungsfestsetzung auf Basis eines tatsächlichen Durchschnittseinkommens ergibt, unklar, widerspricht der hier gewonnenen Auslegung indes nicht. § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V benennt als Anwendungsbereich wörtlich die Fälle, in denen "zu erwarten" ist, dass laufende Einnahmen im Bewilligungszeitraum in unterschiedlicher Höhe zufließen. Satz 1 erfasst damit zweifelsfrei den Bereich vorläufiger Leistungsbewilligungen nach § 40 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 328 SGB III, denn wenn aus einer nichtselbständigen Beschäftigung fortlaufend Einkommen in monatlich schwankender Höhe erzielt wird, ist gleichsam zu erwarten, dass im Bewilligungszeitraum Einnahmen in unter-schiedlicher Höhe zufließen. Aus dem Wortlaut "zu erwarten" allein kann jedoch nicht der Rückschluss gezogen werden, die Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 1 ALG II-V sei auf vorläufige Entscheidungen beschränkt, weil die gewählte Formulierung auf eine vor Beginn des Bewilligungsabschnittes zu treffende Prognoseentscheidung abziele (so aber SG Nordhausen, Urteil vom 12. September 2013 – S 22 AS 7699/11, SG Berlin, Urteil vom 5. Februar 2015 – S 18 AS 2159/11, juris). Mit dem Begriff "zu erwarten" hat der Verordnungsgeber eine allgemeine, untechnische Formulierung gewählt. Eine tatsächlich beabsichtigte Beschränkung hätte er durch Verweis auf die Regelungen zur vorläufigen Entscheidung oder die Verwendung gesetzesspezifischer Begriffe ("vorläufige Entscheidung", "abschließende Entscheidung") – wie in Satz 3 der Vorschrift – leicht zum Ausdruck bringen können.
Schon der Wortlaut des den Anwendungsbereich eröffnenden § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V, wonach als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt werden "kann", erfordert allerdings eine (gerichtlich voll überprüfbare) Ermessensentscheidung im Sinne von § 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zugunsten eines Durchschnittseinkommens. In diese sind Gesichtspunkte wie die Länge des Bewilligungsabschnittes, die Höhe der Einkommensschwankungen, die Freibeträge des § 11b SGB II, die Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung, im Besonderen bei stark schwankenden Bedarfen oder Einkommen, öffentliche Interessen, wie die Gewährleistung eines angemessenen Verwaltungsaufwandes, ggf. die Vermeidung oder Eröffnung eines Wechsels zwischen Transfersystemen (Wohngeld, Kinderzuschlag) einzubeziehen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Oktober 2012 - L 12 AS 691/11, juris; Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII Kommentar, Stand EL 76 1. Oktober 2015, § 11 Rn. 76; ; Geiger in LPK-SGB II, Sozialgesetzbuch II Lehr- und Praxiskommentar, 5. Auflage 2013, § 11 Rn. 48; Hohm/Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand März 2010, VI-§ 13/Alg II-V 2008 Rn. 53).
bb) Einem weitergehenden – auch die endgültige Entscheidung erfassenden – Anwendungs-bereich von § 2 Abs. 3 Satz ALG II-V widerspricht auch die systematische Betrachtung der Regelung nicht. Nachdem Satz 1 den Anwendungsbereich definiert, bestimmt Satz 2, wie das maßgebliche Durchschnittseinkommen zu bilden ist. Für jeden Monat im Bewilligungszeitraum ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Satz 2 stellt seinem Wortlaut nach auf das "im" Bewilligungszeitraum und damit das tatsächlich erzielte Einkommen ab, welches jedoch nur im Rahmen einer abschließenden Leistungsfestsetzung Bedeutung erlangen kann. Auch § 2 Abs. 3 Satz 3 ALG II-V impliziert die grundsätzliche Möglichkeit einer endgültigen Festsetzung auf Basis eines monatlichen Durchschnittseinkommens. Hier wird bestimmt, dass das bei der vorläufigen Entscheidung berücksichtigte Durchschnittseinkommen auch bei der abschließenden Entscheidung maßgeblich bleibt, wenn es um nicht mehr als 20 Euro monatlich zugunsten des Leistungsberechtigten zu niedrig geschätzt worden ist. Bereits die Feststellung der Bagatellgrenze setzt jedoch die Ermittlung eines abschließenden Durchschnittseinkommens voraus. Im Ergebnis kann daher bereits aus der Systematik von § 2 Abs. 3 ALG II V geschlossen werden, dass der Anwendungsbereich von Satz 1 für die Bildung eines Durchschnittseinkommens nicht nur dann eröffnet ist, wenn zu erwarten ist, dass Einkommen in einem Bewilligungsabschnitt in unterschiedlicher Höhe zufließen wird, sondern erst recht, wenn fest steht, dass Einkommen in unterschiedlicher Höhe zugeflossen ist.
cc) Die hier vertretene Auffassung wird insbesondere durch den ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers gestützt. Die Vorschrift wurde zum 1. Januar 2008 durch die ALG II-V vom 17. Dezember 2007 (BGBl. 2007, 2942) aufgenommen und gilt bisher – abgesehen von einer redaktionellen Änderung - unverändert fort. Nach der nicht amtlichen Begründung des "Entwurfs für eine Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosgengeld II/Sozialgeld vom November 2007 (abrufbar unter: "www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/verordnung-berechnung-einkommen-arbeitslosengeld-2-sozialgeld.html) soll die Regelung der Verwaltungsvereinfachung in Fällen dienen, in denen zu erwarten ist, dass die Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis im Bewilligungszeitraum in unterschiedlicher Höhe anfallen werden. Ausgehend von dem (bis 31. Dezember 2007) geltenden Recht, welches in derartigen Fällen bereits eine vorläufige Entscheidung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II (alte Fassung) ermöglichte, wird in der Begründung dargestellt, dass bei der endgültigen Festsetzung das Einkommen aber auf Grund des Monatsprinzips aufwändig für jeden Monat einzeln zu ermitteln und neu festzusetzen wäre. Mit Blick auf die (damals) geplante Neuregelung führt er sodann aus: "Die Regelung ermöglicht es den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende, bei der abschließenden Festsetzung aber auch bei im Voraus feststehenden schwankenden Einkommen, für alle Monate des Bewilligungszeitraums ein gleichbleibendes Einkommen anzusetzen. Gleichzeitig werden verwaltungsaufwändige Rückforderungsverfahren in Bagatellfällen vermieden, wenn das Einkommen um nicht mehr als 20 Euro monatlich zu Gunsten des Hilfebedürftigen bei der vorläufigen Entscheidung zu niedrig geschätzt worden ist." Die Begründung des Verordnungsgebers zeigt deutlich auf, dass mit § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V eine verwaltungsverein-fachende Regelung durch Einkommensberechnung auf Basis eines Durchschnittseinkommens für die Fälle des Bezuges schwankenden Einkommens aus nichtselbständiger Beschäftigung insgesamt, d. h. sowohl die vorläufige als auch die endgültige Entscheidung, geschaffen werden sollte. Zudem wird offensichtlich, dass § 2 Abs. 3 Satz 3 ALG II-V nicht den einzigen Anwendungsbereich einer endgültigen Entscheidung unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens regelt, sondern den Leistungsträger zur Vermeidung arbeitskraftbindender Rückforderungsverfahren nur erlaubt, von der Rückforderung geringfügiger Beträge abzusehen, wenn sich ergibt, dass das prognostizierte Durchschnittseinkommen im Wesentlichen dem tatsächlichen entspricht.
