Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AS 3114/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 398/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 27.01.2016 geändert und den Klägern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S, F, bewilligt. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) für das von ihm geführte Klageverfahren zu gewähren ist.
Die Kläger beziehen von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Im März 2014 stellte die Klägerin zu 1) für sich und ihre damals 6jährigen Zwillinge nach der Trennung von ihrem Ehemann und dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung einen Antrag auf Gewährung einer Erstausstattung für die neue Wohnung. Dem Ehemann hätten die meisten bisherigen Hausratsgegenstände gehört und er habe diese auch behalten.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens stellte sich heraus, dass die Klägerin zu 1) mehrere Darlehen zur Anschaffung von Möbeln aufgenommen und einen Teil der Möbel schon angeschafft hatte - insbesondere eine gebrauchte Küche, eine gebrauchte Wohnzimmereinrichtung und Betten für sich und die Kinder.
Anlässlich einer Wohnungsbesichtigung durch den Beklagten am 05.06.2014 stellte dieser fest, dass noch ein Teil des Hausrats fehlte. Daraufhin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 05.06.2014 einen Betrag von 535,00 Euro für die Anschaffung der zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden Einrichtungsgegenstände.
Mit Schreiben vom 26.11.2014 legten die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.06.2014 ein und beantragten hilfsweise die Überprüfung des Bescheides.
Mit Bescheid vom 05.12.2014 lehnte der Beklagte den Antrag gem. § 44 SGB X ab. Die Überprüfung habe ergeben, dass der Bescheid vom 05.06.2014 nicht zu beanstanden sei.
Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2015 zurück. Im Zeitpunkt der Antragstellung sei kein über die Bewilligung hinausgehender Erstausstattungsbedarf vorhanden gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin einen familienrechtlichen Herausgabeanspruch gegen den Ehemann gehabt habe. Dies gelte insbesondere deswegen, weil für die Kinder eine Erstausstattung bei der Geburt gewährt worden sei. Die Einrichtung der Kinderzimmer stehe damit nicht im Alleineigentum des Ehemannes. Dies gelte auch deswegen, weil während des Leistungsbezugs schon einmal ein Teilbetrag für eine Erstausstattung gewährt worden sei.
Hiergegen haben die Kläger am 06.08.2015 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben und einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Sie haben geltend gemacht, die Neuanschaffung von Einrichtungsgegenständen sei notwendig gewesen, da die in der alten Wohnung verbliebenen Gegenstände im Eigentum des Ehemannes gestanden hätten. Hierfür haben sie Beweis angeboten durch Vernehmung des Ehemannes der Klägerin zu 1). Für die Anschaffung der notwendigen Möbel seien Privatdarlehen aufgenommen worden.
Das SG hat die Gewährung von PKH mit Beschluss vom 27.01.2016 abgelehnt. Es hat ausgeführt, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten sei völlig unsubstantiiert. Das SG hat auf seinen Richterbrief vom 25.11.2015 Bezug genommen in dem es ausgeführt hatte, der Vortrag, die Einrichtungsgegenstände hätten sämtlich im Alleineigentum des Ehemannes gestanden sei insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beklagte dem Ehepaar in der Vergangenheit und den Kindern bei der Geburt schon Erstausstattungsleistungen gewährt habe, in keiner Weise glaubhaft.
Gegen den ihm am 01.02.2016 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 25.02.2016 Beschwerde eingelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte des Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Den Klägern ist für das Klageverfahren PKH zu bewilligen.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73a Rn 7a; st. Rspr. des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 23.03.2010, L 6 B 141/09 AS). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden (BVerfG Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 juris Rn 26 - BVerfGE 81, 347).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das SG wird im Hauptsacheverfahren zu klären haben, ob ein Anspruch auf Erstausstattung bestand. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch durch außergewöhnliche Umstände, etwa durch Neubegründung eines Haushalts nach einer Trennung ein entsprechender Bedarf entstehen kann (vgl. BSG Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 64/07 R; s. Blüggel in Eicher SGB II, 3. Aufl. § 24 Rn. 92 ff).
Es wird zu ermitteln sein, ob eine solche spezielle Bedarfslage bestand, ggfs. welche Gegenstände im Eigentum des Ehemannes der Klägerin zu 1) standen und ob die Durchführung eines Herausgabeverfahrens für die Kläger zumutbar war. Zu prüfen ist auch, ob der Herausgabeanspruch (zeitnah) durchsetzbar gewesen ist (s. Blüggel aaO Rn. 95).
Zudem weist der Senat darauf hin, dass der Hinweis auf die bei Geburt der Kinder gewährte Erstausstattung hier nicht weiterführend ist. Es ist vielmehr eher davon auszugehen, dass für die bei Auszug inzwischen 6jährigen Zwillinge zumindest ein Teil der bei der Geburt angeschafften Möbel nicht mehr genutzt werden konnte (Betten). Auch hierzu sind weitere Feststellungen zu treffen. Ergänzend wird ggf. auch zu ermitteln sein, ob für die angeschafften Möbel tatsächlich Darlehen aufgenommen wurden.
Die Kläger sind ausweislich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedürftig. Sie verfügen über kein im Rahmen des § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen oder Vermögen, so dass ihm (ratenfrei) Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist. Die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten der Kläger ist auch erforderlich i.S.v. § 121 Abs. 2 ZPO, weil sich auch ein bemittelter Kläger vernünftigerweise eines Rechtsanwaltes bedient hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist, ob den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) für das von ihm geführte Klageverfahren zu gewähren ist.
