Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 12 AS 32/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zur Hälfte.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger für die Zeit vom 01.12.2012 bis 19.03.2013 vom Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beanspruchen können.
Die geborene Klägerin zu 1) sowie der geborene Kläger zu 3) sind zum 01.04.2012 von T nach L in eine gemeinsame Wohnung gezogen und standen von dort an im Leistungsbezug nach dem SGB II beim Beklagten. Nach eigenen Angaben haben sie sich 2008 über eine Internetplattform kennengelernt und stehen seitdem durchgängig im Kontakt miteinander. Vom 20.10.2000 bis zum 08.01.2013 war die Klägerin mit Herrn D F verheiratet, aus der Ehe ging die geborene Klägerin zu 2) hervor, deren gemeinsames Sorgerecht nach wie vor bei der Klägerin zu 1) und ihrem ehemaligem Ehemann liegt. Die Klägerin zu 2) hielt sich daher lediglich zeitweise bei den Klägern im Haushalt auf. Der Kläger zu 3) war vom 17.11.2007 bis zum 19.03.2013 mit Frau N I Q1 verheiratet. Er erzielte im streitgegenständlichen Zeitraum Erwerbseinkommen aus einer Vollzeitbeschäftigung bei der E Q2 als Paketzusteller, die Klägerin zu 1) war geringfügig beschäftigt.
Vom 01.04.2012 bis 31.07.2012 standen die Kläger beim Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II. Im Rahmen des am 21.12.2012 angestrengten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen S 12 AS 4349/12 ER wurden ihnen mit Bescheid vom 16.01.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.03.2013 Leistungen nach dem SGB II vom 01.12.2012 bis 28.02.2013 unter Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) sowie der Anrechnung der jeweiligen Einkommen in folgender monatlicher Höhe bewilligt:
- Dezember 2012: 388,78 Euro
- Januar 2013: 320,96 Euro
- Februar 2013: 220,57 Euro
Mit weiterem Bescheid vom 28.02.2013 wurden den Klägern erneut unter Annahme einer Bedarfsgemeinschaft sowie der Anrechnung der jeweiligen Einkommen Leistungen vom 01.03.2013 bis 31.07.2013 in Höhe von monatlich 374,80 Euro bewilligt.
Gegen die Bescheide vom 16.01.2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 07.03.2013 sowie den Bescheid vom 28.02.2013 legten die Kläger am 28.03.2013 Widerspruch ein und trugen u.a. vor, dass der Beklagte zwischen den Klägern zu Unrecht eine Bedarfsgemeinschaft angenommen habe, denn aufgrund der Vermutungsregelung in § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II sei eine Bedarfsgemeinschaft frühestens ab dem 01.04.2013, mithin ein Jahr nach dem gemeinsamen Zusammenleben der Kläger anzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 25.06.2013 wurden die Widersprüche der Kläger vom 28.03.2013 als unbegründet zurückgewiesen. Bei den Klägern sei ab dem 01.12.2012 eine Bedarfsgemeinschaft anzunehmen, was sich u.a. daraus ergebe, dass der Mietvertrag von der Klägerin zu 1) sowie dem Kläger zu 3) gemeinsam unterschrieben sei. Ferner erhalte der Kläger zu 3) die Leistungen nach dem SGB II auf das Konto der Klägerin zu 1), was ebenfalls für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft spreche. Ein höherer Leistungsanspruch bestünde für die Kläger daher nicht.
Mit ihren am 06.01.2014 vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klagen verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die unter dem Aktenzeichen S 12 AS 32/14 erhobene Klage betreffend den Leistungszeitraum Dezember 2012 bis Februar 2013 sowie die unter dem Aktenzeichen S 12 AS 33/14 erhobene Klage die sich auf den Leistungszeitraum von März bis August 2013 bezieht wurden mit Beschluss vom 13.02.2014 zu gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem führenden Aktenzeichen S 12 AS 32/14 fortgeführt.
