Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 36 AL 33/12
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 29/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 14. Mai 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses nach § 57 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III).
Der am. 1981 geborene Kläger absolvierte nach Abschluss seiner Allgemeinschulbildung eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker im Bereich der Nutzfahrzeugtechnik mit Abschluss (August 1998 bis Juli 2002). Vom 1. Oktober 2003 bis Oktober 2009 war der Kläger als Berufskraftfahrer tätig, wie auch in der Zeit von Februar 2010 bis 30. September 2011. Zuletzt war der Kläger beschäftigt bei der K Speditions GmbH (Betrieb des Großvaters). Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses und persönlicher Arbeitslosmeldung am 26. September 2011 beantragte der Kläger am 4. Oktober 2011 zum 1. Oktober 2011 Arbeitslosengeld (Alg). Mit Bescheid vom 21. Oktober 2011 bewilligte die Beklagte Alg ab dem 1. Ok-tober 2011 für 360 Tage. Ab dem 17. Oktober bis zum 28. Oktober 2011 durchlief der Kläger eine Trainingsmaßnahme zur Existenzgründungsvorbereitung (Start EX) in Vollzeit. Die Kosten dieser Maßnahme übernahm die Beklagte im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung vom 11. Oktober 2011. Am 5. Dezember 2011 beantragte der Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zum 1. Januar 2012 als selbstständiger Spediteur mit einer geplanten Wochenarbeitszeit von 50 Stunden. Geplant sei die Übernahme des großelterlichen Speditionsbetriebes. Der Kläger überreichte die angeforderte Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung. Weiter wurden von ihm das Konzept und weitere Unterlagen vorgelegt. Mit Bescheid vom 9. Januar 2012 lehnte die Beklagte den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass auch ohne Leistungen der aktiven Arbeitsmarktförderung eine dauerhafte Eingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt möglich sei. Die Beklagte verwies auf die Berufspraxis des Klägers als Berufskraftfahrer sowie darauf, dass eine hinreichende Anzahl von 28 offenen Stellen im Tagespendelbereich angeboten würde. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass er seit dem 1. Okto¬ber 2011 arbeitslos und es der Beklagten nicht gelungen sei, ihn bis zum 1. Januar 2012 auf dem Arbeitsmarkt einzugliedern. Nach seiner Recherche stünden 50 Gesuchen 28 Angebote gegenüber. Durch die Übernahme der großelterlichen Spedition sichere er zudem fünf sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Auch stehe die Ablehnung des Gründungszuschusses im Gegensatz zur vorangegangenen Förderung der Selbstständigkeit durch die Beklagte. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass es sich bei dem Gründungszuschuss um eine Ermessensleistung der aktiven Arbeitsmarktförderung handele, die nur dann gewährt werden dürfe, wenn sie notwendig sei, um den Antragsteller dauerhaft in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Im Rahmen der Ermessensentscheidung habe die Beklagte neben § 7 SGB III auch zu beachten, dass die Vermittlung in Arbeit grundsätzlich Vorrang vor den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung habe, § 4 Abs. 2 SGB III. Im Falle des Klägers bestehe jedoch keine Notwendigkeit, seine Existenzgründung mit finanziellen Mitteln zu fördern, da die Eingliederungsaussichten aufgrund der konkret nachgewiesenen Arbeitsmarktlage als positiv zu bewerten sei. Es gebe 30 Stellenangebote für Kraftfahrer im Tagespendelbereich, weshalb eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit möglich sei. Auch die Unterstützung des Klägers durch die Beklagte in der Vorbereitung seiner Selbstständigkeit stehe hierzu nicht im Widerspruch, da er in jedem Falle bei der Ausübung seiner selbstständigen Tätigkeit hiervon profitiere. Denn es sei vorrangiges Ziel des Klägers von Beginn an gewesen, sich selbstständig zu machen. Bereits im Erstgespräch am 12. Oktober 2011 sei die Existenzgründung zum 1. Januar 2012 geplant gewesen. Vor diesem Hintergrund sei dem Kläger auch nur ein Vermittlungsvorschlag am 25. November 2011 unterbreitet worden. Wegen der geplanten Selbstständigkeit sei ein Arbeitsverhältnis jedoch nicht zu Stande gekommen. Auch in der Eingliederungsvereinbarung vom 11. Oktober 2011 habe die Beklagte keine Förderung mit Gründungszuschuss zugesagt. Insofern wiege der Vermittlungsvorrang stärker als die Argumente des Klägers für eine Förderung. Eine Härteregelung existiere nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 16. Februar 2012 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, dass er während der Zeit seiner Arbeitslosigkeit von Oktober bis Dezember 2011 gezielt durch die Finanzierung von Fortbildungsmaßnahmen gefördert worden sei (Maßnahme Start EX sowie in Form der Beratung durch das Gründer Camp des Landes Schleswig-Holstein). Diese Förderung sei erfolgt mit dem erklärten Ziel der Ertüchtigung des Klägers für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ab Januar 2012 in Form der Übernahme eines Teils der Spedition K Transporte. Zum 1. Januar 2012 habe der Kläger den Betrieb tatsächlich übernommen. Der Gesamtkaufpreis habe 150.000,00 EUR betragen, wovon (fremdfinanzierte) 100.000,00 EUR mit Übernahme des Betriebes fällig gewesen und 50.000,00 EUR in Raten abzuzahlen seien. Aus diesem Grunde sei der Kläger während der ersten Zeit seiner selbstständigen Tätigkeit auch nicht in der Lage, nennenswerte Privatentnahmen aus dem Unternehmen zu tätigen und deshalb auf den Gründungszuschuss zur Absicherung seines Lebensunterhalts angewiesen. Es komme auch nicht darauf an, ob die Eingliederungsaussichten beim Kläger positiv zu bewerten wären oder nicht, denn mit ihrer Entscheidung, die Fortbildung des Klägers zur Befähigung zur Existenzgründung zu finanzieren, habe die Beklagte ihre Entscheidung bereits getroffen. Aus diesem Grunde habe die Beklagte mit Fördermitteln die Weiterbildung des Klägers finanziert, so dass die Argumentation seiner Vermittelbarkeit auf dem freien Arbeitsmarkt und deshalb die Existenzgründung nicht erforderlich wäre, widersinnig sei. Zudem sei die Entscheidung der Beklagten, den Kläger durch Finanzierung von Fortbildungsmaßnahmen zu unterstützen, auch sinnvoll, denn durch die Übernahme des Betriebes K Transporte durch den Kläger würden fünf Vollzeitarbeitsplätze erhalten werden. Diese Widersprüchlichkeit sei losgelöst von der Frage zu sehen, ob die Beklagte in der Eingliederungsvereinbarung vom 11. Ok¬tober 2011 einen Gründungszuschuss suggeriert habe oder nicht. Insofern komme es auch nicht auf die Einschlägigkeit des § 34 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) an. Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung sei die Frage, ob ein Gründungszuschuss zugesagt worden sei oder nicht, kein ermessensleitendes Kriterium. Die Beklagte könne sich deshalb nicht alleine darauf zurückziehen, dass man nach neuer Rechtslage an eine etwa gegebene frühere Zusage nicht mehr gebunden sei. Wollte sie das, läge ein Ermessensausfall vor.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Gründungszuschusses neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen, insbesondere auch dazu, ob in der Förderung des Existenzgründerseminars eine Art Zusage gesehen werden könne. Jedenfalls sei aber, da sich der Kläger in jedem Falle zum 1. Dezember 2012 (gemeint offensichtlich 1. Januar 2012) habe selbstständig machen wollen, die Teilnahme am Existenzgründerseminar sinnvoll, unabhängig davon, ob der Gründungszuschuss gefördert würde oder nicht. Selbst wenn eine Zusage im Sinne des § 34 SGB X gemacht worden sein sollte, wäre die Beklagte nach Änderung der Rechtslage hieran nicht gebunden.