Dass der Gesetzgeber davon ausgeht, mit der Vorschrift des § 2 Abs. 3 ALG II-V sein Rege-lungsziel erreicht zu haben, belegt auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5. Februar 2016 (Drucksache 66/16). Dieser sieht die Einführung eines § 41a SGB II vor, der in Abs. 4 bestimmt, dass bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs ein monatliches Durchschnittseinkommen zu Grunde zu legen ist. In der Begründung heißt es hierzu u. a.: es " wird die bislang in § 2 Abs. 3 Arbeitslosgengeld II/Sozialgeld-Verordnung mögliche Bildung eines Durchschnittseinkommens für die abschließende Entscheidung übernommen" (Drucksache 66/16, Seite 58).
dd) Eine einschränkende Auslegung von § 2 Abs. 3 ALG II-V, im Besonderen unter Ausschluss der Anwendung auf endgültige Entscheidungen, würde dem mit der Regelung verfolgten Ziel einer Verwaltungsvereinfachung nicht gerecht werden. Die Beschränkung auf den Bereich der vorläufigen Leistungsbewilligung hätte zur Folge, dass der Leistungsträger zunächst für die vorläufige Bewilligung ein prognostisches Durchschnittseinkommen zu ermitteln hat. Nach Abschluss des Bewilligungszeitraumes müsste das tatsächliche Durchschnittseinkommen errechnet werden, nur um festzustellen, ob die Bagatellgrenze nach Satz 3 überschritten wird oder nicht. In den häufigen Fällen einer Überschreitung der Bagatellgrenze wäre schließlich die abschließende Entscheidung für jeden einzelnen Monat vorzunehmen. Eine spürbare Vereinfachung der Verwaltungsvorgänge ist praktisch jedoch nur realisierbar, wenn auch im Rahmen der abschließenden Entscheidung, die Ermittlung des anrechenbaren Einkommens vereinfacht wird, indem ein einheitliches monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt wird und damit die Ermittlung der Absetzungsbeträge nach §§ 11, 11b SGB II nur einmal erforderlich ist. Zudem hätte es der Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1, 2 ALG II-V ausschließlich für den Bereich der vorläufigen Leistungsbewilligung nicht bedurft, denn sowohl die bis 31. Dezember 2007 als auch die aktuell geltende Gesetzeslage ermöglicht und erfordert (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 6/12 R, juris, wonach der Erlass eines endgültigen Bescheides kein taugliches Instrumentarium in Fällen ist, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht) eine derartige vorläufige Regelung, wenn das zu erwartende Arbeitsentgelt etwa wegen Leistungsentlohnung auf Basis einer Stückzahl oder Zeitlohn ohne von vornherein fest vereinbarter Stundenzahl im Zeitpunkt der zu treffenden Verwaltungsentscheidung nicht fest steht.
ee) Der so verstandene Regelungsgehalt von § 2 Abs. 3 ALG II-V ist – entgegen der Ansicht der Klägerseite – von der Verordnungsermächtigung des § 13 SGB II gedeckt (zur Verfas-sungsmäßigkeit der Ermächtigungsnorm vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 26/07 Rn. 29 ff, juris). § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist. Im Sinne der 2. Alternative trifft § 2 Abs. 3 ALG II-V eine Sonderregelung für laufende Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, wenn diese in unterschiedlicher Höhe zufließen. Vergleichbar mit der in § 3 ALG II-V vorgesehenen Regelung zur Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit enthält § 2 Abs. 3 ALG II-V lediglich eine Regelung zur Berechnung der Höhe des monatlich anzurechnenden Einkommens, ohne in die gesetzliche Definition von Einkommen und Vermögen einzugreifen (vgl. Hohm/Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand März 2010, VI-§ 13/Alg II-V 2008 Rn. 49; so auch Sächsisches LSG, Urteil vom 5. März 2015 – L 7 AS 888/11, juris; in Frage stellend Schwarzlos/Siebel-Huffmann, info also 2008, 51, 52).
Der Senat vermag auch keinen Verstoß gegen das in §§ 11 Abs. 2, 41 SGB II zum Ausdruck kommende Zufluss- und Monatsprinzip zu erkennen. Gedeckt von § 13 SGB II wird mit § 2 Abs. 3 ALG II-V keine Abkehr vom Zufluss- und Monatsprinzip sondern lediglich eine Modifikation der Einkommensberechnung für die Fälle schwankenden Einkommenszuflusses normiert. Derartige Modifikationen sind dem SGB II selbst nicht fremd, wie bspw. die Regelung des § 11 Abs. 3 SGB II für die Berücksichtigung einmaliger Einnahmen zeigt.
Schließlich bestehen gegen die Regelung des § 2 Abs. 3 ALG II-V auch im Hinblick auf das sich aus § 3 Abs. 3 SGB II ergebende Prinzip der Bedarfsdeckung keine Bedenken, jedenfalls dann, wenn wie hier vertreten der Gesichtspunkt der Unterdeckung in die Ermessensausübung des Grundsicherungsträgers einzufließen hat. Nach dieser Vorschrift dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann; die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Inhalt des Bedarfsdeckungsprinzips ist es einerseits, dass über die im SGB II normierten Leistungen hinaus, weitergehende Bedarfe vom Leistungsträger nicht erbracht werden sollen (BT-Drucks 16/1696, S. 26); andererseits aber der gesamte existenznotwendige Bedarf zu decken ist (vgl. Greiser in Eicher, SGB II Kommentar, 3. Auflage 2013, § 3 Rn. 3, 27f; zur Ausgestaltung des gesetzlichen Leistungsanspruchs zur Existenzsicherung vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2012 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, juris). Die insofern geäußerten Vorbehalte, die Anwendung von § 2 Abs. 3 ALG II-V könne tendenziell zu Lasten der Leistungsberechtigten zu einer mit dem Bedarfsdeckungsprinzip unvereinbaren zeitlich befristeten Bedarfsunterdeckung führen (Schwarzlos/Siebel-Huffmann, info also 2008, 51,52; SG Leipzig, Urteil vom 5. Februar 2015 - S 18 AS 2159/11; juris), teilt der Senat nicht. Grundsätzlich zielen die Regelungen des SGB II auf eine sachgerechte Bedarfsdeckung in den einzelnen Monaten, in denen Hilfebedürftigkeit besteht ab. Allerdings ist es allen Fallgestaltungen, in denen im Zeitpunkt der notwendigen Entscheidung über den Leistungs- oder Fortzahlungsantrag (regelmäßig vor Beginn eines Bewilligungsabschnittes) die Höhe des tatsächlichen Einkommens nicht fest steht, immanent, dass aufgrund der Ungewissheit des tatsächlichen Einkommenszuflusses zumindest vorübergehend eine Bedarfsunterdeckung nicht gänzlich vermieden werden kann. Die Korrektur erfolgt nach vorläufiger Leistungsbewilligung nachträglich nach Ablauf des Bewilligungsabschnitts im Rahmen der endgültigen Leistungsfestsetzung. Geringfügige Schwankungen im Sinne von Bedarfsunter-deckungen oder Bedarfsüberschreitungen innerhalb eines Bewilligungsabschnittes sind daher unbedenklich. Erheblichen Abweichungen zu Lasten des Leistungsberechtigten oder des Leis-tungsträgers wird im Rahmen der im Zusammenhang mit der Anwendung von § 2 Abs. 3 ALG II-V gebotenen Ermessensausübung Rechnung zu getragen.