Die Kläger sind der Meinung, dass zwischen Ihnen mangels Partnerschaft keine Bedarfsgemeinschaft vorliegen könne, denn die Klägerin zu 1) war bis zum 19.03.2013 und der Kläger zu 3) bis zum 08.01.2013 anderweitig verheiratet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze die eine Partnerschaft jedoch die rechtliche Möglichkeit der Heirat voraus, was hier jedoch aufgrund von § 1306 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht zulässig sei. Ferner habe der Beklagte rechtsfehlerhaft nicht die Unterkunfts- und Heizkosten in voller Höhe berücksichtigt und bei der Einkommensanrechnung des Klägers zu 3.) dessen Einkommensfreibetrag falsch berechnet.
Mit Änderungsbescheiden vom 28.01.2014 erkannte der Beklagte den Klageanspruch teilweise an und bewilligte vom 01.12.2012 bis 31.08.2013 Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlich anfallenden Unterkunfts- und Heizkosten sowie eines höheren Einkommensfreibetrages des Klägers zu 3.). Den Klägern wurden dabei u.a. für die Monate Dezember 2012 bis März 2013 Leistungen in folgender Höhe bewilligt:
- Dezember 2012: 448,78 Euro
- Januar 2013: 380,96 Euro
- Februar 2013: 286,17 Euro
- März 2013: 391,67 Euro
Auf die Änderungsbescheide vom 28.01.2014 wird im Übrigen vollumfänglich verwiesen.
Die Kläger beantragen,
1.) den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 16.01.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28.01.2014 zu verpflichten, ihnen für den Zeitraum vom 01.12.2012-28.02.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) zu bewilligen,
2.) den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.07.2013, 09.09.2013 und 28.01.2014 zu verpflichten, ihnen für den Zeitraum vom 01.03.2013-19.03.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, dass zwischen den Klägern trotz des Umstands, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum anderweitig verheiratet waren, eine Partnerschaft und somit Bedarfsgemeinschaft anzunehmen sei, da zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) eine derart enge Bindung bestünde, dass eine Rückkehr zum damaligen Ehepartner nicht anzunehmen sei.
Das Gericht hat die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 3) im Erörterungstermin am 16.03.2016 persönlich angehört. Auf das Sitzungsprotokoll wird vollumfänglich verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen. Die die Kläger betreffende Verwaltungsakte des Beklagten lag dem Gericht vor.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten.
Streitgegenständlich ist nach Erlass der Änderungsbescheide vom 28.01.2014 ob die Kläger einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft nach den §§ 19 ff. SGB II haben.
Zu Recht nahm der Beklagte dabei an, dass zwischen den Klägern eine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 9 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 SGB II vorgelegen habe, mit der Folge, dass das jeweils erzielte Einkommen der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 3) als Einkommen der gesamten Bedarfsgemeinschaft bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen ist. Mithin besteht kein Anspruch auf (höhere) Leistungen ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft.
Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 S. 1 SGB II)
Zu einer Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 SGB II) gehört als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II). Dies ist gemäß § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II unter anderem dann zu vermuten, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben.
Ob eine Bedarfsgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen.
Die Kläger lebten hier unstreitig in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II.
Bei der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) ist ebenfalls der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen anzunehmen. Die Partner müssen sich so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden (Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, Rn. 174).
Folgende Hinweistatsachen sprechen in der vorliegenden Fallkonstellation für das Bestehen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3), wobei das Gericht im Wesentlichen deren Anhörung im Erörterungstermin am 16.03.2016 zu Grunde legt:
- Die Kläger räumen selbst ein, seit etwa Februar 2011 ein Paar gewesen zu sein, sodass mithin von einer längeren, bereits deutlich vor dem streitgegenständlichen Zeitraum bestehenden intensiven partnerschaftlichen Beziehung auszugehen ist. Ferner liebten sie sich nach eigener Angabe bereits seit April 2009.
