Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 750/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verfügt das Jobcenter über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten und kommen weitere Besonderheiten hinzu (hier: Bedarfsgemeinschaft bestehend aus neun Personen), so ist es Sache des Jobcenters, den Leistungsberechtigten nachzuweisen, dass tatsächlich Wohnungen zu dem als angemessen erachteten Preis angeboten werden. Das Jobcenter trägt hierfür die Beweislast. Gelingt dem Jobcenter der Nachweis nicht, muss es die abstrakt zu hohen Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe übernehmen – und zwar selbst dann, wenn die Leistungsberechtigten keine hinreichenden Suchaktivitäten nachweisen.
1. Der Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 8.11.2016, 24.11.2016, 26.11.2016, 3.1.2017, 24.1.2017 und 9.2.2017, des Widerspruchsbescheids vom 9.2.2017 sowie der Bescheide vom 13.2.2017 und 21.2.2017 verpflichtet, den Klägern für die Zeit vom 1.11.2016 bis 30.4.2017 wei-tere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Un-terkunft und Heizung in Höhe von monatlich 1.620 EUR zu bewilligen. 2. Der Beklagte hat den Klägern deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe eines Bedarfs für Unterkunft und Heizung ab dem 1.11.2016.
Die verheirateten Kläger Ziff. 1 und 2 lebten mit ihren sieben Kindern, den Klägern Ziff. 3 – 9 (geboren zwischen dem xx.xx.1998 und dem xx.xx.2011) in einer Mietwohnung in der B.-Straße in Rastatt.
Wegen geplanter Abrissarbeiten kündigte die Vermieterin mit Schreiben vom 22.2.2016 das Mietverhältnis zum 31.5.2016. Sofern sich der Abbruch verzögere, so die Vermieterin, könnten die Kläger die Wohnung über diesen Zeitpunkt hinaus mieten, allerdings immer nur für einen weiteren Monat.
Mit Schreiben vom 22.8.2016 forderte die Vermieterin die Kläger auf, die Wohnung nun spätestens zum 31.8.2016 zu räumen; die Abrissarbeiten stünden unmittelbar bevor.
Die Kläger bezogen und beziehen fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 27.9.2016 bewilligte der Beklagte ihnen erneut Leistungen, diesmal für die Zeit vom 1.11.2016 – 30.4.2017 in Höhe von insgesamt 2.034,88 EUR. Dabei berücksichtigte er einen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.119,96 EUR.
Am 18.10.2016 beantragte der Kläger Ziff. 1 für sich und die weiteren Kläger beim Beklagten die Zusicherung, dass er die Aufwendungen für eine in Aussicht genommene neue Unterkunft anerkennen werde. Sie beabsichtigten, zum 1.11.2016 in eine Mietwohnung in der S.-Straße in Rastatt umzuziehen. Seinem Antrag fügte der Kläger Ziff. 1 einen Entwurf des Mietvertrags bei. Danach sollten die Aufwendungen für die 6-Zimmer-Wohnung monatlich 1.620 EUR betragen (1.360 EUR Kaltmiete zzgl. 260 EUR Betriebskostenpauschale).
Mit Bescheid vom 21.10.2016 lehnte der Beklagte eine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II ab. Zur Begründung gab er an, die Kosten für die in Aussicht genommene Unterkunft seien unangemessen hoch.
Trotz dieser Ablehnung zogen die Kläger am 1.11.2016 in die Mietwohnung in der S.-Straße. Neben Küche, Bad und Flur verfügt die Wohnung über sechs Zimmer; die Wohnfläche beträgt 170 m². Laut Mietvertrag sind an den Vermieter monatlich 1.620 EUR zu zahlen (1.360 EUR Kaltmiete zzgl. 260 EUR Betriebskostenpauschale).
Mit Bescheid vom 8.11.2016 reduzierte der Beklagte die monatlichen Leistungen ab dem 1.12.2016 auf insgesamt 914,94 EUR. Zur Begründung gab er an, die Kläger seien ohne seine Zustimmung umgezogen. Er berücksichtige daher vorerst keine Kosten für Unterkunft und Heizung.
Mit Bescheid vom 24.11.2016 erhöhte der Beklagte sodann die monatlichen Leistungen rückwirkend für die Zeit vom 1.11.2016 – 30.4.2017 auf insgesamt 2.197,89 EUR. Als Bedarf für Unterkunft und Heizung legte er nun 1.282,95 EUR zugrunde (1.023,03 EUR Kaltmiete; 129,96 EUR Nebenkosten; 129,96 EUR Heizkosten).
