L 3 AS 1222/15 NZB

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 26 AS 550/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 1222/15 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine transsexuelle Person kann grundsätzlich jederzeit eine Ehe oder eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Damit kann sie auch Partner oder Partnerin einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II sein.
I. Die Beschwerden der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 5. November 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Beteiligt am Beschwerdeverfahren sind auf Beschwerdeführerseite beide Klägerinnen. Zwar hat der Klägerbevollmächtigte im Rechtsmittelschriftsatz, mit dem sowohl Berufung (Az. L 3 AS 1221/15) als auch Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden sind, in der Betreffangabe nur die Klägerin zu 2 als Aktivbeteiligte angegeben. Dies entspricht allerdings auch der Angabe in der Klageschrift. Aus den weiteren Angaben in der Klageschrift wird sodann aber deutlich, dass die Klage, mit der höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) erstrebt worden ist, für beide dort namentlich bezeichneten Klägerinnen erhoben werden sollte. Das Sozialgericht hat im Urteil vom 5. November 2015 auch über die Klagen der beiden Klägerinnen entschieden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtsmittel auf eine der Klägerinnen beschränkt werden sollte.

II. Die Beschwerden gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 5. November 2015 sind zulässig, insbesondere statthaft.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Im Streit steht die Höhe des bewilligten Arbeitslosengeldes II. Mit der Klage begehrten die Klägerinnen, bei der Berechnung ihrer Ansprüche auf Arbeitslosengeld II für die Monate September bis Dezember 2013 jeweils an Stelle der Regelbedarfsstufe 2 die Regelbedarfsstufe 1 zugrunde zu legen. Nach § 2 der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Vomhundertsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2013 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2013 – RBSFV 2013) vom 18. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2173) wurde im Jahr 2013 als Regelbedarf in der Regelbedarfsstufe 1 ein Betrag in Höhe von 382,00 EUR und in der Regelbedarfsstufe 2 ein Betrag in Höhe von 345,00 EUR anerkannt. Daraus folgt ein Differenzbetrag in Höhe von 37,00 EUR monatlich. Bezogen auf zwei Personen und vier Monate errechnet sich ein streitiger Betrag in Höhe von 296,00 EUR.

Soweit der Klägerbevollmächtigte im Klageverfahren noch gerügt hat, die Höhe des gesetzlich festgelegten Regelbedarfs sei nicht verfassungsgemäß, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass er hieran nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 23. Juli 2014 (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13BVerfGE 137, 34 ff. = NJW 2014, 3425 ff.) noch im Rechtsmittelverfahren festhalten will. Auf den richterlichen Hinweis, dass der Senat aus den oben genannten Gründen von einem Wert des Beschwerdegegenstandes in Höhe von 296,00 EUR ausgehe, hin hat der Klägerbevollmächtigte lediglich die Berufung (Az. L 3 AS 1221/15) zurückgenommen.

Der Betrag in Höhe von 296,00 EUR übersteigt nicht den Grenzwert in Höhe von 750,00 EUR aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für eine zulassungsfreie Berufung.

Das Sozialgericht hatte daher zu Recht über die Zulassung der Berufung zu befinden. Es hat diese nicht zugelassen.

III. Die Beschwerden sind aber unbegründet, weil Gründe für die Zulassung der Berufung nicht vorliegen.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3). Keiner dieser Zulassungsgründe ist gegeben. 1. Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [11. Aufl., 2014], § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87SozR 1500 § 160a Nr. 60 = juris Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = juris Rdnr. 6; ferner Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28 f. und § 160 Rdnr. 6 ff. [jeweils m. w. N.]). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 30. September 1992 – 11 BAr 47/92SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 Satz 2 = juris Rdnr. 8). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, das heißt die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die konkrete Klärungsfähigkeit, das heißt die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14. Juni 1984 – 1 BJ 82/84 – SozR 1500 § 160 Nr. 53 – juris). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75SozR 1500 § 160a Nr. 7 = juris Rdnr. 2). Hinsichtlich Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.

Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne ist nicht gegeben.

a) Der Klägerbevollmächtigte hat im Klageverfahren zum einen geltend gemacht, dass jede der Klägerinnen für sich eine Bedarfsgemeinschaft bilde. Denn die Klägerin zu 2 sei nicht als Partner im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II anzusehen. Sie sei weder Ehegatte noch der (gleichgeschlechtliche) Lebenspartner noch bestehe eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern oder zwischen Mann und Frau. Für Fälle Transsexueller sehe das Gesetz gerade nicht vor, dass sie eine Bedarfsgemeinschaft bildeten.

Diese Rechtsauffassung zum personellen Anwendungsbereich der Bedarfsgemeinschaftsregeln findet im Gesetz keine Stütze. Dies ergibt sich eindeutig durch Auslegung des Gesetzes unter Rückgriff auf höchstrichterliche Rechtsprechung.

Nach § 20 Abs. 4 SGB II (in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung von Artikel 2 Nr. 31 des Gesetzes vom 24. März 2011 [BGBl. I S. 453]) beläuft sich der Betrag des Regelbedarfes bei zwei Partnern der Bedarfsgemeinschaft, wenn beide das 18. Lebensjahr vollendet haben, auf 90 % einer alleinstehenden Person (vgl. hierzu § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II in der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 7 Buchst. b des Gesetzes vom 30. Juli 2004 [BGBl. I S. 2014] gehörten zur Bedarfsgemeinschaft eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (vgl. hierzu § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) als dessen Partner a) der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, b) die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebte, c) der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner.

Nach dem damals geltendem Recht gehörten Partner einer nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft nicht zu einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 SGB II. Dies hatte zur Folge, dass das Einkommen des Partners nicht wie bei heterosexuellen eheähnlichen Gemeinschaften im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit berücksichtigt wurde (vgl. BT-Drs. 16/1410, S. 9).

Auf Grund von Kritik an dieser Rechtslage (vgl. z. B. SG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Februar 2005 – S 35 SO 23/05 ER – juris; zum damaligen Meinungsstand: Spellbrink/G. Becker, in: Eicher, SGB II [3. Aufl., 2013], § 7 Rdnr. 91, m. w. N.) fasste der Gesetzgeber die Regelungen in § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II zum 1. August 2006 neu (vgl. Artikel 1 Nr. 7 Buchst. a des Gesetzes vom 20. Juli 2006 [BGBl. I. S. 1706]). Nunmehr werden auch Partner einer nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft zu einer Bedarfsgemeinschaft, wenn sie eine Einstehensgemeinschaft bilden (vgl. BT-Drs. 16/1410, a. a. O.). Nach der hier maßgebenden, zum 1. April 2011 nochmals sprachlich geänderten Fassung von § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II (vgl. Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 [BGBl. I S. 850]) gehören zur Bedarfsgemeinschaft als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten a) die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, b) die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, c) eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.

Zum Partnerbegriff in § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 23. August 2012 entschieden, dass von dem Bestehen einer Partnerschaft auszugehen ist, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat beziehungsweise Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG) bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2012 – B 4 AS 34/12 RBSGE 111, 250 ff. = SozR 4-4200 § 7 Nr. 32 = NJW 2013, 957 ff. = juris Rdnr. 20).

