Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 190 AS 5870/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1812/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerinnen gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. August 2013.
Die 1969 geborene, selbständig im Bereich Grafik und Webdesign tätige Klägerin zu 1) und ihre 2008 geborene Tochter, die Klägerin zu 2), lebten im Streitzeitraum in einem gemeinsamen Haushalt, wobei sich die Klägerin zu 2) seit 1. Juni 2013 jeweils den halben Monat bei ihrem Vater aufhielt. Die Bruttowarmmiete der von den Klägerinnen bewohnten Unterkunft belief sich in dem in Rede stehenden Zeitraum auf mtl 1.055,23 EUR, wobei die Klägerin zu 1) 21 m² der Wohnung für ihre selbständige Tätigkeit nutzte. Sie hatte im Dezember 2012 vom zuständigen Finanzamt einen Stundungsbescheid erhalten, wonach sie im Jahr 2010 und 2012 fällige und rückständige Umsatz- und Einkommensteuer iHv insgesamt 3.235,10 EUR in der Zeit vom 5. Januar 2013 bis 29. Juni 2013 in unterschiedlich hohen Raten zurück zahlen sollte; auf den Stundungs- und Zinsbescheid des Finanzamts Tempelhof vom 21. Dezember 2012 wird Bezug genommen.
Der Beklagte gewährte den Klägerinnen mit Bescheiden vom 22. Mai 2013 und 27. Juni 2013 vorläufig SGB II-Leistungen, wobei er Einkommen der Klägerin zu 1) aus selbständiger Tätigkeit iHv mtl 6,46 EUR und Einkommen der Klägerin zu 2) aus Kindergeld (184,- EUR mtl) und Unterhalt iHv mtl 30,- EUR berücksichtigte (Regelleistung der Klägerin zu 1. zzgl Mehrbedarf wegen Alleinerziehung = mtl 515,25 EUR; Regelleistung der Klägerin zu 2. = mtl 7,81 EUR; volle Leistungen für Unterkunft und Heizung = mtl jeweils 527,61 EUR bzw 527,62 EUR). Mit dem Bescheid vom 27. Juni 2013 bewilligte der Beklagte für August 2013 wegen der nunmehr gemeinsamen Erziehung der Klägerin zu 1) noch eine Regelleistung iHv 377,70 EUR und die anteiligen hälftigen KdU sowie der Klägerin zu 2) nach Einkommensanrechnung auf der Grundlage des halben Regelsatzes noch anteilige KdU-Leistungen iHv 453,46 EUR.
Nach Vorlage der abschließenden Angaben der Klägerin zu 1) zu ihrem Einkommen im Streitzeitraum, wonach sie ua als Betriebsausgaben Bewirtungskosten iHv insgesamt 121,56 EUR, an das Finanzamt gezahlte Umsatzsteuer inkl. Schuldentilgung iHv 2.860,85 EUR und an das Finanzamt gezahlte Einkommensteuer inkl. Schuldentilgung iHv 2.397,16 EUR sowie Raumkosten iHv 176,36 EUR geltend machte, erteilte der Beklagte den endgültigen Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. August 2013 vom 12. November 2013 (Leistungshöhe insgesamt für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. Mai 2013 = mtl 1.355,97 EUR, für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2013 = mtl 1.136,45 EUR). Dabei rechnete der Beklagte nunmehr Einkommen der Klägerin zu 1) aus selbständiger Tätigkeit iHv – bereinigt - mtl 225,63 EUR und der Klägerin zu 2) in der bisherigen Höhe an. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag fordert der Beklagte von der Klägerin zu 1) die Erstattung eines Betrages von 1.160,19 EUR und von der Klägerin zu 2) von 612,77 EUR.