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14. Mai 2014 hat das Sozialgericht der Klage mit Urteil vom gleichen Tag stattgegeben und die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die form- und fristgerecht erhobene Klage sei zulässig und auch begründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses nach § 93 Abs. 1 und 2 SGB III seien erfüllt. Der Kläger habe durch die hauptberufliche Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit seine zuvor bestehende Arbeitslosigkeit beendet und habe zum Zeitpunkt der Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit zum 2. Januar 2012 über einen Alg-Restanspruch von weit über 150 Tagen verfügt. Die Tragfähigkeit seiner Existenzgründung habe er durch Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung nachgewiesen. Seine Kenntnisse zur Ausübung seiner selbstständigen Tätigkeit als Spediteur seien durch die Stellungnahme "neue impulse" vom 21. Dezember 2011 nachgewiesen. Die Beklagte habe die Gewährung des Gründungszuschusses nicht auf dem Ermessenswege ablehnen dürfen. Der Beklagten werde durch die gesetzliche Regelung des § 93 SGB III kein freies Ermessen eingeräumt, sondern ein pflichtgemäßes, d. h., ein rechtlich gebundenes Ermessen. Missachte ein Leistungsträger bei seiner Entscheidung die rechtlichen Bindungen, liege ein der Kontrolle der Sozialgerichte unterliegender Ermessensfehler vor. Bei einer Ermessensreduzierung könne das Ermessen der Verwaltung im Einzelfall derart eingeschränkt sein, dass nur eine einzige Entscheidung ermessensfehlerfrei sei (Ermessensreduzierung auf Null). Die Entscheidung der Beklagten über den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Gründungszuschusses leide an Ermessensfehlern; eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Die Beklagte, deren Prognoseentscheidung nur eingeschränkt überprüfbar sei, habe andere in Betracht kommende Eingliederungsmöglichkeiten, insbesondere eine nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließenden Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung aufgezeigt. Im vorliegenden Fall erlange die am 11. Oktober 2011 abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung aber eine besondere Bedeutung. Denn als Eingliederungsziel werde ausschließlich die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit genannt. Vereinbare die Arbeitsagentur mit dem Arbeitslosen in einer Eingliederungsvereinbarung als Eingliederungsziel die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit und weiche sie nach Stellung des Antrages auf Gründungszuschuss hiervon bei im Wesentlichen unveränderter Sachlage ohne nähere Begründung oder unter ausschließlicher Berufung auf den Vermittlungsvorgang ab, so setze sie sich in willkürlicher Weise zu ihrer eigenen Eingliederungsstrategie in Widerspruch. Vorliegend habe sich die Beklagte ermessensfehlerhaft auf den Vermittlungsvorrang gemäß § 4 Abs. 2 SGB III berufen, denn sie habe den Vorgang der Beratung nicht hinreichend dokumentiert. Hinzu komme, dass die Beklagte die Selbstständigkeit des Klägers durch die Teilnahme am Existenzgründerseminar im Oktober 2011 gefördert und dem Kläger die Hilfe der "neuen impulse" habe zukommen lassen. Soweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die Eigenleistungsfähigkeit des Klägers hingewiesen worden sei, handele es sich um einen weiteren Ermessensfehler. Grundsätzlich sei es möglich, unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen des Ermessens eine vorhandene Eigenleistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Allerdings nur dann, wenn aus der selbstständigen Tätigkeit von Anfang an voraussichtlich derartige Gewinne erwirtschaftet würden, sodass eine Förderung nicht notwendig sei, um die Gründungsphase finanziell zu überbrücken. Der Kläger habe zwar den Betrieb seines Großvaters übernommen, allerdings habe die Be¬triebs¬übernahme nicht dazu geführt, dass Schwierigkeiten in der Startphase der selbstständigen Tätigkeit nicht mehr gegeben seien. Zumindest fehle es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dem Kläger den Gründungszuschuss wegen ausreichender Eigenleistungsfähigkeit zu versagen. Es bestehe daher ein Anspruch auf erneute Bescheidung des Antrages des Klägers auf einen Gründungszuschuss, da die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung nicht alle Ermessensgesichtspunkte zutreffend berücksichtigt und gewichtet habe.
Das Urteil ist der Beklagten am 1. August 2014 zugestellt worden, wogegen sich die am 12. August 2014 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung richtet. Bei der Vereinbarung des Eingliederungsziels einerseits und den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung andererseits handele es sich um verschiedene Sachverhalte, die nicht zwingend voneinander abhängig seien, was in § 37 Abs. 2 Nr. 1 und 4 SGB III seinen Niederschlag gefunden habe. Entsprechend seien von der Beklagten die Vereinbarungen zu diesen Sachverhalten in der Eingliederungsvereinbarung deutlich voneinander getrennt worden. Schon deshalb könne der Ansicht nicht gefolgt werden, dass aus der Vereinbarung eines bestimmten Eingliederungsziels auf die Bewilligung bestimmter Leistungen der aktiven Arbeitsförderung geschlossen werden könne. Voraussetzung für den Anspruch auf Alg sei, dass sich der Arbeitslose bemühe, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden, wozu insbesondere auch die Wahrnehmung der Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung gehöre, § 119 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SGB III. Mit seinem Antrag auf Alg erkläre der Kläger, alle Möglichkeiten zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit zu nutzen bei gleichzeitiger Verpflichtung, Änderungen zu seinem Antrag unverzüglich anzuzeigen. Der Kläger habe vorliegend zu keiner Zeit der Beklagten mitgeteilt, dass er nicht mehr alle Möglichkeiten zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit habe nutzen wollen. Die Beklagte habe vorliegend auch zu keiner Zeit erklärt, dem Kläger die Sozialleistung Vermittlung nicht mehr anbieten zu wollen. Auch die Eingliederungsvereinbarung könne nicht als (rechtswidrige) Einstellung der Vermittlung durch die Beklagte oder einen Verzicht der Beklagten auf Eigenbemühungen des Klägers ausgelegt werden, wodurch das Ermessen der Beklagten bei der Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Gründungszuschuss eingeschränkt wäre. Insofern könne die Beklagte nicht der Vorinstanz folgen, dass sich die Beklagte mit der Ablehnung des Antrags auf Gründungszuschuss in Widerspruch zu dem mit der Eingliederungsvereinbarung vereinbarten Eingliederungsziel gesetzt hätte. Der Beklagten wäre es deshalb auch möglich gewesen, bei Feststellung unzureichender Eigenbemühungen oder bei Arbeitsablehnung den Eintritt einer Sperrzeit festzustellen. Nur positiv formulierte Inhalte der Eingliederungsvereinbarung würden die Beteiligten binden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 14. Mai 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger tritt der Rechtsauffassung der Beklagten entgegen und wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Auch nach den Ausführungen der Beklagten sehe er nach wie vor die Widersprüchlichkeit des Verhaltens der Beklagten, denn klar definiertes Eingliederungsziel sei die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit gewesen. Vorliegend habe die Fortbildung die Ermöglichung und Finanzierung der selbstständigen Tätigkeit im Rahmen eines so genannten Businessplans als Ziel gehabt. Auch sei der Kläger bereit gewesen, im Rahmen der eigenen Bemühungen alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Der Kläger habe konsequent den Weg beschritten, den er mit der Beklagten von Anfang besprochen habe. Er habe hierbei auch davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte ihn dann auch bei der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit in der Form eines Gründungszuschusses unterstützen würde, wie ihm das von Anfang an signalisiert worden sei. Durch die im vorliegenden Fall vorangegangenen Entscheidungen der Beklagten in Bezug auf den Kläger und dessen konkrete Form der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben sei das Ermessen der Beklagten jedoch erheblich reduziert, nach Auffassung des Klägers sogar auf Null.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft und auch ansonsten zulässig. Der Kläger begehrt die Gewährung eines Gründungszuschusses zwar nur in Form der Neubescheidung. Da das Begehren aber auf eine Geldleistung gerichtet ist, muss der Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) 750,00 EUR übersteigen. Die Höhe eines Zuschusses beträgt nach § 58 Abs. 1 SGB III a. F. für die ersten sechs Monate monatlich den Betrag, den der Arbeitnehmer zuletzt als Alg bezogen hat (hier monatlich 723,00 EUR), zuzüglich monatlicher 300,00 EUR. Der Beschwerdewert ist damit deutlich überschritten. Die Berufung ist auch ansonsten form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages betreffend die Gewährung von Gründungszuschuss. Das Urteil des Sozialgerichts Lübeck ist auf die Berufung der Beklagten daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gemäß § 57 Abs. 1 SGB III in der vom 28. Dezember 2011 bis 31. März 2012 geltenden und hier einschlägigen Fassung (vgl. Art. 1 Nr. 3 Buchstabe a des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]; im Folgenden a. F.) konnten Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendeten, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Der Gründungszuschuss konnte nach § 57 Abs. 2 Satz 1 SGB III a. F. geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer
a) einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III hatte oder b) eine Beschäftigung ausgeübt hatte, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden war,
2. bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Alg, dessen Dauer nicht allein auf § 127 Abs. 3 SGB III [a. F.] beruhte, von mindestens 150 Tagen verfügte, 3. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachwies und 4. seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätig- keit darlegte.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung war die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III a. F.). Fachkundige Stellen waren insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständige Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III a. F.).