- Die Kläger nutzten gemeinsam die Küche und die dortigen Regale.
- Der Kläger zu 3) hat die Klägerin zu 1) am Ende des Monats, als deren Arbeitslosengeld II aufgebraucht war, des Öfteren mit dessen Einkommen finanziell unterstützt.
- Die Klägerin zu 1) hat die Wäsche für den Kläger zu 3) mitgewaschen und regelmäßig für diesen mitgekocht.
- Die Leistungen des Beklagten für die gesamte Bedarfsgemeinschaft wurden ausschließlich auf das Konto der Klägerin zu 1) überwiesen
- Der Kläger zu 3) hat für die Klägerin zu 1) Stromschulden übernommen und deren Beiträge zur Feuerversicherung teilweise aus seinem Weihnachtsgeld finanziert.
- Die Kläger würden sich gegenseitig unterstützen, auch wenn sie sich selber dafür erheblich einschränken müssten.
Weiterhin liegt zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) eine Partnerschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II vor.
Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und Bundessozialgericht (BSG) auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz bestehen (BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3; mit historisch- teleologischer Ableitung: BSG, Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 34/12 R, juris, Rn. 20; BSGE 90, 90, 100 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26, Rn. 39; vgl. LSG NRW, Urteil vom 06. Juni 2013 - L 7 AS 914/12 -, Rn. 37, juris; vgl. auch SG Aachen, Urteil vom 28.02.2014 - S 14 AS 444/13, juris).
Auch insoweit verweist das Gericht auf die Ausführungen der Kläger im Erörterungstermin vom 16.03.2016, wobei sie erklärten bereits seit Februar 2011 und somit deutlich vor dem Umzug in die gemeinsame Wohnung nach L zum 01.04.2012 ein Paar gewesen zu sein.
Dem Vorliegen einer Partnerschaft steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin zu 1) bis zum 08.01.2013 und der Kläger zu 3) bis zum 19.03.2013 anderweitig mit ihren bisherigen Ehepartnern verheiratet waren und demnach bis zu diesem Zeitpunkt eine Heirat zwischen ihnen aufgrund § 1306 BGB (Verbot der Doppelehe) aus rechtlichen Gründen nicht möglich erschien. Soweit Eheverbote überwindbar sind kann auch zwischen einem Mann und einer Frau die nicht heiraten dürfen, weil mindestens ein Partner bereits verheiratet ist, eine Partnerschaft bestehen, wenn der verheiratete Partner – wie hier- von seinem Ehegatten dauerhaft getrennt lebt, denn die Eheähnlichkeit einer Gemeinschaft kommt in ihrem monogamen Charakter zum Ausdruck (Gagel, SGB II, 63. Auflage, 2016, § 7 SGB II, Rn. 47). Vorliegend lebten die Kläger bereits seit Oktober 2009 bzw. Februar 2011 dauerhaft von ihren damaligen Ehepartnern getrennt, eine Rückkehr in die eheliche Wohnung war nicht beabsichtigt. Insoweit nimmt auch die Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 3 SGB II Bezug darauf, dass eine Partnerschaft "daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulassen darf" (BT-Drs 16/1410 S. 19) und betont somit deren Ausschließlichkeitscharakter. Leben die Ehepartner dauerhaft getrennt und sind die Ehen zerrüttet, weshalb eine Rückkehr in die eheliche Lebensgemeinschaft wie hier von vornherein ausgeschlossen war, so ist die lediglich "auf dem Papier" bestehende Ehe keine Lebensgemeinschaft gleicher Art, die das Vorliegen einer Partnerschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) ausschließt. Letztendes würde der auf eine Ausschließlichkeit der Partnerschaft zielende der Gesetzeszweck von § 7 Abs. 3 SGB II konterkariert, wenn es für die Frage über das Bestehen einer Partnerschaft schlicht auf die Möglichkeit einer rechtlich zulässigen Heirat abgestellt werden würde (vgl. auch Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, Rn. 172). Ein weiterer Grund für die Einbeziehung solcher Partnerschaften ist der Nachrangigkeitsgrundsatz des § 2 SGB II, wonach Leistungen nach dem SGB II nicht bzw. in geringerem Umfang gewährt werden, wenn die benötigten Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes von anderen erbracht werden können. Hierbei kann es keinen Unterschied machen, ob ein Partner noch verheiratet ist oder nicht (vgl. Stephan, Die Ansprüche zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII, Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Diss. 2008, Bl. 93). Es ist daher davon auszugehen, dass das BSG in seiner Entscheidung vom 23.08.2012 (Az.: B 4 AS 34/12 R) Konstellationen wie die hiesige schlicht übersehen hat.
