Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 14 SO 75/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 141/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 30/16 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für den Kostenvergleich gem. § 9 Abs 2 SGB 12 ist nicht auf die Kosten abzustellen, die sich nach einer Einkommensanrechnung für den Sozialhilfeträger ergeben, sondern auf die Kosten vor Einkommensanrechnung und damit auf die Tagessätze der Einrichtungen.
Bemerkung
BSG: Revision
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 30. April 2012 und der Bescheid des Beklagten vom 06. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Mai 2010 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01. November 2009 bis zum 16. Juli 2014 die ungedeckten Heimkosten in Höhe von insgesamt 11.459,83 Euro zu gewähren und diese an die Beigeladene zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu ¾ zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme ungedeckter Heimkosten für die Zeit vom 01. November 2009 bis zum 16. Juli 2014 (ab dem 17. Juli 2014 werden die Kosten von dem Beklagten übernommen).
Die 1941 geborene, also jetzt 74 Jahre alte Klägerin leidet an einem mäßigen hirnorganischen Psychosyndrom, einem Zustand nach Herzinfarkt 2004, einer koronaren 3-Gefäßerkrankung, einem Zustand nach Transischämischer Attacke, einem Zustand nach Hirnstamminsult bei ACI-Stenose (Stenose der inneren Halsschlagader - Arteria carotis interna -) im Juli 2009, an einer mittelschweren dementiellen Entwicklung, an Hypertonie und einer latenten Hyperthyreose. Sie steht unter Betreuung ihrer Tochter P F für sämtliche Angelegenheiten außer der Einwilligung in eine Sterilisation.
Die Nettoeinkünfte der Klägerin entwickelten sich in dem hier in Rede stehenden Zeitraum wie folgt: Ab Juli 2009: 715,93 Euro Altersrente und 182,94 Euro Witwenrente, insgesamt also 898,87 Euro. Ab Juli 2010: 715,93 Euro Altersrente und 182,94 Euro Witwenrente, insgesamt also 898,87 Euro. Ab Juli 2011: 720,65 Euro Altersrente und 185,44 Euro Witwenrente, insgesamt also 906,09 Euro. Ab Juli 2012: 736,92 Euro Altersrente und 189,62 Euro Witwenrente, insgesamt also 926,54 Euro. Ab Januar 2013: 736,10 Euro Altersrente und 189,41 Euro Witwenrente, insgesamt also 925,51 Euro. Ab Juli 2013: 760,31 Euro Altersrente und 195,64 Euro Witwenrente, insgesamt also 955,95 Euro. Ab Juli 2014: 779,52 Euro Altersrente und 221,62 Euro Witwenrente, insgesamt also 1001,14 Euro.
Die Pflegeleistungen der Pflegekasse AOK betrugen laut Bescheid vom 23. Dezember 2009 bei festgestellter Pflegestufe I während des gesamten in Rede stehenden Zeitraums 1023,00 Euro monatlich.
Am 23. Oktober 2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Übernahme nicht gedeckter Heimkosten. Sie gab an, dass sie am 20. Oktober 2009 in das Pflegeheim Haus L-H.v.O (im Folgenden: H), getragen von dem "M B-Seniorenwohnen", der Beigeladenen, eingezogen sei. Vorher war sie in den O-Kliniken, Bereich H, stationär behandelt worden.
Die Beigeladene hat für die Einrichtung H für den Zeitraum ab dem 15. Juli 2009 eine Vergütungsvereinbarung stationärer Pflegeleistungen gemäß § 85 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI) mit der AOK Brandenburg, mehreren Ersatzkassen, dem BKK-Landesverband Ost, der IKK Brandenburg und Berlin, der Knappschaft, der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Mittel- und Ostdeutschland und dem Beklagten geschlossen, wobei der Beklagte nicht zugestimmt hat, sondern gemäß § 85 Abs. 4 SGB XI die Mehrheitsentscheidung der übrigen Kostenträger gegen sich hat gelten lassen. Für die Zeit ab dem 01. August 2013 wurde eine weitere Vergütungsvereinbarung stationärer Pflegeleistungen gemäß § 85 SGB XI geschlossen, zwischen den gleichen Vertragspartnern, diesmal unter Zustimmung auch des Beklagten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarungen Bezug genommen.
Für die Zeit vom 01. September 2009 bis 31. Dezember 2013 hat der Beklagte drei Vereinbarungen mit der Beigeladenen für die Einrichtung H bzgl. der gesondert zu berechnenden Investitionskosten gemäß § 75 Abs. 5 Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII)geschlossen (Vereinbarungen vom 30. August bzw. 17. September 2009, vom 21. Januar bzw. 17. Januar 2011 und vom 16. Januar bzw. 18. Januar 2012). Es wurden jeweils 12,98 Euro je Anwesenheitstag für 117 nicht geförderte vollstationäre Pflegeplätze und sechs Kurzzeitpflegeplätze vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarungen Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 teilte der Beklagte der Betreuerin mit, dass ab sofort ein Heimplatz in der Pflegeeinrichtung Seniorenzentrum der C in V zur Verfügung stünde. Dieser sei kostengünstiger als die Pflegeeinrichtung M-B Seniorenwohnen. Es gebe im Landkreis Oberhavel Einrichtungen, deren Investitionen vom Land Brandenburg gefördert würden und deshalb kostengünstig seien. Der Beklagte bot der Klägerin Hilfe dabei an, eine kostengünstige Einrichtung in O zu finden.
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2009 meldeten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin und beantragten (erneut) die Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Sie machten geltend, dass die Töchter der Klägerin in O wohnten und die Klägerin von ihnen in dieser Einrichtung jederzeit besucht werden könne.
Mit Bescheid vom 06. Januar 2010 hat der Beklagte den Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten für den Aufenthalt im H abgelehnt. Im H betrage der tägliche Kostensatz bei Pflegestufe I 66,93 Euro (herausgerechnet ist bereits ein Teil des Investitionskostenbetrages in Höhe von 6,42 Euro täglich). In den vom Land Brandenburg investiv geförderten Pflegeheimen des Landkreises Oberhavel betrage er 58,31 Euro (S-E in V), 59,08 Euro (D W Club in O), 58,16 Euro (F-W, O), im Durchschnitt 58,52 Euro. Bei Unterbringung in dem H entstünden 209,73 Euro monatlich an ungedeckten Heimkosten, wogegen bei Aufenthalt in einer investiv geförderten Pflegeeinrichtung im Landkreis Oberhavel Sozialhilfemittel nicht erforderlich seien. Somit wäre der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz der Sozialhilfe mit der Übernahme der Kosten in Höhe von monatlich 209,73 Euro nicht gegeben. Da die Mittel von der Allgemeinheit finanziert werden müssten, könne das Wahlrecht des § 9 SGB XII nicht schrankenlos ausgeübt werden. Zentrales Kriterium sei die "Angemessenheit". Ausgangspunkt seien die durchschnittlichen Kosten in vergleichbaren Hilfefällen. Bei dem Heimkostenvergleich sei von den Verhältnissen des hilfegewährenden Trägers, hier des Landkreises Oberhavel, auszugehen. Der Beklagte habe durch einen Kostenvergleich im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob die Mehrkosten unverhältnismäßig seien. Es sei ein Pflegeplatz im D in O zur Verfügung gestellt worden. Auch dort würden keine Kosten für den Beklagten anfallen. Er bot Hilfe zur Heimplatzfindung in investiv geförderten Pflegeeinrichtungen an.
Zur Begründung ihres am 01. Februar 2010 erhobenen Widerspruches hat die Klägerin vorgetragen, dass sie sich nach langen Überlegungen für die Pflegeeinrichtung H entschieden habe. Dieser Wunsch sei gemäß § 9 SGB XII und § 33 Sozialgesetzbuch/Erstes Buch (SGB I) zu berücksichtigen. Der Mehrkostenvorbehalt stünde im Spannungsverhältnis zwischen der Entfaltungsfreiheit des einzelnen Leistungsberechtigten und dem Erfordernis, dass Sozialhilfe nur nachrangig gewährt werden solle. Diesem Spannungsverhältnis könne man nur gerecht werden, indem alle relevanten Umstände des Einzelfalles in die Erwägung mit einbezogen würden. Der Beklagte verweise ausschließlich auf den Umstand, dass mehrere investiv geförderte Pflegeeinrichtungen im Landkreis Oberhavel kostengünstiger seien. Er beschränke die Argumentation somit auf einen Kostenvergleich. Die Klägerin habe bereits früher in dem Wohnumfeld gewohnt, in dem sich auch das H befinde. Sie kenne dieses Wohnumfeld sehr gut und habe sich dahingehend geäußert, dass sie ausschließlich in dieser Einrichtung untergebracht werden möchte. Aus medizinischer Sicht sei das Verbleiben im vormaligen sozialen und örtlichen Wohnumfeld erforderlich. Bei der Klägerin sei eine mittelschwere dementielle Entwicklung diagnostiziert worden. Eine enge soziale Anbindung und das Vermeiden von Veränderungen seien daher von großer Wichtigkeit. Hinzu komme, dass die Klägerin in der in Frage stehenden Einrichtung regelmäßig von den Kindern und Enkelkindern besucht werde.
