Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AS 1197/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen Erstattungsbescheid bezüglich Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für Juli 2012.
Der 1992 geborene Kläger erhielt in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter und zwei Geschwistern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten. Mit Bescheid vom 25.06.2012 erfolgte eine vorläufige Bewilligung für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.12.2012 für den Kläger, seine Mutter und einen Bruder. Eine Schwester des Klägers erhielt aufgrund von bedarfsdeckendem Einkommen keine SGB II-Leistungen bewilligt. Die vorläufig bewilligten Leistungen betrugen insgesamt 677,86 EUR monatlich, hiervon entfielen auf den Kläger 48,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Gegen die Bewilligungsentscheidung erhoben der Kläger, seine beiden Geschwister und die Mutter Widerspruch mit Schreiben vom 03.07.2012.
Mit Änderungsbescheid vom 17.08.2012 änderte der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 25.06.2012 ab und gewährte nunmehr für Juli 2012 insgesamt 893,68 EUR, hiervon entfielen 145,00 EUR als Regelbedarf und 119,68 EUR als Kosten der Unterkunft und Heizung auf den Kläger. Die Bewilligung erfolgte weiterhin im Rahmen einer vorläufigen Bewilligung.
Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens erfolgten Änderungsbescheide am 23.10.2012 für Oktober 2012 und am 01.10.2012 und 20.02.2013 jeweils für November und Dezember 2012.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 28.03.2013 wurden die Bescheide vom 25.06., 17.08., 01.10., 23.10.2010 und 20.02.2013 teilweise aufgehoben. Für Juli 2012 erfolgte nunmehr eine Bewilligung von 878,75 EUR insgesamt. Hiervon entfielen auf den Kläger 130,75 EUR Regelbedarf und 119,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Bewilligung enthielt keinen Vermerk über die Vorläufigkeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2013 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.06.2012 als unbegründet zurück. Hiergegen erhoben der Kläger, seine Mutter und zwei Geschwister Klage (S 7 AS 805/13). Die Klage endete am 14.07.2014 durch eine vergleichsweise Regelung in mehreren Verfahren. In dem Verfahren S 7 AS 805/13 blieb dabei die Höhe der Leistungsgewährung unverändert.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.04.2015 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für Juli 2012 einen Betrag von 14,25 EUR Regelbedarf zur Erstattung nach endgültiger Festsetzung fest.
Hiergegen erhob der Kläger am 18.05.2015 Widerspruch. Diesen begründete er mit einer Verjährung bzw. einer Verwirkung des Erstattungsanspruches nach mehr als 2 Jahren nach der endgültigen Festsetzung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2015, zugegangen am 13.07.2015, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Leistung für Juli 2012 sei durch den Bescheid vom 25.06.2012 in Fassung des Änderungsbescheides vom 17.08.2012 vorläufig bewilligt worden. Mit Bescheid vom 28.03.2013 sei die endgültige Festsetzung erfolgt, daher seien die vorläufig bewilligten Leistungen, soweit sie die endgültig bewilligten Leistungen übersteigen, zu erstatten. Der geforderte Betrag von 14,25 EUR sei geringer als die tatsächlich zu viel erhaltenen Leistungen. Einen Vertrauensschutz genieße der Kläger im Hinblick auf die vorläufige Bewilligung nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2015 Klage erhoben und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 18.08.2016 hat das Gericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.
Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für rechtswidrig und wiederholt hierzu seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Eine analoge Anwendung der Jahresfrist habe das SG Neubrandenburg (S 14 AS 969/15) im Urteil vom 12.11.2015 auch angenommen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid vom 21.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Regelung aus § 328 SGB III sei vorrangig zu berücksichtigen. Für eine Analogie fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke.
Die Beteiligten haben schriftsätzlich übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (2 Band) sowie die zum Verfahren S 18 AS 1440/14 beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (3 Band).
