Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 10 AS 406/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 3 AS 376/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 7.6.2016 aufgehoben und der Antrag abgelehnt.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt F, M beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Die Antragsteller sind bulgarische Staatsangehörige, die im September 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Die Antragstellerin zu 1. und der Antragsteller zu 2. sind seit dem 19.8.2015 verheiratet. Die Antragstellerinnen zu 3 (geboren 2001) und 4 (geboren 2005) sind die leiblichen Kinder der Antragstellerin zu 1. und besuchen die Schule, die Antragstellerin zu 3. die Klasse 9b der L Grund- und Realschule plus B (Schulbescheinigung vom 2.6.2016) und die Antragstellerin zu 4. die Klasse 4a der Grundschule am L (Schulbescheinigung vom 2.6.2016). Die Antragsteller wohnen zusammen in M zu einer monatlichen Gesamtmiete von EUR 385,--. Der Antragsteller zu 2. war vom 18.5.2015 bis zum 30.12.2015 als Möbel- und Küchenmonteur / Umzugshelfer zu einer monatlichen Bruttovergütung von EUR 1.360,-- beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis hat er am 30.12.2015 gekündigt (Bestätigung der Kündigung durch den früheren Arbeitgeber D T vom 21.4.2016). Als Grund für die Kündigung hat der Antragsteller zu 2. dem Antragsgegner mitgeteilt, dass sich sein Arbeitgeber nicht an die abgemachten Vereinbarungen gehalten habe; insbesondere habe er statt der vereinbarten acht Stunden täglich fast 13 Stunden und mehr ohne zusätzliche Bezahlung arbeiten müssen.
Bereits am 28.5.2015 hatten die Antragsteller Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner beantragt, der aber lediglich dem Antragsteller zu 2. für den Monat Mai 2015 Leistungen bewilligt und den Antrag im Übrigen abgelehnt hat.
Einen erneuten Antrag vom 19.2.2016 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 11.5.2016 ab: Die Antragsteller hätten lediglich ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche und als Familienangehörige von Arbeitsuchenden und seien daher nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Die Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU wirke bei einer Beschäftigung von weniger als einem Jahr Beschäftigung nach § 2 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes nur bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit für sechs Monate fort. Der Antragsteller zu 2. habe sein Beschäftigungsverhältnis durch Eigenkündigung aber freiwillig beendet. Über den hiergegen am 17.5.2016 erhobenen Widerspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Auf den am 19.5.2016 eingegangenen Antrag hat das Sozialgericht Mainz den Antragsgegner durch Beschluss vom 7.6.2016 (dem Antragsgegner zugestellt am 14.6.2016) im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, "den Antragstellern ab dem 19.5.2016 bis zum 31.7.2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren und auszuzahlen, längstens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache": Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund seien vorliegend ausreichend glaubhaft gemacht. Die Antragsteller erfüllten grundsätzlich die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 und § 19 SGB II. Insbesondere seien sie hilfebedürftig iSd § 9 SGB II und erwerbsfähig iSd § 8 SGB II. Sie seien auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von den Leistungen ausgeschlossen, denn ihr Aufenthaltsrecht folge nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Zwar sei dem Antragsgegner zuzugeben, dass der Arbeitnehmerstatus des Antragstellers zu 2. nicht aufgrund der bis zum 30.12.2015 ausgeübten Beschäftigung weiter fortwirke, da er die Kündigung selbst ausgesprochen habe und die Arbeitslosigkeit daher nicht unfreiwillig im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU sei. Wie aber der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II – und dem folgend die Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 3.12.2015 – B 4 AS 43/15 R, juris RdNr. 27 mwN) – bereits besage, müsse das Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche das einzige einschlägige Aufenthaltsrecht sein, damit der Ausschluss greife. Bereits das Vorliegen der Voraussetzungen für ein anderes materiell bestehendes Aufenthaltsrecht als ein solches zum Zweck der Arbeitsuche hindere sozialrechtlich die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" (BSG aaO).
Die Antragsteller könnten sich auf ein solches anderes Aufenthaltsrecht berufen, nämlich – direkt im Falle der Antragstellerinnen zu 3. und 4. und abgeleitet im Fall der Antragsteller zu 1. und 2. – aus der unionsrechtlichen Regelung des Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011. Nach dieser Vorschrift könnten die Kinder von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt sei oder beschäftigt gewesen sei, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnten, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Wie der EuGH zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung in Art. 12 der VO (EWG) Nr. 1612/68 entschieden habe, gebe dieses Recht nicht nur dem Kind ein Aufenthaltsrecht, sondern daraus abgeleitet auch dem Elternteil, der die elterliche Sorge für das Kind tatsächlich wahrnehme, ohne dass er die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38/EG erfüllen müsse (EuGH, Urt. v. 23.2.2010, C-480/08, juris RdNr. 36, 49 und 52). Dass der Status des Arbeitnehmers mittlerweile entfallen sei, sei dabei ohne Belang (EuGH aaO, RdNr. 37, 49). Ein solches Aufenthaltsrecht schließe die Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II aus (BSG aaO, RdNr. 31 ff.). Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt.
Der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschl. v. 15.1.2016 – L 15 AS 226/15 B ER, juris), auf die sich der Antragsgegner berufe, könne nicht gefolgt werden (Hinweis zur Kritik auf: Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, RdNr. 99.2). Ausnahmevorschriften wie § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II seien grundsätzlich eng auszulegen.