Im Übrigen werde deutlich, dass es sich nicht um unverhältnismäßige Mehrkosten handele, um die hier gestritten werde. Während der tägliche Kostensatz in der Pflegeeinrichtung H bei 66,93 Euro liege, betrage der tägliche Kostensatz im Durchschnitt in investiv geförderten Einrichtungen im Landkreis 58,52 Euro. Dies entspreche Mehrkosten von 13 Prozent. Diese Mehrkosten könnten nicht als unverhältnismäßig bezeichnet werden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe in früheren Entscheidungen Mehrkosten, die 75 Prozent bzw. 50 Prozent überstiegen, als unvertretbar bzw. unverhältnismäßig angesehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. Mai 2010, zugestellt am 10. Mai 2010, hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII solle der Träger der Sozialhilfe regelmäßig Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wären. Nach dieser Vorschrift habe der Sozialhilfeträger einen Kostenvergleich zwischen der gewünschten Leistung und anderen geeigneten und zumutbaren Hilfeangeboten vorzunehmen. Fielen wunschbedingte Mehrkosten an, erschöpfe sich die Frage nach ihrer (Un-) Verhältnismäßigkeit nicht in einem rein rechnerischen Kostenvergleich. Die Verhältnismäßigkeit betreffe die Relation zwischen der gewünschten Gestaltung der Hilfe und den damit verbundenen Mehrkosten. Zu berücksichtigen sei vor allem das Gewicht, welches der von dem Leistungsberechtigten gewünschten Gestaltung der Hilfe im Hinblick auf seine individuelle Notsituation beizumessen sei. Dabei seien alle Besonderheiten des Einzelfalles in den Blick zu nehmen. Je größer die Bedarfsnähe der gewünschten Hilfegestaltung sei, umso "berechtigter" könne der Wunsch des Leistungsberechtigten sein. Schließlich setze ein anzustellender Kostenvergleich voraus, dass die zum Vergleich herangezogene Einrichtung zur Erreichung des Zweckes der Eingliederungshilfe in gleicher Weise geeignet sei, wie die vom Leistungsberechtigten gewählte Einrichtung. Der Beklagte stellte einen Kostenvergleich zwischen dem H, dem Seniorenzentrum S-E in V, dem D W Club in O und dem Haus F-W in O dar, wonach im H ungedeckte Heimkosten von 209,73 Euro monatlich entstünden, im Seniorenzentrum S-E und im Haus F-W keine und im DW Club in O von 19,73 Euro monatlich. Ein Umzug in eine andere Pflegeeinrichtung im Landkreis Oberhavel sei der Klägerin auch zumutbar. Gegenteilige gesundheitliche Anhaltspunkte seien nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin eine Unzumutbarkeit im Hinblick auf das ihr bekannte soziale Umfeld geltend mache, ergebe sich keine andere Beurteilung, da auch die Einrichtungen DW Club und F-W Haus sich in O befänden, so dass das soziale Umfeld gewahrt bleibe. Zudem würden in diesen Einrichtungen dieselben Leistungen erbracht wie im H.
Mit der am 09. Juni 2010 bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wurde, neben dem bereits im Widerspruchsverfahren Vorgebrachten, unter anderem vorgetragen, dass ihre Tochter, S,in V lebe, zu ihr aber der geringste Kontakt bestünde und sie auch schwer erkrankt sei und sich oft in stationärer Behandlung befinde (diese Tochter ist inzwischen verstorben). Das Wunschrecht sei missachtet worden. 209,73 Euro monatlich stellten keine unverhältnismäßigen Heimkosten dar. Es bestünde hier nur ein Unterschied von 13 Prozent. Es handele sich bei den preiswerteren Einrichtungen ausschließlich um geförderte Einrichtungen. Nur aufgrund der sehr geringen Investitionskosten ergebe sich ein niedrigerer Pflegesatz. Das ändere sich, wenn die Pflegestufe II oder III finanziert werden müsste. Er legte die Kosten der von dem Beklagten benannten Einrichtungen, untergliedert in die verschiedenen Pflegestufen, sowie weiterer Pflegeheime vor. Auf die Aufstellungen wird Bezug genommen. Bei Unzumutbarkeit sei außerdem ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.
Die Klägerin hat den Heimvertrag für vollstationäre Pflege ab dem 20. Oktober 2009 zwischen der M-B-Se GmbH, H und ihr vom 21. Oktober 2009 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B vom 13. April 2011 eingeholt. Dieser bescheinigte, dass bei der Klägerin eine zunehmende Demenz seit 2009 vorliege. Die Nähe der Einrichtung zum Wohnort der Töchter sei hilfreich und angeraten.
Mit Urteil vom 30. April 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Ausführungen des Beklagten in dem angefochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Diese seien nach Überprüfung durch die Kammer zutreffend und sie schließe sich ihnen an. Ergänzend hat es ausgeführt, dass auch aus medizinischen Gründen der Umzug in eine kostengünstige Einrichtung zuzumuten sei. Der behandelnde Arzt Dr. B habe mitgeteilt, dass eine Pflegeeinrichtung in der Nähe der beiden Töchter aus medizinischer Sicht hilfreich sei und angeraten werde. Die Nähe zu den Töchtern und Enkelkindern wäre auch in anderen Einrichtungen der Stadt O gewahrt.
Im Hinblick auf die in den Kostenvergleich einzubeziehenden anderen Einrichtungen sei dieser auf O zu begrenzen. Bei dem Kostenvergleich seien nur solche Einrichtungen einzubeziehen, deren alternative Belegung konkret möglich wäre (Hinweis auf den Beschluss des Landessozialgerichts – LSG – Berlin-Brandenburg vom 14. Dezember 2011, Az.: L 23 SO 116/11 B ER). In der Entscheidung habe das Gericht einen nochmaligen Umzug einer an Demenz erkrankten Frau für zumutbar angesehen, da dauerhafte Schäden an ihrer psychischen und physischen Gesundheit nach medizinischer Einschätzung nicht belegt gewesen seien. Ein Umzug von Demenzerkrankten sei nach dieser Rechtsprechung dann ausgeschlossen, wenn dauerhafte gesundheitliche Schäden drohten; vorübergehend auftretende Verschlechterungen müssten hingenommen werden.
Gegen das am 10. Mai 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juni 2012, einem Montag, Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Zur Begründung hat sie unter anderem vorgetragen, dass bei einem Kostenvergleich auf einen größeren Bereich, in der Regel ein Bundesland, zumindest aber den gesamten Kreis, abgestellt werden müsse. Dabei seien auch die Preise "freier" Träger einzubeziehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 30. April 2012 und den Bescheid des Beklagten vom 06. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Leistungen der Hilfe zur Pflege in Höhe von insgesamt 11.524,15 Euro zu gewähren und an die Beigeladene zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat auf seinen Vortrag im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens sowie auf die Urteilsbegründung des Sozialgerichts Bezug genommen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Auf Anfrage des Senats haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, dass die Klägerin auf das Heimentgelt den von ihr zu erbringenden Eigenanteil, d.h. ihre Einkünfte abzüglich eines Taschengeldes, gezahlt habe. Der Restbetrag sei ihr durch den Einrichtungsträger gestundet worden. Auf die weitere Nachfrage des Senats haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 17. Mai 2016 mitgeteilt, dass die schriftliche Stundungsvereinbarung am 20. Oktober 2009 geschlossen worden sei. Sie legten diese in Kopie vor.
Mit Schriftsatz vom 24. März 2016 haben die Prozessbevollmächtigten die Rechnungen der Beigeladenen an die Klägerin bzgl. der Heimkosten für die Zeit von Oktober 2009 bis Juli 2014 eingereicht, auf diese wird Bezug genommen. Sie haben vorgetragen, dass sich das geschuldete Heimentgelt von Oktober 2009 bis Juli 2013 auf 73,35 Euro und ab August 2013 auf 74,77 Euro täglich belaufen habe (in den 73,35 bzw. 74,77 Euro sind weitere Investitionskosten von täglich 6,42 Euro enthalten, die nicht mehr geltend gemacht werden). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten und die Betreuungsakte des Amtsgerichts Oranienburg haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG). Sie ist auch zum Teil begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 30. April 2012 und der Bescheid des Beklagten vom 06. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Mai 2010 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, als ein Anspruch auf die Übernahme der ungedeckten Heimkosten für die Zeit von November 2009 bis Juli 2014 in Höhe von insgesamt 11.459,83 Euro abgelehnt wurde.
