L 19 AS 787/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 32 AS 1659/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 787/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 41/17 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 21.03.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Tilgung eines Mietkautionsdarlehens durch eine Aufrechnung i.H.v. 69,00 Euro monatlich gegen den laufenden Leistungsanspruch der Kläger nach dem SGB II ab dem 01.01.2014.

Die im Jahr 1958 geborene Klägerin und der im Jahr 1955 geborene Kläger sind verheiratet. Seit 2005 bezogen sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zum 01.02.2013 mieteten die Kläger eine Wohnung in C an. Die Zahlung einer Kaution war mietvertraglich nicht vereinbart.

Die Kläger zogen mit Zustimmung des Grundsicherungsträgers zum 01.11.2013 nach E, W Straße 00, um. Beide Kläger unterzeichneten als Mieter den Mietvertrag, in dem die Entrichtung einer Mietkaution i.H.v. 930 Euro geregelt war. Am 31.10.2013 beantragten die Kläger unter Vorlage des unterschriebenen Mietvertrages die Übernahme einer Mietkaution in Höhe von 930,00 Euro durch den Beklagten in Form eines Darlehens.

Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 04.11.2014 seine Bereitschaft gezeigt hatte, die Mietkaution zu übernehmen, unterzeichnete die Klägerin unter dem 04.11.2013 eine Abtretungserklärung über die Mietkaution für die Wohnung W Straße 00, E, 1. OG (links). In der Abtretungserklärung heißt es u.a.:

"Hiermit trete ich den Anspruch auf Rückzahlung der Kaution sowie der auflaufenden Zinsen/Dividenden unwiderruflich an das Jobcenter E, vertreten durch den Geschäftsführer ab.

Die Abtretungserklärung wird unwirksam, wenn das Darlehen vollständig getilgt ist."

Der Beklagte übersandte eine Ausfertigung der Abtretungserklärung an den Vermieter, der gegenüber dem Beklagten bestätigte, dass er die Abtretungserklärung zur Kenntnis genommen habe.

Mit Bescheid vom 21.11.2013 mit der Überschrift "Bewilligungs- und Tilgungsbescheid über die Gewährung eines Darlehens für die Anmietung einer Wohnung (Mietkaution bzw. Genossenschaftsanteile) gem. §§ 22 Abs. 6 und 42a Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)", adressiert an die Klägerin, bewilligte der Beklagte den Klägern ein Darlehen i.H.v. 930,00 Euro für die Mietkaution. Er führte u.a. aus: Die Kläger erhielten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den Vorschriften des SGB II. Im Hinblick auf die erteilte Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Wohnung und die Übernahme der Mietkaution werde ein Darlehen in Höhe von 930,00 Euro gewährt. Die Bewertung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse habe keine andere Entscheidung ergeben. Im Übrigen seien sonstige Anhaltspunkte, die gegen eine Darlehensgewährung sprechen könnten, nicht ersichtlich. Die Mietkaution werde in den nächsten Tagen auf das bekannte Konto des Vermieters überwiesen. Das Darlehen sei durch monatliche Aufrechnung von 10 Prozent des für den Darlehensnehmer maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Die bestehende Darlehensforderung werde unter Berücksichtigung der oben genannten Rechtsvorschrift ab dem 01.12.2013 in monatlichen Raten in Höhe von derzeit 69,00 Euro gegen die laufenden Leistungen aufgerechnet. Spätere Änderungen des Regelbedarfes wirkten sich auch auf die Höhe der Tilgungsrate aus. Die Rückzahlung des noch nicht getilgten Darlehens werde fällig, wenn die Kläger aus der Wohnung auszögen oder aus dem Leistungsbezug ausschieden. Über die Rückzahlungsmodalitäten würden sie in gegebener Zeit einen gesonderten Bescheid erhalten. Die Entscheidung beruhe auf §§ 22 Abs. 6, 42a SGB II.

Die anwaltlich vertretenen Kläger legten gegen den Bescheid vom 21.11.2013 Widerspruch in der Annahme ein, sie hätten Anspruch auf einen Zuschuss, weil ihnen eine Rückzahlung in absehbarer Zeit nicht möglich sei. Die Praxis des Beklagten drücke sie dauerhaft unter das Existenzminimum. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2014 als unbegründet zurück. Das Gesetz sehe vor, dass eine Kaution als Darlehen erbracht werden solle. Es bestünden keine zwingenden Gründe, den Klägern die Kaution als Beihilfe zu gewähren. Eine Kaution werde nach Beendigung des Mietverhältnisses vom Vermieter an den Mieter zurückgezahlt, so dass die Kläger auf Kosten der Steuerzahler bereichert würden, wenn diesbezüglich eine Beihilfe erbracht würde. Die Tilgung des gewährten Darlehens i.H.v. 69,00 Euro monatlich (dies entspreche 10 Prozent des Regelsatzes) sei ebenfalls rechtmäßig und entspreche den gesetzlichen Vorgaben. § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II bestimme, dass, solange Darlehensnehmern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bezögen, Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung erfolge, durch monatliche Aufrechnung i.H.v. 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt würden. Eine Ausnahme für Kautionsdarlehen gebe es nicht. Vielmehr konkretisiere § 42a Abs. 3 S. 1 2. HS SGB II, dass Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Abs. 6 SGB II über eine Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig werden.

Der Beklagte behielt von den bewilligten Leistungen an die Kläger in der Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.12.2014 monatlich einen Betrag in Höhe von 69,00 Euro sowie im Januar 2015 einen Betrag in Höhe von 33.00 Euro ein. Mit Bescheiden vom 04.11.2013, 23.11.2013, 26.11.2013, 10.01.2014, 07.04.2014, 12.05.2014 und 22.11.2014 bewilligte der der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum 01.11.2013 bis 31.01.2015. Für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 ist als Zahlungsempfänger in den Bescheiden vom 26.11.2013, 10.01.2014, 07.04.2014, 12.05.2014 und 22.11.2014 in den beigefügten Berechnungsbögen u.a. die "BA-SH/Zentralkasse" aufgeführt, an die wegen "Aufrechnung/Tilgung" ein Zahlbetrag in Höhe von monatlich 69,00 Euro monatlich erbracht werde. Für den Zeitraum Januar 2015 wurde als Zahlungsempfänger die "BA-SH/Zentralkasse" hinsichtlich eines Betrages von 33,00 Euro wegen "Aufrechnung/Tilgung" und für den Zeitraum ab Februar 2015 als Zahlungsempfängerin ausschließlich die Klägerin aufgeführt.