Hiergegen richtet sich die am 11.7.2016 bei Gericht eingegangene Beschwerde des Antragsgegners: Der Schulbesuch eines bulgarischen Kindes löse keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen aus. Es bestehe durch den Schulbesuch kein Aufenthaltsrecht der Eltern, das dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegenstehe. Die Voraussetzungen für ein anderes, zu einer Gewährung von Leistungen nach dem SGB II führendes Aufenthaltsrecht nach dem Feizügigkeitsgesetz/EU oder dem Aufenthaltsgesetz liege durch den Wegfall des Arbeitnehmerstatus nicht vor. Zwar hätten Kinder von EU-Bürgern Anspruch auf den Schulbesuch und daher auch ein Aufenthaltsrecht. In der Folge dürften auch die Eltern für die Zeit des Schulbesuchs der Kinder bleiben. Dies führe aber nicht dazu, dass die Familie dann einen Anspruch auf SGB II-Leistungen habe. Ein aus dem Schulbesuch resultierendes Aufenthaltsrecht stehe der Annahme, dass die Eltern sich lediglich zur Arbeitssuche im Inland aufhielten, nicht entgegen. Der Schulbesuch des Kindes sei Folge und nicht Ursache der Einreise und Arbeitsaufnahme des Elternteils. Es würde dem Sinn und Zweck der Vorschriften des Freizügigkeitsgesetzes/EU und des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zuwider laufen, wenn nach Wegfall des anspruchsbegründenden Lebenssachverhalts (hier: Arbeitnehmerstatus der Kindesmutter) ein Lebenssachverhalt (hier: Schulbesuch des Kindes) anspruchsbegründend wäre, der für sich allein genommen bei Einreise keinen anderweitigen Aufenthaltsstatus begründetet hätte.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 7.6.2016 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht zur vorläufigen Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II verpflichtet. Denn ein Anordnungsanspruch ist im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht.
1. Die Antragsteller sind seit dem 1.1.2016 nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Danach sind ausgeschlossen "Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen". Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt: Das Aufenthaltsrecht jedenfalls des Antragstellers zu 2. kann sich seit dem 1.1.2016 allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergeben (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a FreizügG/EU). Die Antragsteller zu 1., 3. und 4. haben ein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 iVm § 3 FreizügG/EU).
a) Auf ein weiteres Aufenthaltsrecht iSd § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II können sich die Antragsteller nicht berufen. Ein solches folgt – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts – insbesondere nicht aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 (früher Art. 12 VO [EWG] Nr. 1612/68). Unabhängig davon, ob das aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 (der nur von "Kindern eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist" spricht) folgende Aufenthaltsrecht auch für Stiefkinder gilt (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 1.7.2016 – L 26 AS 1421/16 B ER, juris RdNr. 9), handelt es sich hierbei jedenfalls um ein abgeleitetes Recht als Familienangehöriger, das kein weiteres Aufenthaltsrecht iSd § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vermittelt:
aa) Die Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfordert eine Prüfung des Grundes bzw. der Gründe für eine im streitigen Leistungszeitraum bestehende Freizügigkeitsberechtigung nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU oder – nach dem Günstigkeitsvergleich nach § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU – eines Aufenthaltsrechts nach dem Aufenthaltsgesetz (so im Ansatz auch BSG, Urt. v. 3.12.2015 – B 4 AS 43/15 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 46, juris RdNr. 27 mwN). Vom Ausschlusstatbestand in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasst werden demgegenüber nur (originäre) Aufenthaltsrechte von Freizügigkeitsberechtigten iSd § 24 Abs. 2 und § 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38/EG und keine abgeleiteten Aufenthaltsrechte als Familienangehöriger.
bb) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift: Dieser normiert einen Leistungsausschluss für "Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen". Aus der gesonderten Nennung der "Familienangehörigen" folgt zum einen, dass deren abgeleitetes Aufenthaltsrecht nicht bereits von dem im Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zuvor genannten "Aufenthaltsrecht" erfasst sein soll. Zum anderen folgt daraus aber auch, dass Familienangehörige mit einem abgeleiteten Aufenthaltsrecht ebenfalls von dem Leistungsausschluss erfasst sein sollen.
cc) Diese Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, wie er aus der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (BT-Drs. 16/688, S. 13) klar zum Ausdruck kommt: Danach soll mit der Neufassung des (damaligen) § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II (heute § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II) Art. 24 Abs. 2 iVm Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38/EG umgesetzt werden, wonach im nationalen Recht Personen und ihre Familienangehörigen vom Bezug sozialer Leistungen ausgeschlossen werden können, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein auf den Zweck der Arbeitssuche gründet. Nach Art. 24 Abs. 2 iVm Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38/EG ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, Unionsbürgern, die in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b (d. h, solange sie nicht nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden) einen Anspruch u. a. auf Sozialhilfe zu gewähren. Auch hieraus ist zu entnehmen, dass abgeleitete Aufenthaltsrechte als Familienangehörige nicht als weitere – zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II berechtigende – Aufenthaltsrechte gelten sollen.
dd) Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 15.9.2015 – C 67/14 – Alimanovic, juris RdNr. 49; Urt. v. 11.11.2014 – C-333/13 – Dano, juris RdNr. 69). Der EuGH hat in der Entscheidung vom 15.9.2015 (aaO) unter Verweis auf die Entscheidung vom 11.11.2014 (aaO) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Unionsbürger hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats nur verlangen kann, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Staates die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt. Eine Gleichsetzung der auf der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 basierenden – abgeleiteten – Aufenthaltsrechte mit den bei Versagung des Zugangs zu Sozialleistungen zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG führenden Aufenthaltsrechten nach Art. 7 Abs. 3 Buchstabe c oder Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38/EG hat der EuGH in dieser Entscheidung nicht einmal erwogen und ist damit dem darauf gestützten Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH vom 26.3.2015 in der Rechtssache C-67/14 (juris, RdNr. 119 ff.) nicht gefolgt (vgl. hierzu auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 15.1.2015 – L 15 As 226/15 B ER, juris RdNr. 13). Entgegen der Auffassung des Generalanwalts ist das vom EuGH aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 (früher Art. 12 der Verordnung [EWG] Nr. 1612/68) abgeleitete Aufenthaltsrecht der Kinder (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 23.2.2010 – C-480/08 – Teixeira, juris RdNr. 39, 46; Urt. v. 17.9.2002 – C-413/99 – Baumbast und R, juris RdNr. 63, 75, 94; Urt. v. 23.2.2010 – C 310/08 – Ibrahim, juris RdNr. 29, 31, 42 f., 52, 56, 59) nicht "allein an das Recht auf Zugang zur Ausbildung gebunden" (so aber der Schlussantrag vom 26.3.2015 in der Rechtssache C-67/14, juris RdNr. 120), sondern jedenfalls auch an den Arbeitnehmerstatus eines Elternteils des Kindes, der zumindest zu Beginn des Schulbesuchs bestanden haben muss. Es handelt sich daher um ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger.