Rechtsgrundlage für die Leistungen ist § 61 Abs. 1 SGB XII in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) vom 28. Mai 2008, BGBl. I Seite 874. Diese Vorschrift lautet:
Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, ist Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege ist auch Kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Absatz 5 bedürfen; für Leistungen für eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung gilt dies nur, wenn es nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre Leistungen nicht zumutbar sind oder nicht ausreichen.
Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin erfüllt. Sie bedarf auf Grund der von ihrem behandelnden Arzt Dr. B diagnostizierten, im Tatbestand genannten Erkrankungen der Hilfe. Dabei sind auf Grund der körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen und einer häuslichen Unterversorgung stationäre Leistungen erforderlich (vgl. den Bericht der O Kliniken vom 20. Oktober 2009 bzgl. des stationären Aufenthaltes dort in der Zeit vom 18. September 2009 bis 21. Oktober 2009). Das H ist auch eine geeignete Pflegeeinrichtung, die zur sachgerechten Pflege der Klägerin notwendigen Leistungen werden dort erbracht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte an die Vereinbarungen der Pflegekasse mit der Beigeladenen bzw. seine Vereinbarungen mit der Beigeladenen bzgl. der Investitionskosten gemäß § 75 Abs. 5 SGB XII gebunden ist. Diese Vorschrift lautet:
Bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 72 des Elften Buches richten sich Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der ambulanten und teilstationären Pflegeleistungen sowie der Leistungen der Kurzzeitpflege und der vollstationären Pflegeleistungen sowie der Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und der Zusatzleistungen in Pflegeheimen nach den Vorschriften des Achten Kapitels des Elften Buches, soweit nicht nach § 61 weitergehende Leistungen zu erbringen sind. Satz 1 gilt nicht, soweit Vereinbarungen nach dem Achten Kapitel des Elften Buches nicht im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind. Der Träger der Sozialhilfe ist zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten nach § 82 Abs. 4 des Elften Buches nur verpflichtet, wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach dem Zehnten Kapitel getroffen worden sind.
Ob der Beklagte, da er an den Verhandlungen bzgl. der Vergütungsvereinbarungen stationärer Pflegeleistungen gemäß § 85 SGB XI jeweils beteiligt war, an diese gebunden ist, ohne dass ein Kostenvergleich gemäß § 9 SGB XII erfolgen darf (dazu siehe unten), kann dahinstehen. Dafür könnte sprechen, dass, wenn der Träger der Sozialhilfe am Pflegevergütungsverfahren beteiligt war, mit dem Ergebnis der Vereinbarung aber nicht einverstanden war und gemäß § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB XI überstimmt wurde, er gemäß § 85 Abs. 5 Satz 2 SGB XI die Vereinbarung angreifen und überprüfen lassen kann. Tut er dies nicht, wie hier der Beklagte, dann ist im Sinne des Pflegesatzverfahrens sein Einvernehmen vorhanden, sog. "fingiertes Einvernehmen" (Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 SGB XII, Rdnr. 157; Münder in LPK-SGB XII, 10. Auflage, § 75 Rdnr. 41).
Bezüglich der gesondert zu berechnenden Investitionskosten hat der Beklagte mit der Beigeladenen Vereinbarungen gemäß § 75 Abs. 5 Satz 3 SGB XII geschlossen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist er zur Übernahme dieser Kosten dann verpflichtet, hier also in Höhe von 12,98 Euro je Anwesenheitstag.
Offen bleiben kann, ob diese Bindung besteht, weil auch dann, wenn man dies nicht annimmt, § 9 Abs. 2 SGB XII der Übernahme der ungedeckten Heimkosten durch den Beklagten nicht entgegensteht. Diese Vorschrift lautet:
Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.
Die Klägerin hat sich die Unterbringung in dem H gewünscht, eine stationäre Betreuung ist auch, wie oben erläutert, erforderlich. Der Aufenthalt ist auch nicht mit "unverhältnismäßigen Mehrkosten" im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII verbunden.
Auch hier kann offen bleiben, ob, wenn mit einer Einrichtung Vereinbarungen nach den §§ 75 ff SGB XII geschlossen worden sind, entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) in dem Urteil vom 22. März 2012, Az. B 8 SO 1/11 R, juris Rdnr. 17 = SozR 4-3500 § 65 Nr. 5 es nicht auf einen rechnerischen Vergleich der Kosten verschiedener Einrichtungen ankommt, weil sich die zu zahlende Vergütung nämlich nach den maßgeblichen Vergütungsvereinbarungen richtet. Es würde sich dann um angemessene Kosten handeln; der Hilfebedürftige dürfte nicht gezwungen werden, unter zugelassenen Einrichtungen eine bestimmte zu wählen (vgl. Müller-Grune in juris-PK SGB XII, aaO., § 9 Rdnr. 35 unter Hinweis auf das eben zitierte Urteil des BSG vom 22. März 2012; a.A. Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, Kommentar zum SGB XII, 19. Auflage 2015, § 9 Rdnr. 22 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes - BVerwG - vom 30. September 1993, Az. 5 C 41/91 = BVerwGE 94, 202).
Auch wenn man davon ausgeht, dass ein Kostenvergleich trotz geschlossener Verträge gemäß § 75 Abs. 5 SGB XII vorzunehmen ist, ergibt sich nichts anderes. Zunächst ist nicht auf einen Kostenvergleich mit nicht in O ansässigen Einrichtungen abzustellen, da für die Klägerin, wie auch das Sozialgericht zutreffend angenommen hat, nur eine Einrichtung in Betracht kommt und kam, die in O liegt, da sich die beiden Töchter, die sich vorrangig um die Klägerin kümmern, dort wohnhaft sind. Abgesehen davon, dass möglicherweise die Kosten für das H schon deshalb zu übernehmen sind, weil der Klägerin zum Zeitpunkt des Eintritts der Erforderlichkeit stationärer Pflege in O kein Platz in einer Einrichtung angeboten werden konnte und der Beklagte der Klägerin lediglich in Aussicht gestellt hatte, ihr beim Finden einer Einrichtung in Obehilflich zu sein (vgl. Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, aaO., § 9 Rdnrn. 24 und 26, wonach ein Kostenvergleich nur mit einer konkret angebotenen anderen Hilfe möglich ist), wären die (Mehr-)Kosten auch nicht unverhältnismäßig. Welche Kriterien bei dem Kostenvergleich anzulegen sind, ist nicht exakt mit genauen Prozentzahlen zu bestimmen. Ausgangspunkt werden die Durchschnittskosten sein, die üblicherweise für die fragliche Hilfsmaßnahme entstehen. Dabei ist der Vergleich mit einer konkret möglichen anderen Hilfe nötig (Roscher in LPK-SGB XII, 10. Auflage, § 9 Rdnr. 36). Eine starre Grenze, deren Überschreitung die Annahme rechtfertigt, dass die Wünsche von Leistungsberechtigten als mit "unverhältnismäßigen Mehrkosten" verbunden anzusehen sind, lässt sich wegen der auch in § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB XII verankerten Orientierung an der "Besonderheit des Einzelfalls" nicht ziehen. Eine Überschreitung des Durchschnitts um mehr als 50% dürfte in der Regel als unverhältnismäßig anzusehen sein; in der Rechtsprechung wurden Mehrkosten von 23% bis 29 % noch als angemessen angesehen (vgl. Hohm, aaO., § 9 Rdnr. 22).