Eine Heirat, das heißt eine Eheschließung, kann nach derzeitiger Rechtslage nur zwischen einem Mann und einer Frau erfolgen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) kann eine Ehe nur mit einem Partner des jeweils anderen Geschlechts geschlossen werden, da der Ehe als Wesensmerkmal die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner innewohne und sich nur hierauf das Recht der Eheschließungsfreiheit beziehe (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Juli 2002 – 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01 [gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft, Homo-Ehe] – BVerfGE 105, 313 [342] = NJW 2002, 2543 [2547] = juris Rdnr. 79, m. w. N.; gegen die Verschiedengeschlechtlichkeit als prägendes Merkmals der Ehe u. a Dethloff, FamRZ 2016, 351 [354], m. w. N.). Aus Artikel 6 Abs. 1 GG folgt das Gebot, die Ehe als Lebensform zwischen einem Mann und einer Frau zu schützen (BVerfG, Urteil vom 17. Juli 2002, a. a. O., BVerfGE 105, 313 [344] = NJW 2002, 2543 [2547] = juris Rdnr. 85). Demgegenüber begründen zwei Personen gleichen Geschlechts, die gegenüber dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen (Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner), nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG), eine Lebenspartnerschaft. Ihnen wird für die dauerhafte Bindung allein dieses Rechtsinstitut eröffnet (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Juli 2002, a. a. O., BVerfGE 105, 313 [342] = NJW 2002, 2543 [2547] = juris Rdnr. 79).

Zur Frage der Geschlechtszugehörigkeit hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 6. Dezember 2005 festgestellt, dass die Geschlechtszugehörigkeit nicht allein nach den physischen Geschlechtsmerkmalen bestimmt werden könne. Vielmehr hänge sie wesentlich auch von der psychischen Konstitution eines Menschen und seiner nachhaltig selbst empfundenen Geschlechtlichkeit ab (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvL 3/03 [Transsexuellengesetz, Vornamensänderung, Namensänderung, Transsexueller, Geschlechtsumwandlung] – BVerfGE 115, 1 [15] = FamRZ 2006, 182 [184] = juris Rdnr. 49; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2008 – 1 BvL 10/05 [Transsexuellengesetz] – BVerfGE 121, 175 [190] = NJW 2008, 3117 [3117] = juris Rdnr. 38; BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 1 BvR 3295/07 [Transsexuellengesetz] – BVerfGE 128, 109 [124 ] = NJW 2011, 909 [910] = juris Rdnr. 56). Im Beschluss vom 27. Mai 2008 hat sich das Bundessozialgericht mit Rechtsfragen in Bezug auf die Ehe und die zwischen den Ehegatten bestehende Verantwortungsgemeinschaft befasst, die auftreten, wenn sich ein verheirateter Transsexueller während der Ehe geschlechtsändernden Operationen unterzieht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2008, a. a. O, BVerfGE 121, 175 ff. = NJW 2008, 3117 ff.; zur Frage der Auflösung eines Eingetragenen Lebenspartnerschaft, wenn ein Partner seine Geschlechtszugehörigkeit und seinen Vornamen ändert und beide Partner sodann eine Ehe schließen: OLG Nürnberg, Beschluss vom 21. September 2015 – 11 W 1334/15NJW 2016, 255 ff. = FamRZ 2016 154 ff.; vgl. hierzu auch D. Kaiser, in: Erman, BGB [14. Aufl., 2014] § 1 LPartG Rdnr. 1, m. w. N.; Schausten, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth, jurisPK-BGB Bd. 4 [8. Aufl., 2017], § 1 LPartG Rdnr. 5). Ferner hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 11. Januar 2011 entschieden, dass es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass ein Transsexueller, der die Voraussetzungen zur Änderung seines Vornamens (vgl. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen [Transsexuellengesetz – TSG]) erfüllt, zur rechtlichen Absicherung seiner gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nur dann eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründen kann, wenn er sich zuvor gemäß den gesetzlichen Vorgaben einem seine äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hat sowie dauernd fortpflanzungsunfähig ist und aufgrund dessen personenstandsrechtlich im empfundenen und gelebten Geschlecht Anerkennung gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 1 BvR 3295/07 [Transsexuellengesetz] – BVerfGE 128, 109 ff. = NJW 2011, 909 ff.). In dem zu entscheidenden Fall war die Beschwerdeführerin mit männlichen äußeren Geschlechtsmerkmalen geboren worden, hatte sich jedoch als Angehörige des weiblichen Geschlechts empfunden. Als solche war sie homosexuell orientiert und lebte in einer Partnerschaft mit einer Frau. Durch Namensänderung hatte sie ihren männlichen Vornamen in einen weiblichen Vornamen ändern lassen. Eine geschlechtsanpassende Operation hatte sie aufgrund ihres Alters und der damit verbundenen nicht abzuschätzenden gesundheitlichen Risiken nicht vornehmen lassen. Während der Antrag von ihr und ihrer Partnerin auf Eintragung einer Lebenspartnerschaft abgelehnt wurde, wurde später die Eingehung einer Ehe durch die beiden Partnerinnen vom Standesamt akzeptiert.

