L 5 AS 65/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AS 3821/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 65/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Dezember 2013 wird abgeändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 23. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2009 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 29. April 2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 6. Juni 2009 abzuändern und verurteilt, an den Kläger für Juni 2009 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in Höhe von 135,79 EUR, für Juli 2009 in Höhe von 108,03 EUR, für August 2009 in Höhe von 119,56 EUR, für September 2009 in Höhe von 118,98 EUR, für Oktober 2009 in Höhe von 108,03 EUR sowie für November 2009 in Höhe von 119,57 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung für den hälftigen Miteigentumsanteil des nur von ihm bewohnten Eigenheims als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) im Rahmen der Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II).

Der am ... 1955 geborene Kläger bezog vom Beklagten seit 1. Januar 2005 - mit einer Unterbrechung von Januar bis Juni 2007 - Leistungen nach dem SBG II. Er war im streitigen Zeitraum zusammen mit seiner geschiedenen Ehefrau Miteigentümer eines Wohnhauses mit einer Wohnfläche von etwa 87 qm Wohnfläche, das auf einem 343 qm großen Grundstück gelegen ist.

Im April 2004 trennte sich das Ehepaar, mit Urteil vom 7. Juni 2005 wurde die Ehe geschieden. Nach dem Auszug der geschiedenen Ehefrau lebte der Kläger nach eigenen Angaben überwiegend allein in dem Haus. Beide waren intensiv bemüht, das Haus zu veräußern, was jedoch trotz Einschaltung von Maklern nicht gelang.

Bereits 2004 forderte die geschiedene Ehefrau vom Kläger die Zahlung eines monatlichen Nutzungsentgeltes in Höhe von 250 EUR/Monat. Diese Forderung erhielt sie auch nach der Ehescheidung aufrecht. Am 15. April 2009 machte sie sie ab 1. Januar 2006 klageweise geltend. Die geschiedene Ehefrau legte einen Bruttokaltmietzins in Höhe von 4,50 EUR/qm zugrunde, der nach dem Mietspiegel der Stadt A. angemessen sei. Unter Abzug der verbrauchsunabhängigen Kosten in Höhe von 26 EUR/Monat ergebe sich ein bereinigter Mietwert in Höhe von 500 EUR/Monat, wovon sie die Hälfte geltend mache.

Am 16. Juni 2009 schloss der Kläger mit seiner geschiedenen Ehefrau vor dem Landgericht Magdeburg nachfolgenden Vergleich:

Der Beklagte zahlt an die Klägerin als Nutzungsentschädigung für den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück M. in A. für den Zeitraum Januar 2006 bis einschließlich Juni 2009 7.000 EUR.

Ab Juli zahlt der Beklagte an die Klägerin als Nutzungsentschädigung für den unter 1. genannten Miteigentumsanteil monatlich 150 EUR.

Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

Mit Abschluss dieses Vergleichs sind sämtliche Ansprüche aus diesem Rechtsstreit erledigt.

Der Kläger wies darauf hin, nach seiner derzeitigen Einkommenssituation nicht in der Lage zu sein, monatlich 150 EUR aufzubringen. Die geschiedene Ehefrau sicherte zu, dass sie in einen etwaigen Erlös aus der Zwangsversteigerung oder dem Verkauf des Hauses vollstrecken würde.

Bei der Leistungsbewilligung berücksichtigte der Beklagte die KdU monatlich mit einem Zwölftel der tatsächlichen Aufwendungen/Jahr. Eine monatliche Nutzungsentschädigung hatte der Kläger nicht geltend gemacht.

Mit Bescheid vom 29. April 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. Juni 2009 (Regelsatzangleichung ab 1. Juli 2009) bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für die Monate Juni bis November 2009. Als KdU zahlte er 161,96 EUR/Monat.