Nach Auffassung des Senats kann hier nur ein Vergleich der monatlich anfallenden Kosten für in O gelegene Einrichtungen in Betracht kommen, da wie erläutert, Einrichtungen in anderen Orten wegen der Entfernung zu den Hauptbezugspersonen nicht zumutbar wären und dem Wunsch- und Wahlrecht der Klägerin nicht entsprächen. Nach den Angaben des Beklagten im Widerspruchsbescheid fielen für durchschnittlich 30,4 Tage im H 2.034,67 Euro an, im D in O 1.844,67 Euro und im W Haus in O 1.791,47 Euro, durchschnittlich für die beiden letztgenannten also 1.818,06 Euro. Dies wären 216,61 Euro Differenz, bezogen auf den Durchschnittswert 1.818,06 Euro entspricht dies 11,9 %. Allerdings ergibt sich aus den eingereichten Rechnungen und dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 24. März 2016 ein Tagessatz von anfangs 73,35 Euro einschließlich der Investitionskosten - die aber in Höhe von 6,42 Euro täglich nicht mehr geltend gemacht werden -, dies ergäbe monatliche Kosten (bei 30,4 Tagen) von 2.229,84 Euro, was eine Differenz von 411,78 Euro ergäbe. Dies entspricht 22,7 %. Auch dies ist nach den oben geschilderten Maßstäben (noch) nicht unverhältnismäßig.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist für den Kostenvergleich auch nicht auf die Kosten abzustellen, die sich nach einer Einkommensanrechnung für den Sozialhilfeträger ergeben, sondern auf die Kosten vor der Einkommensanrechnung, und damit auf die Tagessätze der Einrichtungen. Dem Begriff der Verhältnismäßigkeit ist immanent, dass ein Kostenvergleich in vergleichbaren Hilfefällen oder zwischen der vom Hilfeträger ins Auge gefassten stationären und der gewünschten Unterbringung anzustellen ist, ohne dass es auf das einsetzbare Einkommen oder Vermögen ankommt (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 5. Auflage, § 9 Rn. 39; Hohm aaO., § 9 Rn. 24; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07. Juni 2007, Az. L 8 SO 60/07 ER, juris Rn. 17; Roscher in LPK-SGB XII, § 9 Rn. 86 unter Verweis auf Höfer/Krahmer in LPK-SGB XII, § 13 Rn.12; a.A. Sozialgericht - SG - Mainz, Urteil vom 30. Juni 2009, Az. S 5 SO 32/07, dokumentiert in juris; Dauber in Mergler/Zink, Kommentar zum SGB XII, Stand August 2015, § 9 Rn. 29). Dieses Problem wird allerdings in erster Linie im Zusammenhang mit der Frage diskutiert, ob durch eine Berücksichtigung der Kosten nach Einkommensanrechnung eine gewünschte ambulante Pflege gegenüber einer stationären Hilfe für einkommensstärkere Hilfebedürftige unverhältnismäßig teurer würde. Aber auch für die vorliegende Konstellation, dass eine stationäre Einrichtung gegenüber anderen stationären Einrichtungen kostengünstiger wäre, würde eine andere Auffassung als die hier vertretene dazu führen, dass einkommensschwächere Hilfebedürftige eher in teurere Einrichtungen gehen könnten als einkommensstärkere, da sich auf Grund des höheren anzurechnenden Einkommens für den Sozialhilfeträger dann keine Kostenübernahmeverpflichtung ergeben würde, wenn die Einkommensstärkeren in einer weniger kostenintensiven Einrichtung untergebracht würden. Da das Wunsch- und Wahlrecht nur "Leistungsberechtigten" zusteht (vgl. Luthe in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB XII, Stand August 2015, § 9 Rn. 34), könnte die gegenteilige Auffassung, dass auf die Kosten nach Einkommensanrechnung abzustellen ist, dazu führen (so auch im vorliegenden Fall), dass das Wunsch-und Wahlrecht gar nicht erst bestünde, weil eine Leistungsberechtigung durch die Anrechnung des Einkommens entfallen würde. Hinzu kommt, dass ein Vergleich der prozentualen Mehrkosten, wie er in Rechtsprechung und Literatur einhellig vorgenommen wird, dann nicht möglich ist, wenn sich nach Einkommensanrechnung – wie hier – keine Hilfebedürftigkeit ergeben würde, da sich von "Null" keine Prozentwerte errechnen lassen.
Der Beklagte hat damit die ungedeckten Heimkosten zu übernehmen.
Die Klägerin ist auch einem Anspruch der Beigeladenen tatsächlich ausgesetzt. Wäre dies anders, so bestünde kein Anspruch gegen den Beklagten, da der Sozialhilfeträger im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses nur die Vergütung übernimmt, die der Hilfeempfänger schuldet. Zur Überzeugung des Senats ist die Klägerin dem (weiteren, restlichen) Anspruch auf Zahlung der Vergütung auch tatsächlich ausgesetzt. Es besteht eine Stundungsabrede bis zur Entscheidung in diesem Rechtsstreit. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beigeladene auf ihre Forderung gegen die Klägerin verzichtet hätte, sofern die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit unterlegen wäre.
Die vom Beklagten zu tragenden ungedeckten Heimkosten beliefen sich auf insgesamt 11.459,83 Euro (tatsächlich 11.440,01 Euro, s.u.) für die Zeit vom 1. November 2009 bis zum 16. Juli 2014. Dabei ist von folgenden Werten auszugehen:
Für die Zeit von November 2009 bis einschließlich Juli 2013 betrug der Tagessatz 73,35 Euro, wobei nur Investitionskosten von 12,98 Euro täglich zu berücksichtigen sind, so dass sich ein Tagessatz von 66,93 Euro ergibt. Ab August 2013 betrug der Tagessatz 74,77 Euro, abzüglich 6,42 Euro nicht zu berücksichtigender Investitionskosten, also 68,35 Euro. Das Pflegegeld betrug während des gesamten Zeitraums 1.023,00 Euro. Von den mit den Tagen pro Monat multiplizierten Tagessätzen sind das Pflegegeld und die im Tatbestand benannten Nettorentenbezüge abzuziehen und das Taschengeld hinzuzurechnen. Dieses beträgt bzw. betrug 27 v.H. des Eckregelsatzes (§ 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII a.F., ab Januar 2011 § 27b Abs. 2 Satz 2 SGB XII), d.h. für das Jahr:
2009 (ab 1.Juli 2009): 96,93 Euro 2010: 96,93 Euro 2011: 98,28 Euro 2012: 100,98 Euro 2013: 103,14 Euro 2014: 105,57 Euro.
Es ergibt sich beispielhaft für den Monat Januar 2012 folgende Berechnung:
66,93 mal 31 Tage = 2074,83 Euro Heimentgelt minus 1023,00 Euro Pflegegeld minus 906,09 Euro Renten plus 100,98 Euro Taschengeld 246,72 Euro
und für Februar 2014 beispielhaft folgende Berechnung:
68,35 mal 28 Tage = 1913,80 Euro Heimentgelt minus 1023,00 Euro Pflegegeld minus 955,95 Euro Renten plus 105,57 Euro Taschengeld 40,42 Euro.
Es ergeben sich folgende Beträge:
Für November 2009 bis Juni 2010:
999,56 Euro für vier Monate mit 31 Tagen plus 548,88 Euro für drei Monate mit 30 Tagen und 49,06 Euro für den Monat Februar 2010 = 1.597,50 Euro.
Für Juli 2010 bis Dezember 2010:
4 Monate à 31 Tage = 999,56 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 365,92 Euro = 1.365,48 Euro. Für Januar 2011 bis Juni 2011:
3 Monate à 31 Tage = 753,72 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 368,62 Euro plus Februar 2011 = 50, 45 Euro = 1.172,79 Euro.
Für Juli 2011 bis Dezember 2011:
4 Monate à 31 Tage = 976,08 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 354,18 Euro = 1.330,26 Euro.
Für Januar 2012 bis Juni 2012:
3 Monate à 31 Tage = 740,16 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 359,58 Euro plus Februar 2012 (29 Tage) = 112,86 Euro = 1.212,60 Euro.
Für Juli 2012 bis Dezember 2012:
4 Monate à 31 Tage = 905,08 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 318,68 Euro = 1.223,76 Euro.
Für Januar 2013 bis Juni 2013:
3 Monate à 31 Tage = 679,38 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 325,06 Euro plus Februar 2013 = 28,67 Euro = 1.033,11 Euro.
Für Juli 2013:
199,02 Euro.
Für August 2013 bis Dezember 2013:
3 Monate à 31 Tage = 729,12 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 349,38 Euro = 1.078,50 Euro.
Für Januar 2014 bis Juni 2014:
3 Monate à 31 Tage = 736,41 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 354,24 Euro plus Februar 2014 = 40,42 Euro = 1.131,07 Euro.
Für Juli 2014:
103,92 Euro.
Dies ergibt insgesamt einen Betrag von 11.440,01 Euro, und damit 19,82 Euro weniger als die ausgeurteilten 11.459,83 Euro. Diese Differenz kann sich nur aus einem Additionsfehler bei der Vorbereitung ergeben, lässt sich aber nach Verkündung des Urteils vom Senat nicht mehr korrigieren.
Gleichzeitig ergibt sich, dass die beantragten 11.524,15 Euro nicht auszuurteilen waren, insoweit war die Berufung zurückzuweisen.