Mit Wirkung zum 1. April 2012 ist § 93 SGB III an die Stelle des § 57 SGB III a. F. getreten, woraus sich, da beide Vorschriften wortgleich sind, keine inhaltlichen Änderungen ergeben haben. Nach der Fassung des § 57 SGB III a. F. bis zum 27. De¬zember 2011 war der Gründungszuschuss als Pflichtleistung gewährt worden, allerdings nur für die erste Förderphase von (damals) neun Monaten (vgl. § 58 Abs. 1 SGB III a. F.). Diese Vorschrift kommt aber auch nach Übergangsrecht nicht zur Anwendung. § 422 Abs. 1 SGB III regelt, ob bei Änderungen des SGB III auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung altes oder neues Recht anzuwenden ist, wenn das jeweilige Änderungsgesetz nichts Abweichendes bestimmt. Gemäß § 422 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sind die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag die Leistung zuerkannt worden ist. § 422 Abs. 1 Nr. 2 SGB III gilt für Ermessensleistungen (vgl. Bienert in Mutschler/Schmidt Dekaluwe/Koseriu, SGB III, 5. Aufl. 2012, § 422 Rn. 15, Bieback in Gagel, § 422 SGB III, Rn. 2; Brandts in Brand, SGB III, 6. Aufl., § 422 Rn. 3, 4). Um eine solche handelte es sich bei § 57 SGB III in der bis zum 27. Dezember 2011 geltenden Fassung jedoch nicht. Einschlägige Übergangsregelung wäre daher bis zum 27. Dezember 2011 § 422 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, der darauf abstellt, ob der Anspruch entstanden ist. Die Anspruchsentstehung hätte vorliegend aber mindestens vorausgesetzt, dass der Kläger seine selbstständige Tätigkeit bis zum 27. Dezember 2011 aufgenommen hätte. Die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit durch den Kläger fand – unstreitig – erst zum 1. Januar 2012 statt.
Die das Ermessen der Beklagten eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 57 SGB III a. F. hat der Kläger in Übereinstimmung mit der Vorinstanz erfüllt. Der Kläger verfügte bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit ab dem 1. Januar 2012 über einen festgestellten Anspruch auf Alg mit einer Restanspruchsdauer von mehr als 150 Tagen. Der Kläger erfüllt auch die sonstigen Voraussetzungen. Es handelt sich bei der Übernahme der selbstständigen Tätigkeit als Transportunternehmer um eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit. Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2012 kein neues Unternehmen begründet hat, sondern ein bereits bestehendes, nämlich das seines Großvaters übernommen hat. Denn die "Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit" setzt nicht eine Unternehmensneubegründung voraus, ein Betriebsübergang ist ausreichend (vgl. Kuhnke in jurisPK SGB III, 1. Aufl. 2014, Stand 15. Dezember 2014, § 93 Rn. 16; Brandt, SGB III, 7. Aufl., § 93 Rn. 8; SG Duisburg, Urteil vom 1. Februar 2000 – S 12 AL 38/99 –; vgl. auch BT Drs. 16/1696 S. 30). Des Weiteren sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, insbesondere hat der Kläger seinen Antrag vor dem leistungsbegründenden Ereignis gestellt und die erforderlichen Nachweise der Selbstständigkeit erbracht (z. B. Gewerbeanmeldung). Er hat insbesondere auch die Tragfähigkeit der Existenzgründung belegt durch eine fachkundige Stellungnahme der "Neue Impulse Gründer-Camp Lübeck GmbH & Co. KG". Darüber hinaus hat der Kläger auch seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit dargelegt und hierzu entsprechende Leistungsnachweise erbracht. Des Weiteren sind Ausschlusstatbestände (vgl. § 57 Abs. 3, 4 SGB III a. F.) nach Aktenlage nicht gegeben. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass der Kläger entsprechend § 57 Abs. 1 SGB III a. F. durch die Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit seine Arbeitslosigkeit auch beendet hat. Denn es ist – auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – davon auszugehen, dass der Kläger ab Arbeitslosmeldung am 1. Oktober 2011 bis 31. Dezember 2011 auch bereit war, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes anzunehmen und auszuüben. Dem steht auch nicht entgegen, dass es Ziel des Klägers war, sich zum 1. Januar 2012 selbstständig zu machen, denn mit dem Zeitraum von drei Monaten bestand eine hinreichend realistische Zeit für die Aufnahme einer Beschäftigung. Insofern kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es dem Kläger, trotz von ihm erklärter Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme, lediglich darum ging, formal die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg und die anschließende Gewährung eines Gründungszuschusses zu schaffen. Zweifel werden von Seiten der Beklagten diesbezüglich auch nicht geäußert.
Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung eines Gründungszuschusses bestehen nach alledem keine Zweifel – sie sind zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten erweist sich aber deshalb als rechtmäßig, weil sie das ihr nach § 57 Abs. 1 SGB III a.F. (in der Fassung ab 28. Dezember 2011) zustehende Ermessen rechtmäßig ausgeübt hat. Aus § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergeben sich zwei Schranken der Ermessensausübung: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch) entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen zum Teil nicht einheitlich sind. Wenn der eine Sozialleistung regelnde Verwaltungsakt wegen Ermessensnicht oder Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig ist, darf das Gericht nur den Verwaltungsakt aufheben und den Träger zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, nicht aber eigene Ermessenserwägungen anstellen und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Leistungsträgers setzen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 1/07 R – Rn. 14 ff.).
Von einem Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall ist vorliegend nicht auszugehen. Die Beklagte hat ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt. Ebenso wenig liegt eine Ermessensunter oder überschreitung vor. Die Beklagte hat auch keine Rechtsfolge eingesetzt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Die Beklagte war sich auch dessen bewusst, dass die Bewilligung des Gründungszuschusses in ihrem Ermessen stand und hat ihr Ermessen folglich auch nicht zu eng ausgelegt. Der Beklagten kann schließlich auch kein Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen werden (s. hierzu zusammenfassend auch BSG, Urteil vom 9. Novem¬ber 2010 – B 2 U 10/10 R – Rn. 15, juris). Die Beklagte hat sowohl im Ablehnungsbescheid vom 9. Januar 2012 als auch im Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2012 darauf abgestellt, dass der Kläger voraussichtlich auch ohne die Förderung einer selbstständigen Tätigkeit in den Arbeitsmarkt eingegliedert worden wäre und die Eingliederung aufgrund der konkret nachgewiesenen Arbeitsmarktlage als positiv zu bewerten sei. Hierzu hat sie sich im Widerspruchsbescheid weiter auf zum 9. Januar 2012 28 offene Stellenangebote im Tagespendelbereich bezogen, die den Fähigkeiten und Fertigkeiten des Klägers entsprächen. Die Beklagte hat damit einen legitimen, der Teleologie des § 57 SGB III a. F. entsprechenden Zweck verfolgt und ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt. Der Gründungszuschuss dient der möglichst frühzeitigen Reintegration des Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Insoweit ist der allgemeine Vorrang der Vermittlung zu beachten, so dass der Gründungszuschuss als Ermessensleistung nur dann gewährt werden kann, wenn er für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich ist (§ 4 Abs. 2 SGB III), d. h. wenn die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führt (vgl. Landessozialgericht [LSG] Berlin-Branden¬burg, Urteil vom 28. Mai 2014 – L 18 AL 236/13 –; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015 – L 3 AL 1924/14 – juris). Die als Teil einer Ermessensentscheidung nur eingeschränkt überprüfbare Prognose, dass der Kläger in den Arbeitsmarkt integriert worden wäre, ohne dass hierfür die Förderung der Selbständigkeit notwendig gewesen wäre, ist nicht zu beanstanden. Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass die Beklagte dem Kläger während der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2011 kein Vermittlungsangebot unterbreitet hat, das zum Abschluss eines Beschäftigungsverhältnisses geführt hat. Hier ist zum einen zu berücksichtigen, dass nach den Angaben im Widerspruchsbescheid die Beklagte dem Kläger am 25. November 2011 einen Vermittlungsvorschlag unterbreitet hat (ein weiterer ist von der Beklagten nach deren Angaben vor dem Senat auch noch im Dezember erfolgt), es aber wegen der geplanten Selbstständigkeit nicht zu einem Arbeitsverhältnis kam. Zum anderen ist der Zeitraum von vorliegend drei Monaten nicht derartig lang, um davon ausgehen zu können, dass die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führt. Denn hierzu bedarf es einer belastbaren negativen Vermittlungsprognose, die hier jedoch nicht gestellt werden kann. Denn gerade auch § 57 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a. F., wonach bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch ein Restanspruch auf Alg für die Dauer von mindestens 150 Tagen bestehen musste, spricht in Anbetracht der bereits nach zweijähriger Beschäftigung geltenden Anspruchsdauer von 360 Kalendertagen (vgl. §§ 127 Abs. 2, 339 Satz 2 SGB III) dafür, dass von einer Erforderlichkeit des Gründungszuschusses erst ausgegangen werden kann, wenn nach Eintritt der Arbeitslosigkeit während eines längeren Zeitraumes keine erfolgreiche Vermittlung stattgefunden hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Auch der Vortrag des Klägers, dass den seinerzeit 28 bzw. – nach späteren Angaben der Beklagten – 30 Stellenangeboten 50 Gesuche gegenüber gestanden hätten, vermag keine ungünstige Prognose zu begründen. Zum einen handelt es sich hierbei um eine statische Gegenüberstellung von Zahlen, zum anderen ist immer die Qualifikation für eine erfolgreiche Vermittlung ausschlaggebend. Diese ist aber bezogen auf die Gesuche nicht bekannt.
