Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 31 AS 270/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 359/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozial- gerichts Cottbus vom 26. November 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Entfernung ihrer Kontoauszüge aus der Verwaltungsakte des Beklagten.
Die Klägerin steht im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 beantragte sie beim Beklagten die "Entfernung sämtlicher Kontoauszüge aus ihrer Verwaltungsakte".
Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 ab: Nach § 67 c Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei das Speichern von Daten zulässig, wenn dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Jobcenters erforderlich sei und es für Zwecke erfolge, für die die Daten erhoben worden seien. Soweit Kontoauszüge eingereicht worden seien und Angaben enthielten, die die Höhe des Leistungsbezuges beeinflussten, insbesondere auch dann, wenn der Zufluss von Geldleistungen nachgewiesen werden müsse, seien die Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben. Sollten sich in der Akte Kontoauszüge befinden, für die diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, würden diese Kontoauszüge aus der Akte entfernt.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Auffassung vertreten wurde, dass die Speicherung von Kontoauszügen in der Verwaltungsakte grundsätzlich nicht erforderlich sei, um die dem Beklagten obliegenden Aufgaben zu erfüllen, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2013 zurück
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13. Dezember 2013 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 13. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht Cottbus (SG) erhoben.
Zur Begründung ist vorgetragen worden, dass sich der Beklagte für die Speicherung von Sozialdaten, also auch das Speichern von Kontoauszügen, nicht darauf berufen könne, dass es sich um Beweismittel handele, da nicht dargelegt worden sei, was mit den Kontoauszügen konkret bewiesen werden solle. Die vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Sozialdaten sei unzulässig. Sofern der Beklagte meine, die Kenntnis des Kontostandes der Betroffenen sei zur Feststellung der Hilfebedürftigkeit erforderlich, sei dem zwar grundsätzlich zuzustimmen; die Kenntnis des Kontostandes erfordere aber sicher keine Speicherung der Kontodaten bei der Beklagten. Unbestritten sei, dass die Hilfeempfänger verpflichtet seien, ungeschwärzte Kontoauszüge beim Beklagten zur Einsichtnahme vorzulegen. Dies berechtige aber nicht dazu, die Sozialdaten auf alle Ewigkeit hin zu speichern.
Durch Gerichtsbescheid des SG vom 26. November 2014 ist die Klage abgewiesen worden. Das SG hat trotz erheblicher Bedenken, ob es sich beim Schreiben des Beklagten vom 15. Oktober 2013 überhaupt um einen anfechtbaren Verwaltungsakt gehandelt habe, das Klagebegehren im Hinblick darauf, dass der Beklagte jedenfalls in dem Widerspruchsbescheid eine Sachentscheidung getroffen habe, in der Sache geprüft. Es hat dazu im Einzelnen ausgeführt:
"Ein Anspruch der Klägerin auf Löschung der vom Beklagten gespeicherten Daten durch das Abheften der Kontoauszüge der Klägerin findet seine Stütze in § 84 Abs. 2 SGB X. Danach sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Ferner sind sie auch dann zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden.
Das Abheften der von der Klägerin zur Verwaltungsakte eingereichten Kontoauszüge ist ein Speichern von Sozialdaten im Sinne des § 67 c Abs. 1 SGB X. Die auf diese Weise nicht nur erhobenen, sondern damit auch gespeicherten Sozialdaten sind nicht im Sinne des § 84 Abs. 2 SGB X unzulässig gespeichert worden. Denn die bloße Erhebung der Daten durch die Vorlage der Kontoauszüge im Rahmen einer Leistungsbewilligung reicht zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Beklagten nicht aus. Aus den vorzulegenden Kontoauszügen, die insoweit Urkundscharakter haben, sind die jeweiligen Geldzu- und –abflüsse belegt, die für die Frage der Hilfebedürftigkeit und auch für die Leistungsberechnung evident wichtig sind. Sie dienen damit der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Beklagten, der hilfebedürftigen Klägerin, die ihr zustehenden Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen. Hierzu reicht die bloße Vorlage der Kontoauszüge nicht aus. Dem jeweiligen Sachbearbeiter oder der Sachbearbeiterin muss die Möglichkeit gegeben sein, diese Unterlagen sorgfältig auszuwerten und zu überprüfen. Die bloße Erhebung der Daten durch das einmalige Vorlegen der Kontoauszüge im Rahmen einer (Fort )Bewilligung von SGB II-Leistungen ist daher nicht ausreichend, um Bedürftigkeit und die Höhe der der Klägerin zustehenden Leistungen sachgerecht zu beurteilen. Die Auszüge durften daher ohne weiteres zunächst durch Abheften in der Verwaltungsakte gespeichert werden, um sie bei nächster Gelegenheit sorgfältig überprüfen zu können, um daraus resultierend, die Ansprüche zu berechnen. Danach geht die Kammer insgesamt davon aus, dass die Speicherung der Daten durch das Abheften der Kontoauszüge in den Verwaltungsakten zulässigerweise erfolgt ist.