Gegen die Bescheide vom 8. und 24.11.2016 legten die Kläger am 9. und 15.12.2016 Widerspruch ein. Sie machten geltend, die Kosten für die neue Wohnung seien im konkreten Fall angemessen: Der Beklagte müsse anhand eines sog. schlüssigen Konzepts ermitteln, welche Aufwendungen abstrakt angemessen sind. Dies sei hier nicht geschehen. Während er im Zusammenhang mit der Zusicherung noch einen Betrag von 5,40 EUR pro Quadratmeter für angemessen gehalten habe, gehe er nun offenbar von 6,20 EUR pro Quadratmeter aus. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte auf diesen Betrag komme. Auch der Rückgriff auf die Werte nach dem Wohngeldgesetz ergebe kein plausibles Ergebnis. Zu berücksichtigen sei zudem, dass Wohnungen in der erforderlichen Größe zu dem vom Beklagten als angemessen erachteten Preis praktisch nicht angeboten würden. Dies belege die Auswertung von Immobilienanzeigen. Seit der Kündigung des Mietverhältnisses über ihre alte Wohnung im Februar 2016 hätten sie, die Kläger, ein halbes Jahr lang verzweifelt versucht, eine geeignete Unterkunft zu finden – im Ergebnis ohne Erfolg. Nachdem bei ihrem vormals bewohnten Haus die Abrissarbeiten begonnen hätten, habe die Sache keinen Aufschub mehr geduldet.
Wegen hier nicht streitiger Umstände änderte der Beklagte die Höhe der bewilligten Leistungen mit Bescheiden vom 26.11.2016, 3.1.2017 und 24.1.2017. Weiterhin berücksichtigte er einen Bedarf für Unterkunft und Heizung nur in Höhe von 1.282,95 EUR. Mit Bescheid vom 9.2.2017 erhöhte der Beklagte sodann die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.11.2016 – 30.4.2017 auf monatlich 2.267,11 EUR (November bis Dezember), 2.362,10 EUR (Januar) und 2.383,16 EUR (Februar bis April). Als Bedarf für Unterkunft und Heizung legte er nun 1.361,16 EUR zugrunde (1.225,44 EUR Grundmiete; 135,72 EUR Heizkosten).
Im Übrigen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom gleichen Tag den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung führte er aus, gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werde der Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, allerdings nur, soweit er angemessen ist. Die Kläger zahlten für ihre Wohnung in der S.-Straße insgesamt 1.620 EUR. Laut Auskunft der Vermieterin hätten im Jahr 2015 die Heizkosten 1.629,09 EUR betragen. Angesichts dessen seien sie mit monatlich 135,76 EUR zu veranschlagen. Dieser Betrag sei angemessen und werde von ihm, dem Beklagten, daher in vollem Umfang berücksichtigt. Die restlichen 1.484,24 EUR entfielen auf Kaltmiete und kalte Nebenkosten. Diese Summe sei zu hoch. Ausgehend von den Werten des § 12 WoGG zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10 % liege die Grenze der Angemessenheit bei 1.225,40 EUR. Die Kläger könnten sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es habe keine preiswertere Wohnung gegeben: Zwar sei eine Wohnung für neun Personen sicherlich nicht von heute auf morgen zu finden. Allerdings sei den Klägern bereits seit dem 22.2.2016 bekannt gewesen, dass sie eine neue Unterkunft benötigen. Bis zum Antrag auf die Zusicherung hätten sie daher über sieben Monate Zeit für die Wohnungssuche gehabt. Es sei nicht ersichtlich oder gar belegt, dass sich die Kläger in dieser Zeit intensiv um eine preiswertere Unterkunft bemüht haben. Sie hätten lediglich pauschal behauptet, es würden keine Wohnungen in dieser Größe und zu diesem Preis angeboten. Möglicherweise hätten sie es von vornherein vorgezogen, im Zentrum Rastatts zu bleiben, und daher nicht in den preisgünstigeren Randgebieten gesucht; dafür spreche die Lage der nun gemieteten Wohnung im Stadtkern. Unter Umständen hätten die Kläger auch zwei nebeneinanderliegende Wohnungen beziehen können.