Ferner liegt auch kein Ermessensfehler im Sinne eines Abwägungsfehlers vor. Ein für die Bewilligung sprechender Gesichtspunkt, der mindestens ebenso gewichtig wäre wie der für die Ablehnung maßgebliche Gesichtspunkt der ausreichenden Vermittlungschancen des Klägers, ist nicht erkennbar. Ein derartig zu Gunsten des Klägers in die Abwägung einzustellender Gesichtspunkt hätte dann vorgelegen, wenn die Beklagte dem Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses mündlich zugesagt oder sie sich im Wege einer Eingliederungsvereinbarung auf eine selbstständige Tätigkeit des Klägers als Eingliederungsziel im Sinne eines ermessensleitenden Gesichtspunktes festgelegt hätte. Von einer solchen Konstellation ist vorliegend nicht auszugehen. Es ist weder vom Kläger vorgetragen noch nach Aktenlage - anhand der Beratungsvermerke - erkennbar, dass dem Kläger anlässlich von Beratungsgesprächen eine aufschiebend bedingte mündliche Zusage für den Fall erteilt worden wäre, dass alle geforderten Unterlagen vollständig vorlägen. Nach dem Beratungsvermerk über das Gespräch am 11.Oktober 2011 ist der Kläger zudem ausführlich über die Förderungsvoraussetzungen und Verfahren sowie Förderhöhe und-dauer auch nach neuem Recht informiert worden. Dass die Beklagte dem Kläger angesichts dessen eine Förderung zugesagt haben soll, ist der Akte nicht zu entnehmen und auch nicht plausibel. Auch sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Beklagte sich in der am 11. Okto¬ber 2011 geschlossenen Eingliederungsvereinbarung zur Förderung der geplanten selbstständigen Tätigkeit des Klägers im Wege der Gewährung eines Gründungszuschusses verpflichtet hätte. Zwar ist in dem "Ziel(e)" die Selbstständigkeit genannt, bei den von der Agentur für Arbeit Lübeck zu erbringenden Leistungen (s. 1.) wurde zum einen eine Informierung, Beratung und Unterstützung in Fragen der Arbeitsvermittlung aufgenommen sowie weiter die Kostenübernahme für die Maßnahme Existenzgründung beim Träger WAK in Lübeck vom 17. Oktober 2011 bis 28. Oktober 2011. Auch unter 2. "Bemühungen von Herrn Christian Borrs" wurde neben der Aufforderung zur Teilnahme an der zweiwöchigen Maßnahme bei der WAK in Lübeck, der Kontaktaufnahme zum Gründer-Camp und der zuständigen Kammer sowie weiter der Konkretisierung seines Existenzgründungsvorhabens und der Vorlage eines Business-Plans auch aufgenommen, dass der Kläger verpflichtet sei, die für die Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen. Hieraus wird deutlich, dass es in der Eingliederungsvereinbarung nicht ausschließlich um die Förderung und Unterstützung der selbstständigen Tätigkeit ging, sondern daneben auch um die Arbeitsvermittlung. Zwar hat das LSG Baden-Württemberg entschieden, dass die Ablehnung eines Gründungszuschusses mit der Begründung, vorrangig vor der Selbstständigkeit sei die erfolgversprechende Vermittlung in ausreichend vorhandene abhängige Beschäftigungsverhältnisse gewesen, ermessensfehlerhaft ist, wenn in einer Eingliederungsvereinbarung als Eingliederungsziel die selbstständige Tätigkeit festgelegt worden ist und die Bundesagentur sich darin ausdrücklich nicht zur Vermittlung verpflichtet hat sowie bis zur Aufnahme der Selbstständigkeit erkennbar auch so verfahren ist (vgl. Urteil vom 28. Februar 2014 – L 8 AL 1515/13 –). Eine solche Konstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Weder kann eine solche aus dem eindeutigen Text der Eingliederungsvereinbarung entnommen werden, noch hat die Beklagte hiernach gehandelt. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die Eingliederungsvereinbarung vom 11. Oktober 2011 weder ausdrücklich noch mittelbar irgendwelche Aussagen enthält im Hinblick auf die Übernahme eines Gründungszuschusses. Vor diesem Hintergrund ist es unter keinen Umständen möglich, in dieser Eingliederungsvereinbarung eine Zusicherung zu sehen.
Grundsätzlich kann die Eigenleistungsfähigkeit eines Antragstellers auf Gewährung eines Gründungszuschusses unter besonderen Voraussetzungen wohl als Ermessenserwägung herangezogen werden (vgl. Bienert in info also, S. 118 ff.; LSG Hessen, Urteil vom 18. März 2016 - L 7 AL 99/14 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Dezember 2015 - L 9 AL 83/14 -). Ob sich die Beklagte auch hier darauf berufen könnte, dass eine Eigenleistungsfähigkeit des Klägers vorgelegen habe, die im Rahmen der Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden könnte, kann angesichts des vorliegend eingreifenden Vermittlungsvorrangs offen bleiben, unabhängig davon, dass weder im Verwaltungs- noch im erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahren ein solcher Vortrag dokumentiert ist. Lediglich im angefochtenen Urteil findet sich ein Hinweis, wonach die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die Eigenleistungsfähigkeit des Klägers hingewiesen haben soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat lässt die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, weil die Beantwortung der oben aufgeworfenen Fragen dem allgemeinen Interesse an der Rechtsfortbildung dient und eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu nicht vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
I. Rechtsmittelbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Revision angefochten werden.
Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundessozialgericht einzulegen. Sie muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein und die angefochtene Entscheidung bezeichnen.
Postanschriften des Bundessozialgerichts: bei Brief und Postkarte 34114 Kassel
bei Eilbrief, Telegramm, Paket und Päckchen Graf-Bernadotte-Platz 5 34119 Kassel
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundessozialgericht (ERVVOBSG) in der Fassung der Änderungsverordnung vom Dezember 2015 (BGBl I) an die elektronische Gerichtspoststelle zu übermitteln ist. Weitere Informationen hierzu können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.
Die Revision muss von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt werden.
Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen
1. Rechtsanwälte,
2. Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,
3. selbstständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
4. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
7. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die Organisationen zu Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.
Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.
II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist kostenfrei bei allen Gerichten erhältlich. Er kann auch über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) heruntergeladen und ausgedruckt werden.
Im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs ist der Vordruck in Papierform auszufüllen, zu unterzeichnen, einzuscannen, qualifiziert zu signieren und dann in das elektronische Gerichtspostfach des Bundessozialgerichts zu übermitteln.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Revision begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den Belegen innerhalb der Frist für die Einlegung der Revision beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
III. Ergänzende Hinweise
Der Revisionsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um zwei weitere Abschriften. Dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses nach § 57 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III).