Die geltend gemachte Verurteilung zur Zahlung an die Beigeladene ist im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses möglich. Daraus hat der Hilfeempfänger gegen den Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Zahlung des Sozialhilfeträgers unmittelbar an die Einrichtung (vgl. Urteil des BSG vom 2. Februar 2010, Az. B 8 SO 20/088 R, juris Rdnr. 12).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin ihre Klageforderung im Laufe des Verfahrens (bzgl. der Investitionskosten) reduziert hat.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme ungedeckter Heimkosten für die Zeit vom 01. November 2009 bis zum 16. Juli 2014 (ab dem 17. Juli 2014 werden die Kosten von dem Beklagten übernommen).
Die 1941 geborene, also jetzt 74 Jahre alte Klägerin leidet an einem mäßigen hirnorganischen Psychosyndrom, einem Zustand nach Herzinfarkt 2004, einer koronaren 3-Gefäßerkrankung, einem Zustand nach Transischämischer Attacke, einem Zustand nach Hirnstamminsult bei ACI-Stenose (Stenose der inneren Halsschlagader - Arteria carotis interna -) im Juli 2009, an einer mittelschweren dementiellen Entwicklung, an Hypertonie und einer latenten Hyperthyreose. Sie steht unter Betreuung ihrer Tochter P F für sämtliche Angelegenheiten außer der Einwilligung in eine Sterilisation.
Die Nettoeinkünfte der Klägerin entwickelten sich in dem hier in Rede stehenden Zeitraum wie folgt: Ab Juli 2009: 715,93 Euro Altersrente und 182,94 Euro Witwenrente, insgesamt also 898,87 Euro. Ab Juli 2010: 715,93 Euro Altersrente und 182,94 Euro Witwenrente, insgesamt also 898,87 Euro. Ab Juli 2011: 720,65 Euro Altersrente und 185,44 Euro Witwenrente, insgesamt also 906,09 Euro. Ab Juli 2012: 736,92 Euro Altersrente und 189,62 Euro Witwenrente, insgesamt also 926,54 Euro. Ab Januar 2013: 736,10 Euro Altersrente und 189,41 Euro Witwenrente, insgesamt also 925,51 Euro. Ab Juli 2013: 760,31 Euro Altersrente und 195,64 Euro Witwenrente, insgesamt also 955,95 Euro. Ab Juli 2014: 779,52 Euro Altersrente und 221,62 Euro Witwenrente, insgesamt also 1001,14 Euro.
Die Pflegeleistungen der Pflegekasse AOK betrugen laut Bescheid vom 23. Dezember 2009 bei festgestellter Pflegestufe I während des gesamten in Rede stehenden Zeitraums 1023,00 Euro monatlich.
Am 23. Oktober 2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Übernahme nicht gedeckter Heimkosten. Sie gab an, dass sie am 20. Oktober 2009 in das Pflegeheim Haus L-H.v.O (im Folgenden: H), getragen von dem "M B-Seniorenwohnen", der Beigeladenen, eingezogen sei. Vorher war sie in den O-Kliniken, Bereich H, stationär behandelt worden.
Die Beigeladene hat für die Einrichtung H für den Zeitraum ab dem 15. Juli 2009 eine Vergütungsvereinbarung stationärer Pflegeleistungen gemäß § 85 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI) mit der AOK Brandenburg, mehreren Ersatzkassen, dem BKK-Landesverband Ost, der IKK Brandenburg und Berlin, der Knappschaft, der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Mittel- und Ostdeutschland und dem Beklagten geschlossen, wobei der Beklagte nicht zugestimmt hat, sondern gemäß § 85 Abs. 4 SGB XI die Mehrheitsentscheidung der übrigen Kostenträger gegen sich hat gelten lassen. Für die Zeit ab dem 01. August 2013 wurde eine weitere Vergütungsvereinbarung stationärer Pflegeleistungen gemäß § 85 SGB XI geschlossen, zwischen den gleichen Vertragspartnern, diesmal unter Zustimmung auch des Beklagten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarungen Bezug genommen.
Für die Zeit vom 01. September 2009 bis 31. Dezember 2013 hat der Beklagte drei Vereinbarungen mit der Beigeladenen für die Einrichtung H bzgl. der gesondert zu berechnenden Investitionskosten gemäß § 75 Abs. 5 Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII)geschlossen (Vereinbarungen vom 30. August bzw. 17. September 2009, vom 21. Januar bzw. 17. Januar 2011 und vom 16. Januar bzw. 18. Januar 2012). Es wurden jeweils 12,98 Euro je Anwesenheitstag für 117 nicht geförderte vollstationäre Pflegeplätze und sechs Kurzzeitpflegeplätze vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarungen Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 teilte der Beklagte der Betreuerin mit, dass ab sofort ein Heimplatz in der Pflegeeinrichtung Seniorenzentrum der C in V zur Verfügung stünde. Dieser sei kostengünstiger als die Pflegeeinrichtung M-B Seniorenwohnen. Es gebe im Landkreis Oberhavel Einrichtungen, deren Investitionen vom Land Brandenburg gefördert würden und deshalb kostengünstig seien. Der Beklagte bot der Klägerin Hilfe dabei an, eine kostengünstige Einrichtung in O zu finden.
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2009 meldeten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin und beantragten (erneut) die Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Sie machten geltend, dass die Töchter der Klägerin in O wohnten und die Klägerin von ihnen in dieser Einrichtung jederzeit besucht werden könne.
Mit Bescheid vom 06. Januar 2010 hat der Beklagte den Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten für den Aufenthalt im H abgelehnt. Im H betrage der tägliche Kostensatz bei Pflegestufe I 66,93 Euro (herausgerechnet ist bereits ein Teil des Investitionskostenbetrages in Höhe von 6,42 Euro täglich). In den vom Land Brandenburg investiv geförderten Pflegeheimen des Landkreises Oberhavel betrage er 58,31 Euro (S-E in V), 59,08 Euro (D W Club in O), 58,16 Euro (F-W, O), im Durchschnitt 58,52 Euro. Bei Unterbringung in dem H entstünden 209,73 Euro monatlich an ungedeckten Heimkosten, wogegen bei Aufenthalt in einer investiv geförderten Pflegeeinrichtung im Landkreis Oberhavel Sozialhilfemittel nicht erforderlich seien. Somit wäre der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz der Sozialhilfe mit der Übernahme der Kosten in Höhe von monatlich 209,73 Euro nicht gegeben. Da die Mittel von der Allgemeinheit finanziert werden müssten, könne das Wahlrecht des § 9 SGB XII nicht schrankenlos ausgeübt werden. Zentrales Kriterium sei die "Angemessenheit". Ausgangspunkt seien die durchschnittlichen Kosten in vergleichbaren Hilfefällen. Bei dem Heimkostenvergleich sei von den Verhältnissen des hilfegewährenden Trägers, hier des Landkreises Oberhavel, auszugehen. Der Beklagte habe durch einen Kostenvergleich im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob die Mehrkosten unverhältnismäßig seien. Es sei ein Pflegeplatz im D in O zur Verfügung gestellt worden. Auch dort würden keine Kosten für den Beklagten anfallen. Er bot Hilfe zur Heimplatzfindung in investiv geförderten Pflegeeinrichtungen an.
Zur Begründung ihres am 01. Februar 2010 erhobenen Widerspruches hat die Klägerin vorgetragen, dass sie sich nach langen Überlegungen für die Pflegeeinrichtung H entschieden habe. Dieser Wunsch sei gemäß § 9 SGB XII und § 33 Sozialgesetzbuch/Erstes Buch (SGB I) zu berücksichtigen. Der Mehrkostenvorbehalt stünde im Spannungsverhältnis zwischen der Entfaltungsfreiheit des einzelnen Leistungsberechtigten und dem Erfordernis, dass Sozialhilfe nur nachrangig gewährt werden solle. Diesem Spannungsverhältnis könne man nur gerecht werden, indem alle relevanten Umstände des Einzelfalles in die Erwägung mit einbezogen würden. Der Beklagte verweise ausschließlich auf den Umstand, dass mehrere investiv geförderte Pflegeeinrichtungen im Landkreis Oberhavel kostengünstiger seien. Er beschränke die Argumentation somit auf einen Kostenvergleich. Die Klägerin habe bereits früher in dem Wohnumfeld gewohnt, in dem sich auch das H befinde. Sie kenne dieses Wohnumfeld sehr gut und habe sich dahingehend geäußert, dass sie ausschließlich in dieser Einrichtung untergebracht werden möchte. Aus medizinischer Sicht sei das Verbleiben im vormaligen sozialen und örtlichen Wohnumfeld erforderlich. Bei der Klägerin sei eine mittelschwere dementielle Entwicklung diagnostiziert worden. Eine enge soziale Anbindung und das Vermeiden von Veränderungen seien daher von großer Wichtigkeit. Hinzu komme, dass die Klägerin in der in Frage stehenden Einrichtung regelmäßig von den Kindern und Enkelkindern besucht werde.
