L 2 AL 9/17

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 163/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 9/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Gründungszuschuss.

Der am xxxxx 1980 geborene Kläger war bis zum 31. Dezember 2015 bei der Rechtsanwaltskanzlei F. als Rechtsanwalt beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der am 30. September 2015 Kündigung durch den Kläger.

Am 16. Oktober 2015 sprach der Kläger bei der Beklagten vor und informierte sich über die Möglichkeit eines Gründungszuschusses. Mit Partnerschaftsvertrag vom 19. Oktober 2015 gründeten er und vier weitere Rechtsanwälte sodann eine Partnerschaft mit dem Gegenstand der gemeinsamen Ausübung des Anwaltsberufs. Die Gesellschaft sollte gemäß § 2 Abs. 1 des Vertrages sofort beginnen. Eine ordentliche Kündigung ist nach § 4 Abs. 2 des Vertrages bis zum 31. Dezember 2018 ausgeschlossen. Die Gesellschafter verpflichteten sich in § 9 Abs. 1 des Vertrages dazu, ihre gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft zu widmen. Jede Nebentätigkeit bedarf der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. § 14 Abs. 1 des Vertrages räumt jedem Gesellschafter das Recht ein, seine mandatsbezogene Tätigkeit um bis zu 50 % zu reduzieren. Mit Vertrag vom 5. November 2015 mietete die Partnerschaft für eine monatliche Gesamtmiete von 7.424,90 Euro Kanzleiräume an.

Am 2. November 2015 beantragte der Kläger einen Gründungszuschuss und führte aus, er werde am 5. Januar 2016 eine selbstständige und hauptberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt aufnehmen. Die Gründung könne nur durch ein Darlehen in Höhe von 190.000 Euro ermöglicht werden.

Am 30. Dezember 2015 erkundigte der Kläger sich telefonisch bei der Beklagten über seinen Status und erhielt die Auskunft, dass seine Arbeitslosmeldung vom 16. Oktober 2015 erfasst worden sei.

Mit Bescheid vom 26. Januar 2016 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst und somit seine Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt. Die Beklagte fördere keine Existenzgründungen in den ersten 12 Wochen nach Aufgabe der Beschäftigung.

Der Kläger legte hiergegen am 22. Februar 2016 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, beim Gründungszuschuss handele es sich um eine quasi-Pflichtleistung. Der Vorrang der Vermittlung komme im Fall des Klägers – eines Rechtsanwalts mit Schwerpunkt Arbeitsrecht – mangels offener Stellen im Großraum Hamburg nicht zum Tragen. Ermessensfehlerhaft habe die Beklagte auch auf die Umstände abgestellt, unter denen der Kläger seine vorherige Beschäftigung aufgegeben habe.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2016 nunmehr mit der Begründung zurück, der Kläger habe bis zur Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit am 5. Januar 2016 kein Arbeitslosengeld (Alg) bezogen.

Am 23. März 2016 hat der Kläger hiergegen seine auf Gewährung des beantragten Gründungszuschusses gerichtete Klage erhoben.

Er hat ausgeführt, er habe am 3. November 2015 Alg ab dem 1. Januar 2016 beantragt. Seine Arbeitslosmeldung vom 16. Oktober 2015 sei mangels einer entgegenstehenden Erklärung als Alg-Antrag anzusehen. Anlässlich eines Beratungsgesprächs am 16. Oktober 2016 habe ihm die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten erklärt, dass ein Alg-Antrag im Hinblick auf die beabsichtigte Selbstständigkeit nicht erforderlich sei. Im Übrigen stelle das Gesetz lediglich auf das Bestehen eines Alg-Anspruchs ab und nicht auch auf eine (in Konstellationen wie der vorliegenden nicht sinnvolle) Antragstellung. Der Kläger sei allerdings bereit, einen entsprechenden Antrag – mit der in § 41 Abs. 1 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch angeordneten Rechtsfolge – unverzüglich zu stellen. Es sei auch nicht haltbar, wenn die Beklagte für einen Anspruch auf Gründungszuschuss die Stellung eines förmlichen Antrags auf eine ganz andere und nicht begehrte Leistung fordere. Da die Beklagte ihm keine offenen Stellenangebote unterbreitet habe, habe er sich um die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit bemüht. Somit stehe auch der Vermittlungsvorrang einem Anspruch auf Gründungszuschuss nicht entgegen. Für die Annahme, dass ein Anspruch auf Gründungszuschuss eine gewisse Zeit der Arbeitslosigkeit voraussetze, gebe das Gesetz nichts her.