Aus der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung folgt, dass eine transsexuelle Person jederzeit eine Ehe oder eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen kann (zur Situation einer Person mit unbestimmtem Geschlecht: Sieberichs, FamRZ 2013, 180 [1182 f.]). Voraussetzung ist lediglich, dass im Einzelfall die für die Eheschließung oder Begründung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft gesetzlich geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. Wenn aber eine transsexuelle Person die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat oder der Begründung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft hat, kann sie nach dem zitierten Urteil des Bundessozialgerichtes vom 23. August 2012 auch Partner oder Partnerin einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II sein.

b) Der Klägerbevollmächtigte hat im Klageverfahren zum anderen die Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe gerügt. Auch wenn der Senat, wie eingangs ausgeführt, davon ausgehet, dass die Klägerinnen dies im Beschwerdeverfahren nicht mehr ausrecht erhalten, merkt der Senat lediglich informatorisch an, dass Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des Regelbedarfs, die eine Vorlage nach Artikel 100 GG nahelegen könnten, nicht erkennbar sind. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 23. Juli 2014 (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13BVerfGE 137, 34 ff. = NJW 2014, 3425 ff.) entschieden, dass die zur Bestimmung des Regelbedarfs anzuwendenden Vorschriften mit Verfassungsrecht vereinbar sind. Das Bundesverfassungsgericht hat unter Nummer 1 des Urteilstenors wie folgt befunden: "§ 20 Absatz 2 Satz 1 und 2 Nummer 1, Absatz 4, Absatz 5, § 23 Nummer 1, § 77 Absatz 4 Nummer 1 und 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch, jeweils in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453), und § 8 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4 und 6, Absatz 2 Nummer 1 und 3 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453), jeweils in Verbindung mit § 20 Absatz 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453) und § 28a Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch in der Fassung von Artikel 3 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453), sowie die Anlage zu § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch in der Fassung von Artikel 3 Ziffer 42 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453) sowie § 2 der Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nummer 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2012 vom 17. Oktober 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 2090) sind nach Maßgabe der Gründe mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Absatz 1 des Grundgesetzes vereinbar."

Dass die Rechtslage in Bezug auf die Fortschreibung der Regelbedarfe ab 2013 anders einzuschätzen sein könnte, ist nicht ersichtlich (ebenso Sächs. LSG, Urteil vom 11. August 2016 – L 3 AS 1308/14 – [n. v.] Urteilsumdruck S. 5). Die Regelleistung wurde zum 1. Januar 2013 von 374,00 EUR um 8,00 EUR, also geringfügig mehr als 2 %, auf 382,00 EUR erhöht. Die Erhöhung lag damit im Bereich der Inflationsrate des Jahres 2012, die nach den Feststellungen des Statistischen Bundesamtes (www.destatis.de) bei + 2,0 % lag.

2. Auch der Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht gegeben. Der Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88SozR 1500 § 160a Nr. 67 = juris Rdnr. 7; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13). Dabei ist erforderlich, dass das Sozialgericht objektiv von einer solchen höhergerichtlichen Entscheidung abgewichen ist und nicht etwa nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 14a). Eine Divergenz in dem beschriebenen Sinne ist nicht festzustellen.

3. Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Er bezieht sich begrifflich auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil, nicht aber auf dessen sachlichen Inhalt, d. h. seine Richtigkeit (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 32 ff.). Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern auch geltend gemacht wird (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). An eines solchen Geltendmachung fehlt es hier.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

V. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).

Dr. Scheer Höhl Krewer
Rechtskraft
Aus
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