ee) Bestätigt wird dies – worauf das BSG im Urt. v. 3.12.2015 – B 4 AS 43/15 R (juris RdNr. 32 mwN) auch hinweist – durch Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG – im deutschen Recht umgesetzt durch § 3 Abs. 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU: Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG bestimmt, dass "der Wegzug des Unionsbürgers aus dem Aufnahmemitgliedstaat oder sein Tod weder für seine Kinder noch für den Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, zum Verlust des Aufenthaltsrechts führt. § 3 Abs. 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (überschrieben mit "Familienangehörige") spricht ausdrücklich vom "Unionsbürger, von dem (die Kinder) ihr Aufenthaltsrecht ableiten". Jedenfalls bis zum Wegzug oder dem Tod des "Unionsbürgers" handelt es sich bei dem Aufenthaltsrecht zum Schulbesuch folglich um ein abgeleitetes Recht als Familienangehöriger.
b) Begründet das nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 aus dem früheren Arbeitnehmerstatus des Antragstellers zu 2. abgeleitete Aufenthaltsrecht der Antragstellerinnen zu 3. und 4. als Familienangehörige damit kein weiteres Aufenthaltsrecht iSd § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, unterfallen damit sowohl der Antragsteller zu 2., dessen jetziges Aufenthaltsrecht nunmehr allein aus der Arbeit-suche folgt (oder folgen kann), als auch seine Familienangehörigen, die Antrag-stellerinnen zu 1., 3. und 4. dem Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
2. Das Aufenthaltsrecht des Antragstellers zu 2. als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU wirkte auch nicht über den 30.12.2015 hinaus fort, da die Arbeitslosigkeit nicht unfreiwillig eintrat (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 FreizügG/EU), sondern der Antragsteller zu 2. sein Beschäftigungsverhältnis selbst gekündigt hat.
3. Der Leistungsausschluss verstößt – wie der Senat bereits entschieden hat (Beschlüsse v. 11.2.2016 – L 3 AS 668/15 B ER, juris RdNr. 18 ff. und v. 5.11.2015 – L 3 AS 479/15 B ER, juris RdNr. 20 ff.) – weder gegen europäisches Unionsrecht (EuGH, Urteil vom 15.9.2015 – C-67/14), noch gegen das Grundgesetz.
a) Das Grundgesetz gebietet nicht die Gewährung bedarfsunabhängiger, voraus-setzungsloser Sozialleistungen (BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13). Vielmehr liegt es in der politischen Verantwortung des parlamentari-schen Gesetzgebers im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums zu bestimmen, welche Leistungen in welcher Höhe zur Existenzsicherung gewährt werden und die hierbei erforderlichen Wertungen vorzunehmen. Die bestehenden Regelungen zur Gewährung von Leistungen zur Existenzsicherung sind mit dem Grundrecht des Antragstellers auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar. Er kann darauf verwiesen werden, Leistungen seines Heimatlandes zur Sicherung seines Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen oder von seinem Freizügigkeitsrecht innerhalb des Hoheitsgebiets der EU Gebrauch zu machen. Mit dem Leistungsausschluss für EU-Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, hat der Gesetzgeber den Nachrang des Deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so auch LSG Bayern, Beschluss vom 13.10.2015 – L 16 AS 612/15 ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 – L 1 AS 2338/15 ER-B). Auch der aus dem gesetzlichen Leistungsausschluss resultierende faktische Zwang ins
Herkunftsland zurückkehren oder in einen anderen Mitgliedstaat reisen zu müssen, weil es ihm nicht möglich ist, seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland sicherzustellen, stellt keine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dar. Die Situation ist vergleichbar mit der von Auszubildenden und Studenten, die ihre Arbeitskraft für ihren Lebensunterhalt einsetzen müssen (so zu Recht und überzeugend LSG Bayern, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des BVerfG zu den Leistungsausschlüssen für Studenten und Auszubildende gemäß § 7 Abs. 5 SGB II vom 3.9.2014 – 1 BvR 1768/11 und vom 8.10.2014 – 1 BvR 886/11). Aus diesen Gründen verstößt auch der Ausschluss von Kindern eines vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betroffenen EU-Bürgers von bedarfsabhängigen Sozialleistungen nicht gegen das Grundgesetz. Denn das Grundgesetz gebiete nicht, den Kindern von nicht Leistungsberechtigten EU-Bürgern den Schuldbesuch in Deutschland durch Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu ermöglichen.
b) Der dem Grundgesetz verpflichtete Gesetzgeber hat auch keine aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG resultierende verfassungsrechtliche Pflicht über die bereits getroffenen Regelungen hinaus jedem Menschen, der sich – aus welchen Gründen auch immer, also legal oder illegal – in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, voraussetzungslose Sozialleistungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13) zu gewähren und die drei heutigen Existenzsicherungssysteme, deren verfassungsrechtlicher Kern das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG ist, um eine weitere Regelung zu ergänzen (vgl. zur Handlungspflicht des Gesetzgebers BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.10.1995 – 1 BvR 1348/95). Wie bereits ausgeführt, liegt es in der politischen Verantwortung des parlamentarischen Gesetzgebers im Rahmen seiner insoweit grundsätzlich freien Entscheidung zu bestimmen, welche Sozialleistungen in welcher Höhe gewährt werden und die hierbei erforderlichen Wertungen vorzunehmen.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen, die das BVerfG in seiner Entscheidung vom 18.7.2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 für die nach dem AsylbLG zu gewährenden Leistungen aufgestellt hat. Insbesondere ist hieraus nicht der Schluss zu ziehen, das BVerfG habe hier grundlegend entschieden, dass jeder Mensch, der – aus welchen Gründen auch immer – in die Bundesrepublik Deutschland einreist und sich hier aufhält, generell und voraussetzungslos über die bereits bestehenden Existenzsicherungssysteme Anspruch auf (dauerhafte) staatliche Leistungen zur Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums unmittelbar aus der Verfassung hat. Abgesehen davon, dass ausdrücklich nur über § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und § 3 Abs. 2 Satz 3 iVm Abs. 1 Satz 4 AsylbLG sowie § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 und § 3 Abs. 2 Satz 3 iVm Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des AsylbLG (jeweils in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.8.1997 (BGBl. I S. 2022) entschieden wurde, ergibt sich insbesondere aus der Begründung, dass diese Erwägungen nicht allgemein zu verstehen sind, sondern mit Blick auf die konkrete Fragestellung, nämlich, ob die nach dem AsylblG für diesen Personenkreis zu gewährenden Leistungen unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art 20 Abs. 1 GG ausreichen, die entsprechenden Regeln also verfassungsgemäß sind (vgl. hierzu aaO, juris RdNr. 68, 95).