Die Beklagte hat an ihrer Rechtsauffassung festgehalten und auf Anfrage des Sozialgerichts mitgeteilt, einen aktuellen Verwaltungsvorgang in Sachen Alg gebe es mangels eines Antrags des Klägers nicht. Im Übrigen sei Alg nur auf Antrag zu leisten. Wenn der Kläger einen solchen Antrag stellen wolle, möge er dies tun. Sie hat Verbis-Vermerke vom 16. Oktober 2015 und 31. Dezember 2015 vorgelegt.

Durch Gerichtsbescheid vom 22. März 2017 (dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 11. April 2017) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe durch Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit nicht etwa eine bereits eingetretene Arbeitslosigkeit beendet, denn er sei nicht arbeitslos gewesen. Deswegen habe der für einen Anspruch auf Gründungszuschuss erforderliche Anspruch auf Alg bereits dem Grunde nach nicht bestanden.

Am 24. April 2017 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er führt aus, die materiellen Voraussetzungen eines Alg-Anspruchs hätten vorgelegen. Der erforderliche Antrag gelte mit der persönlichen Arbeitslosmeldung als gestellt. Eine ablehnende Entscheidung über den Alg-Anspruch liege auch nicht vor. Weiterhin bestehe ein Anspruch auf Gründungszuschuss auch dann, wenn durch die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit Arbeitslosigkeit vermieden werde. Es sei widersinnig und entspreche weder den Interessen des Betroffenen noch denen der Beklagten, in Fällen, in denen keine Aussicht auf Vermittlung in Arbeit bestehe, der Gewährung eines Gründungszuschusses zwingend den Bezug von Alg vorzuschalten. Abgesehen davon sei der Kläger vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit auch arbeitslos und insbesondere subjektiv verfügbar gewesen. Er habe sich rechtzeitig arbeitssuchend gemeldet. Auch der Partnerschaftsvertrag habe ihn nicht daran gehindert, einer abhängigen Beschäftigung nachzugehen, da er Nebentätigkeiten sowie eine Reduzierung der "Mandatsarbeit" auf 50 % zugelassen habe. Schließlich sei die Entscheidung der Beklagten auch ermessensfehlerhaft gewesen. Es treffe nicht zu, dass sich eine belastbare negative Vermittlungsprognose erst nach einer gewissen Zeit treffen lasse. Ermessensfehlerhaft sei es auch, den Entschluss zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zulasten des Betreffenden in die Ermessenserwägungen einzustellen.

Dem Vorbringen des Klägers ist der Antrag zu entnehmen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 22. März 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Gründungszuschuss für die Zeit ab dem 5. Januar 2016 zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid.

Durch Beschluss vom 18. Mai 2017 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

In dieser Besetzung hat der Senat sodann am 10. Juli 2017 über die Berufung mündlich verhandelt. Die ordnungsgemäß zum Termin geladene Klägerseite ist ohne Angabe von Gründen nicht zum Termin erschienen. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte (betreffend den Antrag auf Gründungszuschuss) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte. Es konnte weiterhin trotz Ausbleiben der Klägerseite verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß zum Termin geladen und über die Folgen ihres Ausbleibens belehrt worden ist.

Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Es fehlt bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses, so dass es auf Fragen einer rechtlich einwandfreien Ermessensausübung nicht ankommt.

Nach § 93 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Hierbei hat der Gesetzgeber die Förderung einer selbstständigen Tätigkeit, durch die die Arbeitslosigkeit nicht beendet, sondern bereits vermieden wird, im Rahmen der Ersetzung des Überbrückungsgeldes (vgl. § 57 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung) durch den Gründungszuschuss (§ 57 Abs. 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006, BGBl. I S. 1706) ganz bewusst abgeschafft. Für teleologische Erwägungen, wie der Kläger sie anstellt, besteht daneben kein Raum mehr.