Der am. 1981 geborene Kläger absolvierte nach Abschluss seiner Allgemeinschulbildung eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker im Bereich der Nutzfahrzeugtechnik mit Abschluss (August 1998 bis Juli 2002). Vom 1. Oktober 2003 bis Oktober 2009 war der Kläger als Berufskraftfahrer tätig, wie auch in der Zeit von Februar 2010 bis 30. September 2011. Zuletzt war der Kläger beschäftigt bei der K Speditions GmbH (Betrieb des Großvaters). Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses und persönlicher Arbeitslosmeldung am 26. September 2011 beantragte der Kläger am 4. Oktober 2011 zum 1. Oktober 2011 Arbeitslosengeld (Alg). Mit Bescheid vom 21. Oktober 2011 bewilligte die Beklagte Alg ab dem 1. Ok-tober 2011 für 360 Tage. Ab dem 17. Oktober bis zum 28. Oktober 2011 durchlief der Kläger eine Trainingsmaßnahme zur Existenzgründungsvorbereitung (Start EX) in Vollzeit. Die Kosten dieser Maßnahme übernahm die Beklagte im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung vom 11. Oktober 2011. Am 5. Dezember 2011 beantragte der Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zum 1. Januar 2012 als selbstständiger Spediteur mit einer geplanten Wochenarbeitszeit von 50 Stunden. Geplant sei die Übernahme des großelterlichen Speditionsbetriebes. Der Kläger überreichte die angeforderte Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung. Weiter wurden von ihm das Konzept und weitere Unterlagen vorgelegt. Mit Bescheid vom 9. Januar 2012 lehnte die Beklagte den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass auch ohne Leistungen der aktiven Arbeitsmarktförderung eine dauerhafte Eingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt möglich sei. Die Beklagte verwies auf die Berufspraxis des Klägers als Berufskraftfahrer sowie darauf, dass eine hinreichende Anzahl von 28 offenen Stellen im Tagespendelbereich angeboten würde. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass er seit dem 1. Okto¬ber 2011 arbeitslos und es der Beklagten nicht gelungen sei, ihn bis zum 1. Januar 2012 auf dem Arbeitsmarkt einzugliedern. Nach seiner Recherche stünden 50 Gesuchen 28 Angebote gegenüber. Durch die Übernahme der großelterlichen Spedition sichere er zudem fünf sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Auch stehe die Ablehnung des Gründungszuschusses im Gegensatz zur vorangegangenen Förderung der Selbstständigkeit durch die Beklagte. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass es sich bei dem Gründungszuschuss um eine Ermessensleistung der aktiven Arbeitsmarktförderung handele, die nur dann gewährt werden dürfe, wenn sie notwendig sei, um den Antragsteller dauerhaft in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Im Rahmen der Ermessensentscheidung habe die Beklagte neben § 7 SGB III auch zu beachten, dass die Vermittlung in Arbeit grundsätzlich Vorrang vor den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung habe, § 4 Abs. 2 SGB III. Im Falle des Klägers bestehe jedoch keine Notwendigkeit, seine Existenzgründung mit finanziellen Mitteln zu fördern, da die Eingliederungsaussichten aufgrund der konkret nachgewiesenen Arbeitsmarktlage als positiv zu bewerten sei. Es gebe 30 Stellenangebote für Kraftfahrer im Tagespendelbereich, weshalb eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit möglich sei. Auch die Unterstützung des Klägers durch die Beklagte in der Vorbereitung seiner Selbstständigkeit stehe hierzu nicht im Widerspruch, da er in jedem Falle bei der Ausübung seiner selbstständigen Tätigkeit hiervon profitiere. Denn es sei vorrangiges Ziel des Klägers von Beginn an gewesen, sich selbstständig zu machen. Bereits im Erstgespräch am 12. Oktober 2011 sei die Existenzgründung zum 1. Januar 2012 geplant gewesen. Vor diesem Hintergrund sei dem Kläger auch nur ein Vermittlungsvorschlag am 25. November 2011 unterbreitet worden. Wegen der geplanten Selbstständigkeit sei ein Arbeitsverhältnis jedoch nicht zu Stande gekommen. Auch in der Eingliederungsvereinbarung vom 11. Oktober 2011 habe die Beklagte keine Förderung mit Gründungszuschuss zugesagt. Insofern wiege der Vermittlungsvorrang stärker als die Argumente des Klägers für eine Förderung. Eine Härteregelung existiere nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 16. Februar 2012 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, dass er während der Zeit seiner Arbeitslosigkeit von Oktober bis Dezember 2011 gezielt durch die Finanzierung von Fortbildungsmaßnahmen gefördert worden sei (Maßnahme Start EX sowie in Form der Beratung durch das Gründer Camp des Landes Schleswig-Holstein). Diese Förderung sei erfolgt mit dem erklärten Ziel der Ertüchtigung des Klägers für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ab Januar 2012 in Form der Übernahme eines Teils der Spedition K Transporte. Zum 1. Januar 2012 habe der Kläger den Betrieb tatsächlich übernommen. Der Gesamtkaufpreis habe 150.000,00 EUR betragen, wovon (fremdfinanzierte) 100.000,00 EUR mit Übernahme des Betriebes fällig gewesen und 50.000,00 EUR in Raten abzuzahlen seien. Aus diesem Grunde sei der Kläger während der ersten Zeit seiner selbstständigen Tätigkeit auch nicht in der Lage, nennenswerte Privatentnahmen aus dem Unternehmen zu tätigen und deshalb auf den Gründungszuschuss zur Absicherung seines Lebensunterhalts angewiesen. Es komme auch nicht darauf an, ob die Eingliederungsaussichten beim Kläger positiv zu bewerten wären oder nicht, denn mit ihrer Entscheidung, die Fortbildung des Klägers zur Befähigung zur Existenzgründung zu finanzieren, habe die Beklagte ihre Entscheidung bereits getroffen. Aus diesem Grunde habe die Beklagte mit Fördermitteln die Weiterbildung des Klägers finanziert, so dass die Argumentation seiner Vermittelbarkeit auf dem freien Arbeitsmarkt und deshalb die Existenzgründung nicht erforderlich wäre, widersinnig sei. Zudem sei die Entscheidung der Beklagten, den Kläger durch Finanzierung von Fortbildungsmaßnahmen zu unterstützen, auch sinnvoll, denn durch die Übernahme des Betriebes K Transporte durch den Kläger würden fünf Vollzeitarbeitsplätze erhalten werden. Diese Widersprüchlichkeit sei losgelöst von der Frage zu sehen, ob die Beklagte in der Eingliederungsvereinbarung vom 11. Ok¬tober 2011 einen Gründungszuschuss suggeriert habe oder nicht. Insofern komme es auch nicht auf die Einschlägigkeit des § 34 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) an. Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung sei die Frage, ob ein Gründungszuschuss zugesagt worden sei oder nicht, kein ermessensleitendes Kriterium. Die Beklagte könne sich deshalb nicht alleine darauf zurückziehen, dass man nach neuer Rechtslage an eine etwa gegebene frühere Zusage nicht mehr gebunden sei. Wollte sie das, läge ein Ermessensausfall vor.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Gründungszuschusses neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen, insbesondere auch dazu, ob in der Förderung des Existenzgründerseminars eine Art Zusage gesehen werden könne. Jedenfalls sei aber, da sich der Kläger in jedem Falle zum 1. Dezember 2012 (gemeint offensichtlich 1. Januar 2012) habe selbstständig machen wollen, die Teilnahme am Existenzgründerseminar sinnvoll, unabhängig davon, ob der Gründungszuschuss gefördert würde oder nicht. Selbst wenn eine Zusage im Sinne des § 34 SGB X gemacht worden sein sollte, wäre die Beklagte nach Änderung der Rechtslage hieran nicht gebunden.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14. Mai 2014 hat das Sozialgericht der Klage mit Urteil vom gleichen Tag stattgegeben und die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die form- und fristgerecht erhobene Klage sei zulässig und auch begründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses nach § 93 Abs. 1 und 2 SGB III seien erfüllt. Der Kläger habe durch die hauptberufliche Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit seine zuvor bestehende Arbeitslosigkeit beendet und habe zum Zeitpunkt der Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit zum 2. Januar 2012 über einen Alg-Restanspruch von weit über 150 Tagen verfügt. Die Tragfähigkeit seiner Existenzgründung habe er durch Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung nachgewiesen. Seine Kenntnisse zur Ausübung seiner selbstständigen Tätigkeit als Spediteur seien durch die Stellungnahme "neue impulse" vom 21. Dezember 2011 nachgewiesen. Die Beklagte habe die Gewährung des Gründungszuschusses nicht auf dem Ermessenswege ablehnen dürfen. Der Beklagten werde durch die gesetzliche Regelung des § 93 SGB III kein freies Ermessen eingeräumt, sondern ein pflichtgemäßes, d. h., ein rechtlich gebundenes Ermessen. Missachte ein Leistungsträger bei seiner Entscheidung die rechtlichen Bindungen, liege ein der Kontrolle der