3. Ein Anordnungsanspruch ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Da folglich eine Leistungspflicht des Trägers der Sozialhilfe nicht ernsthaft in Betracht kommt, war dieser im vorliegenden Verfahren auch nicht nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen.
a) Es kann hierbei letztendlich offen bleiben, ob die Antragsteller bereits deswegen nach § 21 Satz 1 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen sind, weil die Antragsteller zu 1. und 2. als erwerbsfähige Hilfebedürftige vom Grundsatz her alle Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllen und daher "nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige ( ) dem Grunde nach leistungsberechtigt" sind (vgl. zum Meinungsstand LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.5.2014 – L 8 SO 129/14 B, juris RdNr. 13 ff.). Hierfür sprechen neben dem Wortlaut der Vorschrift vor allem Sinn und Zweck sowie der Wille des Gesetzgebers, wie er in der Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 5.9.2003 klar zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 15/1514, S. 57):
"Die Regelung setzt nicht voraus, dass jemand tatsächlich Leistungen des anderen Sozialleistungsträgers erhält oder voll erhält, sondern knüpft an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren im Zweiten Buch näher bezeichnete Angehörige an".
Denn jedenfalls bestünde auch bei einer Anwendung der Vorschriften des SGB XII für den Antragsteller kein Leistungsanspruch. Hierfür käme allenfalls die Auffangvorschrift nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in Betracht, deren Voraussetzungen im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt sind.
aa) Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII kann "im Übrigen" (d. h. wenn ein Leistungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht besteht) Sozialhilfe geleistet wer-den, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Es handelt sich hierbei folglich um eine Ermessensleistung die voraussetzt, dass eine Leistungserbringung im konkreten Einzelfall auch in Ansehung von Sinn und Zweck eines bestimmten, grundsätzlich eingreifenden Leistungsausschlusses gerechtfertigt ist (vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 10.12.1987 – 5 C 32/85, BVerwGE 78, 314, juris RdNr. 18 f. zu § 120 BSHG). Im vorliegenden Fall sind indes keine Anhaltspunkte glaubhaft gemacht oder sonst ersichtlich, nach denen im vorliegenden konkreten Einzelfall eine Gewährung von Sozialhilfe trotz des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bzw. gleichlautend für das SGB XII in § 23 Abs. 3 Satz 1 ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte.
bb) Angesichts des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und deren Familienangehörige, Sinn und Zweck dieser Regelung, einer "Einwanderung in die Sozialsysteme" unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die die Freizügigkeit für EU-Bürger innerhalb des EU-Binnenmarktes bietet, entgegenzuwirken (vgl. hierzu bereits den Beschluss des Senats vom 5.11.2015 – L 3 AS 479/15 B ER, juris RdNr. 18, sowie LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4.2.2015 – L 2 AS 14/15 B ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.6.2015 – L 1 AS 2338/15 ER-B) und der sich aus den Gesetzesmaterialien klar ergebenden Intention des Gesetzgebers, einen solchen Leistungsausschluss sicherzustellen (vgl. hierzu zu § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II BR-Drucks. 617/06, S. 15:
"Die Einfügung normiert einen der Regelung im Zweiten Buch Sozialgesetz-buch entsprechenden Leistungsausschluss für Ausländer und stellt damit zugleich sicher, dass Ausländer, die nach § 7 Absatz 1 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch haben, auch aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch keine Ansprüche herleiten können."),
kann den Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in diesem Zusammenhang allenfalls ein Ausnahmecharakter beigemessen werden, so dass es hierfür besonderer Umstände bedarf, um von dem grundsätzlich geltenden Leistungsausschluss abzuweichen. Solche Umstände sind im vorliegenden Verfahren aber weder glaubhaft gemacht, noch sonst ersichtlich.
b) Der entgegenstehenden Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris RdNr. 36 ff.) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Eine vom BSG als Begründung für eine Ermessensreduktion auf Null herangezogene – nach der Entscheidung des BSG nach sechs Monaten regelmäßig eintretende – Verfestigung des Aufenthalts (aaO RdNr. 53) kann nach Auffassung des Senats in Bezug auf einen Anspruch auf Sozialhilfe nicht Grundlage einer Ausnahmeentscheidung nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII sein. Denn abgesehen davon, dass sich für eine regelmäßige Verfestigung des Aufenthalts nach sechs Monaten aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen keinerlei Anhaltspunkte ableiten lassen (im Gegenteil dürfte sich das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a und Satz 2 FreizügG/EU für arbeitslose und arbeitsuchende Unionsbürger nach sechs Monaten eher lockern) und aus einem solchen Aufenthaltsrecht im Hinblick auf die gerade für diese Fälle geltenden Leistungsausschlüssen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II und § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII jedenfalls für einen Anspruch auf Sozialhilfe keine Rückschlüsse ziehen lassen, handelt es sich hierbei um eine abstrakt-generelle Erwägung, die eine Ausnahme in einem konkreten Einzelfall angesichts des auch für diesen Fall gesetzlich grundsätzlich angeordneten Leistungsausschlusses nicht rechtfertigen kann. Denn dadurch würde die gesetzliche Regelung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII mit abstrakt-generellen Erwägungen – jedenfalls was Unionsbürger betrifft, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten – in ihr Gegenteil verkehrt und damit eine (abstrakt-generelle) Regelung zur Anwendung gebracht, für die es so in den gesetzgebenden Körperschaften keine politische Mehrheit gegeben hat.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
5. Den Antragstellern war nach § 114 Abs. 1 Satz 1 und § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO iVm § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG Prozesskostenhilfe ohne Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung zu bewilligen, da nur der Antragsgegner das Rechtsmittel eingelegt hat.
6. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt F, M beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Die Antragsteller sind bulgarische Staatsangehörige, die im September 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Die Antragstellerin zu 1. und der Antragsteller zu 2. sind seit dem 19.8.2015 verheiratet. Die Antragstellerinnen zu 3 (geboren 2001) und 4 (geboren 2005) sind die leiblichen Kinder der Antragstellerin zu 1. und besuchen die Schule, die Antragstellerin zu 3. die Klasse 9b der L Grund- und Realschule plus B (Schulbescheinigung vom 2.6.2016) und die Antragstellerin zu 4. die Klasse 4a der Grundschule am L (Schulbescheinigung vom 2.6.2016). Die Antragsteller wohnen zusammen in M zu einer monatlichen Gesamtmiete von EUR 385,--. Der Antragsteller zu 2. war vom 18.5.2015 bis zum 30.12.2015 als Möbel- und Küchenmonteur / Umzugshelfer zu einer monatlichen Bruttovergütung von EUR 1.360,-- beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis hat er am 30.12.2015 gekündigt (Bestätigung der Kündigung durch den früheren Arbeitgeber D T vom 21.4.2016). Als Grund für die Kündigung hat der Antragsteller zu 2. dem Antragsgegner mitgeteilt, dass sich sein Arbeitgeber nicht an die abgemachten Vereinbarungen gehalten habe; insbesondere habe er statt der vereinbarten acht Stunden täglich fast 13 Stunden und mehr ohne zusätzliche Bezahlung arbeiten müssen.
Bereits am 28.5.2015 hatten die Antragsteller Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner beantragt, der aber lediglich dem Antragsteller zu 2. für den Monat Mai 2015 Leistungen bewilligt und den Antrag im Übrigen abgelehnt hat.
Einen erneuten Antrag vom 19.2.2016 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 11.5.2016 ab: Die Antragsteller hätten lediglich ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche und als Familienangehörige von Arbeitsuchenden und seien daher nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Die Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU wirke bei einer Beschäftigung von weniger als einem Jahr Beschäftigung nach § 2 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes nur bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit für sechs Monate fort. Der Antragsteller zu 2. habe sein Beschäftigungsverhältnis durch Eigenkündigung aber freiwillig beendet. Über den hiergegen am 17.5.2016 erhobenen Widerspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Auf den am 19.5.2016 eingegangenen Antrag hat das Sozialgericht Mainz den Antragsgegner durch Beschluss vom 7.6.2016 (dem Antragsgegner zugestellt am 14.6.2016) im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, "den Antragstellern ab dem 19.5.2016 bis zum 31.7.2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren und auszuzahlen, längstens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache": Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund seien vorliegend ausreichend glaubhaft gemacht. Die Antragsteller erfüllten grundsätzlich die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 und § 19 SGB II. Insbesondere seien sie hilfebedürftig iSd § 9 SGB II und erwerbsfähig iSd § 8 SGB II. Sie seien auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von den Leistungen ausgeschlossen, denn ihr Aufenthaltsrecht folge nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Zwar sei dem Antragsgegner zuzugeben, dass der Arbeitnehmerstatus des Antragstellers zu 2. nicht aufgrund der bis zum 30.12.2015 ausgeübten Beschäftigung weiter fortwirke, da er die Kündigung selbst ausgesprochen habe und die Arbeitslosigkeit daher nicht unfreiwillig im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU sei. Wie aber der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II – und dem folgend die Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 3.12.2015 – B 4 AS 43/15 R, juris RdNr. 27 mwN) – bereits besage, müsse das Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche das einzige einschlägige Aufenthaltsrecht sein, damit der Ausschluss greife. Bereits das Vorliegen der Voraussetzungen für ein anderes materiell bestehendes Aufenthaltsrecht als ein solches zum Zweck der Arbeitsuche hindere sozialrechtlich die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" (BSG aaO).
Die Antragsteller könnten sich auf ein solches anderes Aufenthaltsrecht berufen, nämlich – direkt im Falle der Antragstellerinnen zu 3. und 4. und abgeleitet im Fall der Antragsteller zu 1. und 2. – aus der unionsrechtlichen Regelung des Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011. Nach dieser Vorschrift könnten die Kinder von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt sei oder beschäftigt gewesen sei, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnten, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Wie der EuGH zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung in Art. 12 der VO (EWG) Nr. 1612/68 entschieden habe, gebe dieses Recht nicht nur dem Kind ein Aufenthaltsrecht, sondern daraus abgeleitet auch dem Elternteil, der die elterliche Sorge für das Kind tatsächlich wahrnehme, ohne dass er die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38/EG erfüllen müsse (EuGH, Urt. v. 23.2.2010, C-480/08, juris RdNr. 36, 49 und 52). Dass der Status des Arbeitnehmers mittlerweile entfallen sei, sei dabei ohne Belang (EuGH aaO, RdNr. 37, 49). Ein solches Aufenthaltsrecht schließe die Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II aus (BSG aaO, RdNr. 31 ff.). Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt.
Der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschl. v. 15.1.2016 – L 15 AS 226/15 B ER, juris), auf die sich der Antragsgegner berufe, könne nicht gefolgt werden (Hinweis zur Kritik auf: Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, RdNr. 99.2). Ausnahmevorschriften wie § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II seien grundsätzlich eng auszulegen.