Mit Bescheiden vom 13. und 21.2.2017 änderte der Beklagte die bewilligten Leistungen für die Zeit vom 1.3. – 30.4.2017 wegen hier nicht streitiger Umstände erneut, zuletzt auf monatlich 1.874,93 EUR. Als Bedarf für Unterkunft und Heizung legte er nach wie vor 1.361,16 EUR zugrunde (1.225,44 EUR Grundmiete; 135,72 EUR Heizkosten).
Mit der am 8.3.2017 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen nochmals vor, der Kläger Ziff. 1 habe mit sehr viel Aufwand den Wohnungsmarkt sondiert und versucht, eine adäquate Unterkunft für die neunköpfige Familie zu finden. Dies sei allerdings nicht gelungen. Außer der nun bezogenen Wohnung habe es keine passenden Angebote gegeben.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 8.11.2016, 24.11.2016, 26.11.2016, 3.1.2017, 24.1.2017 und 9.2.2017, des Widerspruchsbescheids vom 9.2.2017 sowie der Bescheide vom 13.2.2017 und 21.2.2017 zu verpflichten, ihnen für die Zeit vom 1.11.2016 bis 30.4.2017 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 1.620 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte hat weder einen Antrag gestellt noch ergänzend zur Sache vorgetragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1) Die Klage ist zulässig und begründet. Die Kläger haben Anspruch auf weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.11.2016 – 30.4.2017 unter Berücksichtigung eines monatlichen Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.620 EUR.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II).
a) Die tatsächlichen Unterkunftskosten der Kläger (Kaltmiete und kalte Nebenkosten) betragen 1.484,24 EUR, die tatsächlichen Heizkosten 135,76 EUR.
Neben ihrer Kaltmiete in Höhe von 1.360 EUR entrichten die Kläger einen Abschlag für Neben- und Heizkosten in Höhe von 260 EUR. Im Mietvertrag ist nicht geregelt, wie sich der Betrag von 260 EUR auf Neben- und Heizkosten verteilt. Mangels eines anderen geeigneten Maßstabs ist der Ansatz des Beklagten nicht zu beanstanden, die Aufteilung anhand der Mitteilung der Vermieterin vom 21.11.2016 vorzunehmen. Laut Vermieterin betrugen die Heizkosten im Jahr 2015 insgesamt 1.629,09 EUR. Umgerechnet auf einen Monat (= geteilt durch 12) folgt daraus ein Betrag in Höhe von 135,76 EUR. Die restlichen 124,24 EUR des Abschlags sind dann den Nebenkosten zuzuordnen.
b) Die tatsächlichen Heizkosten der Kläger (135,76 EUR) sind angemessen und wurden vom Beklagten vollständig anerkannt. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind aber auch die tatsächlichen Unterkunftskosten (Kaltmiete und kalte Nebenkosten) in Höhe von 1.484,24 EUR im konkreten Fall angemessen; der Beklagte muss sie daher in vollem Umfang berücksichtigen.
Welche Aufwendungen für die Unterkunft abstrakt angemessen sind, ist in einem mehrstufigen Verfahren zu bestimmen: Zunächst sind die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. Sodann ist zu bestimmen, welche Kaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums bei einfachem Wohnungsstandard zu zahlen ist. Zu der Kaltmiete sind schließlich die Betriebskosten hinzuzurechnen (BSG, Urteil vom 13.4.2011, B 14 AS 106/10 R, Rdnr. 17 – nach Juris). Die angemessene Kaltmiete pro Quadratmeter hat das Jobcenter anhand eines sog. schlüssigen Konzepts festzustellen. Die Entwicklung des Konzepts gehört zu seinen Aufgaben. Ein "Konzept" liegt vor, wenn das Jobcenter planmäßig und systematisch vorgeht, also nicht punktuell von Fall zu Fall. "Schlüssig" ist das Vorgehen, wenn die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten örtlichen Vergleichsraum erfolgt, wenn der Beobachtungszeitraum und der Gegenstand der Beobachtung nachvollziehbar sind, wenn die Art und Weise der Datenerhebung festgelegt ist und wenn die einbezogenen Daten repräsentativ und valide sind; bei der Datenauswertung müssen zudem anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze eingehalten werden und Angaben über die gezogenen Schlüsse erfolgen (BSGE 104, 192 Rdnr. 19 f. und 26). Fehlt es an einem schlüssigen Konzept, sind die Aufwendungen des Leistungsberechtigten allerdings nicht in unbegrenzter Höhe zu übernehmen. Vielmehr ergibt sich die abstrakte Obergrenze dann aus den Tabellenwerten zu § 12 WoGG zzgl. eines "Sicherheitszuschlags" in Höhe von 10 % zum jeweiligen Tabellenwert (BSG, Urteil vom 16.4.2015, B 4 AS 44/14 R, Rdnr. 30 – nach Juris).