Danach kommt nur ein Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge aus § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X in Betracht. Danach sind die gespeicherten Daten zu löschen, wenn sie nicht mehr ‚erforderlich‘ sind ... Eine Datenspeicherung ist erforderlich, wenn der Leistungsträger die Kenntnis der Daten benötigt, um seine Aufgaben zu erfüllen. Zu berücksichtigen ist dabei u. a., dass die Verwaltung zur umfassenden zügigen Leistungsgewährung verpflichtet ist (§ 17 Abs. 1 SGB I), den Sachverhalt umfassend zu ermitteln hat (§ 20 SGB X) und, ... spätere Entwicklungen in Verwaltungs-entscheidungen umzusetzen hat. Das Gegenteil der Erforderlichkeit wäre eine Datenerhebung auf Vorrat für unvorhersehbare Verwaltungsaufgaben.
Die Prüfung der Leistungsvoraussetzungen und die längerfristige Notwendigkeit der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Verwaltungsentscheidung sind nach dem dargelegten Aufgaben-spektrum offenkundig notwendiger Teil der Verwaltungsaufgaben. Die Höhe des Erwerbseinkommens, die Aufgliederung der Lohnbestandteile und der Zuflusszeitpunkt bestimmen unmittelbar die Höhe des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II. Aus diesem Grund sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gemäß § 60 Abs. 1 SGB I grundsätzlich auch Kontoauszüge für mehrere Monate vorzulegen (BSG, Urteil vom 19. September 2008, B 14 AS 45/07 R, und Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 10/08 R).
Die längerfristige Speicherung der angeforderten Lohnunterlagen und Kontoauszüge ist für die Aufgabenerfüllung des Beklagten erforderlich. Die Befugnis ergibt sich hierbei aus § 67 c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB X. Eine Erbenhaftung nach § 35 SGB II erstreckt sich dabei auf zehn Jahre, wobei hierbei der Leistungsträger die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung nachweisen muss. Hinzu kommt auch die Korrektur von Bescheiden gemäß §§ 44 ff. SGB X; nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann dabei ein Zeitraum von zehn Jahren betroffen sein. Die Entscheidungs-grundlagen sind daher auch für diese möglichen Folgeverfahren aufzubewahren. Weil nicht von vornherein festgelegt werden kann, welche Entscheidungsgrundlagen für wie viele Jahre benötigt werden, treffen Aktenordnungen pauschalisierte Regelungen zur Aufbewahrungsfrist. Diese sind als verwaltungsinterne Richtlinien nicht geeignet, gesetzliche Vorgaben, wie die Grenzen des § 67 c SGB X zu beseitigen. Der Aktenplan SGB II der Bundesagentur für Arbeit und der gemeinsamen Einrichtungen nach SGB II von 2012 sieht eine regelmäßig Aufbewahrungsdauer von zehn Jahren nach Schließung der Akte bzw. des Vorgangs vor. Vor dem oben aufgezeigten Hintergrund ist das nicht zu beanstanden (vgl. insgesamt dazu Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2014, L 7 AS 347/14 B ER; Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. November 2013, L 7 AS 579/13 B ER). Die Kammer geht daher insgesamt davon aus, dass die Speicherung der Kontoauszüge der Klägerin in den Verwaltungsakten des Beklagten für die Dauer von zehn Jahren nicht zu beanstanden ist, so dass sie umgekehrt jedenfalls derzeit keinen Anspruch auf Löschung dieser Daten aus § 84 Abs. 2 SGB X hat. Danach hat der Beklagte auch das geltende Recht durch die Speicherung der Kontoauszüge nicht verletzt, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist."