Mit ihrem Widerspruch begehren die Klägerinnen die volle Anrechnung ihrer im Streitzeitraum getilgten Steuerschulden. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2014). Das Sozialgericht (SG) Berlin hat auf die auf höhere SGB II-Leistungen und teilweise Aufhebung des Erstattungsbescheides gerichtete Klage den Beklagten unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 12. November 2013 verurteilt, den Klägerinnen höhere SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung der Bewirtungskosten als weitere Betriebsausgaben zu gewähren, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2016). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei teilweise begründet. Die Klägerin zu 1) habe in dem in Rede stehenden Zeitraum Betriebseinnahmen iHv insgesamt 8.123,67 EUR aus selbständiger Tätigkeit gehabt. Die geltend gemachten Bewirtungskosten iHv 121,56 EUR seien als weitere Betriebsausgaben zu berücksichtigen, so dass sich für das für sechs Monate zu bildende Durchschnittseinkommen aus selbständiger Tätigkeit nach § 3 Abs. 4 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) ein entsprechend niedrigerer Betrag errechne. Die Erstattungssumme sei entsprechend zu reduzieren. Die getilgten Einkommen- und Umsatzsteuerschulden könnten indes nicht als Betriebsausgaben abgesetzt werden, weil die Einkommensteuer nur in den Monaten zu berücksichtigen sei, in denen sie zu entrichten gewesen wäre. Bei der Umsatzsteuer handele es sich um eine Verkehrssteuer, die nicht von den versteuerbaren Einkünften zu entrichten sei.
Mit der Berufung verfolgen die Klägerinnen ihr Begehren weiter. Auf die Berufungsbegründung wird Bezug genommen.
Sie beantragen nach ihrem Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2016 zu ändern und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 12. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2014 zu verurteilen, ihnen für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. August 2013 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der getilgten Einkommensteuerschulden als weitere Betriebsausgaben zu gewähren und die Erstattungsbescheide entsprechend teilweise aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerinnen ist nicht begründet.
Den Klägerinnen steht gegenüber dem Beklagten dem Grunde nach (vgl zur Zulässigkeit eines Grundurteils auch im Höhenstreit Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 18. Mai 2010 – B 7 AL 49/08 R = SozR 4-4300 § 122 Nr 8 mwN) kein Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung der im Streitzeitraum (1. März 2013 bis 31. August 2013) geleisteten Zahlungen auf Einkommensteuerschulden der Klägerin zu 1) als weitere von den Betriebseinnahmen abzusetzende Betriebsausgaben zu. Eine weitere Teilaufhebung des Erstattungsbescheides vom 12. November 2013 – über die vom SG bereits rechtskräftig verlautbarte hinaus – hat daher nicht zu erfolgen.
Grundsicherungsleistungen erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (idF der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 [BGBl I 2014]) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben – hier die Klägerin zu 2) mit der Klägerin zu 1) in der Zeit vom 1. März 2013 bis 31. Mai 2013 in vollem Umfang und in der Zeit vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2013 jeweils den halben Monat (sog temporäre Bedarfsgemeinschaft), erhalten Sozialgeld (vgl § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Nach § 9 Abs. 1 SGB II in der seit 1. April 2011 geltenden Fassung ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind die von der Klägerin aus ihrer als Einzelfirma geführten selbständigen Tätigkeit erzielten Einnahmen zu berücksichtigendes Einkommen abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten – hier nicht einschlägigen - Einnahmen. Es handelt sich hierbei um Einkommen aus selbständiger Arbeit, so dass zur Berechnung der Einkünfte § 3 Alg II-V Anwendung findet.
Entsprechend ihrer Angaben im Verwaltungsverfahren (Abschl. EKS) hatte die Klägerin zu 1) Betriebseinnahmen iHv insgesamt 8.123,67 EUR. Vor Bildung eines Durchschnittseinkommens für sechs Monate (vgl 3 Abs. 4 Alg II-V) sind nach § 3 Abs. 2 Alg II-V die notwendigen Betriebsausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II absetzbaren Beträge abzusetzen. Die Beiträge, die sich aus § 11b SGB II ergeben, werden (im Grundsatz) dagegen erst in einem abschließenden Schritt von dem nach § 3 Abs. 4 Alg II-V monatsweise verteilten Durchschnittseinkommen abgezogen (vgl zur Berechnung BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R – juris).
