Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 40 AS 1060/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 920/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.04.2016 geändert. Der Antragsgegner wird auch verpflichtet, Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.09.2015 bis zum 10.04.2016 zu zahlen. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt L, L, beigeordnet. Der Antragsgegner hat die Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Beschwerdeverfahren ist noch die Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.09.2015 bis zum 10.04.2016 streitig.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 06.11.2015 (S 40 AS 3544/15 ER) hatte das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs vom 16.09.2015 bis 15.03.2016 zu zahlen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs ab dem 17.03.2016 zu zahlen. Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 31.05.2016 für die Zeit ab 11.04.2016 den Antragstellern vorläufig Regelleistung und Unterkunftskosten bewilligt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Erlass einer einstweiligen Anordnung auch in Bezug auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung abgelehnt.
Im Gegensatz zur Meinung des Antragsgegners ist der Bedarf für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 01.09.2015 bis 15.03.2016 bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen. Die Antragsteller haben ihren ursprünglichen Antrag mit Schriftsatz vom 19.04.2016 entsprechend erweitert und das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich auch über die Unterkunftskosten für die Zeit vor der Antragstellung entschieden.
Zwar ist der Anspruch auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.09.2015 bis zum 15.03.2016 bereits Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 40 AS 3544/15 ER gewesen und vom Sozialgericht mit Beschluss vom 06.11.2015 abgelehnt worden. Dies steht einer zusprechenden Entscheidung durch den Senat im jetzt anhängigen Verfahren indes nicht entgegen. Zwar sind auch Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutz der formellen Rechtskraft zugänglich und ein erneuter Antrag unzulässig, wenn er den abgelehnten Antrag lediglich wiederholt (LSG Berlin, Beschluss vom 26.10.2004 - L 15 B 88/04 KR ER). Die materielle Rechtskraft einer Eilentscheidung erstreckt sich jedoch nur auf den Streitgegenstand des Eilverfahrens, nicht also auf das materielle Recht als solches, sondern nur auf dessen Sicherung. Ist eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten und stellt sich das Sicherungsbedürfnis nunmehr anders dar als zunächst angenommen, ist damit eine erneute Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch im Wege des Eilverfahrens nicht ausgeschlossen. Insbesondere bei der Verneinung des Anordnungsgrundes können neue Tatsachen eine neue Entscheidung über die Sicherung des geltend gemachten Anspruchs erfordern. Vorliegend ist eine wesentliche Änderung der Sachlage dadurch eingetreten, dass die Antragsteller mit Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des Vermieters nunmehr glaubhaft gemacht haben, dass Mietschulden in beträchtlicher Höhe (3142, 99 EUR) aufgelaufen sind, die nicht aus Eigenmitteln bestritten werden können und ihre Unterkunft gefährden.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - Rn. 24 f). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - Rn. 26; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 86 b Rn. 29 a).
Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund iSd § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht.
Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Antragsteller zu 1) und 2) gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als italienische Arbeitsuchende von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Die Frage, ob die dauerhafte Fortgeltung der Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer nach Eintritt unfreiwilliger Arbeitslosigkeit gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU, die einem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegenstehen kann, eine ununterbrochene Beschäftigung von mehr als einem Jahr erfordert, ist bisher nicht höchstrichterlich entschieden. Das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 22.05.2015 - 12 B 312/15) hält eine mehr als einjährige ununterbrochene Beschäftigung für erforderlich. Das Bayrische Landessozialgericht (Beschluss vom 20.06.2016 - L 16 AS 284/16 B ER) hält aneinander anschließende unterjährige Tätigkeiten, die insgesamt mehr als ein Jahr ausgeübt werden, für ausreichend. Es wird auch vertreten, der Leistungsausschluss findet keine Anwendung auf einen Unionsbürger, der vor Eintritt unfreiwilliger Arbeitslosigkeit im Inland zwei befristete Beschäftigungsverhältnisse als Arbeitnehmer hatte, die zwar jeweils nicht zu einer Beschäftigungsdauer von mehr als einem Jahr geführt haben und sich nicht nahtlos anschließen, aber deren Beschäftigungszeiten insgesamt mehr als ein Jahr betragen (SG Düsseldorf, Urteil vom 31.03.2016 - S 18 AS 4381/15; Revision zum BSG Revision anhängig - B 4 AS 17/16 R). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (vergl. Beschlüsse vom 16.12.2015 - L 7 AS 1466/15 B ER, vom 17.12.2015 - L 7 AS 1711/15 B ER, vom 04.03.2016 - L 7 AS 2143/15 B ER, vom 22.03.2016 - L 7 AS 354/16 B ER, vom 05.04.2016 - L 7 AS 453/16 und vom 07.04.2016 - L 7 AS 288/16 B ER) ist der Antragsgegner jedenfalls als Träger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§§ 6, 44b Abs. 1 SGB II) nach § 43 SGB I zur Erbringung vorläufiger Leistungen verpflichtet.
Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann gem. § 43 SGB I der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Er hat gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I Leistungen zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.
Die Antragsteller zu 1) und 2) haben dem Grunde nach einen Anspruch auf existenzsichernde Sozialleistungen (zur Notwendigkeit der Zweckidentität von vorgeleisteter und ggfs. endgültig zustehender Leistung Grube, in: JurisPK, § 102 SGB X Rn. 37). Sie sind mangels ausreichenden eigenen Einkommens und Vermögens hilfebedürftig und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Insofern erfüllen sie sowohl die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II als auch die Voraussetzungen des §§ 19 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Sie bewegen sich innerhalb der Altersgrenzen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II; für Leistungen nach dem SGB XII sind Altersgrenzen nicht vorgegeben (lediglich die Leistungsart ist gem. § 19 Abs. 2 SGB XII altersabhängig). Der Umstand, dass die Antragsteller zu 1) und 2) sowohl nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als auch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII als Person, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus der Arbeitsuche ergibt, möglicherweise von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen sind, steht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zufolge einem Anspruch nicht entgegen. Das BSG hat mit Urteilen vom 03.12.2015 (B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 B ER), vom 16.12.2015 (B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R, B 14 AS 33/14 R), vom 20.01.2016 (B 14 AS 15/15 R und B 14 AS 35/15 R), vom 17.02.2016 (B 4 AS 24/14 R) sowie vom 17.03.2016 (B 4 AS 32/15 R) entschieden, dass sowohl für Arbeitsuchende, als auch für Personen, die in Ermangelung von Erfolgsaussichten bei der Arbeitsuche nicht über eine Freizügigkeitsberechtigung verfügen, zumindest Sozialhilfeleistungen im Ermessenswege zu erbringen sind, wenn - wie bei den Antragstellern zu 1) und 2) - ein verfestigter Aufenthalt (über sechs Monate) vorliegt. Das in der Norm vorgesehene Ermessen ist aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminium in der Weise reduziert, dass regelmäßig zumindest Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten ist. Der Senat folgt der abweichenden Rechtsprechung einiger Instanzgerichte in Eilverfahren (vergl. ua LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2016 - L 29 AS 20/16 ER; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.02.2016 - L 3 AS 668/15 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 - L 9 AS 1335/15 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.03.2016 - L 12 SO 79/16 B ER) nicht.
Es liegt zwischen dem Antragsgegner und dem Sozialhilfeträger ein negativer Komptenzkonflikt iSd § 43 SGB I vor. Dies folgt aus § 21 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Regelung erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Umstritten ist, ob das Tatbestandsmerkmal dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II nur allgemein die Leistungssysteme des SGB II einerseits und des SGB XII andererseits nach dem Kriterium der Erwerbsfähigkeit abgrenzt mit der Folge, dass erwerbsfähige Personen keinen Anspruch nach dem SGB XII geltend machen können, auch nicht bei Eingreifen eines Leistungsausschlusses (so zB LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.05.2014 - L 8 SO 129/14 BER mwN auch zur Gegenauffassung), oder ob die Vorschrift den Zugang zum SGB XII eröffnet, wenn Hilfebedürftige aufgrund eines negativen Tatbestandsmerkmals keinen Zugang zu SGB II-Leistungen haben (so ua LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.11.2012 - L 19 AS 1917/12 B ER). Seit dem Urteil des BSG vom 03.12.2015 (B 4 AS 44/15 R) ist höchstrichterlich entschieden, dass jedenfalls auch erwerbsfähige Personen mit einem verfestigten Aufenthalt Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII haben können. Damit ist die Frage, ob Antragsteller dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterfallen, - ähnlich wie die Frage der Erwerbsfähigkeit iSd § 8 Abs. 1 SGB II (vergl. § 44 a Abs. 1 Satz 7 SGB II) - (lediglich) maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Leistungsträgers. Unterliegen die Antragsteller dem Leistungsausschluss nicht, weil sie auch über ein anderweitiges Aufenthaltsrecht verfügt, ist der Antragsgegner für die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuständig. Unterliegen die Antragsteller hingegen dem Leistungsausschluss, ist der Sozialhilfeträger bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für die Erbringung von Hilfe zum Lebensunterhalt zuständig.