Der Kläger hatte in diesem Zeitraum nachfolgende geltend gemachte Aufwendungen:

( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )

Unter dem 30. Juni 2009 beantragte er beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die Nutzung des Hauses. Gemäß des vor dem Landgericht geschlossenen Vergleichs müsse er an seine geschiedene Ehefrau für die letzten drei Jahre eine Nutzungsgebühr in Höhe von 7.000 EUR sowie ab 1. Juli 2009 in Höhe von 150 EUR/Monat zahlen.

Mit Bescheid vom 23. Juli 2009 lehnte der Beklagte die Bewilligung der beantragten Kosten ab. Sie seien nicht Bestandteil der KdU.

Unter dem 28. Juli 2009 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein. Die von der geschiedenen Ehefrau geltend gemachte Nutzungsentschädigung entspreche in zivilrechtlicher Hinsicht einem Mietzins. Sie stelle eine Gegenleistung in Geld für die Nutzung des Wohnraums dar. Wegen der Nichtexistenz eines Mietvertrages sei er verpflichtet, Ersatz wegen der entgangenen Nutzung an seine geschiedene Ehefrau zu zahlen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2009 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Seit der Trennung von seiner früheren Ehefrau im April 2004 habe für den Kläger die Möglichkeit bestanden, sich einer Veräußerung des Eigenheims bzw. einer Auseinandersetzung des Miteigentumsrechts zu stellen. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Deswegen mache die geschiedene Ehefrau nunmehr eine Nutzungsentschädigung für den Miteigentumsanteil am Grundstück geltend. Diese könne jedoch nicht als KdU übernommen werden.

Mit der am 18. Dezember 2009 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren der Übernahme der Nutzungsentschädigung durch den Beklagten weiter verfolgt. Ergänzend hat er ausgeführt, es handele sich um eine solche nach §§ 743, 748 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die geschiedene Ehefrau habe das Recht gehabt, im Rahmen der Eigentümergemeinschaft Nutzungen aus dem Haus zu ziehen. Da sie dort selbst nicht gewohnt habe, sei sie berechtigt gewesen, eine Entschädigung zu verlangen. Die Zahlung von 7.000 EUR für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2009 entspreche einer monatlichen Nutzungsentschädigung in Höhe von 166,67 EUR. Für die Zeit ab 1. Juli 2009 seien 150 EUR/Monat angefallen. Diese Kosten seien auch als angemessen einzustufen. Der Beklagte habe den Kläger nicht zur Senkung der KdU aufgefordert. Der Kläger hat ebenfalls die Zahlung weiterer KdU wegen der fälligen Nutzungsentschädigung über den Monat November 2009 hinaus geltend gemacht.

Das Sozialgericht hat mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2013 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2009 und Abänderung des Bescheides vom 29. April 2009 verpflichtet, dem Kläger für Juni 2009 weitere 7.000 EUR und den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. November 2009 weitere 150 EUR monatlich für die KdU zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, der Antrag des Klägers vom 30. Juni 2009 auf Bewilligung von Leistungen unter Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung stelle sich als Überprüfungsantrag hinsichtlich der bereits bewilligten Leistungen gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) in Verbindung mit § 40 Abs.1 Satz 1 SGB II dar. Streitgegenständlichen sei allein die Höhe der zu berücksichtigenden KdU. Die Beschränkung des Streitgegenstandes sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zulässig.

Der Kläger habe einen Anspruch auf Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung im Rahmen der KdU. Für die Qualifizierung als Unterkunftskosten seien eine tatsächliche und eine rechtliche Verknüpfung der streitgegenständlichen Zahlungen mit den Unterkunftskosten erforderlich. Die Nutzungsentschädigung sei weder Mietzins als Aufwendung aus einem Mietvertrag noch Finanzierungs- oder Tilgungsrate als Aufwendung für einen Finanzierungskredit des Eigenheims. Sie ergebe sich zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers aus den Regelungen der §§ 743 ff. BGB. Der Anspruch entstehe bei endgültigem Auszug eines rechtskräftig geschiedenen Ehegatten aus der aufgrund von gemeinschaftlichem Eigentum genutzten Wohnung ab dem ernsthaften Zahlungsverlangen. An der Ernsthaftigkeit der Forderung bestünden keine Zweifel. Die geschiedene Ehefrau habe ihre Ansprüche konsequent verfolgt. Die Höhe der Nutzungsentschädigung sei am Wohnwert bemessen worden, wie sich aus der Berechnung aus der Klageschrift an das Landgericht Magdeburg vom 9. April 2009 ergebe.

