Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AS 1833/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 718/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt R., B., wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) erstrebt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die (vorläufige) Verpflichtung des Beschwerdegegners und Antragsgegners (im Folgenden: Antragsgegner) zur Übernahme von Kosten zur Beschaffung von Kohle in Höhe von 1280,00 EUR.
Die 1958 geborene Antragstellerin bewohnt mit ihrem 1952 geborenen Ehemann ein Eigenheim in B. (Wohnfläche: ca. 79 m²). Die Beheizung erfolgt mit Kohle, die Aufbereitung von Warmwasser über Strom. Der Ehemann der Antragstellerin bezieht eine monatliche Altersrente (für schwer behinderte Menschen) in Höhe von 973,20 EUR.
Mit Bescheid vom 11. August 2016 lehnte der Antragsgegner (auf einen Folgeantrag der Antragstellerin ab 1. Juli 2016) die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) ab: Die Antragstellerin sei nicht hilfebedürftig. Das anzurechnende Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft (bestehend aus der Antragstellerin und ihrem Ehemann) übersteige den Gesamtbedarf. Nach den anliegenden Berechnungsbögen ergaben sich übersteigende monatliche Einnahmen in Höhe von 118,83 EUR (Juli 2016), 141,86 EUR (August 2016) 158,46 EUR (September 2016), 118,83 EUR (Oktober 2016), 141,84 EUR (November 2016), 158,46 EUR (Dezember 2016), 158,84 EUR (Januar 2017) 181,86 EUR (Februar 2017), 198,46 EUR (März 2017), 158,83 EUR (April 2017), 181,86 EUR (Mai 2017) und 198,46 EUR (Juni 2017). Über den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit welchem die Antragstellerin die Nichtberücksichtigung von ernährungsbedingten Mehrbedarfen wegen Laktoseintoleranz bzw. Multiallergien sowie näher bezeichneten Betriebs- und Nebenkosten für das Haus geltend machte, hat der Antragsgegner bislang nicht entschieden.
Die Antragstellerin beantragte am 8. September 2012 die Gewährung von Leistungen zur Beschaffung von Brennstoffen (für den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis 1. Juli 2017) in Höhe von 1280,00 EUR. Die Kohle solle im Oktober 2016 bestellt werden.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom 27. Oktober 2016 abgelehnt: Es ergebe sich unter Berücksichtigung einer angemessenen Wohnfläche von 60 m² für Oktober 2016 bis Juni 2017 ein angemessener Bedarf in Höhe von 1192,60 EUR, welchem das übersteigende Einkommen in Höhe von insgesamt 1497,44 EUR gegenüberzustellen sei. Die monatlich übersteigenden Beträge seien zur Finanzierung des Heizmaterials anzusparen. Der Antragsgegner verwies im Übrigen darauf, dass eine darlehensweise Übernahme möglich sei, wenn zur Überbrückung des Ansparzeitraums finanzielle Mittel benötigt würden.
Die Antragstellerin hat am 28. Oktober 2016 beim Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt: Sie verfüge über keine Kohle mehr und könne diese auch nicht aus einem Betrag von 15,00 EUR, den sie seit Juli 2016 als monatliches Wohngeld erhalte, finanzieren. Ihr Girokonto weise einen Negativsaldo aus. "Einen Kredit" brauche sie nicht, da ihr "die Zuwendung" seitens des Antragsgegners zustehe.