Zum 01.10.2015 zogen die Kläger in eine Wohnung B-Straße 00, E um. Die vertraglich vereinbarte Mietkaution betrug 600,00 Euro. Einen Antrag auf Übernahme der Umzugskosten und der Mietkaution stellten die Kläger nicht. Der Beklagte war der Auffassung, der Umzug sei nicht erforderlich gewesen. Der Vermieter der Wohnung, W Straße 00, E zahlte die geleistete Mietkaution an die Kläger aus. Zum 01.05.2017 zogen die Kläger in die aktuell bewohnte Wohnung N-straße 00, E um. Die vertraglich vereinbarte Mietkaution betrug 870,00 Euro. Auch hier stellten die Kläger keinen Antrag auf Übernahme der Mietkaution.

Am 24.04.2014 haben die Kläger gegen den Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014 Klage erhoben mit dem Begehren, ihnen die Mietkaution als Zuschuss zu gewähren, hilfsweise ein Darlehen für die Anmietung einer neuen Wohnung (Mietkaution in beantragter Höhe) zu bewilligen. Ein Zuschuss stehe ihnen zu, weil die mit der Mietkaution verbundene Tilgung sie dauerhaft unter das Existenzminimum drücke. Die Tilgung des Darlehens dauere mehr als 6 Monate. Mit der Abtretung ihrer Rückzahlungsansprüche an den Beklagten wären sie einverstanden gewesen. Dieser Weg hätte als rechtmäßiger Weg und milderes Mittel gewählt werden müssen. Sie seien so schwerwiegend behindert, dass man realistisch nicht mehr von Erwerbsfähigkeit ausgehen könne. Auf Grund ihrer Behinderung sei von der gesetzlichen Regelung, dass eine Kaution als Darlehen zu gewähren sei, abzuweichen, weil keine tatsächliche zeitnahe Rückzahlungsmöglichkeit bestehe. Sie haben Bezug auf die Ausführungen in dem Beschluss des Bundessozialgerichts vom 29.06.2015 - B 4 AS 11/14 R - genommen.

Die Kläger haben sinngemäß beantragt,

den Bewilligungs- und Tilgungsbescheid des Beklagten vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern eine Leistung i. H. v. 930,00 Euro zur Übernahme der Mietkaution für die Anmietung der Wohnung W Straße 00 in E (1. OG links) als Zuschuss zu gewähren und auszuzahlen,

hilfsweise den Bewilligungs- und Tilgungsbescheid des Beklagten vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014 insoweit aufzuheben, als er eine Tilgung des damit bewilligten Darlehens durch Aufrechnung i.H.v. 10 Prozent monatlich ab dem 01.12.2013 festlegt.

Durch Gerichtsbescheid vom 21.03.2017 hat das Sozialgericht Dortmund die Klage abgewiesen. Den Klägern stehe kein Anspruch auf zuschussweise Übernahme der Mietkautionsforderung durch den Beklagten bzw. auf ermessensfehlerfrei Entscheidung über eine Leistungsgewährung in Form eines Zuschusses zu. Auch stehe den Klägern kein Anspruch auf ein tilgungsfreies Darlehen während des laufenden Leistungsbezugs zu. Auf die Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 29.03.2017 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 20.04.2017 Berufung eingelegt. Sie tragen vor, vor Anmietung der Wohnung, W Straße in E hätten sie bei der Anmietung einer Wohnung keine Mietkaution leisten müssen. Bei der Entscheidung über die Ablehnung der Gewährung der Mietkaution in Form eines Zuschusses seien weder ihr Lebensalter noch ihre Behinderungen berücksichtigt worden. Eine Tilgung der Darlehensforderung über 14 Monate habe bedeutet, dass sie länger als ein Jahr unter dem soziokulturellen Existenzminimum hätten leben müssen. Dies sei auch nicht durch einen Einkommensfreibetrag ausgeglichen worden.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte erklärt, den im Dezember 2013 einbehaltenen Betrag von 69,00 Euro an die Kläger auszuzahlen.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Dortmund vom 21.03.2017 den Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 insoweit aufzuheben, als in ihm die Tilgung der Darlehensforderung in Höhe von 69,00 Euro monatlich ab dem 01.01.2014 verfügt ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 21.03.2017 ist zulässig.

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014, soweit der Beklagte die Aufrechnung der Darlehensforderung ab dem 01.12.2013 in monatlichen Raten i.H.v. 69,00 Euro gegen die laufenden Leistungen der Kläger nach § 42a Abs. 2 S. 3 SGB II erklärt hat. Der angefochtene Bescheid enthält zwei Verfügungssätze - die Bewilligung eines Darlehens nach § 22 Abs. 6 S. 3 SGB II und die Tilgung der Darlehensforderung durch eine Aufrechnung i.H.v. 69,00 Euro monatlich mit den laufenden Leistungen der Kläger, beginnend ab dem 01.12.2013. Es handelt sich - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - um zwei eigenständige, abtrennbare, separat anfechtbare Verwaltungsakte, die sowohl zum Gegenstand vollständig getrennter Rechtsbehelfsverfahren gemacht als auch innerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens mit Haupt- und Hilfsantrag angefochten werden können.

Die Ausführungen des Beklagten in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Tilgung der Darlehensforderung durch Aufrechnung haben auch Regelungscharakter i.S.v. § 31 S. 1 SGB X. Die Erklärung des Beklagten beschränkt sich nicht auf die Wiedergabe des Inhalts der gesetzlichen Bestimmung des § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II, sondern der Beklagte konkretisiert den Beginn der Aufrechnung - den 01.12.2013 -, die Höhe der Aufrechnungsbetrags - 69,00 Euro monatlich - sowie die Modalitäten der Aufrechnung - Anpassung der Höhe der Tilgungsrate bei Änderung des Regelbedarfs -. Mithin hat er mit rechtsgestaltendem Willen gehandelt.

Die im Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014 enthaltene konkludente Ablehnung der Zuschussgewährung durch den Beklagten ist in Rechtskraft erwachsen. Den vor dem Sozialgericht insoweit gestellten Antrag haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr aufrechterhalten und damit zurückgenommen. Es steht daher nach § 77 SGG bindend fest, dass die Mietkaution vom Beklagten nur als Darlehen zu übernehmen ist.