c) Hiernach geht der Beklagte vorliegend - vorbehaltlich der pflichtgemäßen Ermessensausübung - zutreffend davon aus, dass er nach der vorläufigen Leistungsbewilligung, zuletzt mit Änderungsbescheid vom 2. März 2012, auch die endgültige Entscheidung über die Leistungs-ansprüche der Kläger im Bewilligungsabschnitt 1. März 2012 bis 31. August 2012 in Anwendung von § 11 SGB II in Verbindung mit § 2 Abs. 3 ALG II-V auf Basis eines monatlichen Durchschnittseinkommens vornehmen durfte. Die im Bescheid vom 4. September 2012 vor-genommene Leistungsberechnung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Bedarf der Kläger ist im Vergleich zur vorläufigen Entscheidung unverändert geblieben. Das im Bewilligungs-abschnitt von den Klägern tatsächlich erzielte Einkommen wurde durch Auswertung der eingereichten Lohnbescheinigungen ermittelt. Zutreffend hat der Beklagte aufgrund des Einkommens der Monate Februar 2012 bis Juli 2012 (bei monatlich nachträglichen Lohnzufluss) für den Bewilligungsabschnitt für die Klägerin zu 1 ein Durchschnittseinkommen in Höhe von 138,70 Euro brutto/netto und für den Kläger zu 2 in Höhe von 226,48 Euro brutto/216,06 Euro netto errechnet. Nach Einkommensbereinigung in Anwendung von § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II ergibt sich für die Klägerin zu 1 ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 30,96 Euro und für den Kläger zu 2 in Höhe von 90,76 Euro. Der Beklagte hat hieraus auch korrekt den Schluss gezogen, dass ein Bagatellfall im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 3 ALG II-V nicht vorliegt. Die gebotene getrennte Bewertung ergibt, dass sowohl das tatsächliche Einkommen der Klägerin zu 1 als auch des Klägers zu 2 im Vergleich zum prognostizierten Durchschnittseinkommen keine Differenz bis 20 Euro zu ihren Gunsten sondern 4,06 Euro bzw. 36,18 Euro zu ihren Ungunsten aufweist.
Der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 ist aber insoweit rechtswidrig, als der Beklage das ihm durch § 2 Abs. 3 ALG II-V eingeräumte Ermessen nicht berücksichtigt hat. Der Beklagte hat weder im Ausgangs- noch im Widerspruchsbescheid zu erkennen gegeben, dass er sich der Pflicht zur Ausübung von Ermessen bewusst war. Die Abwägung ermessensrelevanter Gesichtspunkte fehlt gänzlich. Zwar spricht einiges dafür, dass im Fall der Kläger bei monatlich gleich bleibenden Bedarf und geringer Einkommensschwankung die Berechnung anhand des tatsächlichen Durchschnittseinkommens sachdienlich ist. Dem Gericht ist es jedoch im Rahmen von Ermessensentscheidungen nicht gestattet, eigene Ermessenserwägungen zu treffen. Ein Fall der Ermessensreduzierung auf null ist vorliegend nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfrage, ob § 11 SGB II in Verbindung mit § 2 Abs. 3 ALG II-V den Grundsicherungsträger ermächtigt, in den Fällen, in denen Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit in monatlich schwankender Höhe erzielt wird, eine endgültige Entscheidung nach § 40 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 328 SGB III auf Basis eines monatlichen Durchschnittseinkommens vorzunehmen und dies im Ermessen der Behörde steht, ist bislang ungeklärt, bedarf aber im allgemeinen Interesse zur Wahrung der Rechtseinheit einer Klärung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der den Klägern für die Monate Mai 2012 und August 2012 endgültig zu bewilligenden Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozi-algesetzbuch (SGB II).
Die 1952 geborene Klägerin zu 1 und der 1952 geborene Kläger zu 2 sind verheiratet. Im streitigen Zeitraum bewohnten sie eine Wohnung in der in , für die eine monatliche Gesamtmiete von 339,55 Euro (Kaltmiete 216 Euro, Betriebskostenvorauszahlung 55,35 Euro, Heizkostenvorauszahlung 63,20 Euro, Stellplatz 5 Euro) zu entrichten war.
Die Klägerin zu 1 geht einer geringfügigen Beschäftigung bei der M. OHG und der Kläger zu 2 einer geringfügigen Beschäftigung bei der & AG nach. Beide erzielen aus ihrer Tätigkeit Einkommen in monatlich schwankender Höhe, welches jeweils im Folgemonat zur Auszahlung gelangt. Der Kläger zu 2 entrichtete von seinem Einkommen freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, die Klägerin zu 1 nicht.
Ergänzend stehen die Kläger im fortlaufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen beim Beklagten. Mit Bescheid vom 1. Februar 2012 wurden Ihnen Leistungen für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von 846,59 Euro monatlich bewilligt. Der Bescheid erging bis zur Klärung der tatsächlichen Einkommensverhältnisse vorläufig. Im Rahmen der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte für die Kläger einen Gesamtbedarf von 1.008,56 Euro (Regelleistung in Höhe von jeweils 337 Euro sowie insgesamt 334,55 Euro Unterkunftskosten). Als Einkommen berücksichtigte er unter Zugrundelegung der ihm vorlie-genden Einkommensbescheinigungen der Monate Juli 2011 bis Dezember 2011 bei der Klägerin zu 1 ein hieraus ermitteltes Durchschnittseinkommen von 143,78 Euro, von dem er 35,02 Euro zur Anrechnung brachte. Für den Kläger zu 2 ermittelte er bei gleicher Berechnungsweise ein Durchschnittseinkommen von 258,67 Euro, von dem 126,94 Euro einkommensmindernd berücksichtigt wurden. Auf den Widerspruch der Kläger erließ der Beklagte am 2. März 2012 einen Änderungsbescheid, mit dem nunmehr unter Berücksichtigung der Rundungsvorschrift (§ 41 SGB II a. F.) für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 um 0,01 Euro erhöhte, vorläufige Leistungen in Höhe von 846,60 Euro monatlich bewilligt wurden. Den gegen diesen Änderungsbescheid erneut eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit bestandskräftig gewordenen Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2012 zurück.