Im Übrigen werde deutlich, dass es sich nicht um unverhältnismäßige Mehrkosten handele, um die hier gestritten werde. Während der tägliche Kostensatz in der Pflegeeinrichtung H bei 66,93 Euro liege, betrage der tägliche Kostensatz im Durchschnitt in investiv geförderten Einrichtungen im Landkreis 58,52 Euro. Dies entspreche Mehrkosten von 13 Prozent. Diese Mehrkosten könnten nicht als unverhältnismäßig bezeichnet werden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe in früheren Entscheidungen Mehrkosten, die 75 Prozent bzw. 50 Prozent überstiegen, als unvertretbar bzw. unverhältnismäßig angesehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. Mai 2010, zugestellt am 10. Mai 2010, hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII solle der Träger der Sozialhilfe regelmäßig Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wären. Nach dieser Vorschrift habe der Sozialhilfeträger einen Kostenvergleich zwischen der gewünschten Leistung und anderen geeigneten und zumutbaren Hilfeangeboten vorzunehmen. Fielen wunschbedingte Mehrkosten an, erschöpfe sich die Frage nach ihrer (Un-) Verhältnismäßigkeit nicht in einem rein rechnerischen Kostenvergleich. Die Verhältnismäßigkeit betreffe die Relation zwischen der gewünschten Gestaltung der Hilfe und den damit verbundenen Mehrkosten. Zu berücksichtigen sei vor allem das Gewicht, welches der von dem Leistungsberechtigten gewünschten Gestaltung der Hilfe im Hinblick auf seine individuelle Notsituation beizumessen sei. Dabei seien alle Besonderheiten des Einzelfalles in den Blick zu nehmen. Je größer die Bedarfsnähe der gewünschten Hilfegestaltung sei, umso "berechtigter" könne der Wunsch des Leistungsberechtigten sein. Schließlich setze ein anzustellender Kostenvergleich voraus, dass die zum Vergleich herangezogene Einrichtung zur Erreichung des Zweckes der Eingliederungshilfe in gleicher Weise geeignet sei, wie die vom Leistungsberechtigten gewählte Einrichtung. Der Beklagte stellte einen Kostenvergleich zwischen dem H, dem Seniorenzentrum S-E in V, dem D W Club in O und dem Haus F-W in O dar, wonach im H ungedeckte Heimkosten von 209,73 Euro monatlich entstünden, im Seniorenzentrum S-E und im Haus F-W keine und im DW Club in O von 19,73 Euro monatlich. Ein Umzug in eine andere Pflegeeinrichtung im Landkreis Oberhavel sei der Klägerin auch zumutbar. Gegenteilige gesundheitliche Anhaltspunkte seien nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin eine Unzumutbarkeit im Hinblick auf das ihr bekannte soziale Umfeld geltend mache, ergebe sich keine andere Beurteilung, da auch die Einrichtungen DW Club und F-W Haus sich in O befänden, so dass das soziale Umfeld gewahrt bleibe. Zudem würden in diesen Einrichtungen dieselben Leistungen erbracht wie im H.
Mit der am 09. Juni 2010 bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wurde, neben dem bereits im Widerspruchsverfahren Vorgebrachten, unter anderem vorgetragen, dass ihre Tochter, S,in V lebe, zu ihr aber der geringste Kontakt bestünde und sie auch schwer erkrankt sei und sich oft in stationärer Behandlung befinde (diese Tochter ist inzwischen verstorben). Das Wunschrecht sei missachtet worden. 209,73 Euro monatlich stellten keine unverhältnismäßigen Heimkosten dar. Es bestünde hier nur ein Unterschied von 13 Prozent. Es handele sich bei den preiswerteren Einrichtungen ausschließlich um geförderte Einrichtungen. Nur aufgrund der sehr geringen Investitionskosten ergebe sich ein niedrigerer Pflegesatz. Das ändere sich, wenn die Pflegestufe II oder III finanziert werden müsste. Er legte die Kosten der von dem Beklagten benannten Einrichtungen, untergliedert in die verschiedenen Pflegestufen, sowie weiterer Pflegeheime vor. Auf die Aufstellungen wird Bezug genommen. Bei Unzumutbarkeit sei außerdem ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.
Die Klägerin hat den Heimvertrag für vollstationäre Pflege ab dem 20. Oktober 2009 zwischen der M-B-Se GmbH, H und ihr vom 21. Oktober 2009 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B vom 13. April 2011 eingeholt. Dieser bescheinigte, dass bei der Klägerin eine zunehmende Demenz seit 2009 vorliege. Die Nähe der Einrichtung zum Wohnort der Töchter sei hilfreich und angeraten.
Mit Urteil vom 30. April 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Ausführungen des Beklagten in dem angefochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Diese seien nach Überprüfung durch die Kammer zutreffend und sie schließe sich ihnen an. Ergänzend hat es ausgeführt, dass auch aus medizinischen Gründen der Umzug in eine kostengünstige Einrichtung zuzumuten sei. Der behandelnde Arzt Dr. B habe mitgeteilt, dass eine Pflegeeinrichtung in der Nähe der beiden Töchter aus medizinischer Sicht hilfreich sei und angeraten werde. Die Nähe zu den Töchtern und Enkelkindern wäre auch in anderen Einrichtungen der Stadt O gewahrt.
Im Hinblick auf die in den Kostenvergleich einzubeziehenden anderen Einrichtungen sei dieser auf O zu begrenzen. Bei dem Kostenvergleich seien nur solche Einrichtungen einzubeziehen, deren alternative Belegung konkret möglich wäre (Hinweis auf den Beschluss des Landessozialgerichts – LSG – Berlin-Brandenburg vom 14. Dezember 2011, Az.: L 23 SO 116/11 B ER). In der Entscheidung habe das Gericht einen nochmaligen Umzug einer an Demenz erkrankten Frau für zumutbar angesehen, da dauerhafte Schäden an ihrer psychischen und physischen Gesundheit nach medizinischer Einschätzung nicht belegt gewesen seien. Ein Umzug von Demenzerkrankten sei nach dieser Rechtsprechung dann ausgeschlossen, wenn dauerhafte gesundheitliche Schäden drohten; vorübergehend auftretende Verschlechterungen müssten hingenommen werden.
Gegen das am 10. Mai 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juni 2012, einem Montag, Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Zur Begründung hat sie unter anderem vorgetragen, dass bei einem Kostenvergleich auf einen größeren Bereich, in der Regel ein Bundesland, zumindest aber den gesamten Kreis, abgestellt werden müsse. Dabei seien auch die Preise "freier" Träger einzubeziehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 30. April 2012 und den Bescheid des Beklagten vom 06. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Leistungen der Hilfe zur Pflege in Höhe von insgesamt 11.524,15 Euro zu gewähren und an die Beigeladene zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat auf seinen Vortrag im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens sowie auf die Urteilsbegründung des Sozialgerichts Bezug genommen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Auf Anfrage des Senats haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, dass die Klägerin auf das Heimentgelt den von ihr zu erbringenden Eigenanteil, d.h. ihre Einkünfte abzüglich eines Taschengeldes, gezahlt habe. Der Restbetrag sei ihr durch den Einrichtungsträger gestundet worden. Auf die weitere Nachfrage des Senats haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 17. Mai 2016 mitgeteilt, dass die schriftliche Stundungsvereinbarung am 20. Oktober 2009 geschlossen worden sei. Sie legten diese in Kopie vor.
Mit Schriftsatz vom 24. März 2016 haben die Prozessbevollmächtigten die Rechnungen der Beigeladenen an die Klägerin bzgl. der Heimkosten für die Zeit von Oktober 2009 bis Juli 2014 eingereicht, auf diese wird Bezug genommen. Sie haben vorgetragen, dass sich das geschuldete Heimentgelt von Oktober 2009 bis Juli 2013 auf 73,35 Euro und ab August 2013 auf 74,77 Euro täglich belaufen habe (in den 73,35 bzw. 74,77 Euro sind weitere Investitionskosten von täglich 6,42 Euro enthalten, die nicht mehr geltend gemacht werden). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten und die Betreuungsakte des Amtsgerichts Oranienburg haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG). Sie ist auch zum Teil begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 30. April 2012 und der Bescheid des Beklagten vom 06. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Mai 2010 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, als ein Anspruch auf die Übernahme der ungedeckten Heimkosten für die Zeit von November 2009 bis Juli 2014 in Höhe von insgesamt 11.459,83 Euro abgelehnt wurde.