Hiergegen richtet sich die am 11.7.2016 bei Gericht eingegangene Beschwerde des Antragsgegners: Der Schulbesuch eines bulgarischen Kindes löse keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen aus. Es bestehe durch den Schulbesuch kein Aufenthaltsrecht der Eltern, das dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegenstehe. Die Voraussetzungen für ein anderes, zu einer Gewährung von Leistungen nach dem SGB II führendes Aufenthaltsrecht nach dem Feizügigkeitsgesetz/EU oder dem Aufenthaltsgesetz liege durch den Wegfall des Arbeitnehmerstatus nicht vor. Zwar hätten Kinder von EU-Bürgern Anspruch auf den Schulbesuch und daher auch ein Aufenthaltsrecht. In der Folge dürften auch die Eltern für die Zeit des Schulbesuchs der Kinder bleiben. Dies führe aber nicht dazu, dass die Familie dann einen Anspruch auf SGB II-Leistungen habe. Ein aus dem Schulbesuch resultierendes Aufenthaltsrecht stehe der Annahme, dass die Eltern sich lediglich zur Arbeitssuche im Inland aufhielten, nicht entgegen. Der Schulbesuch des Kindes sei Folge und nicht Ursache der Einreise und Arbeitsaufnahme des Elternteils. Es würde dem Sinn und Zweck der Vorschriften des Freizügigkeitsgesetzes/EU und des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zuwider laufen, wenn nach Wegfall des anspruchsbegründenden Lebenssachverhalts (hier: Arbeitnehmerstatus der Kindesmutter) ein Lebenssachverhalt (hier: Schulbesuch des Kindes) anspruchsbegründend wäre, der für sich allein genommen bei Einreise keinen anderweitigen Aufenthaltsstatus begründetet hätte.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 7.6.2016 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht zur vorläufigen Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II verpflichtet. Denn ein Anordnungsanspruch ist im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht.
1. Die Antragsteller sind seit dem 1.1.2016 nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Danach sind ausgeschlossen "Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen". Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt: Das Aufenthaltsrecht jedenfalls des Antragstellers zu 2. kann sich seit dem 1.1.2016 allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergeben (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a FreizügG/EU). Die Antragsteller zu 1., 3. und 4. haben ein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 iVm § 3 FreizügG/EU).
a) Auf ein weiteres Aufenthaltsrecht iSd § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II können sich die Antragsteller nicht berufen. Ein solches folgt – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts – insbesondere nicht aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 (früher Art. 12 VO [EWG] Nr. 1612/68). Unabhängig davon, ob das aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 (der nur von "Kindern eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist" spricht) folgende Aufenthaltsrecht auch für Stiefkinder gilt (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 1.7.2016 – L 26 AS 1421/16 B ER, juris RdNr. 9), handelt es sich hierbei jedenfalls um ein abgeleitetes Recht als Familienangehöriger, das kein weiteres Aufenthaltsrecht iSd § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vermittelt:
aa) Die Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfordert eine Prüfung des Grundes bzw. der Gründe für eine im streitigen Leistungszeitraum bestehende Freizügigkeitsberechtigung nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU oder – nach dem Günstigkeitsvergleich nach § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU – eines Aufenthaltsrechts nach dem Aufenthaltsgesetz (so im Ansatz auch BSG, Urt. v. 3.12.2015 – B 4 AS 43/15 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 46, juris RdNr. 27 mwN). Vom Ausschlusstatbestand in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasst werden demgegenüber nur (originäre) Aufenthaltsrechte von Freizügigkeitsberechtigten iSd § 24 Abs. 2 und § 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38/EG und keine abgeleiteten Aufenthaltsrechte als Familienangehöriger.
bb) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift: Dieser normiert einen Leistungsausschluss für "Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen". Aus der gesonderten Nennung der "Familienangehörigen" folgt zum einen, dass deren abgeleitetes Aufenthaltsrecht nicht bereits von dem im Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zuvor genannten "Aufenthaltsrecht" erfasst sein soll. Zum anderen folgt daraus aber auch, dass Familienangehörige mit einem abgeleiteten Aufenthaltsrecht ebenfalls von dem Leistungsausschluss erfasst sein sollen.
cc) Diese Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, wie er aus der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (BT-Drs. 16/688, S. 13) klar zum Ausdruck kommt: Danach soll mit der Neufassung des (damaligen) § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II (heute § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II) Art. 24 Abs. 2 iVm Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38/EG umgesetzt werden, wonach im nationalen Recht Personen und ihre Familienangehörigen vom Bezug sozialer Leistungen ausgeschlossen werden können, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein auf den Zweck der Arbeitssuche gründet. Nach Art. 24 Abs. 2 iVm Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38/EG ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, Unionsbürgern, die in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b (d. h, solange sie nicht nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden) einen Anspruch u. a. auf Sozialhilfe zu gewähren. Auch hieraus ist zu entnehmen, dass abgeleitete Aufenthaltsrechte als Familienangehörige nicht als weitere – zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II berechtigende – Aufenthaltsrechte gelten sollen.
dd) Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 15.9.2015 – C 67/14 – Alimanovic, juris RdNr. 49; Urt. v. 11.11.2014 – C-333/13 – Dano, juris RdNr. 69). Der EuGH hat in der Entscheidung vom 15.9.2015 (aaO) unter Verweis auf die Entscheidung vom 11.11.2014 (aaO) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Unionsbürger hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats nur verlangen kann, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Staates die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt. Eine Gleichsetzung der auf der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 basierenden – abgeleiteten – Aufenthaltsrechte mit den bei Versagung des Zugangs zu Sozialleistungen zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG führenden Aufenthaltsrechten nach Art. 7 Abs. 3 Buchstabe c oder Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38/EG hat der EuGH in dieser Entscheidung nicht einmal erwogen und ist damit dem darauf gestützten Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH vom 26.3.2015 in der Rechtssache C-67/14 (juris, RdNr. 119 ff.) nicht gefolgt (vgl. hierzu auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 15.1.2015 – L 15 As 226/15 B ER, juris RdNr. 13). Entgegen der Auffassung des Generalanwalts ist das vom EuGH aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 (früher Art. 12 der Verordnung [EWG] Nr. 1612/68) abgeleitete Aufenthaltsrecht der Kinder (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 23.2.2010 – C-480/08 – Teixeira, juris RdNr. 39, 46; Urt. v. 17.9.2002 – C-413/99 – Baumbast und R, juris RdNr. 63, 75, 94; Urt. v. 23.2.2010 – C 310/08 – Ibrahim, juris RdNr. 29, 31, 42 f., 52, 56, 59) nicht "allein an das Recht auf Zugang zur Ausbildung gebunden" (so aber der Schlussantrag vom 26.3.2015 in der Rechtssache C-67/14, juris RdNr. 120), sondern jedenfalls auch an den Arbeitnehmerstatus eines Elternteils des Kindes, der zumindest zu Beginn des Schulbesuchs bestanden haben muss. Es handelt sich daher um ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger.