Die hier vorgenommene Auslegung von § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich und verletzt nicht Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG), der die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Dessen Schutzbereich bezieht sich grundsätzlich auch auf getrennt lebende Ehegatten. Unzulässig wäre es dabei, wenn der Staat die noch bestehende Ehe der Kläger stören und so ihre Trennung bestärken oder vertiefen würde. Jedoch wird in die Ehen der Kläger zu 1) und 3) nicht eingegriffen, da die Annahme einer Partnerschaft und somit im Ergebnis der Bedarfsgemeinschaft nicht die Ursache sondern die rechtliche Folge des freiwilligen Zusammenlebens der Kläger ist. Über die Fortsetzung ihres Zusammenlebens können die Kläger ausschließlich selbst disponieren (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. November 1995, Az.: 6 S 3171/94).
Unter Zugrundelegung einer somit anzunehmenden Bedarfsgemeinschaft zwischen den Klägern hat der Beklagte deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB rechtsfehlerfrei unter Berücksichtigung des jeweils erzielten Einkommens (§ 9 Abs. 2 S. 1 SGB II) ermittelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Teilanerkenntnis des Beklagten Rechnung.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger für die Zeit vom 01.12.2012 bis 19.03.2013 vom Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beanspruchen können.
Die geborene Klägerin zu 1) sowie der geborene Kläger zu 3) sind zum 01.04.2012 von T nach L in eine gemeinsame Wohnung gezogen und standen von dort an im Leistungsbezug nach dem SGB II beim Beklagten. Nach eigenen Angaben haben sie sich 2008 über eine Internetplattform kennengelernt und stehen seitdem durchgängig im Kontakt miteinander. Vom 20.10.2000 bis zum 08.01.2013 war die Klägerin mit Herrn D F verheiratet, aus der Ehe ging die geborene Klägerin zu 2) hervor, deren gemeinsames Sorgerecht nach wie vor bei der Klägerin zu 1) und ihrem ehemaligem Ehemann liegt. Die Klägerin zu 2) hielt sich daher lediglich zeitweise bei den Klägern im Haushalt auf. Der Kläger zu 3) war vom 17.11.2007 bis zum 19.03.2013 mit Frau N I Q1 verheiratet. Er erzielte im streitgegenständlichen Zeitraum Erwerbseinkommen aus einer Vollzeitbeschäftigung bei der E Q2 als Paketzusteller, die Klägerin zu 1) war geringfügig beschäftigt.
Vom 01.04.2012 bis 31.07.2012 standen die Kläger beim Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II. Im Rahmen des am 21.12.2012 angestrengten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen S 12 AS 4349/12 ER wurden ihnen mit Bescheid vom 16.01.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.03.2013 Leistungen nach dem SGB II vom 01.12.2012 bis 28.02.2013 unter Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) sowie der Anrechnung der jeweiligen Einkommen in folgender monatlicher Höhe bewilligt:
- Dezember 2012: 388,78 Euro
- Januar 2013: 320,96 Euro
- Februar 2013: 220,57 Euro
Mit weiterem Bescheid vom 28.02.2013 wurden den Klägern erneut unter Annahme einer Bedarfsgemeinschaft sowie der Anrechnung der jeweiligen Einkommen Leistungen vom 01.03.2013 bis 31.07.2013 in Höhe von monatlich 374,80 Euro bewilligt.