Auch in § 93 Abs. 2 SGB III normierten einzelnen Anspruchsvoraussetzungen sind nicht erfüllt. Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III kann ein Gründungszuschuss geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer 1. bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Alg hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 SGB III beruht, 2. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und 3. ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.

Im vorliegenden Fall fehlt es an der Voraussetzung eines Anspruchs auf Alg bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit (§ 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 erster Satzteil SGB III). Das Bundessozialgericht hat zur Vorgängervorschrift in § 57 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) bereits entschieden, dass mit "Anspruch" nicht lediglich ein (nach § 118 Abs. 1 SGB III a.F., jetzt § 136 SGB III) entstandenes und fortbestehendes Stammrecht gemeint ist, sondern das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs (zu alledem BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 – B 11 AL 11/09 R, SozR 4-4300 § 57 Nr. 6; BSG, Beschluss vom 23. Oktober 2014 – B 11 AL 52/14 B, SozR 4-1500 § 141 Nr. 3). Grund hierfür ist der Zweck des Gründungszuschusses, der den Lebensunterhalt sichern und insoweit das infolge der Existenzgründung wegfallende Alg kompensieren soll (vgl. BT-Drucks 16/1696 S 30, zu § 57 Abs. 1).

Hierbei kann dahinstehen, ob im Verhalten des Klägers gegenüber der Beklagten vor dem 5. Januar 2016 eine persönliche Arbeitslosmeldung im Sinne der §§ 137 Abs. 1 Nr. 2, 142 SGB III und ein Antrag auf Alg nach Maßgabe von § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III zu sehen waren. Die erforderlichen materiellen Voraussetzungen eines konkreten Anspruchs auf Zahlung von Alg lagen in der Zeit zwischen dem Ende der Beschäftigung und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit (einem Zeitraum, in dem im vorliegenden Fall ein einziger Werktag fiel) – auch ungeachtet einer im vorliegenden Fall naheliegenden Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, die zum Ruhen eines Alg-Anspruchs nach § 159 SGB III geführt und sich damit auch beim Gründungszuschuss anspruchsschädlich ausgewirkt hätte (dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2014 – L 9 AL 219/13, juris, Rn. 47) – nicht vor, denn der Kläger war nicht subjektiv verfügbar im Sinne von § 138 Abs. 5 Nr. 3 SGB III und daher nicht arbeitslos im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB III.

Arbeitslosigkeit im Rechtssinne setzt nach § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III voraus, dass der Arbeitnehmer den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht. Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht gemäß § 138 Abs. 5 SGB III zur Verfügung, wer 1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, 2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, 3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben (sog. subjektive Verfügbarkeit), und 4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen. Die subjektive Verfügbarkeit ist eine innere Tatsache, deren Fehlen lediglich dann anzunehmen ist, wenn der Betreffende durch sein Verhalten begründete Anhaltspunkte dafür gegeben hat, dass er sich willkürlich nur auf einen Teil seiner objektiven Möglichkeiten beschränkt (Senatsurteil vom 7. Dezember 2016 – L 2 AL 7/16, juris, Rn. 31; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB, 05/15, § 138 SGB III, Rn. 279, 280). Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen allerdings erfüllt. Abgesehen davon, dass eine (ohnehin nur Indizwirkung entfaltende, dazu Bayerisches LSG, Urteil vom 30. September 2015 – L 10 AL 278/14, juris, Rn. 16) Erklärung des Klägers, er stelle sich den Vermittlungsbemühungen der Beklagten uneingeschränkt zur Verfügung, nicht vorliegt, spricht gegen das Vorliegen subjektiver Verfügbar in der Zeit vom 1. bis zum 4. Januar 2016, dass der Kläger sich bereits zuvor erkennbar und mit Außenwirkung auf die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 5. Januar 2016 festgelegt hatte.