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 21.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinn von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheides vom 21.05.2015 ist allein eine Erstattungsforderung von 14,25 EUR. Weitere Regelungen trifft der Bescheid nicht. Insbesondere erfolgte durch ihn keine endgültige Festsetzung (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III) des Leistungsanspruches für Juli 2012. Die endgültige Festsetzung erfolgte bereits mit Bescheid vom 28.03.2013. Dieser Bescheid war nach § 86 SGG Gegenstand des Klageverfahrens S 7 AS 805/13, da gegen den ursprünglichen vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 25.06.2012 Widerspruch erhoben wurde und sämtliche diesen Bescheid abändernden Verwaltungsakte während des Widerspruchsverfahrens Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sind (§ 86 SGG). Entsprechend war auch die endgültige Festsetzung des Leistungsanspruches für Juli 2012 Gegenstand des Klageverfahrens S 7 AS 805/13. Nach dessen Erledigung am 14.07.2014 ohne Änderung der Höhe der für Juli 2012 zuletzt gewährten Leistung für den Kläger ist der Bescheid vom 28.03.2013 bestandskräftig gem. § 77 SGG geworden und damit zwischen den Beteiligten bindend.
Die Erstattungsforderung nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III ist rechtmäßig. Voraussetzung für eine Erstattungsforderung nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III ist, dass mit einer abschließenden Entscheidung Leistungen in geringerer Höhe bewilligt werden als zuvor aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbracht wurden. Vorliegend erfolgte mit bestandskräftigem Bescheid vom 25.06.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.08.2012 eine vorläufige Bewilligung für den Kläger für Juli 2012 vom 145,00 EUR Regelbedarf und 119,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Bewilligung erfolgte wirksam vorläufig gem. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III. Denn der Bescheid vom 25.06.2012 und der Änderungsbescheid vom 17.08.2012 waren hinsichtlich der Bewilligung der Leistungen eindeutig als vorläufige Leistungsgewährung gekennzeichnet.
Mit dem ebenfalls bestandskräftigen Bescheid vom 28.03.2016 erfolgte dann eine endgültige Festsetzung des Leistungsanspruches für Juli 2012 für den Kläger von 130,75 EUR Regelbedarf und 119,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung.
Die weitere Voraussetzung des Erstattungsanspruches liegt auch vor. Denn nach der endgültigen Bewilligung stehen dem Kläger geringere Leistungen zu als ihm zunächst vorläufig bewilligt wurden. Vorläufig erhielt der Kläger 145,00 EUR Regelbedarf sowie 119,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung, endgültig erfolgte eine Bewilligung von lediglich 130,75 EUR Regelbedarf und gleichbleibend 119,68 EUR Kosten der Unterkunft. Hieraus ergibt sich ein rechnerischer Erstattungsbetrag von 14,25 EUR für den Regelbedarf. In dieser Höhe wurde durch den angefochtenen Erstattungsbescheid auch eine Erstattung festgesetzt. Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid noch davon ausgeht, dass vom Kläger weniger zur Erstattung gefordert wird als nach der endgültigen Festsetzung möglich wäre ergibt sich dies aus den vorliegenden Bescheiden nicht.
Ermessen war hinsichtlich der Erstattungsforderung nicht auszuüben (vgl. BSG SozR 3-4100 § 147 Nr. 1).
Eine Frist für die Geltendmachung der Erstattungsforderung nach einer endgültigen Festsetzung gibt das Gesetz in § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht vor. Für eine analoge Anwendung der Jahresfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bzw. § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X liegen die Voraussetzungen offenkundig nicht vor (so auch Aubel in: jurisPK-SGB II, 4. A. 2015, § 40, Rn. 73.2). Soweit das SG Neubrandenburg in einer einzelnen Entscheidung (Urteil vom 12. November 2015, S 14 AS 969/15) zu einem anderen Ergebnis gelangt, kann dies aus Rechtsgründen nicht überzeugen. Es fehlt vorliegend bereits an einer vergleichbaren Interessenlage für eine Analogie. Denn die Jahresfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X gilt lediglich für die Rücknahmeentscheidung bzw. über den Verweis aus § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X für eine Aufhebungsentscheidung. Vorliegend ist jedoch nicht die endgültige Festsetzung, welche insofern das Äquivalent bei einer vorläufigen Bewilligung zur Rücknahme- bzw. Aufhebungsentscheidung bei einer endgültigen Bewilligung ist angefochten, sondern lediglich die Erstattungsforderung nach endgültiger Festsetzung. Diese ist das Äquivalent zur Festsetzung der Erstattung nach § 50 Abs. 1 SGB X. Eine Frist für die Geltendmachung der Erstattungsforderung kennt § 50 Abs. 1 SGB X nicht. Erst nach der Unanfechtbarkeit einer Erstattungsforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X ist eine Verjährung gem. § 50 Abs. 4 SGB X innerhalb von 4 Jahren möglich (vgl. von Wulffen, SGB X, 7. A. 2010, § 50 Rn. 31).
Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Erstattungsanspruches sind nicht gegeben. Die Annahme der Verwirkung erfordert folgendes: Ein längerer Zeitablauf und weitere Umstände, die nach den jeweiligen Besonderheiten des einzelnen Falles und des zuständigen Rechtsgebietes zu beurteilen sind, müssen das (verspätete) Geltendmachen des Rechtes nach Treu und Glauben gegenüber dem Verpflichteten als illoyal, d.h. als pflicht- und gesetzeswidrig, erscheinen lassen; außerdem muss der Schuldner auf ein gleichbleibendes Verhalten des Gläubigers vertraut und daraus geschlossen haben dürfen sowie auch tatsächlich vertraut und angenommen haben, der andere werde sein Recht nicht mehr gegen ihn ausüben, und er muss sich darauf eingerichtet und entsprechende Maßnahmen getroffen haben; schließlich muss er durch das Geltendmachen des Rechtes einen zusätzlichen Nachteil erleiden (so BSG, Urteil vom 25.01.1972, 9 RV 238/71). Vorliegend ist bereits ein längerer Zeitablauf fraglich, zwar lag zwischen dem endgültigen Festsetzungsbescheid und dem Erstattungsbescheid ein Zeitraum von 2 Jahren und 3 Wochen. Jedoch war bis zum Abschluss des Klageverfahrens S 7 AS 805/13 nicht abschließend geklärt, ob nicht noch ein höherer Leistungsanspruch für Juli 2012 besteht. Nach Abschluss des Klageverfahrens am 14.07.2014 verging bis zum Erstattungsbescheid ein Zeitraum von 9 Monaten und 1 Woche. Innerhalb eines Zeitraumes von weniger als einem Jahr ist eine Verwirkung in der Regel ausgeschlossen, da der Zeitraum kürzer ist, als der der Jahresfrist für eine Rücknahme bzw. Aufhebung nach den §§ 45 bzw. 48 SGB X. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger aufgrund eines Verhaltens des Beklagten hat darauf schließen können, dass dieser eine Erstattungsforderung nicht geltend machen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen Erstattungsbescheid bezüglich Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für Juli 2012.
Der 1992 geborene Kläger erhielt in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter und zwei Geschwistern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten. Mit Bescheid vom 25.06.2012 erfolgte eine vorläufige Bewilligung für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.12.2012 für den Kläger, seine Mutter und einen Bruder. Eine Schwester des Klägers erhielt aufgrund von bedarfsdeckendem Einkommen keine SGB II-Leistungen bewilligt. Die vorläufig bewilligten Leistungen betrugen insgesamt 677,86 EUR monatlich, hiervon entfielen auf den Kläger 48,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Gegen die Bewilligungsentscheidung erhoben der Kläger, seine beiden Geschwister und die Mutter Widerspruch mit Schreiben vom 03.07.2012.
Mit Änderungsbescheid vom 17.08.2012 änderte der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 25.06.2012 ab und gewährte nunmehr für Juli 2012 insgesamt 893,68 EUR, hiervon entfielen 145,00 EUR als Regelbedarf und 119,68 EUR als Kosten der Unterkunft und Heizung auf den Kläger. Die Bewilligung erfolgte weiterhin im Rahmen einer vorläufigen Bewilligung.
Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens erfolgten Änderungsbescheide am 23.10.2012 für Oktober 2012 und am 01.10.2012 und 20.02.2013 jeweils für November und Dezember 2012.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 28.03.2013 wurden die Bescheide vom 25.06., 17.08., 01.10., 23.10.2010 und 20.02.2013 teilweise aufgehoben. Für Juli 2012 erfolgte nunmehr eine Bewilligung von 878,75 EUR insgesamt. Hiervon entfielen auf den Kläger 130,75 EUR Regelbedarf und 119,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Bewilligung enthielt keinen Vermerk über die Vorläufigkeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2013 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.06.2012 als unbegründet zurück. Hiergegen erhoben der Kläger, seine Mutter und zwei Geschwister Klage (S 7 AS 805/13). Die Klage endete am 14.07.2014 durch eine vergleichsweise Regelung in mehreren Verfahren. In dem Verfahren S 7 AS 805/13 blieb dabei die Höhe der Leistungsgewährung unverändert.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.04.2015 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für Juli 2012 einen Betrag von 14,25 EUR Regelbedarf zur Erstattung nach endgültiger Festsetzung fest.