Mit Beschluss vom 23. November 2016 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt: Es bestehe jedenfalls kein Anordnungsgrund. Die Antragstellerin bilde mit ihrem Ehemann eine sog. "gemischte Bedarfsgemeinschaft", welcher monatliche Einnahmen in Höhe von 973,20 EUR (Altersrente des Ehemannes) sowie 15,00 EUR (Wohngeld) zur Verfügung stünden. Unterkunftskosten hätte die Antragstellerin in einer eigenen Aufstellung mit jährlich 978,95 EUR (monatlich durchschnittlich ca. 79,00 EUR) angegeben, in der auch die im Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 11. August 2016 monierten Kostenfaktoren enthalten seien. Die zu berücksichtigenden monatlichen Regelbedarfe und Mehrbedarfe für Warmwasserbereitung beliefen sich auf monatlich 744,74 EUR, woraus sich ein durchschnittlicher monatlicher Überhang von ca. 130,00 EUR ergebe. Dieser könne auch für Heizkosten eingesetzt werden. Wegen der geltend gemachten Mehrbedarfe für Ernährung sei nicht ersichtlich, dass die vorgetragenen Erkrankungen der Antragstellerin und ihres Ehemannes tatsächlich mit erhöhten Kosten einhergingen. Die Antragstellerin habe zwar eine Übernahme der Kosten der Kohlelieferung für ein ganzes Jahr begehrt, es seien jedoch auch Teilkäufe möglich. Ob der Antragstellerin aufgrund der tatsächlichen Anschaffung von Heizmitteln teilweise Leistungen nach zu bewilligen seien, könne im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sei allerdings auch zu prüfen, ob anderweitige finanzielle Mittel zur Überbrückung einer Notlage vorhanden seien. Hierbei könne auch auf sog. "Schonvermögen" zurückgegriffen werden, sofern es verfügbar sei. Die Dringlichkeit einer Rechtsschutzgewährung sei in einem solchen Fall zu verneinen und ein Abwarten der Hauptsache dem Betroffenen zumutbar. Der Betroffene könne dann auf das Hauptsacheverfahren und eine eventuelle nachträgliche Leistungsgewährung verwiesen werden. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Sparbuchauszügen ergebe sich ein Guthaben von ca. 1300,00 EUR, welches auch kurzfristig zur Verfügung stehe. Für eine (von der Antragstellerin erwähnte) in Planung stehende Ofensanierung könnten das nicht benötigte Sparbuchguthaben sowie nachbewilligte Leistungen bzw. die bis dahin aufgrund des monatlichen Einkommensüberhangs noch vorhandenen Mittel eingesetzt werden. Eine vom Antragsgegner vorgeschlagene Darlehensgewährung habe die Antragstellerin ausdrücklich abgelehnt.
Gegen den ihr am 25. November 2016 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 12. Dezember 2016 Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Am 13. Januar 2017 hat sie die Beiordnung von Rechtsanwalt R. beantragt: Der geltend gemachte Anspruch auf die Bewilligung von Heizkosten habe im Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen. Der Verweis auf die Inanspruchnahme von Schonvermögen oder Einsparungen greife hier nicht. Denn sie habe erklärt, das vorhandene Guthaben für eine Ofensanierung verwenden zu wollen sowie auf eine Mehrzahl anhängiger Verfahren wegen streitiger Leistungsansprüche mit dem Antragsgegner verwiesen. Sie habe "in der Zwischenzeit" selbst Heizmaterial beschaffen müssen. Teillieferungen würden durch die Versorger nicht getätigt.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. November 2016 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr einen Betrag in Höhe von 1280,00 EUR zur Beschaffung von Brennstoffen zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragstellerin habe einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, es fehle an der Eilbedürftigkeit. Eine etwaige Notlage müsse sie ggf. durch den Einsatz von Schonvermögen überbrücken. Es sei außerdem zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin und ihr Ehemann die Sparbücher regelmäßig mit monatlichen Einzahlungen in Höhe von insgesamt je 85,00 EUR bedienten, aber anscheinend nicht bereit seien, finanzielle Mittel für Heizkosten zurückzulegen bzw. anzusparen. Für die lediglich in Planung befindliche Ofensanierung könnten zukünftig das nicht für die