Der Senat hat bereits entschieden, dass das Erreichen eines "point of no return" (d.h. eines Stadiums der Vorbereitungshandlungen, ab dem sich die Existenzgründung nur noch unter Inkaufnahme erheblicher wirtschaftlicher Nachteile rückgängig machen lässt [zu einer vergleichbaren Konstellation bereits Urteil des Senats vom 23. September 2015 – L 2 AL 57/13, juris]) die Bereitschaft, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes anzunehmen und auszuüben, entfallen lässt und auf diese Weise – wie sich aus § 138 Abs. 5 Nrn. 3 und 1 SGB III ergibt – die Annahme von Verfügbarkeit und damit gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III auch von Arbeitslosigkeit ausschließt (Senatsurteile vom 3. Februar 2016 – L 2 AL 23/15, juris, Rn. 48, vom 29. Juni 2016 – L 2 AL 27/16, juris, Rn. 36, und vom 7. Dezember 2016 – L 2 AL 7/16, juris, Rn. 27).

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger diesen "point of no return" bereits vor Eintritt der Beschäftigungslosigkeit überschritten. Er hatte sich offenbar bereits vor dem Erstkontakt mit der Beklagten am 16. Oktober 2015 zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit entschlossen. Vor allem aber hat er sich deutlich vor dem Eintritt der Beschäftigungslosigkeit durch Abschluss sowohl des Partnerschaftsvertrages vom 19. Oktober 2015 als auch des Mietvertrages vom 5. November 2015 rechtlich und wirtschaftlich verbindlich auf die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit festgelegt. Die Partnerschaft hatte gemäß § 2 Abs. 1 des Partnerschaftsvertrages bereits begonnen. Eine ordentliche Kündigung war nach § 4 Abs. 2 des Vertrages bis zum 31. Dezember 2018 ausgeschlossen. Dass daneben das Recht zur außerordentlichen Kündigung bestand (dass vertraglich ohnehin kaum auszuschließen gewesen wäre), ist unbeachtlich. Selbst eine Teilzeitbeschäftigung neben der Arbeit für die Partnerschaft wäre nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 des Vertrages nur in Form einer – dort nicht näher definierten – Nebentätigkeit in Betracht gekommen und hätte unter dem Vorbehalt einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung gestanden. Soweit der Kläger auf die in § 14 des Vertrages geregelte Möglichkeit zur Reduzierung der mandatsbezogenen Tätigkeit (nicht auch der einem Partner obliegenden organisatorischen Aufgaben) verweist, ergibt sich hieraus nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ihn diese Vertragsklausel in die Lage versetzt hätte, eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben, denn über den zeitlichen Freiraum, den der Kläger auf diese Weise erlangt hätte, lässt sich bestenfalls spekulieren. Daneben trat die aus dem Mietvertrag resultierende erhebliche finanzielle Verpflichtung des Klägers.

Da weiterhin Gegenstand der Beschäftigungssuche nach § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III nur eine Beschäftigung sein kann, die nach § 140 SGB III zumutbar ist und § 140 SGB III zwar nicht das Qualifikations-, wohl aber nach Maßgabe seines Abs. 3 das Entgeltniveau schützt, wären für den Kläger jedenfalls nur solche Beschäftigungen in Frage gekommen, die ganz überwiegend nicht nur tageweise verrichtet werden (vgl. zu einem ähnlichen Lebenssachverhalt Senatsurteil vom 7. Dezember 2016 – L 2 AL 7/16, juris, Rn. 32). Die Vermittlung in eine den Anforderungen des § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III entsprechende Beschäftigung (der Art, wie sie von Volljuristen ganz überwiegend verrichtet wird), wäre unweigerlich mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit kollidiert, die der Kläger nicht nur fest eingeplant, sondern zu der er sich auch rechtlich verpflichtet hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Anders als in seinem Urteil vom 7. Dezember 2016 (Az. L 2 AL 7/16) weicht der Senat vorliegend nicht vom obiter dictum des Bundessozialgerichts in dessen Urteil vom 5. Mai 2010 (Az. B 11 AL 11/09 R, SozR 4-4300 § 57 Nr. 6 = juris, Rn. 26) zur Frage der Auslegung des Begriffs "Arbeitslosigkeit" im Rahmen der Vorschriften über den Gründungszuschuss ab, sondern prüft die Voraussetzungen eines Alg-Anspruchs angesichts eindeutiger gesetzlicher Vorgaben.
Rechtskraft
Aus
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