Rechtsgrundlage für die Leistungen ist § 61 Abs. 1 SGB XII in der Fassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) vom 28. Mai 2008, BGBl. I Seite 874. Diese Vorschrift lautet:
Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, ist Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege ist auch Kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Absatz 5 bedürfen; für Leistungen für eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung gilt dies nur, wenn es nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre Leistungen nicht zumutbar sind oder nicht ausreichen.
Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin erfüllt. Sie bedarf auf Grund der von ihrem behandelnden Arzt Dr. B diagnostizierten, im Tatbestand genannten Erkrankungen der Hilfe. Dabei sind auf Grund der körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen und einer häuslichen Unterversorgung stationäre Leistungen erforderlich (vgl. den Bericht der O Kliniken vom 20. Oktober 2009 bzgl. des stationären Aufenthaltes dort in der Zeit vom 18. September 2009 bis 21. Oktober 2009). Das H ist auch eine geeignete Pflegeeinrichtung, die zur sachgerechten Pflege der Klägerin notwendigen Leistungen werden dort erbracht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte an die Vereinbarungen der Pflegekasse mit der Beigeladenen bzw. seine Vereinbarungen mit der Beigeladenen bzgl. der Investitionskosten gemäß § 75 Abs. 5 SGB XII gebunden ist. Diese Vorschrift lautet:
Bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 72 des Elften Buches richten sich Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der ambulanten und teilstationären Pflegeleistungen sowie der Leistungen der Kurzzeitpflege und der vollstationären Pflegeleistungen sowie der Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und der Zusatzleistungen in Pflegeheimen nach den Vorschriften des Achten Kapitels des Elften Buches, soweit nicht nach § 61 weitergehende Leistungen zu erbringen sind. Satz 1 gilt nicht, soweit Vereinbarungen nach dem Achten Kapitel des Elften Buches nicht im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind. Der Träger der Sozialhilfe ist zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten nach § 82 Abs. 4 des Elften Buches nur verpflichtet, wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach dem Zehnten Kapitel getroffen worden sind.
Ob der Beklagte, da er an den Verhandlungen bzgl. der Vergütungsvereinbarungen stationärer Pflegeleistungen gemäß § 85 SGB XI jeweils beteiligt war, an diese gebunden ist, ohne dass ein Kostenvergleich gemäß § 9 SGB XII erfolgen darf (dazu siehe unten), kann dahinstehen. Dafür könnte sprechen, dass, wenn der Träger der Sozialhilfe am Pflegevergütungsverfahren beteiligt war, mit dem Ergebnis der Vereinbarung aber nicht einverstanden war und gemäß § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB XI überstimmt wurde, er gemäß § 85 Abs. 5 Satz 2 SGB XI die Vereinbarung angreifen und überprüfen lassen kann. Tut er dies nicht, wie hier der Beklagte, dann ist im Sinne des Pflegesatzverfahrens sein Einvernehmen vorhanden, sog. "fingiertes Einvernehmen" (Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 SGB XII, Rdnr. 157; Münder in LPK-SGB XII, 10. Auflage, § 75 Rdnr. 41).
Bezüglich der gesondert zu berechnenden Investitionskosten hat der Beklagte mit der Beigeladenen Vereinbarungen gemäß § 75 Abs. 5 Satz 3 SGB XII geschlossen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist er zur Übernahme dieser Kosten dann verpflichtet, hier also in Höhe von 12,98 Euro je Anwesenheitstag.
Offen bleiben kann, ob diese Bindung besteht, weil auch dann, wenn man dies nicht annimmt, § 9 Abs. 2 SGB XII der Übernahme der ungedeckten Heimkosten durch den Beklagten nicht entgegensteht. Diese Vorschrift lautet:
Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.
Die Klägerin hat sich die Unterbringung in dem H gewünscht, eine stationäre Betreuung ist auch, wie oben erläutert, erforderlich. Der Aufenthalt ist auch nicht mit "unverhältnismäßigen Mehrkosten" im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII verbunden.
Auch hier kann offen bleiben, ob, wenn mit einer Einrichtung Vereinbarungen nach den §§ 75 ff SGB XII geschlossen worden sind, entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) in dem Urteil vom 22. März 2012, Az. B 8 SO 1/11 R, juris Rdnr. 17 = SozR 4-3500 § 65 Nr. 5 es nicht auf einen rechnerischen Vergleich der Kosten verschiedener Einrichtungen ankommt, weil sich die zu zahlende Vergütung nämlich nach den maßgeblichen Vergütungsvereinbarungen richtet. Es würde sich dann um angemessene Kosten handeln; der Hilfebedürftige dürfte nicht gezwungen werden, unter zugelassenen Einrichtungen eine bestimmte zu wählen (vgl. Müller-Grune in juris-PK SGB XII, aaO., § 9 Rdnr. 35 unter Hinweis auf das eben zitierte Urteil des BSG vom 22. März 2012; a.A. Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, Kommentar zum SGB XII, 19. Auflage 2015, § 9 Rdnr. 22 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes - BVerwG - vom 30. September 1993, Az. 5 C 41/91 = BVerwGE 94, 202).
Auch wenn man davon ausgeht, dass ein Kostenvergleich trotz geschlossener Verträge gemäß § 75 Abs. 5 SGB XII vorzunehmen ist, ergibt sich nichts anderes. Zunächst ist nicht auf einen Kostenvergleich mit nicht in O ansässigen Einrichtungen abzustellen, da für die Klägerin, wie auch das Sozialgericht zutreffend angenommen hat, nur eine Einrichtung in Betracht kommt und kam, die in O liegt, da sich die beiden Töchter, die sich vorrangig um die Klägerin kümmern, dort wohnhaft sind. Abgesehen davon, dass möglicherweise die Kosten für das H schon deshalb zu übernehmen sind, weil der Klägerin zum Zeitpunkt des Eintritts der Erforderlichkeit stationärer Pflege in O kein Platz in einer Einrichtung angeboten werden konnte und der Beklagte der Klägerin lediglich in Aussicht gestellt hatte, ihr beim Finden einer Einrichtung in Obehilflich zu sein (vgl. Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, aaO., § 9 Rdnrn. 24 und 26, wonach ein Kostenvergleich nur mit einer konkret angebotenen anderen Hilfe möglich ist), wären die (Mehr-)Kosten auch nicht unverhältnismäßig. Welche Kriterien bei dem Kostenvergleich anzulegen sind, ist nicht exakt mit genauen Prozentzahlen zu bestimmen. Ausgangspunkt werden die Durchschnittskosten sein, die üblicherweise für die fragliche Hilfsmaßnahme entstehen. Dabei ist der Vergleich mit einer konkret möglichen anderen Hilfe nötig (Roscher in LPK-SGB XII, 10. Auflage, § 9 Rdnr. 36). Eine starre Grenze, deren Überschreitung die Annahme rechtfertigt, dass die Wünsche von Leistungsberechtigten als mit "unverhältnismäßigen Mehrkosten" verbunden anzusehen sind, lässt sich wegen der auch in § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB XII verankerten Orientierung an der "Besonderheit des Einzelfalls" nicht ziehen. Eine Überschreitung des Durchschnitts um mehr als 50% dürfte in der Regel als unverhältnismäßig anzusehen sein; in der Rechtsprechung wurden Mehrkosten von 23% bis 29 % noch als angemessen angesehen (vgl. Hohm, aaO., § 9 Rdnr. 22).