Gegen die Bescheide vom 16.01.2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 07.03.2013 sowie den Bescheid vom 28.02.2013 legten die Kläger am 28.03.2013 Widerspruch ein und trugen u.a. vor, dass der Beklagte zwischen den Klägern zu Unrecht eine Bedarfsgemeinschaft angenommen habe, denn aufgrund der Vermutungsregelung in § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II sei eine Bedarfsgemeinschaft frühestens ab dem 01.04.2013, mithin ein Jahr nach dem gemeinsamen Zusammenleben der Kläger anzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 25.06.2013 wurden die Widersprüche der Kläger vom 28.03.2013 als unbegründet zurückgewiesen. Bei den Klägern sei ab dem 01.12.2012 eine Bedarfsgemeinschaft anzunehmen, was sich u.a. daraus ergebe, dass der Mietvertrag von der Klägerin zu 1) sowie dem Kläger zu 3) gemeinsam unterschrieben sei. Ferner erhalte der Kläger zu 3) die Leistungen nach dem SGB II auf das Konto der Klägerin zu 1), was ebenfalls für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft spreche. Ein höherer Leistungsanspruch bestünde für die Kläger daher nicht.
Mit ihren am 06.01.2014 vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klagen verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die unter dem Aktenzeichen S 12 AS 32/14 erhobene Klage betreffend den Leistungszeitraum Dezember 2012 bis Februar 2013 sowie die unter dem Aktenzeichen S 12 AS 33/14 erhobene Klage die sich auf den Leistungszeitraum von März bis August 2013 bezieht wurden mit Beschluss vom 13.02.2014 zu gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem führenden Aktenzeichen S 12 AS 32/14 fortgeführt.
Die Kläger sind der Meinung, dass zwischen Ihnen mangels Partnerschaft keine Bedarfsgemeinschaft vorliegen könne, denn die Klägerin zu 1) war bis zum 19.03.2013 und der Kläger zu 3) bis zum 08.01.2013 anderweitig verheiratet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze die eine Partnerschaft jedoch die rechtliche Möglichkeit der Heirat voraus, was hier jedoch aufgrund von § 1306 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht zulässig sei. Ferner habe der Beklagte rechtsfehlerhaft nicht die Unterkunfts- und Heizkosten in voller Höhe berücksichtigt und bei der Einkommensanrechnung des Klägers zu 3.) dessen Einkommensfreibetrag falsch berechnet.
Mit Änderungsbescheiden vom 28.01.2014 erkannte der Beklagte den Klageanspruch teilweise an und bewilligte vom 01.12.2012 bis 31.08.2013 Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlich anfallenden Unterkunfts- und Heizkosten sowie eines höheren Einkommensfreibetrages des Klägers zu 3.). Den Klägern wurden dabei u.a. für die Monate Dezember 2012 bis März 2013 Leistungen in folgender Höhe bewilligt:
- Dezember 2012: 448,78 Euro
- Januar 2013: 380,96 Euro
- Februar 2013: 286,17 Euro
- März 2013: 391,67 Euro
Auf die Änderungsbescheide vom 28.01.2014 wird im Übrigen vollumfänglich verwiesen.
Die Kläger beantragen,
1.) den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 16.01.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28.01.2014 zu verpflichten, ihnen für den Zeitraum vom 01.12.2012-28.02.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) zu bewilligen,
2.) den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.07.2013, 09.09.2013 und 28.01.2014 zu verpflichten, ihnen für den Zeitraum vom 01.03.2013-19.03.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, dass zwischen den Klägern trotz des Umstands, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum anderweitig verheiratet waren, eine Partnerschaft und somit Bedarfsgemeinschaft anzunehmen sei, da zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) eine derart enge Bindung bestünde, dass eine Rückkehr zum damaligen Ehepartner nicht anzunehmen sei.