Hiergegen erhob der Kläger am 18.05.2015 Widerspruch. Diesen begründete er mit einer Verjährung bzw. einer Verwirkung des Erstattungsanspruches nach mehr als 2 Jahren nach der endgültigen Festsetzung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2015, zugegangen am 13.07.2015, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Leistung für Juli 2012 sei durch den Bescheid vom 25.06.2012 in Fassung des Änderungsbescheides vom 17.08.2012 vorläufig bewilligt worden. Mit Bescheid vom 28.03.2013 sei die endgültige Festsetzung erfolgt, daher seien die vorläufig bewilligten Leistungen, soweit sie die endgültig bewilligten Leistungen übersteigen, zu erstatten. Der geforderte Betrag von 14,25 EUR sei geringer als die tatsächlich zu viel erhaltenen Leistungen. Einen Vertrauensschutz genieße der Kläger im Hinblick auf die vorläufige Bewilligung nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2015 Klage erhoben und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 18.08.2016 hat das Gericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.
Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für rechtswidrig und wiederholt hierzu seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Eine analoge Anwendung der Jahresfrist habe das SG Neubrandenburg (S 14 AS 969/15) im Urteil vom 12.11.2015 auch angenommen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid vom 21.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Regelung aus § 328 SGB III sei vorrangig zu berücksichtigen. Für eine Analogie fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke.
Die Beteiligten haben schriftsätzlich übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (2 Band) sowie die zum Verfahren S 18 AS 1440/14 beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (3 Band).
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 21.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinn von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheides vom 21.05.2015 ist allein eine Erstattungsforderung von 14,25 EUR. Weitere Regelungen trifft der Bescheid nicht. Insbesondere erfolgte durch ihn keine endgültige Festsetzung (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III) des Leistungsanspruches für Juli 2012. Die endgültige Festsetzung erfolgte bereits mit Bescheid vom 28.03.2013. Dieser Bescheid war nach § 86 SGG Gegenstand des Klageverfahrens S 7 AS 805/13, da gegen den ursprünglichen vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 25.06.2012 Widerspruch erhoben wurde und sämtliche diesen Bescheid abändernden Verwaltungsakte während des Widerspruchsverfahrens Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sind (§ 86 SGG). Entsprechend war auch die endgültige Festsetzung des Leistungsanspruches für Juli 2012 Gegenstand des Klageverfahrens S 7 AS 805/13. Nach dessen Erledigung am 14.07.2014 ohne Änderung der Höhe der für Juli 2012 zuletzt gewährten Leistung für den Kläger ist der Bescheid vom 28.03.2013 bestandskräftig gem. § 77 SGG geworden und damit zwischen den Beteiligten bindend.
Die Erstattungsforderung nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III ist rechtmäßig. Voraussetzung für eine Erstattungsforderung nach § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III ist, dass mit einer abschließenden Entscheidung Leistungen in geringerer Höhe bewilligt werden als zuvor aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbracht wurden. Vorliegend erfolgte mit bestandskräftigem Bescheid vom 25.06.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.08.2012 eine vorläufige Bewilligung für den Kläger für Juli 2012 vom 145,00 EUR Regelbedarf und 119,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Bewilligung erfolgte wirksam vorläufig gem. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III. Denn der Bescheid vom 25.06.2012 und der Änderungsbescheid vom 17.08.2012 waren hinsichtlich der Bewilligung der Leistungen eindeutig als vorläufige Leistungsgewährung gekennzeichnet.
Mit dem ebenfalls bestandskräftigen Bescheid vom 28.03.2016 erfolgte dann eine endgültige Festsetzung des Leistungsanspruches für Juli 2012 für den Kläger von 130,75 EUR Regelbedarf und 119,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung.
Die weitere Voraussetzung des Erstattungsanspruches liegt auch vor. Denn nach der endgültigen Bewilligung stehen dem Kläger geringere Leistungen zu als ihm zunächst vorläufig bewilligt wurden. Vorläufig erhielt der Kläger 145,00 EUR Regelbedarf sowie 119,68 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung, endgültig erfolgte eine Bewilligung von lediglich 130,75 EUR Regelbedarf und gleichbleibend 119,68 EUR Kosten der Unterkunft. Hieraus ergibt sich ein rechnerischer Erstattungsbetrag von 14,25 EUR für den Regelbedarf. In dieser Höhe wurde durch den angefochtenen Erstattungsbescheid auch eine Erstattung festgesetzt. Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid noch davon ausgeht, dass vom Kläger weniger zur Erstattung gefordert wird als nach der endgültigen Festsetzung möglich wäre ergibt sich dies aus den vorliegenden Bescheiden nicht.
