L 25 AS 2835/16 B

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 44 AS 1930/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 2835/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Beschwerden gegen eine in einem Urteil/einem Gerichtsbescheid getroffene Kostenentscheidung durch erstmals belasteten Dritten
Statthaftigkeit der Beschwerde (verneint - LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.07.2016 - L 10 AS 334/16 B - juris)
Die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Sozialgerichts Cottbus in dem Gerichtsbescheid vom 24. November 2015 (S 44 AS 1930/15) wird als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

Die von dem Beschwerdeführer im eigenen Namen erhobene Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Sozialgerichts Cottbus in dem Gerichtsbescheid vom 24. November 2015 (S 44 AS 1930/15), mit der das Sozialgericht dem Beschwerdeführer als vollmachtlosem Vertreter die Kosten des Verfahrens auferlegt hat, ist unzulässig.

Die Statthaftigkeit der Beschwerde ergibt sich nicht aus § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Danach findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Diese Vorschrift hat nur Entscheidungen im Blick, die nicht Urteil – oder wie hier – Gerichtsbescheid (vgl. § 105 Abs. 3 SGG) sind (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 172, Rn. 2a), und ist daher vorliegend nicht unmittelbar anwendbar. Eine Vorschrift, aus der sich unmittelbar ein Beschwerderecht des Beschwerdeführers ergibt, ist vorliegend nicht ersichtlich. Aber auch eine entsprechende Anwendung des § 172 Abs. 1 SGG oder ein auf andere Weise abgeleitetes Beschwerderecht kommt hier nicht in Betracht.

Dass SGG bietet keinen Hinweis dafür, dass in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden dem vollmachtlosen Vertreter gegen eine ihn treffende Kostenentscheidung ein Beschwerderecht zustehen soll. Im Gegenteil deuten die gesetzlichen Regelungen des § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 158 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 144 Abs. 4 SGG darauf hin, dass eine isolierte Beschwerdemöglichkeit nur gegen eine Kosten(grund)entscheidung gerade ausgeschlossen sein soll. Insoweit unterscheidet sich das SGG ebenso wie die nach Maßgabe des § 197a SGG anzuwendende VwGO grundsätzlich von der Zivilprozessordnung (ZPO), weswegen auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 24. Juni 1987 (IVb ZR 5/86 – juris) nicht für die Begründung eines Beschwerderechts nach dem SGG herangezogen werden kann. Denn der BGH hat die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde eines durch eine Kostenentscheidung belasteten Dritten aus den §§ 91a Abs. 2 Satz 1, 99 Abs. 2 Satz 1, 269 Abs. 3 Satz 5 ZPO (letztere Vorschrift in der damaligen Fassung) hergeleitet, die aber – anders als die genannten Vorschriften des SGG – eine isolierte Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung grundsätzlich vorsehen.

Für die – hier vom Sozialgericht nach § 197a SGG angewandte – VwGO wird hingegen davon ausgegangen, dass eine Kostenentscheidung zu Lasten eines als vollmachtlos angesehenen Vertreters gemäß § 158 Abs. 2 VwGO nicht anfechtbar ist (ausdrücklich Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Februar 2002 - 4 ZS 01.3026 – juris; Beschluss vom 3. Januar 1994 – 2 C 93.3619NJW 1994, 1019; Rennert in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage 2014, § 158, Rn. 2; Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage, 2016, § 158, Rn. 7; zu § 158 Abs. 1 VwGO ebenso Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. November 2002 – 7 B 104/02 - juris). Hiernach ist die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist. Im Verhältnis zu dem vollmachtlosen Vertreter ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, weil er nicht Beteiligter des Rechtsstreits erster Instanz war (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18. Februar 2002 - 4 ZS 01.3026 – juris).

Das vorliegende Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass die isolierte Beschwerde eines Dritten gegen die Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 SGG in einem Urteil unzulässig ist (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 5. April 2012 – L 11 AS 160/12 B – juris). Dass eine solche im Urteil getroffene Kostenentscheidung nicht gesondert anfechtbar ist, hat auch das Bundessozialgericht bereits entschieden (vgl. nur Beschluss vom 26. Oktober 2010 - B 5 R 303/10 B – juris).

Dass gegen einen Beschluss des Sozialgerichts, mit dem einem Beteiligten oder einem Dritten Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 SGG auferlegt worden sind, möglicherweise die Beschwerde statthaft ist (vgl. Leitherer, a. a. O., § 192, Rn. 21), rechtfertigt vorliegend kein anderes Ergebnis, weil die Kostenentscheidung hier nicht durch einen Beschluss, sondern in einem Gerichtsbescheid getroffen worden ist.

Nach Vorstehendem teilt der Senat die Einschätzung des 10. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, der von der Zulässigkeit der Beschwerde in der vorliegenden Fallkonstellation ausgeht (vgl. Beschluss vom 19. Juli 2016 - L 10 AS 334/16 B – juris), nicht. Denn der 10. Senat prüft, weshalb die Regelungen des § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG und § 144 Abs. 4 SGG jeweils nicht einschlägig sein sollen, aber nicht umgekehrt, woraus sich das Beschwerderecht ergeben soll. Dass die von dem 10. Senat in diesem Zusammenhang in Bezug genommene Entscheidung des BGH vom 24. Juni 1987 insoweit nicht weiterführend ist, ist vorstehend bereits ausgeführt worden. Zudem befasst sich die Entscheidung des 10. Senats nicht mit der bei einer Kostenentscheidung nach § 197a SGG i. V. m. § 154 VwGO anwendbaren Regelung zum Ausschluss der Anfechtbarkeit in § 158 Abs. 2 VwGO, die – wie vorstehend bereits erörtert - auch die Belastung des vollmachtlosen Vertreters umfasst.

Eine Beschwerdemöglichkeit gebietet schließlich auch nicht der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG). Der sachliche Anwendungsbereich dieses Justizgrundrechts ist nicht eröffnet. Denn zur öffentlichen Gewalt im Sinne des Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehören nicht Akte der Rechtsprechung. Artikel 19 Abs. 4 GG gewährt Schutz durch den Richter, nicht gegen den Richter (vgl. Burghart in Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 71. Lieferung 04.2016, Art. 19 GG, Rn. 266 m. w. N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 VwGO, wonach der unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Der Beschwerdeführer unterfällt als Rechtsanwalt nicht dem Kostenprivileg nach § 183 SGG.

Die Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ist nicht erforderlich, da die Gerichtsgebühr aufgrund der Verwerfung der Beschwerde pauschal 60,- Euro beträgt (§ 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) - i. V. m. Nr. 7504 des Kostenverzeichnisses - Anlage 1 zum GKG).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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