Die in den Bewilligungsbescheiden für den Leistungszeitraum vom 01.01.2014 bis 31.01.2015 enthaltenen Verfügungen bezüglich der Auszahlung der bewilligten Leistung i.H.v. 69,00 Euro monatlich bzw. i.H.v. 33,00 Euro im Januar 2015 an die "BA-SH/Zentralkasse" sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Diese Verfügungen sind zwar Verwaltungsakte i.S.v. § 31 S. 1SGB X dar, da sie einen anderen Empfangsberechtigten als die Kläger für einen Teilbetrag der bewilligten Leistungen bestimmen (vgl. BSG, Urteile vom 23.05.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 und vom 28.03.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 18). Diese Verwaltungsakte ändern aber die in dem Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 enthaltene Aufrechnungserklärung weder i.S.v. §§ 86, 96 Abs. 1 SGG ab noch ersetzen sie diese; sie setzen als Ausführungsbescheide die im Aufrechnungsverwaltungsakt getroffene Regelung - Tilgung der Darlehensforderung durch Aufrechnung mit laufenden Leistungen der Kläger i.H.v. 69,00 Euro monatlich - für die jeweiligen Bewilligungsabschnitt lediglich um (a.A. anscheinend BSG, Urteil vom Urteil vom 09.03.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55). Auch bilden sie aufgrund des zeitlichen Abstandes zwischen dem Erlass des Bescheides vom 21.11.2013 und dem der jeweiligen Ausführungsbescheiden vom 26.11.2013, 10.01.2014, 07.04.2014, 12.05.2014 und 22.11.2014 keine rechtliche Einheit (siehe hierzu BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 26/10 R - BSGE 110, 288, wonach der Bescheid, mit dem ein Darlehen für die Stellung einer Mietkaution bewilligt wird und der Bewilligungsbescheid gleichen Datums, mit dem dessen Tilgung durch Abzüge von den laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vorgenommen wird, eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe der SGB II-Leistungen im geregelten Zeitraum darstellen).

Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthaft. Denn die Beschwer der Kläger überstieg bei Einlegung der Berufung den Betrag von 750,00 Euro. Bei der Berechnung des Wertes der Beschwer i.S.d. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG ist auf den Betrag abzustellen, den das Sozialgericht versagt oder zugesprochen hat. Maßgebender Zeitpunkt für die Berechnung des Wertes der Beschwer ist nach §§ 202 SGG, 4 Abs. 1 S. 1 ZPO der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung (BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11a/11 AL 57704 R- SozR 4-1500 § 96 Nr. 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rn. 19 m.w.N). Mit der Berufungsschrift haben sich die Kläger gegen die Ablehnung ihres im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Hauptantrags auf Umwandlung des im Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 gewährten Darlehens i.H.v. 930,00 Euro nach § 22 Abs. 6 S. 3 SGB II in einen Zuschuss sowie ihres Hilfsantrag auf Aufhebung der in dem Bescheid vom 21.11.2013 erklärten Aufrechnung der Darlehensforderung mit laufenden Leistungen für die Zeit ab dem 01.12.2013 nach § 42a Abs. 2 S. 1 SGG gewandt. Allein die mit dem Hauptantrag verbundene Beschwer überschritt den Betrag von 750,00 Euro, so dass dahinstehen kann, wie hoch die mit dem Hilfsantrag verbundene Beschwer ist. Dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung ihren Berufungsbegehren auf den Hilfsantrag - Aufhebung der im Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 enthaltenen Aufrechnung - beschränkt haben, macht die Berufung nicht unstatthaft (vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 19 m.w.N). Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Berufung ist unbegründet. Denn die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die gegen die im Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 enthaltene Aufrechnung erhobene Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG ist statthaft (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2015 - B 14 AS 1/14 R). Die Kläger begehren die Aufhebung der Aufrechnung, die vom Beklagten ihnen gegenüber durch Verwaltungsakt nach § 42a Abs. 2 S. 3 SGB II erklärt worden ist. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich vom Beklagten durchgeführte Tilgung des Darlehens durch Aufrechnung ist das Rechtschutzbedürfnis nicht entfallen, da sich der Verwaltungsakt - die Aufrechnungserklärung - nicht durch Vollzug der Aufrechnung i.S.v. § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat. Dieser Verwaltungsakt stellt vielmehr den Rechtsgrund für die teilweise Nichtauszahlung der bewilligten Leistung an die Kläger dar. Ein Vorverfahren nach § 78 SGG ist durchgeführt worden, da der Beklagte sich im Widerspruchsverfahren nicht auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Darlehensgewährung beschränkt, sondern auch die Rechtmäßigkeit der durch Verwaltungsakt erklärten Aufrechnung überprüft hat.

Die im Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 erklärte Aufrechnung ist rechtmäßig. § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II ist auf die Tilgung von Mietkautionsdarlehen i.S.v. § 22 Abs. 6 S. 3 SGB II anwendbar (1). Die formellen und materiellen Voraussetzungen des § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II liegen vor (2).

Rechtsgrundlage für die Aufrechnung der Darlehensforderung mit laufenden Leistungen der Kläger ist § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung. Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden hiernach Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung i.H.v. 10 Prozent des maßgeblichen Regelbedarfs getilgt. Die Vorschrift ist durch Art. 2 Nr. 32 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl I, 453) neu geschaffen worden und mit Wirkung zum 01.04.2011 in Kraft getreten. Dogmatisch stellt sie eine zwingende Regelung zur Fälligkeit der von der Bestimmung erfassten Darlehensrückzahlungsansprüche sowie zur Höhe und Modalität der Erfüllung dieser Ansprüche während laufenden Leistungsbezugs dar (vgl. Beschluss des Senats vom 26.01.2017 - L 19 AS 1459/15 NZB zum Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II und § 22 Abs. 8 SGB II m.w.N.; Greiser in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 42a Rn. 26; Bittner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK, SGB II, 4. Aufl. 2015, § 42a Rn. 39). Dem Grundsicherungsträger als Darlehensgeber ist weder ein Entschließungs- noch ein Auswahlermessen eingeräumt (Beschluss des Senats vom 26.01.2017 - L 19 AS 1459/15 NZB m.w.N. a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.02.2016 - L 32 AS 516/15 B PKH). Die mit Wirkung ab 01.08.2016 vorgenommenen Änderungen von §§ 22, 42a SGB II berühren die hier maßgeblichen Vorschriften nicht.