ee) Bestätigt wird dies – worauf das BSG im Urt. v. 3.12.2015 – B 4 AS 43/15 R (juris RdNr. 32 mwN) auch hinweist – durch Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG – im deutschen Recht umgesetzt durch § 3 Abs. 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU: Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG bestimmt, dass "der Wegzug des Unionsbürgers aus dem Aufnahmemitgliedstaat oder sein Tod weder für seine Kinder noch für den Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, zum Verlust des Aufenthaltsrechts führt. § 3 Abs. 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (überschrieben mit "Familienangehörige") spricht ausdrücklich vom "Unionsbürger, von dem (die Kinder) ihr Aufenthaltsrecht ableiten". Jedenfalls bis zum Wegzug oder dem Tod des "Unionsbürgers" handelt es sich bei dem Aufenthaltsrecht zum Schulbesuch folglich um ein abgeleitetes Recht als Familienangehöriger.
b) Begründet das nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 aus dem früheren Arbeitnehmerstatus des Antragstellers zu 2. abgeleitete Aufenthaltsrecht der Antragstellerinnen zu 3. und 4. als Familienangehörige damit kein weiteres Aufenthaltsrecht iSd § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, unterfallen damit sowohl der Antragsteller zu 2., dessen jetziges Aufenthaltsrecht nunmehr allein aus der Arbeit-suche folgt (oder folgen kann), als auch seine Familienangehörigen, die Antrag-stellerinnen zu 1., 3. und 4. dem Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
2. Das Aufenthaltsrecht des Antragstellers zu 2. als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU wirkte auch nicht über den 30.12.2015 hinaus fort, da die Arbeitslosigkeit nicht unfreiwillig eintrat (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 FreizügG/EU), sondern der Antragsteller zu 2. sein Beschäftigungsverhältnis selbst gekündigt hat.
3. Der Leistungsausschluss verstößt – wie der Senat bereits entschieden hat (Beschlüsse v. 11.2.2016 – L 3 AS 668/15 B ER, juris RdNr. 18 ff. und v. 5.11.2015 – L 3 AS 479/15 B ER, juris RdNr. 20 ff.) – weder gegen europäisches Unionsrecht (EuGH, Urteil vom 15.9.2015 – C-67/14), noch gegen das Grundgesetz.
a) Das Grundgesetz gebietet nicht die Gewährung bedarfsunabhängiger, voraus-setzungsloser Sozialleistungen (BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13). Vielmehr liegt es in der politischen Verantwortung des parlamentari-schen Gesetzgebers im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums zu bestimmen, welche Leistungen in welcher Höhe zur Existenzsicherung gewährt werden und die hierbei erforderlichen Wertungen vorzunehmen. Die bestehenden Regelungen zur Gewährung von Leistungen zur Existenzsicherung sind mit dem Grundrecht des Antragstellers auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar. Er kann darauf verwiesen werden, Leistungen seines Heimatlandes zur Sicherung seines Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen oder von seinem Freizügigkeitsrecht innerhalb des Hoheitsgebiets der EU Gebrauch zu machen. Mit dem Leistungsausschluss für EU-Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, hat der Gesetzgeber den Nachrang des Deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so auch LSG Bayern, Beschluss vom 13.10.2015 – L 16 AS 612/15 ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 – L 1 AS 2338/15 ER-B). Auch der aus dem gesetzlichen Leistungsausschluss resultierende faktische Zwang ins
Herkunftsland zurückkehren oder in einen anderen Mitgliedstaat reisen zu müssen, weil es ihm nicht möglich ist, seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland sicherzustellen, stellt keine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dar. Die Situation ist vergleichbar mit der von Auszubildenden und Studenten, die ihre Arbeitskraft für ihren Lebensunterhalt einsetzen müssen (so zu Recht und überzeugend LSG Bayern, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des BVerfG zu den Leistungsausschlüssen für Studenten und Auszubildende gemäß § 7 Abs. 5 SGB II vom 3.9.2014 – 1 BvR 1768/11 und vom 8.10.2014 – 1 BvR 886/11). Aus diesen Gründen verstößt auch der Ausschluss von Kindern eines vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betroffenen EU-Bürgers von bedarfsabhängigen Sozialleistungen nicht gegen das Grundgesetz. Denn das Grundgesetz gebiete nicht, den Kindern von nicht Leistungsberechtigten EU-Bürgern den Schuldbesuch in Deutschland durch Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu ermöglichen.
b) Der dem Grundgesetz verpflichtete Gesetzgeber hat auch keine aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG resultierende verfassungsrechtliche Pflicht über die bereits getroffenen Regelungen hinaus jedem Menschen, der sich – aus welchen Gründen auch immer, also legal oder illegal – in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, voraussetzungslose Sozialleistungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13) zu gewähren und die drei heutigen Existenzsicherungssysteme, deren verfassungsrechtlicher Kern das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG ist, um eine weitere Regelung zu ergänzen (vgl. zur Handlungspflicht des Gesetzgebers BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.10.1995 – 1 BvR 1348/95). Wie bereits ausgeführt, liegt es in der politischen Verantwortung des parlamentarischen Gesetzgebers im Rahmen seiner insoweit grundsätzlich freien Entscheidung zu bestimmen, welche Sozialleistungen in welcher Höhe gewährt werden und die hierbei erforderlichen Wertungen vorzunehmen.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen, die das BVerfG in seiner Entscheidung vom 18.7.2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 für die nach dem AsylbLG zu gewährenden Leistungen aufgestellt hat. Insbesondere ist hieraus nicht der Schluss zu ziehen, das BVerfG habe hier grundlegend entschieden, dass jeder Mensch, der – aus welchen Gründen auch immer – in die Bundesrepublik Deutschland einreist und sich hier aufhält, generell und voraussetzungslos über die bereits bestehenden Existenzsicherungssysteme Anspruch auf (dauerhafte) staatliche Leistungen zur Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums unmittelbar aus der Verfassung hat. Abgesehen davon, dass ausdrücklich nur über § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und § 3 Abs. 2 Satz 3 iVm Abs. 1 Satz 4 AsylbLG sowie § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 und § 3 Abs. 2 Satz 3 iVm Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des AsylbLG (jeweils in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.8.1997 (BGBl. I S. 2022) entschieden wurde, ergibt sich insbesondere aus der Begründung, dass diese Erwägungen nicht allgemein zu verstehen sind, sondern mit Blick auf die konkrete Fragestellung, nämlich, ob die nach dem AsylblG für diesen Personenkreis zu gewährenden Leistungen unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art 20 Abs. 1 GG ausreichen, die entsprechenden Regeln also verfassungsgemäß sind (vgl. hierzu aaO, juris RdNr. 68, 95).