Der Antragsgegner ist zuerst angegangener Leistungsträger iSd § 43 SGB I. Unbeachtlich ist, dass der Antragsgegner seine Leistungspflicht aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II bereits mit Bescheid vom 04.04.2016 abgelehnt hat. Eine - der Sache nach wegen fehlender Zuständigkeit - bereits ergangene Ablehnungsentscheidung steht einer Vorleistungspflicht nach § 43 SGB I jedenfalls solange die Ablehnungsentscheidung (wie hier) noch nicht bestandskräftig geworden ist, nicht entgegen. Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch kommt nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Vorläufig bewilligte Leistungen sind daher als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R mwN) und die daher unabhängig von der Ablehnung endgültig zustehender Leistungen erbracht werden können.
In dem Leistungsantrag ist im Zweifel auch ein Antrag iSd § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I zu sehen, vorläufige Leistungen zu erbringen. Ein Antrag ist jede gegenüber dem erstangegangenen Leistungsträger abgegebene Willenserklärung, aus der - erforderlichenfalls durch Auslegung - zu entnehmen ist, dass der Berechtigte zumindest vorläufige Leistungen wünscht (Lilge, SGB I, § 43 Rn. 40). Dies ist bei einem Antrag auf existenzsichernde Leistungen im Regelfall zu bejahen.
Einer Anwendung von § 43 SGB I steht nicht entgegen, dass die Bewilligung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII grundsätzlich im Ermessen des Sozialhilfeträgers steht. Zwar trifft zu, dass § 43 SGB I nach wohl herrschender Meinung nicht angewendet werden kann, wenn die Leistung des einen Trägers eine gebundene Leistung ist, während die Leistung des anderen Trägers in dessen Ermessen steht (Wagner, in: JurisPK, § 43 SGB I Rn. 23 mit Hinweisen auf die Gegenauffassung). Vorliegend ist jedoch maßgeblich, dass nach der zitierten Rechtsprechung des BSG eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen ist. Insoweit ist der Anwendungsbereich von § 43 SGB I damit eröffnet.
Die Rechte des Antragsgegners sind gewahrt, weil er für den Fall, dass die Antragstellerin von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen ist, einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen kann. Der aus der Anwendung von § 43 SGB I folgende Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X erfordert die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der vorläufig erbrachten Leistungen (allg. Meinung, vergl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.04.2013 - L 20 SO 453/11 mwN). Sie ist gegeben, weil es sich bei der Frage, ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eingreift, in Folge der zitierten Rechtsprechung des BSG nicht um den Streit um eine materielle Anspruchsvoraussetzung, sondern um die Eröffnung eines Kompetenzkonfliktes handelt. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den Antragsgegner geltenden Rechtsvorschriften (§ 102 Abs. 2 SGB X). Der Sozialhilfeträger kann diese evtl. erweiterte Erstattungspflicht vermeiden, indem er den Leistungsfall übernimmt und den negativen Kompetenzkonflikt damit beendet.
Der Anspruch der Antragstellerin zu 3) ergibt sich aus § 7 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 4 SGB II.
Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (grundlegend Beschluss vom 04.05.2015 - L 7 AS 139/15 B ER mit zustimmender Anmerkung Siebold, ASR 2015,109; vergl. auch Beschlüsse vom 16.11.2015 - L 7 AS 1729/15 B ER, vom 04.03.2016 - L 7 AS 2143/15 B ER und vom 13.04.2016 - L 7 AS 507/16 B ER) ist der Antragsgegner auch zur Zahlung von Leistungen für die Unterkunft und Heizung zu verpflichten. Zwar würde dieser Ansatz allein angesichts der Rechtkraft des Beschlusses des Sozialgerichts vom 06.11.2015 im Verfahren S 40 AS 3544/15 ER für den Zeitraum vom 01.09.2015 bis zum 15.03.2016 nicht für eine zusprechende Entscheidung ausreichen. Indes ist - wie dargelegt - auch eine wesentliche Änderung der Sachlage dadurch eingetreten, dass die Antragsteller nunmehr glaubhaft gemacht haben, dass Mietschulden in beträchtlicher Höhe (3142,99 EUR) aufgelaufen sind, die nicht aus Eigenmitteln bestritten werden können und ihre Unterkunft gefährden. Nur die volle Übernahme der Unterkunftskosten ist geeignet, die Unterkunft der Antragsteller dauerhaft zu sichern (hierzu Beschluss des Senats vom 25.11.2015 - L 7 AS 1882/15). Es handelt sich nicht um Mietschulden iSd § 22 Abs. 8 SGB II, weil die Mietrückstände aus Zeiten des Leistungsbezugs resultieren und der entsprechende Bedarf vom Antragsgegner bisher nicht übernommen wurde. Der hierdurch bedingte Nachholbedarf (hierzu Sächsisches LSG, Beschluss vom 16.04.2013 - L 3 AS 1311/12 B; Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 35a) rechtfertigt die Übernahme der Unterkunftskosten auch für die Zeit vor Eingang des Eilantrags beim Sozialgericht, weshalb der Senat im vorliegenden Fall von dem Grundsatz abweicht, dass die Zubilligung von Leistungen für eine Zeit vor Stellung des Eilantrags nicht in Betracht kommt und auch insoweit der Beschwerde stattgibt (vergl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.10.2015 - L 19 AS 1365/15 B ER).
Die Verpflichtung des Antragsgegners lediglich dem Grunde nach folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 130 SGG.
Da die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hatte, war den Antragstellern für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Im Beschwerdeverfahren ist noch die Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.09.2015 bis zum 10.04.2016 streitig.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 06.11.2015 (S 40 AS 3544/15 ER) hatte das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs vom 16.09.2015 bis 15.03.2016 zu zahlen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs ab dem 17.03.2016 zu zahlen. Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 31.05.2016 für die Zeit ab 11.04.2016 den Antragstellern vorläufig Regelleistung und Unterkunftskosten bewilligt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Erlass einer einstweiligen Anordnung auch in Bezug auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung abgelehnt.
Im Gegensatz zur Meinung des Antragsgegners ist der Bedarf für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 01.09.2015 bis 15.03.2016 bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen. Die Antragsteller haben ihren ursprünglichen Antrag mit Schriftsatz vom 19.04.2016 entsprechend erweitert und das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich auch über die Unterkunftskosten für die Zeit vor der Antragstellung entschieden.
Zwar ist der Anspruch auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.09.2015 bis zum 15.03.2016 bereits Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 40 AS 3544/15 ER gewesen und vom Sozialgericht mit Beschluss vom 06.11.2015 abgelehnt worden. Dies steht einer zusprechenden Entscheidung durch den Senat im jetzt anhängigen Verfahren indes nicht entgegen. Zwar sind auch Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutz der formellen Rechtskraft zugänglich und ein erneuter Antrag unzulässig, wenn er den abgelehnten Antrag lediglich wiederholt (LSG Berlin, Beschluss vom 26.10.2004 - L 15 B 88/04 KR ER). Die materielle Rechtskraft einer Eilentscheidung erstreckt sich jedoch nur auf den Streitgegenstand des Eilverfahrens, nicht also auf das materielle Recht als solches, sondern nur auf dessen Sicherung. Ist eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten und stellt sich das Sicherungsbedürfnis nunmehr anders dar als zunächst angenommen, ist damit eine erneute Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch im Wege des Eilverfahrens nicht ausgeschlossen. Insbesondere bei der Verneinung des Anordnungsgrundes können neue Tatsachen eine neue Entscheidung über die Sicherung des geltend gemachten Anspruchs erfordern. Vorliegend ist eine wesentliche Änderung der Sachlage dadurch eingetreten, dass die Antragsteller mit Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des Vermieters nunmehr glaubhaft gemacht haben, dass Mietschulden in beträchtlicher Höhe (3142, 99 EUR) aufgelaufen sind, die nicht aus Eigenmitteln bestritten werden können und ihre Unterkunft gefährden.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - Rn. 24 f). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - Rn. 26; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 86 b Rn. 29 a).
Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund iSd § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht.
Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Antragsteller zu 1) und 2) gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als italienische Arbeitsuchende von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Die Frage, ob die dauerhafte Fortgeltung der Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer nach Eintritt unfreiwilliger Arbeitslosigkeit gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU, die einem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegenstehen kann, eine ununterbrochene Beschäftigung von mehr als einem Jahr erfordert, ist bisher nicht höchstrichterlich entschieden. Das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 22.05.2015 - 12 B 312/15) hält eine mehr als einjährige ununterbrochene Beschäftigung für erforderlich. Das Bayrische Landessozialgericht (Beschluss vom 20.06.2016 - L 16 AS 284/16 B ER) hält aneinander anschließende unterjährige Tätigkeiten, die insgesamt mehr als ein Jahr ausgeübt werden, für ausreichend. Es wird auch vertreten, der Leistungsausschluss findet keine Anwendung auf einen Unionsbürger, der vor Eintritt unfreiwilliger Arbeitslosigkeit im Inland zwei befristete Beschäftigungsverhältnisse als Arbeitnehmer hatte, die zwar jeweils nicht zu einer Beschäftigungsdauer von mehr als einem Jahr geführt haben und sich nicht nahtlos anschließen, aber deren Beschäftigungszeiten insgesamt mehr als ein Jahr betragen (SG Düsseldorf, Urteil vom 31.03.2016 - S 18 AS 4381/15; Revision zum BSG Revision anhängig - B 4 AS 17/16 R). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (vergl. Beschlüsse vom 16.12.2015 - L 7 AS 1466/15 B ER, vom 17.12.2015 - L 7 AS 1711/15 B ER, vom 04.03.2016 - L 7 AS 2143/15 B ER, vom 22.03.2016 - L 7 AS 354/16 B ER, vom 05.04.2016 - L 7 AS 453/16 und vom 07.04.2016 - L 7 AS 288/16 B ER) ist der Antragsgegner jedenfalls als Träger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§§ 6, 44b Abs. 1 SGB II) nach § 43 SGB I zur Erbringung vorläufiger Leistungen verpflichtet.
Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann gem. § 43 SGB I der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Er hat gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I Leistungen zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.
Die Antragsteller zu 1) und 2) haben dem Grunde nach einen Anspruch auf existenzsichernde Sozialleistungen (zur Notwendigkeit der Zweckidentität von vorgeleisteter und ggfs. endgültig zustehender Leistung Grube, in: JurisPK, § 102 SGB X Rn. 37). Sie sind mangels ausreichenden eigenen Einkommens und Vermögens hilfebedürftig und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Insofern erfüllen sie sowohl die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB II als auch die Voraussetzungen des §§ 19 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Sie bewegen sich innerhalb der Altersgrenzen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II; für Leistungen nach dem SGB XII sind Altersgrenzen nicht vorgegeben (lediglich die Leistungsart ist gem. § 19 Abs. 2 SGB XII altersabhängig). Der Umstand, dass die Antragsteller zu 1) und 2) sowohl nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als auch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII als Person, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus der Arbeitsuche ergibt, möglicherweise von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen sind, steht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zufolge einem Anspruch nicht entgegen. Das BSG hat mit Urteilen vom 03.12.2015 (B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 B ER), vom 16.12.2015 (B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R, B 14 AS 33/14 R), vom 20.01.2016 (B 14 AS 15/15 R und B 14 AS 35/15 R), vom 17.02.2016 (B 4 AS 24/14 R) sowie vom 17.03.2016 (B 4 AS 32/15 R) entschieden, dass sowohl für Arbeitsuchende, als auch für Personen, die in Ermangelung von Erfolgsaussichten bei der Arbeitsuche nicht über eine Freizügigkeitsberechtigung verfügen, zumindest Sozialhilfeleistungen im Ermessenswege zu erbringen sind, wenn - wie bei den Antragstellern zu 1) und 2) - ein verfestigter Aufenthalt (über sechs Monate) vorliegt. Das in der Norm vorgesehene Ermessen ist aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminium in der Weise reduziert, dass regelmäßig zumindest Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten ist. Der Senat folgt der abweichenden Rechtsprechung einiger Instanzgerichte in Eilverfahren (vergl. ua LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2016 - L 29 AS 20/16 ER; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.02.2016 - L 3 AS 668/15 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 - L 9 AS 1335/15 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.03.2016 - L 12 SO 79/16 B ER) nicht.