1. Zur Überzeugung des Senats erstreckt sich die zwingende Regelung des § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II entsprechend ihrem Charakter als Rahmenregelung auch auf Mietkautionsdarlehen nach § 22 Abs. 6 S. 3 SGB II (a). Es besteht keine Anlass, den zwingenden Charakter von § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II betreffend Mietkautionsdarlehen abweichend von anderen Darlehen zu verneinen (b). Weder nach dem Wortlaut, der Systematik des § 42a Abs. 2 SGB II noch dem Willen des Gesetzgebers ist eine "verfassungskonforme" Auslegung der Vorschrift dahin möglich, dass § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II auf Mietkautionsdarlehen i.S.v. § 22 Abs. 6 SGB II nicht anzuwenden ist (c).

a) Sinn und Zweck des § 42a SGB II ist es, für sämtliche Darlehenstatbestände im SGB II eine Rahmenregelung vorzugeben (BT-Drs. 17/3404 S. 191; BSG, Urteile vom 22.03.2012 - B 4 AS 26/10 R - BSGE 110, 288 und vom 25.06 2015 - B 14 AS 28/14 R - SozR 4-4200 § 42a Nr. 1). § 42a SGB II schafft keine Generalermächtigung für die Darlehensgewährung, sondern knüpft an die Vorschriften im SGB II an, die eine Leistungserbringung durch Darlehen vorsehen (Darlehen für Instandhaltungs- und Reparaturkosten bei selbst bewohntem Wohneigentum [§ 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II], Darlehen bei Mietkaution [§ 22 Abs. 6 SGB II], Darlehen zur Übernahme von Miet- und Energieschulden [§ 22 Abs. 8 SGB II], Darlehen bei unabweisbarem Bedarf [§ 24 Abs. 1 SGB II], Darlehen bei voraussichtlichem Anfall von Einnahmen [§ 24 Abs. 4 S. 1 SGB II], Darlehen bei vorzeitigen Verbrauch von einmaligen Einnahmen [§ 24 Abs. 4 S. 2 n. F. ab dem 01.08.2016], Darlehen bei zu berücksichtigendem Vermögen [§ 24 Abs. 5 SGB II], Darlehen an Auszubildende bei besonderer Härte des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 [§ 27 Abs. 4 SGB II]).

Für all diese Darlehen regelt § 42a Abs. 1 SGB II die allgemeinen Voraussetzungen für die Darlehensgewährung (Satz 1), die Darlehensvergabe an einzelne oder mehrere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (Satz 2) und den individuellen Darlehensnehmer als Adressaten der Rückzahlungsverpflichtung (Satz 3). In § 42a Abs. 2 SGB II sind der Beginn, die Höhe und die Modalitäten der Darlehensrückzahlung während eines Leistungsbezuges des Darlehensnehmers durch Aufrechnung mit laufenden, zuschussweise gewährten Leistungen i.H.v. 10 Prozent des Regelbedarfs geregelt. § 42a Abs. 4 SGB II enthält die Regelungen über die Fälligkeit und Rückzahlung des Darlehensbetrages nach Beendigung des Leistungsbezuges durch den Darlehensnehmer, wobei in Abs. 5 für den Fall des Ausscheidens eines Auszubildenden aus dem Leistungsbezug während des Ausbildungsverhältnisses für die Tilgung eines Darlehens nach § 27 Abs. 4 SGB II eine Ausnahme geregelt ist. § 42a Abs. 3 SGB II ist eine Ausnahmevorschrift zu § 42 Abs. 2 SGB II und regelt die Modalitäten der Tilgung eines Darlehens nach § 24 Abs. 5 SGB II oder - ausdrücklich - § 22 Abs. 6 SGB II für den Fall, dass dem Darlehensnehmer während des laufenden Leistungsbezugs, - unabhängig davon ob er die Leistungen als Zuschuss oder Darlehen bezieht - die entsprechenden finanziellen Mittel, deren Fehlen Grund für die Darlehensgewährung war, zur Verfügung stehen (BT-Drs. 17/3404 S. 191). In § 42a Abs. 6 SGB II ist die Bestimmung der Tilgungsreihenfolge bei mehreren Darlehensrückzahlungsforderungen geregelt. Innerhalb der Norm und aus ihrem Regelungsgefüge heraus ergibt sich daher kein Anhalt, einzelne Arten von Darlehen als von § 42a Abs. 2 SGB II nicht erfasst anzusehen.

b) Es gibt zur Überzeugung des Senats auch sonst keinen tragenden Grund, Mietkautionsdarlehen als von § 42a Abs. 2 SGB II nicht erfasst anzusehen (ebenso LSG NRW, Urteil vom 11.05.2017 - L 6 AS 111/14, Conradis in LPK-SGB II, 5. Auflage 2017, § 42a Rn 1, 2; Gagel/Bender. SGB, Stand 6/2017el. § 42a Rn 4; Boerner in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 42a Rn 2,3; Greiser, a.a.O., § 42a Rn 23; offen gelassen BSG Beschluss vom 29.06.2015 - B 4 AS 11/14 R; Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 28/14 R; a.A. LSG NRW, Urteil vom 29.06.2017 - L 7 AS 607/17, Nguyen SGb 2017, 202). Denn auch bei wortgetreuer Anwendung von § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II auf Mietkautionsdarlehen liegt kein Rechtsverstoß und auch kein Wertungswiderspruch im Verhältnis zu anderen Regelungen vor.

Die Tilgung nach § 42a Abs. 2 SGB II verstößt nicht gegen den Bedarfsdeckungsgrundsatz (a.A. LSG NRW, Urteil vom 29.07.2017 - L 7 AS 607/17; Nguyen, SGb 2017, 202). Die Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs für Mietkautionsdarlehen ist auch im Hinblick auf den einhergehenden Entzug des im Regelbedarf enthaltenen Ansparbetrags mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 - BVerfGE 125, 175; vgl. Beschluss des Senats vom 26.01.2017 - L 19 AS 1459/17 NZB zu Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II und § 22 Abs. 8 SGB II; siehe auch BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 11/10 R - SozR 4-4200 § 44 Nr. 2, wonach die Tilgung eines Darlehens aus der Grundsicherungsleistung nicht per se die Existenz gefährdet).