Ermessen war hinsichtlich der Erstattungsforderung nicht auszuüben (vgl. BSG SozR 3-4100 § 147 Nr. 1).
Eine Frist für die Geltendmachung der Erstattungsforderung nach einer endgültigen Festsetzung gibt das Gesetz in § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht vor. Für eine analoge Anwendung der Jahresfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bzw. § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X liegen die Voraussetzungen offenkundig nicht vor (so auch Aubel in: jurisPK-SGB II, 4. A. 2015, § 40, Rn. 73.2). Soweit das SG Neubrandenburg in einer einzelnen Entscheidung (Urteil vom 12. November 2015, S 14 AS 969/15) zu einem anderen Ergebnis gelangt, kann dies aus Rechtsgründen nicht überzeugen. Es fehlt vorliegend bereits an einer vergleichbaren Interessenlage für eine Analogie. Denn die Jahresfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X gilt lediglich für die Rücknahmeentscheidung bzw. über den Verweis aus § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X für eine Aufhebungsentscheidung. Vorliegend ist jedoch nicht die endgültige Festsetzung, welche insofern das Äquivalent bei einer vorläufigen Bewilligung zur Rücknahme- bzw. Aufhebungsentscheidung bei einer endgültigen Bewilligung ist angefochten, sondern lediglich die Erstattungsforderung nach endgültiger Festsetzung. Diese ist das Äquivalent zur Festsetzung der Erstattung nach § 50 Abs. 1 SGB X. Eine Frist für die Geltendmachung der Erstattungsforderung kennt § 50 Abs. 1 SGB X nicht. Erst nach der Unanfechtbarkeit einer Erstattungsforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X ist eine Verjährung gem. § 50 Abs. 4 SGB X innerhalb von 4 Jahren möglich (vgl. von Wulffen, SGB X, 7. A. 2010, § 50 Rn. 31).
Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Erstattungsanspruches sind nicht gegeben. Die Annahme der Verwirkung erfordert folgendes: Ein längerer Zeitablauf und weitere Umstände, die nach den jeweiligen Besonderheiten des einzelnen Falles und des zuständigen Rechtsgebietes zu beurteilen sind, müssen das (verspätete) Geltendmachen des Rechtes nach Treu und Glauben gegenüber dem Verpflichteten als illoyal, d.h. als pflicht- und gesetzeswidrig, erscheinen lassen; außerdem muss der Schuldner auf ein gleichbleibendes Verhalten des Gläubigers vertraut und daraus geschlossen haben dürfen sowie auch tatsächlich vertraut und angenommen haben, der andere werde sein Recht nicht mehr gegen ihn ausüben, und er muss sich darauf eingerichtet und entsprechende Maßnahmen getroffen haben; schließlich muss er durch das Geltendmachen des Rechtes einen zusätzlichen Nachteil erleiden (so BSG, Urteil vom 25.01.1972, 9 RV 238/71). Vorliegend ist bereits ein längerer Zeitablauf fraglich, zwar lag zwischen dem endgültigen Festsetzungsbescheid und dem Erstattungsbescheid ein Zeitraum von 2 Jahren und 3 Wochen. Jedoch war bis zum Abschluss des Klageverfahrens S 7 AS 805/13 nicht abschließend geklärt, ob nicht noch ein höherer Leistungsanspruch für Juli 2012 besteht. Nach Abschluss des Klageverfahrens am 14.07.2014 verging bis zum Erstattungsbescheid ein Zeitraum von 9 Monaten und 1 Woche. Innerhalb eines Zeitraumes von weniger als einem Jahr ist eine Verwirkung in der Regel ausgeschlossen, da der Zeitraum kürzer ist, als der der Jahresfrist für eine Rücknahme bzw. Aufhebung nach den §§ 45 bzw. 48 SGB X. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger aufgrund eines Verhaltens des Beklagten hat darauf schließen können, dass dieser eine Erstattungsforderung nicht geltend machen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
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