Gegen diesen am 3. Dezember 2014 zugegangenen Gerichtsbescheid richtet sich die am 8. Dezember 2014 beim SG eingegangene Berufung. Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf die "gemeinsamen Hinweise der Landesbeauftragten für den Datenschutz der Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zur datenschutzgerechten Ausgestaltung der Anforderung von Kontoauszügen bei der Beantragung von Sozialleistungen" vom April 2009, wonach die für die Feststellung des Bedarfs des Hilfebedürftigen nicht relevanten, aus den Kontoauszügen aber ersichtlichen Kontobewegungen nicht gespeichert werden dürfen, es sei denn, sie sind zur Aufgabenerfüllung im Einzelfall erforderlich. Um Beweiszwecken des Leistungsträgers hinsichtlich des Inhalts der Kontoauszüge Rechnung tragen zu können, schlagen die Datenschutzbeauftragten vor, dass die Antragsteller bei der Vorlage der Kontoauszüge darauf hingewiesen werden sollten, dass sie verpflichtet sind, die vorgelegten Kontoauszüge aufzubewahren, um diese ggf. dem Leistungsträger für spätere Nachweiszwecke erneut vorlegen zu können; die Antragsteller sollten schriftlich bestätigen, dass sie auf diese Verpflichtung hingewiesen wurden.
Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 26. November 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2013 aufzuheben.
Dem Vorbringen des Beklagten entnimmt der Senat als Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten, die dem Senat bei der Beratung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 153 Abs. 1 Sozialgerichts-gesetz SGG – i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG).
Die vom SG zugelassene Berufung, an die der Senat gebunden ist (§ 144 Abs. 3 SGG), ist form- und fristgerecht eingelegt worden, aber unbegründet.
Der Gerichtsbescheid des SG vom 26. November 2014 sowie das Schreiben/der Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2013 sind rechtmäßig. Die Weigerung des Beklagten, Kontoauszüge der Klägerin aus den Verwaltungsakten zu entfernen, ist rechtens. Ein Anspruch der Klägerin auf Entfernung der Kontoauszüge besteht nicht.
Der Senat weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt. Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe der vom Berichterstatter bereits in Bezug genommenen Entscheidung des Senates vom 19. März 2015 (L 31 AS 2974/14, zitiert nach juris) Bezug genommen, in der der mit dem Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren identische Prozess-bevollmächtigte aufgetreten ist. Ausgeführt worden ist dort:
"Im Rahmen eines etwaigen Anspruchs auf Entfernung von Kontoauszügen tritt im Fall des Bevollmächtigten des Klägers die Besonderheit hinzu, dass er in unterschiedlichen Medien sowie auf seiner Internetpräsenz damit wirbt, grundsätzlich jeden Bescheid der Jobcenter anzufechten. Es ist gerichtsbekannt, dass der Bevollmächtigte diese Ankündigung konsequent in die Tat umsetzt und insbesondere auch durch die Erhebung von Untätigkeitsklagen gemäß § 80 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sein besonderes Augenmerk auf auch nur ganz geringfügige Fristüberschreitungen in der Bearbeitung von Verfahren durch die Verwaltung der Jobcenter unter Beweis stellt. Regelmäßig stößt der Bevollmächtigte bei jedem der von ihm vertretenen Leistungsbezieher eine Vielzahl von Widerspruchs-, Klage- und auch Berufungsverfahren an. Dass der Beklagte sich bei dieser Sachlage nicht der immer wieder relevant werdenden Grundlagen seiner Entscheidungsfindung – namentlich der Kontoauszüge – begeben kann, liegt für den Senat auf der Hand. Andernfalls wäre es dem Beklagten faktisch verwehrt, mit der durch den Bevollmächtigten des Klägers vorgegebenen Schlagzahl Schritt zu halten und den Ansprüchen an Genauigkeit und Schnelligkeit in der Entscheidung zu genügen, die der Bevollmächtigte des Klägers ihm abverlangt – freiwillig ohne die an die Jobcenter angelegten Maßstäbe auch (wie von ihm in anderen Verfahren selbst eingeräumt) zum Maßstab seiner eigenen anwaltlichen Sorgfaltspflichten zu machen.