Nach den von den Klägern im Folgenden eingereichten Lohnbescheinigungen erzielten sie im Bewilligungszeitraum folgendes Einkommen:
Klägerin zu 1 Kläger zu 2
brutto = netto brutto netto
Februar 2012 147,25 Euro 235,55 Euro 224,71 Euro März 2012 132,68 Euro 258,05 Euro 246,18 Euro April 2012 140,05 Euro 168,70 Euro 160,94 Euro Mai 2012 130,72 Euro 241,75 Euro 230,63 Euro Juni 2012 137,64 Euro 240,00 Euro 228,96 Euro Juli 2012 143,84 Euro 214,80 Euro 204,92 Euro
Auf Grundlage dieser Einkommensnachweise errechnete der Beklagte für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 für die Klägerin zu 1 ein monatliches Durchschnittseinkommen in Höhe von 138,70 Euro und für den Kläger zu 2 in Höhe von 226,48 Euro brutto/216,06 Euro netto.
Mit Bescheid vom 4. September 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern nunmehr für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 Leistungen in Höhe von 886,84 Euro monatlich. Der Bescheid ist überschrieben mit "Änderung zum Bescheid vom 02.03.2012 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts." Nachfolgend wird darauf verwiesen, dass als Änderung das tatsächliche Durchschnittseinkommen der Kläger aus den Tätigkeiten bei der M. OHG und der & AG berücksichtigt wurde. Im Rahmen der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte nun bei gleich bleibendem Gesamtbedarf von 1.008,56 Euro ein monatlich anrechenbares Einkommen für die Klägerin zu 1 in Höhe von 30,96 Euro für den Kläger zu 2 in Höhe von 90,76 Euro. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbe-scheid vom 4. Dezember 2012 als unbegründet zurück.
Mit ihrer am 2. Januar 2013 zum Sozialgericht Gotha erhobenen Klage begehren die Kläger unter Berücksichtigung des tatsächlich in den einzelnen Monaten des Bewilligungsabschnittes zur Auszahlung gelangten Erwerbseinkommens weitere Leistungen für den Monat Mai 2012 in Höhe von 42,48 Euro und für den Monat August 2012 in Höhe von 4,69 Euro. Sie sind der Ansicht, der Beklagte habe das in Anwendung von § 11 SGB II zu berücksichtigende Zuflussprinzip, als eines der tragenden Grundsätze im SGB II, missachtet. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für die von ihm vorgenommene Berechnungsweise auf Basis eines Durchschnittseinkommens. Eine solche ergebe sich im Besonderen nicht aus § 2 Abs. 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-V). Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Einkommensberechnung auf Grundlage eines monatlichen Durchschnittseinkommens sei rechtmäßig. § 2 Abs. 3 ALG II-V enthalte auch für die endgültige Festsetzung eine ergänzende, insbesondere der Verwaltungsvereinfachung dienende Sonderregelung. Ergänzend hat der Beklagte auf die ihm zur Verfügung stehende Arbeitshilfe der Bundesagentur für Arbeit "Vorläufige Bewilligung bei Anrechnung von Durchschnittseinkommen" verwiesen.
Das Sozialgericht Gotha hat der Klage mit Urteil vom 12. Juni 2015 vollumfänglich stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Klägern für den Monat Mai 2012 weitere Leistungen in Höhe von 42,48 Euro und für den Monat August 2012 in Höhe von 4,69 Euro zu gewähren. Für das Vorgehen des Beklagten, bei der endgültigen Leistungsfestsetzung aus dem tatsächlich erzielten Einkommen ein Durchschnittseinkommen aus Brutto- und Nettoeinkommen zu bilden und dieses nach Bereinigung in gleichen monatlichen Beträgen auf den Bedarf anzurechnen, bestehe keine hinreichende Rechtsgrundlage. Es gelte das sich aus § 11 Abs. 2 SGB II ergebende Monatsprinzip. § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V betreffe vom Anwendungsbereich her nur Bewilligungen für die Zukunft, könne aber keine Anwendung finden, wenn monatlich schwankendes Einkommen bereits feststehe. § 2 Abs. 3 Satz 2 ALG II-V regele nur, wie ein Durchschnittseinkommen gebildet werden soll, nicht aber in welchen Fällen dies möglich sein soll. § 2 Abs. 3 Satz 3 ALG II V erlaube die abschließende Leistungsbewilligung unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens nur für den dort geregelten Sonderfall. Die Zulassung der Berufung ist im Urteil nicht erfolgt. Auf die Beschwerde des Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 2. Oktober 2015 zugelassen (L 4 AS 886/15 NZB).
Zur Berufungsbegründung hat sich der Beklagte sich im Wesentlichen auf seinen erstinstanz-lichen Vortrag gestützt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Juni 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, keine Bedenken hinsichtlich der Berechnung der Unterkunftskosten zu haben.
Wegen der weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft, denn der Senat hat die Berufung auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten (§ 144 Abs. 2 SGG) mit Beschluss vom 2. Oktober 2015 zugelassen (Az. L 4 AS 886/15 NZB).
Die Berufung ist teilweise begründet; das erstinstanzliche Urteil ist aufzuheben, die Klage ist jedoch nicht vollständig abzuweisen, denn die Kläger haben aufgrund des dem Beklagten nach § 2 Abs. 3 ALG II-V eingeräumten Ermessens einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie abschließende Entscheidung (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I) über ihre Leistungsansprüche nach dem SGB II für die streitgegenständlichen Monate. Da sich der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 aufgrund fehlender Er-messensausübung als rechtwidrig erweist, ist er – soweit er mit der Klage angegriffen wird – aufzuheben und der Beklagte zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu verpflichten. Soweit die Klage darüber hinausgehend auf höhere Leistungen gerichtet ist, ist sie abzuweisen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012, mit dem der Beklagte für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 eine endgültige Leistungsfestsetzung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 328 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorgenommen hat. Die vorläufige Festsetzung der Leistungshöhe im Bescheid vom 1. Februar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2012 hat sich auf sonstige Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X durch den Erlass des Bescheides vom 4. September 2012 erledigt (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013 - B 14 AS 1/13 R). Der endgültige Bescheid hat den vorläufigen Bescheid ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 R, Rn. 13; Senatsurteil vom 20. Mai 2015 - L 4 AS 285/12, Rn. 38, juris).