Sozialgerichte unterliegender Ermessensfehler vor. Bei einer Ermessensreduzierung könne das Ermessen der Verwaltung im Einzelfall derart eingeschränkt sein, dass nur eine einzige Entscheidung ermessensfehlerfrei sei (Ermessensreduzierung auf Null). Die Entscheidung der Beklagten über den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Gründungszuschusses leide an Ermessensfehlern; eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Die Beklagte, deren Prognoseentscheidung nur eingeschränkt überprüfbar sei, habe andere in Betracht kommende Eingliederungsmöglichkeiten, insbesondere eine nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließenden Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung aufgezeigt. Im vorliegenden Fall erlange die am 11. Oktober 2011 abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung aber eine besondere Bedeutung. Denn als Eingliederungsziel werde ausschließlich die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit genannt. Vereinbare die Arbeitsagentur mit dem Arbeitslosen in einer Eingliederungsvereinbarung als Eingliederungsziel die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit und weiche sie nach Stellung des Antrages auf Gründungszuschuss hiervon bei im Wesentlichen unveränderter Sachlage ohne nähere Begründung oder unter ausschließlicher Berufung auf den Vermittlungsvorgang ab, so setze sie sich in willkürlicher Weise zu ihrer eigenen Eingliederungsstrategie in Widerspruch. Vorliegend habe sich die Beklagte ermessensfehlerhaft auf den Vermittlungsvorrang gemäß § 4 Abs. 2 SGB III berufen, denn sie habe den Vorgang der Beratung nicht hinreichend dokumentiert. Hinzu komme, dass die Beklagte die Selbstständigkeit des Klägers durch die Teilnahme am Existenzgründerseminar im Oktober 2011 gefördert und dem Kläger die Hilfe der "neuen impulse" habe zukommen lassen. Soweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die Eigenleistungsfähigkeit des Klägers hingewiesen worden sei, handele es sich um einen weiteren Ermessensfehler. Grundsätzlich sei es möglich, unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen des Ermessens eine vorhandene Eigenleistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Allerdings nur dann, wenn aus der selbstständigen Tätigkeit von Anfang an voraussichtlich derartige Gewinne erwirtschaftet würden, sodass eine Förderung nicht notwendig sei, um die Gründungsphase finanziell zu überbrücken. Der Kläger habe zwar den Betrieb seines Großvaters übernommen, allerdings habe die Be¬triebs¬übernahme nicht dazu geführt, dass Schwierigkeiten in der Startphase der selbstständigen Tätigkeit nicht mehr gegeben seien. Zumindest fehle es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dem Kläger den Gründungszuschuss wegen ausreichender Eigenleistungsfähigkeit zu versagen. Es bestehe daher ein Anspruch auf erneute Bescheidung des Antrages des Klägers auf einen Gründungszuschuss, da die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung nicht alle Ermessensgesichtspunkte zutreffend berücksichtigt und gewichtet habe.
Das Urteil ist der Beklagten am 1. August 2014 zugestellt worden, wogegen sich die am 12. August 2014 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung richtet. Bei der Vereinbarung des Eingliederungsziels einerseits und den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung andererseits handele es sich um verschiedene Sachverhalte, die nicht zwingend voneinander abhängig seien, was in § 37 Abs. 2 Nr. 1 und 4 SGB III seinen Niederschlag gefunden habe. Entsprechend seien von der Beklagten die Vereinbarungen zu diesen Sachverhalten in der Eingliederungsvereinbarung deutlich voneinander getrennt worden. Schon deshalb könne der Ansicht nicht gefolgt werden, dass aus der Vereinbarung eines bestimmten Eingliederungsziels auf die Bewilligung bestimmter Leistungen der aktiven Arbeitsförderung geschlossen werden könne. Voraussetzung für den Anspruch auf Alg sei, dass sich der Arbeitslose bemühe, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden, wozu insbesondere auch die Wahrnehmung der Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung gehöre, § 119 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SGB III. Mit seinem Antrag auf Alg erkläre der Kläger, alle Möglichkeiten zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit zu nutzen bei gleichzeitiger Verpflichtung, Änderungen zu seinem Antrag unverzüglich anzuzeigen. Der Kläger habe vorliegend zu keiner Zeit der Beklagten mitgeteilt, dass er nicht mehr alle Möglichkeiten zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit habe nutzen wollen. Die Beklagte habe vorliegend auch zu keiner Zeit erklärt, dem Kläger die Sozialleistung Vermittlung nicht mehr anbieten zu wollen. Auch die Eingliederungsvereinbarung könne nicht als (rechtswidrige) Einstellung der Vermittlung durch die Beklagte oder einen Verzicht der Beklagten auf Eigenbemühungen des Klägers ausgelegt werden, wodurch das Ermessen der Beklagten bei der Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Gründungszuschuss eingeschränkt wäre. Insofern könne die Beklagte nicht der Vorinstanz folgen, dass sich die Beklagte mit der Ablehnung des Antrags auf Gründungszuschuss in Widerspruch zu dem mit der Eingliederungsvereinbarung vereinbarten Eingliederungsziel gesetzt hätte. Der Beklagten wäre es deshalb auch möglich gewesen, bei Feststellung unzureichender Eigenbemühungen oder bei Arbeitsablehnung den Eintritt einer Sperrzeit festzustellen. Nur positiv formulierte Inhalte der Eingliederungsvereinbarung würden die Beteiligten binden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 14. Mai 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger tritt der Rechtsauffassung der Beklagten entgegen und wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Auch nach den Ausführungen der Beklagten sehe er nach wie vor die Widersprüchlichkeit des Verhaltens der Beklagten, denn klar definiertes Eingliederungsziel sei die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit gewesen. Vorliegend habe die Fortbildung die Ermöglichung und Finanzierung der selbstständigen Tätigkeit im Rahmen eines so genannten Businessplans als Ziel gehabt. Auch sei der Kläger bereit gewesen, im Rahmen der eigenen Bemühungen alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Der Kläger habe konsequent den Weg beschritten, den er mit der Beklagten von Anfang besprochen habe. Er habe hierbei auch davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte ihn dann auch bei der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit in der Form eines Gründungszuschusses unterstützen würde, wie ihm das von Anfang an signalisiert worden sei. Durch die im vorliegenden Fall vorangegangenen Entscheidungen der Beklagten in Bezug auf den Kläger und dessen konkrete Form der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben sei das Ermessen der Beklagten jedoch erheblich reduziert, nach Auffassung des Klägers sogar auf Null.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft und auch ansonsten zulässig. Der Kläger begehrt die Gewährung eines Gründungszuschusses zwar nur in Form der Neubescheidung. Da das Begehren aber auf eine Geldleistung gerichtet ist, muss der Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) 750,00 EUR übersteigen. Die Höhe eines Zuschusses beträgt nach § 58 Abs. 1 SGB III a. F. für die ersten sechs Monate monatlich den Betrag, den der Arbeitnehmer zuletzt als Alg bezogen hat (hier monatlich 723,00 EUR), zuzüglich monatlicher 300,00 EUR. Der Beschwerdewert ist damit deutlich überschritten. Die Berufung ist auch ansonsten form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages betreffend die Gewährung von Gründungszuschuss. Das Urteil des Sozialgerichts Lübeck ist auf die Berufung der Beklagten daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gemäß § 57 Abs. 1 SGB III in der vom 28. Dezember 2011 bis 31. März 2012 geltenden und hier einschlägigen Fassung (vgl. Art. 1 Nr. 3 Buchstabe a des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]; im Folgenden a. F.) konnten Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendeten, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Der Gründungszuschuss konnte nach § 57 Abs. 2 Satz 1 SGB III a. F. geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer
a) einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III hatte oder b) eine Beschäftigung ausgeübt hatte, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden war,
2. bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Alg, dessen Dauer nicht allein auf § 127 Abs. 3 SGB III [a. F.] beruhte, von mindestens 150 Tagen verfügte, 3. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachwies und 4. seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätig- keit darlegte.
Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung war die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III a. F.). Fachkundige Stellen waren insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständige Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III a. F.).
Mit Wirkung zum 1. April 2012 ist § 93 SGB III an die Stelle des § 57 SGB III a. F. getreten, woraus sich, da beide Vorschriften wortgleich sind, keine inhaltlichen Änderungen ergeben haben. Nach der Fassung des § 57 SGB III a. F. bis zum 27. De¬zember 2011 war der Gründungszuschuss als Pflichtleistung gewährt worden, allerdings nur für die erste Förderphase von (damals) neun Monaten (vgl. § 58 Abs. 1 SGB III a. F.). Diese Vorschrift kommt aber auch nach Übergangsrecht nicht zur Anwendung. § 422 Abs. 1 SGB III regelt, ob bei Änderungen des SGB III auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung altes oder neues Recht anzuwenden ist, wenn das jeweilige Änderungsgesetz nichts Abweichendes bestimmt. Gemäß § 422 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sind die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag die Leistung zuerkannt worden ist. § 422 Abs. 1 Nr. 2 SGB III gilt für Ermessensleistungen (vgl. Bienert in Mutschler/Schmidt Dekaluwe/Koseriu, SGB III, 5. Aufl. 2012, § 422 Rn. 15, Bieback in Gagel, § 422 SGB III, Rn. 2; Brandts in Brand, SGB III, 6. Aufl., § 422 Rn. 3, 4). Um eine solche handelte es sich bei § 57 SGB III in der bis zum 27. Dezember 2011 geltenden Fassung jedoch nicht. Einschlägige Übergangsregelung wäre daher bis zum 27. Dezember 2011 § 422 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, der darauf abstellt, ob der Anspruch entstanden ist. Die Anspruchsentstehung hätte vorliegend aber mindestens vorausgesetzt, dass der Kläger seine selbstständige Tätigkeit bis zum 27. Dezember 2011 aufgenommen hätte. Die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit durch den Kläger fand – unstreitig – erst zum 1. Januar 2012 statt.
Die das Ermessen der Beklagten eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 57 SGB III a. F. hat der Kläger in Übereinstimmung mit der Vorinstanz erfüllt. Der Kläger verfügte bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit ab dem 1. Januar 2012 über einen festgestellten Anspruch auf Alg mit einer Restanspruchsdauer von mehr als 150 Tagen. Der Kläger erfüllt auch die sonstigen Voraussetzungen. Es handelt sich bei der Übernahme der selbstständigen Tätigkeit als Transportunternehmer um eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit. Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2012 kein neues Unternehmen begründet hat, sondern ein bereits bestehendes, nämlich das seines Großvaters übernommen hat. Denn die "Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit" setzt nicht eine Unternehmensneubegründung voraus, ein Betriebsübergang ist ausreichend (vgl. Kuhnke in jurisPK SGB III, 1. Aufl. 2014, Stand 15. Dezember 2014, § 93 Rn. 16; Brandt, SGB III, 7. Aufl., § 93 Rn. 8; SG Duisburg, Urteil vom 1. Februar 2000 – S 12 AL 38/99 –; vgl. auch BT Drs. 16/1696 S. 30). Des Weiteren sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, insbesondere hat der Kläger seinen Antrag vor dem leistungsbegründenden Ereignis gestellt und die erforderlichen Nachweise der Selbstständigkeit erbracht (z. B. Gewerbeanmeldung). Er hat insbesondere auch die Tragfähigkeit der Existenzgründung belegt durch eine fachkundige Stellungnahme der "Neue Impulse Gründer-Camp Lübeck GmbH & Co. KG". Darüber hinaus hat der Kläger auch seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit dargelegt und hierzu entsprechende Leistungsnachweise erbracht. Des Weiteren sind Ausschlusstatbestände (vgl. § 57 Abs. 3, 4 SGB III a. F.) nach Aktenlage nicht gegeben. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass der Kläger entsprechend § 57 Abs. 1 SGB III a. F. durch die Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit seine Arbeitslosigkeit auch beendet hat. Denn es ist – auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – davon auszugehen, dass der Kläger ab Arbeitslosmeldung am 1. Oktober 2011 bis 31. Dezember 2011 auch bereit war, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes anzunehmen und auszuüben. Dem steht auch nicht entgegen, dass es Ziel des Klägers war, sich zum 1. Januar 2012 selbstständig zu machen, denn mit dem Zeitraum von drei Monaten bestand eine hinreichend realistische Zeit für die Aufnahme einer Beschäftigung. Insofern kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es dem Kläger, trotz von ihm erklärter Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme, lediglich darum ging, formal die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg und die anschließende Gewährung eines Gründungszuschusses zu schaffen. Zweifel werden von Seiten der Beklagten diesbezüglich auch nicht geäußert.
Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung eines Gründungszuschusses bestehen nach alledem keine Zweifel – sie sind zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten erweist sich aber deshalb als rechtmäßig, weil sie das ihr nach § 57 Abs. 1 SGB III a.F. (in der Fassung ab 28. Dezember 2011) zustehende Ermessen rechtmäßig ausgeübt hat. Aus § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergeben sich zwei Schranken der Ermessensausübung: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch) entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen zum Teil nicht einheitlich sind. Wenn der eine Sozialleistung regelnde Verwaltungsakt wegen Ermessensnicht oder Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig ist, darf das Gericht nur den Verwaltungsakt aufheben und den Träger zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, nicht aber eigene Ermessenserwägungen anstellen und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Leistungsträgers setzen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 1/07 R – Rn. 14 ff.).
Von einem Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall ist vorliegend nicht auszugehen. Die Beklagte hat ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt. Ebenso wenig liegt eine Ermessensunter oder überschreitung vor. Die Beklagte hat auch keine Rechtsfolge eingesetzt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Die Beklagte war sich auch dessen bewusst, dass die Bewilligung des Gründungszuschusses in ihrem Ermessen stand und hat ihr Ermessen folglich auch nicht zu eng ausgelegt. Der Beklagten kann schließlich auch kein Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen werden (s. hierzu zusammenfassend auch BSG, Urteil vom 9. Novem¬ber 2010 – B 2 U 10/10 R – Rn. 15, juris). Die Beklagte hat sowohl im Ablehnungsbescheid vom 9. Januar 2012 als auch im Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2012 darauf abgestellt, dass der Kläger voraussichtlich auch ohne die Förderung einer selbstständigen Tätigkeit in den Arbeitsmarkt eingegliedert worden wäre und die Eingliederung aufgrund der konkret nachgewiesenen Arbeitsmarktlage als positiv zu bewerten sei. Hierzu hat sie sich im Widerspruchsbescheid weiter auf zum 9. Januar 2012 28 offene Stellenangebote im Tagespendelbereich bezogen, die den Fähigkeiten und Fertigkeiten des Klägers entsprächen. Die Beklagte hat damit einen legitimen, der Teleologie des § 57 SGB III a. F. entsprechenden Zweck verfolgt und ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt. Der Gründungszuschuss dient der möglichst frühzeitigen Reintegration des Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Insoweit ist der allgemeine Vorrang der Vermittlung zu beachten, so dass der Gründungszuschuss als Ermessensleistung nur dann gewährt werden kann, wenn er für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich ist (§ 4 Abs. 2 SGB III), d. h. wenn die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führt (vgl. Landessozialgericht [LSG] Berlin-Branden¬burg, Urteil vom 28. Mai 2014 – L 18 AL 236/13 –; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015 – L 3 AL 1924/14 – juris). Die als Teil einer Ermessensentscheidung nur eingeschränkt überprüfbare Prognose, dass der Kläger in den Arbeitsmarkt integriert worden wäre, ohne dass hierfür die Förderung der Selbständigkeit notwendig gewesen wäre, ist nicht zu beanstanden. Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass die Beklagte dem Kläger während der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2011 kein Vermittlungsangebot unterbreitet hat, das zum Abschluss eines Beschäftigungsverhältnisses geführt hat. Hier ist zum einen zu berücksichtigen, dass nach den Angaben im Widerspruchsbescheid die Beklagte dem Kläger am 25. November 2011 einen Vermittlungsvorschlag unterbreitet hat (ein weiterer ist von der Beklagten nach deren Angaben vor dem Senat auch noch im Dezember erfolgt), es aber wegen der geplanten Selbstständigkeit nicht zu einem Arbeitsverhältnis kam. Zum anderen ist der Zeitraum von vorliegend drei Monaten nicht derartig lang, um davon ausgehen zu können, dass die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führt. Denn hierzu bedarf es einer belastbaren negativen Vermittlungsprognose, die hier jedoch nicht gestellt werden kann. Denn gerade auch § 57 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a. F., wonach bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch ein Restanspruch auf Alg für die Dauer von mindestens 150 Tagen bestehen musste, spricht in Anbetracht der bereits nach zweijähriger Beschäftigung geltenden Anspruchsdauer von 360 Kalendertagen (vgl. §§ 127 Abs. 2, 339 Satz 2 SGB III) dafür, dass von einer Erforderlichkeit des Gründungszuschusses erst ausgegangen werden kann, wenn nach Eintritt der Arbeitslosigkeit während eines längeren Zeitraumes keine erfolgreiche Vermittlung stattgefunden hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Auch der Vortrag des Klägers, dass den seinerzeit 28 bzw. – nach späteren Angaben der Beklagten – 30 Stellenangeboten 50 Gesuche gegenüber gestanden hätten, vermag keine ungünstige Prognose zu begründen. Zum einen handelt es sich hierbei um eine statische Gegenüberstellung von Zahlen, zum anderen ist immer die Qualifikation für eine erfolgreiche Vermittlung ausschlaggebend. Diese ist aber bezogen auf die Gesuche nicht bekannt.