In einem weiteren Schritt ist schließlich zu prüfen, ob der Leistungsberechtigte die konkrete Möglichkeit hat, auf dem Wohnungsmarkt des örtlichen Vergleichsraums eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung tatsächlich zu mieten. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn die abstrakt angemessenen Unterkunftskosten anhand eines schlüssigen Konzepts bestimmt wurden, insbesondere dann, wenn das Konzept auf einem qualifizierten Mietspiegel mit Aussagen zur Häufigkeit entsprechender Wohnungen basiert (Berlit in: LPK-SGB II, 6. Aufl., § 22 Rdnr. 101; Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 22 Rdnr. 98; Piepenstock in: jurisPK-SGB II, § 22 Rdnr. 111). Eine konkrete Unterkunftsalternative liegt hingegen nicht ganz so nahe, wenn das Jobcenter zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheitsgrenze nur auf die Tabellenwerte zu § 12 WoGG zurückgegriffen hat; denn die spezifische Situation am jeweiligen örtlichen Wohnungsmarkt findet in diesen Werten keinen Niederschlag. Kommen im Einzelfall weitere Besonderheiten hinzu, ist es Sache des Jobcenters nachzuweisen, dass tatsächlich Wohnungen zu dem als angemessen erachteten Preis angeboten werden. Das Jobcenter trägt hierfür die Beweislast (BSG, Urteil vom 12.6.2013, B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 33 – nach Juris; Berlit, a.a.O.; Piepenstock, a.a.O., Rdnr. 110). Gelingt dem Jobcenter der Nachweis nicht, muss es die abstrakt zu hohen Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe übernehmen (Berlit, a.a.O., Rdnr. 100; Piepenstock, a.a.O., Rdnr. 109) – und zwar selbst dann, wenn der Leistungsberechtigte keine hinreichenden Suchaktivitäten nachweist (Luik, a.a.O.).
Für Rastatt existiert kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze. Die Gemeinde gehört zur Mietenstufe III. Bei einem 9-Personen-Haushalt in dieser Mietenstufe beläuft sich der Höchstbetrag nach § 12 Abs. 1 WoGG auf 1.114 EUR. Unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 10 % (111,40 EUR) ergibt sich somit eine Obergrenze von 1.225,40 EUR. Wie sich aus § 9 WoGG ergibt, erfasst dieser Betrag sowohl die Kaltmiete und als auch die kalten Nebenkosten.
Allerdings ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass die Kläger die konkrete Möglichkeit hatten, zu diesem Preis in Rastatt eine hinreichend große Wohnung zu mieten: Zur Bedarfsgemeinschaft gehören insgesamt neun Personen – neben den Eltern deren sieben Kinder, geboren zwischen dem xx.xx.1998 und dem xx.xx.2011. Nach der zutreffenden Einschätzung des Beklagten ist für einen 9-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 165 m² angemessen. Wie erwähnt, verfügt der Beklagte über kein eigenes Konzept zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete. Es fehlen daher auch jegliche Angaben dazu, wie oft Wohnungen mit einer Fläche von 165 m² in Rastatt zur Miete angeboten werden. Tatsächlich dürfte dies auf dem recht engen örtlichen Wohnungsmarkt selten vorkommen; denn eine Wohnung mit einer solch großen Fläche ist sehr ungewöhnlich. Außerdem müsste sich das Angebot dann noch im Rahmen der abstrakten Angemessenheitsgrenze halten. Angesichts dieser Schwierigkeiten hätte der Beklagte hier ausnahmsweise dokumentieren müssen, dass in Rastatt tatsächlich derart große Wohnungen zu dem als angemessen erachteten Preis angeboten werden (z.B. durch eine Auswertung von Wohnungsanzeigen oder Immobilienportalen im Internet). Dies hat er nicht getan. Kann der Beklagte also nicht belegen, dass die Kläger eine konkrete Unterkunftsalternative gehabt hätten, sind die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in vollem Umfang zu berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund brauchte die Kammer nicht mehr der Frage nachzugehen, ob sich die Kläger seit Februar 2016 hinreichend um eine preiswerte Unterkunft bemüht hatten. Dies liegt allerdings nahe; denn der Abriss des von ihnen bisher bewohnten Gebäudes stand unmittelbar bevor. Dass sie überhaupt eine ausreichend große (wenngleich etwas zu teure) Wohnung in Rastatt gefunden haben, spricht eher für ihre Suchbemühungen. Dabei waren sie offenbar bereit, sich auf eine unkonventionelle Lösung einzulassen; denn bei der von ihnen nun bezogenen Wohnung handelt es sich um einen vormaligen Bürotrakt.