Nach Auffassung des Senats kann hier nur ein Vergleich der monatlich anfallenden Kosten für in O gelegene Einrichtungen in Betracht kommen, da wie erläutert, Einrichtungen in anderen Orten wegen der Entfernung zu den Hauptbezugspersonen nicht zumutbar wären und dem Wunsch- und Wahlrecht der Klägerin nicht entsprächen. Nach den Angaben des Beklagten im Widerspruchsbescheid fielen für durchschnittlich 30,4 Tage im H 2.034,67 Euro an, im D in O 1.844,67 Euro und im W Haus in O 1.791,47 Euro, durchschnittlich für die beiden letztgenannten also 1.818,06 Euro. Dies wären 216,61 Euro Differenz, bezogen auf den Durchschnittswert 1.818,06 Euro entspricht dies 11,9 %. Allerdings ergibt sich aus den eingereichten Rechnungen und dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 24. März 2016 ein Tagessatz von anfangs 73,35 Euro einschließlich der Investitionskosten - die aber in Höhe von 6,42 Euro täglich nicht mehr geltend gemacht werden -, dies ergäbe monatliche Kosten (bei 30,4 Tagen) von 2.229,84 Euro, was eine Differenz von 411,78 Euro ergäbe. Dies entspricht 22,7 %. Auch dies ist nach den oben geschilderten Maßstäben (noch) nicht unverhältnismäßig.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist für den Kostenvergleich auch nicht auf die Kosten abzustellen, die sich nach einer Einkommensanrechnung für den Sozialhilfeträger ergeben, sondern auf die Kosten vor der Einkommensanrechnung, und damit auf die Tagessätze der Einrichtungen. Dem Begriff der Verhältnismäßigkeit ist immanent, dass ein Kostenvergleich in vergleichbaren Hilfefällen oder zwischen der vom Hilfeträger ins Auge gefassten stationären und der gewünschten Unterbringung anzustellen ist, ohne dass es auf das einsetzbare Einkommen oder Vermögen ankommt (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 5. Auflage, § 9 Rn. 39; Hohm aaO., § 9 Rn. 24; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07. Juni 2007, Az. L 8 SO 60/07 ER, juris Rn. 17; Roscher in LPK-SGB XII, § 9 Rn. 86 unter Verweis auf Höfer/Krahmer in LPK-SGB XII, § 13 Rn.12; a.A. Sozialgericht - SG - Mainz, Urteil vom 30. Juni 2009, Az. S 5 SO 32/07, dokumentiert in juris; Dauber in Mergler/Zink, Kommentar zum SGB XII, Stand August 2015, § 9 Rn. 29). Dieses Problem wird allerdings in erster Linie im Zusammenhang mit der Frage diskutiert, ob durch eine Berücksichtigung der Kosten nach Einkommensanrechnung eine gewünschte ambulante Pflege gegenüber einer stationären Hilfe für einkommensstärkere Hilfebedürftige unverhältnismäßig teurer würde. Aber auch für die vorliegende Konstellation, dass eine stationäre Einrichtung gegenüber anderen stationären Einrichtungen kostengünstiger wäre, würde eine andere Auffassung als die hier vertretene dazu führen, dass einkommensschwächere Hilfebedürftige eher in teurere Einrichtungen gehen könnten als einkommensstärkere, da sich auf Grund des höheren anzurechnenden Einkommens für den Sozialhilfeträger dann keine Kostenübernahmeverpflichtung ergeben würde, wenn die Einkommensstärkeren in einer weniger kostenintensiven Einrichtung untergebracht würden. Da das Wunsch- und Wahlrecht nur "Leistungsberechtigten" zusteht (vgl. Luthe in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB XII, Stand August 2015, § 9 Rn. 34), könnte die gegenteilige Auffassung, dass auf die Kosten nach Einkommensanrechnung abzustellen ist, dazu führen (so auch im vorliegenden Fall), dass das Wunsch-und Wahlrecht gar nicht erst bestünde, weil eine Leistungsberechtigung durch die Anrechnung des Einkommens entfallen würde. Hinzu kommt, dass ein Vergleich der prozentualen Mehrkosten, wie er in Rechtsprechung und Literatur einhellig vorgenommen wird, dann nicht möglich ist, wenn sich nach Einkommensanrechnung – wie hier – keine Hilfebedürftigkeit ergeben würde, da sich von "Null" keine Prozentwerte errechnen lassen.
Der Beklagte hat damit die ungedeckten Heimkosten zu übernehmen.
Die Klägerin ist auch einem Anspruch der Beigeladenen tatsächlich ausgesetzt. Wäre dies anders, so bestünde kein Anspruch gegen den Beklagten, da der Sozialhilfeträger im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses nur die Vergütung übernimmt, die der Hilfeempfänger schuldet. Zur Überzeugung des Senats ist die Klägerin dem (weiteren, restlichen) Anspruch auf Zahlung der Vergütung auch tatsächlich ausgesetzt. Es besteht eine Stundungsabrede bis zur Entscheidung in diesem Rechtsstreit. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beigeladene auf ihre Forderung gegen die Klägerin verzichtet hätte, sofern die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit unterlegen wäre.
Die vom Beklagten zu tragenden ungedeckten Heimkosten beliefen sich auf insgesamt 11.459,83 Euro (tatsächlich 11.440,01 Euro, s.u.) für die Zeit vom 1. November 2009 bis zum 16. Juli 2014. Dabei ist von folgenden Werten auszugehen:
Für die Zeit von November 2009 bis einschließlich Juli 2013 betrug der Tagessatz 73,35 Euro, wobei nur Investitionskosten von 12,98 Euro täglich zu berücksichtigen sind, so dass sich ein Tagessatz von 66,93 Euro ergibt. Ab August 2013 betrug der Tagessatz 74,77 Euro, abzüglich 6,42 Euro nicht zu berücksichtigender Investitionskosten, also 68,35 Euro. Das Pflegegeld betrug während des gesamten Zeitraums 1.023,00 Euro. Von den mit den Tagen pro Monat multiplizierten Tagessätzen sind das Pflegegeld und die im Tatbestand benannten Nettorentenbezüge abzuziehen und das Taschengeld hinzuzurechnen. Dieses beträgt bzw. betrug 27 v.H. des Eckregelsatzes (§ 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII a.F., ab Januar 2011 § 27b Abs. 2 Satz 2 SGB XII), d.h. für das Jahr:
2009 (ab 1.Juli 2009): 96,93 Euro 2010: 96,93 Euro 2011: 98,28 Euro 2012: 100,98 Euro 2013: 103,14 Euro 2014: 105,57 Euro.
Es ergibt sich beispielhaft für den Monat Januar 2012 folgende Berechnung:
66,93 mal 31 Tage = 2074,83 Euro Heimentgelt minus 1023,00 Euro Pflegegeld minus 906,09 Euro Renten plus 100,98 Euro Taschengeld 246,72 Euro
und für Februar 2014 beispielhaft folgende Berechnung:
68,35 mal 28 Tage = 1913,80 Euro Heimentgelt minus 1023,00 Euro Pflegegeld minus 955,95 Euro Renten plus 105,57 Euro Taschengeld 40,42 Euro.
Es ergeben sich folgende Beträge:
Für November 2009 bis Juni 2010:
999,56 Euro für vier Monate mit 31 Tagen plus 548,88 Euro für drei Monate mit 30 Tagen und 49,06 Euro für den Monat Februar 2010 = 1.597,50 Euro.
Für Juli 2010 bis Dezember 2010:
4 Monate à 31 Tage = 999,56 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 365,92 Euro = 1.365,48 Euro. Für Januar 2011 bis Juni 2011:
3 Monate à 31 Tage = 753,72 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 368,62 Euro plus Februar 2011 = 50, 45 Euro = 1.172,79 Euro.
Für Juli 2011 bis Dezember 2011:
4 Monate à 31 Tage = 976,08 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 354,18 Euro = 1.330,26 Euro.
Für Januar 2012 bis Juni 2012:
3 Monate à 31 Tage = 740,16 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 359,58 Euro plus Februar 2012 (29 Tage) = 112,86 Euro = 1.212,60 Euro.
Für Juli 2012 bis Dezember 2012:
4 Monate à 31 Tage = 905,08 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 318,68 Euro = 1.223,76 Euro.
Für Januar 2013 bis Juni 2013:
3 Monate à 31 Tage = 679,38 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 325,06 Euro plus Februar 2013 = 28,67 Euro = 1.033,11 Euro.
Für Juli 2013:
199,02 Euro.
Für August 2013 bis Dezember 2013:
3 Monate à 31 Tage = 729,12 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 349,38 Euro = 1.078,50 Euro.
Für Januar 2014 bis Juni 2014:
3 Monate à 31 Tage = 736,41 Euro plus 2 Monate à 30 Tage = 354,24 Euro plus Februar 2014 = 40,42 Euro = 1.131,07 Euro.
Für Juli 2014:
103,92 Euro.
Dies ergibt insgesamt einen Betrag von 11.440,01 Euro, und damit 19,82 Euro weniger als die ausgeurteilten 11.459,83 Euro. Diese Differenz kann sich nur aus einem Additionsfehler bei der Vorbereitung ergeben, lässt sich aber nach Verkündung des Urteils vom Senat nicht mehr korrigieren.
Gleichzeitig ergibt sich, dass die beantragten 11.524,15 Euro nicht auszuurteilen waren, insoweit war die Berufung zurückzuweisen.
Die geltend gemachte Verurteilung zur Zahlung an die Beigeladene ist im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses möglich. Daraus hat der Hilfeempfänger gegen den Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Zahlung des Sozialhilfeträgers unmittelbar an die Einrichtung (vgl. Urteil des BSG vom 2. Februar 2010, Az. B 8 SO 20/088 R, juris Rdnr. 12).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin ihre Klageforderung im Laufe des Verfahrens (bzgl. der Investitionskosten) reduziert hat.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen.
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