Dem stehe nicht entgegen, dass eine Zahlung mangels Zahlungsfähigkeit des Klägers nicht erfolgt sei. Der geschuldete Betrag in Höhe von 7.000 EUR sei im Juni 2009 aufgrund des gerichtlichen Vergleiches fällig geworden. Es handele sich nicht um Schulden im Sinne von § 22 Abs. 5 SGB II. Die Verbindlichkeit sei erst nach Eintritt der Hilfebedürftigkeit aufgrund des gerichtlichen Vergleichs entstanden. Sie habenberuhte auch auf einer Entschädigung für Januar bis Juni 2007 beruht, mithin für einen Zeitraum, in dem keine Hilfebedürftigkeit des Klägers bestanden habe. Soweit KdU in einer Summe fällig würden, seien sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen.

Eine Stundungsvereinbarung könne im gerichtlichen Vergleich nicht gesehen werden. Der Kläger habe lediglich auf die seinerzeitige Einkommenssituation hingewiesen. Die Erklärung der geschiedenen Ehefrau, eine Vollstreckung nur in den Erlös des Hauses aus dem Verkauf bzw. einer Zwangsvollstreckung betreiben zu wollen, sei unter Berücksichtigung der Zahlungsschwierigkeiten und der Vermeidung weiterer Kosten zu sehen. Mehr als eine Titulierung könne mangels eines hinreichenden Einkommens des Klägers von der geschiedenen Ehefrau im Hinblick auf die Frage der Sachlichkeit der Forderung nicht verlangt werden. Die Erklärung sei auch nicht Inhalt des geschlossenen Vergleiches geworden.

Hinsichtlich der Angemessenheit der KdU bestünden auch unter Berücksichtigung der bereits bewilligten Leistungen keine Bedenken. Dem Kläger könne nicht vorgehalten werden, er habe bereits 2004 eine Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft anstreben müssen. Eine Verpflichtung zur Veräußerung des Miteigentumsanteils sei unter Berücksichtigung des nach § 12 SGB II geschützten Vermögens nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger eine Bewilligung höherer Leistung auch für den Zeitraum vom 1. Dezember 2009 bis 30. November 2011 begehre, lägen bestandskräftige Bewilligungsbescheide vor. Er hätte gegen jeden Bescheid für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt vorgehen müssen. Ein Anspruch auf Bewilligung von zukünftigen Leistungen über den streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt hinaus bestehe nicht.

Gegen das dem Beklagten am 3. Januar 2014 zugestellte Urteil hat dieser am 3. Februar 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2009 fehle es an einem Bedarf. Die Nutzungsentschädigung sei - wenn überhaupt - erst im Juni 2009 fällig geworden. Zudem habe der Kläger die Nutzungsentschädigung zuvor nie ihm gegenüber geltend gemacht.

Nutze ein Partner nach der Trennung die im Miteigentum stehende Immobilie weiter bestehe nicht zwangsläufig für den anderen Partner ein Nutzungsentschädigungsanspruch. Während des Getrenntlebens sei die Nutzungsentschädigung im Übrigen der Billigkeit nach zu bestimmen und könne entfallen, wenn der in dem Eigenheim verbleibende Partner auf einen Unterhaltsanspruch verzichtet. Allein die Nutzung an gemeinschaftlichen Gegenständen durch die Miteigentümer ohne Regelung führe noch nicht zu Entschädigungsansprüchen des anderen Miteigentümers.