Soweit der Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid über den gesamten Bewilligungsabschnitt vom 1. März 2012 bis 31. August 2012 entschieden hat, haben die Kläger ihr Klagebegehren rechtlich zulässig auf die Monate Mai 2012 und August 2012 beschränkt. Die Klage ist als verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage bzw. Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) zulässig und statthaft.
Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, als es den Beklagten entsprechend dem klägerseitigen Antrag zur Gewährung weiterer Leistungen für die klagegegenständlichen Monate Mai 2012 und August 2012 verurteilt hat. Bei dem angefochtenen Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 handelt es sich um eine abschließende Leistungsbewilligung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 3 SGB III (siehe a). Die Kläger haben indes keinen Rechtsanspruch auf die vom SG zuerkannten höheren Leistungen, denn es stand im Ermessen des Beklagten, die Leistungshöhe bei der abschließenden Entscheidung auf der Basis des tatsächlich erzielten Durchschnittseinkommens zu bemessen (siehe b). Da der Beklagte von dem ihm eingeräumten Ermessen indes keinen Gebrauch gemacht hat, erweist sich der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 als fehlerhaft und verletzt die Kläger hierdurch in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1 SGG) (siehe c).
a) Obgleich der Bescheid vom 4. September 2012 im Betreff mit "Änderung zum Bescheid vom 02.03.2012 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" überschrieben ist, ergeben sich für den Senat zunächst keine Zweifel daran, dass der Beklagte eine abschließende Leistungsfestsetzung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 3 SGB III vorgenommen hat. Hinsichtlich der eingetretenen "Änderungen" wird ausdrücklich auf das tatsächlich erzielte Durchschnittseinkommen beider Kläger im Bewilligungsabschnitt hingewiesen. Anders als der vorhergehende Bescheid vom 2. März 2012 enthält der Bescheid vom 4. September 2012 auch keinen Vorläufigkeitsvermerk mehr, so dass insgesamt im Wege der Auslegung hinreichend deutlich wird, dass eine endgültige Leistungsfestsetzung ergangen ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, juris).
b) Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen sind die §§ 19 ff SGB II in Verbindung mit § 7 SGB II (in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung). Danach erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II, wenn sie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllen. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Die Kläger erfüllen die grundsätzlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II. Beide im Jahr 1952 geborene Kläger waren in den hier streitbefangenen Monaten erwerbsfähig und hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 oder 5 SGB II lag nicht vor. Mangels ausreichenden Einkommens und Vermögens waren sie auch hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 SGB II. Bei Personen, die – wie hier die Kläger – in einer Be-darfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berück-sichtigen; ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln bedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 SGB II).
Ausgehend hiervon hat der Beklagte den Bedarf der Kläger für den Zeitraum 1. März 2012 bis 31. August 2012 zutreffend ermittelt. Für die eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II bildenden Eheleute ist nach § 20 Abs. 4 SGB II ein Regelbedarf in Höhe von 337 Euro pro Person zu berücksichtigen. Zuzüglich der nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erstattungsfähigen Kosten für die im streitigen Zeitraum bewohnte Unterkunft in der Schützenallee 40 in 99867 Gotha in Höhe von insgesamt 334,55 Euro errechnet sich ein monatlicher Gesamtbedarf von 1.008,55 Euro. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Vortrag der Beteiligten ergaben sich Anhaltspunkte für weitergehende Bedarfe.
Es stand indes - anders als das SG und die Kläger meinen - nach § 2 Absatz 3 ALG II-V (in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung) im Ermessen des Beklagten, bei der abschließenden Entscheidung auf den Bedarf das tatsächlich erzielte Durchschnittseinkommen der Kläger aus ihren geringfügigen Beschäftigungen bei der M. OHG bzw. & AG anzurechnen. § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V beinhaltet eine Ermächtigung für den Leistungsträger, nach pflicht-gemäßem Ermessen eine endgültige Leistungsfestsetzung nach § 328 SGB III iVm § 40 SGB II abweichend vom Zuflussprinzip auf der Basis eines tatsächlichen Durchschnittseinkommens vorzunehmen (in diesem Sinne LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Oktober 2012 - L 12 AS 691/11; eine Anwendung von § 2 Abs. 3 ALG II-V auf Fälle der endgültigen Festsetzung bejahend: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Januar 2013 – L 5 AS 487/10 ohne ausführliche Begründung; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Oktober 2012 – L 12 AS 691/11; SG Dortmund, Urteil vom 13. Juli 2015 – S 31 AS 3733/13; SG Halle, Urteil vom 3. Dezember 2014 – S 24 AS 846/13, juris; ablehnend SG Nordhausen, Urteil vom 12. September 2013 – S 22 AS 7699/11; SG Leipzig, Urteil vom 5. Februar 2015 – S 18 AS 2159/11; SG Berlin, Urteil vom 23. März 2015 – S 197 AS 355/15, juris; demgegenüber beschränken sich die einschlägigen Kommentierungen vielfach auf die Wiedergabe der Vorschrift, ohne auf die hier entscheidungserhebliche Frage näher einzugehen: vgl. Mecke in Eicher, SGB II Kommentar, 3. Auflage 2013, § 13 Rn. 41; Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII Kommentar, Stand 76. EL 1. Oktober 2015, § 11 Rn. 74 ff; Geiger in LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 11 Rn. 48; z.T. bejahend, im Wesentlichen unter Verweis auf die Begründung des Verordnungsgebers Hengelhaupt in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch Gesamtkommentar, Stand: Ergänzungslieferung 07/2015, § 13 Rn. 167; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Auflage 2015 § 11 Rn. 66; Hohm/Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand März 2010, VI-§ 13/Alg II-V 2008 Rn. 60). Das hier gewonnene Verständnis der Norm ergibt sich aus dem Wortlaut (siehe aa), der Systematik (siehe bb) und der historischen (siehe cc) und teleologischen (siehe dd) Auslegung. Diese Regelung wird auch von der Ermächtigungsgrundlage des § 13 SGB II gedeckt (siehe ee).