Schließlich stellen die vom Kläger in Bezug genommenen Hinweise der Landesbeauftragten für den Datenschutz zur datenschutz-gerechten Ausgestaltung der Anforderung von Kontoauszügen bei der Beantragung von Sozialleistungen nicht justiziable Handlungsempfehlungen im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten im Land Brandenburg dar. Die fehlende Verbindlichkeit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Hinweise selbst (‚sollten die folgenden Hinweise für eine datenschutzgerechte Verfahrensweise bei der Anforderung von Kontoauszügen beachtet werden‘). Mit der fehlenden Verbindlichkeit korrespondiert die nicht bestehende rechtliche Handhabe zur Durchsetzung der Handlungsempfehlungen. Die Behörde, an die sich die Handlungsempfehlung richtet, muss die Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten auch befolgen. Der Senat sieht sich veranlasst darauf hinzuweisen, dass aus seiner Sicht die Empfehlungen der Datenschutzbeauftragten einer Überprüfung am Maßstab der Lebenswirklichkeit jedenfalls im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht standhalten können. Der Verbleib der Kontoauszüge in den Verwaltungsakten ist wegen ihrer Relevanz für Folgeverfahren jedenfalls in all denjenigen Fällen, in denen der Bevollmächtigte des Klägers in Erscheinung tritt, nicht nur hinzunehmen, sondern geradezu geboten."
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Gründe hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Entfernung ihrer Kontoauszüge aus der Verwaltungsakte des Beklagten.
Die Klägerin steht im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 beantragte sie beim Beklagten die "Entfernung sämtlicher Kontoauszüge aus ihrer Verwaltungsakte".
Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 ab: Nach § 67 c Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei das Speichern von Daten zulässig, wenn dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Jobcenters erforderlich sei und es für Zwecke erfolge, für die die Daten erhoben worden seien. Soweit Kontoauszüge eingereicht worden seien und Angaben enthielten, die die Höhe des Leistungsbezuges beeinflussten, insbesondere auch dann, wenn der Zufluss von Geldleistungen nachgewiesen werden müsse, seien die Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben. Sollten sich in der Akte Kontoauszüge befinden, für die diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, würden diese Kontoauszüge aus der Akte entfernt.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Auffassung vertreten wurde, dass die Speicherung von Kontoauszügen in der Verwaltungsakte grundsätzlich nicht erforderlich sei, um die dem Beklagten obliegenden Aufgaben zu erfüllen, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2013 zurück
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13. Dezember 2013 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 13. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht Cottbus (SG) erhoben.
Zur Begründung ist vorgetragen worden, dass sich der Beklagte für die Speicherung von Sozialdaten, also auch das Speichern von Kontoauszügen, nicht darauf berufen könne, dass es sich um Beweismittel handele, da nicht dargelegt worden sei, was mit den Kontoauszügen konkret bewiesen werden solle. Die vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Sozialdaten sei unzulässig. Sofern der Beklagte meine, die Kenntnis des Kontostandes der Betroffenen sei zur Feststellung der Hilfebedürftigkeit erforderlich, sei dem zwar grundsätzlich zuzustimmen; die Kenntnis des Kontostandes erfordere aber sicher keine Speicherung der Kontodaten bei der Beklagten. Unbestritten sei, dass die Hilfeempfänger verpflichtet seien, ungeschwärzte Kontoauszüge beim Beklagten zur Einsichtnahme vorzulegen. Dies berechtige aber nicht dazu, die Sozialdaten auf alle Ewigkeit hin zu speichern.