Der Senat folgt nicht der Auffassung, die laufende Rückzahlung eines Mietkautionsdarlehens bei einer Aufrechnung aus dem Regelbedarf sei mit dem Bedarfsdeckungsgrundsatz nicht vereinbar, da weder ein Ansparanteil hierfür im Regelsatz vorgesehen sei noch eine Ansparobliegenheit für Unterkunftsbedarfe bestehe (so LSG NRW, Urteil vom 29.07.2017 - L 7 AS 607/17; Nguyen, a.aO.). Der Gefahr einer Bedarfsunterdeckung bei langer Aufrechnungsdauer kann begegnet werden. Für einmalige Bedarfsspitzen aufgrund vom Regelbedarf umfasster Aufwendungen sieht § 24 Abs. 1 SGB II zur Vermeidung von Deckungslücken eine darlehensweise Leistungsgewährung vor. Die parallele Tilgung mehrerer Darlehen i.S.v. § 42a Abs. 1 SGB II ist auf maximal 10 Prozent des Regelbedarfs begrenzt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.03.2015 - L 20 AS 261/13; Bittner, a.a.O., § 42a Rn. 48). Nach § 44 SGB II kann die Darlehensforderung des Grundsicherungsträgers dem Leistungsberechtigten erlassen bzw. gestundet oder niedergeschlagen werden, wenn dessen Einziehung nach Lage des Falles unbillig wäre (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 09.03.2016 - B 14 AS 20/15 R - BSGE 121, 55 und vom 10.05.2011 - B 4 AS 11/10 R - SozR 4-4200 § 44 Nr. 2). Eine Aufrechnung nach § 42a Abs. 2 SGB II neben einer Aufrechnung in Höhe von 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs nach § 43 SGB II ist ausgeschlossen. Für Härtefallmehrbedarfe sieht § 21 Abs. 6 SGB II einen Zuschuss vor. Zwar entfällt bei der Rückführung von Darlehen nach § 42a Abs. 2 SGB II der für die Zulässigkeit der Aufrechnung in Höhe von 30 Prozent des Regelsatzes nach § 43 SGB II auch maßgebliche Gesichtspunkt der schuldhaften Verursachung einer Überzahlung. Dies wird jedoch kompensiert durch den Umstand, dass das nach § 42a Abs. 2 SGB II zurückzuführende Darlehen auf bewusstem Handeln, nämlich dem in Kenntnis der Rückzahlungsbedingungen gefassten Willensentschluss des Leistungsempfängers beruht, das Darlehen in Anspruch zu nehmen, während § 43 SGB II eine Aufrechnung in wesentlich belastenderer Höhe von 30 Prozent des Regelbedarfs über bis zu 3 Jahre bereits dann zulässt, wenn die zurückzuführende Überzahlung nur auf grob fahrlässiges Verhalten des Leistungsempfängers zurückzuführen ist (§§ 48 Abs. 2 Satz 3, 45 Abs. 2 SGB X).

Auch ein Wertungswiderspruch zwischen der Regelung des § 43 SGB II, der dem Leistungsträger ein Entschließungs- und ein Auswahlermessen hinsichtlich der Durchführung der Aufrechnung einräumt und der zwingenden Regelung des § 42a SGB II ist nicht gegeben. Die beiden Vorschriften regeln unterschiedliche Sachverhalte und unterschiedliche Aufrechnungsmöglichkeiten. § 43 SGB II regelt die Tilgung von Erstattungsforderungen oder Ersatzansprüchen durch Aufrechnung, wobei zu berücksichtigen ist, dass § 43 Abs.1 Nr.1 SGB II auch die Tilgung eines Erstattungsanspruchs regelt, der nicht auf schuldhaftem Verhalten des Leistungsberechtigten beruht (§§ 42 Abs. 2 SGB I, § 43 Abs. 2 S.1 SGB I, § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III bzw. § 41a Abs. 6 S. 3 SGB II), während § 42a SGB II die Rückzahlung eines Darlehens regelt, dessen Inanspruchnahme auf freiem Willensentschluss des Leistungsberechtigten beruht.

Soweit § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II anders als § 35 SGB XII vorsieht, Mietkautionsdarlehen bereits während des laufenden Bezuges von Leistungen zu tilgen, liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vor (offengelassen bei Nguyen, a.a.O.). Der Gesetzgeber hat Leistungen zur Existenzsicherung in verschiedenen Leistungssystemen unterschiedlich ausgestaltet. Dies gilt auch für Bestimmungen hinsichtlich der Modalitäten einer Darlehensgewährung, der Durchführung einer Aufrechnung (§§ 42a, 43 SGB II, § 26 SGB XII) und der Tilgung von Darlehen (§ 42a SGB II, § 37 Abs. 3 SGB XII). Diese sachliche Ungleichbehandlung ist im Hinblick auf die unterschiedliche Zielgruppe der beiden Existenzsicherungssystemen SGB II und SGB XII gerechtfertigt. Das SGB XII erfasst Hilfebedürftige, die entweder vorübergehend (Drittes Kapitel) oder dauerhaft voll erwerbsgemindert (Viertes Kapitel) sind. Deren Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt selbst zu sicherzustellen sind also deutlich eingeschränkt. Demgegenüber zielt das SGB II auf Bedürftige, die ihren Lebensunterhalt grundsätzlich selbst sichern könnten. Die Leistungen zur Existenzsicherung werden vorübergehend gewährt und sie werden durch Leistungen zur Vermittlung in Arbeit ergänzt. Diese Unterschiede genügen, um auch unterschiedliche Aufrechnungsregeln sachlich zu begründen (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353; siehe auch Bender; a.a.O., § 42a Rn. 17).