Grundsätzlich sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung) sind laufende Einnahmen – wie hier das monatliche Einkommen aus nichtselbständiger Beschäftigung – für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Diese Regelung entspricht § 2 Abs. 2 der ALG II-V in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung und schreibt die Geltung des sog. Zuflussprinzips gesetzlich fest (vgl. Schmidt in Eicher, SGB II Kommentar, 3. Auflage 2013, § 11 Rn. 30). Gleichzeitig wird der Verteilzeitraum laufender Einnahmen bestimmt, nämlich unabhängig von der Lage des Tages des Zuflusses auf den Kalendermonat, um sicher zu stellen, dass Einnahmen in dem Zeitraum Berücksichtigung finden, für den die Leistungen gewährt werden (§ 41 Abs. 1 Satz 1, 4 SGB II). Im Grundsatz geht das SGB II in Verbindung mit der ALG II-V somit vom Monatsprinzip aus, d. h. Einnahmen und Bedarfe sind jeweils monatsweise gegenüberzustellen (Becker in Kommentar zum Sozialrecht, 4. Auflag 2015, § 11 Rn. 26; vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 26/07 R, juris).
Für die Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit sieht der auf Grundlage von § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ergangene § 2 ALG II-V (hier anzuwenden in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung) eine abweichende Regelung vor. § 2 Abs. 3 ALG II- V enthält eine Sonderregelung für laufende Einnahmen aus nichtselbständiger Beschäftigung, die in unterschiedlicher Höhe zufließen. Danach kann als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt werden, wenn bei laufenden Einnahmen im Bewilligungszeitraum zu erwarten ist, dass diese in unterschiedlicher Höhe zufließen (Satz 1). Als monatliches Durchschnittseinkommen ist für jeden Monat im Bewilligungszeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt (Satz 2). Soweit über die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II vorläufig entschieden wurde, ist das bei der vorläufigen Entscheidung berücksichtigte monatliche Durchschnittseinkommen bei der abschließenden Entscheidung als Einkommen zu Grunde zu legen, wenn das tatsächliche monatliche Durchschnittseinkommen das bei der vorläufigen Entscheidung zugrunde gelegt monatliche Durchschnittseinkommen um nicht mehr als 20 Euro übersteigt.
aa) Der Wortlaut der Vorschrift ist in Bezug auf die Frage, ob sich hieraus eine Ermächtigung des Leistungsträgers für eine endgültige Leistungsfestsetzung auf Basis eines tatsächlichen Durchschnittseinkommens ergibt, unklar, widerspricht der hier gewonnenen Auslegung indes nicht. § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V benennt als Anwendungsbereich wörtlich die Fälle, in denen "zu erwarten" ist, dass laufende Einnahmen im Bewilligungszeitraum in unterschiedlicher Höhe zufließen. Satz 1 erfasst damit zweifelsfrei den Bereich vorläufiger Leistungsbewilligungen nach § 40 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 328 SGB III, denn wenn aus einer nichtselbständigen Beschäftigung fortlaufend Einkommen in monatlich schwankender Höhe erzielt wird, ist gleichsam zu erwarten, dass im Bewilligungszeitraum Einnahmen in unter-schiedlicher Höhe zufließen. Aus dem Wortlaut "zu erwarten" allein kann jedoch nicht der Rückschluss gezogen werden, die Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 1 ALG II-V sei auf vorläufige Entscheidungen beschränkt, weil die gewählte Formulierung auf eine vor Beginn des Bewilligungsabschnittes zu treffende Prognoseentscheidung abziele (so aber SG Nordhausen, Urteil vom 12. September 2013 – S 22 AS 7699/11, SG Berlin, Urteil vom 5. Februar 2015 – S 18 AS 2159/11, juris). Mit dem Begriff "zu erwarten" hat der Verordnungsgeber eine allgemeine, untechnische Formulierung gewählt. Eine tatsächlich beabsichtigte Beschränkung hätte er durch Verweis auf die Regelungen zur vorläufigen Entscheidung oder die Verwendung gesetzesspezifischer Begriffe ("vorläufige Entscheidung", "abschließende Entscheidung") – wie in Satz 3 der Vorschrift – leicht zum Ausdruck bringen können.
Schon der Wortlaut des den Anwendungsbereich eröffnenden § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V, wonach als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt werden "kann", erfordert allerdings eine (gerichtlich voll überprüfbare) Ermessensentscheidung im Sinne von § 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zugunsten eines Durchschnittseinkommens. In diese sind Gesichtspunkte wie die Länge des Bewilligungsabschnittes, die Höhe der Einkommensschwankungen, die Freibeträge des § 11b SGB II, die Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung, im Besonderen bei stark schwankenden Bedarfen oder Einkommen, öffentliche Interessen, wie die Gewährleistung eines angemessenen Verwaltungsaufwandes, ggf. die Vermeidung oder Eröffnung eines Wechsels zwischen Transfersystemen (Wohngeld, Kinderzuschlag) einzubeziehen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Oktober 2012 - L 12 AS 691/11, juris; Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII Kommentar, Stand EL 76 1. Oktober 2015, § 11 Rn. 76; ; Geiger in LPK-SGB II, Sozialgesetzbuch II Lehr- und Praxiskommentar, 5. Auflage 2013, § 11 Rn. 48; Hohm/Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand März 2010, VI-§ 13/Alg II-V 2008 Rn. 53).
bb) Einem weitergehenden – auch die endgültige Entscheidung erfassenden – Anwendungs-bereich von § 2 Abs. 3 Satz ALG II-V widerspricht auch die systematische Betrachtung der Regelung nicht. Nachdem Satz 1 den Anwendungsbereich definiert, bestimmt Satz 2, wie das maßgebliche Durchschnittseinkommen zu bilden ist. Für jeden Monat im Bewilligungszeitraum ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Satz 2 stellt seinem Wortlaut nach auf das "im" Bewilligungszeitraum und damit das tatsächlich erzielte Einkommen ab, welches jedoch nur im Rahmen einer abschließenden Leistungsfestsetzung Bedeutung erlangen kann. Auch § 2 Abs. 3 Satz 3 ALG II-V impliziert die grundsätzliche Möglichkeit einer endgültigen Festsetzung auf Basis eines monatlichen Durchschnittseinkommens. Hier wird bestimmt, dass das bei der vorläufigen Entscheidung berücksichtigte Durchschnittseinkommen auch bei der abschließenden Entscheidung maßgeblich bleibt, wenn es um nicht mehr als 20 Euro monatlich zugunsten des Leistungsberechtigten zu niedrig geschätzt worden ist. Bereits die Feststellung der Bagatellgrenze setzt jedoch die Ermittlung eines abschließenden Durchschnittseinkommens voraus. Im Ergebnis kann daher bereits aus der Systematik von § 2 Abs. 3 ALG II V geschlossen werden, dass der Anwendungsbereich von Satz 1 für die Bildung eines Durchschnittseinkommens nicht nur dann eröffnet ist, wenn zu erwarten ist, dass Einkommen in einem Bewilligungsabschnitt in unterschiedlicher Höhe zufließen wird, sondern erst recht, wenn fest steht, dass Einkommen in unterschiedlicher Höhe zugeflossen ist.