Betriebsausgaben sind – steuerrechtlich betrachtet – Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG). Als solche kommen die von der Klägerin zu 1) geltend gemachten Tilgungszahlungen auf ihre Einkommensteuerschulden aus früheren Jahren (vgl § 225 Abs. 3 Abgabenordnung – AO -) – die Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben machen die Klägerinnen mit ihrer Berufung nicht geltend – nicht in Betracht. Zu entrichtende Einkommensteuer kann nur in den Monaten abgesetzt werden, in denen sie fällig und daher zu entrichten war (vgl hierzu BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R – juris - Rn 29 f). Im Zeitpunkt der Erzielung des Einkommens offene Schulden sind hingegen nicht vom Einkommen abzusetzen (vgl BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – juris). Die Klägerinnen verkennen mit ihrer Argumentation bereits, dass die Einkommensteuer – wie im Übrigen auch die Umsatzsteuerschulden – anders als bei einer erstmals im Bewilligungszeitraum festgesetzten Steuernachzahlung (vgl hierzu SG Chemnitz, Urteil vom 25. Mai 2016 – S 35 AS 3984/14 – juris) – nicht im vorliegend streitbefangenen Bewilligungszeitraum fällig wurden, sondern bereits in den Jahren 2012 bzw 2010; die Stundung iSv 222 AO ändert nichts daran, dass die Steuern mit der Festsetzung fällig geworden sind (vgl § 220 AO; vgl auch § 222 AO "bei Fälligkeit"). Abgesehen davon, dass § 3 Alg II-VO in Verbindung mit § 11b SGB II abschließend regelt, welche Positionen vom Einkommen in Abzug zu bringen sind, bevor es der Aufteilung unterfällt, ist Einkommen zuvörderst zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge folgt, dass diese erst dann eingreifen soll, wenn die Hilfebedürftigen ihnen zur Verfügung stehende Mittel verbraucht haben (vgl BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 4 AS 27/07 R - juris).
Von dem Gesamteinkommen der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit – nach zusätzlicher Absetzung der Bewirtungskosten - iHv mtl 365,72 EUR sind die in § 11b SGB II genannten Beträge abzusetzen (Riester-Vertrag – 50,- EUR -, kapitalbildende Lebensversicherung – 23,15 EUR, Versicherungspauschale – 30,- EUR - Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 3 – 53,14 EUR -). Es ergibt sich danach ein anrechenbares Einkommen der Klägerin zu 1) iHv mtl 209,43 EUR. Entsprechend ist der Beklagte dem Grunde nach vom SG zur Gewährung höherer Leistungen verurteilt worden. Eine weitere Teilaufhebung des Erstattungsbescheides vom 12. November 2013 über den vom SG verlautbarten Umfang hinaus, dh iHv insgesamt 121,56 EUR, kommt somit ebenfalls nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. August 2013.
Die 1969 geborene, selbständig im Bereich Grafik und Webdesign tätige Klägerin zu 1) und ihre 2008 geborene Tochter, die Klägerin zu 2), lebten im Streitzeitraum in einem gemeinsamen Haushalt, wobei sich die Klägerin zu 2) seit 1. Juni 2013 jeweils den halben Monat bei ihrem Vater aufhielt. Die Bruttowarmmiete der von den Klägerinnen bewohnten Unterkunft belief sich in dem in Rede stehenden Zeitraum auf mtl 1.055,23 EUR, wobei die Klägerin zu 1) 21 m² der Wohnung für ihre selbständige Tätigkeit nutzte. Sie hatte im Dezember 2012 vom zuständigen Finanzamt einen Stundungsbescheid erhalten, wonach sie im Jahr 2010 und 2012 fällige und rückständige Umsatz- und Einkommensteuer iHv insgesamt 3.235,10 EUR in der Zeit vom 5. Januar 2013 bis 29. Juni 2013 in unterschiedlich hohen Raten zurück zahlen sollte; auf den Stundungs- und Zinsbescheid des Finanzamts Tempelhof vom 21. Dezember 2012 wird Bezug genommen.
Der Beklagte gewährte den Klägerinnen mit Bescheiden vom 22. Mai 2013 und 27. Juni 2013 vorläufig SGB II-Leistungen, wobei er Einkommen der Klägerin zu 1) aus selbständiger Tätigkeit iHv mtl 6,46 EUR und Einkommen der Klägerin zu 2) aus Kindergeld (184,- EUR mtl) und Unterhalt iHv mtl 30,- EUR berücksichtigte (Regelleistung der Klägerin zu 1. zzgl Mehrbedarf wegen Alleinerziehung = mtl 515,25 EUR; Regelleistung der Klägerin zu 2. = mtl 7,81 EUR; volle Leistungen für Unterkunft und Heizung = mtl jeweils 527,61 EUR bzw 527,62 EUR). Mit dem Bescheid vom 27. Juni 2013 bewilligte der Beklagte für August 2013 wegen der nunmehr gemeinsamen Erziehung der Klägerin zu 1) noch eine Regelleistung iHv 377,70 EUR und die anteiligen hälftigen KdU sowie der Klägerin zu 2) nach Einkommensanrechnung auf der Grundlage des halben Regelsatzes noch anteilige KdU-Leistungen iHv 453,46 EUR.