Seiner Ansicht nach handele es sich bei der Nutzungsentschädigung in Höhe von 7.000 EUR um Schulden für vorangegangene Zeiträume, die bei der Leistungsberechnung nach dem SGB II grundsätzlich nicht zu berücksichtigen seien. Im Übrigen hätte die damalige Ehefrau des Klägers auch keine Zwangsräumung durchsetzen können.

Nach Ansicht des Beklagten sei durch den Vergleich ein Vertrag zulasten Dritter geschlossen worden, welcher deswegen keine Berücksichtigung finden könne. Die Kostenübernahmeregelung sei rechtlich und moralisch anstößig und verstoße auch gegen § 242 BGB zulasten des Beklagten aufgrund des zeitlichen Abstandes zwischen dem Vertragsschluss und dem Eintritt der Bedürftigkeit.

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Dezember 2013 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Argumentation des Sozialgerichts für zutreffend. Bereits aus dem Schriftsatz der Bevollmächtigten seiner früheren Ehefrau des Klägers vom 20. Oktober 2004 werde deutlich, dass diese wegen der Nutzung ihres Miteigentumsanteils am Haus eine Nutzungsentschädigung nach §§ 743,748 BGB gefordert habe. Zweifelsfrei sei daher der Wille zu erkennen gewesen, ausschließlich für die tatsächlich vom Kläger gezogene Nutzung des in ihrem Alleineigentum stehenden Miteigentumsanteils eine Entschädigung zu erhalten. Es handele sich daher um KdU.

Die Berichterstatterin hat mit Beschlusss vom 13. Juli 2015 im Einvernehmen mit den Beteiligten das Verfahren ruhend gestellt wegen einer zu erwartenden Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) zur hier streitigen Rechtsfrage der Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung im Rahmen der KdU. Das Verfahren ist nach Ergehen der Entscheidung des Bundessozialgerichts (B 14 AS 13/14 R) fortgesetzt worden.

Die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte des Beklagten und die Akten des Landgerichts Magdeburg haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Sie ist auch statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Denn die Verpflichtung des Sozialgerichts, dem Kläger für die Zeit von Juli bis November 2009 weitere 7.750 EUR zu zahlen, übersteigt einen Betrag von 750 EUR.

II.

Die Berufung ist im austenoriertem Umfang begründet.

1.

Das Sozialgericht hat zu Recht den Bescheid des Beklagten vom 23. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2009 sowie den Bewilligungsbescheid vom 29. April 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. Juni 2009 - allein die KdU für Juni bis November 2009 betreffend - als streitgegenständlich im Rahmen eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X als Rechtsgrundlage angesehen. Der Senat verweist insoweit nach eigener Prüfung auf dessen zutreffende Ausführungen.

Nicht streitgegenständlich ist, ob der Kläger weitere KdU für die Zeit von Januar 2006 bis Mai 2009 im Rahmen eines Zugunstenverfahrens verlangen könnte. Der Senat konnte offen lassen, ob im Antrag des Klägers vom 30. Juni 2009 ein Überprüfungsantrag auch für den o.g. Zeitraum zu sehen ist. Jedenfalls hat der Beklagte hierüber keine Entscheidung getroffen.

2.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Berücksichtigung einer Nutzungsentschädigung als weitere KdU gegen den Beklagten in Höhe von 166,67 EUR im Juni 2009 sowie in Höhe von 150 EUR/Monat für die Monate Juli bis November 2009.

a.

Der Kläger war in dem hier streitigen Zeitraum dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II. Bei einer auf Leistungen gerichteten Klage sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsberechtigung dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen.

Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten sind nach § 7 Abs.1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze noch nicht erreicht haben (1.), erwerbsfähig sind (2.), hilfebedürftig sind (3.) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (4.).

Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze noch nicht erreicht und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er war auch voll erwerbsfähig.