Es liegt zwischen dem Antragsgegner und dem Sozialhilfeträger ein negativer Komptenzkonflikt iSd § 43 SGB I vor. Dies folgt aus § 21 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Regelung erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Umstritten ist, ob das Tatbestandsmerkmal dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II nur allgemein die Leistungssysteme des SGB II einerseits und des SGB XII andererseits nach dem Kriterium der Erwerbsfähigkeit abgrenzt mit der Folge, dass erwerbsfähige Personen keinen Anspruch nach dem SGB XII geltend machen können, auch nicht bei Eingreifen eines Leistungsausschlusses (so zB LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.05.2014 - L 8 SO 129/14 BER mwN auch zur Gegenauffassung), oder ob die Vorschrift den Zugang zum SGB XII eröffnet, wenn Hilfebedürftige aufgrund eines negativen Tatbestandsmerkmals keinen Zugang zu SGB II-Leistungen haben (so ua LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.11.2012 - L 19 AS 1917/12 B ER). Seit dem Urteil des BSG vom 03.12.2015 (B 4 AS 44/15 R) ist höchstrichterlich entschieden, dass jedenfalls auch erwerbsfähige Personen mit einem verfestigten Aufenthalt Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII haben können. Damit ist die Frage, ob Antragsteller dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterfallen, - ähnlich wie die Frage der Erwerbsfähigkeit iSd § 8 Abs. 1 SGB II (vergl. § 44 a Abs. 1 Satz 7 SGB II) - (lediglich) maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Leistungsträgers. Unterliegen die Antragsteller dem Leistungsausschluss nicht, weil sie auch über ein anderweitiges Aufenthaltsrecht verfügt, ist der Antragsgegner für die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuständig. Unterliegen die Antragsteller hingegen dem Leistungsausschluss, ist der Sozialhilfeträger bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für die Erbringung von Hilfe zum Lebensunterhalt zuständig.
Der Antragsgegner ist zuerst angegangener Leistungsträger iSd § 43 SGB I. Unbeachtlich ist, dass der Antragsgegner seine Leistungspflicht aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II bereits mit Bescheid vom 04.04.2016 abgelehnt hat. Eine - der Sache nach wegen fehlender Zuständigkeit - bereits ergangene Ablehnungsentscheidung steht einer Vorleistungspflicht nach § 43 SGB I jedenfalls solange die Ablehnungsentscheidung (wie hier) noch nicht bestandskräftig geworden ist, nicht entgegen. Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch kommt nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Vorläufig bewilligte Leistungen sind daher als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R mwN) und die daher unabhängig von der Ablehnung endgültig zustehender Leistungen erbracht werden können.
In dem Leistungsantrag ist im Zweifel auch ein Antrag iSd § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I zu sehen, vorläufige Leistungen zu erbringen. Ein Antrag ist jede gegenüber dem erstangegangenen Leistungsträger abgegebene Willenserklärung, aus der - erforderlichenfalls durch Auslegung - zu entnehmen ist, dass der Berechtigte zumindest vorläufige Leistungen wünscht (Lilge, SGB I, § 43 Rn. 40). Dies ist bei einem Antrag auf existenzsichernde Leistungen im Regelfall zu bejahen.