Anschaffung von Heizmaterial benötigte Sparguthaben sowie eventuell nachbewilligte Leistungen und die monatlichen Einkommensüberhänge eingesetzt werden. Des Weiteren habe die Antragstellerin die angebotene Inanspruchnahme eines Darlehens ausdrücklich abgelehnt. Außerdem mangele es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der monatliche Hilfebedarf der Antragstellerin und ihres Ehemannes liege nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anzustellenden summarischen Prüfung – abgesehen von November 2016 – stets unter dem einzusetzenden bereinigten Gesamteinkommen. Soweit vorgetragen werde, es würden noch mehrere Verfahren wegen streitiger Leistungsansprüche geführt, so seien derzeit lediglich noch ein Widerspruchsverfahren und eine Untätigkeitsklage anhängig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
1. Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Der Wert von 750,00 EUR gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist überschritten. Die Antragstellerin begehrt Leistungen für die Anschaffung von Heizmaterial in Höhe von 1280,00 EUR.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG abgelehnt. Der Senat nimmt insoweit entsprechend § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe im angefochtenen Beschluss des SG vom 23. November 2016 Bezug, die er sich nach eigener Prüfung zu Eigen macht. Danach fehlt es jedenfalls schon am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Dieser bezieht sich auf die Eilbedürftigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht der Hauptsache nicht bindet. Ein Anordnungsgrund ist (wie auch der Anordnungsanspruch) glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Landessozialgericht [LSG] Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Juni 2016 – L 4 AS 249/16 B ER; vgl. auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 16b).
a) Das SG hat zu Recht darauf abgestellt, dass ein Anordnungsgrund bereits an der Möglichkeit des Rückgriffs auf ein vorhandenes Schonvermögen (Sparkonten in Höhe von derzeit ca. 1300,00 EUR) scheitert, welche im Übrigen regelmäßig weiter "bespart" werden. Nach der Rechtsprechung des Senats ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig kein Anordnungsgrund gegeben, wenn der Antragsteller sofort verfügbares Sparvermögen hat. Es ist ihm in solchen Fällen zuzumuten, dieses zunächst als bereites Mittel zur Deckung des Bedarfs einzusetzen, auch wenn es sich um Schonvermögen handelt. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann nicht "auf Vorrat" betrieben werden, sondern setzt eine akute finanzielle Notlage voraus (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2014 – L 4 AS 423/14 B ER). Eine solche akute Notlage ist hier indes nicht gegeben, da zum einen ein nicht unbeträchtliches Schonvermögen in Höhe von ca. 1300 EUR vorhanden ist und dieses zum anderen auch noch – aus offenkundig vorhandenen monatlichen Einkommensüberhängen – regelmäßig "vergrößert" wird (vgl. z. B. die regelmäßigen Einzahlungen auf zwei verschiedene Sparkonten gemäß Bl. 923 der Verwaltungsakte). Die Antragstellerin hat auch auf den ausdrücklichen Hinweis des Antragsgegners nicht etwa geltend gemacht, dass solche Sparraten aktuell nicht mehr überwiesen würden. Bereits diese Umstände, die für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II eher ungewöhnlich und untypisch erscheinen, widerlegen eine etwaige finanzielle Notlage. In diesem Zusammenhang ergibt sich auch nichts anderes aus einer ggf. in Aussicht genommenen Verwendung des bereits angesparten Betrages für eine Ofensanierung. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, dass damit bereits der gesamte Betrag (zuzüglich der weiteren in den kommenden Monaten ggf. noch anzusparenden Beträge) aufgebraucht würde, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass diese Kosten innerhalb des vom Antrag umfassten Zeitraums (bis 1. Juli 2017) auch tatsächlich anfallen. Nach den vorliegenden Unterlagen kann bislang allenfalls von einer grundsätzlichen Planungsphase ausgegangen werden.