2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe eines Bedarfs für Unterkunft und Heizung ab dem 1.11.2016.
Die verheirateten Kläger Ziff. 1 und 2 lebten mit ihren sieben Kindern, den Klägern Ziff. 3 – 9 (geboren zwischen dem xx.xx.1998 und dem xx.xx.2011) in einer Mietwohnung in der B.-Straße in Rastatt.
Wegen geplanter Abrissarbeiten kündigte die Vermieterin mit Schreiben vom 22.2.2016 das Mietverhältnis zum 31.5.2016. Sofern sich der Abbruch verzögere, so die Vermieterin, könnten die Kläger die Wohnung über diesen Zeitpunkt hinaus mieten, allerdings immer nur für einen weiteren Monat.
Mit Schreiben vom 22.8.2016 forderte die Vermieterin die Kläger auf, die Wohnung nun spätestens zum 31.8.2016 zu räumen; die Abrissarbeiten stünden unmittelbar bevor.
Die Kläger bezogen und beziehen fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 27.9.2016 bewilligte der Beklagte ihnen erneut Leistungen, diesmal für die Zeit vom 1.11.2016 – 30.4.2017 in Höhe von insgesamt 2.034,88 EUR. Dabei berücksichtigte er einen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.119,96 EUR.
Am 18.10.2016 beantragte der Kläger Ziff. 1 für sich und die weiteren Kläger beim Beklagten die Zusicherung, dass er die Aufwendungen für eine in Aussicht genommene neue Unterkunft anerkennen werde. Sie beabsichtigten, zum 1.11.2016 in eine Mietwohnung in der S.-Straße in Rastatt umzuziehen. Seinem Antrag fügte der Kläger Ziff. 1 einen Entwurf des Mietvertrags bei. Danach sollten die Aufwendungen für die 6-Zimmer-Wohnung monatlich 1.620 EUR betragen (1.360 EUR Kaltmiete zzgl. 260 EUR Betriebskostenpauschale).
Mit Bescheid vom 21.10.2016 lehnte der Beklagte eine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II ab. Zur Begründung gab er an, die Kosten für die in Aussicht genommene Unterkunft seien unangemessen hoch.
Trotz dieser Ablehnung zogen die Kläger am 1.11.2016 in die Mietwohnung in der S.-Straße. Neben Küche, Bad und Flur verfügt die Wohnung über sechs Zimmer; die Wohnfläche beträgt 170 m². Laut Mietvertrag sind an den Vermieter monatlich 1.620 EUR zu zahlen (1.360 EUR Kaltmiete zzgl. 260 EUR Betriebskostenpauschale).
Mit Bescheid vom 8.11.2016 reduzierte der Beklagte die monatlichen Leistungen ab dem 1.12.2016 auf insgesamt 914,94 EUR. Zur Begründung gab er an, die Kläger seien ohne seine Zustimmung umgezogen. Er berücksichtige daher vorerst keine Kosten für Unterkunft und Heizung.
Mit Bescheid vom 24.11.2016 erhöhte der Beklagte sodann die monatlichen Leistungen rückwirkend für die Zeit vom 1.11.2016 – 30.4.2017 auf insgesamt 2.197,89 EUR. Als Bedarf für Unterkunft und Heizung legte er nun 1.282,95 EUR zugrunde (1.023,03 EUR Kaltmiete; 129,96 EUR Nebenkosten; 129,96 EUR Heizkosten).