Einer Anwendung von § 43 SGB I steht nicht entgegen, dass die Bewilligung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII grundsätzlich im Ermessen des Sozialhilfeträgers steht. Zwar trifft zu, dass § 43 SGB I nach wohl herrschender Meinung nicht angewendet werden kann, wenn die Leistung des einen Trägers eine gebundene Leistung ist, während die Leistung des anderen Trägers in dessen Ermessen steht (Wagner, in: JurisPK, § 43 SGB I Rn. 23 mit Hinweisen auf die Gegenauffassung). Vorliegend ist jedoch maßgeblich, dass nach der zitierten Rechtsprechung des BSG eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen ist. Insoweit ist der Anwendungsbereich von § 43 SGB I damit eröffnet.
Die Rechte des Antragsgegners sind gewahrt, weil er für den Fall, dass die Antragstellerin von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen ist, einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen kann. Der aus der Anwendung von § 43 SGB I folgende Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X erfordert die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der vorläufig erbrachten Leistungen (allg. Meinung, vergl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.04.2013 - L 20 SO 453/11 mwN). Sie ist gegeben, weil es sich bei der Frage, ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eingreift, in Folge der zitierten Rechtsprechung des BSG nicht um den Streit um eine materielle Anspruchsvoraussetzung, sondern um die Eröffnung eines Kompetenzkonfliktes handelt. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den Antragsgegner geltenden Rechtsvorschriften (§ 102 Abs. 2 SGB X). Der Sozialhilfeträger kann diese evtl. erweiterte Erstattungspflicht vermeiden, indem er den Leistungsfall übernimmt und den negativen Kompetenzkonflikt damit beendet.
Der Anspruch der Antragstellerin zu 3) ergibt sich aus § 7 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 4 SGB II.
Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (grundlegend Beschluss vom 04.05.2015 - L 7 AS 139/15 B ER mit zustimmender Anmerkung Siebold, ASR 2015,109; vergl. auch Beschlüsse vom 16.11.2015 - L 7 AS 1729/15 B ER, vom 04.03.2016 - L 7 AS 2143/15 B ER und vom 13.04.2016 - L 7 AS 507/16 B ER) ist der Antragsgegner auch zur Zahlung von Leistungen für die Unterkunft und Heizung zu verpflichten. Zwar würde dieser Ansatz allein angesichts der Rechtkraft des Beschlusses des Sozialgerichts vom 06.11.2015 im Verfahren S 40 AS 3544/15 ER für den Zeitraum vom 01.09.2015 bis zum 15.03.2016 nicht für eine zusprechende Entscheidung ausreichen. Indes ist - wie dargelegt - auch eine wesentliche Änderung der Sachlage dadurch eingetreten, dass die Antragsteller nunmehr glaubhaft gemacht haben, dass Mietschulden in beträchtlicher Höhe (3142,99 EUR) aufgelaufen sind, die nicht aus Eigenmitteln bestritten werden können und ihre Unterkunft gefährden. Nur die volle Übernahme der Unterkunftskosten ist geeignet, die Unterkunft der Antragsteller dauerhaft zu sichern (hierzu Beschluss des Senats vom 25.11.2015 - L 7 AS 1882/15). Es handelt sich nicht um Mietschulden iSd § 22 Abs. 8 SGB II, weil die Mietrückstände aus Zeiten des Leistungsbezugs resultieren und der entsprechende Bedarf vom Antragsgegner bisher nicht übernommen wurde. Der hierdurch bedingte Nachholbedarf (hierzu Sächsisches LSG, Beschluss vom 16.04.2013 - L 3 AS 1311/12 B; Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 35a) rechtfertigt die Übernahme der Unterkunftskosten auch für die Zeit vor Eingang des Eilantrags beim Sozialgericht, weshalb der Senat im vorliegenden Fall von dem Grundsatz abweicht, dass die Zubilligung von Leistungen für eine Zeit vor Stellung des Eilantrags nicht in Betracht kommt und auch insoweit der Beschwerde stattgibt (vergl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.10.2015 - L 19 AS 1365/15 B ER).
Die Verpflichtung des Antragsgegners lediglich dem Grunde nach folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 130 SGG.
Da die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hatte, war den Antragstellern für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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