b) Ebenso hat das SG einen fehlenden Anordnungsanspruch zu Recht auch auf den weiteren – selbstständig tragenden – Gesichtspunkt der seitens der Antragstellerin zurückgewiesenen Inanspruchnahme des vom Antragsgegner angebotenen Darlehens gestützt. Indem die Antragstellerin das entsprechende Angebot des Antragsgegners mit dem bloßen Hinweis zurückgewiesen hat, ein Kredit werde nicht gebraucht, da ihr "die Zuwendung zustehe", gibt sie selbst zu erkennen, dass ihr Ansinnen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht auf einer tatsächlichen Notlage beruht, sondern letztlich allein der – nach Auffassung der Antragstellerin – in Betracht kommende (Hauptsache-) Anspruch als solcher geltend gemacht werden soll. Dessen Erfüllung ist jedoch nicht Sinn und Zweck des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, sondern grundsätzlich allein Gegenstand des Hauptsacheverfahrens.
Die Antragstellerin war vor der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe (im einstweiligen Rechtsschutzverfahren) zunächst verpflichtet, die genauen Modalitäten einer vom Antragsgegner in Aussicht gestellten darlehensweisen Gewährung durch diesbezügliche Kontaktaufnahme mit dem Antragsgegner zu klären. Erst bei Erfolglosigkeit dieser Bemühungen oder ggf. unzumutbaren Bedingungen für eine Darlehensgewährung hätte möglicherweise ein Anlass für die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes bestanden. Solange die Antragstellerin der ihr zumutbaren Selbsthilfeverpflichtung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II) nicht nachgekommen ist, bestand kein Anordnungsgrund, der das SG zum Einschreiten hätte veranlassen können (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 7. Mai 2015 – L 4 AS 52/15 B ER). Mit ihrer ausdrücklichen Ablehnung im Schriftsatz vom 21. November 2016 hat die Antragstellerin die konkrete Möglichkeit zur Gewährung entsprechender Leistungen verhindert.
Da nach alledem jedenfalls ein Anordnungsgrund ausscheidet, kommt es auf das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht mehr an.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
4. Prozesskostenhilfe war für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen, da die Rechtsverfolgung nach den vorstehenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat (§ 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ff. Zivilprozessordnung – ZPO).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt R., B., wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) erstrebt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die (vorläufige) Verpflichtung des Beschwerdegegners und Antragsgegners (im Folgenden: Antragsgegner) zur Übernahme von Kosten zur Beschaffung von Kohle in Höhe von 1280,00 EUR.
Die 1958 geborene Antragstellerin bewohnt mit ihrem 1952 geborenen Ehemann ein Eigenheim in B. (Wohnfläche: ca. 79 m²). Die Beheizung erfolgt mit Kohle, die Aufbereitung von Warmwasser über Strom. Der Ehemann der Antragstellerin bezieht eine monatliche Altersrente (für schwer behinderte Menschen) in Höhe von 973,20 EUR.
Mit Bescheid vom 11. August 2016 lehnte der Antragsgegner (auf einen Folgeantrag der Antragstellerin ab 1. Juli 2016) die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) ab: Die Antragstellerin sei nicht hilfebedürftig. Das anzurechnende Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft (bestehend aus der Antragstellerin und ihrem Ehemann) übersteige den Gesamtbedarf. Nach den anliegenden Berechnungsbögen ergaben sich übersteigende monatliche Einnahmen in Höhe von 118,83 EUR (Juli 2016), 141,86 EUR (August 2016) 158,46 EUR (September 2016), 118,83 EUR (Oktober 2016), 141,84 EUR (November 2016), 158,46 EUR (Dezember 2016), 158,84 EUR (Januar 2017) 181,86 EUR (Februar 2017), 198,46 EUR (März 2017), 158,83 EUR (April 2017), 181,86 EUR (Mai 2017) und 198,46 EUR (Juni 2017). Über den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit welchem die Antragstellerin die Nichtberücksichtigung von ernährungsbedingten Mehrbedarfen wegen Laktoseintoleranz bzw. Multiallergien sowie näher bezeichneten Betriebs- und Nebenkosten für das Haus geltend machte, hat der Antragsgegner bislang nicht entschieden.