Durch Gerichtsbescheid des SG vom 26. November 2014 ist die Klage abgewiesen worden. Das SG hat trotz erheblicher Bedenken, ob es sich beim Schreiben des Beklagten vom 15. Oktober 2013 überhaupt um einen anfechtbaren Verwaltungsakt gehandelt habe, das Klagebegehren im Hinblick darauf, dass der Beklagte jedenfalls in dem Widerspruchsbescheid eine Sachentscheidung getroffen habe, in der Sache geprüft. Es hat dazu im Einzelnen ausgeführt:
"Ein Anspruch der Klägerin auf Löschung der vom Beklagten gespeicherten Daten durch das Abheften der Kontoauszüge der Klägerin findet seine Stütze in § 84 Abs. 2 SGB X. Danach sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Ferner sind sie auch dann zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden.
Das Abheften der von der Klägerin zur Verwaltungsakte eingereichten Kontoauszüge ist ein Speichern von Sozialdaten im Sinne des § 67 c Abs. 1 SGB X. Die auf diese Weise nicht nur erhobenen, sondern damit auch gespeicherten Sozialdaten sind nicht im Sinne des § 84 Abs. 2 SGB X unzulässig gespeichert worden. Denn die bloße Erhebung der Daten durch die Vorlage der Kontoauszüge im Rahmen einer Leistungsbewilligung reicht zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Beklagten nicht aus. Aus den vorzulegenden Kontoauszügen, die insoweit Urkundscharakter haben, sind die jeweiligen Geldzu- und –abflüsse belegt, die für die Frage der Hilfebedürftigkeit und auch für die Leistungsberechnung evident wichtig sind. Sie dienen damit der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Beklagten, der hilfebedürftigen Klägerin, die ihr zustehenden Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen. Hierzu reicht die bloße Vorlage der Kontoauszüge nicht aus. Dem jeweiligen Sachbearbeiter oder der Sachbearbeiterin muss die Möglichkeit gegeben sein, diese Unterlagen sorgfältig auszuwerten und zu überprüfen. Die bloße Erhebung der Daten durch das einmalige Vorlegen der Kontoauszüge im Rahmen einer (Fort )Bewilligung von SGB II-Leistungen ist daher nicht ausreichend, um Bedürftigkeit und die Höhe der der Klägerin zustehenden Leistungen sachgerecht zu beurteilen. Die Auszüge durften daher ohne weiteres zunächst durch Abheften in der Verwaltungsakte gespeichert werden, um sie bei nächster Gelegenheit sorgfältig überprüfen zu können, um daraus resultierend, die Ansprüche zu berechnen. Danach geht die Kammer insgesamt davon aus, dass die Speicherung der Daten durch das Abheften der Kontoauszüge in den Verwaltungsakten zulässigerweise erfolgt ist.
Danach kommt nur ein Anspruch auf Entfernung der Kontoauszüge aus § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X in Betracht. Danach sind die gespeicherten Daten zu löschen, wenn sie nicht mehr ‚erforderlich‘ sind ... Eine Datenspeicherung ist erforderlich, wenn der Leistungsträger die Kenntnis der Daten benötigt, um seine Aufgaben zu erfüllen. Zu berücksichtigen ist dabei u. a., dass die Verwaltung zur umfassenden zügigen Leistungsgewährung verpflichtet ist (§ 17 Abs. 1 SGB I), den Sachverhalt umfassend zu ermitteln hat (§ 20 SGB X) und, ... spätere Entwicklungen in Verwaltungs-entscheidungen umzusetzen hat. Das Gegenteil der Erforderlichkeit wäre eine Datenerhebung auf Vorrat für unvorhersehbare Verwaltungsaufgaben.