cc) Die hier vertretene Auffassung wird insbesondere durch den ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers gestützt. Die Vorschrift wurde zum 1. Januar 2008 durch die ALG II-V vom 17. Dezember 2007 (BGBl. 2007, 2942) aufgenommen und gilt bisher – abgesehen von einer redaktionellen Änderung - unverändert fort. Nach der nicht amtlichen Begründung des "Entwurfs für eine Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosgengeld II/Sozialgeld vom November 2007 (abrufbar unter: "www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/verordnung-berechnung-einkommen-arbeitslosengeld-2-sozialgeld.html) soll die Regelung der Verwaltungsvereinfachung in Fällen dienen, in denen zu erwarten ist, dass die Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis im Bewilligungszeitraum in unterschiedlicher Höhe anfallen werden. Ausgehend von dem (bis 31. Dezember 2007) geltenden Recht, welches in derartigen Fällen bereits eine vorläufige Entscheidung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II (alte Fassung) ermöglichte, wird in der Begründung dargestellt, dass bei der endgültigen Festsetzung das Einkommen aber auf Grund des Monatsprinzips aufwändig für jeden Monat einzeln zu ermitteln und neu festzusetzen wäre. Mit Blick auf die (damals) geplante Neuregelung führt er sodann aus: "Die Regelung ermöglicht es den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende, bei der abschließenden Festsetzung aber auch bei im Voraus feststehenden schwankenden Einkommen, für alle Monate des Bewilligungszeitraums ein gleichbleibendes Einkommen anzusetzen. Gleichzeitig werden verwaltungsaufwändige Rückforderungsverfahren in Bagatellfällen vermieden, wenn das Einkommen um nicht mehr als 20 Euro monatlich zu Gunsten des Hilfebedürftigen bei der vorläufigen Entscheidung zu niedrig geschätzt worden ist." Die Begründung des Verordnungsgebers zeigt deutlich auf, dass mit § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V eine verwaltungsverein-fachende Regelung durch Einkommensberechnung auf Basis eines Durchschnittseinkommens für die Fälle des Bezuges schwankenden Einkommens aus nichtselbständiger Beschäftigung insgesamt, d. h. sowohl die vorläufige als auch die endgültige Entscheidung, geschaffen werden sollte. Zudem wird offensichtlich, dass § 2 Abs. 3 Satz 3 ALG II-V nicht den einzigen Anwendungsbereich einer endgültigen Entscheidung unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens regelt, sondern den Leistungsträger zur Vermeidung arbeitskraftbindender Rückforderungsverfahren nur erlaubt, von der Rückforderung geringfügiger Beträge abzusehen, wenn sich ergibt, dass das prognostizierte Durchschnittseinkommen im Wesentlichen dem tatsächlichen entspricht.
Dass der Gesetzgeber davon ausgeht, mit der Vorschrift des § 2 Abs. 3 ALG II-V sein Rege-lungsziel erreicht zu haben, belegt auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5. Februar 2016 (Drucksache 66/16). Dieser sieht die Einführung eines § 41a SGB II vor, der in Abs. 4 bestimmt, dass bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs ein monatliches Durchschnittseinkommen zu Grunde zu legen ist. In der Begründung heißt es hierzu u. a.: es " wird die bislang in § 2 Abs. 3 Arbeitslosgengeld II/Sozialgeld-Verordnung mögliche Bildung eines Durchschnittseinkommens für die abschließende Entscheidung übernommen" (Drucksache 66/16, Seite 58).
dd) Eine einschränkende Auslegung von § 2 Abs. 3 ALG II-V, im Besonderen unter Ausschluss der Anwendung auf endgültige Entscheidungen, würde dem mit der Regelung verfolgten Ziel einer Verwaltungsvereinfachung nicht gerecht werden. Die Beschränkung auf den Bereich der vorläufigen Leistungsbewilligung hätte zur Folge, dass der Leistungsträger zunächst für die vorläufige Bewilligung ein prognostisches Durchschnittseinkommen zu ermitteln hat. Nach Abschluss des Bewilligungszeitraumes müsste das tatsächliche Durchschnittseinkommen errechnet werden, nur um festzustellen, ob die Bagatellgrenze nach Satz 3 überschritten wird oder nicht. In den häufigen Fällen einer Überschreitung der Bagatellgrenze wäre schließlich die abschließende Entscheidung für jeden einzelnen Monat vorzunehmen. Eine spürbare Vereinfachung der Verwaltungsvorgänge ist praktisch jedoch nur realisierbar, wenn auch im Rahmen der abschließenden Entscheidung, die Ermittlung des anrechenbaren Einkommens vereinfacht wird, indem ein einheitliches monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt wird und damit die Ermittlung der Absetzungsbeträge nach §§ 11, 11b SGB II nur einmal erforderlich ist. Zudem hätte es der Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1, 2 ALG II-V ausschließlich für den Bereich der vorläufigen Leistungsbewilligung nicht bedurft, denn sowohl die bis 31. Dezember 2007 als auch die aktuell geltende Gesetzeslage ermöglicht und erfordert (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 6/12 R, juris, wonach der Erlass eines endgültigen Bescheides kein taugliches Instrumentarium in Fällen ist, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht) eine derartige vorläufige Regelung, wenn das zu erwartende Arbeitsentgelt etwa wegen Leistungsentlohnung auf Basis einer Stückzahl oder Zeitlohn ohne von vornherein fest vereinbarter Stundenzahl im Zeitpunkt der zu treffenden Verwaltungsentscheidung nicht fest steht.
ee) Der so verstandene Regelungsgehalt von § 2 Abs. 3 ALG II-V ist – entgegen der Ansicht der Klägerseite – von der Verordnungsermächtigung des § 13 SGB II gedeckt (zur Verfas-sungsmäßigkeit der Ermächtigungsnorm vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 26/07 Rn. 29 ff, juris). § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist. Im Sinne der 2. Alternative trifft § 2 Abs. 3 ALG II-V eine Sonderregelung für laufende Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, wenn diese in unterschiedlicher Höhe zufließen. Vergleichbar mit der in § 3 ALG II-V vorgesehenen Regelung zur Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit enthält § 2 Abs. 3 ALG II-V lediglich eine Regelung zur Berechnung der Höhe des monatlich anzurechnenden Einkommens, ohne in die gesetzliche Definition von Einkommen und Vermögen einzugreifen (vgl. Hohm/Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand März 2010, VI-§ 13/Alg II-V 2008 Rn. 49; so auch Sächsisches LSG, Urteil vom 5. März 2015 – L 7 AS 888/11, juris; in Frage stellend Schwarzlos/Siebel-Huffmann, info also 2008, 51, 52).