Die wortgetreue Anwendung von § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II auch auf Mietkautionsdarlehen führt daher weder zu Rechtsverstößen noch zu Wertungswidersprüchen.

c) Zur Überzeugung des Senats sind darüber hinaus auch die Voraussetzungen einer einschränkenden verfassungskonformen Auslegung des § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II unter Herausnahme von Mietkautionsdarlehen aus seinem Anwendungsbereich nicht gegeben. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm wäre geboten, wenn die wortgetreue Anwendung zu einem Verfassungsverstoß zwänge -was hier, vgl. vorstehend -, bereits nicht der Fall ist. Sie setzt darüber hinaus voraus, dass unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen jedenfalls eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt. Grenzen werden der verfassungskonformen Auslegung durch den Wortlaut und den Gesetzeszweck gezogen. Ein Normverständnis, welches mit dem Gesetzeswortlaut nicht mehr in Einklang zu bringen ist, kann durch verfassungskonforme Auslegung ebenso wenig gewonnen werden, wie ein solches, das in Widerspruch zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes treten würde (BVerfG, Beschluss vom 10.06.2009 - 1 BvR 825/08, 1 BvR 831/08, BVerfGE 124, 25; BSG, Beschluss vom 17.01.2017 - B 5 R 286/16 B). Nach Maßgabe dieser Grundsätze erscheint dem Senat eine Auslegung von § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II unter Herausnahme von Mietkautionsdarlehen aus seinem Anwendungsbereich ausgeschlossen.

Der Wortlaut des § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II und die Gesetzesbegründung zu seiner Einführung bieten keinen Ansatz hierfür, sprechen vielmehr dagegen. Mietkautionsdarlehen werden - wie auch die anderen unter a) bereits genannten Darlehen - weder im Wortlaut der Norm ausdrücklich genannt noch in der - knappen - Gesetzesbegründung erwähnt. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Gesetzesbegründung, warum die Tilgungsmöglichkeit bei allen anderen Darlehen, nicht dagegen bei Mietkautionsdarlehen geregelt werden sollte, kann nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber sei sich seiner Unterlassung nicht bewusst gewesen (so anscheinend LSG NRW, Urteil vom 29.06.2017 - L 7 AS 607/17). Hiergegen spricht bereits der jedenfalls insoweit zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers, wonach § 42a SGB II die Rahmenvorgaben für alle Darlehen im SGB II schaffe (BT-Drs. 17/3404 S. 191).

Dies erschien dem Gesetzgeber geboten. Vor Einführung des § 42a SGB II enthielt das SGB II - bis auf das Darlehen bei unabweisbarem Bedarf nach § 23 Abs. 1 SGB II a.F. - keine Tilgungsregelungen für Darlehen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R - zum Mietschuldendarlehen nach § 22 Abs. 5 SGB II a.F.). Durchsetzung und Modalitäten der Darlehensrückführung waren nicht geregelt (vgl. BSG, Urteil vom 06.03.1997 - 9b RAr 7/90 - BSGE 68, 180). Insoweit bestand für den Gesetzgeber objektivierbarer Regelungsbedarf hinsichtlich der Rückzahlungsmodalitäten sämtlicher im SGB II vorgesehener Darlehen. In der Ausgestaltung war er dabei weitgehend frei und verfassungsrechtlich nicht auf eine bestimmte Modalität der Darlehenstilgung festgelegt. Insbesondere die Einführung der ursprünglich für einmalige, unabweisbare Bedarfe i.S.v. § 23 Abs. 1 SGB II a.F. vorgesehene Tilgung bereits im laufenden Bezug von zuschussweisen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist von seinem Gestaltungsermessen gedeckt (Bender/Gagel, a.a.O., § 42a Rn. 23).

Dem objektivierbaren, vom Gesetzgeber als Anlass der Neuregelung erwähnten Regelungsbedarf hinsichtlich der Schaffung von Rahmenvorgaben für sämtliche im SGB II vorgesehene Darlehen unter Einschluss von Mietkautionsdarlehen trägt der sie allesamt erfassende Wortlaut daher nicht versehentlich, sondern bewusst und nachvollziehbar Rechnung.

Für diese Sicht spricht insbesondere die innere Systematik der Norm (vgl. LSG NRW, Urteil vom 11.05.2017 - L 6 AS 111/14). Denn im Normaufbau verhält sich § 42a Abs. 1 SGB II zur Gewährung von Darlehen, die Bestimmungen zu deren Rückführung sind in den Absätzen 2 bis 6 verortet, wobei § 42a Abs. 2 SGB II Fälligkeit und Rückführung während des laufenden Bezugs von zuschussweise gewährten Leistungen, § 42a Abs. 4 SGB II hingegen nach Beendigung des Leistungsbezugs regelt. Wenn und soweit Besonderheiten für einzelne Darlehen gelten sollen, finden sich diese besonderen Regelungen jeweils anschließend in Absatz 3 bzw. Absatz 5. Daraus ist zu schließen, dass die allgemeinen Rahmenvorgaben gelten, soweit nicht für ein bestimmtes Darlehen eine abweichende Regelung getroffen worden ist. Eine solche ist für das Mietkautionsdarlehen in Absatz 3 zwar getroffen worden. Die spezielle Regelung betrifft aber lediglich die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs bei Rückzahlung der Mietkaution durch den Vermieter; dann wird der noch nicht getilgte Darlehnsbetrag sofort zur Rückzahlung fällig. Die Bestimmung setzt zwanglos und als Regelfall die Tilgung durch Aufrechnung nach Maßgabe des § 42a Abs. 2 S 1 SGB II voraus. § 42a Abs. 3 SGB II i regelt als Ausnahmefall die Modalitäten der Tilgung eines Darlehens nach § 24 Abs. 5 SGB II oder - ausdrücklich - § 22 Abs. 6 SGB II für den Fall, dass dem Darlehensnehmer während des laufenden Leistungsbezugs, - unabhängig davon ob er die Leistungen als Zuschuss oder Darlehen bezieht - die entsprechenden finanziellen Mittel, deren Fehlen Grund für die Darlehensgewährung war, zur Verfügung stehen (BT-Drs. 17/3404 S. 191). Bei diesen beiden Darlehen handelt es sich um Darlehen, die nicht neben, sondern anstelle eines Leistungsbezuges mittels Zuschusses gewährt werden. Solche Darlehen sollen den notwendigen Lebensunterhalt so lange sichern, bis jener Umstand, der für die Bewilligung des Darlehens erst ursächlich geworden ist, weggefallen ist. (Gagel/Bender, a.a.O., § 42a Rn. 29). Auch sind (vorzeitige) Tilgungen auch in anderer Form als durch Aufrechnung möglich. Im laufenden Leistungsbezug, den § 42a Abs. 2 S 1 SGB II voraussetzt, ist die Rückführung des Darlehens durch außerplanmäßige Zahlungen aber die Ausnahme - es sei denn durch Weitergabe der Kaution aus dem alten Mietverhältnis, das nicht von § 22 Abs. 3 SGB II als bedarfsmindernd erfasst wird (allgM, vgl. etwa Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2017, § 22 Rn. 117). Die laufende Rückführung durch Aufrechnung nach § 42a Abs. 2 S 1 SGB II soll und wird vor dem Hintergrund fortbestehender Hilfebedürftigkeit im laufenden Leistungsbezug der Regelfall sein.