Gegen die Bescheide vom 8. und 24.11.2016 legten die Kläger am 9. und 15.12.2016 Widerspruch ein. Sie machten geltend, die Kosten für die neue Wohnung seien im konkreten Fall angemessen: Der Beklagte müsse anhand eines sog. schlüssigen Konzepts ermitteln, welche Aufwendungen abstrakt angemessen sind. Dies sei hier nicht geschehen. Während er im Zusammenhang mit der Zusicherung noch einen Betrag von 5,40 EUR pro Quadratmeter für angemessen gehalten habe, gehe er nun offenbar von 6,20 EUR pro Quadratmeter aus. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte auf diesen Betrag komme. Auch der Rückgriff auf die Werte nach dem Wohngeldgesetz ergebe kein plausibles Ergebnis. Zu berücksichtigen sei zudem, dass Wohnungen in der erforderlichen Größe zu dem vom Beklagten als angemessen erachteten Preis praktisch nicht angeboten würden. Dies belege die Auswertung von Immobilienanzeigen. Seit der Kündigung des Mietverhältnisses über ihre alte Wohnung im Februar 2016 hätten sie, die Kläger, ein halbes Jahr lang verzweifelt versucht, eine geeignete Unterkunft zu finden – im Ergebnis ohne Erfolg. Nachdem bei ihrem vormals bewohnten Haus die Abrissarbeiten begonnen hätten, habe die Sache keinen Aufschub mehr geduldet.
Wegen hier nicht streitiger Umstände änderte der Beklagte die Höhe der bewilligten Leistungen mit Bescheiden vom 26.11.2016, 3.1.2017 und 24.1.2017. Weiterhin berücksichtigte er einen Bedarf für Unterkunft und Heizung nur in Höhe von 1.282,95 EUR. Mit Bescheid vom 9.2.2017 erhöhte der Beklagte sodann die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.11.2016 – 30.4.2017 auf monatlich 2.267,11 EUR (November bis Dezember), 2.362,10 EUR (Januar) und 2.383,16 EUR (Februar bis April). Als Bedarf für Unterkunft und Heizung legte er nun 1.361,16 EUR zugrunde (1.225,44 EUR Grundmiete; 135,72 EUR Heizkosten).
Im Übrigen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom gleichen Tag den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung führte er aus, gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werde der Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, allerdings nur, soweit er angemessen ist. Die Kläger zahlten für ihre Wohnung in der S.-Straße insgesamt 1.620 EUR. Laut Auskunft der Vermieterin hätten im Jahr 2015 die Heizkosten 1.629,09 EUR betragen. Angesichts dessen seien sie mit monatlich 135,76 EUR zu veranschlagen. Dieser Betrag sei angemessen und werde von ihm, dem Beklagten, daher in vollem Umfang berücksichtigt. Die restlichen 1.484,24 EUR entfielen auf Kaltmiete und kalte Nebenkosten. Diese Summe sei zu hoch. Ausgehend von den Werten des § 12 WoGG zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10 % liege die Grenze der Angemessenheit bei 1.225,40 EUR. Die Kläger könnten sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es habe keine preiswertere Wohnung gegeben: Zwar sei eine Wohnung für neun Personen sicherlich nicht von heute auf morgen zu finden. Allerdings sei den Klägern bereits seit dem 22.2.2016 bekannt gewesen, dass sie eine neue Unterkunft benötigen. Bis zum Antrag auf die Zusicherung hätten sie daher über sieben Monate Zeit für die Wohnungssuche gehabt. Es sei nicht ersichtlich oder gar belegt, dass sich die Kläger in dieser Zeit intensiv um eine preiswertere Unterkunft bemüht haben. Sie hätten lediglich pauschal behauptet, es würden keine Wohnungen in dieser Größe und zu diesem Preis angeboten. Möglicherweise hätten sie es von vornherein vorgezogen, im Zentrum Rastatts zu bleiben, und daher nicht in den preisgünstigeren Randgebieten gesucht; dafür spreche die Lage der nun gemieteten Wohnung im Stadtkern. Unter Umständen hätten die Kläger auch zwei nebeneinanderliegende Wohnungen beziehen können.
Mit Bescheiden vom 13. und 21.2.2017 änderte der Beklagte die bewilligten Leistungen für die Zeit vom 1.3. – 30.4.2017 wegen hier nicht streitiger Umstände erneut, zuletzt auf monatlich 1.874,93 EUR. Als Bedarf für Unterkunft und Heizung legte er nach wie vor 1.361,16 EUR zugrunde (1.225,44 EUR Grundmiete; 135,72 EUR Heizkosten).