Das Gericht hat die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 3) im Erörterungstermin am 16.03.2016 persönlich angehört. Auf das Sitzungsprotokoll wird vollumfänglich verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen. Die die Kläger betreffende Verwaltungsakte des Beklagten lag dem Gericht vor.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten.
Streitgegenständlich ist nach Erlass der Änderungsbescheide vom 28.01.2014 ob die Kläger einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft nach den §§ 19 ff. SGB II haben.
Zu Recht nahm der Beklagte dabei an, dass zwischen den Klägern eine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 9 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 SGB II vorgelegen habe, mit der Folge, dass das jeweils erzielte Einkommen der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 3) als Einkommen der gesamten Bedarfsgemeinschaft bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen ist. Mithin besteht kein Anspruch auf (höhere) Leistungen ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft.
Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 S. 1 SGB II)
Zu einer Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 SGB II) gehört als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II). Dies ist gemäß § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II unter anderem dann zu vermuten, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben.
Ob eine Bedarfsgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen.
Die Kläger lebten hier unstreitig in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II.
Bei der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) ist ebenfalls der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen anzunehmen. Die Partner müssen sich so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden (Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, Rn. 174).
Folgende Hinweistatsachen sprechen in der vorliegenden Fallkonstellation für das Bestehen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3), wobei das Gericht im Wesentlichen deren Anhörung im Erörterungstermin am 16.03.2016 zu Grunde legt:
- Die Kläger räumen selbst ein, seit etwa Februar 2011 ein Paar gewesen zu sein, sodass mithin von einer längeren, bereits deutlich vor dem streitgegenständlichen Zeitraum bestehenden intensiven partnerschaftlichen Beziehung auszugehen ist. Ferner liebten sie sich nach eigener Angabe bereits seit April 2009.
- Die Kläger nutzten gemeinsam die Küche und die dortigen Regale.
- Der Kläger zu 3) hat die Klägerin zu 1) am Ende des Monats, als deren Arbeitslosengeld II aufgebraucht war, des Öfteren mit dessen Einkommen finanziell unterstützt.
- Die Klägerin zu 1) hat die Wäsche für den Kläger zu 3) mitgewaschen und regelmäßig für diesen mitgekocht.
- Die Leistungen des Beklagten für die gesamte Bedarfsgemeinschaft wurden ausschließlich auf das Konto der Klägerin zu 1) überwiesen
- Der Kläger zu 3) hat für die Klägerin zu 1) Stromschulden übernommen und deren Beiträge zur Feuerversicherung teilweise aus seinem Weihnachtsgeld finanziert.
- Die Kläger würden sich gegenseitig unterstützen, auch wenn sie sich selber dafür erheblich einschränken müssten.
Weiterhin liegt zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) eine Partnerschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II vor.
Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und Bundessozialgericht (BSG) auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz bestehen (BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3; mit historisch- teleologischer Ableitung: BSG, Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 34/12 R, juris, Rn. 20; BSGE 90, 90, 100 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26, Rn. 39; vgl. LSG NRW, Urteil vom 06. Juni 2013 - L 7 AS 914/12 -, Rn. 37, juris; vgl. auch SG Aachen, Urteil vom 28.02.2014 - S 14 AS 444/13, juris).
Auch insoweit verweist das Gericht auf die Ausführungen der Kläger im Erörterungstermin vom 16.03.2016, wobei sie erklärten bereits seit Februar 2011 und somit deutlich vor dem Umzug in die gemeinsame Wohnung nach L zum 01.04.2012 ein Paar gewesen zu sein.