Der Umstand, dass Mietkautionsdarlehen einen Bedarf i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II decken, erlaubt es nicht, sie als von der Tilgung nach § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II ausgenommen anzusehen (so Nguyen, a.a.O.). Diese Sicht widerspräche kontradiktorisch dem positiven Willen des Gesetzgebers, Rahmenvorgaben für alle Darlehen im SGB II zu schaffen und würde die in § 42a Abs. 2 SGB II gewollte und geschaffene generelle Regelung in eine Spezialregelung mit äußerst kleinem Anwendungsbereich verkehren. Denn bis auf das Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II decken alle übrigen Darlehenstatbestände des SGB II ausschließlich (§§ 22 Abs. 2. S. 2, 22 Abs. 6, 22 Abs. 8 SGB II) oder jedenfalls teilweise (§§ 24 Abs. 4, 24 Abs. 5, 27 Abs. 4 SGB II) Bedarfe der Unterkunft und Heizung ab. Ein Anlass zur Differenzierung zwischen dem durch das Darlehen nach § 22 Abs. 6 S. 3 SGB II abgedeckten Unterkunftsbedarf und dem Unterkunftsbedarf, der durch die übrigen Darlehen (§§ 22 Abs. 2. S. 2, 22 Abs. 6, 22 Abs. 8, 24 Abs. 4, § 24 Abs. 5, 27 Abs. 4 SGB II) abgedeckt werden soll, ist nicht ersichtlich.

Konsequenz des Postulats, § 42a Abs. 1 S. 2 SGB II sei unanwendbar auf Darlehen mit dem Zweck, einen Bedarf nach § 22 SGB II abzudecken wäre danach, dass § 42a Abs. 2 S.1 SGB II nur noch die Tilgung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II während des laufenden Leistungsbezuges erfassen könnte, da alle übrigen im SGB II geregelten Darlehen ausschließlich oder mindestens teilweise die Deckung von Bedarfen der Unterkunft und Heizung bezwecken. Dies liefe eindeutig dem Willen des Gesetzgebers zuwider, eine Rahmenregelung für sämtliche Darlehen zu schaffen.

Vor dem so aufbereiteten Hintergrund spricht dann auch die Gesetzessystematik klar gegen die drastisch einschränkende Auslegung von § 42a Abs. 1 S. 2 SGB II. Denn regelungstechnisch hätte es sich zur Schaffung einer Spezialregelung ausschließlich für Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II viel eher angeboten, die Tilgungsregelung in den Tatbestand jener Norm aufzunehmen, anstelle in das Kapitel 4 des SGB II "Gemeinsame Vorschriften für Leistungen", d.h. vorbehaltlich gesonderter Erwähnung für alle zuvor genannten Leistungen, namentlich auch der im Kapitel 3 enthaltenen Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 20 SGB II.

2. Der angefochtene Bescheid erfüllt die formellen und materiellen Voraussetzungen nach § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II.

Der Beklagte ist nach § 42a Abs. 2 S. 2 SGB II ermächtigt, die Aufrechnung schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Der Beklagte hat im Bescheid vom 21.11.2013 die monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs ab dem 01.12.2013 nicht nur für den bereits im Bewilligungsbescheid vom 04.11.2013 geregelten Zeitraum vom 01.10.2013 bis zum 31.03.2014 erklärt (vgl. zur Aufrechnungserklärung nach § 51 SGB I: BSG, Urteil vom 23.02.2017 - B 4 AS 57/15 R - Rn. 27 juris m.w.N.), sondern er hat durch Erlass eines Grundlagenverwaltungsaktes zugleich die Tilgung der Darlehensforderung durch Aufrechnung mit laufenden Leistungen i.H.v. von 69,00 Euro monatlich in nachfolgenden Bewilligungsabschnitten verfügt.

Der Erlass eines solchen Grundlagenverwaltungsakts ist von der Ermächtigung in § 42a Abs. 2 S. 2 SGG gedeckt (vgl. zu § 43 SGB II, BSG, Urteil vom 09.03.2016, a.a.O., zur alten Rechtslage vor Einfügung des § 42a SGB II, BSG, Urteil vom 22.03.2017 - B 4 AS 26/10 R - BSGE 121, 55; zweifelnd BSG, Beschluss vom 13.12.2015 - B 4 AS 14/15 R), zumal ein Grundlagenverwaltungsakt keiner gesetzlichen Ermächtigung bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2016 - B 8 SO 8/15 R - SozR 4-3500 § 53 Nr. 5; siehe auch BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8 Ay 130/07 R zur Vorabentscheidung einer grundlegende Frage des Sozialrechtsverhältnisses). Voraussetzung für einen solchen Grundlagen(aufrechnungs)verwaltungsakt ist, dass aus ihm hervorgeht, ab wann und in welcher Höhe das Darlehen getilgt werden soll. Sofern dem Leistungsberechtigten bereits mehrere Darlehen gewährt wurden, hat der Leistungsträger zudem anzugeben, welches Darlehen (zunächst) getilgt werden soll. Nicht erforderlich ist es, dass Ende der Tilgung zu benennen (vgl. BSG, Urteil vom 09.03.2016, a.a.O.). Der Leistungsträger hat in den nachfolgenden Bewilligungsabschnitten die in dem Grundlagenverwaltungsakt getroffene Regelung auszuführen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erhält der Betroffene Planungssicherheit hinsichtlich der ihm gegenüber erklärten Aufrechnung und der Leistungsträger kann verwaltungspraktikabel die Aufrechnung erklären.