3. Ein Anordnungsanspruch ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Da folglich eine Leistungspflicht des Trägers der Sozialhilfe nicht ernsthaft in Betracht kommt, war dieser im vorliegenden Verfahren auch nicht nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen.
a) Es kann hierbei letztendlich offen bleiben, ob die Antragsteller bereits deswegen nach § 21 Satz 1 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen sind, weil die Antragsteller zu 1. und 2. als erwerbsfähige Hilfebedürftige vom Grundsatz her alle Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllen und daher "nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige ( ) dem Grunde nach leistungsberechtigt" sind (vgl. zum Meinungsstand LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.5.2014 – L 8 SO 129/14 B, juris RdNr. 13 ff.). Hierfür sprechen neben dem Wortlaut der Vorschrift vor allem Sinn und Zweck sowie der Wille des Gesetzgebers, wie er in der Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 5.9.2003 klar zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 15/1514, S. 57):
"Die Regelung setzt nicht voraus, dass jemand tatsächlich Leistungen des anderen Sozialleistungsträgers erhält oder voll erhält, sondern knüpft an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren im Zweiten Buch näher bezeichnete Angehörige an".
Denn jedenfalls bestünde auch bei einer Anwendung der Vorschriften des SGB XII für den Antragsteller kein Leistungsanspruch. Hierfür käme allenfalls die Auffangvorschrift nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in Betracht, deren Voraussetzungen im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt sind.
aa) Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII kann "im Übrigen" (d. h. wenn ein Leistungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht besteht) Sozialhilfe geleistet wer-den, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Es handelt sich hierbei folglich um eine Ermessensleistung die voraussetzt, dass eine Leistungserbringung im konkreten Einzelfall auch in Ansehung von Sinn und Zweck eines bestimmten, grundsätzlich eingreifenden Leistungsausschlusses gerechtfertigt ist (vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 10.12.1987 – 5 C 32/85, BVerwGE 78, 314, juris RdNr. 18 f. zu § 120 BSHG). Im vorliegenden Fall sind indes keine Anhaltspunkte glaubhaft gemacht oder sonst ersichtlich, nach denen im vorliegenden konkreten Einzelfall eine Gewährung von Sozialhilfe trotz des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bzw. gleichlautend für das SGB XII in § 23 Abs. 3 Satz 1 ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte.
bb) Angesichts des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und deren Familienangehörige, Sinn und Zweck dieser Regelung, einer "Einwanderung in die Sozialsysteme" unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die die Freizügigkeit für EU-Bürger innerhalb des EU-Binnenmarktes bietet, entgegenzuwirken (vgl. hierzu bereits den Beschluss des Senats vom 5.11.2015 – L 3 AS 479/15 B ER, juris RdNr. 18, sowie LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4.2.2015 – L 2 AS 14/15 B ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.6.2015 – L 1 AS 2338/15 ER-B) und der sich aus den Gesetzesmaterialien klar ergebenden Intention des Gesetzgebers, einen solchen Leistungsausschluss sicherzustellen (vgl. hierzu zu § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II BR-Drucks. 617/06, S. 15:
"Die Einfügung normiert einen der Regelung im Zweiten Buch Sozialgesetz-buch entsprechenden Leistungsausschluss für Ausländer und stellt damit zugleich sicher, dass Ausländer, die nach § 7 Absatz 1 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch haben, auch aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch keine Ansprüche herleiten können."),
kann den Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in diesem Zusammenhang allenfalls ein Ausnahmecharakter beigemessen werden, so dass es hierfür besonderer Umstände bedarf, um von dem grundsätzlich geltenden Leistungsausschluss abzuweichen. Solche Umstände sind im vorliegenden Verfahren aber weder glaubhaft gemacht, noch sonst ersichtlich.
b) Der entgegenstehenden Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris RdNr. 36 ff.) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Eine vom BSG als Begründung für eine Ermessensreduktion auf Null herangezogene – nach der Entscheidung des BSG nach sechs Monaten regelmäßig eintretende – Verfestigung des Aufenthalts (aaO RdNr. 53) kann nach Auffassung des Senats in Bezug auf einen Anspruch auf Sozialhilfe nicht Grundlage einer Ausnahmeentscheidung nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII sein. Denn abgesehen davon, dass sich für eine regelmäßige Verfestigung des Aufenthalts nach sechs Monaten aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen keinerlei Anhaltspunkte ableiten lassen (im Gegenteil dürfte sich das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a und Satz 2 FreizügG/EU für arbeitslose und arbeitsuchende Unionsbürger nach sechs Monaten eher lockern) und aus einem solchen Aufenthaltsrecht im Hinblick auf die gerade für diese Fälle geltenden Leistungsausschlüssen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II und § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII jedenfalls für einen Anspruch auf Sozialhilfe keine Rückschlüsse ziehen lassen, handelt es sich hierbei um eine abstrakt-generelle Erwägung, die eine Ausnahme in einem konkreten Einzelfall angesichts des auch für diesen Fall gesetzlich grundsätzlich angeordneten Leistungsausschlusses nicht rechtfertigen kann. Denn dadurch würde die gesetzliche Regelung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII mit abstrakt-generellen Erwägungen – jedenfalls was Unionsbürger betrifft, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten – in ihr Gegenteil verkehrt und damit eine (abstrakt-generelle) Regelung zur Anwendung gebracht, für die es so in den gesetzgebenden Körperschaften keine politische Mehrheit gegeben hat.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
5. Den Antragstellern war nach § 114 Abs. 1 Satz 1 und § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO iVm § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG Prozesskostenhilfe ohne Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung zu bewilligen, da nur der Antragsgegner das Rechtsmittel eingelegt hat.
6. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
RPF
Saved