Dem Vorliegen einer Partnerschaft steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin zu 1) bis zum 08.01.2013 und der Kläger zu 3) bis zum 19.03.2013 anderweitig mit ihren bisherigen Ehepartnern verheiratet waren und demnach bis zu diesem Zeitpunkt eine Heirat zwischen ihnen aufgrund § 1306 BGB (Verbot der Doppelehe) aus rechtlichen Gründen nicht möglich erschien. Soweit Eheverbote überwindbar sind kann auch zwischen einem Mann und einer Frau die nicht heiraten dürfen, weil mindestens ein Partner bereits verheiratet ist, eine Partnerschaft bestehen, wenn der verheiratete Partner – wie hier- von seinem Ehegatten dauerhaft getrennt lebt, denn die Eheähnlichkeit einer Gemeinschaft kommt in ihrem monogamen Charakter zum Ausdruck (Gagel, SGB II, 63. Auflage, 2016, § 7 SGB II, Rn. 47). Vorliegend lebten die Kläger bereits seit Oktober 2009 bzw. Februar 2011 dauerhaft von ihren damaligen Ehepartnern getrennt, eine Rückkehr in die eheliche Wohnung war nicht beabsichtigt. Insoweit nimmt auch die Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 3 SGB II Bezug darauf, dass eine Partnerschaft "daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulassen darf" (BT-Drs 16/1410 S. 19) und betont somit deren Ausschließlichkeitscharakter. Leben die Ehepartner dauerhaft getrennt und sind die Ehen zerrüttet, weshalb eine Rückkehr in die eheliche Lebensgemeinschaft wie hier von vornherein ausgeschlossen war, so ist die lediglich "auf dem Papier" bestehende Ehe keine Lebensgemeinschaft gleicher Art, die das Vorliegen einer Partnerschaft zwischen der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) ausschließt. Letztendes würde der auf eine Ausschließlichkeit der Partnerschaft zielende der Gesetzeszweck von § 7 Abs. 3 SGB II konterkariert, wenn es für die Frage über das Bestehen einer Partnerschaft schlicht auf die Möglichkeit einer rechtlich zulässigen Heirat abgestellt werden würde (vgl. auch Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, Rn. 172). Ein weiterer Grund für die Einbeziehung solcher Partnerschaften ist der Nachrangigkeitsgrundsatz des § 2 SGB II, wonach Leistungen nach dem SGB II nicht bzw. in geringerem Umfang gewährt werden, wenn die benötigten Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes von anderen erbracht werden können. Hierbei kann es keinen Unterschied machen, ob ein Partner noch verheiratet ist oder nicht (vgl. Stephan, Die Ansprüche zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII, Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Diss. 2008, Bl. 93). Es ist daher davon auszugehen, dass das BSG in seiner Entscheidung vom 23.08.2012 (Az.: B 4 AS 34/12 R) Konstellationen wie die hiesige schlicht übersehen hat.
Die hier vorgenommene Auslegung von § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich und verletzt nicht Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG), der die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Dessen Schutzbereich bezieht sich grundsätzlich auch auf getrennt lebende Ehegatten. Unzulässig wäre es dabei, wenn der Staat die noch bestehende Ehe der Kläger stören und so ihre Trennung bestärken oder vertiefen würde. Jedoch wird in die Ehen der Kläger zu 1) und 3) nicht eingegriffen, da die Annahme einer Partnerschaft und somit im Ergebnis der Bedarfsgemeinschaft nicht die Ursache sondern die rechtliche Folge des freiwilligen Zusammenlebens der Kläger ist. Über die Fortsetzung ihres Zusammenlebens können die Kläger ausschließlich selbst disponieren (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. November 1995, Az.: 6 S 3171/94).
Unter Zugrundelegung einer somit anzunehmenden Bedarfsgemeinschaft zwischen den Klägern hat der Beklagte deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB rechtsfehlerfrei unter Berücksichtigung des jeweils erzielten Einkommens (§ 9 Abs. 2 S. 1 SGB II) ermittelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Teilanerkenntnis des Beklagten Rechnung.
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