Die Prüfung der Leistungsvoraussetzungen und die längerfristige Notwendigkeit der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Verwaltungsentscheidung sind nach dem dargelegten Aufgaben-spektrum offenkundig notwendiger Teil der Verwaltungsaufgaben. Die Höhe des Erwerbseinkommens, die Aufgliederung der Lohnbestandteile und der Zuflusszeitpunkt bestimmen unmittelbar die Höhe des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II. Aus diesem Grund sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gemäß § 60 Abs. 1 SGB I grundsätzlich auch Kontoauszüge für mehrere Monate vorzulegen (BSG, Urteil vom 19. September 2008, B 14 AS 45/07 R, und Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 10/08 R).
Die längerfristige Speicherung der angeforderten Lohnunterlagen und Kontoauszüge ist für die Aufgabenerfüllung des Beklagten erforderlich. Die Befugnis ergibt sich hierbei aus § 67 c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB X. Eine Erbenhaftung nach § 35 SGB II erstreckt sich dabei auf zehn Jahre, wobei hierbei der Leistungsträger die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung nachweisen muss. Hinzu kommt auch die Korrektur von Bescheiden gemäß §§ 44 ff. SGB X; nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann dabei ein Zeitraum von zehn Jahren betroffen sein. Die Entscheidungs-grundlagen sind daher auch für diese möglichen Folgeverfahren aufzubewahren. Weil nicht von vornherein festgelegt werden kann, welche Entscheidungsgrundlagen für wie viele Jahre benötigt werden, treffen Aktenordnungen pauschalisierte Regelungen zur Aufbewahrungsfrist. Diese sind als verwaltungsinterne Richtlinien nicht geeignet, gesetzliche Vorgaben, wie die Grenzen des § 67 c SGB X zu beseitigen. Der Aktenplan SGB II der Bundesagentur für Arbeit und der gemeinsamen Einrichtungen nach SGB II von 2012 sieht eine regelmäßig Aufbewahrungsdauer von zehn Jahren nach Schließung der Akte bzw. des Vorgangs vor. Vor dem oben aufgezeigten Hintergrund ist das nicht zu beanstanden (vgl. insgesamt dazu Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2014, L 7 AS 347/14 B ER; Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. November 2013, L 7 AS 579/13 B ER). Die Kammer geht daher insgesamt davon aus, dass die Speicherung der Kontoauszüge der Klägerin in den Verwaltungsakten des Beklagten für die Dauer von zehn Jahren nicht zu beanstanden ist, so dass sie umgekehrt jedenfalls derzeit keinen Anspruch auf Löschung dieser Daten aus § 84 Abs. 2 SGB X hat. Danach hat der Beklagte auch das geltende Recht durch die Speicherung der Kontoauszüge nicht verletzt, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist."
Gegen diesen am 3. Dezember 2014 zugegangenen Gerichtsbescheid richtet sich die am 8. Dezember 2014 beim SG eingegangene Berufung. Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf die "gemeinsamen Hinweise der Landesbeauftragten für den Datenschutz der Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zur datenschutzgerechten Ausgestaltung der Anforderung von Kontoauszügen bei der Beantragung von Sozialleistungen" vom April 2009, wonach die für die Feststellung des Bedarfs des Hilfebedürftigen nicht relevanten, aus den Kontoauszügen aber ersichtlichen Kontobewegungen nicht gespeichert werden dürfen, es sei denn, sie sind zur Aufgabenerfüllung im Einzelfall erforderlich. Um Beweiszwecken des Leistungsträgers hinsichtlich des Inhalts der Kontoauszüge Rechnung tragen zu können, schlagen die Datenschutzbeauftragten vor, dass die Antragsteller bei der Vorlage der Kontoauszüge darauf hingewiesen werden sollten, dass sie verpflichtet sind, die vorgelegten Kontoauszüge aufzubewahren, um diese ggf. dem Leistungsträger für spätere Nachweiszwecke erneut vorlegen zu können; die Antragsteller sollten schriftlich bestätigen, dass sie auf diese Verpflichtung hingewiesen wurden.
Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 26. November 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2013 aufzuheben.
Dem Vorbringen des Beklagten entnimmt der Senat als Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten, die dem Senat bei der Beratung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 153 Abs. 1 Sozialgerichts-gesetz SGG – i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG).