Die Kläger beziehen von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Im März 2014 stellte die Klägerin zu 1) für sich und ihre damals 6jährigen Zwillinge nach der Trennung von ihrem Ehemann und dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung einen Antrag auf Gewährung einer Erstausstattung für die neue Wohnung. Dem Ehemann hätten die meisten bisherigen Hausratsgegenstände gehört und er habe diese auch behalten.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens stellte sich heraus, dass die Klägerin zu 1) mehrere Darlehen zur Anschaffung von Möbeln aufgenommen und einen Teil der Möbel schon angeschafft hatte - insbesondere eine gebrauchte Küche, eine gebrauchte Wohnzimmereinrichtung und Betten für sich und die Kinder.
Anlässlich einer Wohnungsbesichtigung durch den Beklagten am 05.06.2014 stellte dieser fest, dass noch ein Teil des Hausrats fehlte. Daraufhin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 05.06.2014 einen Betrag von 535,00 Euro für die Anschaffung der zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden Einrichtungsgegenstände.
Mit Schreiben vom 26.11.2014 legten die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.06.2014 ein und beantragten hilfsweise die Überprüfung des Bescheides.
Mit Bescheid vom 05.12.2014 lehnte der Beklagte den Antrag gem. § 44 SGB X ab. Die Überprüfung habe ergeben, dass der Bescheid vom 05.06.2014 nicht zu beanstanden sei.
Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2015 zurück. Im Zeitpunkt der Antragstellung sei kein über die Bewilligung hinausgehender Erstausstattungsbedarf vorhanden gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin einen familienrechtlichen Herausgabeanspruch gegen den Ehemann gehabt habe. Dies gelte insbesondere deswegen, weil für die Kinder eine Erstausstattung bei der Geburt gewährt worden sei. Die Einrichtung der Kinderzimmer stehe damit nicht im Alleineigentum des Ehemannes. Dies gelte auch deswegen, weil während des Leistungsbezugs schon einmal ein Teilbetrag für eine Erstausstattung gewährt worden sei.
Hiergegen haben die Kläger am 06.08.2015 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben und einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Sie haben geltend gemacht, die Neuanschaffung von Einrichtungsgegenständen sei notwendig gewesen, da die in der alten Wohnung verbliebenen Gegenstände im Eigentum des Ehemannes gestanden hätten. Hierfür haben sie Beweis angeboten durch Vernehmung des Ehemannes der Klägerin zu 1). Für die Anschaffung der notwendigen Möbel seien Privatdarlehen aufgenommen worden.
Das SG hat die Gewährung von PKH mit Beschluss vom 27.01.2016 abgelehnt. Es hat ausgeführt, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten sei völlig unsubstantiiert. Das SG hat auf seinen Richterbrief vom 25.11.2015 Bezug genommen in dem es ausgeführt hatte, der Vortrag, die Einrichtungsgegenstände hätten sämtlich im Alleineigentum des Ehemannes gestanden sei insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beklagte dem Ehepaar in der Vergangenheit und den Kindern bei der Geburt schon Erstausstattungsleistungen gewährt habe, in keiner Weise glaubhaft.
Gegen den ihm am 01.02.2016 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 25.02.2016 Beschwerde eingelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte des Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Den Klägern ist für das Klageverfahren PKH zu bewilligen.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73a Rn 7a; st. Rspr. des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 23.03.2010, L 6 B 141/09 AS). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden (BVerfG Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 juris Rn 26 - BVerfGE 81, 347).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das SG wird im Hauptsacheverfahren zu klären haben, ob ein Anspruch auf Erstausstattung bestand. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch durch außergewöhnliche Umstände, etwa durch Neubegründung eines Haushalts nach einer Trennung ein entsprechender Bedarf entstehen kann (vgl. BSG Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 64/07 R; s. Blüggel in Eicher SGB II, 3. Aufl. § 24 Rn. 92 ff).
Es wird zu ermitteln sein, ob eine solche spezielle Bedarfslage bestand, ggfs. welche Gegenstände im Eigentum des Ehemannes der Klägerin zu 1) standen und ob die Durchführung eines Herausgabeverfahrens für die Kläger zumutbar war. Zu prüfen ist auch, ob der Herausgabeanspruch (zeitnah) durchsetzbar gewesen ist (s. Blüggel aaO Rn. 95).
Zudem weist der Senat darauf hin, dass der Hinweis auf die bei Geburt der Kinder gewährte Erstausstattung hier nicht weiterführend ist. Es ist vielmehr eher davon auszugehen, dass für die bei Auszug inzwischen 6jährigen Zwillinge zumindest ein Teil der bei der Geburt angeschafften Möbel nicht mehr genutzt werden konnte (Betten). Auch hierzu sind weitere Feststellungen zu treffen. Ergänzend wird ggf. auch zu ermitteln sein, ob für die angeschafften Möbel tatsächlich Darlehen aufgenommen wurden.
Die Kläger sind ausweislich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedürftig. Sie verfügen über kein im Rahmen des § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen oder Vermögen, so dass ihm (ratenfrei) Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist. Die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten der Kläger ist auch erforderlich i.S.v. § 121 Abs. 2 ZPO, weil sich auch ein bemittelter Kläger vernünftigerweise eines Rechtsanwaltes bedient hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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