Der Senat vermag auch keinen Verstoß gegen das in §§ 11 Abs. 2, 41 SGB II zum Ausdruck kommende Zufluss- und Monatsprinzip zu erkennen. Gedeckt von § 13 SGB II wird mit § 2 Abs. 3 ALG II-V keine Abkehr vom Zufluss- und Monatsprinzip sondern lediglich eine Modifikation der Einkommensberechnung für die Fälle schwankenden Einkommenszuflusses normiert. Derartige Modifikationen sind dem SGB II selbst nicht fremd, wie bspw. die Regelung des § 11 Abs. 3 SGB II für die Berücksichtigung einmaliger Einnahmen zeigt.
Schließlich bestehen gegen die Regelung des § 2 Abs. 3 ALG II-V auch im Hinblick auf das sich aus § 3 Abs. 3 SGB II ergebende Prinzip der Bedarfsdeckung keine Bedenken, jedenfalls dann, wenn wie hier vertreten der Gesichtspunkt der Unterdeckung in die Ermessensausübung des Grundsicherungsträgers einzufließen hat. Nach dieser Vorschrift dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann; die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Inhalt des Bedarfsdeckungsprinzips ist es einerseits, dass über die im SGB II normierten Leistungen hinaus, weitergehende Bedarfe vom Leistungsträger nicht erbracht werden sollen (BT-Drucks 16/1696, S. 26); andererseits aber der gesamte existenznotwendige Bedarf zu decken ist (vgl. Greiser in Eicher, SGB II Kommentar, 3. Auflage 2013, § 3 Rn. 3, 27f; zur Ausgestaltung des gesetzlichen Leistungsanspruchs zur Existenzsicherung vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2012 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, juris). Die insofern geäußerten Vorbehalte, die Anwendung von § 2 Abs. 3 ALG II-V könne tendenziell zu Lasten der Leistungsberechtigten zu einer mit dem Bedarfsdeckungsprinzip unvereinbaren zeitlich befristeten Bedarfsunterdeckung führen (Schwarzlos/Siebel-Huffmann, info also 2008, 51,52; SG Leipzig, Urteil vom 5. Februar 2015 - S 18 AS 2159/11; juris), teilt der Senat nicht. Grundsätzlich zielen die Regelungen des SGB II auf eine sachgerechte Bedarfsdeckung in den einzelnen Monaten, in denen Hilfebedürftigkeit besteht ab. Allerdings ist es allen Fallgestaltungen, in denen im Zeitpunkt der notwendigen Entscheidung über den Leistungs- oder Fortzahlungsantrag (regelmäßig vor Beginn eines Bewilligungsabschnittes) die Höhe des tatsächlichen Einkommens nicht fest steht, immanent, dass aufgrund der Ungewissheit des tatsächlichen Einkommenszuflusses zumindest vorübergehend eine Bedarfsunterdeckung nicht gänzlich vermieden werden kann. Die Korrektur erfolgt nach vorläufiger Leistungsbewilligung nachträglich nach Ablauf des Bewilligungsabschnitts im Rahmen der endgültigen Leistungsfestsetzung. Geringfügige Schwankungen im Sinne von Bedarfsunter-deckungen oder Bedarfsüberschreitungen innerhalb eines Bewilligungsabschnittes sind daher unbedenklich. Erheblichen Abweichungen zu Lasten des Leistungsberechtigten oder des Leis-tungsträgers wird im Rahmen der im Zusammenhang mit der Anwendung von § 2 Abs. 3 ALG II-V gebotenen Ermessensausübung Rechnung zu getragen.
c) Hiernach geht der Beklagte vorliegend - vorbehaltlich der pflichtgemäßen Ermessensausübung - zutreffend davon aus, dass er nach der vorläufigen Leistungsbewilligung, zuletzt mit Änderungsbescheid vom 2. März 2012, auch die endgültige Entscheidung über die Leistungs-ansprüche der Kläger im Bewilligungsabschnitt 1. März 2012 bis 31. August 2012 in Anwendung von § 11 SGB II in Verbindung mit § 2 Abs. 3 ALG II-V auf Basis eines monatlichen Durchschnittseinkommens vornehmen durfte. Die im Bescheid vom 4. September 2012 vor-genommene Leistungsberechnung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Bedarf der Kläger ist im Vergleich zur vorläufigen Entscheidung unverändert geblieben. Das im Bewilligungs-abschnitt von den Klägern tatsächlich erzielte Einkommen wurde durch Auswertung der eingereichten Lohnbescheinigungen ermittelt. Zutreffend hat der Beklagte aufgrund des Einkommens der Monate Februar 2012 bis Juli 2012 (bei monatlich nachträglichen Lohnzufluss) für den Bewilligungsabschnitt für die Klägerin zu 1 ein Durchschnittseinkommen in Höhe von 138,70 Euro brutto/netto und für den Kläger zu 2 in Höhe von 226,48 Euro brutto/216,06 Euro netto errechnet. Nach Einkommensbereinigung in Anwendung von § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II ergibt sich für die Klägerin zu 1 ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 30,96 Euro und für den Kläger zu 2 in Höhe von 90,76 Euro. Der Beklagte hat hieraus auch korrekt den Schluss gezogen, dass ein Bagatellfall im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 3 ALG II-V nicht vorliegt. Die gebotene getrennte Bewertung ergibt, dass sowohl das tatsächliche Einkommen der Klägerin zu 1 als auch des Klägers zu 2 im Vergleich zum prognostizierten Durchschnittseinkommen keine Differenz bis 20 Euro zu ihren Gunsten sondern 4,06 Euro bzw. 36,18 Euro zu ihren Ungunsten aufweist.
Der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 ist aber insoweit rechtswidrig, als der Beklage das ihm durch § 2 Abs. 3 ALG II-V eingeräumte Ermessen nicht berücksichtigt hat. Der Beklagte hat weder im Ausgangs- noch im Widerspruchsbescheid zu erkennen gegeben, dass er sich der Pflicht zur Ausübung von Ermessen bewusst war. Die Abwägung ermessensrelevanter Gesichtspunkte fehlt gänzlich. Zwar spricht einiges dafür, dass im Fall der Kläger bei monatlich gleich bleibenden Bedarf und geringer Einkommensschwankung die Berechnung anhand des tatsächlichen Durchschnittseinkommens sachdienlich ist. Dem Gericht ist es jedoch im Rahmen von Ermessensentscheidungen nicht gestattet, eigene Ermessenserwägungen zu treffen. Ein Fall der Ermessensreduzierung auf null ist vorliegend nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfrage, ob § 11 SGB II in Verbindung mit § 2 Abs. 3 ALG II-V den Grundsicherungsträger ermächtigt, in den Fällen, in denen Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit in monatlich schwankender Höhe erzielt wird, eine endgültige Entscheidung nach § 40 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 328 SGB III auf Basis eines monatlichen Durchschnittseinkommens vorzunehmen und dies im Ermessen der Behörde steht, ist bislang ungeklärt, bedarf aber im allgemeinen Interesse zur Wahrung der Rechtseinheit einer Klärung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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