Ferner liegt auch kein Ermessensfehler im Sinne eines Abwägungsfehlers vor. Ein für die Bewilligung sprechender Gesichtspunkt, der mindestens ebenso gewichtig wäre wie der für die Ablehnung maßgebliche Gesichtspunkt der ausreichenden Vermittlungschancen des Klägers, ist nicht erkennbar. Ein derartig zu Gunsten des Klägers in die Abwägung einzustellender Gesichtspunkt hätte dann vorgelegen, wenn die Beklagte dem Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses mündlich zugesagt oder sie sich im Wege einer Eingliederungsvereinbarung auf eine selbstständige Tätigkeit des Klägers als Eingliederungsziel im Sinne eines ermessensleitenden Gesichtspunktes festgelegt hätte. Von einer solchen Konstellation ist vorliegend nicht auszugehen. Es ist weder vom Kläger vorgetragen noch nach Aktenlage - anhand der Beratungsvermerke - erkennbar, dass dem Kläger anlässlich von Beratungsgesprächen eine aufschiebend bedingte mündliche Zusage für den Fall erteilt worden wäre, dass alle geforderten Unterlagen vollständig vorlägen. Nach dem Beratungsvermerk über das Gespräch am 11.Oktober 2011 ist der Kläger zudem ausführlich über die Förderungsvoraussetzungen und Verfahren sowie Förderhöhe und-dauer auch nach neuem Recht informiert worden. Dass die Beklagte dem Kläger angesichts dessen eine Förderung zugesagt haben soll, ist der Akte nicht zu entnehmen und auch nicht plausibel. Auch sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Beklagte sich in der am 11. Okto¬ber 2011 geschlossenen Eingliederungsvereinbarung zur Förderung der geplanten selbstständigen Tätigkeit des Klägers im Wege der Gewährung eines Gründungszuschusses verpflichtet hätte. Zwar ist in dem "Ziel(e)" die Selbstständigkeit genannt, bei den von der Agentur für Arbeit Lübeck zu erbringenden Leistungen (s. 1.) wurde zum einen eine Informierung, Beratung und Unterstützung in Fragen der Arbeitsvermittlung aufgenommen sowie weiter die Kostenübernahme für die Maßnahme Existenzgründung beim Träger WAK in Lübeck vom 17. Oktober 2011 bis 28. Oktober 2011. Auch unter 2. "Bemühungen von Herrn Christian Borrs" wurde neben der Aufforderung zur Teilnahme an der zweiwöchigen Maßnahme bei der WAK in Lübeck, der Kontaktaufnahme zum Gründer-Camp und der zuständigen Kammer sowie weiter der Konkretisierung seines Existenzgründungsvorhabens und der Vorlage eines Business-Plans auch aufgenommen, dass der Kläger verpflichtet sei, die für die Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen. Hieraus wird deutlich, dass es in der Eingliederungsvereinbarung nicht ausschließlich um die Förderung und Unterstützung der selbstständigen Tätigkeit ging, sondern daneben auch um die Arbeitsvermittlung. Zwar hat das LSG Baden-Württemberg entschieden, dass die Ablehnung eines Gründungszuschusses mit der Begründung, vorrangig vor der Selbstständigkeit sei die erfolgversprechende Vermittlung in ausreichend vorhandene abhängige Beschäftigungsverhältnisse gewesen, ermessensfehlerhaft ist, wenn in einer Eingliederungsvereinbarung als Eingliederungsziel die selbstständige Tätigkeit festgelegt worden ist und die Bundesagentur sich darin ausdrücklich nicht zur Vermittlung verpflichtet hat sowie bis zur Aufnahme der Selbstständigkeit erkennbar auch so verfahren ist (vgl. Urteil vom 28. Februar 2014 – L 8 AL 1515/13 –). Eine solche Konstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Weder kann eine solche aus dem eindeutigen Text der Eingliederungsvereinbarung entnommen werden, noch hat die Beklagte hiernach gehandelt. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die Eingliederungsvereinbarung vom 11. Oktober 2011 weder ausdrücklich noch mittelbar irgendwelche Aussagen enthält im Hinblick auf die Übernahme eines Gründungszuschusses. Vor diesem Hintergrund ist es unter keinen Umständen möglich, in dieser Eingliederungsvereinbarung eine Zusicherung zu sehen.
Grundsätzlich kann die Eigenleistungsfähigkeit eines Antragstellers auf Gewährung eines Gründungszuschusses unter besonderen Voraussetzungen wohl als Ermessenserwägung herangezogen werden (vgl. Bienert in info also, S. 118 ff.; LSG Hessen, Urteil vom 18. März 2016 - L 7 AL 99/14 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Dezember 2015 - L 9 AL 83/14 -). Ob sich die Beklagte auch hier darauf berufen könnte, dass eine Eigenleistungsfähigkeit des Klägers vorgelegen habe, die im Rahmen der Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden könnte, kann angesichts des vorliegend eingreifenden Vermittlungsvorrangs offen bleiben, unabhängig davon, dass weder im Verwaltungs- noch im erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahren ein solcher Vortrag dokumentiert ist. Lediglich im angefochtenen Urteil findet sich ein Hinweis, wonach die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die Eigenleistungsfähigkeit des Klägers hingewiesen haben soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat lässt die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, weil die Beantwortung der oben aufgeworfenen Fragen dem allgemeinen Interesse an der Rechtsfortbildung dient und eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu nicht vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
I. Rechtsmittelbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Revision angefochten werden.
Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundessozialgericht einzulegen. Sie muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein und die angefochtene Entscheidung bezeichnen.
Postanschriften des Bundessozialgerichts: bei Brief und Postkarte 34114 Kassel
bei Eilbrief, Telegramm, Paket und Päckchen Graf-Bernadotte-Platz 5 34119 Kassel
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundessozialgericht (ERVVOBSG) in der Fassung der Änderungsverordnung vom Dezember 2015 (BGBl I) an die elektronische Gerichtspoststelle zu übermitteln ist. Weitere Informationen hierzu können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.
Die Revision muss von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt werden.
Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen
1. Rechtsanwälte,
2. Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,
3. selbstständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
4. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
7. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die Organisationen zu Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.
Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.
II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist kostenfrei bei allen Gerichten erhältlich. Er kann auch über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) heruntergeladen und ausgedruckt werden.
Im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs ist der Vordruck in Papierform auszufüllen, zu unterzeichnen, einzuscannen, qualifiziert zu signieren und dann in das elektronische Gerichtspostfach des Bundessozialgerichts zu übermitteln.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Revision begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den Belegen innerhalb der Frist für die Einlegung der Revision beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
III. Ergänzende Hinweise
Der Revisionsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um zwei weitere Abschriften. Dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.
Rechtskraft
Aus
Login
SHS
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