L 11 AS 641/16 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 641/16 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 641/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Kein Rechtsschutzbedürfnis für einsteiligen Rechtsschutz, wenn der Termin einer ärztlichen Untersuchung, zu dessen Einhaltung der Leistungsberechtigte aufgefordert worden ist, bereits verstrichen ist.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 24.08.2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Aufforderung, zu einer ärztlichen Untersuchung zu erscheinen.

Der Antragsteller (ASt) bezog vom Antragsgegner (Ag) zeitweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit einem undatierten Schreiben forderte der Ag den ASt auf, zu einer persönlichen Untersuchung durch den ärztlichen Dienst am 19.08.2016 zu erscheinen. Es solle dabei seine Erwerbsfähigkeit überprüft werden. Den Untersuchungstermin nahm der ASt nicht wahr. Am 17.08.2016 wandte sich der ASt gegen die Aufforderung an den Ag. Bereits mit Schreiben vom 16.08.2016 versagte der Ag das Alg II ab 15.08.2016. Der ASt habe sich geweigert, Unterlagen vorzulegen und an den geplanten Untersuchungen mitzuwirken. Wichtige Gründe, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien, lägen nicht vor. Dagegen wandte sich der ASt mit Schreiben vom 19.08.2016 an den Ag.

Mit einem Schreiben vom 12.08.2016 hat der ASt beim Sozialgericht Bayreuth (SG) unter Vorlage des Aufforderungsschreibens zur ärztlichen Untersuchung am 19.08.2016 einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 24.08.2016 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig, da es gegen die Mitwirkungsaufforderung keines gerichtlichen Rechtsschutzes bedürfe. Die Teilnahme an der Untersuchung stelle lediglich eine Obliegenheit des ASt dar. Eine Verpflichtung sei durch den Ag nicht möglich. Gegen eine belastende Entscheidung, die wegen einer fehlenden Mitwirkung ergehe, könne er sich mit den vorgesehenen Rechtsbehelfen wehren. Da der ASt Leistungen anderer Grundsicherungsträger erhalten habe und erhalte, fehle es für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in Bezug auf den Versagungsbescheid an einem Rechtsschutzbedürfnis.

Dagegen hat der ASt Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 Abs 1, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG), in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

Unabhängig davon, ob die Aufforderung des Ag nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) einen Verwaltungsakt darstellt (siehe zum Meinungsstand: Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 59 Rn 10; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 02/2012, § 39 Rn 118) und ob ein solcher nach § 39 Nr 3 SGB II iVm § 86a Abs 2 Nr 4 SGG sofort vollziehbar ist - dies könnte im Hinblick darauf zweifelhaft sein, dass es nicht um eine Vorsprache bei der Agentur für Arbeit sondern um eine nicht vom Wortlaut der Vorschrift genannte Untersuchung beim ärztlichen Dienst geht (vgl dazu auch: Hengelhaupt aaO Rn 117 mwN) -, mithin sich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs 1 SGG richten würde oder andernfalls § 86b Abs 2 SGG einschlägig wäre, fehlt es vorliegend an einem Rechtsschutzbedürfnis.

Das Aufforderungsschreiben bezog sich ausdrücklich alleine auf einen ärztlichen Untersuchungstermin am 19.08.2016. Dieser Zeitpunkt liegt bereits in der Vergangenheit, so dass sich die Aufforderung zwischenzeitlich erledigt hat. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer dagegen gerichteten Klage bzw. eines Widerspruchs ist nicht mehr möglich (vgl Beschluss des Senats vom 16.05.2013 - L 11 AS 250/13 B ER). Mit der Erledigung der Meldeaufforderung ist in der Hauptsache auch eine Anfechtungsklage nicht mehr statthafter Rechtsbehelf. Es hätte ggf. eine Umstellung in eine Fortsetzungsfeststellungsklage zu erfolgen. Einstweiliger Rechtsschutz im Hinblick auf eine solche Klage kann aber nicht gewährt werden (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn 40 und 9b). Dem ASt droht dadurch auch nicht die Gefahr, dass vollendete, nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen werden, oder ein nicht mehr gutzumachender Schaden entsteht (vgl dazu Beschluss des Senats vom 13.08.2012 - L 11 AS 473/12 B ER und Beschluss vom 16.05.2013 - L 11 AS 250/13 B ER). Im Falle der Festsetzung einer Sanktion oder Leistungsversagung durch den Ag steht dem ASt die Möglichkeit der Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen solchen Bescheid, bei dem inzident die Rechtmäßigkeit der Meldeaufforderung zu prüfen wäre, zu.

Ein entsprechender Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen den Versagungsbescheid des Ag vom 16.08.2016 ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der ASt erwähnt weder die Leistungsversagung noch den Bescheid vom 16.08.2016 und er macht nicht geltend, ihm würden zu Unrecht Leistungen vorenthalten. Zudem datiert sein an das SG gerichtetes Antragsschreiben auf den 12.08.2016. Zu diesem Zeitpunkt war der Versagungsbescheid vom 16.08.2016 noch gar nicht existent.

Das SG hat damit den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt. Die Beschwerde war zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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