Die vom SG zugelassene Berufung, an die der Senat gebunden ist (§ 144 Abs. 3 SGG), ist form- und fristgerecht eingelegt worden, aber unbegründet.
Der Gerichtsbescheid des SG vom 26. November 2014 sowie das Schreiben/der Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2013 sind rechtmäßig. Die Weigerung des Beklagten, Kontoauszüge der Klägerin aus den Verwaltungsakten zu entfernen, ist rechtens. Ein Anspruch der Klägerin auf Entfernung der Kontoauszüge besteht nicht.
Der Senat weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt. Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe der vom Berichterstatter bereits in Bezug genommenen Entscheidung des Senates vom 19. März 2015 (L 31 AS 2974/14, zitiert nach juris) Bezug genommen, in der der mit dem Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren identische Prozess-bevollmächtigte aufgetreten ist. Ausgeführt worden ist dort:
"Im Rahmen eines etwaigen Anspruchs auf Entfernung von Kontoauszügen tritt im Fall des Bevollmächtigten des Klägers die Besonderheit hinzu, dass er in unterschiedlichen Medien sowie auf seiner Internetpräsenz damit wirbt, grundsätzlich jeden Bescheid der Jobcenter anzufechten. Es ist gerichtsbekannt, dass der Bevollmächtigte diese Ankündigung konsequent in die Tat umsetzt und insbesondere auch durch die Erhebung von Untätigkeitsklagen gemäß § 80 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sein besonderes Augenmerk auf auch nur ganz geringfügige Fristüberschreitungen in der Bearbeitung von Verfahren durch die Verwaltung der Jobcenter unter Beweis stellt. Regelmäßig stößt der Bevollmächtigte bei jedem der von ihm vertretenen Leistungsbezieher eine Vielzahl von Widerspruchs-, Klage- und auch Berufungsverfahren an. Dass der Beklagte sich bei dieser Sachlage nicht der immer wieder relevant werdenden Grundlagen seiner Entscheidungsfindung – namentlich der Kontoauszüge – begeben kann, liegt für den Senat auf der Hand. Andernfalls wäre es dem Beklagten faktisch verwehrt, mit der durch den Bevollmächtigten des Klägers vorgegebenen Schlagzahl Schritt zu halten und den Ansprüchen an Genauigkeit und Schnelligkeit in der Entscheidung zu genügen, die der Bevollmächtigte des Klägers ihm abverlangt – freiwillig ohne die an die Jobcenter angelegten Maßstäbe auch (wie von ihm in anderen Verfahren selbst eingeräumt) zum Maßstab seiner eigenen anwaltlichen Sorgfaltspflichten zu machen.
Schließlich stellen die vom Kläger in Bezug genommenen Hinweise der Landesbeauftragten für den Datenschutz zur datenschutz-gerechten Ausgestaltung der Anforderung von Kontoauszügen bei der Beantragung von Sozialleistungen nicht justiziable Handlungsempfehlungen im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten im Land Brandenburg dar. Die fehlende Verbindlichkeit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Hinweise selbst (‚sollten die folgenden Hinweise für eine datenschutzgerechte Verfahrensweise bei der Anforderung von Kontoauszügen beachtet werden‘). Mit der fehlenden Verbindlichkeit korrespondiert die nicht bestehende rechtliche Handhabe zur Durchsetzung der Handlungsempfehlungen. Die Behörde, an die sich die Handlungsempfehlung richtet, muss die Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten auch befolgen. Der Senat sieht sich veranlasst darauf hinzuweisen, dass aus seiner Sicht die Empfehlungen der Datenschutzbeauftragten einer Überprüfung am Maßstab der Lebenswirklichkeit jedenfalls im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht standhalten können. Der Verbleib der Kontoauszüge in den Verwaltungsakten ist wegen ihrer Relevanz für Folgeverfahren jedenfalls in all denjenigen Fällen, in denen der Bevollmächtigte des Klägers in Erscheinung tritt, nicht nur hinzunehmen, sondern geradezu geboten."
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Gründe hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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