Nach Vorlage der abschließenden Angaben der Klägerin zu 1) zu ihrem Einkommen im Streitzeitraum, wonach sie ua als Betriebsausgaben Bewirtungskosten iHv insgesamt 121,56 EUR, an das Finanzamt gezahlte Umsatzsteuer inkl. Schuldentilgung iHv 2.860,85 EUR und an das Finanzamt gezahlte Einkommensteuer inkl. Schuldentilgung iHv 2.397,16 EUR sowie Raumkosten iHv 176,36 EUR geltend machte, erteilte der Beklagte den endgültigen Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. August 2013 vom 12. November 2013 (Leistungshöhe insgesamt für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. Mai 2013 = mtl 1.355,97 EUR, für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2013 = mtl 1.136,45 EUR). Dabei rechnete der Beklagte nunmehr Einkommen der Klägerin zu 1) aus selbständiger Tätigkeit iHv – bereinigt - mtl 225,63 EUR und der Klägerin zu 2) in der bisherigen Höhe an. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag fordert der Beklagte von der Klägerin zu 1) die Erstattung eines Betrages von 1.160,19 EUR und von der Klägerin zu 2) von 612,77 EUR.
Mit ihrem Widerspruch begehren die Klägerinnen die volle Anrechnung ihrer im Streitzeitraum getilgten Steuerschulden. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2014). Das Sozialgericht (SG) Berlin hat auf die auf höhere SGB II-Leistungen und teilweise Aufhebung des Erstattungsbescheides gerichtete Klage den Beklagten unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 12. November 2013 verurteilt, den Klägerinnen höhere SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung der Bewirtungskosten als weitere Betriebsausgaben zu gewähren, und die Klage im Übrigen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2016). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei teilweise begründet. Die Klägerin zu 1) habe in dem in Rede stehenden Zeitraum Betriebseinnahmen iHv insgesamt 8.123,67 EUR aus selbständiger Tätigkeit gehabt. Die geltend gemachten Bewirtungskosten iHv 121,56 EUR seien als weitere Betriebsausgaben zu berücksichtigen, so dass sich für das für sechs Monate zu bildende Durchschnittseinkommen aus selbständiger Tätigkeit nach § 3 Abs. 4 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) ein entsprechend niedrigerer Betrag errechne. Die Erstattungssumme sei entsprechend zu reduzieren. Die getilgten Einkommen- und Umsatzsteuerschulden könnten indes nicht als Betriebsausgaben abgesetzt werden, weil die Einkommensteuer nur in den Monaten zu berücksichtigen sei, in denen sie zu entrichten gewesen wäre. Bei der Umsatzsteuer handele es sich um eine Verkehrssteuer, die nicht von den versteuerbaren Einkünften zu entrichten sei.
Mit der Berufung verfolgen die Klägerinnen ihr Begehren weiter. Auf die Berufungsbegründung wird Bezug genommen.
Sie beantragen nach ihrem Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2016 zu ändern und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 12. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2014 zu verurteilen, ihnen für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. August 2013 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der getilgten Einkommensteuerschulden als weitere Betriebsausgaben zu gewähren und die Erstattungsbescheide entsprechend teilweise aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerinnen ist nicht begründet.
Den Klägerinnen steht gegenüber dem Beklagten dem Grunde nach (vgl zur Zulässigkeit eines Grundurteils auch im Höhenstreit Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 18. Mai 2010 – B 7 AL 49/08 R = SozR 4-4300 § 122 Nr 8 mwN) kein Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung der im Streitzeitraum (1. März 2013 bis 31. August 2013) geleisteten Zahlungen auf Einkommensteuerschulden der Klägerin zu 1) als weitere von den Betriebseinnahmen abzusetzende Betriebsausgaben zu. Eine weitere Teilaufhebung des Erstattungsbescheides vom 12. November 2013 – über die vom SG bereits rechtskräftig verlautbarte hinaus – hat daher nicht zu erfolgen.