Die Antragstellerin beantragte am 8. September 2012 die Gewährung von Leistungen zur Beschaffung von Brennstoffen (für den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis 1. Juli 2017) in Höhe von 1280,00 EUR. Die Kohle solle im Oktober 2016 bestellt werden.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom 27. Oktober 2016 abgelehnt: Es ergebe sich unter Berücksichtigung einer angemessenen Wohnfläche von 60 m² für Oktober 2016 bis Juni 2017 ein angemessener Bedarf in Höhe von 1192,60 EUR, welchem das übersteigende Einkommen in Höhe von insgesamt 1497,44 EUR gegenüberzustellen sei. Die monatlich übersteigenden Beträge seien zur Finanzierung des Heizmaterials anzusparen. Der Antragsgegner verwies im Übrigen darauf, dass eine darlehensweise Übernahme möglich sei, wenn zur Überbrückung des Ansparzeitraums finanzielle Mittel benötigt würden.
Die Antragstellerin hat am 28. Oktober 2016 beim Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt: Sie verfüge über keine Kohle mehr und könne diese auch nicht aus einem Betrag von 15,00 EUR, den sie seit Juli 2016 als monatliches Wohngeld erhalte, finanzieren. Ihr Girokonto weise einen Negativsaldo aus. "Einen Kredit" brauche sie nicht, da ihr "die Zuwendung" seitens des Antragsgegners zustehe.
Mit Beschluss vom 23. November 2016 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt: Es bestehe jedenfalls kein Anordnungsgrund. Die Antragstellerin bilde mit ihrem Ehemann eine sog. "gemischte Bedarfsgemeinschaft", welcher monatliche Einnahmen in Höhe von 973,20 EUR (Altersrente des Ehemannes) sowie 15,00 EUR (Wohngeld) zur Verfügung stünden. Unterkunftskosten hätte die Antragstellerin in einer eigenen Aufstellung mit jährlich 978,95 EUR (monatlich durchschnittlich ca. 79,00 EUR) angegeben, in der auch die im Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 11. August 2016 monierten Kostenfaktoren enthalten seien. Die zu berücksichtigenden monatlichen Regelbedarfe und Mehrbedarfe für Warmwasserbereitung beliefen sich auf monatlich 744,74 EUR, woraus sich ein durchschnittlicher monatlicher Überhang von ca. 130,00 EUR ergebe. Dieser könne auch für Heizkosten eingesetzt werden. Wegen der geltend gemachten Mehrbedarfe für Ernährung sei nicht ersichtlich, dass die vorgetragenen Erkrankungen der Antragstellerin und ihres Ehemannes tatsächlich mit erhöhten Kosten einhergingen. Die Antragstellerin habe zwar eine Übernahme der Kosten der Kohlelieferung für ein ganzes Jahr begehrt, es seien jedoch auch Teilkäufe möglich. Ob der Antragstellerin aufgrund der tatsächlichen Anschaffung von Heizmitteln teilweise Leistungen nach zu bewilligen seien, könne im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sei allerdings auch zu prüfen, ob anderweitige finanzielle Mittel zur Überbrückung einer Notlage vorhanden seien. Hierbei könne auch auf sog. "Schonvermögen" zurückgegriffen werden, sofern es verfügbar sei. Die Dringlichkeit einer Rechtsschutzgewährung sei in einem solchen Fall zu verneinen und ein Abwarten der Hauptsache dem Betroffenen zumutbar. Der Betroffene könne dann auf das Hauptsacheverfahren und eine eventuelle nachträgliche Leistungsgewährung verwiesen werden. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Sparbuchauszügen ergebe sich ein Guthaben von ca. 1300,00 EUR, welches auch kurzfristig zur Verfügung stehe. Für eine (von der Antragstellerin erwähnte) in Planung stehende Ofensanierung könnten das nicht benötigte Sparbuchguthaben sowie nachbewilligte Leistungen bzw. die bis dahin aufgrund des monatlichen Einkommensüberhangs noch vorhandenen Mittel eingesetzt werden. Eine vom Antragsgegner vorgeschlagene Darlehensgewährung habe die Antragstellerin ausdrücklich abgelehnt.