Der Hilfebedürftigkeit steht auch nicht das in seinem hälftigen Miteigentum stehende Eigenheim entgegen. Es ist nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II vermögensgeschützt. Mit einer Wohnfläche von ca. 87 qm ist es angemessen. Die Angemessenheitsgrenze liegt bei einem nur von einer Person bewohnten Eigenheim bei 90 qm. Auch die Größe des Grundstücks ist angemessen (vgl. nur BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 11b AS 37/06 R, Rn. 25, 27, Juris).

b.

Als Rechtsgrund für die Anerkennung der Nutzungsentschädigung als Aufwendung für die Unterkunft i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist der vom Kläger mit seiner geschiedenen Ehefrau am 22. Juni 2009 abgeschlossene Vergleich anzusehen.

Nach der damals geltenden Fassung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Entscheidend ist, ob die Aufwendung der Sicherung des mit § 22 SGB II verfolgten Zwecks "Schutz der Wohnung" zur Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und eines räumlichen Lebensmittelpunkts dient (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015, B 14 AS 13/14 R, Rn. 19, Juris).

Diese Voraussetzung erfüllt die mit seiner geschiedenen Ehefrau getroffene Vereinbarung über die Nutzungsentschädigung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann demjenigen Ehegatten, der nach endgültiger Trennung aus der im Eigentum beider Ehegatten stehenden Immobilie ausgezogen ist, ein Zahlungsanspruch nach § 745 Abs. 2 BGB zustehen. Danach kann jeder Teilhaber, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen. Weitere Voraussetzung ist, soweit eine Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung im Streit steht, dass unter den Parteien Einigkeit darüber besteht, wer von ihnen die Ehewohnung künftig bewohnen soll (BGH, Urteil vom 4. August 2010, XII ZR 14/09, BGHZ 186, 372-384, Rn. 15).

Die geschiedene Ehefrau hatte bis zur Klageerhebung im April 2009 den Kläger mehrfach aufgefordert, bis zur Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft eine Nutzungsentschädigung für die in ihrem Eigentum stehende Hälfte des Eigenheims zu zahlen. Sie war sich mit dem Kläger darüber einig, dass sie in dem Haus nicht mehr wohnen werde.

Der Beklagte verkennt, dass die Regelung des § 1361b BGB nur eine vorläufige Nutzungsregelung der Ehewohnung für die Zeit des Getrenntlebens darstellt und somit für die Zeit ab der rechtskräftigen Scheidung keine Anwendung mehr findet (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, § 1361b, Rn. 14). Insoweit stellt sich auch nicht die Frage nach der Unbilligkeit der geforderten Nutzungsentschädigung in Anbetracht der schlechten finanziellen Lage des Klägers. Zahlungen für den Bereich des Wohnens nicht dienende Zwecke (bspw. Unterhaltszahlungen) enthält die vereinbarte Nutzungsentschädigung nicht.

Die vom Kläger durch den Vergleich vom 22. Juni 2009 eingegangene Zahlungsverpflichtung ist auch nicht als "freiwillige" Zahlung zu klassifizieren. Wie oben bereits ausgeführt, hatte die geschiedene Ehefrau einen durchsetzbaren Anspruch gegen ihn. Lediglich in der Höhe haben sich die Parteien geeinigt, nicht über den Zahlungsgrund.

Insoweit kommt auch nicht die Unwirksamkeit des Vergleichs als Vertrag zu Lasten Dritter in Betracht.

c.

Aufgrund der Vereinbarung hatte der Kläger für die Zeit vom Januar 2006 bis Juni 2009 einen Gesamtbetrag in Höhe von 7.000 EUR zu zahlen.