Grundsicherungsleistungen erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (idF der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 [BGBl I 2014]) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben – hier die Klägerin zu 2) mit der Klägerin zu 1) in der Zeit vom 1. März 2013 bis 31. Mai 2013 in vollem Umfang und in der Zeit vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2013 jeweils den halben Monat (sog temporäre Bedarfsgemeinschaft), erhalten Sozialgeld (vgl § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Nach § 9 Abs. 1 SGB II in der seit 1. April 2011 geltenden Fassung ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind die von der Klägerin aus ihrer als Einzelfirma geführten selbständigen Tätigkeit erzielten Einnahmen zu berücksichtigendes Einkommen abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten – hier nicht einschlägigen - Einnahmen. Es handelt sich hierbei um Einkommen aus selbständiger Arbeit, so dass zur Berechnung der Einkünfte § 3 Alg II-V Anwendung findet.
Entsprechend ihrer Angaben im Verwaltungsverfahren (Abschl. EKS) hatte die Klägerin zu 1) Betriebseinnahmen iHv insgesamt 8.123,67 EUR. Vor Bildung eines Durchschnittseinkommens für sechs Monate (vgl 3 Abs. 4 Alg II-V) sind nach § 3 Abs. 2 Alg II-V die notwendigen Betriebsausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II absetzbaren Beträge abzusetzen. Die Beiträge, die sich aus § 11b SGB II ergeben, werden (im Grundsatz) dagegen erst in einem abschließenden Schritt von dem nach § 3 Abs. 4 Alg II-V monatsweise verteilten Durchschnittseinkommen abgezogen (vgl zur Berechnung BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R – juris).
Betriebsausgaben sind – steuerrechtlich betrachtet – Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG). Als solche kommen die von der Klägerin zu 1) geltend gemachten Tilgungszahlungen auf ihre Einkommensteuerschulden aus früheren Jahren (vgl § 225 Abs. 3 Abgabenordnung – AO -) – die Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben machen die Klägerinnen mit ihrer Berufung nicht geltend – nicht in Betracht. Zu entrichtende Einkommensteuer kann nur in den Monaten abgesetzt werden, in denen sie fällig und daher zu entrichten war (vgl hierzu BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R – juris - Rn 29 f). Im Zeitpunkt der Erzielung des Einkommens offene Schulden sind hingegen nicht vom Einkommen abzusetzen (vgl BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – juris). Die Klägerinnen verkennen mit ihrer Argumentation bereits, dass die Einkommensteuer – wie im Übrigen auch die Umsatzsteuerschulden – anders als bei einer erstmals im Bewilligungszeitraum festgesetzten Steuernachzahlung (vgl hierzu SG Chemnitz, Urteil vom 25. Mai 2016 – S 35 AS 3984/14 – juris) – nicht im vorliegend streitbefangenen Bewilligungszeitraum fällig wurden, sondern bereits in den Jahren 2012 bzw 2010; die Stundung iSv 222 AO ändert nichts daran, dass die Steuern mit der Festsetzung fällig geworden sind (vgl § 220 AO; vgl auch § 222 AO "bei Fälligkeit"). Abgesehen davon, dass § 3 Alg II-VO in Verbindung mit § 11b SGB II abschließend regelt, welche Positionen vom Einkommen in Abzug zu bringen sind, bevor es der Aufteilung unterfällt, ist Einkommen zuvörderst zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge folgt, dass diese erst dann eingreifen soll, wenn die Hilfebedürftigen ihnen zur Verfügung stehende Mittel verbraucht haben (vgl BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 4 AS 27/07 R - juris).
Von dem Gesamteinkommen der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit – nach zusätzlicher Absetzung der Bewirtungskosten - iHv mtl 365,72 EUR sind die in § 11b SGB II genannten Beträge abzusetzen (Riester-Vertrag – 50,- EUR -, kapitalbildende Lebensversicherung – 23,15 EUR, Versicherungspauschale – 30,- EUR - Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 3 – 53,14 EUR -). Es ergibt sich danach ein anrechenbares Einkommen der Klägerin zu 1) iHv mtl 209,43 EUR. Entsprechend ist der Beklagte dem Grunde nach vom SG zur Gewährung höherer Leistungen verurteilt worden. Eine weitere Teilaufhebung des Erstattungsbescheides vom 12. November 2013 über den vom SG verlautbarten Umfang hinaus, dh iHv insgesamt 121,56 EUR, kommt somit ebenfalls nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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