Gegen den ihr am 25. November 2016 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 12. Dezember 2016 Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Am 13. Januar 2017 hat sie die Beiordnung von Rechtsanwalt R. beantragt: Der geltend gemachte Anspruch auf die Bewilligung von Heizkosten habe im Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen. Der Verweis auf die Inanspruchnahme von Schonvermögen oder Einsparungen greife hier nicht. Denn sie habe erklärt, das vorhandene Guthaben für eine Ofensanierung verwenden zu wollen sowie auf eine Mehrzahl anhängiger Verfahren wegen streitiger Leistungsansprüche mit dem Antragsgegner verwiesen. Sie habe "in der Zwischenzeit" selbst Heizmaterial beschaffen müssen. Teillieferungen würden durch die Versorger nicht getätigt.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. November 2016 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr einen Betrag in Höhe von 1280,00 EUR zur Beschaffung von Brennstoffen zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragstellerin habe einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, es fehle an der Eilbedürftigkeit. Eine etwaige Notlage müsse sie ggf. durch den Einsatz von Schonvermögen überbrücken. Es sei außerdem zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin und ihr Ehemann die Sparbücher regelmäßig mit monatlichen Einzahlungen in Höhe von insgesamt je 85,00 EUR bedienten, aber anscheinend nicht bereit seien, finanzielle Mittel für Heizkosten zurückzulegen bzw. anzusparen. Für die lediglich in Planung befindliche Ofensanierung könnten zukünftig das nicht für die Anschaffung von Heizmaterial benötigte Sparguthaben sowie eventuell nachbewilligte Leistungen und die monatlichen Einkommensüberhänge eingesetzt werden. Des Weiteren habe die Antragstellerin die angebotene Inanspruchnahme eines Darlehens ausdrücklich abgelehnt. Außerdem mangele es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der monatliche Hilfebedarf der Antragstellerin und ihres Ehemannes liege nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anzustellenden summarischen Prüfung – abgesehen von November 2016 – stets unter dem einzusetzenden bereinigten Gesamteinkommen. Soweit vorgetragen werde, es würden noch mehrere Verfahren wegen streitiger Leistungsansprüche geführt, so seien derzeit lediglich noch ein Widerspruchsverfahren und eine Untätigkeitsklage anhängig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
1. Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Der Wert von 750,00 EUR gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist überschritten. Die Antragstellerin begehrt Leistungen für die Anschaffung von Heizmaterial in Höhe von 1280,00 EUR.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG abgelehnt. Der Senat nimmt insoweit entsprechend § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe im angefochtenen Beschluss des SG vom 23. November 2016 Bezug, die er sich nach eigener Prüfung zu Eigen macht. Danach fehlt es jedenfalls schon am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Dieser bezieht sich auf die Eilbedürftigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht der Hauptsache nicht bindet. Ein Anordnungsgrund ist (wie auch der Anordnungsanspruch) glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Landessozialgericht [LSG] Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Juni 2016 – L 4 AS 249/16 B ER; vgl. auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 16b).