Mit der am 8.3.2017 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen nochmals vor, der Kläger Ziff. 1 habe mit sehr viel Aufwand den Wohnungsmarkt sondiert und versucht, eine adäquate Unterkunft für die neunköpfige Familie zu finden. Dies sei allerdings nicht gelungen. Außer der nun bezogenen Wohnung habe es keine passenden Angebote gegeben.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 8.11.2016, 24.11.2016, 26.11.2016, 3.1.2017, 24.1.2017 und 9.2.2017, des Widerspruchsbescheids vom 9.2.2017 sowie der Bescheide vom 13.2.2017 und 21.2.2017 zu verpflichten, ihnen für die Zeit vom 1.11.2016 bis 30.4.2017 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 1.620 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte hat weder einen Antrag gestellt noch ergänzend zur Sache vorgetragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1) Die Klage ist zulässig und begründet. Die Kläger haben Anspruch auf weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.11.2016 – 30.4.2017 unter Berücksichtigung eines monatlichen Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.620 EUR.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II).
a) Die tatsächlichen Unterkunftskosten der Kläger (Kaltmiete und kalte Nebenkosten) betragen 1.484,24 EUR, die tatsächlichen Heizkosten 135,76 EUR.
Neben ihrer Kaltmiete in Höhe von 1.360 EUR entrichten die Kläger einen Abschlag für Neben- und Heizkosten in Höhe von 260 EUR. Im Mietvertrag ist nicht geregelt, wie sich der Betrag von 260 EUR auf Neben- und Heizkosten verteilt. Mangels eines anderen geeigneten Maßstabs ist der Ansatz des Beklagten nicht zu beanstanden, die Aufteilung anhand der Mitteilung der Vermieterin vom 21.11.2016 vorzunehmen. Laut Vermieterin betrugen die Heizkosten im Jahr 2015 insgesamt 1.629,09 EUR. Umgerechnet auf einen Monat (= geteilt durch 12) folgt daraus ein Betrag in Höhe von 135,76 EUR. Die restlichen 124,24 EUR des Abschlags sind dann den Nebenkosten zuzuordnen.
b) Die tatsächlichen Heizkosten der Kläger (135,76 EUR) sind angemessen und wurden vom Beklagten vollständig anerkannt. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind aber auch die tatsächlichen Unterkunftskosten (Kaltmiete und kalte Nebenkosten) in Höhe von 1.484,24 EUR im konkreten Fall angemessen; der Beklagte muss sie daher in vollem Umfang berücksichtigen.
Welche Aufwendungen für die Unterkunft abstrakt angemessen sind, ist in einem mehrstufigen Verfahren zu bestimmen: Zunächst sind die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. Sodann ist zu bestimmen, welche Kaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums bei einfachem Wohnungsstandard zu zahlen ist. Zu der Kaltmiete sind schließlich die Betriebskosten hinzuzurechnen (BSG, Urteil vom 13.4.2011, B 14 AS 106/10 R, Rdnr. 17 – nach Juris). Die angemessene Kaltmiete pro Quadratmeter hat das Jobcenter anhand eines sog. schlüssigen Konzepts festzustellen. Die Entwicklung des Konzepts gehört zu seinen Aufgaben. Ein "Konzept" liegt vor, wenn das Jobcenter planmäßig und systematisch vorgeht, also nicht punktuell von Fall zu Fall. "Schlüssig" ist das Vorgehen, wenn die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten örtlichen Vergleichsraum erfolgt, wenn der Beobachtungszeitraum und der Gegenstand der Beobachtung nachvollziehbar sind, wenn die Art und Weise der Datenerhebung festgelegt ist und wenn die einbezogenen Daten repräsentativ und valide sind; bei der Datenauswertung müssen zudem anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze eingehalten werden und Angaben über die gezogenen Schlüsse erfolgen (BSGE 104, 192 Rdnr. 19 f. und 26). Fehlt es an einem schlüssigen Konzept, sind die Aufwendungen des Leistungsberechtigten allerdings nicht in unbegrenzter Höhe zu übernehmen. Vielmehr ergibt sich die abstrakte Obergrenze dann aus den Tabellenwerten zu § 12 WoGG zzgl. eines "Sicherheitszuschlags" in Höhe von 10 % zum jeweiligen Tabellenwert (BSG, Urteil vom 16.4.2015, B 4 AS 44/14 R, Rdnr. 30 – nach Juris).