Der Senat folgt dem Sozialgericht nicht, soweit dieses eine anspruchsbegründende Fälligkeit der Zahlung dieses Betrages im Juni 2009 annimmt. Fällig wurde die monatliche Nutzungsentschädigung nach §§ 743, 748 BGB bereits nach der rechtskräftigen Scheidung. Die vergleichsweise Zahlung von 7.000 EUR stellt sich vielmehr als einmalige Abgeltung der ab 1. Januar 2006 geltend gemachten Beträge dar.

Auf den einzelnen Monat entfällt eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 166,67 EUR (7.000 EUR: 42 Monate). Die Parteien des Vergleichs hatten sich darauf geeinigt, dass für jeden Monat ein Teilbetrag zu zahlen war.

Da Streitgegenstand vorliegend nur der Zeitraum von Juni bis November 2009 ist, kann dahinstehen, ob der Beklagte auch verpflichtet ist, diesen Bedarf nachträglich auch für die Vergangenheit (Januar 2006 bis Mai 2009) zu decken.

Aufgrund des Miteigentumsanteils der geschiedenen Ehefrau hatte diese ½ der verbrauchsunabhängigen Lasten (Grundsteuer, Straßenreinigung und Gebäudeversicherung) zu tragen.

Eine Einigung hinsichtlich der Tragung dieser Kosten war zwischen ihr und dem Kläger nicht erfolgt. Die von ihr errechnete Nutzungsentschädigung erfolgte ohne Einbeziehung der verbrauchsunabhängigen Lasten.

Es ergeben sich mithin nachfolgende monatliche Aufwendungen:

Juni 2009:

Gebäudeversicherung 6,46 EUR

Wasser 10,00 EUR

Abwasser 10,00 EUR

Abfall 10,95 EUR

Gas (abzgl. WW) 93,67 EUR

Nutzungsentschädigung 166,67 EUR

Summe 297,75 EUR

Juli 2009

Gebäudeversicherung 6,46 EUR

Wasser 10,00 EUR

Abwasser 10,00 EUR

Gas (abzgl. WW) 93,53 EUR

Nutzungsentschädigung 150,00 EUR

Summe 269,99 EUR

August 2009

Grundsteuer/Straßenreinigung 11,53 EUR

Gebäudeversicherung 6,46 EUR

Wasser 10,00 EUR

Abwasser 10,00 EUR

Gas (abzgl. WW) 93,53 EUR

Nutzungsentschädigung 150,00 EUR

Summe 281,52 EUR

September 2009:

Gebäudeversicherung 6,46 EUR

Wasser 10,00 EUR

Abwasser 10,00 EUR

Abfall 10,95 EUR

Gas (abzgl. WW) 93,53 EUR

Nutzungsentschädigung 150,00 EUR

Summe 280,94 EUR

Oktober 2009

Gebäudeversicherung 6,46 EUR

Wasser 10,00 EUR

Abwasser 10,00 EUR

Gas (abzgl. WW) 93,53 EUR

Nutzungsentschädigung 150,00 EUR

Summe 269,99 EUR

November 2009

Grundsteuer/Straßenreinigung 11,54 EUR

Gebäudeversicherung 6,46 EUR

Wasser 10,00 EUR

Abwasser 10,00 EUR

Gas (abzgl. WW) 93,53 EUR

Nutzungsentschädigung 150,00 EUR

Summe 281,53 EUR

Da der Beklagte bereits 161,96 EUR/Monat für die KdU an den Kläger geleistet hat, ergeben sich weitere Zahlungsansprüche für Juni 2009 in Höhe von 135,79 EUR, für Juli 2009 in Höhe von 108,03 EUR, für August 2009 in Höhe von 119,56 EUR, für September 2009 in Höhe von 118,98 EUR, für Oktober 2009 in Höhe von 108,03 EUR sowie für November 2009 in Höhe von 119,57 EUR.

III.

Die Kostentragung beruht auf § 193 SGG. Das Obsiegen des Klägers in Höhe von 709,94 EUR ist angesichts des Streitwerts (1. Instanz: 11.350 EUR, 2. Instanz: 7.750 EUR) nur geringfügig.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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