a) Das SG hat zu Recht darauf abgestellt, dass ein Anordnungsgrund bereits an der Möglichkeit des Rückgriffs auf ein vorhandenes Schonvermögen (Sparkonten in Höhe von derzeit ca. 1300,00 EUR) scheitert, welche im Übrigen regelmäßig weiter "bespart" werden. Nach der Rechtsprechung des Senats ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig kein Anordnungsgrund gegeben, wenn der Antragsteller sofort verfügbares Sparvermögen hat. Es ist ihm in solchen Fällen zuzumuten, dieses zunächst als bereites Mittel zur Deckung des Bedarfs einzusetzen, auch wenn es sich um Schonvermögen handelt. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann nicht "auf Vorrat" betrieben werden, sondern setzt eine akute finanzielle Notlage voraus (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Oktober 2014 – L 4 AS 423/14 B ER). Eine solche akute Notlage ist hier indes nicht gegeben, da zum einen ein nicht unbeträchtliches Schonvermögen in Höhe von ca. 1300 EUR vorhanden ist und dieses zum anderen auch noch – aus offenkundig vorhandenen monatlichen Einkommensüberhängen – regelmäßig "vergrößert" wird (vgl. z. B. die regelmäßigen Einzahlungen auf zwei verschiedene Sparkonten gemäß Bl. 923 der Verwaltungsakte). Die Antragstellerin hat auch auf den ausdrücklichen Hinweis des Antragsgegners nicht etwa geltend gemacht, dass solche Sparraten aktuell nicht mehr überwiesen würden. Bereits diese Umstände, die für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II eher ungewöhnlich und untypisch erscheinen, widerlegen eine etwaige finanzielle Notlage. In diesem Zusammenhang ergibt sich auch nichts anderes aus einer ggf. in Aussicht genommenen Verwendung des bereits angesparten Betrages für eine Ofensanierung. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, dass damit bereits der gesamte Betrag (zuzüglich der weiteren in den kommenden Monaten ggf. noch anzusparenden Beträge) aufgebraucht würde, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass diese Kosten innerhalb des vom Antrag umfassten Zeitraums (bis 1. Juli 2017) auch tatsächlich anfallen. Nach den vorliegenden Unterlagen kann bislang allenfalls von einer grundsätzlichen Planungsphase ausgegangen werden.
b) Ebenso hat das SG einen fehlenden Anordnungsanspruch zu Recht auch auf den weiteren – selbstständig tragenden – Gesichtspunkt der seitens der Antragstellerin zurückgewiesenen Inanspruchnahme des vom Antragsgegner angebotenen Darlehens gestützt. Indem die Antragstellerin das entsprechende Angebot des Antragsgegners mit dem bloßen Hinweis zurückgewiesen hat, ein Kredit werde nicht gebraucht, da ihr "die Zuwendung zustehe", gibt sie selbst zu erkennen, dass ihr Ansinnen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht auf einer tatsächlichen Notlage beruht, sondern letztlich allein der – nach Auffassung der Antragstellerin – in Betracht kommende (Hauptsache-) Anspruch als solcher geltend gemacht werden soll. Dessen Erfüllung ist jedoch nicht Sinn und Zweck des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, sondern grundsätzlich allein Gegenstand des Hauptsacheverfahrens.
Die Antragstellerin war vor der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe (im einstweiligen Rechtsschutzverfahren) zunächst verpflichtet, die genauen Modalitäten einer vom Antragsgegner in Aussicht gestellten darlehensweisen Gewährung durch diesbezügliche Kontaktaufnahme mit dem Antragsgegner zu klären. Erst bei Erfolglosigkeit dieser Bemühungen oder ggf. unzumutbaren Bedingungen für eine Darlehensgewährung hätte möglicherweise ein Anlass für die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes bestanden. Solange die Antragstellerin der ihr zumutbaren Selbsthilfeverpflichtung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II) nicht nachgekommen ist, bestand kein Anordnungsgrund, der das SG zum Einschreiten hätte veranlassen können (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 7. Mai 2015 – L 4 AS 52/15 B ER). Mit ihrer ausdrücklichen Ablehnung im Schriftsatz vom 21. November 2016 hat die Antragstellerin die konkrete Möglichkeit zur Gewährung entsprechender Leistungen verhindert.
Da nach alledem jedenfalls ein Anordnungsgrund ausscheidet, kommt es auf das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht mehr an.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
4. Prozesskostenhilfe war für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen, da die Rechtsverfolgung nach den vorstehenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat (§ 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ff. Zivilprozessordnung – ZPO).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Rechtskraft
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