In einem weiteren Schritt ist schließlich zu prüfen, ob der Leistungsberechtigte die konkrete Möglichkeit hat, auf dem Wohnungsmarkt des örtlichen Vergleichsraums eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung tatsächlich zu mieten. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn die abstrakt angemessenen Unterkunftskosten anhand eines schlüssigen Konzepts bestimmt wurden, insbesondere dann, wenn das Konzept auf einem qualifizierten Mietspiegel mit Aussagen zur Häufigkeit entsprechender Wohnungen basiert (Berlit in: LPK-SGB II, 6. Aufl., § 22 Rdnr. 101; Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 22 Rdnr. 98; Piepenstock in: jurisPK-SGB II, § 22 Rdnr. 111). Eine konkrete Unterkunftsalternative liegt hingegen nicht ganz so nahe, wenn das Jobcenter zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheitsgrenze nur auf die Tabellenwerte zu § 12 WoGG zurückgegriffen hat; denn die spezifische Situation am jeweiligen örtlichen Wohnungsmarkt findet in diesen Werten keinen Niederschlag. Kommen im Einzelfall weitere Besonderheiten hinzu, ist es Sache des Jobcenters nachzuweisen, dass tatsächlich Wohnungen zu dem als angemessen erachteten Preis angeboten werden. Das Jobcenter trägt hierfür die Beweislast (BSG, Urteil vom 12.6.2013, B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 33 – nach Juris; Berlit, a.a.O.; Piepenstock, a.a.O., Rdnr. 110). Gelingt dem Jobcenter der Nachweis nicht, muss es die abstrakt zu hohen Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe übernehmen (Berlit, a.a.O., Rdnr. 100; Piepenstock, a.a.O., Rdnr. 109) – und zwar selbst dann, wenn der Leistungsberechtigte keine hinreichenden Suchaktivitäten nachweist (Luik, a.a.O.).
Für Rastatt existiert kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze. Die Gemeinde gehört zur Mietenstufe III. Bei einem 9-Personen-Haushalt in dieser Mietenstufe beläuft sich der Höchstbetrag nach § 12 Abs. 1 WoGG auf 1.114 EUR. Unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 10 % (111,40 EUR) ergibt sich somit eine Obergrenze von 1.225,40 EUR. Wie sich aus § 9 WoGG ergibt, erfasst dieser Betrag sowohl die Kaltmiete und als auch die kalten Nebenkosten.
Allerdings ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass die Kläger die konkrete Möglichkeit hatten, zu diesem Preis in Rastatt eine hinreichend große Wohnung zu mieten: Zur Bedarfsgemeinschaft gehören insgesamt neun Personen – neben den Eltern deren sieben Kinder, geboren zwischen dem xx.xx.1998 und dem xx.xx.2011. Nach der zutreffenden Einschätzung des Beklagten ist für einen 9-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 165 m² angemessen. Wie erwähnt, verfügt der Beklagte über kein eigenes Konzept zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete. Es fehlen daher auch jegliche Angaben dazu, wie oft Wohnungen mit einer Fläche von 165 m² in Rastatt zur Miete angeboten werden. Tatsächlich dürfte dies auf dem recht engen örtlichen Wohnungsmarkt selten vorkommen; denn eine Wohnung mit einer solch großen Fläche ist sehr ungewöhnlich. Außerdem müsste sich das Angebot dann noch im Rahmen der abstrakten Angemessenheitsgrenze halten. Angesichts dieser Schwierigkeiten hätte der Beklagte hier ausnahmsweise dokumentieren müssen, dass in Rastatt tatsächlich derart große Wohnungen zu dem als angemessen erachteten Preis angeboten werden (z.B. durch eine Auswertung von Wohnungsanzeigen oder Immobilienportalen im Internet). Dies hat er nicht getan. Kann der Beklagte also nicht belegen, dass die Kläger eine konkrete Unterkunftsalternative gehabt hätten, sind die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in vollem Umfang zu berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund brauchte die Kammer nicht mehr der Frage nachzugehen, ob sich die Kläger seit Februar 2016 hinreichend um eine preiswerte Unterkunft bemüht hatten. Dies liegt allerdings nahe; denn der Abriss des von ihnen bisher bewohnten Gebäudes stand unmittelbar bevor. Dass sie überhaupt eine ausreichend große (wenngleich etwas zu teure) Wohnung in Rastatt gefunden haben, spricht eher für ihre Suchbemühungen. Dabei waren sie offenbar bereit, sich auf eine unkonventionelle Lösung einzulassen; denn bei der von ihnen nun bezogenen Wohnung handelt es sich um einen vormaligen Bürotrakt.
2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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