Würde man die Zulässigkeit des Grundlagenverwaltungsaktes verneinen und die Erklärung der Aufrechnung, dann auch deren Prüfung dem Grunde nach auf den aktuellen Bewilligungsabschnitt beschränken, hätte der Leistungsberechtigte in jedem neuen Bewilligungsabschnitt die Möglichkeit, nicht nur die Durchführung unter Anpassung an gegebenenfalls veränderte Umstände und Leistungshöhen sondern die Aufrechnung dem Grunde nach (wiederholt) überprüfen zu lassen. Dies erscheint nicht interessengerecht und auch im Sinne der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht geboten.

Soweit gegen die Zulässigkeit eines Grundlagenbescheides das Fehlen einer objektiven Verrechnungslage in der geregelten Zukunft nach dem Ende des bereits bewilligten Leistungszeitraumes eingewandt wird (vgl. BSG, Beschluss vom 13.12.2016 - B 4 AS 14/15 R), teilt der Senat diese Bedenken nicht. Die Annahme der Zulässigkeit eines Grundlagenverwaltungsakts führt nicht zu einem Verstoß gegen die entsprechend anwendbaren Bestimmungen in §§ 387 ff. BGB. Zwar ist zivilrechtlich eine Aufrechnung mit künftigen und noch nicht fälligen Forderungen nach § 387 BGB nicht zulässig. Zulässig ist dagegen ein antizipierter Aufrechnungsvertrag mit dem Inhalt, dass künftige unter den Parteien entstehende Forderungen aufgrund des vorweg geschlossenen Vertrages ohne weiteres gegeneinander aufgerechnet werden, ohne dass es dafür noch einer gesonderten Aufrechnungserklärung bedarf (vgl. Gursky in Staudinger, BGB, 23016, § 387 Rn. 74 m.w.N.). Die gesetzlich zwingende Anordnung der Aufrechnung in § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II ersetzt einen solchen antizipierten Aufrechnungsvertrag (vgl. Bittner, a.a.O., § 42a Rn. 45).

Der Aufrechnungsverwaltungsakt im Bescheid vom 21.11.2013 ist inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X). Er verfügt eine Aufrechnung ab 01.12.2013 in Höhe von 10 Prozent des für die Kläger jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bis zum 31.12.2013 ist die im Bescheid angegebene Höhe von 69,00 Euro monatlich (Regelbedarf für Partner nach § 20 Abs. 4 SGB II in Höhe von 345,00 Euro) korrekt. Jeweils wird hierdurch klar und unzweideutig zu erkennen gegeben, mit welcher Forderung aufgerechnet wird, ab wann und in welcher Höhe die Aufrechnung greift. Insoweit liegt - selbst wenn der Erlass eines Grundlagenverwaltungsakts für nicht zulässig erachtete - ein hinreichend bestimmter Aufrechnungsverwaltungsakt jedenfalls betreffend die sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 04.11.2013 ergebenden Auszahlungsansprüche für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.03.2014 vor.

Der angefochtene Bescheid hält danach die materiellen Vorgaben des § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II ein.

Die Kläger haben nach dem 01.12.2013 durchgehend laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen. Dem Beklagten steht ein Rückzahlungsanspruch aus dem mit bestandskräftigten und damit bindenden Bescheid vom 21.11.2013 gewährten Mietkautionsdarlehen gegenüber den Klägern zu. Der Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen ist auch nach § 42a Abs. 1 2 S. 1 SGB II fällig. Denn die Fälligkeit tritt in dem Monat ein, der auf die Auszahlung des Darlehens folgt, also zum 01.12.2013.

Der jeweils zur Rückzahlung fällige monatliche Betrag ist zum Erlasszeitpunkt mit 69,00 Euro monatlich zutreffend ermittelt. Denn nach Ziffer 1 der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2013 vom 18. Oktober 2012 (BGBl I 2012, 2175) - Regelbedarf-Bek 2013 - in Verbindung mit § 20 Abs. 4. SGB II beträgt der Regelbedarf für Partner einer Bedarfsgemeinschaft jeweils 345,00 Euro monatlich. Dass der Beklagte in den späteren Ausführungsbescheiden keine Anpassung der Aufrechnungshöhe an die ab 2014 geltenden Regelbedarfe - insoweit galt ein Regelbedarf für Partner in Höhe von 353,00 Euro -, vorgenommen hat, führt nicht zur teilweisen Aufhebung der Aufrechnungsentscheidung. Denn die Kläger sind nicht dadurch beschwert, dass die Höhe der Aufrechnung in den Ausführungsverwaltungsakten zeitweise die im Grundlagenverwaltungsakt zutreffend umgesetzte gesetzliche Vorgabe unterschritt (BSG, Urteil vom 09.03.2016, a.a.O.).

Der Beklagte war mithin befugt, die Aufrechnung in dieser Höhe ab 01.12.2013 gegenüber den Klägern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Die erforderliche Aufrechnungslage i.S. des § 42a SGB II war gegeben. Dieser steht nicht entgegen, dass der Anspruch der Kläger auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für künftige Monate noch nicht fällig war, denn es genügt, dass die Hauptforderung, gegen die aufgerechnet wird, lediglich erfüllbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 09.03.2016, a.a.O.).

Die vor Erlass des Aufrechnungsbescheides an sich notwendige Anhörung nach § 24 Abs. 1 SGB X - die Regelung greift in das Recht der Kläger auf Auszahlung der bewilligten Leistungen ein (§ 41 Abs. 1 S. 4, § 42 S. 1 SGB II) - war hier gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 7 SGB X entbehrlich, da mit Ansprüchen von weniger als 70,00 Euro aufgerechnet wird. Im Übrigen wäre die fehlende Anhörung durch das durchgeführte Widerspruchsverfahren geheilt.

Angesichts der hier nur 10 Prozent gegenüber 30 Prozent bei der Anwendung von § 43 SGB II umfassenden Höhe der durch die Aufrechnung entstehenden Leistungsminderung sowie der nur 14 Monate umfassenden Tilgungsdauer - gegenüber 36 Monaten bei Ausschöpfung des in § 43 SGB II vorgegebenen zulässigen Zeitmaßes wirft auch die konkrete Gestaltung des Einzelfalles keine verfassungsrechtlichen Fragen auf (vgl. Beschluss des Senats vom 26.01.2017 - L 19 AS 1459/15 NZB; zur Verfassungsmäßigkeit des § 43 SGB II, BSG, Urteil vom 09.03.2016, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) die Revision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Saved